Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 31

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist derzeit im Wesentlichen sehr viel eher für Männer in Österreich gegeben, wenn man „Familie“ dahin gehend definiert, eine Fa­milie irgendwie zu haben. Wenn man „Familie“ so definiert, dass sie bedeutet, Familie leben zu können, dann gilt das auch für die Männer nicht. Was Sie nämlich betreiben, ist eine Familienpolitik, in der Sie den Männern das Familienleben verunmöglichen und den Frauen des Berufsleben verunmöglichen! (Beifall bei den Grünen.)

Was Ihnen auch zu denken geben müsste – und da schließe ich an bei den Ausführun­gen von Frau Staatssekretärin Haubner, die die direkten Familienleistungen in Öster­reich gerühmt hat –, ist, dass auch diese im internationalen Vergleich tatsächlich hohen direkten Familienleistungen nicht dazu führen oder geführt haben, dass mehr Kinder auf die Welt kommen und die Lebbarkeit von Familie in Österreich besser geworden wäre. Ganz im Gegenteil: Im internationalen Vergleich müssen wir leider feststellen, dass in anderen Staaten die Geburtenrate und die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie deutlich höher ist als in Österreich und dass wir daher ein deut­liches Defizit haben, dass bei uns deutlicher Aufholbedarf besteht.

Was aber an den Vorschlägen, die von Ihrer Seite kommen, auffällt, ist, dass wir offen­sichtlich auf dem Weg von der Familie und von der Sozialpolitik hin zur „Scheckgesell­schaft“ sind: Es gibt einen Kinderbetreuungsscheck, einen Pflegescheck, eine Gebur­tenprämie, einen Dienstleistungsscheck. Wenn es nach einigen Vorschlägen, die ich interpretiere, geht, dann haben wir vielleicht demnächst einen Ehevermittlungsscheck und ich weiß nicht, was noch alles. Faktum ist: Was dahinter steht, ist ganz eindeutig: Die Regierung stiehlt sich aus ihrer Verantwortung, Sozialleistungen und ein soziales Auffangnetz sicherzustellen, und überantwortet diese Aufgabe den Familien und dort vor allem den Frauen. – So kann es nicht gehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Wir von den Grünen treten stattdessen für eine tatsächliche Partnerschaftlichkeit in den Lebensformen, die die Menschen wählen, und für eine Eigenständigkeit der Menschen ein – eine Eigenständigkeit, die ich bei Ihnen sehr vermisse! Wo ist denn bei Ihnen das klare Bekenntnis und wo sind die klaren Maßnahmen dazu, dass alte Menschen eigenständig bestimmen können, wie sie leben wollen, und das dann auch umsetzen können? – Sie wehren sich mit Händen und Füßen zum Beispiel gegen betreute Wohnformen für alte Menschen und überantworten sie entweder der Gratisarbeit in der Familie, wo in manchen Fällen eine qualifizierte Pflege nicht im ausreichenden Maße möglich ist, oder schieben sie ins Pflegeheim ab – und da nützen dann die zwei Wochen Pflegeheim-Urlaub, die Sie in Ihrem Modell vorsehen, herzlich wenig.

Wo ist denn die Eigenständigkeit, die Sie jungen Menschen zugestehen, wenn Sie ihnen noch nicht einmal ein Grundrecht auf eigenes Einkommen und Arbeiten garan­tieren können? An dieser Stelle vielleicht eine kleine Anmerkung in Richtung meines Vorredners: Ich habe ganz deutlich gehört, dass Sie – zumindest in Kärnten – einen Lehrplatz offensichtlich nur jedem männlichen Jugendlichen versprechen wollen, den weiblichen Jugendlichen nicht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, ...! So eine ...! – Abg. Mag. Mainoni: ... solche Sorgen! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist wirklich die Hauptsorge der Grünen!)

Ich finde es auch ein bisschen bedauerlich, dass nicht einmal die Staatssekretärin weiß, dass die Alleinerziehenden vor allem Alleinerzieherinnen sind, und dass sich das noch nicht einmal in der Sprache niederschlägt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­bemerkung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Mag. Haupt.) – Da hilft es auch nichts, wenn von der Regierungsbank da hinten Zwischenrufe als Stör­manöver kommen.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite