Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 170

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Zum anderen in Richtung ÖVP, in dem Fall Wiener ÖVP: Wenn Frau Cortolezis-Schla­ger glaubt, die Bildungs- und Uni-Misere lösen zu können, indem sie einen Baustopp für den Koralmtunnel fordert, dann ist sie meiner Meinung nach auch auf dem Holzweg unterwegs. – Vielleicht richtet ihr Ferry Maier, der jetzt im Saal anwesend ist – Frau Cor­tolezis-Schlager nicht –, das aus; Sie sind ja in diesem Bereich als Einzige in der ÖVP ei­ner Meinung. (Beifall beim BZÖ.)

Tatsächlich ist es so, meine Damen und Herren, dass dieser aktuellen Bildungsmisere – und das ist insgesamt eine Bildungskrise; es ist nicht nur eine Universitätskrise, sondern es ist eine Bildungskrise insgesamt – zwei große Fehler zugrunde liegen.

Der erste Fehler liegt darin, dass die Kürzungen, die jetzt auch zu Demonstrationen und vielen Protesten führen, etwa die Verkürzung der Auszahlung der Familienbeihilfe vom 26. auf das 24. Lebensjahr, deshalb notwendig geworden sind – und ich wiederhole mich hier –, weil es die Bundesregierung und vor allem der Finanzminister verabsäumt ha­ben, grundlegende Struktur- und Verwaltungsreformen einzuleiten, dass man den Bür­ger neuerlich belasten muss, weil man seine eigenen Ankündigungen, seine eigenen Versprechen im Bereich der Staatsreform, der Verwaltungsreform nicht einhalten konn­te beziehungsweise wollte.

Ich muss und darf den Finanzminister immer wieder daran erinnern, dass er selbst es war, der von einem Konklave gesprochen hat, wo so lange verhandelt werden soll, bis im Bereich der Verwaltungsreform weißer Rauch aufsteigt. Noch einmal: Bis heute ist dieses Feuerchen noch nicht einmal entzündet worden, hat dieses Konklave noch nicht stattgefunden, obwohl es angeblich einen einstimmigen Beschluss des ÖVP-Bundes­parteivorstandes mit den Stimmen etwa eines Landeshauptmannes Erwin Pröll gibt, dass dieses Konklave stattfinden soll. Es hat bis heute nicht stattgefunden. Es hat der große Wurf der Staatsreform nicht stattgefunden, es hat im Bereich der Verwaltungs­reform keinerlei Einsparmaßnahmen gegeben, weswegen diese Leistungskürzungen auf der einen Seite und die neuen Belastungen auf der anderen Seite notwendig geworden sind. Diese Wahrheit muss man hier offen ansprechen, und man muss auch den Mut zu dieser Wahrheit haben, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Entscheidend für die Bildungskrise, die wir insgesamt haben, ist auch, dass im Bildungs­bereich wie in vielen anderen Bereichen auch eine fast Jahrzehnte lang andauernde ab­solute Reformresistenz stattfindet. Das beginnt bei den Kleinkindern, das beginnt im Be­reich der Kinderbetreuung – ich erinnere an entsprechende Aussagen auch des nun­mehrigen Seniorensprechers Andres Khol –, das geht weiter bei fehlenden Deutsch­kenntnissen im Bereich des Schuleintritts, und das geht weiter bis hin zur Blockade des Modells der „Neuen Mittelschule“ durch die Betonfraktion innerhalb der Volkspartei.

Das geht so weit, dass man keinen langfristigen Plan, keine Strategie für die heimischen Universitäten, für den Bereich der Wissenschaft hat, und das endet so, dass man bis heute nicht bereit ist, unnötige Verwaltungsstrukturen wie die Landesschulräte, die Be­zirksschulräte, die Schulinspektoren abzuschaffen, um damit neue Mittel für die Bildung, konkret für die Studierenden, für die Universitäten, freizuschaufeln. (Beifall beim BZÖ.)

Das heißt, diese Reform-Resistenz führt dazu, dass junge Menschen auf die Straße ge­hen, dass junge Menschen für mehr Bildungsmöglichkeiten demonstrieren.

Der zweite entscheidende Fehler hat hier in diesem Haus stattgefunden, und zwar ge­gen die Stimmen des BZÖ damals, aber mit Zustimmung der Freiheitlichen, die sich da­mals, glaube ich, nicht bewusst waren, was sie damit auslösen. Dieser entscheidende Fehler speziell im Bereich der Universitäten war und ist bis heute die Abschaffung der Studiengebühren und damit der Verlust jeglichen Steuerinstruments und Regulierungs­instruments im Bereich der heimischen Universitäten. (Beifall beim BZÖ.)

 


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