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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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93. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 20., und Freitag, 21. Jänner 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

93. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 20., und Freitag, 21. Jänner 2011

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 20. Jänner 2011: 9.06 – 24.00 Uhr

                                                     Freitag, 21. Jänner 2011: 0.00 – 0.14 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers

2. Punkt: Bericht über den Antrag 935/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesver­fassungs­gesetz über die Rechte von Kindern

3. Punkt: Bericht über den Antrag 928/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kin­derrechte in die Verfassung

4. Punkt: Protokoll zur Änderung des Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomge­mein­schaft beigefügt ist

5. Punkt: Bundesgesetz über den Verbraucherschutz bei Teilzeitnutzungs- und Nut­zungsvergünstigungsverträgen (Teilzeitnutzungsgesetz 2011 – TNG 2011)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behin­derten­einstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert wer­den

7. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 606/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unter­reiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachvollziehbare transparente Einkom­mensstatistiken


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1372/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherung der Chancen am Arbeitsmarkt von Frauen 50plus

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2010)

11. Punkt: Bericht über den Antrag 135/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land­wirtschaftsgesetz 1992 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 578/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1081/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Mag. Judith Schwentner, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung 2007–2013 (LE 07–13)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2010)

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1369/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachhaltigkeit im Bereich Verpackung

16. Punkt: Bericht über den Antrag 216/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1045/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend regelmäßige Kontrollen der Lager von Abfall­sammler und Abfallbehandler in kürzeren Abständen

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1211/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfsprüfung von Müllverbrennungs­anlagen

19. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2010

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1354/A(E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Dr. Gabriela Moser, Mag. Roman Haider, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend europaweite Harmonisierung der Hotelsterne-Klassifizie­rungs­systeme

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1074/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend BStU-Akteneinsicht

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1119/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 3

23. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 120/10 b) um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Marianne Hagenhofer ....................................... 35

Angelobung des Abgeordneten Harry Rudolf Buchmayr ......................................... 35

1. Punkt: Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers ............................................. 82

Wahlergebnis:

Schriftführerin: Gabriele Binder-Maier ........................................................................ 82

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 35

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Ein­set­zung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der Rolle und Verwicklung des ehemaligen Finanzministers Mag. Karl-Heinz Grasser in der beziehungsweise die BUWOG-Affäre gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................................ 305

Bekanntgabe .................................................................................................................. 80

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 80

Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung unzulässiger Einflussnahmen im Bereich des Finanzministeriums gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................. 306

Bekanntgabe .................................................................................................................. 80

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 80

Gemeinsame Debatte über diese beiden Anträge auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 308

Dr. Gabriela Moser .................................................................................................. ... 311

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ... 313

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 314

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 315

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ... 316

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 318

Ablehnung der beiden Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses .... 319

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Haupt­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1290/A der Abgeordneten Josef


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 4

Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Volksbefragung ge­mäß Artikel 49b B-VG über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder den Ersatz durch ein Freiwilligenheer gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 28. Februar 2011 zu setzen ............................................................................................................................. 80

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 80

Redner/Rednerinnen:

Christoph Hagen ........................................................................................................ 192

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 193

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 194

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 194

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 195

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 195

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 196

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 1058, 1059, 1060 und 1057 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäfts­ordnung .................................................. 81

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 81

Antrag des Abgeordneten Herbert Scheibner im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers sowie des Bundes­ministers für Wirtschaft, Familie und Jugend – Ablehnung ..................................................................................................................................  82, 85

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit dem von Abgeordnetem Herbert Scheibner gestellten Antrag:

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 83

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 83

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 84

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 85

Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung in Wahlzellen gemäß § 66 Abs. 4 der Geschäftsordnung – Ablehnung ..........................................................................  191, 192

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................................. 213

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 214

Aktuelle Stunde (23.)

Thema: „Die Erfolge der österreichischen Arbeitsmarktpolitik“ ........................... 36

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Katzian ................................................................................................... ..... 36

Bundesminister Rudolf Hundstorfer .................................................................... ..... 38

Renate Csörgits ...................................................................................................... ..... 41

Peter Haubner ......................................................................................................... ..... 43

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 44

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ..... 46

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 47

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ..... 48

August Wöginger .................................................................................................... ..... 50

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 52

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 53


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 5

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 55

Aktuelle Stunde (24.) – Aktuelle Europastunde

Thema: „Kein Euro-Haftungsschirm ohne Volksabstimmung, Herr Bun­deskanzler“                        56

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 56

Bundeskanzler Werner Faymann ......................................................................... ..... 59

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 61

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................. ..... 63

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 65

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 66

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 68

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 69

Dr. Ursula Plassnik ................................................................................................. ..... 71

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 73

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ..... 74

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 76

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 35

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, der ÖBB Holding AG sowie der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns und des Bundesministeriums für Justiz durch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses hinsichtlich

a) der Vorbereitung, Durchführung und Aufarbeitung von Finanztransaktionen der ÖBB Holding und der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns mit der Deutschen Bank und anderen beteiligten Finanzdienstleistern, der im Zusam­menhang mit diesen Vorgängen beauftragten Gutachten, der darauf folgenden Auflösung von Managerverträgen inklusive der damit einhergehenden Verein­barun­gen – wie beispielsweise Abfertigungen – sowie des Stands etwaiger damit in Zusammenhang stehender gerichtlicher Verfahren,

b) des Ankaufs der ungarischen MAV Cargo, der damit im Zusammenhang stehenden Beratungsverträge sowie möglicher Provisionszahlungen, der bilanz­mäßigen Bewertung im Zeitablauf sowie des Stands etwaiger damit im Zusam­menhang stehender gerichtlicher Verfahren und

c) des Beschaffungswesens innerhalb des ÖBB-Konzerns seit dem Jahr 2000, insbesondere der Beschaffung von Handys und des Abschlusses von Telekom-Dienstleistungsverträgen .......  134, 319

Verlangen gemäß § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung im Zusammenhang mit dem Antrag 1391/A betreffend Gebarungsüberprüfung ................................................................................................ 319

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 78


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 6

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Siebenter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses .................................................... 79

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die geplante Ab­schaffung der allgemeinen Wehrpflicht (7421/J)        ............................................................................................................................. 139

Begründung: Heinz-Christian Strache ...................................................................... 141

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ................................................................... 147

Debatte:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 152

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 156

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ... 159

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ... 161

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 164

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 167

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 169

Ing. Norbert Kapeller .............................................................................................. ... 170

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 172

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 174

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 176

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 178

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 180

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 181

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 184

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 186

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 187

Mag. Peter Michael Ikrath ....................................................................................... ... 188

August Wöginger .................................................................................................... ... 189

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 191

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegen­über dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung  154, 191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus – Ablehnung ...............  182, 192

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 935/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (1051 d.B.) ................................................................................................. 82

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 928/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betref­fend: „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kinderrechte in die Verfassung (1052 d.B.) .................................................................................................. 82


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 85

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 87

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................ ..... 89

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 91

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 93

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ..... 95

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 97

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................. ..... 98

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 100

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 103

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 104

Staatssekretärin Mag. Verena Remler .................................................................. ... 106

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 107

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 109

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ... 109

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 111

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 111

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 112

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 114

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 116

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 117

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 118

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Reform der Jugendwohlfahrt – Ablehnung .....................................  102, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz – Ablehnung .......................................................  115, 120

Annahme des Gesetzentwurfes in 1051 d.B. ............................................................... 119

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1052 d.B. .................................................... 120

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (995 d.B.): Protokoll zur Änderung des Protokolls über die Übergangs­bestim­mungen, das dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Euro­päischen Atomgemeinschaft beigefügt ist (1053 d.B.) ................................................................ 120

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 120

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ... 121

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 122

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 123

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 124

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 125

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 125

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 126

Genehmigung des Staatsvertrages .............................................................................. 127

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 127

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1028 d.B.): Bundesgesetz über den Verbraucherschutz bei Teilzeitnutzungs- und Nutzungs­ver­günsti­gungsverträgen (Teilzeitnutzungsgesetz 2011 – TNG 2011) (1056 d.B.) .............................................. 127


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 8

Redner/Rednerinnen:

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 127

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 128

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 129

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 130

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 130

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 131

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 132

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ... 132

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 133

Mag. Johann Maier .................................................................................................. ... 133

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 134

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungs­vorlage (938 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungs­an­waltschaft, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behinderten­gleich­stel­lungsgesetz geändert werden (1047 d.B.) .................................................................... 135

7. Punkt: Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird (1048 d.B.) ................ 135

Berichterstatterin: Heidrun Silhavy ............................................................................. 135

8. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 606/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken (1049 d.B.) ............................................................................. 135

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 135

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 137

Mag. Judith Schwentner ...................................................................................  138, 208

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 196

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 197

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 198

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 199

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 200

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 203

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 204

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 205

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 206

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 208

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 212

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................. ... 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Schaffung der Möglichkeit einer Verbandsklage – Ablehnung ...........................  210, 216

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1047 und 1048 d.B. (namentliche Abstimmung)                            213

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1049 d.B. .................................................... 216


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 9

9. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den An­trag 1372/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betref­fend Sicherung der Chancen am Arbeitsmarkt von Frauen 50plus (1050 d.B.) .................................................................................................................... 216

Redner/Rednerinnen:

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 217

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 217

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 218

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 218

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 219

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1050 d.B. .................................................... 220

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (896 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutz­mittel­gesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechts­änderungsgesetz 2010) (1034 d.B.) ............................................ 220

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 135/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschafts­gesetz 1992 geändert wird (1035 d.B.) ............................................... 220

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 578/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1036 d.B.) ....................................................................... 220

Redner/Rednerinnen:

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 220

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 221

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 222

Mag. Johann Maier .................................................................................................. ... 225

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 226

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 227

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 228

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 229

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 232

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 233

Peter Mayer .............................................................................................................. ... 235

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 236

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 238

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 240

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 240

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (NAP) – Ablehnung     224, 242

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importverbot für deutsches Schweinefleisch – Ablehnung ................................  231, 242

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Nach Dioxin-Skandal ist eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch unumgänglich – Ablehnung              232, 242


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schlachtschwein-Dioxin-Kontrollen – Ablehnung ...............................................  235, 243

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Verbot der Anwendung von insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide als Maßnahme gegen das Bienensterben – Ablehnung ...........................................  237, 242

Annahme des Gesetzentwurfes in 1034 d.B. ............................................................... 241

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1035 und 1036 d.B. ........................... 242

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1081/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Mag. Judith Schwentner, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung 2007–2013 (LE 07–13) (1037 d.B.) ......................................................... 243

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 243

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 244

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 245

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 246

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 247

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 248

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 249

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1037 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung 2007–2013 (LE 07–13) (E 140) ....................................................................................................................................... 251

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1005 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2010) (1039 d.B.) .... 251

15. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1369/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachhaltigkeit im Bereich Verpackung (1040 d.B.) ....................................................................................................................................... 251

16. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 216/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­führung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle (1041 d.B.) ................................................................................... 251

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1045/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend regel­mäßige Kontrollen der Lager von Abfallsammler und Abfallbehandler in kürzeren Abständen (1042 d.B.) .................................................... 251

18. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1211/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfsprüfung von Müllverbrennungsanlagen (1043 d.B.)         ............................................................................................................................. 251

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 251

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 253


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 11

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 254

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 256

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 257

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 258

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 261

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 262

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 263

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 264

Peter Mayer .............................................................................................................. ... 264

Werner Neubauer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 265

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 265

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 266

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 267

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 268

Annahme des Gesetzentwurfes in 1039 d.B. ............................................................... 268

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1040 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Nachhaltigkeit im Bereich Verpackung (E 141) ........................................................... 268

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1041, 1042 und 1043 d.B. ..................... 269

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2010 (III-188/996 d.B.) .......................................................... 269

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 269

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 270

Josef Jury ................................................................................................................ ... 271

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 274

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 274

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 275

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 276

Staatssekretärin Mag. Verena Remler .................................................................. ... 278

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 279

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ....................................................................................... ... 279

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 280

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 281

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ........................................................................... ... 281

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 282

Anna Franz .............................................................................................................. ... 282

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 283

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpaketes zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und deren Beschäftigten – Ablehnung .................................................................................  273, 283

Kenntnisnahme des Berichtes III-188 d.B. ................................................................... 283

20. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1354/A(E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Dr. Gabriela Moser, Mag. Roman Haider, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend europaweite Harmonisierung der Hotelsterne-Klassifizierungssysteme (1058 d.B.)                   284

Redner/Rednerinnen:

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 284

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 284


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 12

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 285

Dr. Gabriela Moser .................................................................................................. ... 286

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 286

Staatssekretärin Mag. Verena Remler .................................................................. ... 287

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 287

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................ ... 288

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 289

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 290

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 290

Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................................................................ ... 291

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 291

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1058 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend europaweite Harmonisierung der Hotelsterne-Klassifizie­rungssysteme (E 142) ......... 292

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 1074/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend BStU-Akteneinsicht (1059 d.B.)                       292

Redner/Rednerinnen:

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 292

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 293

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 294

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 295

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 296

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 297

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 298

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1059 d.B. .................................................... 300

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 1119/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma (1060 d.B.) .................................................................................................................... 300

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 300

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 300

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 301

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 302

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 303

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1060 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma (E 143) ....................................................... 304

23. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 120/10 b) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner (1057 d.B.) .................................................................................................................... 304

Annahme des Ausschussantrages ............................................................................... 304

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 78

Petition betreffend „Für den Vollausbau der S 36 Murtal-Schnellstraße“ (Ord­nungsnummer 69) (überreicht vom Abgeordneten Fritz Grillitsch)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 13

Petition betreffend „Vergabe der Digitalen Dividende zur besseren Versorgung des Ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“ (Ordnungsnummer 70) (über­reicht von den Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Hermann Gahr, Mag. Josef Lettenbichler und Franz Hörl)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 78

1045: Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanz­insti­tutionen (IFI-Beitragsgesetz 2010)

1054: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Uni­versitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird

1055: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über bestimmte Aspekte der grenzüberschreitenden Mediation in Zivil- und Handelssachen in der Euro­päischen Union erlassen sowie die Zivilprozessordnung, das IPR-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geändert werden

Berichte ......................................................................................................................... 79

III-189: Bericht gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2008 und 2009; Rechnungshof

III-196: Bericht, Reihe Bund 2010/14; Rechnungshof

III-199: Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2008; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-200: Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2009; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-201: Bericht des Fachhochschulrates 2009 gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-202: Endbericht über einen möglichen Beitritt Österreichs zum „Londoner Über­einkommen“ aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 18. No­vember 2009, E 55-NR/XXIV. GP; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-203: Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2009; Bundeskanzler

III-204: Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsge­richtshofes für das Jahr 2009; Bundeskanzler

III-205: Bericht, Reihe Bund 2011/1; Rechnungshof

III-206: Bericht betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Jahr 2009; BM f. Justiz

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Durchführung einer Gebarungsprüfung gemäß § 99 Abs. 2 GOG hinsichtlich der geschäftlichen Gebarung des MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst/Gegen­wartskunst in den Jahren 2001 bis 2010 (1391/A und Zu 1391/A)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Gedenk-, Sozial- und Friedensdienste auf eigenständige Grundlage stellen (1392/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 14

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder psychisch kranker Eltern (1393/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzlichen Schutz für die Begriffe „Vegetarisch“ und „Vegan“ (1394/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen anlässlich des Dioxin-Skandals in Deutschland (1395/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhin­derung einer Erhöhung der zulässigen Höchstwerte für Nitrat in Lebensmitteln (1396/A)(E)

Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (1397/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Briefwahl (1398/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anlaufstelle für CFS-PatientInnen in Österreich (1399/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus (1400/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Plastik­sackerln (1401/A)(E)

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwer­metallgrenzwerte für Schmuck – insbesondere für Blei und Cadmium (1402/A)(E)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos (1403/A)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanktionierung der Terror­anschläge auf koptisch-orthodoxe Christen in Ägypten (1404/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostentragung von „schuldhaft verursachten“ Polizeieinsätzen (1405/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundes-Kinder- und Jugend­hilfegesetz (1406/A)(E)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (1407/A)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (1408/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Hausdurchsuchungen bei der Firma „BIOVERSAL“ (7326/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Hausdurchsuchungen bei der Firma „BIOVERSAL“ (7327/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 15

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die seit Jahren andauernden Missstände in den österreichischen Botschaften in Madrid und Lissabon (7328/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend organisierten Zuzug von Asylwerbern (7329/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Reformierung des Jugendstrafvollzuges (7330/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verhaltenskodex (7331/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahrensdauer bei Gerichten und der Ermittlungsbehörden (7332/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geldverschwendungsaktion durch Verkehrs­schilder „GIB ACHT IM TUNNEL“ an Autobahnen und Schnellstraßen (7333/J)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz in verschiedenen Einrichtungen (7334/J)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behin­derteneinstellungsgesetz in den Ministerien (7335/J)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht in den Bundesländern (7336/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Erstellung des Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) sowie Stellenwert der Prävention im Gesundheitssystem (7337/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Risiken für die Bank Austria durch die Madoff-Klage“ (7338/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend schleppende Ermittlungen zum Madoff-Skandal (7339/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Verkehr der Anglo Irish Austria und Geldwäscheverdacht“ (7340/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „UniCredit als Mitverursacher der irischen Finanzkrise“ (7341/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend vermeintlichen Selbstmord von Sasa K. bei WEGA-Einsatz (7342/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Überfälle und Einbrüche in Trafiken in Österreich 2010“ (7343/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Überfälle und Einbrüche in Juweliere in Österreich“ (7344/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 16

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Heizöl und Treibstoffe (Benzin und Diesel) – Betrug an Tankstellen und bei Heizöllieferungen?“ (7345/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuerschulden von Unternehmen in Österreich“ (7346/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Das 2. Gewaltschutzgesetz 2010“ (7347/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Datenschutz: Erledigung gerichtlicher Strafanzeigen nach § 51 DSG – im Jahr 2010“ (7348/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „K.-o.-Tropfen in Drinks & gefährliche Partydrogen – Zahlen für 2010“ (7349/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Überfälle und Einbrüche in Tankstellen 2010“ (7350/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die opulente Buffetorgie der Bundesregierung zum Jahresbeginn 2011 (7351/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die opulente Buffetorgie der Bundesregierung zum Jahresbeginn 2011 (7352/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Skandal um dioxinverseuchtes Tierfutter in Deutschland und mögliche negative Auswirkungen auf Österreich (7353/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Skandal um dioxinver­seuchtes Tierfutter in Deutschland und mögliche negative Auswirkungen auf Österreich (7354/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Menschenhandel, Sklavenhandel und grenzüberschreitender Prostitutions­handel – Gerichtliche Erledigung dieser Strafanzeigen (2010)“ (7355/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kreditkartenmissbrauch in Österreich und in der Europäischen Union – Zahlen 2010 (Zahlungskartenkriminalität – Skimming)“ (7356/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Arbeitshandschuhe – Gesundheitliche Bedenken“ (7357/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Erhebung der Herkunft und Höhe des Geldes der Grasser-Privatstiftung in Liechtenstein“ (7358/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Justizgroteske“ (3759/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerprüfung Glock und Intervention durch den ehemaligen Finanzminister (3760/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 17

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Tod des dreijährigen Cain aus Vorarlberg (7361/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend LeiterInnenbestellung HLW Annahof – Anfragebeant­wor­tung (5268/AB) und Potenzialanalyse (7362/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kosten für Nebentermine der Reifeprüfung (7363/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Nachfrage zur Anfragebeantwortung betref­fend „Anti-Gewalt-Training“ (7364/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Anzahl der Frühpensionisten/innen (7365/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend kriminelle Asylwerber (7366/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dauer von Asylverfahren (7367/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend kriminelle Asylwerber und die Gesamtkosten für deren Grundversorgung 2010 (7368/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend den Tod des dreijährigen Cain aus Vorarlberg (7369/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Schutz der KonsumentInnen vor dioxinverseuchten Lebensmitteln (7370/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Maßnahmen anlässlich des Dioxin-Skandals in Deutschland (7371/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verordnungsentwurf zur Ausbildung von Hunden (7372/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Nachbesetzung des Präsidentenpostens am Landesgericht Wiener Neu­stadt (7373/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Verringerung der Anzahl von Tierversuchen (7374/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Beendigung der tierquälerischen Haltung von Schweinen (7375/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beendigung der tier­quälerischen Haltung von Schweinen (7376/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 18

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Drohungen & Tätlichkeiten gegenüber Richtern, Staatsanwälten und sons­tigen Mitarbeitern der Justizbehörden (nichtrichterliches Personal)“ (7377/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kriminalität und Spielsucht (Glücksspiel & Wetten) – Zahlen 2010“ (7378/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Kosten der Justiz (Eigendeckungsgrad) – Erledigung der Geschäfts­fälle 2010“ (7379/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Hospitalismus – tödliche Keime in unseren Spitälern (7380/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7381/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7382/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Erfüllung der Behinderten­ein­stellungspflicht 2009 (7383/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinderten­einstellungs­pflicht 2009 (7384/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7385/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7386/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7387/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7388/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7389/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Erfüllung der Behin­derten­ein­stellungspflicht 2009 (7390/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7391/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungs­pflicht 2009 (7392/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7393/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 19

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7394/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungs­hofes betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (7395/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7396/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behin­der­tengleichstellungsgesetz (7397/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Fristverlängerung bei Barriere­freiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7398/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7399/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7400/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleich­stellungs­ge­setz (7401/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7402/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7403/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behin­dertengleichstellungsgesetz (7404/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz (7405/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behinderten­gleichstellungsgesetz (7406/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behin­dertengleichstellungsgesetz (7407/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behinderten­gleichstellungsgesetz (7408/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 20

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behinderten­gleichstellungsgesetz (7409/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungs­hofes betreffend Fristverlängerung bei Barrierefreiheit im Behindertengleich­stellungs­gesetz (7410/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schulbesuche von Politikerinnen und Politikern (7411/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend drohende Entgleisung des Konjunkturpakets durch möglicherweise verfassungswidrige Eisenbahngesetznovelle 2006 (7412/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinderteneinstel­lungs­pflicht 2009 (7413/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behindertenein­stellungs­pflicht 2009 (7414/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behindertenein­stellungs­pflicht 2009 (7415/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerprüfungen unter dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (7416/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Steuerprüfung Glock II: Verlegung der Verhandlung nach Klagenfurt (7417/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerprüfung Glock II: Verlegung der Verhandlung nach Klagenfurt (7418/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Steuerprüfungen unter dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (7419/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Überfälle auf Banken 2010“ (7420/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die geplante Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht (7421/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (7422/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerausfall und grobe Verzerrung der Preise im Mobilitätsmarkt durch Firmenwagen-Privilegien (7423/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 21

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die sinnlose Verteuerung des Verkehrsträgers Eisenbahn durch freiwillige Kostentreiber (7424/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend rechtsextreme Straftaten im Jahr 2010 (7425/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Aktionswoche „Österreich liest“ (7426/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Kosten für die Sommerresidenz des SPÖ-Bun­des­prä­sidenten Dr. Heinz Fischer (7427/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die Gehaltskosten für den Hofstaat in der Präsidentschaftskanzlei (7428/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend skandalöse „präsidiale Dienstwagen-Anschaffungsvorgänge“ des Präsidenten der steirischen Wirtschaftskammer (7429/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Kosten der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Hofburg (7430/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend den Personenschutz für den Bundespräsidenten und die Kosten dafür (7431/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend einen von Bundeskanzler Werner Faymann gegebenen Kreisky-Festakt (7432/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Billig-Tierimporte aus Deutschland (7433/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Salmonellenfälle in Tirol (7434/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Salmonellenfälle in Tirol (7435/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Importlebensmittel aus Asien – Gesundheitsgefährdung?“ (7436/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kreditkartenmissbrauch in Österreich und in der Europäischen Union (Zahlungskartenkriminalität – Skimming)“ (7437/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Finanzielle Rückstände ausländischer Versicherungsträger bei den GKKs und anderen Sozialversicherungsträgern sowie den Landesgesundheitsfonds im Jahr 2010“ (7438/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Einbrüche und Überfälle in Apotheken“ (7439/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Behinderten­einstellungs­pflicht 2009 (7440/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 22

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Rolle des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Inno­vation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens im Rahmen des OECD-Projekts PISA sowie weiterer internationaler Bildungsstudien (7441/J)

Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Reduzierung des Angebots im öffent­lichen Personennahverkehr durch Streichungen von Zugverbindungen durch die ÖBB (7442/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte 2010“ (7443/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems (7444/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Reorganisation und Umstrukturierungsmaßnahmen in der Sektion II des BMG (7445/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Reorganisation und Umstrukturierungsmaßnahmen im BMG (7446/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Zigaretten-Einfuhrbeschränkungen und mögliche Schadens­ersatz­ansprüche in Millionenhöhe (7447/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Reorganisation und Umstrukturierungsmaßnahmen in der Sektion I des BMG (7448/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Abschaffung der Gesellschaftssteuer (7449/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Gesundheit betreffend Lebensmittelkennzeichnung (7450/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Inneres betreffend Hasspredigerseminar in Wien Ottakring (7451/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Bundesheereinsatz in Kitzbühel (7452/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend: „Visitationen“ oder bloße Wichtigtuerei? Schulausflüge des Nationalratsabgeordneten Walser (7453/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Gesundheit betreffend künstlich erzeugte Engpässe bei Medikamenten (7454/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­minister für Gesundheit betreffend Weiterverwendung des Impfstoffes H1N1 (7455/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ermordung eines 3-jährigen Kindes in Bregenz (7456/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 23

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafanzeigen gegen Bürgermeister, die sich gegen die Aufstellung von Handymasten an bestimmten Standorten ausgesprochen haben (7457/J)

August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sonderunterstützungsgesetz (7458/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unterlassene Auswertung der Rufdatenrückerfassung in der Causa Kampusch II (7459/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Risiko durch Strahlung von Handymasten (7460/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Atommülllager an Österreichs Grenze (7461/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend sukzessive Verschlechterung der Bahninfra­struktur in der Steiermark (7462/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Absolventen Freiwilliges Soziales Jahr (7463/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die zukünftige Finanzierung der Österreich Werbung (7464/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Österreich Werbung im internationalen Vergleich (7465/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Missbrauch beim Bezug der Witwenpension durch Ausländer (7466/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Tod des dreijährigen Cain aus Vorarlberg (7467/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Unterstützung von Studierenden in Österreich und der EU (7468/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Stevia als Zuckerersatz (7469/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Stevia als Zuckerersatz (7470/J)

*****

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2009 (54/JPR)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 24

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Maximilian Linder, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen (6673/AB zu 6739/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (6674/AB zu 6741/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6675/AB zu 6749/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6676/AB zu 6750/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6677/AB zu 6751/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6678/AB zu 6752/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6679/AB zu 6753/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6680/AB zu 6755/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6681/AB zu 6760/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6682/AB zu 6776/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6683/AB zu 6778/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6684/AB zu 6779/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6685/AB zu 6780/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6686/AB zu 6781/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen (6687/AB zu 6771/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (6688/AB zu 6793/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6689/AB zu 6845/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6690/AB zu 6811/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 25

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6691/AB zu 6822/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6692/AB zu 6823/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6693/AB zu 6824/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6694/AB zu 6825/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (6695/AB zu 6833/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6696/AB zu 6851/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6697/AB zu 6874/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6698/AB zu 6926/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (6699/AB zu 6796/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6700/AB zu 6807/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (6701/AB zu 6847/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (6702/AB zu 6848/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6703/AB zu 6788/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6704/AB zu 6787/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6705/AB zu 6790/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6706/AB zu 6791/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (6707/AB zu 6794/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6708/AB zu 6803/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6709/AB zu 6810/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (6710/AB zu 6801/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6711/AB zu 6805/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (6712/AB zu 6799/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6713/AB zu 6808/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6714/AB zu 6819/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6715/AB zu 6814/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6716/AB zu 6820/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen (6717/AB zu 6797/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen (6718/AB zu 6798/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (6719/AB zu 6802/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6720/AB zu 6813/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6721/AB zu 6800/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (6722/AB zu 6809/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6723/AB zu 6816/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen (6724/AB zu 6828/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6725/AB zu 6831/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (6726/AB zu 6876/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 27

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (6727/AB zu 6963/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (6728/AB zu 6826/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen (6729/AB zu 6827/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6730/AB zu 6817/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6731/AB zu 6818/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (6732/AB zu 6821/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (6733/AB zu 6829/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (6734/AB zu 6850/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6735/AB zu 6830/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (6736/AB zu 6835/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (6737/AB zu 6837/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (6738/AB zu 6839/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (6739/AB zu 6840/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (6740/AB zu 6859/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen (6741/AB zu 6832/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (6742/AB zu 6843/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (6743/AB zu 6842/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (6744/AB zu 6841/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6745/AB zu 6849/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 28

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6746/AB zu 6846/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6747/AB zu 6865/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6748/AB zu 6905/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen (6749/AB zu 6938/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (6750/AB zu 6844/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen (6751/AB zu 6974/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6752/AB zu 6885/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6753/AB zu 6886/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6754/AB zu 6887/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6755/AB zu 6888/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6756/AB zu 6889/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6757/AB zu 6890/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6758/AB zu 6891/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6759/AB zu 6892/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6760/AB zu 6893/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6761/AB zu 6864/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (6762/AB zu 6872/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen (6763/AB zu 6896/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Erich Tadler, Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (6764/AB zu 6899/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6765/AB zu 6904/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen (6766/AB zu 6941/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6767/AB zu 6972/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen (6768/AB zu 6975/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6769/AB zu 6980/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6770/AB zu 6983/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (6771/AB zu 7054/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (6772/AB zu 6853/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (6773/AB zu 6854/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen (6774/AB zu 6855/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen (6775/AB zu 6856/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (6776/AB zu 6852/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen (6777/AB zu 6895/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (6778/AB zu 6858/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (6779/AB zu 6860/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6780/AB zu 6866/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (6781/AB zu 6878/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6782/AB zu 6881/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 30

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (6783/AB zu 6884/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen (6784/AB zu 6894/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6785/AB zu 6908/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (6786/AB zu 6957/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6787/AB zu 6873/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (6788/AB zu 6857/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6789/AB zu 6869/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6790/AB zu 6870/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (6791/AB zu 6877/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen (6792/AB zu 6880/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (6793/AB zu 6882/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6794/AB zu 6861/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen (6795/AB zu 7003/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6796/AB zu 6863/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (6797/AB zu 6875/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6798/AB zu 6867/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6799/AB zu 6871/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (6800/AB zu 6879/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 31

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (6801/AB zu 6925/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6802/AB zu 6962/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6803/AB zu 6968/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6804/AB zu 6952/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6805/AB zu 6953/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (6806/AB zu 6883/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen (6807/AB zu 6897/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ewald Sacher, Kolleginnen und Kollegen (6808/AB zu 6942/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6809/AB zu 6993/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6810/AB zu 6862/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (6811/AB zu 7000/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (6812/AB zu 7006/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6813/AB zu 6927/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6814/AB zu 6939/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen (6815/AB zu 6944/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6816/AB zu 6916/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6817/AB zu 6928/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (6818/AB zu 6945/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 32

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6819/AB zu 6924/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6820/AB zu 6910/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6821/AB zu 6920/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6822/AB zu 6921/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (6823/AB zu 7001/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6824/AB zu 6902/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6825/AB zu 6907/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6826/AB zu 6913/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Jury, Maximilian Linder, Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (6827/AB zu 6918/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (6828/AB zu 6935/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen (6829/AB zu 6936/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen (6830/AB zu 6937/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (6831/AB zu 6949/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (6832/AB zu 6951/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6833/AB zu 6968/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6834/AB zu 6900/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6835/AB zu 6901/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6836/AB zu 6903/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6837/AB zu 6906/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 33

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6838/AB zu 6911/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6839/AB zu 6912/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6840/AB zu 6914/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6841/AB zu 6915/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen (6842/AB zu 6919/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6843/AB zu 6922/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6844/AB zu 6929/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6845/AB zu 6930/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6846/AB zu 6932/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6847/AB zu 6933/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6848/AB zu 6934/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6849/AB zu 6909/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (6850/AB zu 6917/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6851/AB zu 6923/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen (6852/AB zu 6931/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen (6853/AB zu 6943/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6854/AB zu 6946/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6855/AB zu 6947/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6856/AB zu 6948/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 34

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6857/AB zu 6950/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6858/AB zu 6954/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6859/AB zu 6955/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6860/AB zu 6956/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6861/AB zu 6958/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6862/AB zu 6959/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6863/AB zu 6960/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6864/AB zu 6961/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6865/AB zu 6965/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6866/AB zu 6966/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6867/AB zu 6967/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6868/AB zu 6971/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6869/AB zu 6973/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6870/AB zu 6969/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (6871/AB zu 6970/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (6872/AB zu 6964/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen (6873/AB zu 6976/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 35

09.05.44Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie, Ihre Sitzplätze einzunehmen und eröffne die Sitzung.

Die nicht verlesenen Teile der Amtlichen Protokolle der 90. Sitzung vom 20. Dezember 2010 sowie der 91. Sitzung und das Amtliche Protokoll der 92. Sitzung vom 22. De­zember 2010 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblie­ben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Muchitsch, Jakob Auer, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Doppler, Gradauer, Ing. Hofer, Kickl, List und Tadler.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem an­deren Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter wird durch die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Dr. Beatrix Karl vertreten.

09.06.56Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Frau Abgeordnete Marianne Hagenhofer auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr in den Nationalrat be­rufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Frau Schriftführerin Mag. Lohfeyer wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Bitte, Frau Schriftführerin.

 


9.07.34

Schriftführerin Mag. Rosa Lohfeyer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer leistet Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung bis 13 Uhr vom ORF live übertragen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 36

09.08.13Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Die Erfolge der österreichischen Arbeitsmarktpolitik“

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, mache ich Sie, meine Damen und Herren, noch einmal darauf aufmerksam, dass wir uns bereits in laufender Sitzung, nämlich in der Aktuellen Stunde, befinden und die Sitzung vom ORF live übertragen wird. Daher ersuche ich auch darum, den Geräuschpegel etwas zu senken.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Katzian. Als Erstredner verfügen Sie über eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

 


9.08.51

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Schönen guten Morgen, meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Wenn man die aktuellen wirtschaftspolitischen Diskussionen verfolgt, dann scheint es so zu sein, dass die schwerste Wirtschaftskrise seit 1945 überwunden ist. Es war eine Wirtschaftskrise, es war eine Finanzkrise, die an den Finanzmärkten begann und relativ rasch auf die Realwirtschaft übergeschwappt ist, mit all den Folgen, die eine Wirtschaftskrise für die Realwirtschaft mit sich bringt. Und diese Folgen waren ein massiver Auftragseinbruch in der österreichischen Industrie und auch starke Rückgänge bei den industrienahen Dienstleistungen.

Die Angst in der Bevölkerung, die Angst bei den ArbeitnehmerInnen und ihren Fa­milien, die Angst vor Massenarbeitslosigkeit, vor beschleunigter Deregulierung bei den Arbeitsbedingungen, vor Lohnverzicht und Nulllohnrunden – all das stand ja im Raum – war sehr groß. Heute wissen wir, dass die Reaktionen und auch die aktiven Maß­nah­men, die die Bundesregierung gesetzt hat, richtig und erfolgreich gewesen sind. Heute wissen wir, meine Damen und Herren, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kön­nen sich auf die Sozialdemokratie verlassen, wenn es darum geht, aktiv den Kampf um Arbeitsplätze in diesem Land zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen auch, meine Damen und Herren, dass starke Gewerkschaften und die Sozialpartner in diesem Land das umgesetzt haben, was durch Maßnahmen, die hier in diesem Hohen Haus beschlossen wurden, möglich gemacht wurde. Mit diesen Aktivitäten und Maßnahmen wurde verhindert, dass sich große Gruppen ein Körberl­geld in der Krise gemacht haben, und es wurde verhindert, dass sich jene durchgesetzt haben, die gemeint haben, die Krise ist eine gute Gelegenheit, wo man all das erle­digen kann, was in den letzten Jahren davor nicht möglich war. Ich erinnere an die Diskussion bezüglich Überstunden zum Nulltarif und verschiedene andere Dinge, wo einige gemeint haben, das können wir jetzt in der Krise ganz gut umsetzen. – All das ist in dieser Form nicht gekommen und hat nicht stattgefunden.

Wenn heute die Europäische Union, die OECD und andere der österreichischen Arbeits­marktpolitik ein gutes Zeugnis ausstellen, wenn überall anerkannt wird, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Österreich weitaus weniger dramatisch gewesen sind als in anderen, vor allem auch in anderen europäischen Ländern, dann ist klar, dass wir unserem Sozialminister, der ja hinter diesen ganzen Maßnahmen der Arbeits­marktpolitik steht, ein hervorragendes Zeugnis ausstellen müssen. Und ich sage dir, lieber Rudi Hundstorfer, wir sind sehr stolz auf das, was du, was wir gemeinsam hier geleistet haben. Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 37

Mit über 3,3 Millionen aktiv Beschäftigten kann Österreich im Dezember einen neuen Beschäftigungsrekord verzeichnen. Wir haben rund 60 000 Arbeitsplätze mehr als im Vorjahr und konnten den Arbeitsplatzverlust in der Krise mit Jahresende endgültig wett­machen. Somit ist klar, dass auch die Arbeitslosigkeit insgesamt im Dezember wieder um 3,4 Prozent abgenommen hat. Und was mich besonders freut, ist, dass auch der Trend, dass die Jugendarbeitslosigkeit zurückgeht, sich weiter fortgesetzt hat. All das sind beeindruckende Berichte, sind beeindruckende Zahlen, die hier vorliegen und die, wie ich meine, auch aufzeigen, dass die Schritte, die wir gesetzt haben, die richtigen Schritte gewesen sind.

Was waren das für Schritte? Ich rufe sie uns nochmal in Erinnerung: Wir haben ein Rekordbudget für die aktive Arbeitsmarktpolitik erstellt, wir haben wichtige Maßnahmen gesetzt. Das politische Hauptziel all dieser Maßnahmen war, Beschäftigung, wo immer es möglich ist, zu erhalten, zu verhindern, dass Menschen in die Arbeitslosigkeit kom­men, und dort, wo Menschen doch arbeitslos werden, auch Maßnahmen zu setzen, um die damit verbundene Gefahr der Armut auch ein wenig in den Griff zu bekommen.

Wir haben als ersten Schritt das Arbeitsmarktpaket I hier im Hohen Haus geschnürt, wo wir die Kurzarbeit als Instrument zur Bekämpfung dieser Krise ausgewählt haben, wo wir mit der Kurzarbeit Maßnahmen gesetzt haben, um zu verhindern, dass Men­schen in die Arbeitslosigkeit kommen.

In der Zeit, in der die meiste Kurzarbeit in diesem Land geleistet wurde, waren über 60 000 Kolleginnen und Kollegen in den Maßnahmen der Kurzarbeit. Wäre es nicht möglich gewesen, hier im Hohen Haus zu Beginn der Krise die Kurzarbeit auf 18 Monate zu verlängern, dann wäre dieses Instrument, das dann die Sozialpartner in die Lage versetzt hat, einen Rahmenkollektivvertrag zu schaffen, in den Betrieben Betriebs­vereinbarungen, die letztlich darauf abgezielt haben, dass die Menschen, die in Kurzarbeit sind, trotzdem in einem hohen Maß, nämlich bis zu 90 Prozent, ihr Einkommen sichern konnten, nicht möglich gewesen. Das war ein ganz wichtiger erster Schritt, der hier gesetzt wurde.

Ein weiterer wichtiger Schritt in diesem Zusammenhang war die Verbindung von Kurzarbeit mit Maßnahmen der Qualifizierung, weil wir gesagt haben, es reicht ja nicht, in der Krise sozusagen den Arbeitsplatz zu erhalten, wir wollen ja auch nach der Krise die Möglichkeit nutzen, wenn es zu einem Wirtschaftsaufschwung kommt, ent­sprechend durchzustarten. Somit wurde die Zeit genutzt, in der Krise auch Maßnahmen der Qualifizierung zu setzen. Daher war es notwendig, diese Kombination von Kurzarbeit und Qualifizierung zu schaffen, und es war notwendig, die Verbes­serungen bei den Arbeitsstiftungen durchzuführen.

Wir haben dann relativ rasch danach das Arbeitsmarktpaket II geschnürt und damit auch bewiesen, dass wir in der Lage sind, auf bestimmte Entwicklungen zu reagieren. Wir haben die Kurzarbeitsbeihilfe ab dem siebenten Monat erhöht und wir haben auf maximal 24 Monate verlängert. Das heißt, wir haben ein Instrument, das es vorher gegeben hat, am Beginn der Krise angepasst und im Verlauf der Krise weiterentwickelt und adaptiert. – Das ist aktive Politik, das ist aktive Reaktion auf wirtschaftliche, auch auf weltwirtschaftliche Entwicklungen. Und ich bin sehr froh, dass das gelungen ist, weil erst in dieser zweiten Phase dann auch die entsprechende Absicherung statt­gefun­den hat.

Neben diesen Maßnahmen hat es eine Reihe von Begleitmaßnahmen gegeben, die notwendig waren, um die Beschäftigung auf diesem Niveau zu halten, das wir letztlich während der Krise und unmittelbar danach vorgefunden haben. Ich erinnere an die Jugendstiftung. Ich erinnere an die Verbesserungen bei der Bildungskarenz. Ich rufe uns in Erinnerung die Neuregelung der Altersteilzeit, Verbesserungen beim Solida­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 38

ritäts­prämienmodell, die Verlängerung des Übergangsgeldes, die Krankenversicherung für Arbeitslose, die wegen Partnereinkommen keine Notstandshilfe erhalten, die Auf­wertung der Bemessungsgrundlage beim Arbeitsmarktpaket und viele weitere Maßnah­men mehr.

Als nächsten Schritt haben wir das Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspaket 2010 er­stellt, mit dem Ziel, noch mehr Qualität in diesem Bereich zu schaffen und noch mehr in die Ausbildung und in die Vorbereitung für die Zeit nach der Krise zu investieren.

Wir haben den Qualifizierungsbonus geschaffen. Es wurde die regionale Fachkräfte­qualifizierung auf 10 000 verdoppelt. Wir haben eine Integrationsoffensive im Rahmen des AMS mit Deutschkursen für 21 500 Menschen gesetzt. – Ich könnte diese Liste beliebig fortsetzen.

Wenn wir in die Zukunft schauen, meine Damen und Herren, dann sehen wir, es gibt zwei Schwerpunkte, die aus meiner Sicht unmittelbar bearbeitet werden müssen. Das eine ist der große Bereich der Sozial- und Pflegedienste. Hier geht es darum, ent­sprechende finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, auch entsprechende Arbeitsplätze und eine entsprechende Bezahlung vorfinden. Das hat einen großen volkswirtschaftlichen Effekt, es wird in diesem Bereich viel geleistet, und ich erwarte mir, dass die Bundesländer einen großen Teil der Gelder, die sie jetzt aufgrund der Budgetbeschlüsse zusätzlich erhalten, zweck­widmen und in die Pflege investieren, um dort die Beschäftigung entsprechend sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist ohne Zweifel der 1. Mai und das Auslaufen der Über­gangs­bestim­mun­gen, was dazu führt, dass es gleiche Regeln für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer gibt, ob sie aus den alten oder aus den neuen Beitrittsländern kommen. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, auf Sozialpartnerebene die Vorbereitungen für ein Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz zu treffen. Ich bin sehr froh, dass, wenn dieses Gesetz kommt und wir dieses Gesetz hier im Hohen Haus beschließen, auch sichergestellt wird, dass Maßnahmen gegen Dumping und gegen Ausbeutung gesetzt werden.

Ich glaube, genau diese Maßnahmen sind es, die wir neben der Rot-Weiß-Rot-Card und anderen Gesetzesnovellen, die gerade in Begutachtung stehen, brauchen, um zu verhindern, dass die Öffnung der Arbeitsmärkte dazu genutzt wird, Angst zu schüren und zu hetzen. Wir müssen vielmehr sicherstellen, dass durch entsprechende sach­liche Aktivitäten und Maßnahmen gute Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit eben diese große Befürchtungen, die es bei vielen Teilen der Bevölkerung gibt, nicht in dem Ausmaß Realität werden, wie das der Fall war.

Ich glaube, wir sind für die Zukunft gut vorbereitet. – Rudi Hundstorfer, vielen Dank! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.19.17

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Nationalrates! Sie haben jetzt einige Zahlen aus der Arbeitslosenstatistik gehört. Sie gestatten mir, dass ich Ihnen einige Zahlen aus der Beschäftigtenstatistik nachliefere. Wir hatten mit Ende Dezember 3,4 Millionen Menschen in Beschäftigung. Damit liegen wir um 60 000 über dem Vorjahreswert. Man kann mit Fug und Recht und auch mit Stolz behaupten, der


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Beschäftigungsverlust während der Krise ist somit mehr als wettgemacht, denn noch nie waren in Österreich in einem Dezember so viele Menschen beschäftigt wie im Dezember 2010. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Beschäftigungsanstieg steht auf einem sehr breiten Fundament: Er betrifft alle Bundesländer, sowohl Frauen als auch Männer, aber auch die Jugendlichen, die Älteren und – ich sage das sehr bewusst – die österreichischen wie auch die nicht­österreichischen StaatsbürgerInnen. Überall haben wir diesen Beschäftigungsanstieg.

Wir haben aber auch einen zarten, aber doch vorhandenen Anstieg des Pensions­zu­gangsalters auf der einen Seite, und auf der anderen Seite werden die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration etwas älter. Demzufolge gibt es auch, und das ist sehr, sehr bemerkenswert, bei der Gruppe der Über-50-Jährigen einen Beschäfti­gungs­anstieg von 30 000. Das ist etwas, was wir, glaube ich, auch viel zu wenig beachten. Wir haben diesbezüglich in Österreich in den letzten Jahren eine sehr be­ach­tenswerte Aufholjagd hinter uns gebracht, denn es ist zum Beispiel seit Be­ginn 2005 die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen um 12,6 Prozentpunkte angestiegen, und wir haben derzeit eine Beschäftigungsquote aus diesen Jahrgängen von 43,1 Prozent. Damit war der Anstieg der Quote beinahe dreimal so stark wie im Durchschnitt der Europäischen Union. Kaum ein anderes Land hat bei diesen Gruppen diesen Anstieg zu verzeichnen.

Es ist keine Frage, der Wirtschaft geht es um ein Vielfaches besser. Das bedeutet auch, dass viel mehr Arbeitskräfte gesucht werden. Ende Dezember waren 28 890 Stellen frei – auch hier ein Anstieg von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch das ist ein Teil dessen, was erklärt, warum wir auf europäischer Ebene jetzt sehr oft als Best-Practice-Modell dargestellt werden und warum auch sehr oft vonseiten der Europäischen Kommission auf unsere Aktivitäten hingewiesen wird. Ich war erst am Montag beim Europäischen Rat für Beschäftigung der Arbeits- und Sozialminister, und allein die Liste von Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich bilaterale Gespräche führen musste, zeigt, dass viele unser Best-Practice-Modell ganz einfach auch noch hören wollen und auch noch lernen wollen und dass das kleine Österreich hier sehr viele Impulse setzen konnte.

Was auch sehr erfreulich ist, und das möchte ich auch anmerken: Der Bestand der vorgemerkten Arbeitslosen ist, auch unter Einberechnung der Schulungsteilnehmer, um 18 000 zurückgegangen. Und dieser Trend hält an. Mit dem gestrigen Tag waren 21 800 Menschen weniger arbeitslos als im Jahr davor, auch unter Einbeziehung der Schulungsteilnehmer. Ich weiß, das sind Tageszahlen, gar keine Frage, aber es ist wichtig, wenn der Tagestrend das durchhält, womit das Jahr begonnen hat, nämlich ein tägliches Minus – in diesem Fall. Wenn man das buchhalterisch sieht, dann würden diejenigen unter Ihnen, die Firmen haben und täglich ein Minus haben, verzweifeln, aber als Arbeitsmarktpolitiker freut man sich über ein tägliches Minus, denn in diesem Fall ist ein tägliches Minus etwas sehr, sehr Positives.

Es ist auf der einen Seite keine Frage, dass wir gebotene Vorsicht anzuwenden haben, es ist auf der anderen Seite aber auch keine Frage, dass die Wirtschaftsforscher uns ein Wachstum des BIP von 2,2 Prozent und auch einen weiteren Zuwachs der Be­schäf­tigung vorhersagen. Ich sage aber auch hier sehr bewusst: Natürlich ist jeder/jede Arbeitslose einer/eine zu viel, und natürlich müssen wir alles daransetzen, um die Arbeitslosigkeit weiter zu bekämpfen.

Es sei mir aber auch gestattet, noch auf ein, zwei Projekte speziell hinzuschauen, denn ein Projekt wurde sehr massiv kritisiert, das war – oder ist – das Projekt der bedarfs­orientierten Mindestsicherung.


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Diesbezüglich haben viele, auch hier im Haus, gesagt, das wird die Hängematte, da wird überhaupt nichts mehr rausgehen und die Leute werden sich verfestigen. – Ich darf Ihnen sagen, die ersten Daten zeigen eine Realität, die wir vorhergesagt haben, für die wir auch viel gearbeitet haben. Allein in Wien und Niederösterreich konnte das Arbeitsmarktservice seit Einführung der Mindestsicherung im September bis Jahres­ende, das heißt nur in diesen wenigen Monaten, bereits 1 900 Bezieher der Mindest­sicherung wiederum in Beschäftigung vermitteln. In dem gleichen Zeitraum haben 4 000 Personen ein Schulungsangebot des AMS angenommen. Und wir sind auf dem Weg, das zu erreichen, was wir erreichen wollten: Aus Sozialleistungsbeziehern machen wir Steuerzahler. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist es, was dahintersteht. Und gerade am Beispiel dieser beiden Bundesländer, die von ihrer Einwohnerzahl her ja die größten Bundesländer Österreichs sind, sieht man: Es klappt, es funktioniert! Man muss nur hinschauen. Man muss investieren – ja, gar keine Frage –, aber die Menschen wollen wiederum in Beschäftigung.

Mir ist auch klar, dass das Ende der Übergangsfristen mit 1. Mai 2011 natürlich einerseits von einem politischen Mitbewerber für eine gewisse Polemik verwendet wird, andererseits aber bei den Menschen auch Sorge besteht, das ist gar keine Frage.

Auch hier darf ich aber darauf verweisen, dass viele, viele Studien, viele Gespräche, auch mit ausländischen Arbeitsministern, vor allem mit den Arbeitsministern der Nachbarstaaten, eines ganz klar zeigen: Die Zahlen, mit denen wir rechnen – 15 000, 20 000, 25 000 –, sind realistische Zahlen. Sie sind arbeitsmarktpolitisch vertretbar. Und was man auch nicht vergessen sollte: Österreich hat sehr erheblich von dieser Osterweiterung profitiert. Das Wirtschaftswachstum Österreichs nach 2004 ist zu einem großen Teil auf die Erschließung dieser zusätzlichen Märkte und die Inves­titionsmöglichkeiten für österreichische Unternehmen zurückzuführen.

Wir sind gut vorbereitet auf diese Öffnung, und vor allem werden die jetzt bald hier im Haus zu beschließenden Regelungen zum Lohn- und Sozialdumping auch für einen fairen Wettbewerb sorgen und auch dafür sorgen, dass es nicht zu einem Verdrän­gungswettbewerb kommen wird.

Wir haben noch ein Projekt, welches hier im Haus im Dezember im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes beschlossen wurde, bereits in die Startphase hineingebracht und arbeiten sehr intensiv daran, nämlich „Fit2Work“.

Was ist mit diesem Ausdruck gemeint? – Es geht schlichtweg um die langfristige Siche­rung des Pensionssystems, wo wir auf die demographische Entwicklung mit weniger Jugend und immer mehr Älteren am Arbeitsmarkt reagieren und ent­sprechende Schritte einleiten müssen, und zwar durch die Erhaltung der Arbeits­fähigkeit von älteren Arbeitskräften. Und bei diesem Programm, diesem österreichweit anlaufenden Programm für eine proaktive Sozialpolitik geht es schlichtweg darum, diese Arbeitsfähigkeit zu erhalten, den Menschen bei der Erhaltung ihrer Arbeits­fähigkeit zu helfen und damit zu verhindern, dass ein krankheitsbedingtes vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt stattfindet.

„Fit2Work“ ist ein Beratungsangebot für alle, für alle Fragen der Arbeit und für alle Fragen der Gesundheit.

Ich habe vorhin schon gesagt, jede/r Arbeitslose ist eine/r zu viel, und wir müssen weiterhin eine sehr aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben. Demzufolge hat das AMS im heurigen Jahr das dritthöchste Förderbudget in der Geschichte des AMS weiterhin zur Verfügung, und es wird natürlich auch darum gehen, die Optimierung, die Effizienz­steigerung der zur Verfügung stehenden Mittel voranzutreiben. Das heißt: noch geziel­tere Schulungsmaßnahmen, noch besser abgestimmte Maßnahmen mit den diversen


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Sektoren der österreichischen Wirtschaft. Auch hier sind die ersten Programme, vor allem in Niederösterreich und in Wien, aber auch in allen anderen Bundesländern, bereits jetzt in die Umsetzungsphase gekommen, wobei es darum geht, ganz neue Programmwege zu beschreiten, nämlich noch stärker mit der betrieblichen Ebene zu koordinieren hinsichtlich der Frage: Was brauchen wir, was ist notwendig?, und dann ganz einfach auch entsprechend vorzugehen.

Ich möchte noch ein paar Aspekte einbringen: Die stabile Konsumnachfrage, die kräftige Erholung der Exporte sind wesentliche Eckpfeiler der wirtschaftlichen Erho­lung. In der Folge stieg einerseits die Nachfrage nach Arbeitskräften im Waren produ­zierenden Bereich, andererseits ist vor allem – das wurde von Abgeordnetem Katzian auch schon erwähnt – der Dienstleistungssektor der Jobmotor.

Im Waren produzierenden Bereich stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften, wobei in diesem Bereich auch die Arbeitslosigkeit um 22 Prozent zurückgegangen ist. Es sind gerade im Waren produzierenden Bereich beim AMS gegenwärtig um 39 Prozent mehr offene Stellen gemeldet als im Vorjahr. Es wird bei der österreichischen Arbeit­nehmerschaft weiterhin einen Wandel geben, hin zu den sehr vielen sogenannten Dienstleistungsberufen. Ich habe gerade gestern bei einer Spezialkonferenz der Gesundheitsberufe auch für diesen Sektor die Zahlen sehr klar auf den Tisch gelegt, die Herausforderungen, die wir auf der einen Seite zu bewältigen haben, aber auch die Chancen, die wir auf der anderen Seite haben. Wir brauchen dort hoch qualifizierte Personen, und diese hoch qualifizierten Personen müssen wir einerseits schulen, die müssen wir ausbilden, aber auf der anderen Seite ist für diese Personen eine Jobgarantie auf alle Fälle gegeben, allein schon wenn sie die Ausbildung absolvieren, denn diese Arbeitsplätze gibt es.

Zum Schluss kommend: Ich glaube, wir haben ein sehr schwieriges Jahr 2010 hinter uns gebracht, aber ein Jahr 2010, das zeigt, dass eine aktive Arbeitsmarktpolitik, eine aktive Arbeitsmarktpolitik des Hinschauens und nicht des Wegschauens, eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die allen Gruppen der Bevölkerung Chancen gibt, sich auszahlt, denn sonst wären wir nicht Europameister bei der Arbeitslosigkeit, aber „Europa­meister“ heißt in diesem Fall, dass wir die niedrigste Quote von ganz Europa haben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. – Bitte.

 


9.31.18

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Meine zwei Vorredner haben in sehr beachtlicher Art und Weise gezeigt, in welch positiver Situation sich Österreich im Zusammenhang mit den Zahlen auf dem Arbeitsmarkt befindet. Das zeigt, dass die Maßnahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat, einerseits in konjunkturbelebenden Programmen, die Arbeitsmarktkonjunktur belebenden Programmen, in Programmen des Ausbaus, der Renovierung, der Forschung, ein guter Weg waren. Sie waren nicht nur deshalb ein guter Weg, weil wir die geringste Arbeitslosenrate oder eine der geringsten Arbeits­losen­raten in der Europäischen Union haben, sondern weil wir es damit auch gemein­sam geschafft haben, sehr vielen Menschen in Österreich das Schicksal der Arbeitslosigkeit, das Schicksal der Aussichtslosigkeit, das Schicksal von Armut, das Schicksal von Zukunftsperspektivenlosigkeit zu ersparen. Darauf können wir sehr, sehr


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stolz sein, und ich bin sehr froh, dass unsere Bundesregierung diesen Weg beschritten hat. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Prinz.)

Es ist uns nicht nur gelungen, die Arbeitslosenrate niedrig zu halten, sondern es ist uns auch gelungen, das Defizit, das die Wirtschaftskrise im Zusammenhang mit der Abwanderung von Arbeitsplätzen in den letzten Jahren verursacht hat, wieder aufzufangen und wesentlich mehr Menschen in eine Beschäftigung zu bekommen als im vergangenen Jahr.

Natürlich – auch das ist schon gesagt worden – ist uns jeder/jede Arbeitslose ein Arbeitsloser/eine Arbeitslose zu viel. Daher kann ich auch immer wieder nur betonen, dass das AMS mit seinen qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den arbeitsuchenden Menschen mit Rat und Tat zur Verfügung steht. Qualifizierungs­programme dienen dazu, Menschen wieder sehr schnell fit für den Arbeitsmarkt zu machen, um die Spanne, die die Menschen in Arbeitslosigkeit verbringen müssen, so gering wie möglich zu halten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich einmal mehr bei den hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des AMS sehr herzlich für die hervorragende und qualifizierte Arbeit bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Obwohl die Arbeitslosenrate erfreulicherweise zurückgegangen ist, ist es trotzdem so, dass wir ein sehr hohes Budget im Zusammenhang mit den Mitteln für Arbeits­marktpolitik haben. Das ist sehr wichtig und sehr notwendig, um dementsprechend auch weiter zukunftsorientierte gute Arbeit zu leisten. Was mir in diesem Zusam­menhang aber auch ganz besonders wichtig ist, ist der Umstand, dass die Hälfte der Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik schwerpunktmäßig auch für Aktionen, für Maß­nahmen, die ganz speziell der Frauenerwerbstätigkeit dienen, vorgesehen sind. Das ist wichtig, um einerseits dafür Sorge zu tragen, dass man es leichter schafft, wenn Frauen nach einer familienbedingten Pause aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, sie schneller wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Und das Zweite erscheint mir ebenfalls wichtig, nämlich Frauen in stärkerem Maße fit für sogenannte nicht typische Frauenberufe zu machen.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch noch einen Blick auf einen Tagesord­nungspunkt werfen, den wir heute noch beschließen werden. Ich bin sehr froh, dass wir heute gemeinsam das Gleichbehandlungsgesetz verändern werden, eine Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz beschließen werden, die zum Inhalt haben wird, dass es in Österreich mehr Transparenz, mehr Offenlegung bei Gehältern geben wird, dass künftig Frauen und Männer ganz einfach auch einen besseren Überblick haben, was sie verdienen, was ihnen zusteht. Das ist eine wichtige Veränderung, nämlich auch dahin gehend, dass wir es endlich gemeinsam schaffen können, die so unfairen Unter­schiede zwischen Männer- und Fraueneinkommen, die nicht auf Kollektivvertrag beruhen, sondern ganz einfach sogenannte versteckte Diskriminierung sind, gemein­sam aufzudecken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich halte diese Gesetzesnovelle für hervorragend, wichtig und notwendig und bedanke mich bei dieser Gelegenheit auch bei allen, die daran mitgewirkt haben, bei den Sozialpartnern und Sozialpartnerinnen und bei den beiden Ministerien. Ein gutes Gesetz, das wir heute gemeinsam beschließen werden! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Haubner zu Wort. – Bitte.

 



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9.35.54

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Packen wir das Thema einmal von einer anderen Seite an: Was wäre die stolze Bilanz unseres Sozialministers ohne die Unternehmerinnen und Unternehmer? (Beifall bei der ÖVP.)

Gründer schaffen 66 000 neue Jobs!, titelt eine österreichische Tageszeitung und sagt: „Im Schnitt schuf jede neue Firma im Vorjahr 2,3 Arbeitsplätze ...“

Und weiters: „Es ist so etwas wie ein leiser Job-Effekt, der jährlich auf das Konto der heimischen Unternehmensgründer geht. In Summe haben 29 221 Unternehmer im letzten Jahr 66 000 neue Arbeitsplätze geschaffen.“

Wenn wir heute eine stolze Bilanz von 3,3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern, ein Rekordniveau bei der Beschäftigung erreicht haben, dann ist das sicher an erster Stelle auch ein Verdienst der Unternehmerinnen und Unternehmer. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die Wirtschaftsprognosen für das Jahr 2011 zeigen uns, dass sich die derzeit positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt fortsetzen wird. Die Erfolge sind nicht nur auf die Maßnahmen der Bundesregierung in der Krise, die von meinen Vorrednern schon skizziert worden sind, zurückzuführen – diese konnten da nur unterstützend wirken, meine Damen und Herren –, diesen Erfolg haben wir in erster Linie den Unter­nehmerinnen und Unternehmern zu verdanken, die währen der Krise auf ihre bewährten Mitarbeiter gesetzt und diese in ihren Betrieben gehalten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Teil nahmen die Betriebe auch Unterauslastung in Kauf, um Mitarbeiter zu halten und sie sozial abzusichern. Es gab kaum Entlassungen, und daher konnten die Unternehmen nach dieser Krise und nach dem Anziehen der Konjunktur wieder auf ihre bewährten Mitarbeiter zurückgreifen und schnell handeln und weiter erfolgreich sein. Nur so ist das derzeitige Rekordbeschäftigungsniveau auch zustande gekommen. Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer sind die Garanten für sichere Arbeitsplätze in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Einmal mehr haben unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen bewiesen, dass sie das Rückgrat der heimischen Wirtschaft sind und auch in schwierigen Zeiten den Menschen Stabilität und Sicherheit geben. Es sind nämlich unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen, die 62 Prozent der Arbeitsplätze sichern und 100 000 jungen Menschen in der Berufsausbildung Zukunft geben und im letzten Jahr mehr als 315 Milliarden € umgesetzt haben. (Abg. Öllinger: Das ist aber keine Werbesendung, oder?) Ohne diese große Flexibilität der heimischen Betriebe in unserem Land wären in dieser schwierigen Zeit 86 000 Jobs verloren gegangen, meine Damen und Herren. Rechnen Sie sich aus, was das unseren Staat gekostet hätte! (Abg. Öllinger: Ja, es hat eh gekostet!)

Alle erzielten Lohnabschlüsse belegen, dass sich die Unternehmen ihrer Verant­wortung für ihre Mitarbeiter sehr wohl bewusst sind und diese auch entsprechend wahrnehmen. Es ist einfach eine Tatsache, dass es die Unternehmen sind, die den Menschen im Land Arbeit geben und damit Sicherheit und Stabilität gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher, Herr Minister, sind wir einer Meinung, dass es absolut notwendig ist, die Rah­men­bedingungen für diese Unternehmer so zu gestalten, dass wir weiterhin so viele Beschäftigte im Land haben.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Bundeskanzler Faymann im Dezem­ber 2010 verkündet hat, dass der Faktor Arbeit entlastet werden muss, dann kann ich


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ihm nur recht geben. Das ist die richtige Ansage. Ja, der Faktor Arbeit muss entlastet werden, denn diese Entlastung gibt sowohl den Arbeitgebern als auch den Arbeit­nehmern den notwendigen Spielraum, um den Konsum anzukurbeln und den Wirt­schaftsmotor im Land wieder so richtig brummen zu lassen. Aber dieser Weg der Entlastung, und da sind wir uns hoffentlich einig, kann nicht durch Belastung von Eigen­tum oder zusätzliche Steuern erreicht werden, sondern es muss unser gemein­sames Ziel sein, den Faktor Arbeit so zu entlasten, dass auch die Lohnnebenkosten sinken. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenecker.)

Herr Bundesminister, ich bin überzeugt davon, dass auch Sie mit mir darin über­einstimmen, dass eine Erhöhung der Lohnnebenkosten – für welche Fonds-Finan­zierung auch immer – nicht kommen darf. Wir haben in Österreich schon eine der höchsten Abgabenquoten in Europa, und daher sollten wir gemeinsam die Senkung der Abgabenquote weiterhin anstreben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe schon erwähnt, dass die Unter­nehmerinnen und Unternehmer das Rückgrat der Wirtschaft sind und die Arbeitsplätze in diesem Land sichern. Wir müssen also wieder Lust auf Leistung machen. Daher sind wir aufgefordert, mit Mut und Fantasie statt Stillstand und Bürokratie die verkrusteten Strukturen in unserem Land anzugehen und eine schlanke und effiziente Verwaltung zu fordern und zu schaffen und unsere sozialen Systeme zu reformieren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wir sollten uns nicht scheuen, dabei auch unternehmerische Parameter anzulegen. Darum kurz und bündig: erneuern statt besteuern! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubvorsitzender Strache gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.41.14

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss wohl nicht darauf hinweisen, dass wir uns in Österreich trotz der aktuellen Arbeitsmarkt­daten, auf die Sie, Herr Sozialminister, hingewiesen haben und die etwas besser ge­wor­den sind, nicht zurücklehnen können und dass kein Grund zu der großen Jubel­stimmung gegeben ist, wie Sie sie versucht haben darzustellen.

Es gibt eine Erleichterung auf dem Arbeitsmarkt, aber es ist noch immer katastrophal genug. Wir haben über 300 000 Arbeitslose in unserem Land. Trotz Rekordbeschäf­tigung sind heute über 300 000 Österreicherinnen und Österreicher arbeitslos. Und daher ist kein Grund zur Verbreitung solch einer Jubelstimmung gegeben, wie Sie das heute gemacht haben, sondern man muss sehr ernsthaft an die Sache herangehen.

Natürlich hat mein Vorredner recht, dass diese Situation durch die kleineren und mittleren Unternehmer möglich geworden ist, die es – zum Glück – auch durch ihre Kraft, ihre Arbeit und ihr Unternehmertum geschafft haben, mehr Menschen Beschäf­tigung zu geben. Es ist natürlich der Fleiß von Menschen in diesem Land, der dazu beigetragen hat, dass wir jetzt eine Rekordbeschäftigung haben. Aber wir müssen auch immer darauf achten, dass wir nicht ausschließlich der Rekordbeschäftigung hinterher hoppeln, aber die Österreicher nichts davon haben, weil irgendwelche andere Menschen – woher auch immer – diese Arbeitsplätze dann bekommen. Vor genau dieser Situation stehen wir doch, Herr Sozialminister!

Ich bemerke erneut, dass Sie immer wieder versuchen, sich mit Selbstlob sozusagen in den Vordergrund zu stellen, mit Lobhudelei, dass Sie aber verdecken, dass die positive Entwicklung, diese geringe Erleichterung, die wir jetzt wahrnehmen, durch Ihre


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Politik ab 1. Mai 2011 gefährdet werden wird, wenn nämlich die Erweiterung des Arbeitsmarktes kommen wird, gerade am Tag der Arbeit, nämlich am 1. Mai 2011, für die osteuropäischen Länder. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Öffnung wird deshalb kommen, weil Sie seit über einem Jahr nicht bereit sind, mit der Europäischen Union, mit der Kommission Verhandlungen zu führen, da sich die Verträge, die einmal abgeschlossen wurden, leider Gottes nicht erfüllt haben. Es sind ja Verträge definiert worden, wo man vor sehr langer Zeit gesagt hat, dass es erst dann Sinn macht, den Arbeitsmarkt für unsere osteuropäischen Nachbarländer zu öffnen, wenn dort halbwegs ähnliche Standards vorhanden sind, sozialer Art, aber auch bei den Einkommensverhältnissen. Aber diese sind nicht gegeben!

Es gibt diese Entwicklung in den osteuropäischen Ländern nicht einmal ansatzweise. Die Einkommen liegen heute dort nicht einmal bei 50 Prozent der österreichischen Einkommen, sondern deutlich darunter. Es muss daher vonseiten der Bundesregierung die Verantwortung wahrgenommen und gesagt werden, dass, wenn die Standards, die damals definiert wurden und die wir uns erhofft haben, nicht erfüllt werden, eine Verlängerung der Übergangsfristen verhandelt werden muss. Aber das haben Sie abgelehnt! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre Verantwortung! Sie gefährden die österreichischen Arbeitnehmer. Das führt zu einem Verdrängungsprozess, zu Lohndumping. Natürlich! Denn selbstver­ständlich wird das auch für den Arbeitspendler interessant – und wir haben in den Nachbarländern Osteuropas über drei Millionen Arbeitslose! Da können Sie den Kopf schütteln, aber ja, es sind über drei Millionen Arbeitslose in den Nachbarländern. In der Tschechischen Republik gibt es 400 000 Arbeitslose, in der Slowakei 400 000, in Ungarn rund 500 000 und in Polen 1,7 Millionen Arbeitslose, die natürlich von dort weggehen wollen, wenn sie dort keine Perspektive und Chance haben, und hier herein­drängen. Und diese Personen werden dann bereit sein, hier im untersten Lohn­bereich Arbeit zu verrichten, wodurch natürlich Lohndumping entsteht und österreichi­sche Arbeitnehmer, die heute aufgrund ihrer Arbeitsleistung ein entsprechendes Gehalt erwarten können, dann verdrängt werden, weil es billigere Arbeitskräfte geben wird, die bereit sein werden, Jobs im untersten Kollektivvertragsbereich anzunehmen. Und das führt dann ab 1. Mai 2011 zu einer Zuspitzung auf dem Arbeitsmarkt.

Ich sage klar und deutlich: Wir wollen österreichische Arbeitnehmerinteressen schüt­zen. Ja, und wir leben die Politik „Österreich zuerst“. Ja, und die gehört in unserem Land verstärkt betont und auch im arbeitsmarktpolitischen Prozess, im sozialpo­liti­schen Prozess durchgesetzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird dann die Mindestsicherung – Sie haben heute wieder versucht, die Min­destsicherung sehr schön darzustellen – von vielen Menschen, die aus diesen Ländern zu uns kommen, hier in den Arbeitsprozess einsteigen und in der Folge kein Interesse mehr haben, zu arbeiten, in Anspruch genommen werden.  Und für viele Tagespendler, die zu uns kommen, ist das ein wundervolles Gehalt, das teilweise drei Mal so hoch ist wie zu Hause in der Slowakei, in Tschechien oder in Ungarn das Durchschnitts­einkommen. Na, da werden wir dann Berechnungen darüber anstellen, welcher Miss­brauch in Folge auch in diesen Bereichen möglich werden wird. Und das ist genau der Punkt.

Wir haben ja auch Missbrauchsbereiche aufgedeckt – Sie schütteln zwar den Kopf –, wo rumänische Pensionisten, die 150 € Pension im Monat erhalten (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich komme zum Schlusssatz –, sich hier zum Schein hauptmelden lassen, damit sie den Ausgleichszulagenrichtsatz bekommen (Zwischenrufe bei der SPÖ), wodurch die Republik Österreich 40 Millionen € im Jahr


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zahlt. Solche Missbräuche sind abzustellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Schatz gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Großruck: Der Herr Strache ist schon ein bisschen hinten! – Abg. Strache: Man kann halt alles leugnen und wegwischen! – Bundesminister Hundstorfer: Es sind 30 Rumänen! – Abg. Strache: Wir haben doch die Anfrage­beantwortung: 40 Millionen € pro Jahr!)

 


9.46.47

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, der Titel dieser Aktuellen Stunde hat ja schon einiges an Selbstbeweih­räuche­rung befürchten lassen, aber das, was Sie, Herr Minister, Herr Abgeordneter Katzian, Frau Abgeordnete Csörgits, Herr Abgeordneter Haubner, uns jetzt hier zugemutet haben, ist schon ein ziemlich starkes Stück, ist schon ziemlich viel! (Beifall bei den Grünen.)

Sie tun wirklich allen Ernstes so, als wäre auf dem österreichischen Arbeitsmarkt jetzt wieder alles in Ordnung – Sie tun wirklich so. Dabei zeigt das doch nur die von Ihnen polierte Oberfläche, schauen wir einmal ein bisschen darunter!

Sie wissen ganz genau: Eine Million Menschen ist in Österreich derzeit nur mehr atypisch beschäftigt – es sind hauptsächlich Frauen. Jede zweite erwerbstätige Frau ist nur mehr atypisch beschäftigt. All diese Menschen haben keine regulären Vollzeit­arbeitsverhältnisse mehr, obwohl über 85 Prozent von ihnen das wollen, das an­streben. Sie alle haben nur Teilzeitverträge, befristete Verträge, freie Dienstverträge, sind Leiharbeiter/Leiharbeiterinnen oder gar nur geringfügig Beschäftigte ohne jeden Versicherungsschutz. Aber Sie sprechen das überhaupt nicht an, nicht mit einer Silbe. Sie tun so, als wäre alles in Ordnung.

Aber ich schaue noch tiefer, ich kratze noch mehr an Ihrem Lack. – Herr Minister, in Ihrem eigenen Sozialbericht ist nachzulesen, dass über 200 000 Menschen in diesem Land arbeiten und trotzdem armutsgefährdet sind. Allein 130 000 von ihnen – 130 000 Menschen! – arbeiten Vollzeit und können vom Einkommen ihrer Arbeit nicht leben!

Herr Minister, Sie tun so, als wäre auf dem österreichischen Arbeitsmarkt alles in Ordnung!

Ich verlange von Ihnen, dass Sie sich mehr einmischen. Es gibt so viele Menschen bei uns, die hart arbeiten, viel arbeiten und dafür einfach viel zu wenig, inakzeptabel wenig verdienen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte eine Gruppe herausgreifen; eine Gruppe, mit der wir alle mehr oder weniger häufig zu tun haben: Friseurinnen. Meine Damen und Herren, das ist ein Beruf, der auf den ersten Blick für viele junge Frauen attraktiv erscheint, doch wenn man genauer hinschaut, sieht man, welch harte Arbeit das ist. Es gibt Arbeitszeiten, die extrem belastend sind, kundenfreundliche Öffnungszeiten bis 20 Uhr, 21 Uhr sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Dieser ganze Stress führt dazu, dass kaum jemand sehr lange in diesem Job bleiben kann, weil es massive gesundheitliche Probleme gibt. Oder wer von Ihnen kennt eine Friseurin, die älter als 50 Jahre ist, wenn es nicht die Chefin ist? – Ich kenne nur sehr wenige.

Abgesehen von dem ganzen Stress kommen die kernmedizinischen Probleme dazu: Sie alle haben – früher oder später – Rückenbeschwerden, und es gibt große Probleme mit Allergien dadurch, dass beim Waschen noch immer keine oder viel zu selten Schutzhandschuhe getragen werden. Die Haut trocknet absolut aus, wird porös und dadurch extrem anfällig für Allergien und Infektionen.


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Das sind die Rahmenbedingungen von Friseurinnen und Friseuren. Und wie viel bekom­men diese Menschen in Anbetracht dieser Rahmenbedingungen, dieser harten belastenden Arbeit mit großem gesundheitlichen Risiko? Wie viel bekommen die bezahlt? – 1 122 € brutto für 40 Stunden Vollzeitarbeit ist der Mindestlohn für Friseure und Friseurinnen. Ich sage, das ist ein Skandal, Herr Minister! Da müssen Sie sich einmischen, da müssen wir alle uns einmischen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Wir als politisch Verantwortliche dürfen nicht akzeptieren, dass es über 20 000 Frauen in diesem Gewerbe in Österreich gibt, die ein Einkommen an der Armutsgefähr­dungsschwelle haben. Wir könnten etwas dagegen tun: Wir können ein existenz­sicherndes Mindestlohngesetz beschließen. Und wir alle können künftig vielleicht um 1,30 € pro Friseurbesuch mehr bezahlen – mehr ist es nicht, wir haben uns das ausgerechnet –, allein das würde genügen, um über 20 000 Frauen in Österreich ein existenzsicherndes Einkommen zu garantieren. Das würde genügen.

Herr Minister, ich möchte nicht mehr Statistiken hören, ich möchte sie nicht mehr hören! Ich möchte, dass jeder Mensch in Österreich, der einen Job anstrebt, von uns die Garantie bekommt, dass das ein „g’scheiter“ Job ist, mit fairen Rahmen­bedingungen und mit einer fairen Bezahlung.

Herr Minister, wenn wir das erreicht haben, wenn Sie das erreicht haben, dann dürfen wir jubeln, dann dürfen Sie jubeln, aber in der jetzigen Situation heute hier sicher nicht. (Beifall bei den Grünen.)

9.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. – Bitte.

 


9.52.03

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach den Ausführungen der Redner der Koalitionsparteien und des Herrn Bundesministers müsste in Österreich eigentlich alles eitel Wonne sein – aber so ist es nicht. Ich finde es eher ungeheuerlich, wenn hier SPÖ und ÖVP von einer positiven Trendwende auf dem Arbeitsmarkt sprechen, von einer geringen Arbeitslosigkeit während der Wirtschaftskrise im Jahr 2010 reden und darauf verweisen, dass die entsprechenden Maßnahmen getroffen wurden.

Ich sage Ihnen dazu Folgendes: Natürlich ist es wichtig, dass man Maßnahmen er­greift, aber es ist auch wichtig, dass die Unternehmen die Arbeitsplätze erhalten. In der Wirtschaft gibt es Arbeitnehmer und Arbeitgeber, nur durch beide zusammen ist die Wirtschaft überhaupt möglich, die Wirtschaft funktioniert nicht ohne Arbeitnehmer. – Das ist das eine.

Wichtig ist meiner Meinung nach, dass wir eine hohe Beschäftigtenzahl haben – der Herr Bundesminister spricht von 3,4 Millionen Beschäftigten. Allerdings haben wir auch 302 000 Arbeitslose. Es ist zwar richtig, dass die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Dezember des Vorjahres kleiner geworden ist, aber wir wissen auch, dass 61 000 Personen in Schulungen sind und dass vor allem bei den über 50-Jährigen ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von 1 Prozent gegeben ist.

Gerade was die älteren Arbeitnehmer betrifft, wurde eigentlich nicht gegengesteuert. Vor allem aber im Kampf gegen die Armutsgefährdung ist, Herr Bundesminister, bisher überhaupt nichts weitergegangen.

Wir haben in Österreich eine Million Menschen mit atypischer Beschäftigung – das ist ein Drittel der Beschäftigten in Österreich oder umgerechnet 12 bis 13 Prozent der Wohnbevölkerung. Es müsste uns schon zu denken geben, wenn jemand, der arbeitet,


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trotzdem an der Armutsschwelle lebt. Da muss gegengesteuert werden, Herr Bun­desminister! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Es kann nicht sein, dass man einer Arbeit nachgeht und kaum davon leben kann. 350 000 Menschen leben trotz Arbeit an der Grenze zur Armutsgefährdung, das sind sozusagen die Working Poor in Österreich. Das müsste uns gehörig zu denken geben.

Die Öffnung des Arbeitsmarktes mit 1. Mai 2011 wird natürlich zu einer Verschärfung der Lage führen. Klubobmann Strache hat es soeben erwähnt: Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Man sagt immer: Hoch die Arbeit! Aber hängt mir die Arbeit bitte nicht so hoch, dass keiner von den Österreichern mehr dazukommt! Das soll nicht der Fall sein, Herr Bundesminister. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben Pläne angekündigt, wonach bei der Arbeits­markt­öffnung ab Mai 2011 der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt – vor allem die Baubranche ist da sehr gefährdet – verstärkt kontrolliert werden soll, und Sie haben ein Anti-Lohndumping-Gesetz in Entwurf. Bisher habe ich noch nichts davon gesehen. Die Gebietskrankenkassen sollten genauso wie die KIAB verstärkt Kontrollen durchführen, ob die Arbeitskräfte auch angemeldet sind und die Mindestlohnbestimmungen eingehalten werden.

Ich muss eines sagen – Kollege Muchitsch ist heute leider nicht hier –: Die Gewerk­schaft Bau-Holz hat gesagt, und zwar der Chef der Gewerkschaft Bau-Holz, Johann Holper, und dessen Vize Josef Muchitsch, dass man bei den Gebietskran­kenkassen und bei der KIAB zu wenig Personal zur Verfügung hat, um diese Kon­trollen überhaupt durchführen zu können, Herr Bundesminister. Wie soll das jetzt funktionieren? Sie sind ja schon in der ÖVP und bei der Wirtschaftskammer auf Widerstand gestoßen, jetzt auch noch bei der Gewerkschaft Bau-Holz. Ich sage, das funktioniert ganz einfach nicht.

Wir werden Probleme haben, was die Sozialversicherung, die Krankenkassen und so weiter betrifft, wenn es da zu Lohndumping kommt. Die österreichischen Firmen werden gefährdet sein, da sie im Wettbewerb mit diesen Firmen nicht mithalten kön­nen. Das Lohnverhältnis zwischen diesen Staaten und Österreich liegt noch immer bei 1 : 3 oder 1 : 5. Das ist schon eine große Differenz.

Die Arbeitskräfteüberlassung wird zunehmen, ausländische Firmen werden verstärkt österreichischen Unternehmen Beschäftigte zur Verfügung stellen. Wie das kontrolliert werden soll, ist ebenfalls noch offen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren, vor allem von den Koalitionsparteien! In diesem Bereich müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden, Schlupflöcher müssen gestopft werden und ein faires System für die Zukunft muss geschaffen werden! (Beifall beim BZÖ.)

9.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.57.37

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Klub­obmann Strache, Ihr Beispiel betreffend Mindestsicherung und Tagespendler, diese Verknüpfung, die Sie gebracht haben, unterschätzt jeglichen Hausverstand, den Men­schen aufbringen müssen. (Abg. Mag. Stefan: Die hier gemeldet sind!)


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Jetzt frage ich Sie: Was ist die Definition eines Tagespendlers nach Österreich? (Abg. Mag. Stefan: Nein, es geht um die hier gemeldeten! Da haben Sie nicht zugehört!) – Das ist kein Tagespendler, der hier gemeldet ist! – Ein Tagespendler hat seinen Wohnsitz definitionsgemäß im Ausland (Abg. Strache: Sie haben wieder einmal nicht aufgepasst!) und kommt hier her und leistet hier Arbeit (Abg. Strache: Hören Sie einmal zu und behaupten Sie nicht etwas Falsches!), Arbeit, die der österreichische Markt, die österreichischen Klein- und Mittelunternehmen brauchen. (Abg. Mag. Stefan: Das sind zwei verschiedene Dinge! Sie haben nicht zugehört!) Das heißt, definitionsgemäß arbeitet ein Tagespendler und ist kein Mindestsicherungsbezieher.

Ihre letzte Komik hat „Wiener Sagen“ geheißen. Das, was Sie hier bringen, sind „Straches Märchen“. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das ist ein wirklicher Unsinn, den Sie verzapfen!) Es ist nichts anderes, als dass Sie versuchen, Men­schengruppen auf eine sehr unqualifizierte Art und Weise gegeneinander aufzuhetzen. (Abg. Mag. Stefan: Zuerst zuhören und dann ...!)

Noch einmal: Jemand, der hier einpendelt, arbeitet hier! (Abg. Strache: Sie sollten hören, was ich gesagt habe, und nicht das Falsche behaupten!)

Zur zweiten Frage der Ostöffnung und diesem Drohschwert, das Sie immer wieder in den Raum stellen: Sie wissen, dass wir hier in nächster Zeit das Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping beschließen werden, Sie wissen auch, dass wir eine Rot-Weiß-Rot-Card haben, die einen geregelten Zuzug nach Österreich bringen wird. (Abg. Dr. Rosenkranz: Vor allem für die EU-Bürger! – Abg. Strache: Weil die EU-Bürger „keine“ Reisefreiheit haben!)

Wenn Sie sich die Zahlen angeschaut hätten, die Menschen, die nach Österreich einwandern, um hier zu arbeiten, welche Qualifikationen die haben, dann müssten Sie wissen (Abg. Strache: Sie haben keine Ahnung!), dass in den letzten fünf Jahren die Menschen, die nach Österreich gekommen sind – Sie wissen, dass eine Menge Men­schen nach Österreich kommt –, in ihrer Qualifikation zu fast der Hälfte im Fachar­beiterrahmen sind. (Abg. Strache: Halten Sie die Zuschauer wirklich für so dumm? – Abg. Dr. Rosenkranz: Sie wissen schon, was vor dem Fall kommt, sprichwörtlich?!) Das heißt, dass dieses Damoklesschwert, dass jetzt die Hilfsarbeiter kommen, die zum oder sogar unter dem Mindestlohn hier arbeiten, wirklich zutrifft, einfach falsch ist.

Das Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping ermöglicht ganz strikte Kontrollen, dass kollektivvertragliche Rahmenbedingungen eingehalten werden, und zwar nicht nur der Mindestkollektiv, sondern der Kollektiv, der in diesem Unternehmen bezahlt wird. (Abg. Strache: Nur, mit dem untersten Kollektivvertrag kann man heute keine Familie mehr ernähren in Österreich! Das sagen Sie nicht dazu!)

Herr Strache, Sie müssten wissen, dass es bereits heute möglich ist, wenn es in einem Betrieb noch keinen starken Betriebsrat gibt, dass Österreicherinnen und Österreicher unter dem Kollektivvertrag – nämlich unter dem überzahlten Kollektivvertrag, den es möglicherweise gibt – arbeiten können. (Abg. Strache: Aber von einem Lohn laut unterstem Kollektivvertrag kann man sich in Österreich nicht mehr ernähren!) Das heißt, es kommt darauf an, wie die Kontrolle funktioniert. (Abg. Strache: Ein öster­reichischer Facharbeiter muss jedenfalls mehr verdienen, als im Kollektivvertrag festgelegt ist!) Wir wissen, dass wir in Österreich sehr starke Gewerkschaften und sehr starke Betriebsräte haben, und wir wissen auch, dass die Sozialpartnerschaft in Österreich funktioniert. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.)

Ich glaube, wir sind gut vorbereitet auf diese Ostöffnung. Die Gewerkschaften arbeiten bereits engstens mit den Betriebsräten und den Gewerkschaften im uns umgebenden Umland zusammen, um die Menschen dort fit für das zu machen, was sie hier an


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Löhnen zu erwarten haben, und um genau das zu verhindern, dass sie sich hier für Löhne einstellen lassen, die unter dem Niveau sind!

Malen Sie also keine Drohgebärden an die Wand! (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.) Die Bundesregierung hat gute Arbeit geleistet, es wird tatsächlich kontrolliert. Was Sie hier sagen, ist nichts anderes als Falschmeldungen beziehungsweise bewusste Verun­sicherung der Bevölkerung, und dagegen, glaube ich, sollten wir uns hier dringendst verwahren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Abgeordnete Haubner hat in seiner Rede sehr vehement darauf hingewiesen, dass es die Unternehmen sind, die Arbeitsplätze schaffen. – Dem stimme ich völlig zu! Wir wissen aber auch, dass die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen natürlich auch damit gewährleistet wird, dass es staatliche Förderungen gibt, um es insbeson­dere kleinen und mittleren Unternehmen zu erleichtern, entsprechend vorzugehen. Auch das ist ein Beispiel der Sozialpartnerschaft, einerseits wie wir sie pflegen, ande­rerseits wie sie auch, wie wir sehen, in der Bundesregierung zwischen Wirtschafts­ministerium und Sozialministerium sehr gut funktioniert. Das ist, glaube ich, ein Erfolg, der uns allen zuzuschreiben ist! (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Wenn wir uns ansehen, was wir in nächster Zeit noch zu erledigen haben, dann ist uns vor allem in Anbetracht der Arbeitslosenzahlen im Bereich der Jugendlichen bewusst, dass wir nicht nur in Österreich darauf drängen müssen, dass wir vermehrt Jugendliche in Beschäftigung bekommen, sondern dass das auch ein europaweites Thema ist. Rudi Hundstorfer hat ja bereits Anfang dieser Woche bei den EU-Ministern die österreichi­schen Modelle, die wir haben und die sehr gut funktionieren, vorgestellt. Auch dies­bezüglich ist in Österreich eine Vorbildwirkung für die uns umgebende Europäische Union gewährleistet.

Aber auch das ist nicht nur ein sozialpolitisches Problem, sondern auch ein bildungs­politisches Problem. Wir wissen aber, dass wir jetzt mit der Vermehrung der Neuen Mittelschulen und mit der verbesserten Ausbildungs- und Bildungssituation, die wir in den nächsten Monaten beschließen werden, gute Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Wirtschaft gut ausgebildete junge Menschen findet und diese Menschen mit den entsprechenden Arbeitsmarktmaßnahmen auch gut in Beschäftigung gehalten wer­den können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort. – Bitte.

 


10.02.56

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­des­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine aktive Arbeitsmarktpolitik ist eine zentrale Aufgabe der Innenpolitik. Das Wichtigste ist, dass die Menschen einen Arbeitsplatz haben, und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie im Krisenjahr 2009 muss rasch und effizient gehandelt werden.

2009 hat es in Österreich einen Rückgang des BIP um rund 3,9 Prozent gegeben; erstmals seit dem Jahre 1955 gab es einen Rückgang in diesem Ausmaß! Die Be­schäftigung ist jedoch nur um 1,4 Prozent gesunken. Das war nur möglich, weil die Politik rasch und effizient gehandelt hat.

Ich möchte nur einige Beispiele erwähnen. – Zunächst nenne ich die Kurzarbeits­mo­delle: Am Höhepunkt der Krise 2009 waren bis zu 60 000 Menschen in Kurzarbeit. Die Unternehmen haben das dankenswerterweise angenommen, und Massenkündigungen konnten dadurch vermieden werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren bereit, den Abbau von Überstunden und Zeitausgleich in Kauf zu nehmen, sie waren koope­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 51

rativ und haben in dieser Zeit hohe Flexibilität gezeigt, und dafür gilt ihnen auch unser Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurden zum Beispiel auch die Bildungskarenz sowie Aus- und Weiterbildungs­maßnahmen ausgebaut und fortgesetzt. – Das heißt, wir haben in Österreich schnell die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen, und die Arbeitsmarkt- und Konjunktur­pakete haben gegriffen.

Dank gilt aber natürlich neben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sehr flexibel waren, auch den Unternehmerinnen und Unternehmern, die wirklich profes­sionell gehandelt und es ermöglicht haben, dass es zu keinen großen Kündigungs­wellen in Österreich gekommen ist. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr, sehr herzlich bei unseren Unternehmerinnen und Unternehmern bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich konnte die Krise gut bewältigen. Das zeigt vor allem auch der Vergleich mit anderen europäischen Ländern. Ja, wir verzeichnen aktuell eine Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent und liegen damit weiterhin im EU-Spitzenfeld, nämlich an zweiter Stelle hinter den Niederlanden.

Die Erholung setzt sich Gott sei Dank auch weiter fort. Sogar im Wintermonat Dezember 2010 ist die Zahl der Aktivbeschäftigten gegenüber dem Vorjahr um 60 000 auf rund 3,4 Millionen angestiegen, und das ist der höchste Dezemberwert in der Geschichte der österreichischen Arbeitsmarktpolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Zahl der Arbeitslosen ist um 10 500 auf rund 300 000 Personen zurückgegangen. Davon haben fast 30 Prozent, das sind 87 000 Menschen, eine Wiedereinstellungs­zusage, das sind vor allem jene, die am Bau oder in Saisonbetrieben beschäftigt sind, und es ist natürlich ein positives Element, dass jene Menschen wieder zu arbeiten begin­nen können, sobald es die Witterung ermöglicht.

Dennoch ist – das möchte ich betonen – jeder/jede Arbeitslose einer/eine zu viel, und unsere Solidarität gilt vor allem jenen, die derzeit auf Jobsuche sind und noch keinen Arbeitsplatz gefunden haben. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes muss natürlich weiterhin genau beobachtet werden. Das AMS hat pro Jahr eine Durchlaufquote von rund 900 000 Menschen, das heißt, 900 000 Personen melden sich in einem Jahr beim Arbeitsmarktservice an und ab. Das heißt, viele Menschen wechseln den Job, verändern sich beruflich, absolvieren eine Weiter- und Fortbildung oder kommen aus der Kinderbetreuung zurück.

Was sind die wichtigsten Prognosen und Elemente für 2011? – Die Wirtschaft wird um mehr als 2 Prozent wachsen. Das bedeutet in etwa ein Plus von 20 000 Arbeitsplätzen. Das Arbeitskräftepotential wird aber – so die Prognosen des AMS – durch eine verstärkte Rückkehr vor allem von Frauen aus der Karenz und auch jungen Menschen aus der Ausbildung steigen.

Meine Damen und Herren, ein Wort noch zum Wegfall der Übergangsfristen, der natürlich Veränderungen für den österreichischen Arbeitsmarkt mit sich bringen wird. Der Zuzug wird aber bewältigbar sein. Das sagt auch das AMS. Wir sind auch darauf vorbereitet, dass rund 10 000 bis 20 000 Menschen aus unseren östlichen Nachbar­ländern zu uns kommen werden. Zum einen werden wir die Rot-Weiß-Rot-Karte einführen. Dadurch wir ein geordneter Zuzug an qualifizierten Facharbeitskräften mög­lich sein. Zudem haben wir dank einer sehr gut funktionierenden Sozialpartnerschaft ein dichtes Netz an Kollektivverträgen, die ein Lohndumping in diesem Bereich verhindern werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren, eine wachsende Wirtschaft und steigende Exportzahlen werden es unseren Unternehmern ermöglichen, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist der richtige Weg, und diesen werden wir fortsetzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.08.27

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ist tatsächlich ein skurriles Ereignis, ein skurriles Szenario: Seit Tagen oder gar seit Wochen feiert sich die Regierung selbst, klopft sich selbst auf die Schultern und spendet sich selbst Applaus, etwa gestern mit einem opulenten Empfang in der Hofburg.

Wo sind die Regierungsmitglieder? – Vielleicht haben sie noch Kopfweh vom Champagner, mit dem man sich gegenseitig zugeprostet hat! (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Heute möchte man uns in einer Aktuellen Stunde erklären, wie toll eigentlich der Arbeitsmarkt reagiert. Wenn man den Regierungsparteien zuhört, Herr Minister Hundstorfer, Frau Abgeordnete Oberhauser, dann wähnt man sich eigentlich im Kabinett Honecker in den letzten Tagen der DDR (Beifall bei der FPÖ): Es herrscht absolute Realitätsverweigerung, und Sie sind absolut unempfänglich für die tatsächliche Stimmung und die Sorgen und Probleme der österreichischen Bevöl­kerung! (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.)

Frau Kollegin, gibt es Ihnen eigentlich nicht zu denken, dass Ihnen von dieser Bevölkerung bei jeder Wahl – in der Steiermark, in Wien, in Kärnten – immer mehr das Vertrauen entzogen wird? Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass laut aktuellen Umfragen die Freiheitliche Partei mittlerweile schon die ÖVP überholt hat und die Regierungsparteien gemeinsam nur mehr 50 Prozent des Vertrauens haben? (Beifall bei der FPÖ.) Jeder zweite Österreicher hat dieser Regierung bereits das Vertrauen entzogen! – Sie kommen mir vor wie diese netten Tiere (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas– Sie kennen sie –: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen, Frau Kolle­gin Rudas!

Offenbar sehen Sie die Schlangen vor dem AMS nicht! Ich lade Sie ein: Gehen Sie einmal am Ende des Monats vor das Arbeitsmarktservice und sprechen Sie dort mit den Menschen! Sie hören offensichtlich nicht, welche Probleme den jungen Menschen entstehen, wenn sie tatsächlich in der Arbeitslosigkeit sind! Sie hören nichts von den Problemen der Frauen, die nach wie vor eine Ungleichbehandlung hinnehmen müssen. Und Sie sagen nichts dazu, dass mit der Öffnung des Arbeitsmarktes im Osten eine dramatische Situation für Österreich eintritt.

Das sagt nicht nur Herr Strache, sondern das sagen Ihre eigenen Leute, etwa Herr Buchinger. – Herr Minister, bestellen Sie nicht beim IHS irgendwelche Studien, sondern reden Sie mit Ihren eigenen Leuten! Was sagt das Arbeitsmarktservice? Die Zahl der Arbeitslosen wird heuer wieder steigen – Zitat Herr Buchinger! Wegen des Andrangs an neuen Arbeitskräften rechnet das AMS erst 2013 mit weniger Arbeits­losen. (Abg. Strache: Der muss es ja wissen!) Das heißt, das sagen Ihre eigenen Experten und Ihre Leute, die Sie dort hingesetzt haben! Wenn Sie also so tun, als ob am 1. Mai keine Verschärfung eintreten werde, dann ist das Realitätsverweigerung! (Beifall bei der FPÖ.)


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Ich möchte Ihnen jetzt noch ein Beispiel dafür bringen – wir werden ja heute eine entsprechende Initiative im Parlament einbringen –, wie Sie mit dem kleinen Pflänzchen der Konjunkturerholung umgehen: Sehen Sie sich an, welcher Preiswucher an den österreichischen Zapfsäulen stattfindet! Jetzt wird Autofahren wieder zum Luxus, und ich kann Ihnen sagen: Sie tun nichts! Sie handeln nicht, obwohl Sie dazu eigentlich aufgefordert wären!

Wen treffen Sie denn mit diesen enormen Spritpreisen in Österreich tatsächlich? – Die arbeitende Bevölkerung, die Pendler, die täglich mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen! Sie treffen die Familien, Sie treffen die Arbeitnehmer.

Wir haben in Österreich ein Preisgesetz, und wir Freiheitliche verlangen, dass der zuständige Minister Mitterlehner von seinem Recht, einen Höchstpreis festzusetzen, auch Gebrauch macht, wie das auch in anderen europäischen Ländern der Fall ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das österreichische Preisgesetz verpflichtet den Wirtschaftsminister sogar zum Han­deln. Von Amts wegen hat er zu untersuchen, wenn die Preise über dem europäischen Niveau liegen. Im § 2 ist festgeschrieben:

„[H]at diese volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, hat der Bundesminister [...] für die Dauer von sechs Monaten einen Höchstpreis zu bestimmen.“

In diesem Sinne verlangen wir Freiheitlichen, dass Sie dieses kleine Pflänzchen der konjunkturellen Erholung nicht mit Ihren Maßnahmen – sprich: Erhöhung der Mineral­ölsteuer, Preiswucher an den österreichischen Zapfsäulen – wieder verhindern.

Wir werden heute einen Antrag einbringen, der einen Preisstopp vorsieht, so wie es ihn in Luxemburg gab oder wie es in Slowenien praktiziert wird, damit Autofahren in Österreich nicht zum teuren Luxus wird. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

10.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Danke schön. Die Aufmerksamkeit nimmt wieder zu.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


10.13.40

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher! Einen Grund gibt es zumindest, warum man sich freuen kann, dass jetzt wieder der Winter einbricht: Dann müssen Sie sich nämlich im Parlament den Sand nicht gegenseitig in die Augen streuen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, sondern können ihn auf die Straße streuen, damit die Leute nicht ausrutschen! Diese PR-Performance, die Sie in der Aktuellen Stunde liefern, ist nämlich wirklich sehr interessant!

Ich möchte ein paar Zahlen dazu liefern, gerade was das Verhältnis von Frauen und Männern hinsichtlich Einkommen und Arbeitsmarkt anlangt. Es ist nicht alles gut. Vom Rückgang der Arbeitslosigkeit profitieren nämlich in erster Linie Männer, wie die aktuellen Zahlen zeigen, und nicht Frauen, Herr Minister! Da gibt es ein Verhältnis von minus 4,3 Prozent bei den Männern zu nur minus 1,5 Prozent bei den Frauen. Besonders erschreckend dabei ist, dass die Zahl der Teilzeitjobs wieder zunimmt und die Zahl der Frauen in Vollerwerbsjobs massiv abnimmt. Es gibt um 16 000 Frauen weniger in Vollzeitjobs als im Vorjahr, und das ist tatsächlich eine erschreckende Zahl. Das heißt: Da muss genau hingeschaut und noch viel getan werden!

Seit einem Jahr liegt ein nationaler Aktionsplan vor, der Nationale Aktionsplan für die Gleichstellung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt. In diesem ist vor allem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 54

die Schieflage sehr gut zusammengefasst. Der Aktionsplan liefert auf einen Blick alle Versäumnisse, die es in den letzten Jahren – nicht nur, aber vor allem in den letzten beiden Jahren – in der Gleichstellungspolitik auf dem Arbeitsmarkt gegeben hat und die sich angehäuft haben. Daraus sind 55 Maßnahmen entstanden, und von diesen 55 Maßnahmen ist noch keine einzige umgesetzt – und das nach Halbzeit der Legislaturperiode! Sie müssen also jetzt ganz schnell Anlauf nehmen und in den nächsten beiden Jahren ganz schnell vieles erledigen, sonst geht es in diesem Tempo weiter!

Über einen Punkt wird heute Nachmittag abgestimmt, das wurde schon von Kollegin Csörgits erwähnt, nämlich über die Novellierung zum Gleichbehandlungsgesetz. Darin ist auch das Einkommenstransparenz-Modell beinhaltet. Wenn es in diese Richtung weitergeht, dann zeigt sich ganz schön transparent, wer dahintersteckt: Es wird nämlich nicht transparent, wie künftig mit den Gehältern umgegangen wird, sondern es wird transparent, wer daran beteiligt war und wer bei diesem Modell das Sagen gehabt hat, nämlich ganz offensichtlich die Sozialpartner.

Das ist schön und gut, und wir hätten nichts dagegen einzuwenden gehabt. – Im Gegenteil, wir hätten das Modell sehr gerne unterstützt, aber nicht unter den Um­ständen, unter denen es jetzt daherkommt! Es ist nämlich zum einen völlig intranspa­rent, wie die Unternehmen vorzugehen haben, in welcher Form, ob und wann sie die Berichte zu erstellen haben. Es gibt zwar eine Zweijahresfrist, aber es wird nicht sanktioniert. Zum anderen halte ich für extrem bedenklich, wenn die Arbeitneh­merInnen bestraft werden, wenn sie über die ohnedies diffusen Ungleichheiten im Unternehmen reden. Das halte ich für extrem bedenklich, um nicht zu sagen, das ist absolut abzulehnen! (Beifall bei den Grünen.)

Das Gesetz hätte in die Richtung gehen sollen, dass es den Frauen künftig auf dem Arbeitsmarkt besser geht. Es bewirkt jetzt jedoch, dass es ihnen künftig nicht besser gehen wird, sondern dass sie künftig bestraft werden können. Ich bitte Sie wirklich, von diesem Passus Abstand zu nehmen und das, wenn irgendwie möglich, noch heraus­zureklamieren! Künftig wird es nämlich offensichtlich nicht so wichtig sein, wie die Unternehmen diesbezüglich vorgehen – das ist einfach nicht vorgeschrieben –, aber Strafen stehen im Raum.

Was ist denn das für ein Signal sowohl an die Unternehmen als vor allem an die ArbeitnehmerInnen?  – Das bedeutet: Seid ruhig, schaut es euch vielleicht an, aber sagt nichts! Es gibt zwar Wege, das einzuklagen. Es ist aber allzu natürlich, dass man darüber reden will, dass man mit KollegInnen darüber reden will, dass man eventuell auch in der Öffentlichkeit darüber reden will, weil es da um ganz frappante Unge­rechtigkeiten geht.

Offensichtlich liegt Ihnen das auch selbst sehr im Magen, denn sonst gäbe es heute nicht um 11 Uhr eine Pressekonferenz mit Ihnen, der Frauenministerin und auch der Frauensprecherin. Vielleicht schaffen Sie in dieser Hinsicht dann noch Bewegung! Es ist allerdings wirklich ungewöhnlich, dass Sie da offensichtlich noch Erklärungsbedarf haben! Wir diskutieren das Modell nämlich schon sehr lange, und dass Sie dazu jetzt noch schnell eine Pressekonferenz einberufen müssen, sagt meiner Ansicht nach viel aus!

Es ist dies offensichtlich eine richtig österreichische Lösung, und zwar eine tragisch österreichische Lösung. Ich hätte mir gewünscht, dass das Signal in die andere Richtung geht, und daher werden wir auch am Nachmittag, wenn wir das Thema weiterdiskutieren, vehement dagegen eintreten und den Antrag, wie er vorliegt, ab­lehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.18



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 55

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


10.18.41

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minister Hundstorfer, sitzen Sie gemütlich? Hat Ihnen gestern das Buffet um 90 000 € auf Steuerkosten gemundet – oder liegt es Ihnen auch so schwer im Magen wie den Österreicherinnen und Österreichern das Schröpfbudget 2011, das Sie verur­sacht haben? (Beifall beim BZÖ.)

Lassen Sie mich nun aber kurz über die Erfolge der österreichischen Arbeits­markt­politik sprechen. Herr Minister, Arbeit muss sich lohnen – so steht es im Grundkon­zeptpapier des BZÖ-Parteiprogrammes. Stimmen Sie mir da zu? – Sie stimmen mir nicht zu, dass sich Arbeit lohnen muss? Ja, das glaube ich, Herr Minister, denn Arbeit lohnt sich in diesem Staate unter dieser SPÖ/ÖVP-Regierung bei einer Steuer- und Abgabenquote von mehr als 45 Prozent schon lange nicht mehr! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn ich dann von Fällen wie von jenem eines 27-jährigen Ausländers höre, der in diesem Staat Sozialversicherung in Höhe von – jetzt halten Sie sich fest, sonst fallen Sie vom Stuhl, Herr Minister! – 1 772,30 € im Monat erhält, kann ich dazu nur sagen: Es ist eine Sauerei, was hier passiert! (Beifall beim BZÖ.)

So etwas gehört geahndet. Diesen Betrag bekommt jener monatlich netto bar auf die Hand. Meine Damen und Herren, ich habe hier den Beweis; Sie können es sich selbst ansehen. Ich halte den Beweis kurz in die Kamera, damit man es sieht: 1 772,30 €. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, das den Betrag von 1 772,30 € zeigt.)

Wenn man bedenkt, dass eine Verkäuferin 1 000 € netto für 38,5 Stunden Arbeit pro Woche erhält, die GIS, also die Rundfunkgebühren, die Telefongebühren und die Wohnung selbst zahlen muss und dann vielleicht noch Kinder zu ernähren hat, und dieser arbeitslose 27-Jährige 1 772,30 netto auf die Hand bekommt, dann ist das eine Sauerei in der Sozialpolitik in Österreich, meine Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Ordnungsruf!)

Herr Minister, das ist Ihre „soziale Gerechtigkeit“: Arbeitende mit horrenden Steuern auszusaugen und Querulanten und Tachinierer zu unterstützen! Das ist ein Skandal sondergleichen!

Noch etwas: Der Arbeitslose, der die 1 772,30 € im Monat erhält, hat auf die Frage, was ihm denn gesundheitlich fehle, dass er nicht arbeiten könne, wortwörtlich geantwortet, dass er, solange der österreichische Staat so blöd und großzügig ist, ja dumm wäre, wenn er irgendeiner Arbeit nachgehen würde. Das halte ich für eine bodenlose Frechheit.

Herr Minister, das ist Ihre Arbeitsmarktpolitik, die Sie hier loben und hochhalten. Das ist skandalös. Erklären Sie das den arbeitenden Österreicherinnen und Österreichern, die Steuern zahlen und das finanzieren müssen! (Beifall beim BZÖ.)

Ich hätte da ein Modell, mit dem Sie das vielleicht in den Griff bekommen können. Jeder Arbeitslose sollte sich in den ersten drei Monaten täglich um 7 Uhr in der Früh beim Arbeitsamt melden und der Arbeitssuche bewiesenermaßen nachgehen müssen. Am Vormittag sollte die eine Hälfte, die nicht auf Arbeitssuche ist, einer Arbeit nach­gehen, und am Nachmittag sollte umgekehrt die eine Hälfte zu einem gemeinnützigen Zweck irgendwo mithelfen und die andere Hälfte auf Arbeitssuche gehen. Wer rastet, der rostet!, dieses Sprichwort kommt nicht von ungefähr. Fakt ist, dass die Leute aus dem Arbeitsprozess herauskommen. Wenn man zu Hause sitzt und keiner Arbeit nachgehen muss, dann rostet man natürlich ein, und dann ist es nicht mehr so leicht,


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auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wer das nicht einhält, dem gehört die Arbeitslose gestrichen.

Dann hätte ich noch ein Konzept. Statt der Zivildiener könnten Sie Folgendes machen: Alle, die nach drei Monaten noch keine Arbeit haben, können eine Ausbildung beim Arbeitersamariterbund beziehungsweise beim Roten Kreuz machen und dort statt der Zivildiener Tätigkeiten durchführen. Damit hätten Sie Ihre Aufgaben bei der Heeres­reform schon erledigt. Ich habe das für Sie gemacht, Sie können es von mir ab­schreiben.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel, das für Schlagzeilen gesorgt hat, ist der Kindermörder Miroslav M. in Vorarlberg. Sie wissen, dass er mit 25 Jahren eine Invaliditätspension von 1 150 € erhalten hat – mit 101 Beitragsmonaten, davon muss er effektiv sechs Monate gearbeitet haben.

Es gibt viele solche Fälle. Wenn ich dann den Vergleich mit einem Mindestpensionisten anstelle, der nach 40 Arbeitsjahren 780 € erhält, kann ich nur sagen: Da stimmt im System etwas nicht! Sie müssen das System ändern! Meine Damen und Herren, das wäre die richtige Art von Politik! (Beifall beim BZÖ.)

Zu diesen 101 Arbeitsmonaten beziehungsweise Beitragsmonaten muss ich noch ergän­zen, dass der Staat ihm die Pensionsbeiträge weiterzahlt, auch wenn er im Ge­fängnis sitzt, arbeitslos ist oder Sozialhilfe empfängt. Nur, damit die Bürger das auch einmal wissen.

Schlusssatz: Eine erfolgreiche Arbeitspolitik sieht so aus, dass sich Arbeit wieder lohnt und nicht mit 45 Prozent Abschlägen bestraft wird, während ein anderer in der sozialen Hängematte liegt. Meine Damen und Herren, so wirkt sich Ihre falsche Sozialpolitik aus! (Beifall beim BZÖ.)

10.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.24.30 Aktuelle Europastunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Kein Euro-Haftungsschirm ohne Volksabstimmung, Herr Bundeskanzler“

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubvorsitzender Strache. Die Bestimmungen sind dieselben wie in der Aktuellen Stunde, also eine Redezeit von 10 Minuten für Sie. – Bitte.

 


10.24.59

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere heutige Aktuelle Europastunde behandelt das Thema Euro-Haftungs­schirm. Daher ist es notwendig, Herr Bundeskanzler, Ihre gegebenen Versprechen in Erinnerung zu rufen.

Herr Bundeskanzler, für Sie ist nun der ernsthafte Fall eingetreten, zu beweisen, wie Sie zu Ihrem Wort stehen und was Ihr gegebenes Wort und vor allen Dingen Ihr geschriebenes Wort wert ist. Sie haben ja damals an die größte Tageszeitung des Landes, nämlich an die „Kronen Zeitung“, einen Brief gerichtet, in dem Sie angekündigt


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haben, bei jeder Änderung des Lissabon-Vertrages eine Volksabstimmung durch­führen zu lassen. So weit, so gut, das ist ja einmal eine richtige Erkenntnis gewesen, die Sie gehabt haben.

Sie haben auch einmal den Mut gehabt, endlich richtige freiheitliche Forderungen zu übernehmen und einzugestehen, dass es notwendig ist, bei weiteren Änderungen endlich einmal die Bevölkerung einzubinden und die Meinung der Österreicher ernst zu nehmen und umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ)

Aber im Mai letzten Jahres haben wir erlebt, dass es einen Euro-Haftungsschirm gegeben hat. Dadurch ist eine Vertragsänderung entstanden, eine Änderung des Lissaboner Vertrages. Und was haben wir erlebt? – Sie, Herr Bundeskanzler, haben geschwiegen! Keine Volksabstimmung! Sie haben nicht angekündigt, dass Sie Ihr Wort im Fall einer Festsetzung dieses Euro-Haftungsschirmes umsetzen wollen. Bei dieser Gelegenheit darf und muss ich Sie an Ihr Versprechen erinnern, das Sie der „Kronen Zeitung“ im Juni 2008 gegeben haben. Damals haben Sie in Ihrem Brief geschrieben – ich zitiere Sie, Herr Bundeskanzler Faymann –:

„Die SPÖ wird sich in der Bundesregierung für eine bessere Informationsarbeit einsetzen, die die Vor- und Nachteile der Mitgliedschaft in der EU objektiv und nach­vollziehbar darstellt. Auf der Basis einer kontinuierlichen Information und einer offenen Diskussion sind wir der Meinung, dass zukünftige Vertragsveränderungen, die die öster­reichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen.“ Zitatende.

So schreiben Sie damals. So weit, so gut. Genau diese Interessen der Österreicher sind es aber, die mit dem Einzementieren des Euro-Schutzschirmes berührt werden.

Ich nehme das auch zum Anlass, die Aussagen der französischen Finanzministerin Christine Lagarde anzuführen, die gesagt hat, dass der Rettungsschirm für die Euro-Staaten und die Hilfskredite für Griechenland gegen den europäischen Vertrag verstoßen und beide Instrumente eben nicht im Lissaboner Vertrag vorgesehen sind. Das sagt die französische Finanzministerin zu Recht.

Und Sie, Herr Bundeskanzler, wollen sich – wie Sie ja in dem zitierten Brief in der „Kronen Zeitung“ 2008 ebenfalls festgehalten haben – ernsthaft für eine bessere Infor­mationsarbeit einsetzen? Sie wollen wirklich Ihr Wort halten? Oder wollen Sie die Österreicher für dumm verkaufen? – Ich höre nichts mehr in diese Richtung. Jetzt wären Sie aufgerufen, Ihr Wort zu halten und zu beweisen, dass es auch etwas wert ist. Oder Sie können sich als Bundeskanzler selbst abschaffen. Das ist in Wirklichkeit die Konsequenz daraus. Jetzt wäre eine Volksabstimmung notwendig, und ich verurteile Ihr Verhalten, mit dem Sie die Österreicher für dumm verkaufen, wirklich auf das Schärfste. Sie halten Ihr Wort nicht und haben das offenbar gar nicht vor.

Etwas Grundsätzliches und Wesentliches auch noch: Wir reden über den Euro-Rettungsschirm und beurteilen ihn, also rufen wir uns in Erinnerung, wer damals vor der Euro-Einführung dieser kritisch gegenübergestanden ist: Es war die Freiheitliche Partei – aus guten Gründen. Auch viele Wissenschaftler haben damals davor gewarnt, weil das natürlich zu Problemen führen kann, wenn so unterschiedliche Volkswirt­schaften in einem Währungssystem zusammengefasst werden, wenn man Staaten zusammenpresst, die volkswirtschaftlich nicht zusammenpassen.

Wir erleben ja durch die Entwicklung der letzten Jahre, wenn wir die währungs­politischen Zusammenhänge beurteilen, dass wir da Recht behalten haben. Basierend auf einem unangebrachten politischen Anspruchsdenken wurde der aktuelle Stand der Wirtschaftswissenschaft damals ignoriert und eine Entscheidung gegen unsere War­nungen getroffen, die sich heute natürlich rächt.


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Die realwirtschaftliche Entwicklung der Jahre 1999 bis 2008 hat gezeigt, dass die Netto-Empfängerländer innerhalb der Eurozone kurzfristig von stark gesunkenen Zins­sätzen profitiert und einen liquiditätsgetriebenen Boom erlebt haben. Aber sie haben diese verfügbaren Mittel nicht effizient eingesetzt, sie haben ihre Systeme nicht effi­zient verändert.

Wir konnten erleben, dass man in Irland sozusagen den Wettbewerb durch Steuer­dumping verschärft und damit Kontinentaleuropa letztlich auch geschadet hat. Wir konnten erleben, dass man in Spanien die Küsten mit Millionen von mittlerweile leer stehenden Wohneinheiten verbaut hat. Wir konnten erleben, dass Gelder von uns Nettozahlern nach Griechenland geflossen und dort im Bereich der Korruption ver­sunken sind. Das sind ja alles nicht mehr wegzuleugnende Entwicklungen, die wir sehen müssen. Die starken Volkswirtschaften, die ordentlich wirtschaften, müssen für den Schaden aufkommen. Genau das, dass man nicht endlich die Politik verändert, ist nicht mehr verständlich und war es auch nie. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage daher, dass wir selbstverständlich aufzeigen müssen, dass es so nicht weitergehen kann. Es kann doch nicht sein, dass wir als Triple-A-Staaten permanent Haftungen für Misswirtschaften in anderen Ländern zu übernehmen haben. Da muss man doch als Nettozahler in der Europäischen Union einmal auf den Tisch hauen. Es betrifft ja mehrere Staaten in der Europäischen Union, die letztlich für die Haf­tungsübernahme geradestehen soll. Genau dadurch entstehen dann Nachteile im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten und China.

Wir müssen uns daher überlegen, ob man so weiterwurschtelt oder ob man etwas zu verändern bereit ist. Natürlich ist es vernünftig, darüber nachzudenken, ob es gescheit wäre, die schwachen Volkswirtschaften wieder aus der Eurozone zu entlassen, oder ob – wenn das nicht geschieht und sie die Eurozone nicht verlassen – die starken Volkswirtschaften in der Europäischen Union eine starke neue Währung definieren und einführen. Das wird die Debatte sein. An der werden wir nicht vorbeikommen, wenn Sie nicht wollen, dass die Krise am Ende mit Portugal, Spanien und Italien, das natürlich auch betroffen wäre, fortgesetzt wird und dass wir alle in einem schlimmen Worst-Case-Szenario davon ausgehen müssten, dass es eine Entwicklung der Eurozone gibt, durch die die Menschen ihr Erspartes verlieren könnten.

Wir müssen diese Entwicklungen ernst nehmen und aufzeigen. Wenn ein Rettungs­schirm zur Diskussion steht, für den die Triple-A-Staaten geradestehen sollen, dann müssen wir zumindest darüber diskutieren, ob jene Staaten, die für diese unglaub­lichen Milliarden aufkommen sollen, nicht auch mehr Rechte haben sollten, wenn sie schon mit ihrem Kapital, mit ihrer Arbeitsleistung für so einen Schaden geradestehen. Es ist politisch auch nicht zu erwarten, dass jene Staaten, die uns das eingebrockt haben, auf ihre Stimmrechte verzichten werden, wenn schon wir finanziell für den Schaden geradestehen müssen, und weil das nicht zu erwarten ist, wird man über andere Lösungen nachdenken müssen.

Zurück zu dem Thema, dem Schutzschirm Permanenz zu verpassen. Wie gesagt, es handelt sich beim permanenten Schutzschirm für den Euro um eine schwerwiegende Änderung des Vertrages von Lissabon. Das ist nicht zu leugnen, Herr Bundeskanzler! Eine Volksabstimmung in Österreich ist unumgänglich. Ich erinnere Sie noch einmal an Ihr gegebenes Versprechen. Ich erinnere Sie noch einmal daran, dass Sie hochoffiziell versprochen haben, die verbindliche Volksabstimmung in Österreich bei jeder Vertragsveränderung umzusetzen und das Ergebnis ernst zu nehmen. Also bitte zeigen Sie, Herr Bundeskanzler, dass Sie doch bereit sind, Ihr Wort ernst zu nehmen, denn alles andere wäre in Wirklichkeit nur mehr peinlich!


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Nachdem Sie gestern in der Hofburg bei Ihrem Neujahrsempfang bei tollem Buffet großartig gefeiert haben – während Sie die österreichische Bevölkerung durch Steuer­erhöhungen belastet haben –, sollten Sie wenigstens ein bisschen in sich gehen und jetzt doch auch die eigene Bevölkerung wieder in den Vordergrund stellen. (Beifall bei der FPÖ.) Es handelt sich nicht um eine Kleinigkeit, sondern um 750 Milliarden € für einen permanenten Euroschutzschirm. Darum geht es.

Wir haben ja schon in der Vergangenheit erlebt, dass Sie mit österreichischen Steuer­geldern sehr salopp umgegangen sind. Wir als Nettozahler hatten für Bankenhilfs­pakete aufzukommen, wobei die Bevölkerungen keinen Vorteil daraus gezogen haben. Die griechischen Bürger haben keine Unterstützung erhalten, es sind stattdessen natürlich Bankenhilfspakete durch die Hintertür beschlossen worden – milliardenhohe Hilfsspritzen, die wir Steuerzahler in Österreich letztlich geleistet haben. Durch Ihre Be­schlüsse haben wir Banken aufgefangen, die vormals ordentlich und munter spekuliert haben. Es kann nicht die Aufgabe der Österreicher sein, Banken, die unverantwortlich spekuliert haben, aufzufangen, und zwar französische und andere europäische Banken, die von diesem Rettungspaket profitiert haben.

Warum soll sich Österreich überhaupt an der Rettung von Hedgefonds und Großban­ken beteiligen? Warum? Warum?! Das müssen Sie der eigenen Bevölkerung einmal glaubwürdig erklären. Warum soll der österreichische Steuerzahler überschuldeten Staaten helfen, die nicht bereit sind, Reformschritte zu setzen? Sie müssen auch erklären, welche Sicherheit für das Geld, das wir schon geleistet haben, vorhanden ist, damit wir das jemals zurückbekommen. Diese Sicherheit sehe ich nämlich nicht. Ich gehe davon aus, dass wir dieses Geld nie wiedersehen werden.

Es ist unseriös und fahrlässig, weiter so fortzufahren. Ich fordere daher Ihr gegebenes Wort ein: Volksabstimmung so schnell wie möglich, und zwar in allen Bereichen, wo es Änderungen des Lissaboner Vertrages gibt, und auch in allen anderen Bereichen, wo die österreichische Bevölkerung massiv berührt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


10.36.06

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Staatssekretäre! Herr Minister! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Bei der Frage, welche Ände­rungen in Europa bevorstehen, ist es natürlich auch legitim, die Frage zu stellen, wie die Länder in diese Entscheidungen eingebunden werden sollen, und vor allem, wie innerhalb der betroffenen Länder ein Entscheidungsprozess abgewickelt wird, der dann zu einem gemeinsamen Ergebnis in Europa führen soll. Dass ich prinzipiell zu jenen gehöre, die Volksbefragungen und Volksabstimmungen nicht negativ gegenüber ste­hen, sondern sie immer als einen möglichen Entscheidungsprozess mitdenken, wissen Sie. (Abg. Vilimsky: Nein, wissen wir nicht!) Das betrifft eine Reihe von Themen. Dass ich natürlich nicht sagen würde, dass das unabhängig vom Inhalt zu bewerten ist, ist auch verständlich und kann an einem einfachen Beispiel demonstriert werden.

Ich bin schon vor Jahren, aber natürlich auch jetzt immer wieder gefragt worden, ob es im Falle eines Beitritts Kroatiens eine Volksabstimmung braucht. Ich habe nicht zu allen konkreten Beispielen Stellung genommen, aber das war so eines. Ich habe damals wie heute gesagt, nein, das braucht es nicht. Wenn jemand aber die Idee hätte, dass die Türkei der Europäischen Union beitreten soll, habe ich klargestellt – ohne irgendeine Meinung abzuändern, umzuinterpretieren oder sonst wie weiterzuent­


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wickeln, auch das wäre erlaubt in der Politik –, dass ich da der Meinung wäre, dass das ein klarer Fall für eine Volksabstimmung wäre.

So könnten wir jetzt alle Themen durchspielen. Eine Vertragsänderung, durch die die Kompetenz und Verantwortung für die Steuersysteme und die gesetzlichen Grund­lagen an eine Wirtschaftsregierung in Europa abgegeben werden würden – das ist derzeit eher im Bereich der theoretischen Diskussionen angesiedelt –, ist natürlich ein klarer Fall für eine Volksabstimmung. So könnten wir das weiter durchgehen, ohne es ins Lächerliche zu ziehen, bis zu Vertragsänderungen im Bereich der Fischereirechte, wobei ich nicht erwarte, dass die Österreicher dazu direkt Stellung nehmen sollten.

Alle diese Beispiele und viele, die noch kommen werden, die vielleicht heute noch gar nicht abschätzbar sind, berücksichtigend, möchte ich den Rettungsschirm, den Haf­tungsschirm von seinem Inhalt und von seiner Bedeutung her bewerten. In der Euro­päischen Union wurde die Entscheidung, eine gemeinsame Währung – nicht aller Länder, aber doch eines entscheidenden Teils – einzuführen, getroffen, und der Euro wird immer wieder als ein Herzstück der Europäischen Union bezeichnet. Zum Zeitpunkt der Einführung – und da gebe ich allen recht, die das heute sagen – war aus meiner Sicht vielen in der Bevölkerung aller betroffenen Staaten nicht klar, dass diese gemeinsame Währung nicht nur positive Seiten hat, die sie unzweifelhaft hatte und hat für die Exporte und die Absicherung der Werthaltigkeit in den Handelsbeziehungen. Die größten Handelsbeziehungen und Exporterfolge, auch Österreichs, leben und brauchen die Stabilität im Euroraum. Sie haben sehr davon profitiert, dass da mit abgewerteten Währungen und anderen unverlässlichen Faktoren keine Schwächung dieses Handels, sondern – im Gegenteil – eine Stabilisierung durch den Euro erfolgt ist.

Es gab auch Vorteile, die etwa im Bereich der Zinsen für die Bezahlung von Staats­schulden für viele Länder in der Euro-Zone entstanden sind, für die sich durch den Euro die Situation verbessert hat, was die Zinslandschaft und die Bedienung der Staatsschulden betrifft. Auch das sind Vorteile, die hervorzuheben sind.

Und es gibt natürlich auch so etwas wie eine Notwendigkeit gemeinsamer Regelwerke, um sich einander anzunähern im Handel miteinander und damit auch die gemein­samen Forschungs- und anderen Innovationsmaßnahmen zu stärken, die den Standort Europa wettbewerbsfähig machen sollen gegenüber dem asiatischen Raum oder anderen Märkten in dieser Welt. Da hat der Euro sicher Positives geleistet.

Wer will, dass eine gemeinsame Währung Positives für die Zukunft der Gesellschaft leistet, muss aber genauso zugeben können, dass diese Währung auch harten Proben ausgesetzt ist und dass auch negative Entwicklungen zutage treten. Dazu gehört, dass die Volkswirtschaften sehr unterschiedlich organisiert sind, dass die Regelwerke, die kulturellen, politischen, sozialen Unterschiede der Länder in der Europäischen Union in wichtigen Bereichen kaum stärker auseinanderdriften, als das in der Euro-Zone der Fall ist. Es gibt das Thema der Schattenwirtschaft, es gibt das Thema der Korruption, es gibt das Thema völlig unterschiedlicher Steuersysteme, es gibt das Thema völlig unterschiedlicher Behandlung von Unternehmen an den jeweiligen Wirtschaftsstand­orten, bis hin zu den ganz unterschiedlichen sozialen Verhältnissen, bis hin zum Lohn­dumping und allem, was dazugehört. Diese Unterschiede sind durch den Euro stärker zutage getreten.

Die Haftung füreinander, für die gemeinsame Währung ist nicht durch den Haftungs­schirm entstanden, die Haftung in gewisser Weise für eine gemeinsame Währung ist bei der Einführung der gemeinsamen Währung entstanden. (Abg. Bucher: Stimmt nicht! Völlig falsch! Das ist völlig falsch!) Und die Einführung der gemeinsamen Währung ... (Abg. Mag. Stadler: Ausdrücklich ...! – Abg. Bucher: Genau das wurde


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nicht ...!) – Ja, die „Bail Out“-Klausel. Wir kommen dann gleich zu dem Punkt, was das heißt.

Die Haftung ist dadurch entstanden, dass eine negative Entwicklung von Ländern innerhalb der Euro-Zone bei Handelsbeziehungen immer schon eine Rolle gespielt hat, auch ohne eine gemeinsame Währung, aber natürlich eine besondere Rolle spielt, seit man eine gemeinsame Währung hat.

Die Haftung geht nicht so weit, dass wir für alles und jedes haften, und sie wird auch nie so weit gehen können und dürfen (Zwischenrufe der Abgeordneten Strache und Bucher), aber dass eine gewisse Haftung dafür einzugehen ist, dass diese gemein­same Währung am Markt stabil bleibt, dass diese gemeinsame Währung auch inter­national zu verteidigen und die Stabilität der gemeinsamen Währung auch international zu stärken ist, wird doch jedem klar sein, der bei der Einführung des Euro dafür war.

Das sind aus meiner Sicht die Aufgaben, die sich uns stellen und für die es den Haf­tungsschirm gibt. Es gibt ihn ja, er soll nur auf Wunsch insbesondere unserer deut­schen Nachbarn durch eine zusätzliche vertragliche Formulierung als Dauereinrichtung ermöglicht werden. Also nicht einmal der wird jetzt neu eingeführt, sondern er wird als Dauereinrichtung eingeführt. Vorhanden ist dieser Haftungsschirm ja! Er wurde eingerichtet, um sich diesen Aufgaben zu stellen.

Also zwischen: Man haftet für gar nichts in einer Entwicklung, und: Man haftet für alles, gibt es eine breite Palette an Möglichkeiten, und mit dieser breiten Palette werden wir uns noch intensiv beschäftigen – mit dem Ziel einer starken gemeinsamen Währung und mit dem Ziel, Unterschiede gründlicher zu beseitigen und einander anhand einer gemeinsamen Strategie anzugleichen. Ich bin überzeugt davon, dass wir noch oft Gelegenheit haben werden, im Parlament darüber zu diskutieren, denn das wird die Europäische Union in diesem und in den nächsten Jahren tatsächlich stark beschäf­tigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Und eine Volksabstimmung gibt es jetzt nicht?)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Debatte in der Aktuel­len Europastunde nunmehr jeweils maximal 5 Minuten beträgt.

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Klubvorsitzender Dr. Cap. – Bitte.

 


10.45.10

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ist eine völlig berechtigte Forderung, wenn man sagt: Es ist demokratisch zu kontrollieren, was mit unserem Steuergeld passiert! – Da sind wir einer Meinung, Herr Klubobmann Strache. Es muss nur Sinn haben, zu welchem Zeitpunkt, mit welcher Fragestellung und mit welcher Stoßrichtung das passiert. Und ich sage Ihnen, wir müssen uns natürlich des­sen bewusst sein, warum wir eine Euro-Zone haben und warum sie grundsätzlich von Vorteil ist.

Ich habe gestern im ORF im „Weltjournal“ einen Beitrag über die Verarmung des Mittelstandes in den USA gesehen. Pensionisten, die dort im Freien übernachten müssen, Pensionisten, die von der Hand in den Mund leben, Leute, die früher dem Mittelstand angehört haben. (Abg. Bucher: Das droht uns auch! Das droht uns auch!) Wer schützt diese Menschen? (Abg. Ing. Höbart: Na Sie sicher nicht!)

Wenn wir hier in Europa in Konkurrenz sind mit einer Milliarde Chinesen, mit 100 Mil­lionen Amerikanern, mit großen Märkten – Österreich hat 8 Millionen Einwohner, die Größe einer mittleren chinesischen Provinzstadt, eine Volkswirtschaft, die natürlich im


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Wettbewerb bestehen muss –, dann ist es gut, dass wir als Mitglied der Europäischen Union in einem großen Wirtschaftsraum, in der Euro-Zone, in einer Währungszone auch diese Widerstandsfähigkeit haben, auch diese Handlungsfähigkeit haben, auch diese Wettbewerbsfähigkeit haben.

Die Euro-Zone ist auch so etwas wie ein Schutzwall, damit genau das nicht passiert (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer), was wir beispielsweise gestern in dem Beitrag des „Weltjournals“ im ORF gesehen haben. (Abg. Strache: ... und die Chinesen die Staatsanleihen kaufen! Die Chinesen haben dann die Staatsanleihen, das ist dann der Schutzwall!) – Sie müssen das so diskutieren!

Schauen Sie, der Populismus zeichnet immer schwarz-weiß. Der sagt, alles ist gut, oder, alles ist schlecht. – Aber das Leben ist nicht so, dass alles gut oder alles schlecht ist. Sie haben manchmal einen besseren Tag, Herr Klubobmann, und manchmal einen schlechteren Tag, seien Sie doch ehrlich! Sie nicken eh gerade! Heute haben Sie einen schlechteren erwischt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Riepl.) So ist jedenfalls das Leben und so ist es auch bei den wirtschaftlichen Strukturen.

Sie haben vorhin vereinfachend gefragt: Wie kommen wir dazu, dass wir für die Misswirtschaft der anderen Länder haften? (Zwischenruf des Abg. Bucher.) – Ich leugne ja nicht, dass nicht jede Staatshaushaltsorganisation in einem Land perfekt ist – da sind wir wieder bei dem, was ich vorhin gesagt habe –, aber Sie sitzen ein bisschen dem Argument der Superreichen, der Spekulanten und der Hedgefonds und der Neoliberalen auf, die nämlich sagen ... (Abg. Strache: Die unterstützen Sie! Die unter­stützen Sie mit dem Rettungsschirm!) – Nein, die sagen nämlich nicht: Schuld bin ich, der Hedgefonds-Organisator, schuld bin ich, der Spekulant!, die sagen: Schuld ist der überbordende Sozialstaat (Abg. Strache: ... und gestern in der Hofburg cham­pagnisieren!), schuld sind die überbordenden Gesundheitssysteme! – Sie haben ein schlechtes Gewissen, deswegen schreien Sie jetzt dauernd! (Beifall bei der SPÖ.) Schuld ist der Sozialstaat, das sagen die. (Abg. Strache: Sie lassen den Sozialstaat zugrunde gehen!) – Nein. Im Gegenteil! Wir wollen den Sozialstaat erhalten, wir wollen ihn weiterentwickeln, wir wollen, dass er geschützt ist. Und ich sage Ihnen, der Sozialstaat ist natürlich auch Teil ... (Abg. Strache: Deshalb zahlen Sie österreichische Milliarden nach Griechenland?! Das ist ja absurd! Das glaubt Ihnen ja kein ...!) – Können Sie jetzt ein bisschen Pause machen mit den Zwischenrufen? So gut sind sie nicht, dass ich sie mir dauernd anhören muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist jedenfalls so, dass der Sozialstaat Teil des Wirtschaftssystems ist und dass wir ihn natürlich bewahren und weiterentwickeln wollen. Wir wollen nicht, dass unsere Pen­sionisten des Mittelstandes – und nicht nur des Mittelstandes – dann einmal als Obdachlose in der Gegend herumliegen! Wir wollen das nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.)

Wir wollen auch nicht die Verarmung des Mittelstandes der Unternehmerinnen und Unternehmer! Wir wollen, dass sich die Realwirtschaft weiterentwickeln kann. (Abg. Strache: ... Hyperinflation durch Ihre Politik!) Wir wollen, und das muss die Begleitung des Schutzschirms sein, Regeln für die Finanzmärkte, Aufsicht der Finanzmärkte, Einschränkung der Finanzmärkte. (Abg. Ing. Höbart: Wo sind sie denn? Wo sind die ...?) Da hat die Politik auch Fehler gemacht, als sie sich zurückdrängen hat lassen oder als sie sich selbst zurückgedrängt hat. Das waren Fehler.

Was die Superspekulanten wollen, ist genau das! (Abg. Mag. Stefan: Die wollen den Rettungsschirm!) Die wollen keine Regeln, keine Aufsicht, zahlen soll es der Steuer­zahler, und schuld ist der Sozialstaat. – Und was mich verwundert, ist ... (Abg. Strache: Die Superspekulanten wollen den Rettungsschirm! Die Superspekulanten wollen den Rettungsschirm!) – Nein! Hören Sie einmal ein bisschen zu!


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Was Sie sagen, ist: Ich baue einen Staudamm gegen eine allfällige Hochwasser­bedro­hung und will eine Abstimmung unten im Tal, ob die Leute geschützt werden wollen. – No na! Natürlich wollen sie geschützt werden, und das ist auch richtig so! Und das ist der Vorteil der Euro-Zone – bei allen Kritikpunkten, bei allem, was man besser organisieren muss.

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas, wenn Sie von Misswirtschaft in den einzelnen Staaten reden: Vorsicht! Was ich nämlich nicht will, ist, dass das dann das Argument dafür ist, dass sich die EU in alle wirtschaftlichen, finanzpolitischen, budgetpolitischen Dinge einmischt, denn das geht dann auf Kosten unserer Souveränität. Daher sind Sie da der Argumentation doppelt aufgesessen, ich kann Ihnen daher doppelt nicht recht geben – was mir leid tut, denn wir wollen ja diskutieren, gemeinsam zu Ergebnissen kommen und gemeinsam die Probleme lösen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Zweimal minus ist plus!)

Daher sage ich Ihnen, es ist klug, die Dinge differenziert zu betrachten und an die österreichische Bevölkerung und ihre Interessen zu denken, eingebunden in diesem großen europäischen Raum, damit wir wirklich global widerstandsfähig und konkur­renzfähig sind und unser Sozialstaat auch eine Zukunft hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Jetzt sagen die Spekulanten danke, Herr Cap! Die Spekulanten danken!)

10.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort. – Bitte.

 


10.50.42

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wenn wir hier über den Euro diskutieren, diskutieren wir nicht über irgendeine europäische Währung, wir diskutieren über unser Geld: Unsere Löhne und Gehälter, unsere Pensionen, unsere Sparguthaben sind in Euro, Herr Kollege Strache. Und alles, was wir hier tun zur Sicherung des Euro, tun wir zur Sicherung der kleinen Sparer, der Pensionen, der Löhne und Gehälter, zur Sicherung dieser Kaufkraft. (Abg. Bucher: Das ist ein Blödsinn!) Das ist die Wahrheit, Herr Kollege Strache. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich muss ehrlich sagen, eine Volksabstimmung – ich bin sehr für Volksabstim­mun­gen! – betreffend die Frage: Soll der Euro, sollen unsere Löhne und Gehälter, sollen unsere Pensionen, soll diese Kaufkraft erhalten werden?, ist meiner Überzeugung nach eine geradezu klassische No-na-Frage. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.) Also darüber eine Volksabstimmung zu inszenieren, Herr Kollege Strache, ist, das muss ich wirklich sagen, Politspektakel – und sonst gar nichts. Eine klassische No-na-Frage! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Herr Kollege Strache – ich weiß, Sie waren sehr kritisch dem Euro gegenüber –, schauen wir uns einmal die Bilanz des Euro an! Prof. Nowotny, Gouverneur der Notenbank, hat am Samstag in einem Interview in der „Kronen Zeitung“ zwei schöne Zahlen genannt. Er hat gesagt: Schauen wir uns die Stabilität an! (Abg. Ing. Höbart: 25 Prozent schwächer als bei der Einführung!) In den letzten zehn Jahren vor Ein­führung des Euro, also zu Schilling-Zeiten, lag die durchschnittliche Inflationsrate bei 2,2 Prozent. Seit wir den Euro haben, ist die durchschnittliche Inflationsrate 1,7 Pro­zent. – Also all jenen, die gesagt haben: Der stabile Schilling wird jetzt durch den Euro ersetzt – wer weiß, ob der so stabil ist!, kann man heute sagen: Der Euro ist heute stabiler, als es der Schilling jemals war! – Eigentlich eine tolle Leistungsbilanz dieser


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europäischen Währung, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Herr Kollege Strache, fragen Sie heute einen Exporteur, wie froh er ist, dass wir diese Stabilität, dass wir keine spekulativen Abwertungen mehr haben. Das ist für unsere Exporteure in dieser Globalisierung des Wettbewerbs (Zwischenruf des Abg. Bucher), in diesem Standortwettbewerb – da USA, da Asien, China und da Europa – wahnsinnig wichtig. Ohne Euro wären wir ein Winzling, ein Zwerg; mit dem Euro sind wir in einer starken europäischen Gemeinschaft. (Abg. Strache: Die bösen armen Schweizer! Die bösen armen Schweizer!)

Herr Kollege Strache, reden wir keine Krise des Euro herbei! Wir haben keine Krise des Euro, wir haben eine Krise von Staatsfinanzen in jenen Ländern, die jahrelang viel mehr ausgegeben haben, als sie eingenommen haben. Das ist der Punkt. Aber natür­lich, das gebe ich schon zu, hat der Euro eine Schwäche – und ist insofern sogar ein historisches Experiment –, er ist nämlich eine gemeinsame Währung ohne gemein­same Wirtschaftspolitik. Er ist damit ein Experiment, und deswegen müssen wir zweifellos – ich bin sehr froh, dass heute in den Zeitungen diesbezüglich auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zitiert wird – wirtschaftspolitisch näher zusammenrücken, gar keine Frage.

Die Hoffnung, dass die Stabilitätskriterien das allein bewältigen, hat sich leider nicht erfüllt. Wir müssen hier Maßnahmen ergreifen, und ich darf drei Maßnahmen nennen.

Wir müssen erstens etwas tun zur Effizienzsteigerung dieses Euro-Rettungsschirms. Ich sage noch einmal: Dieser Rettungsschirm ist ein Sicherheitsschirm für unsere kleinen Sparer. Wir müssen etwas tun, um die Effizienz zu steigern. (Abg. Dr. Königshofer: ... die Sparer ... bezahlen!) Es wird sicherlich nicht gehen, da bin ich völlig Ihrer Meinung, dass man sagt, die sechs Triple-A-Staaten sollen mehr zahlen. Das wird es nicht spielen mit uns; man kann die Solidarität nicht auseinanderdividieren, aber es wird notwendig sein, Effizienzsteigerungen durchzuführen. Es wird sowohl in Brüssel als auch auf Ebene der Regierungschefs intensivst darüber verhandelt.

Zweitens: Man muss zweifellos den Stabilitätspakt verschärfen, gar keine Frage. Die Kriterien, die heute enthalten sind – Staatsdefizit, Staatsverschuldung, Inflationsrate –, sind zweifellos zu wenig. Man muss hier vor allem die wirtschaftspolitischen Kriterien, vor allem die Wettbewerbsfähigkeit mit einbeziehen, denn sonst driften die Euro-Staaten noch weiter auseinander, als es derzeit der Fall ist.

Herr Kollege Strache, ich darf noch etwas sagen. Wenn wir hier darüber diskutieren, dann ist Folgendes gar keine Frage für uns – wir haben das immer gesagt, und dazu steht die Regierung, dazu stehen beide Regierungsparteien –: Natürlich müssen primär die betroffenen Länder ihre Hausaufgaben erledigen, gar keine Frage! Das ist eine unabdingbare Voraussetzung, bitte! Solang diese ihre Staatsfinanzen nicht in Ordnung haben, so lang werden die Finanzmärkte Unsicherheit signalisieren. Und die Finanzmärkte, das sind nicht nur die bösen Spekulanten! Die Finanzmärkte, wenn Sie so wollen, testen die Glaubwürdigkeit der Politik, und auf den Finanzmärkten wird erst dann wirklich Ruhe einkehren, wenn sie sehen, dass die Sanierungsprogramme in Griechenland, in Irland, in Portugal erfolgreich sind. Erst dann wird wirklich eine Beruhigung eintreten.

Jetzt ist es notwendig, dass wir alles Notwendige tun. Betreffend die Formulierung, die der EU-Rat in Brüssel beschlossen hat: Wenn es zur Sicherung der Stabilität des Euro unabdingbar notwendig ist, dann kann ein solcher Mechanismus in Kraft gesetzt werden, kann ich nur sagen, dagegen kann man nicht sein, Herr Kollege Strache. Wenn es unabdingbar notwendig ist, um die Sicherheit unserer Gehälter, unserer


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Pensionen, unserer Sparguthaben zu garantieren, dann tritt dieser Mechanismus in Kraft. (Abg. Strache: Es kann auch das Gegenteil der Fall sein: Hyperinflation!)

In diesem Sinne, Herr Bundeskanzler: Von uns aus gibt es grünes Licht für weitere Verhandlungen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. ‑ Bitte.

 


10.55.43

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen hat es mir schon, bevor ich zu reden begonnen habe, die Rede verschlagen: Ich habe von Regierungsseite bis jetzt kein einziges Wort zum Thema Volksabstimmung gehört. Ich habe alles Mögliche gehört, nur eines nicht, nämlich Volksabstimmung, und vor allem kein einziges Argument dafür, warum dieser Antrag, diese Anregung, die auf dem Tisch liegt, offenbar nicht einmal diskussionswürdig ist.

Was wir gehört haben, und zwar seit 2008, 2009 in eigentlich jeder Rede, ist, wie glücklich wir sein müssen, dass wir in der EU sind, wie gut wir die Krise bewältigen, weil wir in der EU sind, wie sehr uns der Euro hilft und wie schlecht es uns ginge, wenn wir nicht in der Euro-Zone wären.

Was ist dabei herausgekommen? – Wir sind heute in der zerrüttetsten Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft weltweit. Der Euro ist ein Hort der Instabilität geworden (Beifall bei der FPÖ), und all diejenigen europäischen Länder, die sich von der Euro-Zone und teilweise auch von der EU ferngehalten haben, sind heute stabil und entwickeln sich problemlos.

Ich möchte nicht immer die Schweiz nennen, sie ist oft genannt worden, aber nehmen Sie Norwegen oder nehmen Sie sogar Island – eines meiner liebsten Beispiele, denn die Isländer haben den größten aller möglichen Unglücksfälle erlebt mit dem Zusam­menbruch des gesamten Bankenwesens. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) Die sind heute wirtschaftlich stabiler, sie sind heute nicht angewiesen auf Unterstützung, sie sind nicht in der EU – und das ist ein winziger 340 000-Einwohner-Staat ohne Euro und ohne EU. Und wo steht Irland, wo steht Portugal, wo stehen viele andere Euro-Länder?

Nach Griechenland allein sind in den letzten 25 Jahren, es gibt da verschiedene Zahlen, aber schätzungsweise, 120 Milliarden € aus dem Titel Regionalhilfe, Kohä­sions­fonds geflossen. – 120 Milliarden €, Herr Bundeskanzler, das ist ungefähr das Doppelte unserer jährlichen Staatsausgaben – nicht unseres BIP, aber unserer Staatsausgaben –, also ein riesiger Betrag. Und wo steht Griechenland heute?

Eigentlich müsste man, wenn man die Aussagen der letzten Jahre und diese Ent­wicklungen sieht, sich der Lage in einer besonderen Weise annähern: durch Staunen. Und das habe ich auch gesehen: Herr Bundeskanzler Faymann staunt gleichfalls über das Ganze. Er sagt heute in einer sehr, ich möchte nicht sagen, kleinlauten, das steht mir vielleicht nicht zu, aber, in einer sehr vorsichtigen Weise: Na ja, wo Licht ist, ist auch Schatten, und wir sehen jetzt die ganzen Schatten. – Aber Staunen ist eigentlich, wenn man Plato folgt, der erste Schritt zur Erkenntnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber diese Erkenntnis sehe ich weit und breit nicht, sondern das Einzige, was hier an Schlüssen gezogen wird – nicht nur von unserer Bundesregierung, sondern auch europaweit –, ist, dass man mit festem Schritt auf dem Holzweg weitergeht, nämlich weiter in Richtung Zentralisierung, weiter in Richtung noch engeres Verbinden der Zahler und der starken Nationen mit Volkswirtschaften, die überhaupt nicht kompatibel


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sind, und daher weiter in Richtung Schwächung unserer eigenen Position. Denn eines muss klar sein: Wir sind und werden in diesem Europa mit Sicherheit in den nächsten 50 Jahren oder in den nächsten zwei bis drei Generationen nicht die Empfänger, sondern die Zahler und die Zahlmeister sein, denn unser Wirtschafts- und Gesell­schaftssystem gehört mit den meisten nord- und zentraleuropäischen zu den stabilen und gelungenen, und die Gesellschaftsmodelle, die wir in den nächsten Jahren in die EU dazubekommen werden, gehören mit Sicherheit nicht in diese Gruppe. Wir werden, wenn wir in Zukunft einmal Bulgarien oder Rumänien oder andere Länder, die ich jetzt gar nicht anführen werde, in die Euro-Zone aufnehmen, sicher keine Nettozahler und keine Horte der Stabilität hineinbekommen.

Kollege Cap hat klar gesagt, dass er nicht will, dass es dazu kommt, dass sich Europa künftig in die wirtschaftlichen Belange, in die sozialen Belange, in die steuerlichen Belange der Mitgliedsländer einmischt. – Warum wird dann nicht die Reißleine gezo­gen, warum marschieren wir dann mit? Wir sind auf dem Weg in eine europäische Wirtschaftszentralregierung. Dieser sogenannte Stabilitätsfonds, diese EFSF, also diese Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität, ist ja nichts anderes als ein erster großer Fonds für eine zentrale Finanzierung der Europäischen Union. Das ist nicht etwa ein Rettungs- und Notschirm – es war einmal ein kurzfristiger Rettungs- und Notschirm –, sondern es geht jetzt um die Änderung des Vertrages zur dauerhaften, institutionalisierten Schaffung dieses Zahlungsfonds, der im Wesentlichen von Staaten wie Österreich und Umgebung gespeist wird und Staaten wie Griechenland und Co, später auch einmal Rumänien und Bulgarien, finanziert. Um einen solchen Fonds zu managen, einen Fonds in diesen gigantischen Dimensionen – wir reden von 475 Mil­liarden; das ist aber erst der Anfang; Sie wissen genau, dass die Führungs­spitze der EU bereits von 1,5 Billionen redet –, wird man eine Zentralregierung wollen. Und warum sollte zu einer solch zentralen Weichenstellung nicht die Bevölkerung befragt werden? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Frau Präsidentin, ich darf noch eines sagen, noch an eines erinnern: Herr Bun­deskanzler, Sie waren selbst dabei, als im September 2008 einem Antrag zugestimmt wurde, worin die Bundesregierung aufgefordert worden ist, alle notwendigen Maß­nahmen zu setzen, um sicherzustellen, dass zukünftige wesentliche Änderungen der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die österreichische Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Öster­reich entschieden werden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glocken­zeichen.)

Mehr ist dazu nicht zu sagen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.01.57

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Danke, Frau Präsidentin! – Wenn man es verkürzen will, so geht es natürlich um Folgendes: Bei der Einführung des Euro war allen klar, ohne Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik gehen wir erhebliche Risken ein, um es einmal milde auszudrücken. Diese Risken sind eingetreten im Gefolge der Insolvenz von Lehman Brothers, der Finanz-, der Bankenkrise und dessen, was das für die Staaten bedeutet hat. Nun stehen wir vor der einfachen Alternative: entweder wir ziehen jetzt die Konsequenz, nämlich eine Vertie­fung der Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, oder wir lassen das Ganze in die Luft gehen! Ich darf im Namen der Grünen sagen, wir sind dafür, diese Vertiefungsnotwendigkeiten und ‑chancen jetzt wahrzunehmen, die Freiheitlichen


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sagen: Lassen wir das Ganze in die Luft gehen! – Das ist unterm Strich ganz einfach. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Worum es jetzt konkret geht, ist, dass zwei Sätze in die europäischen Verträge neu aufgenommen werden sollen. Das wird in Österreich eine Ratifizierung mit einer not­wendigen Zweidrittelmehrheit nach sich ziehen. Gleich vorweg, Herr Bundeskanzler: Seien Sie sich nicht zu sicher, dass Sie hiefür die Stimmen der Grünen in der Tasche haben! Das schauen wir uns noch genau an (Abg. Mag. Stadler: Wir auch!), was da auf dem Spiel steht, was da gemacht wird. Vorläufig, muss man sagen, besagen diese zwei dürren Sätze, die im Wesentlichen auf Wunsch der Deutschen neu in die Verträge aufgenommen werden sollen, für sich genommen zunächst einmal gar nichts: Mit­glieder der Währungsunion – sinngemäß – können einen sogenannten europä­i­schen Stabilitätsmechanismus einführen – ohne dass im Vertrag erklärt wird, was das ist. Sowie: Finanzielle Hilfe aus diesem Fonds wird nur unter strikten Bedingungen ge­währt – ohne dass erklärt wird, welche das sind. Das ist alles heikel. (Abg. Strache: Aber da mache ich mir keine Sorgen, dass die Grünen nicht rechtzeitig umfallen!) Parallel dazu verhandeln wir hier im Parlament über mindestens sechs Verord­nungsentwürfe der Europäischen Union betreffend Transparenzfragen, Budgetfragen, Koordinierungsfragen der Wirtschaftspolitik und, und, und.

Auf diese eben erwähnten zwei Sätze möchte ich kurz eingehen. In einem Kommentar der „International Herald Tribune“ im Dezember 2010 hat es geheißen: „Crazy idea from EU is bound to fail.“ Dieser Vorschlag habe nichts mit Ökonomie, aber sehr viel mit Hirnschaden zu tun. – So weit würde ich nicht gehen. Das war ein sehr polemischer Kommentar.

Das Problem ist aber Folgendes: Hinter diesen zwei Sätzen steht ein Konzept – das wird auch in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, an dem Bundeskanzler Faymann immer teilnimmt, festgehalten –, und in diesem Dokument wird erstmals fest­gehalten, dass auch europäische Staaten, Mitglieder der Währungsunion insolvent sein können, das heißt, volkstümlich ausgedrückt, bankrottgehen können. Zum ersten Mal! Aber die Konsequenz daraus wird noch nicht gezogen.

Seit mindestens einem Jahr fordere ich Sie hier von dieser Stelle aus auf, zur Kenntnis zu nehmen: Griechenland ist nicht illiquid, Griechenland ist insolvent! Das heißt, es muss umgeschuldet werden, mit einer entsprechenden Beteiligung der privaten Gläubiger. Dieser Prozess wäre inzwischen leichter, als er bisher war, und zwar aus verschiedenen Gründen. Ich habe leider nicht die Zeit, das auszuführen, aber auch eine so unverdächtige Zeitung wie „The Economist“ hat am vergangenen Freitag geschrieben: The euro crisis – Time for Plan B. „Plan B“ ist die Umschuldung insol­venter Staaten.

Wenn man, so wie die Europäische Union das bis jetzt macht, eine Idee, nämlich: Staaten können tatsächlich insolvent sein, in den Raum stellt, gleichzeitig sagt, dass ab dem Jahr 2013 in die Verträge hineingeschrieben werden wird, dass auch private Gläu­biger sozusagen zum Handkuss kommen werden, wir jetzt aber erst Jänner 2011 schreiben, dann stellt sich die Frage: Was machen denn die Finanzmärkte bis zum Jahr 2013? Wenn Sie eine griechische Anleihe in Ihrem Portefeuille besäßen, was würden Sie tun unter diesen Umständen? Sie würden versuchen, sie loszuwerden, natürlich zu einem Diskont. Damit hätten Sie Ihren Verlust schon realisiert. Das erklärt zumindest zum Teil den Anstieg der Zinsen für Griechenland und andere Staaten. Die Griechen zahlen jetzt nicht weniger als zum Höhepunkt der Krise vor einem bezie­hungsweise vor einem dreiviertel Jahr; 11 bis 12 Prozent, implizit, am Sekundär­markt. Daraus muss man endlich einmal die Konsequenzen ziehen.


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Die europäische Politik tut so, als ob sie Zeit hätte. Wir kennen das aus Österreich. Über die Föderalismusreform diskutieren wir seit 60 Jahren, und es geht nichts weiter. Aber in diesem Fall haben wir nicht 60 Jahre Zeit, wir haben nicht einmal zwei Jahre Zeit. Die europäische Politik, so rasch sie manchmal auch zu reagieren versucht, lässt sich, was die Reaktion von Finanzmärkten betrifft, zu viel Zeit. Es gibt andere Pri­oritäten. Die sechs Richtlinien, die wir vorgestern im EU-Unterausschuss diskutiert haben, sind zum Teil wichtig und richtig, aber sie betreffen nicht die Kernfrage.

Die akute Kernfrage lautet (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen): Was machen wir mit Griechenland – dort ist die Insolvenzkrise klar –, was machen wir mit Irland? In beiden Fällen werden wir mit Schuldabschlägen von 30 bis 50 Prozent rechnen müssen. Wie gehen wir in Europa mit solchen Fragen um? – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.07.46

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, selbst­verständlich sind Sie in Bezug auf Ihren Brief, den Sie im Jahr 2008 an die „Kronen Zeitung“ geschrieben haben, wortbrüchig geworden, denn: Wann, wenn nicht dann, wenn es um das Geld der Steuerzahler geht, das wir für marode EU-Länder zur Verfügung stellen, muss das Volk befragt werden? Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist doch der entscheidende Punkt, um den es geht. Es sind Milliar­denbeträge an Haftungen, Garantien und Geldspritzen für die Banken zur Verfügung gestellt worden. Und das berührt die Bevölkerung mehr als jede einzelne Vertrags­änderung im europäischen Reformvertrag oder in der Verfassung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der eigentliche Punkt. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Aber dass die rot-schwarzen Regierungspolitiker ständig ihr Wort brechen und es mit Versprechungen nicht ernst nehmen, das erleben wir ja beinahe tagtäglich. Ich erinnere nur an Bankenminister Pröll, der in Interviews immer wieder betont hat: keine neuen und keine höheren Steuern! Wenige Wochen, wenige Monate später haben wir von Rot und Schwarz das größte Steuer- und Belastungspaket präsentiert bekom­men. – Das ist Wortbruch par excellence, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Immer wieder dasselbe Bild – auch jetzt in dieser Aktuellen Europastunde wieder einmal –: Wenn es darum geht, die Bevölkerung mitzunehmen auf den gemeinsamen Weg Europas, dann ist Ihnen die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger nichts wert, es ist Ihnen eine Volksabstimmung nichts wert, wenn es um existenzielle Interessen geht, wenn es darum geht, die Bevölkerung aufzuklären und einzubinden. Vor EU-Wah­len, die sicher wieder stattfinden werden, beschweren Sie sich darüber, dass es kein Interesse seitens der Bevölkerung an Europa gibt. Das liegt daran, dass Sie kein Interesse haben, die Bevölkerung einzubinden in europäische Fragen, um die es tatsächlich geht und die wichtig sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das war beim EU-Reformvertrag und auch beim Rettungsschirm so. Sie haben den Steuerzahler überhaupt nie eingebunden in die wirklich wichtigsten Fragen, wenn es beispielsweise darum gegangen ist, den EU-Rettungsschirm aufzuspannen, ein Bankenpaket zu schnüren oder Griechenland ein Hilfspaket in Milliardenhöhe zur Verfügung zu stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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Sie müssen auch immer dazusagen – und das ist das Wesentliche, das immer wieder verschwiegen wird –: Das Geld, das Griechenland von Österreich erhalten hat, ist weg! Dieses Geld gibt es nicht mehr, es kommt nicht mehr zurück. Sie wissen das. Jetzt gibt es Schuldenstundungen, dann gibt es Schuldenerlässe, und am Ende wandert das, was übrig bleibt, in einen europäischen Währungsfonds. Das Geld der österreichischen Steuerzahler ist verlorenes Geld! Griechenland ist, wenn man so will, eine Teilrepublik Chinas geworden, weil nämlich China eingesprungen ist und Staatsanleihen von Griechenland gekauft hat. Das ist die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich bin erschüttert, wirklich erschüttert. Herr Bundeskanzler! Sie sind Regierungschef und haben heute in Ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass bereits mit der Einführung des Euro klar war, dass ein Land dem anderen Land zu helfen hat, wenn es in finanzielle Schwierigkeiten kommt. – Herr Bundeskanzler, ist das Ihr Ernst, was Sie da gesagt haben?! Ist das tatsächlich Ihr Ernst?! Oder melden Sie sich noch einmal zu Wort und korrigieren Sie sich selbst? Denn eines sollten Sie als Regierungschef wissen, dass es nämlich eine Bail-Out-Klausel gibt, und das heißt, dass kein Land eine Haftung gegenüber einem anderen Land zu übernehmen hat. Das ist mit der Einführung des Euro als einer von drei zentralen Punkten festgelegt worden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Faymann. – Abg. Dr. Van der Bellen: Nein! Nein!) – Entschuldigung, aber das sollten Sie als Regierungschef wissen.

Es gibt auch einen Stabilitätspakt, der klar festhält: 3 Prozent Defizitgrenze, 60 Prozent Verschuldungsquote. Und es ist ebenfalls festgehalten, dass die Europäische Zentralbank keine Staatsanleihen kaufen kann.

All das sind Grundregeln, die Sie über Bord geworfen haben. Diese Europäische Gemeinschaft ist eine Gemeinschaft ohne Moral, und das ist fatal, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Heute sind wir in der Situation, dass uns jene, denen wir geholfen haben, die der Steuerzahler aus dem ganzen Schlamassel herausgezogen hat, nämlich die Banken, die Konditionen diktieren (Abg. Mag. Stadler: So ist es! Genau so ist es!), indem sie das billige Geld der Europäischen Zentralbank, das der Steuerzahler dorthin trans­portiert hat, um 1 Prozent Zinsen nehmen, es den maroden Staaten um 7 Prozent Zinsen zur Verfügung stellen und somit mit den Staatsanleihen 6 Prozent Gewinn machen. Dieses System, meine sehr geehrten Damen und Herren, gilt es endlich einmal zu durchbrechen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Es ist dafür zu sorgen, dass die Banken zur Verantwortung gezogen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und dafür wird das BZÖ auch in Zukunft alle Kräfte mobilisieren. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

11.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der letzte gute Bürgermeister von Wiener Neustadt!)

 


11.13.15

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, Kollege Van der Bellen hat es auf den Punkt gebracht. Es gibt zwei Meinungen zu der Situation, in der sich der Euro beziehungsweise die Europäische Union befindet. Es gibt die Meinung des BZÖ, man sprengt das Ganze in die Luft und glaubt dann, man hat irgendetwas Gutes getan, und es gibt die Meinung der Freiheitlichen.


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Was würde denn geschehen, wenn das stattfinden würde, was Sie gerne hätten? (Abg. Strache: Das österreichische Steuergeld für die eigene Bevölkerung einsetzen, unser Steuergeld für unsere Bürger – das ist das Ziel!) – Die Stabilität dieser Währung wäre weg, die Ersparnisse der Menschen wären weg, die Pensionen wären nicht gesichert! Ist das Ihr Ziel? Welche Verantwortung tragen Sie in diesem Staat, wenn Sie wollen, dass der einzelne Sparer, der einzelne Pensionist alles bezahlen soll? Was haben Sie für ein Politikverständnis? Das darf es doch nicht geben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)

Wir haben drei große Räume: Wir haben den Yen, den Dollar in Amerika und den Euro. Unsere Unternehmen können in einer Weltwährung fakturieren. Sie sind keinen Spekulationen ausgeliefert (Abg. Strache: Was erleben wir gerade in Portugal, Spanien? Wo sehen Sie keine Spekulationen?), sie können ihre Rechnungen in Euro ausstellen, sie haben nach innen kein Risiko zu tragen. Wollen Sie, dass sie in Dollar abschließen müssen? Wollen Sie, dass sie in Yen abschließen müssen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.) Stellen Sie sich einmal diese Exportwirtschaft vor! Das ist ja untragbar, was Sie da von jedem Einzelnen verlangen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ): seine Ersparnisse beziehungsweise seine Pension aufs Spiel zu setzen. (Abg. Rädler: ... Yen in Nordkorea!)

Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass im April 2009 Österreich Nutznießer dieser europäischen Solidarität war. Als die osteuropäischen Länder sozu­sagen geschwommen sind und die österreichischen Banken das größte Risiko getragen haben, sind wir über Spekulationsgerüchte auf den Radarschirm aller Staaten geraten. Und was ist geschehen? – Der Betrag von 25 Milliarden, der für die Osthilfe zur Verfügung gestellt wurde, wurde nach einer Reise des Finanzministers auf 50 Milliarden erhöht. So hat die Europäische Union Österreich geholfen. Daher ist es doch wohl selbstverständlich, dass auch Österreich seinen Beitrag leistet, um den Euro, die europäische Währung zu sichern.

Ich halte das für einen Akt der Solidarität, zumal, wie bereits erwähnt, auch Österreich schon Nutznießer war. (Abg. Strache: Die Solidarität unter Spekulanten!) Wir hätten unsere Anleihen nicht bedienen können. (Abg. Strache: SPÖ-Stiftungsspekulanten und SPÖ-Eurospekulanten!)

Kollege Hübner hat gesagt, Island sei ein Paradebeispiel, weil es dem Land so gut geht. – Ja, weil die Euro-Staaten eingesprungen sind! Doch nicht deshalb, weil Island wirtschaftlich so gut ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)

Das ist die Frage, die es zu beantworten gilt: Will man durch Solidarität den Einzelnen davor schützen, dass er einen Nachteil aus dieser Politik hat, will man, dass man unsere Exportwirtschaft dadurch schützt, dass sie weltweit in Euro fakturieren kann, oder will man die Ersparnisse einfach hergeben, weil es ohnehin egal ist und man dieses System in die Luft jagen will. (Abg. Strache: Die österreichischen Steuergelder schützen, darum geht es!)

Ein anderer Vorteil ist, dass man jetzt darüber nachdenkt, für diese Staaten, die eine andere Volkswirtschaft haben und nicht so korrekt gehandelt haben wie Österreich, Bedingungen festzulegen, wie man ihnen hilft. Anderenfalls würden wir nie zu diesen Bedingungen kommen. Man denkt auch darüber nach, die Privaten in die Bezahlung dieser Spekulationsverluste mit einzubinden. Und dahin sollte, glaube ich, diese Dis­kussion führen: dass man die Spekulanten endlich mitzahlen lässt, dass man die Banken mitzahlen lässt. Das, was Herr Kollege Bucher fordert, ist nur möglich, wenn man einen Schutzschirm gewährt, und nicht, wenn man ihn abschafft. (Abg. Bucher: Genau das Gegenteil! Ihr füttert die Banken! – Abg. Strache: Ihr füttert die Speku­lanten!)


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Jetzt zur verfassungsrechtlichen Situation. Sie wissen, der EU-Vertrag hat 55 Artikel, der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat 358 Artikel. Nun ändert man im Primärrecht einen Halbsatz, indem man sagt: „Die Mitgliedstaaten, deren Wäh­rung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten“, der an bestimmte Auflagen gebunden ist. – Mit diesen Auflagen wird sichergestellt, dass die Spekulanten eingebunden werden und dass jeder Einzelne vor Abwertungen und vor Verlust ge­schützt wird. (Abg. Strache: Sie schützen die Spekulanten mit diesem Schirm!) Letzt­endlich sagt unser Artikel 50 in der Bundesverfassung, dass dafür keine Volksabstim­mung notwendig ist. (Abg. Strache: Sie finanzieren mit österreichischem Steuergeld die Spekulanten! Das ist es!)

Wir ändern den EU-Vertrag nicht. Wir ändern auch die Unterverträge des EU-Vertrages nicht (Abg. Strache: Sie finanzieren mit österreichischem Steuergeld die Spekulanten in den Banken!), sondern es wird ein vereinfachtes Vertragsveränderungsverfahren eingesetzt, und dieses vereinfachte Vertragsveränderungsverfahren führt sogar dazu, dass Staaten, die zu einer Volksabstimmung verpflichtet wären, für diese Änderung keine Volksabstimmung durchführen müssen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz. – Abg. Mag. Stefan: Es geht um ein Versprechen!) Und wir wollen für eine Änderung, die aus einem Halbsatz besteht, eine Volksabstimmung? – Ich halte Ihre Politik für unseriös, weil sie dem Einzelnen schaden und auch der Volkswirtschaft Europas erheblichen Schaden zufügen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Es geht um das Versprechen des Herrn Bundeskanzlers! Es geht darum, ob sein Wort etwas wert ist! Sein Wort ist unseriös!)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Plassnik. – Bitte.

 


11.18.49

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Lernfähigkeit ist im 21 Jahrhundert eine sehr praktische Eigen­schaft. Ich warne die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ vor einer Rolle rückwärts in die neunziger Jahre. Sie haben es schon einmal besser gewusst. Denn das, worum es Ihnen heute geht, ist ja nicht die Frage einer Volksabstimmung, sondern es geht Ihnen darum, gegen den Euro zu mobilisieren, die Europäische Union letzten Endes schlechtzumachen, Ihre alten Ideen wieder auszupacken, die Sie schon im Rahmen des Schilling-Volksbegehrens in den neunziger Jahren propagiert haben. Das hat nicht funktioniert, Kollege Westenthaler weiß das. Er ist damit gescheitert, und zwar ist er mit einem sehr mageren Ergebnis gescheitert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westen­thaler: Sehr viele Unterschriften!)

Lernfähigkeit, meine Damen und Herren, erleben wir Gott sei Dank auf Seite der Europäischen Union. Die Diskussionen, die Debatten, die jetzt darüber laufen, wie konkret dieser Schutzschirm auf Dauer zu gestalten ist, sind wesentliche Fortschritte. Das sind auch sehr interessante und zum Teil mühsame Diskussionen.

Diese Fortschritte sind für Österreich enorm wichtig. Die Österreicher und Öster­reicherinnen haben Vertrauen in unser gemeinsames Geld, in unsere gemeinsame Währung. Alle Meinungsumfragen zeigen, dass eine massive Mehrheit der Öster­reicher großes Vertrauen in den Euro und somit auch Vertrauen in das Krisen­management der österreichischen Bundesregierung hat. Ich finde, dass sich 2009, 2010 die österreichische Bundesregierung als Krisenmanager in diesem Bereich durchaus bewährt hat. Sie hat umsichtig gehandelt, sie hat rasch gehandelt, sie hat zukunftsorientiert gehandelt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Österreich ist heute Gott sei Dank eines der sechs Länder in der Europäischen Union, die ein Triple A haben, gemeinsam mit Frankreich, mit Deutschland, mit den Nieder­landen, den finnischen und den Luxemburger Kollegen. Und es ist durchaus richtig, dass man sich hier intensiv berät und auch koordiniert. Das tun insbesondere die Finanzminister. Ich halte gar nichts davon, dass wir die Euro-Zone wieder spalten: in einen Nordteil und in einen Südteil, sozusagen in einen „N-Euro“ und in einen „S-Euro“. Das ist Unfug. Das ist keine gute Idee und nicht im Sinne des österreichischen Steuerzahlers und Staatsbürgers. Wichtig ist aber, dass wir unsere Position als Triple A-Land erhalten. Daran hat die österreichische Bundesregierung mit allen Mitteln zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Thema Volksabstimmung. Warum ist es so ein untaugliches Mittel? Wir führen diese Diskussion ja nicht zum ersten Mal. Bei einer Volksabstimmung können Sie nur mit Ja oder Nein antworten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und das ist insbe­sondere bei der Komplexität der Frage, die wir hier haben, ein ganz untaugliches Mittel, denn es geht darum, wie artikulieren, wie formulieren wir die Ausgestaltung, die konkreten Auflagen, die wir auch den Ländern gegenüber formulieren müssen, die allenfalls diesen Schutzschirm in Anspruch nehmen. (Abg. Petzner: Das Volk ist also zu blöd, um abzustimmen! Das ist so eine Arroganz, das ist unglaublich!) Wir müssen klären, wie das kontrolliert wird. Wir müssen auch darüber diskutieren, was Alter­nativen wären, die, sofern es sie gibt, alle hochgradig nachteilig für den österreichi­schen Steuerzahler sind.

Also gehen Sie ab von dieser altbekannten Antieuropahaltung, von dieser Anti-Euro-Haltung!

Schauen wir uns auch einmal die konkreten Zahlen an: Die maximale Haftung, die wir hier im österreichischen Parlament beschlossen haben, im Zusammenhang mit dem Schutzschirm beträgt 15 Milliarden €. (Abg. Dr. Hübner: Das ist ja gar nichts!) Wir sind jetzt bei ungefähr 12,3. Da wollen Sie jetzt plötzlich eine Volksabstimmung für einen Schutzschirm, den es schon gibt, dessen definitive und dauerhafte Ausgestaltung be­reits Faktum ist!

Wo war der Schrei nach Volksabstimmung bei den Exportgarantien, die auch vom österreichischen Staat abgegeben werden? Nur zum Vergleich die Größenordnungen, um die es da geht: Da geht es auf der einen Seite im Einklang mit dem Ausfuhr­finanzierungsförderungsgesetz um eine Höhe von etwa 30 Milliarden im Jahr 2010. (Abg. Mag. Stefan: Was hat das mit dem Lissabon-Vertrag zu tun?) Das haben wir hier einstimmig beschlossen, die Volksvertreter. Dazu sind wir auch da. Da brauchen wir keine Volksabstimmung. Dasselbe gilt für das Ausfuhrgesetz, da geht es auch in etwa um diese Höhe. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluss als Kärntnerin eine Sache noch anmerken, die mir auch ganz wichtig ist. (Abg. Scheibner: Das kann man doch überhaupt nicht vergleichen! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) In Kärnten wurde offenbar eine Landeshaftung in Höhe von 19 Milliarden € beschlossen. Dazu wurde der Landtag nicht einmal gefragt. Das wurde von der Landesregierung einfach gemacht. (Abg. Dr. Strutz: Aber der Herr Martinz hat zugestimmt! Der ist Vorsitzender der Holding!) Wo war da das große Interesse, Herr Kollege Strutz, an einer Volksabstimmung?

Das heißt, das Manöver ist extrem durchsichtig: Es geht um Populismus pur. (Abg. Mag. Stefan: Der Populismus war der Brief an die „Kronen Zeitung“! Wo ist da der Populismus?) Machen Sie Lernfortschritte und hören Sie auf, den Bürgern hier keinen reinen Wein einzuschenken! Bekennen Sie Farbe! Vertrauen Sie der österreichischen


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Bundesregierung! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


11.24.31

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wissen Sie, Frau Kollegin Plassnik, sich hier herzustellen und zu sagen, das Haftungspaket macht ja nur 15 Milliarden € aus, das ist eine Verhöhnung der Bevölkerung! (Abg. Dr. Strutz: Abgehoben! Völlig abgehoben!) Bei dem Zustand unserer Staatsfinanzen zahlen Sie das wahrscheinlich aus der Portokassa. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist wirk­lich eine Verhöhnung, sich hier herzustellen und so zu tun, als ob 15 Milliarden € an Haftungen gar nichts bedeuten würden. Wahrscheinlich zahlt es die ÖVP aus der Portokassa, ich kann es mir vorstellen.

Jetzt zu Ihnen, Herr Bundeskanzler. Herr Bundeskanzler, es war schon unheimlich interessant, zu beobachten, wie Sie heute Ihre Rede angelegt haben. Sie haben in allen Detailpunkten aufgezeigt, warum wir uns heute in dieser fatalen Situation befinden. Sie haben gesagt, diese Haftungen sind nötig geworden, weil unter­schiedliche Wirtschaften, unterschiedliche Steuersysteme und unterschiedliche Volks­wirt­schaften in diesem Euroraum zusammengefasst wurden. Ja, das haben Ihnen aber Experten schon vor zehn Jahren gesagt, dass das nicht funktionieren kann. Und wir sagen Ihnen das seit Monaten. Wenn wir Ihnen das in den letzten Monaten immer wieder gesagt haben, haben Sie nur den Kopf geschüttelt und so getan, als ob das nicht wahr wäre. Ihre heutige Aussage war aber eigentlich das Eingeständnis, dass wir mit unserer Meinung seit Monaten recht haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was Sie mit diesem Euroschutzschirm aufführen, ist nichts anderes als eine weitere Kapitulation vor der Finanz- und Bankenlobby in Österreich, in der EU und im ganzen Euroraum. Was ist denn von Ihren großspurigen Ankündigungen geblieben, in denen Sie gemeint haben, Sie werden sich dafür einsetzen, dass es eine Finanz­transaktionssteuer im europäischen Raum geben wird? – Nichts davon ist geblieben!

Und wenn dann Ihr Klubobmann Cap hier herauskommt und sagt, wir müssen ja den armen Menschen dort helfen, in Griechenland, in Irland und in Portugal und in all den Ländern, die noch dazukommen werden, dann ist das eine weitere Verhöhnung. Ja glauben Sie allen Ernstes, dass ein Grieche oder ein Ire auch nur irgendetwas von diesem Euro-Rettungsschirm hat?! Das ist eine reine Bankenrettungsaktion in einem Ausmaß, das es größer in der Geschichte der Europäischen Union noch nie gegeben hat! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das ist das SPÖ-Spekulantenhilfspaket!)

Die Griechen und die Iren werden von ihrer eigenen Regierung, die für dieses schlechte Wirtschaften in den letzten Jahren verantwortlich ist, mit massiven Steuer­erhöhungen, mit massiven Sparpaketen belastet. Zigtausende in diesen Ländern gehen deswegen bereits auf die Straße. Aber dabei bleibt es nicht, weil sich das auch in den Ländern, die durch diesen Euro-Rettungsschirm belastet werden, Deutschland, Österreich und so weiter, die Leute nicht mehr gefallen lassen. Sie zahlen 2,3 Milliarden € nach Griechenland und beschließen gleichzeitig hier im Hohen Haus ein Belastungspaket von 2,8 Milliarden €, das die österreichische Bevölkerung zur Gänze zu tragen hat.

Dann stellt sich Bundesfinanzminister Pröll hier her und sagt, es ist verantwortungslos, Schulden zu machen, unseren Kindern und Enkelkindern Schulden aufzubürden in einer Größenordnung, die sie jahrzehntelang nicht bewältigen werden. Gleichzeitig


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beschließt man hier ein Budget, das massive Belastungen im Bereich Familien, Soziales, Pflege vorsieht, eine Erhöhung von Massensteuern wie zum Beispiel der Mineralölsteuer, und, und, und. Sie sagen aber nicht dazu, dass es Ihnen trotz dieses Belastungspaketes nicht gelingt, ausgeglichen zu bilanzieren. Sie machen nämlich zusätzlich noch 7,5 Milliarden € Schulden.

Wir haben jetzt einen Schuldenstand von 200 Milliarden € ohne die ausgelagerten Schul­den von Asfinag, ÖBB, BIG und so weiter und schaffen es bis zum Jahr 2014, Schulden bis zu einer Höhe von 230 Milliarden € anzuhäufen. Und dann stellt sich der Finanzminister hier her und sagt, es ist verantwortungslos, unsere jungen Leute zusätzlich zu belasten. Ich weiß nicht, für wie dumm er die Bevölkerung eigentlich hält. Dass er die Oppositionsparteien für dumm erklärt hat, das wissen wir schon länger. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Wittmann. Wissen Sie, warum wir in dieser fatalen Situation sind? – Weil Sie alles aufgrund Ihres politischen Ver­ständ­nisses darlegen. Was Ihnen aber fehlt, ist das Wirtschaftsverständnis. (Beifall des Abg. Strache.)

Ich schließe jetzt mit einem Zitat von Hans-Werner Sinn, das ist der ifo-Präsident aus Deutschland. Dieser hat gesagt:

„Ich bezweifle“ – und da gebe ich ihm recht –, „dass die heute in Europa Ver­antwortlichen die wirtschaftliche Tragweite ihrer Entscheidungen voll verstehen. ... Das Ausblenden ökonomischer Gesetze hat verheerende Konsequenzen.“ Das Grund­prinzip muss bleiben, dass die Kreditgeber für die Risiken haften und nicht die Bevöl­kerung der einzelnen Staaten – und schon gar nicht hier in Österreich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.30.01

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren, auch auf der Galerie! Ich habe die Anregung mitgenommen, die 3. Klasse der Berufsschule für Gartenbau und darüber hinaus eine kleine Delegation aus Altach begrüßen zu dürfen. Ich mache das deshalb gerne, weil es, glaube ich, gerade bei dem Thema Volksabstimmung ganz nützlich ist, auch auf die Fragen von Demokratie und Beteiligung kurz einzugehen. Nützlich und hilfreich ist es sicher, wenn die Debatten hier im Nationalrat intensiv verfolgt werden, damit sich die Leute hier ein Bild machen können.

Welches Bild bietet sich uns aufgrund dieser Initiative der Freiheitlichen Partei? Auf diese möchte ich nämlich besonders eingehen. Aber zunächst zu Ihnen, Herr Bun­deskanzler. Ganz so überraschend ist das nicht, was da von der freiheitlichen Fraktion in Ihre Richtung gekommen ist. Es ist schon der Fluch der bösen Tat, wenn Sie, damals noch nicht als Bundeskanzler, aber quasi als angehender oder als einer, der es werden wollte, der größten Tageszeitung einen Brief geschrieben und sich mit dem Inhalt dieses Briefes deren Kampagnenjournalismus untergeordnet haben. Das ist schlecht, das ist schlimm, und es ist zu hoffen, dass das einem selbstbewussten Regierungschef nie wieder passiert. (Beifall bei den Grünen.)

Die Fragestellung, die Sie hier zu gewärtigen haben, war ja schlicht und ergreifend: Gibt es da jetzt eine Volksabstimmung oder nicht? Ich glaube, das war ja gar nicht so sehr das Anliegen der Freiheitlichen Partei, sondern die Grundsatzfrage ist – diese zu stellen ist ja legitim –: Geht es jetzt um die Vertiefung in wirtschafts-, sozial- und


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finanzpolitischen Fragen der Union oder jedenfalls um mehr Koordinierung oder geht es darum, dass man das Ganze mit einem billigen Kurs des Populismus einfach gegen die Wand fahren lässt?

Ich gebe zwar zu, auch was die BZÖ-Fraktion betrifft, dass einige Beschreibungen der Abfolgen dieser Systematiken, nämlich dass am Schluss Banken und Fonds profitieren und diese vor allem mit gerettet werden, durchaus richtig sind. Die Frage ist nur: Was ist die Lösung? Wie kommen wir da raus? Und da bieten Sie nichts an. Ich werde jetzt kurz darauf eingehen.

Im Übrigen ist es ja gar nicht so leicht, wie Sie glauben, aus dieser Währungsunion und allenfalls Krise herauszukommen. Die Risiken waren damals bekannt, das ist klar, und teilweise sind sie schlagend geworden; Professor Van der Bellen hat das auch aus­geführt. Nur noch einmal das Bild, weil es Herr Klubobmann Strache so vielleicht bes­ser versteht, da er da einigen Nachholbedarf hat: Es ist eben viel leichter, aus einem Aquarium eine Fischsuppe zu machen, und ungleich schwieriger, aus der Fischsuppe wieder ein Aquarium zu machen. (Heiterkeit.)

Das sind schon Fragen, die Sie da mit berücksichtigen müssen. Das brauchen Sie natürlich nicht, weil Sie mit Ihren Hausmeisterschmähs auf anderer Ebene billig punkten wollen. Aber wir werden auch SPÖ und ÖVP einmal einladen, hier stärker dagegenzuhalten, denn mit dieser knieweichen Haltung sind diesem populistischen Einfall Tür und Tor geöffnet. Genau darum geht es ja. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt wird es einmal Zeit, dass auch Sie hier mehr Mut zeigen, kleine Ansätze sind ja schon erkennbar.

Wir stehen – und das hören Sie ja hier heraus; ich darf das wiederholen – für diese Verhandlungen, so sie dann notwendig sind, auch zur Verfügung, aber die Kritik, die Sie gehört haben, üben wir mit Überzeugung und mit Kompetenz, wie Sie sich selbst überzeugen konnten, wenn Sie die schon seit Jahren getätigten Ausführungen von unserer Fraktion und speziell von Professor Van der Bellen verfolgt haben. Das ist ja alles nicht so überraschend und so neu, was da kommt.

Also könnte es eigentlich schon darum gehen, dass man sich einmal überlegt, wie wir da herauskommen; ich darf das kurz skizzieren. Natürlich müssen wir über die Frage der Eurobonds nachdenken, denn wenn wir die gescheit konstruieren, dann könnten wir endlich ein System implementieren, dass sehr wohl die privaten Gläubiger, die zuerst ja gut daran verdienen – das ist ja zu Recht ausgeführt worden, mir scheint vom Kollegen Bucher –, auch beteiligt werden können. Nur müssen Sie einmal ein System erfinden, wo Sie das überhaupt machen können. Das würde zum Beispiel so gehen, dass wir mit Eurobonds zu einem bestimmten Anteil der Wirtschaftskraft eines Landes reingehen, umschichten und den Rest am Markt organisieren. Dann muss aber wirklich Markt herrschen, dann darf genau das nicht passieren, dass man sich billig Geld abholt, teuer verborgt, unter der Parole, wir, die Privaten, nehmen das Risiko, und dann, wenn das Risiko schlagend wird, zahlen alle, nämlich die europäischen SteuerzahlerInnen. Das ist die Aktion Umverteilung von unten nach oben. Da sind wir uns einig. Aber ein paar Lösungen werden wir schon anbieten müssen. Ob da eine Volksabstimmung relevant ist oder nicht, ist eine andere Frage.

Es geht ja in jedem Fall um mehr Harmonisierung in der europäischen Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Das ist immer gut. Wir werden mehr Steuerharmoni­sierung brauchen, damit dieser Wettbewerb nach unten aufhört, und so weiter und so fort.

Ein Letztes: Machen Sie sich das einmal aus zwischen Blau und Orange, denn das geht ja immer hin und her! Aber eine Volksabstimmung über die Rettung der Hypo


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Alpe-Adria wäre nicht so schlecht gewesen, vor dem Hintergrund, dass Kärnten stärker verschuldet ist als Griechenland. Irgendwer hat das zu verantworten! Sicher nicht diese Herren hier, sicher nicht wir ... (Abg. Petzner: Das ist ein Blödsinn! So ein Blödsinn!)

Na selbstverständlich ist das wahr! Dort müssen Sie einmal nachschauen, denn es ist doch nicht einzusehen, dass die Österreicher das Ganze jetzt ausbaden müssen, was Sie dort verantwortet haben. Vielleicht machen wir im U-Ausschuss eine Gegen­über­stellung von Blau und Orange. Aber Sie sind nicht die Anwälte der Bevölkerung, als die Sie sich hier dauernd ausgeben! (Beifall bei den Grünen.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


11.35.46

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich habe meinen Ohren nicht getraut, als Sie als Kanzler dieser Republik gesagt haben – und als solcher nehmen Sie ja immerhin an der Ratstagung teil –, dass bereits bei der Einführung des Euro klar war, dass alle Euroländer füreinander haften. (Bundeskanzler Faymann: In gewisser Weise!) – Was heißt „in gewisser Weise“! Fangen Sie nicht an, Ihre Aussage zu relativieren! Sie haben es gesagt!

Ich lese Ihnen den Artikel 125 des Lissabon-Vertrages vor. No-Bail-Out-Klausel heißt dieser Artikel. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Faymann.) Ich lese es Ihnen vor. Der Zuseher soll wissen, was er von seinem Kanzler zu halten hat. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

„Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften (...) und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; (...)“

Und, Herr Bundeskanzler, das gilt auch zwischen den einzelnen Mitgliedsländern.

Ist das jetzt angekommen? (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Faymann.) Wieso können Sie dann so einen Satz von sich geben?

Sie, Herr Bundeskanzler, haben nun einmal eine Volksabstimmung versprochen. Allerdings hat damals ein prominenter Chefredakteur noch gelebt. Und nun werden Sie daran erinnert, das ist legitim.

Faymann: brieflich versprochen – Faymann: regierungsamtlich gebrochen! Das ist das Fazit. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber, meine Damen und Herren, selbst wenn Sie Ihre eigenen Versprechen halten würden, würden wir gar nichts retten. Entscheidend ist, was Sie auf europäischer Ebene tun, Sie und Ihr Bankenminister Pröll, der heute hier nicht anwesend ist.

Wo sind die Regulative der Finanzmärkte? – Vor zwei Tagen haben wir dieses Paket (der Redner hält einen Stoß Papier in die Höhe) – ich habe es mitgebracht, ich bin der Überzeugung, ich bin einer der wenigen, die es überhaupt gelesen haben – im EU-Unterausschuss zur Behandlung gehabt. Wenige Mitglieder des Hohen Hauses waren bei dieser Debatte anwesend. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Faymann.) – Bitte? Der Herr Staatssekretär war dabei, vielleicht kann er Sie aufklären, Ihr Alter Ego, Ihr Vikar.

Dieses Paket, meine Damen und Herren, sieht mit keinem einzigen Satz irgendein Regulativ für die Finanzmärkte vor, sieht mit keinem einzigen Satz eine Aufsicht vor, wie sie der Kollege Cap eingemahnt hat! – Wo ist das bitte, Herr Kollege Cap? Wo ist


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das? Fragen Sie den Herrn Staatssekretär! Vielleicht finden Sie es selber. Ich gebe es Ihnen, ich stelle es Ihnen zur Verfügung.

Dieses Paket sieht mit keinem einzigen Satz ein Regulativ für Spekulanten vor! (Staatssekretär Mag. Schieder: Nur mehr Show hier, oder was?) – Das ist keine „Show“, sondern das ist Tatsache! (Staatssekretär Mag. Schieder: Na ja!) Da sitzt ein Staatssekretär der Roten, der glaubt, das ist eine Show! Der hat das auch alles nicht gelesen, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Staatssekretär Mag. Schieder: O ja!)

Meine Damen und Herren an den Bildschirmen, damit Sie wissen, von wem Sie in Europa vertreten werden: von Leuten, die nicht einmal wissen, was in den Papieren steht, von Leuten, die Vertragsinhalte behaupten, die es überhaupt nicht gibt! – Da wundern Sie sich noch, meine Damen und Herren, dass Ihr Geld da draußen verprasst wird?! Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn das Ihre Regierungsvertreter sind!

Keine einzige Silbe steht in diesem ganzen Konvolut von einer Transaktionssteuer, Herr Kollege Cap! Keine einzige Silbe! Sie haben das versprochen, Sie haben gesagt, Sie werden das einführen. Keine einzige Silbe davon, wie man Banken, Spekulanten eine Kette anlegt, wie man sie kontrolliert, wie man sie beaufsichtigt. Keine einzige Silbe!

Wissen Sie, was drinnen steht? Wissen Sie das, Herr Finanzstaatssekretär? Wissen Sie das? – Nein, Sie wissen es nicht! (Staatssekretär Mag. Schieder: O ja!) Wissen Sie, was drinnen steht? – Eine Strafsteuer für Länder, die ohnehin schon finanziell notleidend sind. 0,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes soll in Zukunft als Strafsteuer bezahlt werden, wenn man die Budgetdisziplin nicht einhält.

Der Herr Bundeskanzler außer Dienst Schüssel hat ein Beispiel für die Nichteinhaltung der Budgetdisziplin gebracht. Wissen Sie, was er gesagt hat? Wenn man etwa die längst fällige Anhebung des Pensionsalters nicht durchführt. – Aha, das heißt, man putzt sich dann an der Europäischen Union ab und sagt, diese droht mit einer Straf­steuer, wenn die längst fällige Anhebung des Pensionsalters der Bevölkerung nicht erfolgt.

Was ist das Fazit? – Banken und Spekulanten verjubeln Milliarden. Andere bereichern sich daran. Dann gehen Banken her und holen sich bei den Staaten, das heißt beim Steuerzahler, Millionenhaftungen, Haftungen im Ausmaß von Hunderten Millionen, und dann gehen dieselben Banken her und greifen bei der nächsten Währungskrise – das hat Kollege Cap nämlich wirklich gemeint mit der Verarmung des amerikanischen Mittelstandes – auf die Pfandrechte und Hypotheken zu, die sie bei den kleinen Leuten in den Grundbüchern haben.

Was werden Sie unternehmen, Herr Bundeskanzler, um die kleinen Leute vor diesen Banken und vor diesen Spekulanten, die sich nur links und rechts bereichern, zu schützen? Welches Mittel haben Sie dagegen parat, dass derzeit die Volksrepublik China tatsächlich wertlose Staatsanleihen der Portugiesen, Spanier und Griechen gegen potenziell wertlose Dollar kauft, womit die nächste Währungskrise verschärft vorprogrammiert ist? Was haben Sie dagegen parat, Herr Staatssekretär? (Abg. Mag. Stefan: Nichts!) Schweigen im Walde  nichts!

Darüber haben Sie noch nicht einmal nachgedacht! (Staatssekretär Mag. Schieder: O ja!) – Na dann stehen Sie doch bitte auf, gescheiter Herr Staatssekretär, und referieren Sie doch der österreichischen Bevölkerung endlich einmal, was Sie vorhaben! (Beifall beim BZÖ.) Nichts haben Sie in der Tasche! Alles, was Sie bisher versprochen haben, ist jedenfalls mit keiner einzigen Silben in diesem Konvolut erwähnt – mit keiner


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einzigen Silbe! Ich stelle es Ihnen zur Verfügung. (Der Redner hält Staatssekretär Mag. Schieder das genannte Schriftstück entgegen.)

Sie haben Redezeit in rauen Mengen. Stehen Sie auf und zeigen Sie uns „Nacker­patzerln“, was diesbezüglich drinnen steht, wenn Sie es finden! Es ist nichts davon drinnen, meine Damen und Herren.

Von der Österreichischen Volkspartei will ich erst gar nicht reden. Die Arroganz, mit der Frau Kollegin Plassnik hier mit einem gouvernantenhaften Unterton gesagt hat, die Bevölkerung könne man gar nicht abstimmen lassen, die Bevölkerung verstehe das nicht, das sei eh alles in Ordnung, hat nur erneut Ihre wahre Haltung gezeigt (Abg. Kößl: Das ist ja eine bodenlose Unterstellung! Nimm dich ein bisschen zurück!): Kein Redner der Österreichischen Volkspartei hat heute einen kritischen Satz zu einer Bank verloren. Es muss immer der Steuerzahler zahlen und nicht die Banken. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

11.41.45Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 7326/J bis 7420/J;

Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 54/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 6673/AB bis 6873/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2010) (1045 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird (1054 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über bestimmte Aspekte der grenzüber­schreitenden Mediation in Zivil- und Handelssachen in der Europäischen Union erlas­sen sowie die Zivilprozessordnung, das IPR-Gesetz und das Suchtmittelgesetz geän­dert werden (1055 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 69 betreffend „Für den Vollausbau der S 36 Murtal-Schnellstraße“, überreicht vom Abgeordneten Fritz Grillitsch,


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Petition Nr. 70 betreffend „Vergabe der Digitalen Dividende zur besseren Versorgung des Ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Hermann Gahr, Mag. Josef Lettenbichler und Franz Hörl;

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerini­tia­ti­ven an andere Ausschüsse:

Verkehrsausschuss:

Petition Nr. 65 betreffend „Einführung der Rettungsgasse auf Autobahnen“, überreicht vom Abgeordneten Johann Rädler;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2008 und 2009 (III-189 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2010/14 (III-196 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2011/1 (III-205 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie:

Endbericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über einen möglichen Beitritt Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ aufgrund der Ent­schließung des Nationalrates vom 18. November 2009, E 55-NR/XXIV. GP (III-202 d.B.);

Justizausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Jahr 2009 (III-206 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2009, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-203 d.B.),

Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2009, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-204 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2008, vorgelegt von der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung (III-199 d.B.),

Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2009, vorgelegt von der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung (III-200 d.B.),

Bericht des Fachhochschulrates 2009 gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG, vorgelegt von der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung (III-201 d.B.).

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters teile ich mit, dass der Siebente Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.


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Ankündigung von Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungs­aus­schuss zur näheren Untersuchung der Rolle und Verwicklung des ehemaligen Finanz­ministers Mag. Karl-Heinz Grasser in der beziehungsweise die BUWOG-Affäre einzusetzen.

Es liegt das Verlangen von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäfts­ordnung vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Debatte und Abstimmung finden gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung nach Erle­digung der Tagesordnung statt.

*****

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Unter­suchung unzulässiger Einflussnahmen im Bereich des Finanzministeriums einzu­set­zen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Debatte und Abstimmung finden ebenfalls nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der Klub der Freiheitlichen Partei hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tages­ordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 7421/J der Abgeordneten Strache, Kolle­gin­nen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die geplante Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1290/A der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Volksbefragung gemäß Artikel 49b B-VG über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder den Ersatz durch ein Freiwilligenheer eine Frist bis zum 28. Februar zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.


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Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Fritz Neugebauer: Um die Punkte 20 bis 23 der Tagesordnung in Verhand­lung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzusehen.

Bei Punkt 20 handelt es sich um den Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1354/A(E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Dr. Gabriela Moser, Mag. Roman Haider, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend europa­weite Harmonisierung der Hotelsterne-Klassifizierungssysteme in 1058 der Beilagen.

Bei den Punkten 21 und 22 handelt es sich um Berichte des Ausschusses für Men­schenrechte über die Anträge 1074/A/(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend BStU-Akteneinsicht und 1119/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolf­gang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma in 1059 und 1060 der Beilagen.

Bei Punkt 23 handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 120/10 b) um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner, 1057 der Beilagen. (Abg. Dr. Rasinger: Wieder einmal!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 6 bis 8, 10 bis 12 sowie 14 bis 18 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 112 Minuten, FPÖ 100 Minuten, Grüne 88 Minuten sowie BZÖ 84 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehübertragung durch den ORF im Anschluss an die Aktuelle Europastunde bis 13 Uhr wurde folgende Redeordnung vereinbart: eine Rednerrunde mit je 6 Minuten, ein Regierungsmitglied der SPÖ mit 5 Minuten, eine Rednerrunde mit je 5 Minuten, sind insgesamt 60 Minuten. Der Aufruf der Redner erfolgt in der ersten Runde in der Reihenfolge Grüne, SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ und in der zweiten Runde nach Fraktionsstärke.

Der vorsitzführende Präsident verteilt vor Beginn der letzten Rednerrunde die verblei­bende Zeit in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Allfällige tatsächliche Berichtigungen werden erst nach der Fernsehzeit aufgerufen.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit der Abgeordneten ohne Klub­zugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten. Wenn Sie mit diesem Vorschlag einverstanden sind, bitte ich Sie um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.47.461. Punkt

Wahl einer Schriftführerin/eines Schriftführers

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund des Ausscheidens von Abgeordneter Marianne Hagenhofer aus dem Nationalrat ist die Wahl einer Schriftführerin vorzunehmen.

Der Vorschlag der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion für die zu wählende Schriftführerin lautet auf Frau Abgeordnete Gabriele Binder-Maier.

Da nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 87 Abs. 7 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Wahl.

Ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordneten, die sich für den Vorschlag, Frau Abgeordnete Gabriele Binder-Maier zur Schriftführerin zu wählen, aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt. (Abg. Binder-Maier: Ja!) – Danke. Damit ist auch dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

11.48.482. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 935/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (1051 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 928/A(E) der Abge­ord­neten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kinderrechte in die Verfassung (1052 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zu den Punkten 2 und 3 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler auf Staatssekretär Dr. Ostermayer und Staats­sekre­tärin Mag. Remler weisend : Jetzt sieht man, wie wichtig der Regierung die Kinder­rechte sind! Zwei arbeitslose Staatssekretäre!)

*****

 


11.49.27

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir haben heute eine sehr wichtige Vorlage des Verfassungsausschusses auf der


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Tagesordnung. Seit vielen Monaten ist um eine Einigung gerungen worden. Vor allem die Regierungsparteien haben auch auf einen raschen Abschluss gedrängt.

Wir hätten uns erwartet, dass heute der Herr Bundeskanzler – er war ja bis vor Kurzem im Haus – als Zuständiger für den Verfassungsausschuss und der Familienminister, der für diese Materie sachlich zuständig ist, anwesend sind.

Ich halte es angesichts der Wichtigkeit dieser Materie für unzulässig und für eine Geringschätzung, dass zwei Staatssekretäre die zuständigen Minister vertreten. (Abg. Ing. Westenthaler: Zwei Ahnungslose!)

Ich stelle den Antrag, den Bundeskanzler und den Familienminister hier herzuzitieren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung SPÖ und ÖVP –: So viel sind euch die Kinderrechte wert! Super!)

11.50


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


11.50.25

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem: Meine Damen und Herren vom BZÖ! Sie kennen die Geschäftsordnung (die Abgeordneten Mag. Stadler und Ing. Westen­thaler: Eben!), und Sie wissen, dass es selbstverständlich der Geschäftsordnung und den Usancen entspricht, dass Staatssekretäre die Regierungsmitglieder im Parlament vertreten können. (Abg. Ing. Westenthaler: Das hat keiner bestritten! Ruf bei der SPÖ: Das ist ihr Job!)

Herr Staatssekretär Ostermayer hat bereits im zuständigen Verfassungsausschuss zu dieser Gesetzesmaterie in sehr profunder Art und Weise Stellung genommen, diese Materie sehr ausführlich dargelegt, auf die gestellten Fragen geantwortet, also man konnte sich bereits im Ausschuss ein Bild davon machen, dass er sich mit dieser Materie sehr eingehend befasst hat, und wir werden im Verlauf der Debatte feststellen können, dass die für Familienfragen zuständige Staatssekretärin, Frau Verena Remler, unsere Fragen ebenso beantworten kann und dazu sehr ausführlich Stellung nehmen wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Das müssen wir stark bezweifeln!)

Ich kann daher Ihr Vorpreschen oder Ihr Ansinnen in keinster Weise nachvollziehen, und jeder hier im Saal wird es wohl nur als eine sehr billige und unnötige Aktion gegen­über den beiden anwesenden Regierungsmitgliedern werten. (Hallo-Rufe beim BZÖ. Abg. Scheibner: Das sind keine Regierungsmitglieder! Es sind keine Regierungs­mitglieder! Soll er einmal die Geschäftsordnung lesen!)

Ich würde Sie dringend ersuchen, diese Usancen und auch die Geschäftsordnung zu respektieren und zu akzeptieren. Im Übrigen waren ja gerade Sie es, die vor nicht allzu langer Zeit die Frau Staatssekretärin auf der Regierungsbank sehen und von ihr eine Stellungnahme haben wollten. – Sie werden heute von ihr eine solche bekommen. (Beifall bei der ÖVP.  Oh-Rufe beim BZÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Oh, super! Das ist eine Gnade!)

11.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


11.52.38

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte ein­leitend sagen, dass ich froh darüber bin, dass wir diese parlamentarische Initiative


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heute zum Abschluss bringen können. Wir hoffen, dass es auch im Plenum eine ent­sprechende Mehrheit geben wird; im Ausschuss hatten wir sie.

Es geht dem ein sehr langer und intensiver Diskussionsprozess voran. Das ist für den Ausbau und die Absicherung der Kinderrechte ein ganz, ganz entscheidender Be­schluss. Sie werden in den Verfassungsrang gehoben, und das halte ich für ganz wichtig. Weil es so wichtig ist, waren der Herr Bundeskanzler und der Herr Familien­minister immer einbezogen und haben das über einen längeren Zeitraum selbstver­ständlich auch mitvollzogen und mitdiskutiert. Herr Staatssekretär Ostermayer hat sich, wie schon mein Vorredner Klubobmann Kopf gesagt hat, in einer äußerst kompetenten Weise an diesem Prozess beteiligt.

Ich möchte aber noch etwas Grundsätzliches sagen, und zwar, dass ich es nicht für in Ordnung empfinde, dass hier immer so die Geringschätzung der Funktion der Staatssekretäre mitschwingt. Das finde ich nicht in Ordnung! (Abg. Ing. Westenthaler: Ach so! Gerade der Herr Cap, der sich ... am meisten aufgeregt hat, sagt das! Das ist eine Heuchelei bis zum Gehtnichtmehr! Abg. Scheibner: Bei Blau-Schwarz und Blau-Orange haben Sie aber ...!)

Die Staatssekretäre sind Teil dieser Regierungsarbeit und leisten oft sehr viel an Regierungsarbeit, und das oft unbedankt. Ich finde, dass es rechtlich natürlich richtig und auch begründet ist, wenn sie diese Stellvertretung übernehmen. Ich glaube, dass es im Sinne des Respektes sowohl gegenüber uns hier im Parlament als auch gegen­über den Staatssekretären der Regierung total in Ordnung ist, dass das heute in dieser Form abläuft, verstehe diese Initiative, die Sie hier setzen, überhaupt nicht und bin der Meinung, dass das genau die richtige Zusammensetzung ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Ing. Westenthaler auf Staatssekretär Dr. Ostermayer und Staatssekretärin Mag. Remler weisend : Das Trachtenpärchen da vorne!)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


11.54.20

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Auch wenn es geschäftsordnungskonform ist, dass der Herr Staatssekretär und die Frau Staatssekretärin hier Vertretungen wahrnehmen, muss ich trotzdem sagen: So viele Verfassungsgesetze wurden in dieser Legislaturperiode noch nicht im Hohen Haus beschlossen. Es ist eine – unter Anführungszeichen – „große“ Verfassungsdiskussion gewesen, und es ist bemerkenswert, dass der Bundeskanzler, aber auch der Vizekanzler diese lange Diskussion um die Frage, wie die Situation von Kindern und Jugendlichen in Österreich verbessert werden kann, nicht auch persönlich wahrnehmen.

Das ist keine Geringschätzung Ihnen gegenüber, Frau Staatssekretärin und Herr Staatssekretär, aber es zeugt doch von einer Geringschätzung seitens der beiden vorher Genannten gegenüber den Rechten von Kindern und Jugendlichen in Öster­reich. – Das muss auch gesagt sein. Wir treten dem Antrag daher bei. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 



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11.55.03

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Der freiheitliche Parlamentsklub wird dem Antrag auf Zitierung der beiden zuständigen Minister ebenfalls beitreten, weil es letztlich einfach auch aufgrund des Respekts und auch der Verantwortung vonseiten der Minister notwendig wäre, dass sie dieser Debatte folgen.

Ich denke, dass mit ihrer Abwesenheit zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Gering­schätzung des Themas und auch der Verfassung gelebt wird, wie wir es leider Gottes auch in der jüngsten Vergangenheit erleben mussten, und zwar beim Verfassungs­bruch im Rahmen des Budgets.

Es geht sehr wohl um Wertschätzung gegenüber dem Parlament. Wir haben auch angeregt – diese Debatte könnten wir auch gerne führen , die beiden Staatssekre­tariate einzusparen. Man hätte das Amt nach dem Abgang einer ehemaligen Staats­sekretärin, die in Wien eine Wahl nicht gerade erfolgreich geschlagen hat, nicht nach­besetzen müssen. Jedenfalls geht es um Respekt gegenüber dem Parlament, um Respekt auch gegenüber der Verfassung und auch gegenüber dem Thema Kinder­rechte, das wir heute debattieren. Deshalb ist es notwendig, dass beide zuständigen Minister diesen Respekt und diese Verantwortung auch dem Parlament entgegen­bringen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung liegen nicht vor.

Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Scheibner, die beiden genannten Regierungsmitglieder herbeizuholen.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Rädler: Ein Sturm im Wasserglas! Abg. Ing. Westen­thaler: Der nächste Champagnerempfang wird vorbereitet! Abg. Grosz: Morgen ist der nächste Schampusempfang ...!)

*****

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.56.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Die UN-Kinderrechtskonvention ist ein unglaublicher Meilenstein in der Grundrechtsentwicklung, in der Grundrechtsdiskussion auf internationaler Ebene gewesen, ein sehr großes und auch sehr modernes Vertragswerk zum Schutz der Menschenrechte von Kindern und Jugendlichen und sicher ein Meilenstein in der Weiterentwicklung der gesamten Grundrechtediskussion.

Der Geist dieser Konvention – und das ist das Bemerkenswerte daran – ist eine völlige Fokusverschiebung weg von der Vorstellung von Kindern als Anhängsel hin zu der Vorstellung von Kindern und Jugendlichen als Trägerinnen und Träger von eigen­stän­digen Rechten – ein Vorzeichenwechsel also, der auch in Österreich dringend notwen­dig gewesen wäre. Es geht um 41 wohl ausgewogene, lang diskutierte Artikel und das ganz klare Ziel, die Situation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 86

Was ist nun der Geist der Verfassungsnovelle, der Novelle, die die Regierung ins Haus geschickt hat und die heute vermutlich auch beschlossen werden wird? – Es ist ein Kleingeist. Es ist das Ziel, es möge sich nichts ändern. Man nimmt das heraus, was man umzusetzen bereit ist, auf den Rest pfeift man, und man übernimmt nichts von diesem großen Vorhaben, in irgendeiner Form etwas Dynamisches, eine Weiterent­wicklung in die Situation der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Österreich zu bringen.

Durch dieses Blatt Papier, das Sie heute hier beschließen wollen, wird sich an der Situation von Kindern und Jugendlichen in Österreich nichts ändern – original nichts. Der ehemalige Nationalratspräsident Khol hat für solche Verfassungsbestimmungen einen sehr kritischen Ausdruck gefunden. Er hat so etwas „Verfassungsschotter“ genannt. Dass das auf den heute zu beschließenden Gesetzentwurf zutrifft, ist sehr schade, weil Sie damit eine riesige Chance verpassen, tatsächlich etwas zu verbes­sern.

Wenn Sie das heute so beschließen, dann zeigt das, dass Sie der Meinung sind, die Situation von Kindern und Jugendlichen in Österreich sei in Ordnung und es gebe da nichts zu verbessern. – Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Es gibt sehr wohl offene Fragen wie die Kindergesundheit, die Armutsgefährdung von Kindern und Jugend­lichen, die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen, die Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen, die keinen österreichischen Reisepass haben. Auch der Schutz vor Gewalt ist in Österreich nach wie vor von der Postleitzahl beziehungsweise von regionalen Ressourcen im Jugendamt abhängig. – Das ist nicht der Geist der UN-Kinderrechtskonvention!

Sie wollen in diesen Bereichen nichts verbessern, und genau die Bereiche, die große Probleme enthalten, wie die genannten Themen – Kindergesundheit, Armutsgefähr­dung, Recht auf Bildung –, haben Sie jetzt bei der Umsetzung ausgespart.

Ich möchte noch einmal im Einzelnen belegen, wo der Verbesserungsbedarf besteht.

Bei den Gesundheitsdaten von Kindern und Jugendlichen – das ist mittlerweile inter­national belegt, und zwar im UNICEF-Bericht aus dem Jahr 2010 – liegt Österreich an letzter Stelle aller EU-Länder – an letzter Stelle! Bei uns zahlt man einen Spitals­kostenbeitrag, wenn man als Familie das Unglück hat, dass ein Kind für längere Zeit ins Spital muss, bei uns warten chronisch kranke Kinder, vor allem psychisch kranke Kinder mit psychosozialen Problemen, mit chronischen und Lebensstil-Erkrankungen, sehr lange auf eine angemessene Behandlung.

In Österreich sind 260 000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren armutsgefährdet; viele leben auch in manifester Armut. Das heißt, beim Kindergartenausflug oder beim Skiausflug sind dann die Kinder krank, oder sie können Freundinnen und Freunde nicht nach Hause einladen, weil man sich das nicht leisten kann.

Bei uns werden Minderjährige in Gefängnisse gesteckt, das bedeutet Schubhaft; das ist in Österreich bis zu zehn Monate lang möglich. Bei uns können 16-Jährige, auch wenn sie schon sehr lange hier in Österreich leben, abgeschoben werden und von ihren Eltern und ihrer Familie getrennt werden. Bei uns haben jugendliche Asylwerber keine Möglichkeit, eine Lehre zu machen. Höhere Schulen sind ihnen verschlossen, höhere Schulen müssen asylsuchende Jugendliche nicht aufnehmen.

Und wir haben nach wie vor die Situation in der Jugendwohlfahrt, dass es in einem Bundesland ein Krisenzentrum gibt, in einem anderen Bundesland keines. Der Schutz vor Gewalt ist ausschließlich davon abhängig, ob beim Jugendamt personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen, um zu intervenieren und um Menschen in Krisen zu helfen. Das ist eine höchst unbefriedigende Situation.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 87

Sie hätten jetzt mit einer offensiven, mit einer mutigen und dynamischen Umsetzung dieser Kinderrechtskonvention die Chance gehabt, in all diesen Bereichen etwas zu verbessern. Sie nehmen diese Chance nicht wahr. Das ist sehr schade. Und das ist vor allem auch ein Schlag ins Gesicht einer sehr großen Bürgerinitiative; 120 000 Men­schen haben vor wenigen Wochen in der Säulenhalle im Hohen Haus eine Petition eingereicht, eine Petition abgegeben, in der sie sich ganz klar deklariert und gesagt haben: Wir wollen nicht, dass in Österreich Kinder ins Gefängnis kommen.

Die Umsetzung hier ist jedoch ein Schlag ins Gesicht dieser 120 000 Menschen, die sich deklariert haben und die von der Politik verlangen, dass es für Jugendliche und Kinder in Österreich etwas anderes gibt als Gefängnis. (Beifall bei den Grünen.)

Die Argumente, die Sie jetzt bringen, um für Ihre Umsetzung der Kinderrechts­kon­vention zu werben ... (Abg. Dr. Wittmann: Sehr unseriöse Argumentation!) – Kollege Wittmann sagt, das ist sehr unseriös. Ich glaube, wenn Sie diese 120 000 Menschen fragen würden (Abg. Dr. Wittmann: Sehr unseriös!), was sie von Ihrem Abstim­mungs­verhalten heute halten, dann würden Sie von ihnen hören, dass sie sehr, sehr enttäuscht sind, insbesondere von der SPÖ. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Wittmann: Das Argument ist sehr unseriös!)

Gerade von Ihnen sind die Signale gekommen, dass Sie das auch nicht mehr wollen. Sie wollen auch nicht, dass Kinder und Jugendliche in Schubhaft genommen werden, und Sie hätten hier eine Chance, das zu ändern.

Ihre Argumente sind immer dieselben, Sie sagen: In Österreich ist eh alles super, wir haben ja ohnehin schon alles umgesetzt. – Ich frage: Wozu braucht man dann überhaupt Grundrechte, wenn man eh schon alles umgesetzt hat? Und was hindert Sie dann daran, einfach den gesamten Katalog der Kinderrechtskonvention in die Verfassung aufzunehmen? Sie werden es mir gleich erklären.

Warum stellen Sie diese mickrigen fünf Artikel, sechs Artikel trotzdem noch unter einen Gesetzesvorbehalt? Das heißt, jedes einfache Gesetz kann dieses große Versprechen in der Verfassung aushebeln, vor allem die Fremdenrechte. Sie wissen, woher das kommt, das war Frau Kollegin Fekter, die unbedingt diesen Gesetzesvorbehalt haben wollte. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Gerade die Problembereiche, die wir im Österreich-Konvent eigentlich gelöst haben – Recht auf Bildung, Recht auf Gesundheit, Recht auf angemessenen Lebensstandard und Existenzminimum, all das hatten wir in eine Grundrechtsform gegossen, allerdings nicht beschlossen (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen) – all das klammern Sie jetzt aus. Und das ist eine Schande, dass diese Konvention hier in dieser Unrechtsform im Verfassungsrang so beschlossen wird. (Beifall bei den Grünen.)

12.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


12.03.17

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Am 20. November vor 22 Jahren wurde in der Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Kinderrechts­kon­vention beschlossen. Österreich hat sie 1990 unterschrieben, der Nationalrat sechs Monate darauf das Übereinkommen genehmigt, am 5. September 1992 trat es dann mit Erfüllungsvorbehalt formal in Kraft. Österreich war somit einer von 182 Staaten der Erde, der diese Kinderrechtskonvention ratifiziert hatte – außer Amerika und Somalia.

Dennoch war die Situation unbefriedigend – und das ist ja auch der Grund dafür, warum wir laufend darüber diskutieren. Die UN-Kinderrechtskonvention war zwar


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 88

Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung, sie ist jedoch nicht unmittelbar anwendbar. Behörden und Gerichte können sich in ihren Entscheidungen nicht unmittelbar auf die Kinderrechtskonvention beziehen. Wenn wir jetzt diesen Entwurf umsetzen, dann ist das der erste Schritt in die richtige Richtung.

Ich möchte natürlich auch auf die Kritikpunkte eingehen. Wenn Sie sagen, dass hier Artikel herausgenommen wurden, die irgendwie unwillkürlich waren (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein, nicht unwillkürlich! Willkürlich!), dann komme ich noch einmal darauf zurück; Sie haben es selbst auch in Ihrer Argumentation gesagt: Damals, als der Grundrechtekatalog im Rahmen des Österreich-Konvents gemacht wurde, gab es eine überparteiliche einheitliche Meinung ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich war dabei, Sie nicht! Ich weiß, wie es war!) – Da waren Sie dabei, da haben auch Sie mitgestimmt.

Es gab diese einhellige Meinung. Richtig ist, dass dieser Grundrechtekatalog nie umgesetzt wurde. Und dadurch ist auch dieser Teil der Kinderrechte nie umgesetzt worden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Recht auf Bildung, Recht auf Gesundheit – wo ist das?)

Im Jahr 2009 ist ein erneuter Anlauf gestartet worden, wobei es aber durch die Oppositionsblockade zu keiner Zweidrittelmehrheit gekommen ist. Daher sind wir heute so weit – nach zahlreichen Verhandlungen, nach zahlreichen Runden mit ExpertInnen, die auch im Verfassungsausschuss zu Gast waren, nach vielen, vielen Gesprächen. Der jetzt vorliegende Antrag wurde im Ausschuss auch mehrheitlich befürwortet. Der Antrag sieht positiv einklagbare Rechte vor, die in einer westlichen Demokratie heute eine Bedeutung haben.

Wenn Sie noch einmal behaupten, dass die gesamte UN-Kinderrechtskonvention nicht erfasst wird, dann kann ich Ihnen das am Beispiel der Bildung, das Sie selbst genannt haben, kurz zeigen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Im Österreich-Konvent war ein Recht auf Bildung vorgesehen! Das wissen Sie!) In der UN-Kinderrechtskonvention steht im Artikel 28:

Die Vertragsstaaten werden ersucht, das Recht auf Bildung anzuerkennen.

Weiters ist dort ausformuliert:

Der Besuch der Grundschule soll für alle unentgeltlich zur Pflicht stehen.

Sie sollten wissen, Frau Dr. Glawischnig, dass wir in unserer Bundesverfassung im Art. 14 Abs. 7a die Schulpflicht mit neun Jahren stehen haben. Sie sollten wissen, dass wir in der Bundesverfassung im Art. 14 Abs. 5a stehen haben, dass, egal, welcher Herkunft, in welcher sozialen Lage und aus welchem sozialen Hintergrund, das bestmögliche Bildungsniveau für Kinder gewährleistet sein soll.

Auch der Verfassungsexperte Professor Funk, der damals aktiv mitgearbeitet hat, hat in einem Interview selbst gesagt, dass es im Zuge dieser Entwicklung Änderungen gegeben hat. Bei uns sind das Garantien, die ohnehin in der Rechtsordnung enthalten sind, im Arbeitsrecht, im Familienrecht, im Religionsrecht und im Schulrecht. Also: Die Konvention bringt hier kaum etwas, was man nicht damit bewältigen könnte, dass es in einzelne gesetzliche Regelungen gegossen wird. – So Professor Funk, der damals an diesem Entwurf mitgearbeitet hat. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Zitieren Sie ihn richtig!)

Dann kritisieren Sie natürlich immer wieder den Art. 7, den Gesetzesvorbehalt. Dieser ist genau nachformuliert in Artikel 8 (2) EMRK. Da gibt es bereits eine ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das Wohl ... Kinder! Das gibt es in der ganzen MRK


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 89

nicht!) – Der ist geltendes Recht – oder wollen Sie das abstreiten? Und wenn er geltendes Recht ist, gibt es diesbezüglich eine moderne Judikatur.

Heute sagt in der „Kleinen Zeitung“ ein renommierter Verfassungsrechtler, Heinz Mayer, Folgendes:

„Der Verfassungsrechtler Mayer kann allerdings den Protest über den Gesetzes­vorbehalt nicht verstehen. ,Ein Kind, das zu Recht mit seinen Eltern abgeschoben wird, kann nicht sagen: Ich habe wegen der Kinderrechtskonvention ein Recht, in Österreich zu bleiben. Das würde auch dann nicht möglich sein, wenn man auf den Geset­zesvorbehalt verzichtet hätte.‘‘‘ (Abg. Windbüchler-Souschill: ... Kinder abschieben!)

Denn das steht auch nicht in der Kinderrechtskonvention. Das ist immer das, was Sie gerne hineininterpretieren würden.

Wir wollen positive Rechte, wir wollen die positiven Rechte im Speziellen auch für behinderte Kinder. Wir wollen diese positiven Rechte, damit es auch zu einer Gleich­stellung der behinderten Kinder kommt. Wichtig ist die Partizipation und die Mitbestim­mung, die jetzt zwar gute Beispiele sind, aber dann zur Regel werden sollen. Das sind ganz einfach Dinge, die zu einer guten und gemeinsamen Demokratie beitragen.

Und wenn Partizipation für Jugendliche Engagement, Kompetenz, Selbstbewusstsein und ihre Autonomie fördert, dann sind das die Voraussetzungen, die wir uns als SPÖ in einer lebendigen Demokratie vorstellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


12.09.02

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es herrscht wohl Konsens darüber in diesem Haus und weit darüber hinaus, dass eine Gesellschaft daran gemessen wird, wie sie mit den Schwächsten umgeht, und die Kinder gehören dazu. Es ist daher unsere selbst­verständliche Pflicht, dass wir alles tun, um Schutz und Sicherheit für die Kinder zu gewährleisten. Das hat lange Tradition in Österreich, nicht erst mit der heutigen Debatte. Österreich hat seit vielen Jahren eine klare Rechtsordnung, sowohl auf verfassungsrechtlicher als auch auf einfachgesetzlicher Ebene, die den Kindern, dem wertvollsten Gut für die Zukunft, meine Damen und Herren, Schutz und Sicherheit bietet.

Ich danke daher auch ganz bewusst allen, die an dieser Diskussion der letzten Monate und Jahre teilgenommen haben – eine gute Diskussion auch dann, wenn eine kritische Auseinandersetzung geführt wird, das gehört dazu in der Demokratie. Ich danke deshalb, weil die Frage der Kinderrechte, der Rechte dieser Zukunftshoffnung des Landes damit wieder stärker in den Mittelpunkt und stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt ist. Das ist gut so.

Meine Damen und Herren, dieser Konsens ermöglicht es uns auch heute, dass wir auf breiter Basis die Verfassung ändern und ein eigenes Bundesverfassungsgesetz zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention schaffen. Ich danke ausdrücklich für diesen breiten Konsens – auch den Oppositionsparteien, die diesen Weg mitgehen. Das ist ein guter Weg für Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Kollegin Glawischnig, wir sind auch denen, die sich an dieser Diskussion beteiligt haben, eine Antwort schuldig – das stimmt –, warum wir diesen Weg gewählt haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 90

Ich erwarte diese Fairness in der Auseinandersetzung auch von Ihnen. Sie erwarten das von uns zu Recht; ich auch von Ihnen. Manches, was Sie gesagt haben, stimmt einfach nicht.

Fragen wir einmal: Was würde es bedeuten, wenn wir wirklich tel quel, wortwörtlich alles von der UN-Kinderrechtskonvention umgesetzt hätten? Meine Damen und Her­ren, das müssen Sie wissen! – Es hätte beispielsweise bedeutet, dass wir im Artikel 20 Abs. 3 der UN-Kinderrechtskonvention einen Verweis auf islamisches Recht haben.

Ich, wir wollen das nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist jetzt polemisch!)

Die österreichische Rechtsordnung gilt und keine andere, meine Damen und Herren! Hätten wir das wortwörtlich umgesetzt – ich lese Ihnen das vor, Frau Kollegin Glawischnig, damit das auch alle wissen –, dann wäre beispielsweise der Artikel 38 der UN-Kinderrechtskonvention österreichisches Verfassungsrecht. Wissen Sie, was da drinnen steht? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Schutz vor bewaffneten ...!) – Da steht drinnen, dass es möglich wäre, dass Kinder ab 15 zu militärischen Einsätzen einberufen werden könnten.

Wollen Sie das? – Wir wollen das nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, dieses Signal ist daher fatal, dass Sie wider besseres Wissen – Sie sind Juristin (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist eine absolut un­seriöse Diskussion! Sie reden von Fairness? Das ist ja das Letzte!) – hier einfach völlig falsche Informationen geben.

Meine Damen und Herren! Was würde es bedeuten, wenn wir etwa das Thema Wasser ansprechen? – In Österreich haben wir ja eine ganz lange und klare Tradition: sauberes Wasser für alle. Würden wir die UN-Kinderrechtskonvention eins zu eins anwenden, dann würden wir ein Signal setzen, das diese Selbstverständlichkeit Öster­reichs in Frage stellt.

Wir wollen das nicht.

Wenn Sie beispielsweise sagen, wir hätten beim Recht auf Bildung nicht das Niveau der UN-Kinderrechtskonvention, dann muss ich Ihnen sagen, Sie reden wider besseres Wissen. Warum? – Weil wir seit 1964 in der österreichischen Verfassung das Recht auf Bildung haben und sogar über die UN-Kinderrechtskonvention, meine Damen und Herren, die Pflicht zur Bildung haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... im Grund­rechtekatalog vorgesehen! Ahnungslos!) Würden wir daher die UN-Kinderrechts­konvention umsetzen, würden wir das Sicherheits- und Schutzniveau in Österreich im Bildungsbereich senken.

Wollen Sie das? – Wir nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: So ein Quatsch!)

Auch was den Gesetzesvorbehalt betrifft – Frau Kollegin Lueger hat schon darauf hingewiesen –: Der Gesetzesvorbehalt ist eine ganz selbstverständliche Sache der Rechtsordnung, die übrigens auch die UN-Kinderrechtskonvention selbst kennt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Seien Sie ein bisschen seriöser! Herr Kollege Molterer! Sie sind so unseriös!)

Frau Kollegin Glawischnig! Artikel 13 und Artikel 14 – in beiden ist die UN-Kinder­rechtskonvention mit einem Gesetzesvorbehalt ausgestattet. Das, was wir machen, ist ausschließlich, eins zu eins nachzuvollziehen, was die Europäische Menschenrechts­konvention kennt. Der Gesetzesvorbehalt ist daher etwas ganz Selbstverständliches.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 91

(Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist so was von unfair, was Sie hier machen! Unseriös und unfair gegenüber allen, die mitgearbeitet haben!)

Frau Kollegin Glawischnig, lesen Sie die gestrige Ausgabe der „Kleinen Zeitung“, in der Professor Grabenwarter sagt:

„Alle 45 Kinderrechte der UN-Konvention in die Verfassung aufzunehmen, hätte allerdings geheißen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Viele Artikel passen ein­fach nicht für Österreich oder sind anderswo in (Verfassungs)Gesetzen verankert. Auch die Möglichkeit, Kinderrechte in bestimmten Fällen durch Gesetze angemessen einzuschränken, ist kein Sündenfall, sondern Normalität bei (fast) allen Grundrechten – auch in der EU.“

Weiters heißt es dort:

„Insgesamt handelt es sich um einen positiven Schritt der Verfassungsreform.“ – Pro­fessor Grabenwarter.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Deswegen stimmen wir mit gutem Gewissen diesem Schritt zu. Es ist ein weitreichender, ein richtiger Schritt.

Meine Damen und Herren, aber – letzter Satz –: Die Rechtsordnung ist das eine, wir verbessern sie heute im Sinne des Schutzes und der Sicherheit für die Kinder. Das praktische Leben ist das Zweite. Was ich mit dieser Diskussion will, ist, auch einen Anstoß zu geben, dass wir diese öffentliche Diskussion fortsetzen.

Ein klares Signal: Wir wollen eine kinderfreundliche Gesellschaft. Wir wollen eine Gesellschaft, die ja zu Kindern sagt, denn nur eine Gesellschaft, die ja zu Kindern sagt, sagt ja zu ihrer eigenen Zukunft. Ich danke für diesen breiten Konsens. Es ist ein guter Schritt für Österreich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

12.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


12.15.46

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir verankern heute die Kinderrechte in der Verfassung, und wir, die FPÖ, machen dabei mit, weil es Sinn macht. Allerdings: Wenn ich mir die Wirklichkeit anschaue und vor allem wie in Österreich mit Verfassungsrecht umgegangen wird, lässt dies nichts besonders Po­sitives erahnen. Wir erinnern uns daran, dass etwa die Lenkererhebung oder die Sozialpartner, die Kammern in den Verfassungsrang gehoben wurden. Man sieht hier, wie missbräuchlich damit umgegangen wird. Also der heutige Schritt ist insofern auch daran zu messen, dass zu befürchten ist, dass daraus nichts Besonderes erwirkt.

Zweitens: Die politische Realität sagt ganz etwas anderes, als dass jetzt plötzlich die Familie und die Kinder in den Mittelpunkt gestellt werden. Erst vor ganz kurzer Zeit haben wir ein Budget beschlossen – wir haben es nicht mit beschlossen, Sie haben es als Regierungsparteien beschlossen –, in dem in erster Linie die Familien belastet wurden, in dem 480 Millionen € zu Lasten der Familien eingespart wurden. Dann stel­len wir uns hier her und verankern heute die Kinder und damit auch die Familien indirekt in der Verfassung und tun so, als würden wir plötzlich das in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Möglicherweise ist dieses Budget ja sogar verfassungswidrig. Wir werden sehen. Wir bekämpfen es auch, weil gerade da in verfassungswidriger Art und Weise eingegriffen wurde und Familienleistungen eben in einer Art und Weise gekürzt wurden, wie es dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Wir werden also sehen, ob nicht sogar das Budget


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 92

gerade in diesem Punkt verfassungswidrig ist. Heute heben wir die Kinderrechte in die Verfassung.

Weiters ist in der Realität festzustellen, dass die Mängel beim Schutz der Kinder, wie es gerade erst wieder gesagt wurde, leider tatsächlich in Österreich noch immer sehr groß sind, wie leider in einem sehr tragischen Fall, bei dem Mord des Dreijährigen in Vorarlberg, festgestellt werden musste.

Weitere Realität ist, dass die Seele der Kinder leider oft am Altar von Pflegschafts­ver­fahren geopfert wird, weil Kinder nicht die Möglichkeit haben, wirklich mit beiden Eltern­teilen Kontakt zu haben, und weil sehr viele Kinder – Zigtausende in Österreich – dauerhaft von einem Elternteil getrennt sind. Das ist die Realität. (Beifall bei der FPÖ.)

Was aber kann jetzt die Verankerung der Kinderrechte bringen? – Erstens ist positiv zu vermerken, dass hier ausdrücklich festgehalten ist, dass Kinder eine persönliche Beziehung und direkten Kontakt zu beiden Elternteilen haben sollen. Also das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Außerdem sind Kinder auch in der ihnen angemes­senen Art und Weise nach ihrer Meinung zu fragen. Das sind zwei ganz wesentliche Punkte, die jetzt im Verfassungsrang stehen, woraus abzuleiten und zu hoffen ist, dass das auch in einfachgesetzlichen Maßnahmen umgesetzt wird und eben etwa dazu führt, dass wir in Österreich eine gemeinsame Obsorge verpflichtend einführen, damit gewährleistet ist, dass Kinder mit beiden Elternteilen Kontakt pflegen können. Alles andere wäre eine Inkaufnahme einer seelischen Schädigung dieser Kinder.

Ein weiterer Punkt ist: Dank der Initiative der FPÖ ist auch festgehalten worden, dass das familiäre Umfeld die natürliche Umgebung für das Wachsen und Gedeihen der Kinder ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Man muss sich vor Augen halten, dass es ausdrücklich notwendig war, dass wir hier Druck ausüben, da es offenbar dem gesellschaftspolitischen Modell der Regierungs­par­teien zufolge nicht wichtig ist, festzuhalten, dass Kinder in erster Linie in der Familie aufwachsen sollten und dass das ihre natürliche Grundlage wäre. Da gab es sogar massiven Widerstand. Also es ist schon erstaunlich, wie hier gedacht wird.

Was aber weiters festzuhalten ist, das ist der Gesetzesvorbehalt. – Ja, wir stehen zu diesem Gesetzesvorbehalt. Wir halten ihn sogar für sehr wichtig, denn es muss eben so sein, dass, wenn es im Sinne der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ruhe und Ordnung ist, hier Einschränkungen vorgenommen werden können. Sonst passiert das, was wir bereits gesehen haben: dass Kinder missbraucht werden, dass gerade im Asyl- und Fremdenrecht Kinder in Wirklichkeit dazu missbraucht werden, Abschie­bungen oder gewisse Maßnahmen des Staates zu verhindern. Das soll nicht pas­sieren, und daher ist so ein Gesetzesvorbehalt ein ganz wesentlicher Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte auch noch darauf verweisen, dass wir in den letzten Jahren zumindest zehn ganz konkrete Maßnahmen zum Schutz der Kinder gefordert haben, die allesamt abgelehnt wurden. Ich lese sie nur stakkatoartig vor, da ich sehr wenig Zeit habe.

Wir haben eine Anhebung der Strafsätze für Straftatbestände bei Sexualstraftaten gegen Minderjährige gefordert.

Wir haben eine unbedingte Anzeigepflicht für Personen, die beruflich mit Minder­jährigen zu tun haben, gefordert. – Das ist nicht umgesetzt worden, es ist nicht einmal beschlossen worden.

Wir haben die Einführung der Möglichkeit einer chemischen Kastration gefordert, vor allem für Wiederholungstäter. – Ist abgelehnt worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 93

Wir haben den Ausbau von und die flächendeckende Versorgung mit Psycho­therapieplätzen und verstärkte Opferhilfe gerade für Kinder und Familien gefordert. – Abgelehnt worden.

Die Schaffung eines Opferfonds für Opfer von sexuellen Straftaten. – Abgelehnt worden.

Wir haben gefordert, dass Hafterleichterungen wie etwa Freigänge nicht zur Anwen­dung kommen bei Straftätern, die Sexualstraftaten ausgeübt haben. – Abgelehnt worden.

Wir haben die Erstellung einer Studie betreffend Rückfallquote und Resozialisierung von Sexualstraftätern gefordert. – Abgelehnt worden.

Wir haben die bundesweite EDV-Vernetzung von Spitälern und Krankenhäusern gefordert, um zu gewährleisten, dass nicht das passiert, was jetzt möglicherweise in Vorarlberg auch passiert ist, dass nämlich die Eltern in verschiedene Krankenhäuser gehen können, damit nicht auffällt, dass Kinder oft misshandelt werden, also wir haben hier eine Anzeige- und Kommunikationspflicht gefordert. – Abgelehnt worden.

Wir haben die Veröffentlichung von Daten bei schwerem sexuellem Missbrauch von Unmündigen gefordert. – Abgelehnt worden.

Und wir haben eine Ausweitung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung bis zum zehnten Lebensjahr gefordert, weil man auch dort erkennen könnte, dass in Wirklichkeit Miss­brauch stattgefunden hat. – Abgelehnt worden. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

All das ist also abgelehnt worden. Wir werden das daher heute zum Anlass nehmen, unsere Arbeit für die Kinder und für die Familien in dieser Republik noch zu verstärken. Wir hoffen nur – und das wird entscheidend sein –, dass nicht in Zukunft infolge ideologischer Verblendung die Zuwanderung gefördert wird – und nicht der eigene Nachwuchs. (Beifall bei der FPÖ.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


12.22.30

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einmal, glaube ich, ist im Ausschuss sehr klar zum Ausdruck gekommen, dass die heutige Novelle unseres Verfassungsrechtes Staatszielbestimmungen normiert. Das sind keine Bestimmungen, die sich sozusagen unmittelbar selbst exekutieren, sondern das sind Staatszielbestimmungen. Man wird einfache Gesetze, andere Gesetze, auch die der Gebietskörperschaften, also Normen der Länder und der Gemeinden, unter dem Gesichtspunkt dieser Staatszielbestimmungen zu betrachten haben, weil auch die anderen Gebietskörperschaften diesen Staatszielbestimmungen unterworfen sind.

Das heißt, es wird sehr darauf ankommen, wie in Zukunft die budgetäre Ausgestaltung der Jugendwohlfahrtseinrichtungen ausschauen wird. Es wird sehr darauf ankommen, wie wir Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung ändern werden. Und es wird sehr darauf ankommen, wie wir das Außerstreitrecht ändern, wenn es etwa um die Rolle der Kinder unter den Auspizien dieser Verfassungsnovelle im Obsorge- und Besuchs­rechts­verfahren geht.

Das heißt, hier gibt es Anpassungsbedarf, und man sollte gleich dazusagen, dass dieser Anpassungsbedarf uns als Nächstes beschäftigen wird müssen.


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Aber, meine Damen und Herren von SPÖ und Grünen, wenn Sie so tun, als ob Sie die Kinderrechte quasi originär erfunden hätten, muss ich Ihnen doch Folgendes vorhalten: Erstens: Kinderrechte gelten für Sie nicht, wenn es sich um ungeborene Kinder han­delt. Dann gibt es für Sie keine Kinderrechte, insbesondere für Sie von den Grünen. Dann sind Frauenrechte in jedem Fall wichtiger als Kinderrechte. Das ist eine Relativierung des Kinderschutzes, den ich so nicht teile, und daher werde ich heute einem Antrag, den offensichtlich Kollege Fichtenbauer noch einbringen will, zustim­men.

Zweitens: Ich habe die Debatte mit Ihren beiden Fraktionen in einer der letzten Ausschusssitzungen des Justizausschusses noch sehr gut in Erinnerung, als es um die Frage ging: Anzeigepflicht – ja oder nein? Das ist ein Probefall für Kinderrecht.

Ich bringe Ihnen die Meinung von Frau Carina Kerschbaumer heute in der „Kleinen Zeitung“ zur Kenntnis, wo sie wörtlich schreibt:

„Die Verankerung mancher Kinderrechte in der Verfassung mag ein wichtiges symbolisches Signal sein, der Schutz gefährdeter Kinder wird aber mit Sicherheit anderswo entschieden.“

Ich teile diese Meinung. Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal an, welche Fälle uns da in den letzten Jahren beschäftigt haben!

Ich kann mich noch genau an die Debatte seinerzeit erinnern – Sie können es sich auch selber ausheben –, als in Melk im Jahre 1997 der kleine Melvin verbrüht wurde und zu Tode kam. Ich habe damals schon eine generelle Anzeigepflicht verlangt. Es hat sich damals auch herausgestellt, dass der kleine Melvin wahrscheinlich noch leben könnte, wenn frühzeitig die Sachverhalte angezeigt worden wären, die damals bereits bekannt waren.

Wir haben dann weitere Fälle gehabt, wie etwa den der kleinen Iris in Niederösterreich, die als dreimonatiges Kind, als Baby, mit Hirnblutungen eingeliefert wurde, schwerst misshandelt worden war und schließlich gestorben ist.

Ein zwei Monate altes Kind im Bezirk Innsbruck, ein Säugling, ebenfalls schwerst geschädigt, erschlagen worden von einem beschäftigungslosen 18-Jährigen, der mit der Mutter ein Lebensverhältnis hatte.

Der Fall Luca, ein 17 Monate altes Kind. Dort hat die Sozialarbeiterin von den Misshandlungen gewusst, aber sie hat keine Anzeige gemacht. Es hat dann ein Strafverfahren gegen sie gegeben. Sie ist in erster Instanz verurteilt worden dafür, dass sie nichts unternommen hat, aber beim Oberlandesgericht ist sie freigesprochen worden. Warum? – Weil es keine Anzeigepflicht für sie gab, meine Damen und Herren. Luca könnte noch leben, hätte diese Dame die Verpflichtung gehabt anzuzeigen!

Und ich habe die Debatte noch in Erinnerung, als Sie gesagt haben: Nein, das kann man den Ärzten nicht zumuten, den Sozialarbeitern und Therapeuten, damit erreicht man nur den gegenteiligen Effekt! – Na welchen denn? Der Effekt wäre, dass diese ganze Clique endlich einmal in die echte rechtliche Verantwortung genommen würde, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das wäre der Effekt: Dass endlich einmal echte rechtliche Verantwortlichkeit für Sozialarbeiter, für Ärzte, für Therapeuten, für Familienhelfer, für diese ganze neue Branche gegeben wäre. Wozu sind die denn da, wenn sie Kinder, die in ihrer Existenz gefährdet sind, nicht zu schützen verpflichtet sind? Es geht nicht darum, dass sie es tun, sondern es geht darum, dass sie verpflichtet sein müssen, es zu tun – sonst brauche ich sie nicht, sonst brauche ich sie auch nicht mit fetten Gehältern zu füttern, meine Damen und Herren, diesen ganzen Apparat, diese neue Branche, die hier


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entstanden ist. (Zwischenruf der Abg. Mag. Schwentner.) – Danke für Ihren Zwischen­ruf! Sie waren auch eine von den Kolleginnen, die gesagt haben, das sei unnötig, schädlich sogar. Im Fall Luca beweise ich Ihnen – wenn Sie es nicht glauben, fragen Sie den Vater oder schauen Sie sich den Akt an –: Luca könnte heute noch leben, wenn die Sozialarbeiterin verpflichtet gewesen wäre, Anzeige zu erstatten, meine verehrte Frau Kollegin! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber es ist gut, dass alle Zuseher sehen, dass aus den Grünen der größte Widerstand kommt. Warum? – Weil das natürlich die Berufsclique ist, die Ihnen nicht zufällig besonders nahesteht, das ist bekannt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie reden von „fetten Gehältern“ von Sozialarbeitern!? Sie haben überhaupt keine Ahnung!) Die Gehälter sind im Vergleich zu dem, was dort oft geleistet wird, durchaus passabel, glauben Sie mir das. Aber es ist Ihre Branche, es ist Ihre Klientel, das wissen wir.

Leider ist auch die ÖVP dafür nicht zu haben. Warum? – Weil es zusätzliche Plan­posten in der Jugendwohlfahrt bedeuten würde, weil man zusätzliche Heimplätze schaffen müsste, wenn Anzeigepflicht herrschen würde, weil auch Ärzte, die hin und wieder auch der ÖVP nahestehen, endlich in eine echte rechtliche Verantwortung kommen würden, die sie derzeit nicht haben – leider.

Daher sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, diese „Papierln“, auch dieses heutige Gesetz, hätten keines dieser Kinder von sich aus gerettet. Es wird die Probe sein, wie ernst Sie es mit der Rettung, mit dem Schutz von Kindern wirklich meinen, wenn es um die einfachgesetzliche Umsetzung dessen geht, was wir heute hier beschließen.

Und ich fordere Sie auf, und zwar rasch, angesichts des Falles Cain – dieses Kind heißt dramatischerweise noch Cain –, eines Kindes, das mit einem Besenstiel von einem Drogenabhängigen erschlagen wurde, wo die Polizei vorher ein Kind vom Dach herunterholen musste, weil es vor diesem Mann aufs Dach geflüchtet ist! – Und es ist nichts geschehen, meine Damen und Herren! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Das sind die eigentlichen Skandale. Und ich sage Ihnen, wenn hier wieder alle unge­schoren davonkommen, nicht nur der Täter selbst, sondern alle, die hier Mitverant­wortung tragen, dann ist dieses Gesetz das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Daher verlange ich von Ihnen, dass Sie effektive Umsetzungsmaßnahmen in echter rechtlicher Verantwortung einführen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nun erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Ostermayer das Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Anzeigepflicht, Herr Staatssekretär! Da haben Sie gleich etwas zu tun!)

 


12.29.26

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es bedauerlich, dass die Diskussion relativ gehässig und aggressiv begonnen hat. Ich finde es umso erfreulicher, dass dieses Thema, nämlich die Umsetzung der als wesentlich erachteten Teile der Kinderrechtekonvention in die österreichische Bundes­verfassung, nach vielen, vielen Jahren auf der Tagesordnung ist. – Ich möchte auch ausdrücklich Herrn Klubobmann Kopf und Herrn Klubobmann Cap für die positiven und erfreulichen Worte danken. (Rufe beim BZÖ: Cap?! – Abg. Mag. Stadler – auf die Betreffenden zeigend –: Da Molterer – da Kopf! Kopf hat gesprochen!)


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Ich glaube, wir müssen immer überlegen, wenn wir Forderungen aufstellen, wie zum Beispiel, die gesamte Kinderrechtekonvention in die österreichische Bundesverfassung zu übernehmen ... (Abg. Ing. Westenthaler: Das war in der Geschäftsordnungs­debatte! – Abg. Mag. Stadler: Wir sollten doch den Bundeskanzler ...!) – Ich kann unterscheiden zwischen dem Herrn Klubobmann Kopf ... (Abg. Ing. Westenthaler: Das war in der GO-Debatte!) Nein, ganz am Beginn hat der Herr Klubobmann Kopf gesprochen in der Debatte, die die Einleitung zu dem war.

Wenn wir also solche Forderungen aufstellen, muss man überlegen, was man alles in die Verfassung übernimmt. Ich denke, die Verfassung ist sozusagen ein sehr wesent­licher Normenbestandteil in Österreich, und da sollte man ganz besonders darauf achten, was dort aufgenommen wird, und insbesondere auch die Sinnhaftigkeit prüfen.

Wir haben im Ausschuss letzte Woche, glaube ich, eine sehr profunde Diskussion darüber gehabt, die auch sehr sachlich abgelaufen ist. Die beiden Verfassungsrechtler, Herr Dr. Hesse vom Verfassungsdienst und Herr Dr. Grabenwarter, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, haben sehr ausführlich dargelegt, warum es sinnvoll ist, bestimmte Teile zu übernehmen und bestimmte Teile nicht. Ich habe mich dort auch zu Wort gemeldet, und Herr Abgeordneter Molterer hat auch heute einige Beispiele genannt und deutlich gemacht, warum es nicht sinnvoll wäre, diese zu übernehmen.

Warum das dann unsachlich und polemisch sein soll, Frau Klubobfrau, das kann ich nicht nachvollziehen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Weil es ein Unsinn ist!) Nein! Wenn man den Schritt setzen würde, es gesamt zu übernehmen, dann würde man damit bestimmte Signale setzen. Das hat auch der Verfassungsrechtler Öhlinger, aber das hat auch Heinz Mayer ausführlich erläutert, dass man damit bestimmte Signale setzt und dass das Signal der Umsetzung oder des Beschlusses dieses Gesetz­entwurfes heißt: Kindeswohl, Vorrang des Kindeswohls, ist uns ganz wichtig. Das ist ein Signal. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist Bauernbund-Logik! Das ist kein Argument! Genau das ist der Vorbehalt!)

Zum Vorbehalt wollte ich später noch etwas sagen, aber ich sage es gleich. Herr Dr. Grabenwarter hat ausführlich dargelegt, dass es immer Vorbehalte gibt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein, das stimmt ja nicht!) und dass man sich aussuchen kann, ob den Vorbehalt der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur setzt oder ob es der Verfassungsgesetzgeber macht. Und ich bringe Ihnen nur ein Zitat vom Dekan der größten österreichischen juristischen Fakultät, Professor Heinz Mayer, der sagt – das ist auch schon von Kollegin Lueger zitiert worden –: „Der Protest gegen den Entwurf ist überzogen und geht am Thema vorbei.“ Und warum, das hat er auch erläutert in diesem Interview, und einige Beispiele hat Kollege Molterer schon genannt.

Wenn wir davon ausgehen, und das müssen wir, dass wir mit einer Verfassungs­bestimmung Signale setzen, muss man sich auch überlegen: Was sind das für Signale?, und wenn wir alles übernehmen würden, heißt das, wir würden möglicher­weise Missverständnisse auslösen oder bei bestimmten Beobachtern sicherlich Miss­verständnisse auslösen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Recht auf Zusammen­füh­rung, Recht auf Bildung – das war alles im Österreich-Konvent, ohne Problem!)

Die verfassungsrechtliche Regelung, dass es keine strafrechtliche Verfolgung geben soll für ein Kind – wir sprechen hier von bis zu 18 Jahren –, ist so was von selbst­verständlich in Österreich, dass ich es nicht extra regeln muss. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Da braucht man gar keine Grundrechte mehr nach dem Argument!) Es ist vollkommen klar, dass es keine Strafe ohne Gesetz geben soll – wir haben das geregelt!

Oder die andere Frage, das Beispiel, das Kollege Molterer genannt hat, mit der Teilnahme an bewaffneten Konflikten mit 15 Jahren, oder eine Regelung, wenn das


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nicht geht, dass zwischen 15, 16, 17 und 18 Jahren abgestuft einberufen werden soll: Das ist eine Regelung, die wir nicht brauchen, ganz im Gegenteil, wir haben es schon anders geregelt und diskutieren jetzt gerade darüber, ob wir die Ausnahme von der Menschenrechtskonvention Zwangsarbeit, nämlich in dem Fall Wehrpflicht, aussetzen oder nicht aussetzen. (Ruf bei der FPÖ: „Zwangsarbeit Wehrpflicht“?)

Ja, das ist in der Menschenrechtskonvention so geregelt, und das ist ein Ausnahme von dieser Bestimmung. Das ist aktuell gültiges internationales, aber auch öster­reichisches Recht. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Es wird schon geläutet, ich mache es kurz. – Ich glaube, es gibt sehr, sehr gute, sehr, sehr wichtige Gründe, warum man das Wesentliche umsetzt. Da hat es unterschied­liche Diskussionen gegeben, ob das eine oder andere noch dazugehören sollte. Ich glaube, es ist wichtig, das, worüber es jetzt eine breite Einigung gibt, umzusetzen.

Und ich sage noch einen letzten Schlusssatz, Herr Vorsitzender (Abg. Grosz: Präsident, nicht „Vorsitzender“!): Unsere Aufgabe ist auch, darauf zu schauen, dass die Verfassung in Zukunft auch weiterhin funktioniert, dass es nicht ein Durcheinander gibt. Deshalb haben wir im Regierungsprogramm festgelegt, dass wir einen Grund­rechtekatalog erarbeiten wollen – schwieriges Thema, lange schon nicht funktioniert, wir versuchen es noch einmal. Aber das wäre kontraproduktiv gewesen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.35.32

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich halte die Argumentation, alle Punkte der UN-Kinderrechtscharta in die Verfassung zu übernehmen, sogar für gefährlich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Recht auf Bildung, Recht auf Erzie­hung ...!) Frau Abgeordnete, ich weiß, dass Sie auch selbst wissen, dass Ihre Argumentation unseriös war. Das weiß ich auch. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie haben eine Erinnerungslücke!)

Sie haben im Konvent den ersten sechs Punkten dieses Antrages zugestimmt, der im Konvent sozusagen eine Konsensmaterie war. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Das heißt, Sie selbst waren mit dieser Formulierung der Kinderrechte als Grundrechte einverstanden. Lediglich der Vorbehalt, der hinzugekommen ist, war in der Konventsdiktion nicht vorhanden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nicht richtig!) Sie wissen, dass Sie zugestimmt haben, und Sie wissen, dass Sie damit einverstanden waren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das war der gesamte Grundrechtskatalog!) Das war auch vernünftig so, denn wenn Sie die Punkte der UN-Kinderrechtscharta übernehmen, dann frage ich Sie: Wissen Sie, was die Kinderrechtscharta ist? – Ein diplomatischer Text, der für Länder von Myanmar über Nigeria bis Österreich Geltung hat!

Das heißt, die Formulierung dieser Kinderrechte misst sich immer an der geringsten Stufe, die einen Konsens erzeugen konnte. Und Sie wollen mir doch nicht erklären, dass die Verfassung von Myanmar einen höheren Rechtsbestand hat oder eine höhere Rechtssicherheit als die Verfassung von Österreich! Diese Formulierungen sind dafür gedacht, diese Minimalanforderungen in eine Verfassung zu schreiben. Das ist bei uns gegeben! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Recht auf Bildung, Recht auf Gesund­heit?!)


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Und wenn ich dann im Ausschuss höre: Wir haben kein Recht auf Bildung!, dann muss ich sagen: Lesen Sie sich den Artikel 2 der EMRK durch! Da steht als Überschrift sogar: Recht auf Bildung. Daher: Ich halte Ihre Argumentation für falsch, Sie selbst sind nicht davon überzeugt!

Ich bin überzeugt davon, dass sich manche die Kinderrechte gar nicht im vollen Wort­laut durchgelesen haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist ein Kniefall der SPÖ vor der Kollegin Fekter!) Der Kollege Molterer hat ganz seriös hingewiesen auf Formulierungen, die da drinnen enthalten sind. Im Artikel 20 Abs. 3 steht der Bezug auf die Kafala, auf die Pflegefamilie im islamischen Recht! Wollen Sie, dass das Rechts­bestand unserer Verfassungsjudikatur wird?! Das hat doch nichts verloren in unserem Kultur- und Rechtsbestand! Also nicht böse sein, aber darauf kann man sich hier nicht beziehen.

Herr Kollege Molterer hat auch darauf hingewiesen, dass der Zugang zu Trinkwasser gewährleistet sein muss. – Das gilt für Anrainerstaaten einer Wüste, aber doch nicht für Österreich, wo das flächendeckend durchgesetzt ist! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wo steht denn das?) Das steht im Artikel 24, glaube ich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Da schau ich aber jetzt gleich nach!)

Sie müssen sich nur eines vor Augen halten: Wir haben auch durch den Vertrag von Lissabon eine EU-Grundrechtscharta bekommen. Da ist auch das Recht auf Gesund­heit verankert. Dieses Recht auf Gesundheit ist im Artikel 35 der Grundrechtscharta der EU enthalten. Damit ist das Verfassungsbestand, und wenn Sie die Formulie­rungen, die hier drinnen stehen, wie zum Beispiel in Artikel 40, übernehmen, dann wür­den Sie die moderne Judikatur unseres Verfassungsgerichtshofs, aber auch des Ge­richtshofs für Menschenrechte aushebeln, die europäischen Standard hat, weil dieser Artikel 40 weit unter diesem Standard liegen würde, und damit würden Sie unseren Kindern schaden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: So ein Unsinn!)

Sie würden unseren Kindern schaden, wenn Sie das wortwörtlich übernehmen würden, weil der Rechtsbestand von einer niedrigeren Schwelle ausgeht. Das ist nämlich Diktion für Entwicklungsstaaten!

Ich habe Ihre Vertreter im Ausschuss auch ganz offen aufgefordert, sie sollen mir erklären, welcher Punkt der UN-Kinderrechtscharta in Österreich nicht umgesetzt ist, entweder verfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich. – Es gibt keinen Punkt! Keiner Ihrer Teilnehmer konnte mir einen Punkt sagen, der aus dieser Kinderrechtscharta nicht übernommen wäre und erfüllt wäre, entweder gesetzlich oder verfas­sungs­recht­lich.

In Österreich ist diese Charta vollinhaltlich umgesetzt. Aber ich bin bei Ihnen: Natürlich fehlen uns einfachgesetzliche Bestimmungen in manchen Teilen der Rechtsprechung! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Die Kinderrechte können nie genug ausgebaut werden, nie wirklich endgültig abgesichert werden. Das kann man aber alles einfachgesetzlich regeln. Die Kinder­rechtskonvention ist in unserer Rechtsordnung vollständig umgesetzt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


12.40.50

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem jene, die vor den Fernsehschirmen die Diskussion mitverfolgen! Wenn heute hier der Eindruck entstanden sein könnte, dass es in Österreich keine Kinderrechte


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gäbe, dann muss ich dem sehr deutlich widersprechen. Das ist natürlich nicht der Fall! Nur weil wir erst heute die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung be­schließen, heißt das nicht, dass Recht auf Gesundheit, Recht auf Bildung, Recht auf Schutz und Fürsorge nicht auch bisher für Kinder im österreichischen Rechtssystem gegolten haben.

Natürlich sind viele wichtige Entscheidung zur Unterstützung, zur Fürsorge für Kinder und Jugendliche in einfachen Gesetzen vom Gesetzgeber geregelt worden. Es wäre ja auch fatal, wenn dem bisher nicht so gewesen wäre.

Warum war es uns dennoch wichtig, diese sieben Artikel – auf diese wurde im Konkreten heute in der Diskussion noch gar nicht eingegangen – in der Verfassung zu verankern? – Deshalb, weil nun auch der Verfassungsgerichtshof mit diesen Punkten belangt werden kann, wenn es zu Streitfällen kommt. Das ist der wesentliche Unterschied der Verankerung in der Verfassung.

Der erste Artikel heißt, dass jedes Kind Anspruch auf Schutz und Fürsorge hat.

Der zweite Artikel regelt, wie wichtig es ist, dass jedes Kind auch das Recht auf den direkten Kontakt zu den beiden Elternteilen hat.

Im dritten Artikel ist festgeschrieben, dass Kinderarbeit verboten ist.

In Artikel 4 heißt es, dass auch das Kind bei Verfahren, die ausgetragen werden, Anhörung finden muss.

Artikel 5 regelt das Recht auf die gewaltfreie Erziehung.

Und im sechsten Punkt heißt es: Kinder mit und ohne Behinderung sind „in allen Bereichen des täglichen Lebens“ gleich zu behandeln.

Diese sechs wichtigen und markanten Aussagen sollen nun in der Verfassung verankert werden.

Ich gebe aber manchen Vorrednern recht, die gesagt haben: Diese sechs Punkte in der Verfassung zu verankern, sind nicht mehr oder weniger als eine Willensbekundung und eine Bewusstseinsbildung. – Ja, das stimmt. Ich denke aber, dass das einen wichtigen Platz in der österreichischen Verfassung einnehmen soll und dass es auch wichtig ist, dass das Hohe Haus ein Bekenntnis dazu abgibt. Was dann im Alltag, in der täglichen Praxis passiert und ob Kinder durch die verfassungsrechtliche Veran­kerung tatsächlich vor mangelnder Fürsorge oder gar Gewalt geschützt sind, ist eine andere Frage. Deshalb ist die Bewusstseinsbildung in unserer Gesellschaft wichtig und wesentlich.

Heute wurde schon angesprochen, dass man in Zukunft auch darüber diskutieren muss, dass hingeschaut und nicht weggeschaut wird, und dass man auch Erwachsene auffordern muss oder gar über Verpflichtungen diskutieren muss, Missbräuche zur Anzeige zu bringen oder zumindest in der Öffentlichkeit darzustellen. Ich glaube, dass das eine Diskussion ist, die jedenfalls geführt werden muss.

Kinder können durch eine Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung oder durch gesetzliche Regelungen natürlich nicht geschützt werden, wenn sich die Bevölkerung, wenn wir Menschen uns in Österreich daran nicht halten.

Ich möchte nur eines zu bedenken geben, nämlich dass man bei einer Diskussion rund um Ja oder Nein zur Anzeigepflicht nicht vergessen darf, die Meinungen aller, auch der Betroffenen anzuhören, weil die Befürchtung schon besteht, dass bei einer Anzeigepflicht eine mögliche Skepsis der Betroffenen, der Opfer bestehen kann, wenn es darum geht, das Leid, das einem angetan wurde, zu artikulieren, weil man sich vor


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einer möglichen Anzeige fürchtet. Und wir beabsichtigen damit natürlich nicht, dass es dadurch dann zu einer geringeren Inanspruchnahme von Hilfe kommt.

Ich bin aber unter dem Strich der Meinung, dass man hier auch von politischer Seite, was Missbrauch an Kinder betrifft, sich erstens der Diskussion stellen muss (Abg. Mag. Stadler: Hier geht es um Misshandlung, nicht um Missbrauch!) und dass es auch zu einer weiteren Diskussion kommen muss. Herr Stadler, wir sind durchaus bereit, diese Diskussion, die Sie auch angeführt haben, nicht nur mit Ihnen, sondern im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen zu führen! (Abg. Mag. Stadler: Missbrauch ist etwas anderes!)

Und im Sinne der täglichen Anwendung der Kinderrechte glaube ich, dass es auch hier zu weiteren Maßnahmen wird kommen müssen. (Abg. Mag. Stadler: Gestern haben Sie es vertagt, im Justizausschuss!)

Die Voraussetzung ist meiner Meinung nach das Bekenntnis zu den Kinderrechten. Insofern ist das eine wichtige und richtige Entscheidung, die zumindest vier Parteien hier im Hohen Haus getroffen haben, diese sieben Artikel in der Verfassung zu veran­kern.

Das muss die Basis für alles Weitere sein, was wir hier in Österreich diskutieren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


12.45.58

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn wir heute die Aufnahme der Kinderrechte in die Bundesverfassung beschließen, so ist das eine gute und sehr wichtige Sache. Konkret hat ja unser Verfassungssprecher schon unsere freiheitliche Haltung dazu dargelegt.

Ich möchte dabei gleich diese Gelegenheit nützen und das zentralste Recht – das Kinderrecht und das Menschenrecht – in dieser Diskussion herausheben, nämlich das Recht auf Leben, meine Damen und Herren, wie es in Artikel 2 der Europäischen Men­schenrechtskonvention steht.

Heute ist ja auch unumstritten anerkannt, dass sich die Grundrechte in erster Linie an den Gesetzgeber richten. Damit kommt auch den Grundrechten, besonders dem Legalitätsprinzip, das in Artikel 18 der Bundesverfassung steht, eine ganz besondere Bedeutung zu, nämlich insofern, als der Gesetzgeber die Schutzrichtung genau bestimmt, in die diese Grundrechtsverbürgung gehen soll, meine Damen und Herren.

Da besteht Handlungsbedarf. Dieser Handlungsbedarf wurde uns ja vor einigen Tagen ganz klar durch das abscheuliche Verbrechen in Vorarlberg an den dreijährigen Cain vor Augen geführt. Der Fall „Luca“ ist ebenso ein Fall, der schon sehr bekannt ist und besprochen wurde und mindestens so traurig ist. Auch in Oberösterreich gibt es derlei Fälle.

Meine Damen und Herren, die Regierung und auch der Gesetzgeber haben in dieser Materie kläglich versagt. Und dieses Versagen soll Ihnen schlaflose Nächte bescheren, soll uns aber auch zum Handeln animieren und bewegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Unzählige Beschwerden, unzählige Mails der Betroffenheit und der Erschütterung – und ich kann auch sagen: der Wut – haben wir zu diesem Fall bekommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 101

Und all diese Fälle – Fall „Cain“, Fall „Luca“ und so weiter – zeigen auf, dass die Jugendwohlfahrt, die Jugendwohlfahrtsträger bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Auf­gaben überfordert sind, meine Damen und Herren!

Der Fall „Luca“, der den Behörden bekannt war und auch das Versagen oder das Unvermögen der Behörden gezeigt hat, hat es klar vor Augen geführt. Im Fall „Cain“ sind die Behörden von Angehörigen der Mutter aufmerksam gemacht worden, dass es einen gewalttätigen Vater, einen gewalttätigen Lebensgefährten gibt, der drogen­süch­tig ist und der dennoch angestellt wird, die Kinder dort zu beaufsichtigen.

Es ist nichts gemacht worden. Zu all den Vorwürfen, mit denen der Leiter der Jugendwohlfahrt in Vorarlberg konfrontiert worden ist, hat er gesagt: „Es ist klar, dass der Mann völlig ungeeignet war, Kleinkinder zu betreuen.“ – Na „toll“! Und was ist passiert? Nichts ist passiert! Nichts ist in diesem Fall gemacht worden!

Die abschließende Erkenntnis der Jugendwohlfahrt dazu ist auch sehr typisch. Es ist gesagt worden: „Wir werden alles unternehmen, um den Betroffenen bei der Bewäl­tigung des Geschehens zu helfen!“ – Ein Hohn, meine Damen und Herren!

Diese Lippenbekenntnisse reichen nicht aus. Der Handlungsbedarf ist gegeben. Die Anzeigepflicht – das wurde ja schon erwähnt – ist auch sehr wichtig und müsste ebenfalls eingeführt werden und tatsächlich beachtet werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Man muss in dieser Geschichte weitergehen und bei den vorläufigen Interventions­maßnahmen die Gerichte schneller einbinden, schneller als das jetzt in § 215 ABGB vorgesehen ist. Darüber hinaus ist auch Sorge zu tragen, dass die Richter, die mit dieser Materie befasst sind, weitergeschult werden.

Ich bringe folgenden Antrag dazu und zum praktischen Leben ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Reform der Jugendwohlfahrt

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Einbeziehung aller Parlaments­frak­tionen, insbesondere der jeweiligen Familiensprecher, Vertreter der Bundesländer sowie der zuständigen Behörden und namhaften Experten – welche durch die Parla­mentsfraktionen zu benennen sind – eine Reform des Jugendwohlfahrtsgesetzes vorzubereiten, um dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass die Rechtssicherheit im Jugendwohlfahrtsbereich geschaffen bzw. ausgebaut wird.“

*****

Über diesen Bereich hinaus bin ich auch der Meinung, dass viel Leid und viel Unheil abgewendet werden könnte, wenn die gemeinsame Obsorge beschlossen wäre, wie wir es schon in vielen Vorschlägen gefordert haben.

Abschließend halte ich fest: Dies heute ist kein Tag zur Freude und kein Tag, die sonnigen Kinderrechte einzuführen! Es ist vielmehr ein Tag, an dem wir die Ärmel hochkrempeln müssen, um endlich unseren Kindern zu ihrem Recht zu verhelfen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.51



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 102

Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Reform der Jugendwohlfahrt, eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 935/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, (93.) Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Jänner 2011.

Der zentrale Leitgedanke des Jugendwohlfahrtsrechts ist die Beachtung und die Wah­rung des Kindeswohls.

Die Praxis zeigt aber, dass die Jugendwohlfahrtsträger (JWT) bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben überfordert sind.

Einerseits wird – wie zum Beispiel im Fall „Cain“, wo es mysteriöse blaue Flecken und Polizeieinsätze gegeben hat – auf handfeste Verdachtsmomente nicht reagiert.

So soll eine Angehörige der Mutter des Kindes die Jugendwohlfahrt mehrmals darauf aufmerksam gemacht haben, dass diese mit einem drogensüchtigen Mann liiert ist. "Es ist klar, dass der Mann völlig ungeeignet war, Kleinkinder zu betreuen", erklärte der Leiter der Jugendwohlfahrt im Amt der Vorarlberger Landesregierung, Werner Grabher. Kontakt wurde zwar aufgenommen, doch angeblich habe nichts auf mögliche Gewalt­taten durch Miloslav M. hingedeutet. "Wir werden alles unternehmen, um den Betrof­fenen bei der Bewältigung des Geschehens zu helfen", lautet die magere Erkenntnis der Jugendwohlfahrt.

Andererseits werden Eltern bzw. Elternteile bei der Wahrnehmung ihrer nach Art. 8 EMRK geschützten Elternrechte wegen unbedeutender Erziehungsschwierigkeiten oft grundlos jahrelang schikaniert. Eltern, die einmal beim JWT aktenmäßig erfasst sind und mag dies auch nur auf Grund einer Anzeige eines feindseligen Nachbars erfolgt sein, bleiben unter der Kuratel des JWT und haben praktisch keine Chance mehr, ihre Kinder nach eigenen Vorstellungen zu erziehen.

Eine falsche Anzeige eines Nachbarn reicht auch aus, dass der JWT im Kindergarten oder in der Schule oder im Wohnhaus Erkundigungen einholt. Eltern werden dadurch stigmatisiert, da die Bevölkerung zu Recht davon ausgeht, dass der JWT nur dann einschreiten darf, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.

Dies ist aber in vielen Fällen nicht der Fall. Eine einheitliche Linie bei der Wahr­nehmung des Kindeswohls ist bei den JWT nicht erkennbar, sondern es wird je nach Befähigung und Motivation der Sachbearbeiter agiert bzw. reagiert.

Darüber hinaus gibt es kafkaeske Fälle, wo jüdischen Eltern vom JWT vorgeworfen wird, dass sie den Kindern keine christlichen Weihnachtslieder beibringen.

Auch lässt man den Eltern keinen Spielraum, wenn sie alternative Erziehungs­methoden anwenden wollen. Sobald die Eltern zu erkennen geben, dass sie dem JWT nicht „gehorchen“ wollen, wird ihnen die Einschränkung der Obsorge im Wege der Gerichte oder sogar die vorläufige Abnahme des Kindes angedroht. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen (insb. § 176 und § 215 ABGB) reichen offensichtlich nicht aus, das Handeln des JWT auf eine rechtsstaatlich zufriedenstellende Ebene zu heben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 103

Daher liegt es im Interesse der Kinder, der Eltern aber auch der JWT, wenn Kriterien entwickelt werden, die die Gefährdung des Kindeswohls näher konkretisieren. Auch müssen Handlungsanweisungen für die JWT formuliert werden, die die Rechte der Eltern besser berücksichtigen.

Bei vorläufigen Interventionsmaßnahmen müssen die Gerichte schneller eingebunden werden, als es jetzt nach § 215 ABGB vorgesehen ist. Weiters ist dafür Sorge zu tragen, dass Richtern, die sich mit solchen Fällen zu beschäftigen habe, eine spezielle und weiterführende Ausbildung zu Gute kommt. Eltern und Kinder haben Anspruch darauf, dass ihnen gegenüber Maßnahmen nur in den Fällen und in der Art ausgeübt werden, die nach dem Gesetz erforderlich sind. Eltern und Kinder ab 14 Jahren sollten daher über das Recht verfügen, Beschwerde gegen Maßnahmen des JWT erheben zu dürfen.

Vorbild könnten die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetz (SPG) betreffend Beschwerden wegen Verletzung subjektiver Rechte sein. Wird durch den JWT die Ob­sorge wegen vermeintlicher Gefahr in Verzug vorübergehend eingeschränkt, sollte das Gericht von Amts wegen überprüfen, ob dies zu Recht erfolgt ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Einbeziehung aller Parlaments­frak­tionen, insbesondere der jeweiligen Familiensprecher, Vertreter der Bundesländer sowie der zuständigen Behörden und namhaften Experten – welche durch die Parla­mentsfraktionen zu benennen sind – eine Reform des Jugendwohlfahrtsgesetzes vor­zu­bereiten, um dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass die Rechtssicherheit im Jugendwohlfahrtsbereich geschaffen bzw, ausgebaut wird.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


12.51.24

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Besucher und Besucherinnen auf der Galerie! „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“

Alle Menschen! Diesem Satz der Erklärung der Menschenrechte – und da bin ich mir sicher! – bringt niemand irgendeinen Zweifel entgegen. Das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, das Verbot der Sklaverei: All das steht mit Sicherheit in diesem Hohen Haus außer Zweifel!

Dennoch sind genau diese Rechte und diese Verbote in der österreichischen Ver­fassung durch die Europäische Menschenrechtskonvention verankert. Das war eine richtige und wichtige Maßnahme, die gesamte Europäische Menschenrechts­kon­ven­tion in den Verfassungsrang zu heben.

Jetzt reden wir über die Kinderrechtskonvention. Die Kinderrechtskonvention hat das Ziel, weltweit – keine Frage! – Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt politischer Entscheidungen zu stellen (Abg. Lueger: Nein! Mindestnormen zu schaffen!), das Kindeswohl und das Wohl von Jugendlichen ganz nach oben zu stellen und zu zeigen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 104

und zu sagen, welche Gesetze in dem Staat dem Kindeswohl widersprechen und welche Gesetze dem Kindeswohl nicht widersprechen.

Diese Umsetzung der gesamten Kinderrechtskonvention als Form von aktiver Kinder- und Jugendpolitik kann Österreich mit diesem vorliegenden Entwurf, den Sie alle außer den Grünen beschließen werden und dem Sie zustimmen werden, nicht mehr gewähr­leisten.

Die Wiederholungen gerade vonseiten der SPÖ und der ÖVP, dass wir nicht alle Kinderrechte brauchen (Abg. Lueger: Wir brauchen sie nicht doppelt!), dass wir eigentlich nur die wesentlichen Kinderrechte in den Verfassungsrang heben, dass die Frage der Umsetzbarkeit überhaupt nicht gelöst ist, also diese Wiederholungen hier vom Rednerpult aus oder medial oder auch im Ausschuss machen die Situation für Kinder und Jugendliche in Österreich nicht besser. Ich betone: Sie machen sie nicht besser! (Beifall bei den Grünen.)

Das Recht auf Gleichbehandlung – also das Diskriminierungsverbot –, das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit, das Recht auf soziale Absicherung und angemessenen Lebensstandard, Schutz und angemessene Hilfe für minderjährige Flüchtlinge sind in der UN-Kinderrechtskonvention verankert.

Was macht Österreich? – Wir nehmen – wie der Herr Staatssekretär gesagt hat – nur wesentliche Artikel heraus.

Und da frage ich schon: Warum sind diese Artikel, die ich soeben vorgetragen habe, nicht wesentlich, meine sehr verehrten Damen und Herren? Was ist daran nicht wesentlich, wenn es um das verankerte Recht auf soziale Absicherung und angemes­senen Lebensstandard geht? Mehr als 250 000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind armutsgefährdet oder manifest arm. Was ist daran nicht wesentlich, diesen Gesetzesvorbehalt wegzunehmen und dieses Gesetz und diesen Artikel auch wirklich zu verankern? (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne sehen es als außerordentlich wesentlich an, Kinder und Jugendliche in allen Lebenslagen wirklich zu schützen, Jugendinteressen ernst zu nehmen.

Die Frage der Partizipation – also das Mitspracherecht von Kindern und Jugendlichen gerade im Gesetzwerdungsprozess, wenn es um Gesetze geht, die Kinder und Jugendliche belangen – wird hier nicht gelöst. Jugendliche sind nicht Teil dieser Kinderrechtskonvention gewesen.

Insgesamt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der Gesetzesvorbehalt – das muss hier auch einmal so gesagt werden – aus meiner Sicht ein Kniefall der SPÖ vor der ÖVP. Ich bin davon überzeugt, dass die SPÖ keinen Gesetzesvorbehalt bezüglich der Kinderrechtskonvention in diesem BVG haben wollte. Das glaube ich wirklich.

Und dann kommt die ÖVP und sagt: Nur aus dem Grund, nur mit dem Geset­zesvorbehalt stimmen wir zu! – Das ist die Familienpartei Österreichs? – Na, wirklich nicht!

Sie von der SPÖ machen hier einen Kniefall vor der ÖVP, der seinesgleichen sucht und der wirklich nicht notwendig ist.

Alle Rechte allen Kindern! (Beifall bei den Grünen.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


12.56.16

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kolle­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 105

gen! Das BZÖ stimmt heute diesem Gesetzestext zu. Wir stimmen zu, weil es um die Verankerung der Grundrechte als Staatszielbestimmungen geht, weil wir nach fast 20 Jahren Absichtserklärungen, nach fast 20 Jahren Diskussionen das als einen notwendigen und richtigen Schritt sehen.

Wir stimmen zu, weil für uns Kinder das wertvollste Gut überhaupt sind, das man be­sitzen kann. Wir stimmen zu, weil Kinder das Recht einerseits auf liebevolle Eltern haben, die sie bestmöglich betreuen, die sie bestmöglich erziehen, aber wir stimmen auch zu, weil wir als Politiker einen politischen Auftrag haben, Familie leistbar und lebbar zu machen. Das hat sich ja in der vergangenen Budgetdebatte sehr negativ gezeigt. Und wir stimmen zu, weil wir als Politiker den Auftrag haben, Schutz und Fürsorge und Sicherheit durch geeignete Gesetze und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. (Beifall beim BZÖ.)

Dieser Schritt heute basiert im Wesentlichen auf den Vorarbeiten im Österreich-Kon­vent, wo sich unser damaliger Klubobmann Herbert Scheibner sehr stark eingebracht hat, und auch auf dem Kern der UN-Kinderrechtskonvention.

Wir stimmen aber als BZÖ heute auch zu, weil neben diesem Rechtsanspruch auf besonderen Schutz und Beistand, auf gewaltfreie Erziehung, auf Anspruch auf beide Elternteile auch die Wahrung der Interessen unter dem Gesichtspunkt der Genera­tionengerechtigkeit in Artikel 1 festgeschrieben wird. Und das, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ist auf eine Initiative des BZÖ zurückzuführen. Es ist wirklich erstmals in der Geschichte Österreichs, dass in der Verfassung die Generationengerechtigkeit festgeschrieben ist. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen nämlich, dass gerade im Bereich der Zukunftsinvestitionen, die Jugendliche und Kinder betreffen – in der Bildung, in der Forschung, in der Familie und in der Gesundheit –, und dort, wo Reformen notwendig sind – im politischen System, im Sozialsystem, im Pensionssystem –, das nicht zulasten der kommenden Generationen geht. Hier werden die politischen Verantwortungsträger jetzt festgemacht.

Wir vom BZÖ stehen für eine Politik, die nicht auf Kosten der Kinder und der Jungen in Zukunft geht. Wir wollen nicht eine Politik, die heute sagt: Hinter uns die Sintflut! (Beifall beim BZÖ.)

Die heutige kinderpolitische Weichenstellung muss und soll aber auch Auswirkungen auf die Materiengesetze haben, denn sonst sind diese Rechte sinnlos. Hier möchte ich im Besonderen das Jugendwohlfahrtsgesetz aufzeigen. Gerade dieser erschütternde Anlassfall „Luca“ vor einigen Jahren hat ja alle aufgeschreckt, wenn ich so sagen darf, und man hat gesagt: Es muss endlich bundeseinheitliche Standards geben! Es muss klare Vorgaben geben, wie man bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorgeht!

Frau Staatssekretärin, seit 2008 gibt es einen Entwurf, der in irgendeiner Schublade liegt. Ich frage jetzt wirklich Sie alle, im Angesicht dieses unfassbaren gewaltsamen Todes von Cain in Vorarlberg, aber auch vieler anderer Kinder, von denen nicht an die Medien dringt, dass Kindern psychische und körperliche Gewalt angetan wird: Wie lange wollen wir noch warten, bis wir hier ein Gesetz haben, das endlich einen gewissen Automatismus erzeugt, bei Verdachtsfällen vorzugehen? Wie lange wollen wir noch warten, und was muss noch alles geschehen, dass endlich einmal eine uneingeschränkte Anzeigepflicht gemacht wird? (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben das gestern im Justizausschuss eingebracht; es wurde wieder vertagt. Wie lange müssen wir noch warten, dass es zu einer besseren Vernetzung zwischen den einzelnen Behörden kommt, aber auch der Spitäler in der medizinischen Doku­mentation? Wie lange müssen wir noch warten, dass strengere Strafen endlich auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 106

umgesetzt werden, wenn Kinder gequält werden und der Tod die Folge ist? (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Frau Staatssekretärin, da könnten Sie wirklich Profil zeigen – und nicht wieder dieses Gesetz zwischen Bund und Ländern hin und her schieben! Wir brauchen mehr Geld für die Kinder, wir brauchen mehr Geld für die Jugendwohlfahrt, wir brauchen personelle und finanzielle Ressourcen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stimme auch überein mit dem, was Carina Kerschbaumer von der „Kleinen Zeitung“ – sie ist heute schon zitiert worden –im Folgenden dazu schreibt, wo Sie unter anderem sagt:

„Gerade bei diesem Schutz besteht aber der größte Handlungsbedarf. Wenn nicht einmal nach dem Tod eines Kindes ein Familienminister sich den Kopf zerbricht über Systemfehler in Jugendämtern, wird jeder Gesetzesbeschluss über Kinderrechte zur Farce.“ – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sogar gestern im Justizausschuss haben Sie es verweigert, dass es zu einer Aussprache über diese aktuellen Sachen kommt, und das ist mir unverständlich.

Daher betone ich: Wir fordern ganz klar ein Bündnis für unsere Kinder, ein Bündnis, in dem Taten gesetzt werden, besonders auch für jene, die Eltern haben, die überfordert sind, für jene, die in instabilen Familien leben, denn denen gehört unser ganz beson­derer Schutz. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Steibl.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staats­sekretärin Mag. Remler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.02.36

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Mag. Verena Remler: Werter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Abge­ordnete im Hohen Haus! Heute ist ein großer Tag – ein großer Tag für die Kinder! Ich glaube, es ist nicht richtig und nicht gut, dass man die Bedeutung dieses Bundesver­fas­sungsgesetzes über die Rechte von Kindern, das die Kinder mit eigenständigen, grundlegenden Rechten ausstattet, kleinredet oder schlechtredet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Erstmals schaffen wir nun mit diesem vorliegenden Entwurf die Möglichkeit, dass der Verfassungsgerichtshof die österreichischen Rechtsnormen dahin gehend überprüft, ob die im BVG über Kinderrechte enthaltenen Garantien, beispielsweise das Kindes­wohl als zentraler Maßstab, in der österreichischen Rechtsordnung in ausreichendem Maße verankert sind. Hier kann ich Frau Abgeordneter Windbüchler-Souschill nicht zu­stim­men, wenn sie meint, dass es keinen Mehrwert gibt – denn genau das ist der Mehrwert! Das ist der Mehrwert gegenüber dem Ist-Zustand!

Mit diesem Gesetz ist es uns geglückt – und das hat auch Herr Abgeordneter Willi Molterer bereits gesagt –, ein deutliches Zeichen für ein kinderfreundliches Österreich zu setzen. Es wird ein Initiator dafür sein, dass wir den Kindern noch mehr Platz in den Köpfen und auch in den Herzen der Menschen einräumen. Davon bin ich überzeugt – und das ist mir auch ein großes Anliegen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Artikel 1, wonach das Kindeswohl vorrangiger Erwägungsgrund ist, und Artikel 4, wo­nach die Meinung des Kindes berücksichtigt werden muss, decken die zentralen Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ab. Wenn wir allein die vorhin ge­nannten Artikel des Gesetzes hernehmen, dann ist der Kern der Konvention, nämlich


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das Recht auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, das Recht auf Versorgung mit den adäquaten Gütern unserer Gesellschaft und das Recht auf Partizipation, gewährleistet.

Eine kindgerechte Gesellschaft ist aber auch in erster Linie eine Haltungsfrage. Dafür ist es notwendig, dass wir die Menschen mit der den Kinderrechten zugrunde liegen­den Idee erreichen können. Kinder sind von Anfang an kompetente Persönlichkeiten und Träger eigenständiger Rechte. Das ist zu akzeptieren und zu respektieren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich noch kurz auf den Gesetzesvorbehalt des BVG über Kinderrechte eingehen und sagen: Ein derartiger Gesetzesvorbehalt ist sowohl nationaler als auch internationaler Standard. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Hannes!) Der Artikel 7 des vorgeschlagenen Bundesverfassungsgesetzes entspricht dem Gesetzesvorbehalt des Artikels 8 Abs. 2 der Menschenrechtskonvention. Auch die entsprechenden Kinderrechte in der EU-Grundrechtscharta stehen unter demselben Gesetzesvorbehalt. Das hat auch Verfassungsexperte Professor Grabenwarter im Verfassungsausschuss betont. Es muss eine Abwägung mit den Grundrechten anderer Personen möglich sein und zugelassen werden. Gesetzesvorbehalte machen ja die Grundrechte in der juristischen Praxis erst wirklich lebbar.

Die Kinderrechtskonvention ist also in Österreich sowohl auf verfassungsrechtlicher als auch auf einfachgesetzlicher Ebene vollständig umgesetzt. Durch den heutigen Be­schluss wird die Position der Kinder und Jugendlichen in der Wahrnehmung durch die Gesellschaft weiter gestärkt werden.

Ich möchte noch kurz auf die Position von Frau Haubner eingehen. Frau Haubner, ich stimme Ihnen absolut zu. Fälle wie der von Cain haben auch mich tief erschüttert und machen mich auch zutiefst betroffen. Aber ich glaube, es ist zuerst auch eine gesamt­gesellschaftliche Aufgabe, unsere Kinder bestmöglich vor Gewalt zu schützen. Wir müssen die Menschen dahin gehend sensibilisieren, dass es besser ist, einmal mehr hinzuschauen als wegzuschauen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Anzeigepflicht!)

Sie haben recht, es gibt den Entwurf eines neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfe­ge­setzes. Ich appelliere ... (Abg. Mag. Stadler: Das Einzige ... Ausnahmen!) – Herr Abgeordneter Stadler, heute stehen einmal die Kinderrechte im Vordergrund – und nicht Ihre Polemik! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: ... nicht einmal da hinkommen! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich appelliere an die Länder, diesem Entwurf zuzustimmen, weil eben darin die modernen Grundsätze der Gefährdungsaufklärung, des Vier-Augen-Prinzips, der Hilfe­planung, einheitliche Standards, Verschwiegenheitspflicht und Datenschutz enthalten sind. Ich werde mich dafür einsetzen, und ich werde auch die Gespräche suchen. Gespräche mit den zuständigen Mitgliedern der Landesregierungen sind bereits für Feber geplant.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass ich die Abgeordneten aller Parteien einlade, diesem Bundesverfassungsgesetz zuzustimmen, damit wir unseren Kindern auch in der Verfassung jenen Stellenwert zukommen lassen, der ihnen in unserer Gesellschaft zuteilwerden sollte. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.08.25

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 108

Besucherinnen auf der Galerie! Allen Kindern alle Kinderrechte! – das ist der Grundsatz der Kinderrechtskonvention. Daher sollte es auch unser Grundsatz bei der Umsetzung der Kinderrechtskonvention sein, wenn wir sie hier im Parlament diskutie­ren und wenn wir Beschlüsse darüber fassen.

Es wurde in den vorangegangenen Reden schon angesprochen: In mehreren Be­reichen gibt es Mängel, was Kinderrechte betrifft, in mehreren Bereichen gibt es in der Praxis auch Verbesserungsbedarf. Ich möchte auf einen Bereich eingehen und in meiner Rede mehr als 115 000 Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes meine Stimme leihen, die sich zusammengeschlossen haben im Rahmen der Petition „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“.

Wir alle wissen, dass im Oktober 2010 zwei achtjährige Mädchen von vollbewaffneten Polizisten in voller Montur in der Früh aus ihren Betten gerissen wurden – zwei achtjährige Zwillingsmädchen und ein verschüchterter Vater. (Abg. Kopf: Eine Medien­inszenierung!) Das war nicht der erste Fall, der so passiert ist: dass Kinder von bewaffneten Polizisten festgenommen werden, in Haft gesteckt werden, teilweise mit ihren Eltern gemeinsam, teilweise getrennt von ihren Eltern.

Das Besondere an diesem sogenannten Fall war, dass eine breite Öffentlichkeit in Österreich das erste Mal davon erfahren konnte, weil viele Kameras dabei waren. (Abg. Steibl: Organisiert von euch!) So wurde klar und sichtbar, was seit Jahren schon gängige Praxis war. (Abg. Steibl: Organisiert von der Caritas, organisiert von euch!)

Das ist leider seit Jahren gängige Praxis, sehr geehrte Frau Kollegin, und wir sollten nicht zynisch mit Zurufen reagieren, wenn es hier um Kinderrechte geht (Abg. Steibl: Das ist nicht zynisch!), deren Prinzip, wie gesagt, ist (Beifall bei den Grünen): Allen Kindern alle Kinderrechte – logischerweise vor allem das Recht auf Freiheit!

Was eine breite Öffentlichkeit in unserem Land im sogenannten Fall „Komani“ mit den zwei achtjährigen Zwillingen nicht erfahren hat, ist, dass die Kinder nicht nur von ihrer Mutter getrennt waren, die ja im Spital lag und behandelt wurde, sondern in der Schubhaft, im Schubhaftgefängnis auch von ihrem Vater getrennt wurden. Sie wurden getrennt in unterschiedlichen Räumen untergebracht. Der Vater durfte die Kinder lange nicht sehen und durfte auch bei den Untersuchungen seiner zwei achtjährigen Töchter nicht dabei sein.

Das sind teilweise die Zustände in unserem Land im Jahr 2010 (Zwischenruf des Abg. Hagen), und diese Zustände werden sich nicht verändern mit dem heutigen Beschluss, der leider in dieser Form ansteht, denn hier geht es um eine verstümmelte Kinder­rechtskonvention, hier geht es um das Gegenteil von dem Grundprinzip der Kinder­rechtskonvention: eben nicht alle Rechte allen Kindern, sondern nur mit Einschrän­kungen!

Ich möchte den Caritas-Präsidenten Michael Landau zitieren. Er hat im Petitions­ausschuss als Experte mehrmals eingemahnt, bei Kinderrechten nicht mit zweierlei Maß zu messen, bei Kinderrechten nicht zwei Klassen von Kinderrechten zu schaffen.

Ich möchte erinnern an die Antwort von Heinz Patzelt, seines Zeichens General­ssekretär von „Amnesty International Austria“ auf die Frage, ob die Initiatoren der Petition „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“ in dem vorliegenden Entwurf eine Umsetzung ihres Anliegens sehen. Heinz Patzelt hat gesagt – ich zitiere –: Damit sagt man, wir setzen die Kinderrechte um, aber nur dort, wo wir es wollen! (Ruf bei der SPÖ: Das steht nicht drin!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 109

Aus diesem Grund werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen, denn der Grundsatz „Alle Rechte für alle Kinder!“ darf nicht verletzt werden! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.12.52

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Frau Kollegin, Ihre Situationsschilderung war an und für sich schon verfas­sungswidrig, und die Umsetzung der gesamten Kinderrechtskonvention ändert an dieser Situation insgesamt nichts, sondern der Lösungsansatz muss woanders gefun­den werden und wurde auch schon gefunden. – Das zum einen, meine Damen und Herren.

Zum Zweiten: Ich meine, dass wir heute mit dieser Beschlussfassung einen wichtigen und richtigen Schritt setzen. Die wesentlichsten Elemente der Konvention werden in das österreichische Verfassungsgesetz übernommen. Ich bedanke mich ausdrücklich für den wirklich unermüdlichen und sehr beharrlichen Einsatz von Angela Lueger für die Rechte der Kinder. Vielen herzlichen Dank auch von dieser Stelle! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zu den Kinderrechten befindet sich im Einklang mit den Menschenrechten, im Einklang mit den Grundrechten, Rechten, die eingefordert und umgesetzt werden müssen. Unsere bestehende Gesetzgebung muss nun durchforstet werden, damit sie mit den heutigen Beschlüssen konform ist. Viele Teile der gesamten Konvention sind, wie schon erwähnt worden ist, Bestandteil der österreichischen Gesetzgebung, Bestandteil der österreichischen Rechtsprechung.

Insgesamt dienen diese Bestimmungen, diese Gesetzesbestimmungen zum Schutz, zur Förderung der Entwicklung der Kinder. Ich denke, es hat auch eine Symbolwirkung, die Rechte der Kinder in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte zu stellen.

Festhalten möchte ich auch ausdrücklich, dass es selbstverständlich ist, dass Kinder unter dem Schutz der allgemeinen Grundrechte stehen. Das ist auch gut, richtig und notwendig. Einzelne Bestimmungen sind noch mit Leben zu erfüllen, und ich gebe Ihnen, Kollegin Haubner, selbstverständlich recht und appelliere an die Staats­sekre­tärin, jetzt wirklich aktiv zu werden im Einklang – das wissen wir, und das ist das Mühsame – mit den einzelnen Ländervertretern, um einheitliche Jugendschutz- und Kinderschutzbestimmungen zu erstellen. Es geht um einheitliche Standards, es geht um einheitliche Kriterien, und es geht vor allen Dingen – da gebe ich vielen Vorrednern recht – um ein dicht geknüpftes Netz zum Schutz der Kinder, die wirklich sehr oft dann, wenn Gewalt vorherrscht, hilflos sind. Für jene Kinder muss dieser Schutz gewähr­leistet werden, und Gefahren müssen ausgegrenzt werden.

Kinder haben Rechte: Kinder haben das Recht auf Schutz, auf Würde, Respekt und Zuwendung. Mit der heutigen Beschlussfassung sind wir auf dem richtigen Weg, und ich freue mich darüber. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Jarmer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.15.17

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 110

Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum heutigen Thema Kinderrechtskonvention muss ich ehrlich sagen, ich wundere mich über das, was Frau Kollegin Lueger zuvor gesagt hat: dass alle Punkte erfüllt werden und dass auch gleichberechtigtes Leben besteht.

Gleichberechtigung heißt für mich, dass man gleichberechtigt behandelt wird, voll partizipieren kann in allen Lebenslagen, dass auch Bewusstseinsbildung zum Thema barrierefreie Kommunikation, Schutz vor sexueller Gewalt ebenso gelebt wird. Ist das in der Praxis tatsächlich so? Ist Bildung in der Praxis tatsächlich gleichberechtigt? – Nein!

Ich möchte hier einige Beispiele bringen; gleichberechtigte Behandlung, wie schaut es denn aus? – Kinder haben keinen Rechtsanspruch auf selbstbestimmtes Leben, zum Beispiel gibt es nicht den Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz für behinderte Kinder. Sie haben keinen Rechtsanspruch, Gebärdensprach-Dolmetschleistungen in Anspruch zu nehmen. Stellen wir uns ein Kind vor, das sexuell missbraucht wird. Wie könnte es jemals zu einer Beratungsstelle gehen? – Nicht einmal die Dolmetschkosten würden dafür übernommen werden. Das ist keine Gleichberechtigung!

Leichter-lesen-Versionen bestehen überwiegend nicht. Wie sieht es mit Barrierefreiheit generell aus, Kindergarten, Schulgebäude, Universitäten? – Die Gesetze wurden verschoben. Wir sind nicht in einem Zustand der Gleichberechtigung, weil Barriere­freiheit verschoben worden ist. Kommunikation zum Beispiel mit Braille-Schrift oder Gebärdensprache ist nicht gleichberechtigt vorhanden.

Wir haben schon seit über 220 Jahren nicht die Möglichkeit, in der eigenen Sprache, in Gebärdensprache Unterricht für gehörlose Kinder zu genießen. Lehrer sind nicht einmal verpflichtet, Gebärdensprache zu lernen, geschweige denn Braille-Schrift. Ich möchte wissen, was Sie unter Gleichberechtigung verstehen!

In den Medien haben wir kaum Sendungen für Kinder barrierefrei. Einblendungen: Wir haben eine einzige Kindersendung, in der Gebärdensprache mit einem Kind ein­geblendet wird. Audiodeskriptionen für Kinder: Welches Angebot haben wir da? – Bitte erklären Sie mir das, ich weiß nicht, was wir da haben.

Bildung: Sind wir hier in einem Zustand, dass wir voll inklusive Bildung leben können? – Wir haben nicht einmal einen inklusiven Fahrplan. Sie sagen, dass Bildung gleichberechtigt besteht; das stimmt einfach nicht! Das verpflichtende neunte Schuljahr ist für behinderte Kinder nicht verpflichtend. Integration schließt das aus. Ich weiß, mein Kollege Franz-Joseph Huainigg kämpft seit Jahren dafür; wir haben es nicht.

Ebenso die Artikel-15a-Vereinbarungen: Behinderte Kinder sind von der Kindergarten­pflicht ausgenommen. Nach der UN-Konvention, die wir bereits beschlossen haben, ist es nach wie vor so, dass wir dieses Problem nicht gelöst haben. Ich weiß nicht, was hier mit Gleichberechtigung gemeint ist.

Herr Kollege Stadler ist jetzt nicht da, aber er hat gemeint, dass die Grünen sich immer nur auf die Frauenrechte beziehen. Und Kinder sollen ein Schadensfall sein, wenn sie behindert sind? – Ich möchte hier auch noch einmal darauf hinweisen, dass behinderte Kinder, wenn sie einen Schadensfall darstellen, ein besseres Leben haben als Kinder, die kein Schadensfall sind.

Die Finanzierung für diese Kinder, Hilfsmittel, Umbau, persönliche Assistenz, Dol­metschkosten und so weiter, das ist nach wie vor ein Problem, das besteht nicht – und das ist nach meinem Verständnis nicht Gleichberechtigung. Die Kinderrechts­kon­vention lediglich auf ein paar Punkte zu beziehen und das gesetzlich zu verankern, ist nicht das, was ich darunter verstehe. Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde nach


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 111

wie vor nicht umgesetzt – für mich nicht klar. Deswegen kann ich dem nicht zustim­men. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Huainigg. Die Redezeit ist vorerst auf 2 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


13.20.51

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Kinderrechte in einem eigenen Bundesgesetz in die Verfassung aufgenommen werden. Das ist eine Verstärkung der bestehenden Gesetze und eine Ergänzung, wo noch Lücken vorhanden sind.

Ich möchte mich auf den Artikel 6 beziehen, in dem es darum geht, den gleich­berechtigten Zugang für behinderte Kinder zu schaffen, nämlich in allen Bereichen des täglichen Lebens. Das ist auch eine wichtige Ergänzung zu Artikel 7 der Bundes­verfassung, derzufolge kein Mensch aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Das ist ein Auftrag, die Integration, die Inklusion weiter voranzutreiben. Das betrifft den Kindergarten, die Schule, die Frühförderung, aber auch gemeinsame Spiel­plätze für behinderte und nichtbehinderte Kinder, alle Lebensbereiche, wie es auch meine Kollegin Helene Jarmer vorhin gesagt hat.

Ich glaube aber, dass gerade bei der Geburt von behinderten Kindern eine Dis­kriminierung und eine Ungleichbehandlung stattfindet. Ich meine die OGH-Urteile, denenzufolge bei unerwünschter Geburt behinderter Kinder zwar immer ein Scha­denersatz zugesprochen wurde, bei der Geburt unerwünschter nichtbehinderter Kinder gab es hingegen nie Schadenersatzzusprüche. Bei behinderten Kindern wurden sogar Unterhaltszahlungen bis zur gesamten Lebensexistenz zugesprochen, das heißt auch Ernährung, Bildung, Kleidung, all das. Damit wird das gesamte Leben zu einem Schadensfall, und das ist eine Diskriminierung, die diskutiert gehört!

Ich begrüße ausdrücklich, dass Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einen Geset­zes­vorschlag, was den Schadenersatz betrifft, vorgelegt hat, denn die derzeitige Situation ist unerträglich. Es besteht irrsinniger Druck auf Ärzte und Eltern, beim geringsten Verdacht auf eine Behinderung das Kind abzutreiben, damit kein Schaden­ersatzanspruch geltend gemacht werden kann. Andererseits müssen Eltern, die zu Geld kommen wollen, behaupten, dass sie ihr Kind nicht zur Welt gebracht hätten, wenn sie von der Behinderung gewusst hätten. Das ist unwürdig! Es braucht Unter­stützung für Eltern behinderter Kinder, aber das Schadenersatzrecht ist der falsche Ansatz! Es braucht Unterstützungen außerhalb dieses Rechtes im Sozialrecht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Walser. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.25.04

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Erfreuliche ist, dass wir uns alle einig sind, dass wir die Kinderrechte in der Verfassung verankern müssen. In welcher Form das geschehen soll, darüber sind wir uns leider nicht einig. Die RednerInnen der Grünen haben, glaube ich, eindrucksvoll bewiesen, wie groß die Notwendigkeit ist. Ich darf darauf hinweisen, dass natürlich auch uns klar ist, dass mit einer Verankerung, Akzeptierung beziehungsweise Beschlussfassung der UN-Kinderrechtskonvention noch nicht die Probleme beseitigt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 112

sind. Aber es wäre jener symbolische Akt, den wir, meine ich, in der derzeitigen Form dringend benötigen.

Lassen Sie mich auf einige Argumente eingehen, die im Verlauf der Debatte hier zu hören waren, etwa darauf, dass wir im Konvent einer ähnlichen Regelung zugestimmt hätten. Ich darf darauf hinweisen, dass wir hier natürlich das Gesamtpaket betrachten müssen, und im Konvent war das Recht auf Bildung verankert. Da kann man nicht nur einige Punkte herausgreifen, wir müssen uns die gesamte damals verhandelte Beschlussfassung in Erinnerung rufen.

Wir haben heute auch mehrfach gehört, dass eigentlich schon alles vollständig um­gesetzt sei, darauf hat beispielsweise Kollege Wittmann hingewiesen. – Das ist doch eine merkwürdige Argumentation! Wenn wir so weit wären – was hindert uns daran, die UN-Kinderrechtskonvention hier zu beschließen? Dass das eine Konvention ist, die von den meisten Staaten unterschrieben, beschlossen und von der UNO akzeptiert wurde, sollte uns zu denken geben. Nur die USA und Somalia haben nicht zugestimmt. Andere wenige Staaten, darunter auch Österreich, haben es mit Vorbehalt gemacht. Wir sind da am Schluss der Liste jener Staaten, die die Rechte von Kindern auch wirklich ernst nehmen. Das muss man leider Gottes zumindest in Bezug auf die Verfas­sung sagen.

Ich habe auch mehrfach gehört, dass beispielsweise das Recht auf Bildung in Öster­reich garantiert sei. Das bestreitet vom Prinzip her niemand. Wenn Kollege Molterer meint, das sei seit 1964 garantiert, so kann man das einfachgesetzlich natürlich so sehen. Aber dass wir hier als symbolischen Akt dringend eine Initiative des Parla­ments benötigen, ist wohl klar, denn unser Bildungssystem funktioniert nach wie vor nach dem sogenannten Matthäus-Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben, und wer nicht hat, dem wird nicht gegeben. So funktioniert es im österreichischen Schulwesen, da könnte ich Ihnen eine ganze Reihe von Beispielen bringen. Wir werden in einer Spezialdebatte noch Gelegenheit dazu haben.

Ich darf Sie auch an die Peinlichkeit dessen erinnern, was wir hier beschließen. Sie schreiben und reden darüber, was wir hier alles Tolles drinnen stehen haben. Dabei steht bis auf Artikel 5 alles unter Vorbehalt. Das ist also eine Beschlussfassung, die eigentlich an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist. Wir brauchen eine klare, nachvoll­ziehbare Regelung, einen internationalen Standard. Was Sie heute machen – jetzt sollten sich vor allem die KollegInnen von SPÖ und ÖVP angesprochen fühlen –, ist eine Blamage für Österreich. Mit uns geht das nicht! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Gartelgruber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.29.38

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen! Auch ich bin sehr erfreut darüber, dass wir endlich die Kinderrechte in Verfassungsrang heben. Wie mein Kollege Harald Stefan eingangs schon erwähnt hat, war es uns sehr wichtig, dass das familiäre Umfeld als natürliche Umgebung unserer Kinder gewährleistet wird.

Aber die Forderung, die gesamte UN-Kinderrechtskonvention in den Verfassungsrang zu heben, haben auch Experten im Ausschuss nicht begrüßt und haben dies auch als nicht zielführend aufgezeigt.

Wie einige meiner Vorredner schon erwähnt haben, darunter auch Kollege Molterer, war zum Beispiel der Artikel 20 der Kinderrechtskonvention sehr umstritten; denn die Kafala in unser Verfassungssystem mit einzubeziehen, ist, meine ich, widersinnig. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 113

ist in keiner Weise sinnvoll, familienrechtliche Regelungen, die einem anderen Kultur­kreis entstammen, mit in unser Rechtssystem aufzunehmen. Ebenso glaube ich nicht, dass es notwendig gewesen wäre, den Artikel 38 in unser Rechtssystem aufzuneh­men, denn das Problem der Kindersoldaten stellt sich in Österreich Gott sei Dank nicht.

Allein diese beiden Beispiele zeigen klar, wie widersinnig es gewesen wäre, die gesamte UN-Kinderrechtskonvention in unsere Verfassung aufzunehmen. Aber ich muss sagen, es freut mich, dass wir es zumindest geschafft haben – da gebe ich meinem Vorredner, dem Kollegen Huainigg, und der Kollegin Jarmer recht, das war sehr, sehr wichtig –, auch die Problematik der behinderten Kinder bei uns in Österreich in Verfassungsrang zu heben. Denn gerade in diesem Bereich haben wir in Österreich noch sehr großen Aufholbedarf. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wichtiger Punkt fehlt mir in dieser Debatte, und das ist der Schutz der ungeborenen Kinder. In Artikel 22 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches ist dieses Recht hingegen sehr wohl verankert. Nach dieser Bestimmung haben ungeborene wie geborene Kinder vom Zeitpunkt der Emp­fängnis an Anspruch auf Schutz durch Gesetze. Im ABGB, dem ältesten noch gültigen Gesetzeswerk im deutschen Rechtskreis, das sich mittlerweile 200 Jahre bewährt hat, ist festgeschrieben, dass beide, sowohl die Geborenen als auch die Ungeborenen, gleiches Recht haben.

Wenn also Kindern verfassungsrechtlicher Schutz eingeräumt wird, dann ist dieser, finde ich, insofern unvollständig, als dieser den ungeborenen Kindern nicht eingeräumt wird. Auch vor der Geburt sollten Kinder Schutz genießen. Dieser Rechtsgrundsatz ist, wie ich bereits angeführt habe, in der österreichischen Rechtstradition tief verankert. Deshalb muss es selbstverständlich sein, dass bei Aufnahme dieses Grundsatzes in die Verfassung auch diese Kinder mit bedacht werden.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Mag. Stefan und Gartelgruber

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Artikel 1 lautet wie folgt:

„Artikel 1

Jedes ungeborene und geborene Kind, hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Genera­tionengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie sehr, diesen Antrag zu unterstützen! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 114

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Mag. Stefan, Gartelgruber und anderer Abgeord­neter

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Verfas­sungsausschusses über den Antrag 935/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungs­gesetz über die Rechte von Kindern, (93.) Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Jänner 2011

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 lautet wie folgt:

„Artikel 1

Jedes ungeborene und geborene Kind, hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Gene­rationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.“

Begründung

Der den Kindern einzuräumende verfassungsrechtliche Schutz ist insofern unvoll­ständig, als nicht die der österreichischen (einfach gesetzlichen) Rechtslage ent­sprechende Anerkennung der Kinderrechte, so wie dies bei § 22 ABGB auf Unge­borene zutrifft, erstreckt wird. Dieser in der österreichischen Rechtstradition tief veran­kerte Grundsatz der Teilhabe auch der Ungeborenen an dem Rechtschutz, der den Lebenden gesetzlich eingeräumt ist, muss konsequenterweise bei Einführung eines Verfassungsrechtsschutzes für Kinder mit bedacht werden.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.34.06

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssekre­täre! Hohes Haus! Es ist immer schwierig, einen Artikel der Kinderrechtskonvention oder ein Gesetz gegen das andere abzuwägen. Auf der einen Seite bin ich sehr froh, dass sich nach Jahren der Verhandlungen endlich etwas in dieser Richtung getan hat. Für mich ist dieses Bundesverfassungsgesetz quasi nur ein Start, denn wir wissen natürlich auch, dass wichtige Inhalte fehlen. Die Themen Gesundheit, Freizeit und Kinderarmut werden ausgespart. Ich meine daher, dass wir heute einen Neubeginn starten, wenn es darum geht, Kinder zu schützen und gewisse Rechte zu verankern. Aber es ist für mich sicher nicht so, dass wir heute das letzte Mal über Kinderrechte sprechen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn ich mir das Thema Kindergesundheit anschaue – Frau Kollegin Haubner hat das ja schon erwähnt –, so meine ich, es ist ungenügend, dass wir nur einen Mutter-Kind-Pass haben. Wir brauchen einen Mutter-Kind-Jugend-Pass, denn es kann nicht sein, dass die Gesundheitsuntersuchungen mit dem fünften Lebensjahr abgeschlossen sind. Wir brauchen eine Erweiterung bis zum 14. Lebensjahr, mit einer Untersuchung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 115

jährlich, bei der körperliche, sprachliche oder soziale Defizite festgestellt werden kön­nen. Nur dann ist eine Gegensteuerung möglich. (Beifall beim BZÖ.)

Die Generationsgerechtigkeit wurde ja schon angesprochen. Wir sind sehr froh, dass das hier verankert wird, denn die Politik von heute darf nicht auf Kosten der nächsten Generation gehen, was die Überschuldungen et cetera betrifft. Weiters ist begrüßens­wert, dass behinderten Kindern auch Rechte zugestanden werden. – Frau Staats­sekretärin, ich habe Ihren Ausführungen sehr genau zugehört. Die Fälle Luca und Cain wurden heute schon genannt. Niemand von uns möchte, dass so etwas jemals wieder passiert. Das geht aber nur dann, wenn die Gesetze umgesetzt und auch exekutiert werden.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Schenk, Markowitz, Petzner, Bucher und Kollegen betref­fend ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat bis spätestens Ende April 2011 einen Gesetzesentwurf auf Basis des weiterzuentwickelnden Ministerialentwurfes 231/ME XXIII. GP vorzulegen, durch den ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelt wird.“

*****

Frau Staatssekretärin, ich glaube, Sie sehen das auch so. Deswegen freue ich mich, dass Ihre Abgeordneten-Kollegen bei der Abstimmung unserem Antrag zustimmen werden, denn alles, was in den letzten Tagen, Monaten und Jahren an Kindesmiss­handlungen passiert ist, darf nicht mehr geschehen. Deswegen freue ich mich auf breite Unterstützung unseres Antrages. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

13.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Schenk, Markowitz, Petzner, Bucher

Kollegen betreffend ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 935/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kin­dern (1051 d.B.)

Im Besonderen der Tod des dreijährigen Cain aus Voralberg verdeutlicht, dass aus dem Fall Luca keine ausreichenden Lehren gezogen worden sind. So gibt es bis jetzt noch keine ausreichende „Bundes-Rahmenregelung“, die klare Handlungsanord­nun­gen für Fälle von Kindeswohlgefährdung vorschreibt. Vielmehr liegt seit dem Jahr 2008 ein - mittlerweile sehr verwässerter - Gesetzesentwurf zu einem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz vor, der jedoch noch immer nicht umgesetzt worden ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 116

Dieser Umstand erschreckt und verdeutlicht den Reformunwillen der Bundesregierung. So sind die Probleme der bestehenden Gesetzeslage darin zusammengefasst bzw. geht aus Gesetzesbegründung des Gesetzesentwurfes hervor, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in der Familie und anderen Gefährdungen ge­stärkt und eine Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung eingeführt wird. Zu einer Um­setzung gereichte dieses Wissen jedoch nicht.

Alles in allem drängt sich die Frage auf, ob der Tod von Cain in Hinblick auf die schein­bare Kenntnis der Behörden durch klare Gefährdungsabklärungsregelungen vermeid­bar gewesen wäre.

Im konkreten ist ein bundesweites Kinder- und Jugendhilfegesetz zu fordern, in dem für Fälle von Kindeswohlgefährdung beispielsweise eine Bearbeitung durch mindestens zwei Sozialarbeiter (Vier-Augen-Prinzip), eine gesetzliche Mindestanzahl von Kontroll­besuchen bzw. grundsätzlich automatisierte Abläufe bei Verdachtsmomenten vorge­schrieben werden. Gleichzeitig ist eine sofortige Verbesserung der Kommunikation bzw. eine Vernetzung der Behörden und Spitäler vorzusehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat bis spätestens Ende April 2011 einen Gesetzesentwurf auf Basis des weiterzuentwickelnden Ministerialentwurfes 231/ME XXIII. GP vorzulegen, durch den ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelt wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.37.04

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es ist, wie ich meine, wirklich ein Meilenstein, dass es nach einer sehr, sehr langen Diskussion – viele in diesem Saal kennen diese langjährige Diskussion – heute zu einem wichtigen und, ich glaube, auch richtigen Abschluss im Interesse unserer Kinder kommt. Lassen Sie mich auf den einen oder anderen Punkt eingehen.

Es wurden zwar wahrscheinlich schon zahlreiche und wichtige Punkte angesprochen, natürlich auch immer wiederholt, aber unser Verfassungssprecher hat im Verfassungs­ausschuss gesagt: Nennt mir einen einzigen Punkt aus dieser UNO-Kinderrechts­konvention, der nicht umgesetzt ist. Bis zur Stunde wurde keine Antwort gegeben.

Wir alle wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass hier von einer UNO-Konvention ausgegangen wird, wo es eben so ist, dass darin sehr diplomatische Formulierungen zu finden sind, die auf Entwicklungsländer, Schwellenländer bis hin zu hoch zivilisierten Ländern anzuwenden sind – heute hat es ein Redner ausgeführt –, es handelt sich also immer um den kleinsten gemeinsamen Nenner.

Österreich kann stolz darauf sein, dass Regelungen in vielen Bereichen vorhanden sind. Da immer die Bildung angesprochen wird: Wahrscheinlich könnte sich keiner von uns, die wir hier sitzen, vorstellen, dass wir das nicht seit Jahrzehnten geregelt hätten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 117

Dass es natürlich immer Reformbedarf gibt, darüber brauchen wir hier nicht zu dis­kutieren.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei vielen Diskussionen hier im Hause hat es immer wieder, und zwar von allen Fraktionen, Wortmeldungen dahin gehend gegeben, dass nicht jede Materie in die Verfassung aufgenommen werden sollte. Das hat es immer gegeben. Man braucht sich nur die Reden aus den letzten Jahren anzu­schauen, dann sieht man genau, dass diese Diskussion immer wieder geführt worden ist.

Ich glaube – das hat auch Kollege Stadler im Verfassungsausschuss angesprochen –, dass dieses neue Gesetz nach einer gewissen Zeit die Überprüfung aller Gesetze, auch der Landesgesetze, nach sich ziehen wird und wir auf einen höheren Level kom­men werden.

Lassen Sie mich zu den Ausführungen von Frau Kollegin Haubner, die den Justiz­ausschuss angesprochen hat, hier noch eine Bemerkung machen. Ich kann mich gut an die Diskussion um den traurigen Fall Luca erinnern, aber gerade dieser Fall jetzt in Vorarlberg ist der schlechteste: Er wurde nämlich zwei Monate vorher angezeigt. (Abg. Hagen: Das Jugendamt ist nicht hingegangen! Das ist der Punkt! – Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.) Mit einer Anzeige allein lösen wir das Problem nicht!

Anlässlich des traurigen Falles Luca habe ich im Justizausschuss dazu eingeladen und es auch hier vom Rednerpult aus gesagt, dass wir einen Schulterschluss über alle Bundesländer hinweg versuchen. Wir sollten gemeinsam mit dem Bund Regelungen finden, damit so etwas nicht mehr passiert. Ich denke und gehe davon aus, dass alle, die hier sitzen, nicht wollen, dass so etwas passiert. Wenn wir es verhindern können, dann müssen wir es verhindern. Ich darf Sie auch heute einladen, diese Arbeit zu tun, statt immer hintennach über höhere Strafen zu diskutieren, wenn es passiert ist.

Wir brauchen Maßnahmen, damit so etwas erst gar nicht passiert, denn das ist im Interesse des Kindes. Diese neue verfassungsgesetzliche Regelung ist ausschließlich im Interesse der Kinder. Regeln wir aber auch das andere! Dazu darf ich Sie namens meiner Fraktion sehr herzlich einladen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ursula Haubner: Wir laden euch dazu ein, unserem Antrag zuzustimmen!)

13.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Steibl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.54

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden in einigen Minuten das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern beschließen, ein deutliches rechtspolitisches und politisches Signal zugunsten der Kinder.

Das Wohl des Kindes wird als Verfassungsgrundsatz festgeschrieben. Was bedeutet dies nun in der Praxis? – Wir, das Parlament, werden die Vorgaben beim Beschluss künftiger Gesetze zu beachten haben, ebenso Gerichte und Behörden bei der Aus­legung der Gesetze. Ja, Kinder brauchen Sicherheit. Wir geben ihnen diese Sicherheit. Kinder haben auch den Anspruch, das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Der Schutz gefährdeter Kinder wird aber mit Sicherheit, das ist heute schon öfter ange­sprochen worden, woanders entschieden. Fälle wie die Lucas und Cains sind zu verhin­dern, nur werden sie leider nicht immer zu verhindern sein. Wir müssen hin­schauen, wir müssen ganz genau hinschauen, wie die Praxis vor Ort funktioniert, welche Verbesserungen notwendig sind und was benötigt wird, damit die Jugendämter noch besser arbeiten können. Es wird nicht nur die Förderung und das Geld sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 118

Ich wünsche mir persönlich und sage es auch laut und deutlich, dass ich dazu einlade, das Pingpongspiel zwischen Bund und Ländern zu beenden. Die Länder sollen wieder an den Tisch zurückkehren und mit verhandeln, denn Kinder sind unsere Zukunft. Wie in vielen anderen Bereichen sage ich auch hier immer wieder, dass dafür auch Förder­mittel gegeben werden müssen. Das ist wichtig, weil es um die Zukunft für alle geht.

Ich möchte jedoch hinzufügen, dass es auch unsere Aufgabe ist, Familien zu stärken. Es ist manchmal in der Familienpolitik so, dass das nicht gehört wird, weil wir nur über Förderungen und Vergleichbares reden. Wir müssen Mütter und Väter in ihrer Verant­wortung stärken, sie werden des Öfteren allein gelassen, und Elternbildung, Partner­bildung wird als etwas Negatives angesehen. – Nein, gerade in der heutigen Zeit ist das dringend notwendig, um Kinder zu schützen und Eltern in ihrer Verantwortung zu unterstützen. Gerade dieser Fall zeigt wieder auf, welche Verantwortung wir als Gesetz­geber in dieser Hinsicht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.43.37

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Welche Ant­wort bekommt man von einem Achtjährigen auf die Frage: Was sind Kinderrechte? – Kinderrechte sind das, was Kinder brauchen, damit es ihnen gut geht. Die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung ist eine unendliche Geschichte, die heute zu Ende geht. Es ist ein historischer Tag, der mich als jüngste Abgeordnete im Haus besonders freut.

Bedauerlich finde ich, dass die grüne Fraktion als einzige im Hohen Haus diesem Gesetzentwurf nicht beitreten und nicht zustimmen kann. Sie werfen anderen Fraktionen oft vor, dass sie mit Scheinargumenten arbeiten, mit Halbwahrheiten, und genau das machen Sie jetzt. Sie reden in Ihren Presseaussendungen von einem verstümmelten Gesetzentwurf, und es ist auch nicht wahr, dass der Inhalt der Kinder­rechtskonvention nicht im Einklang mit dem Inhalt des österreichischen Verfassungs­rechts stünde.

Wir haben die Europäische Menschenrechtskonvention, wir haben die österreichische Bundesverfassung und wir haben einfachgesetzliche Regelungen, und so steht auch die Kinderrechtsvorlage, die wir heute beschließen werden, im Einklang mit der Verfassung.

Gerade die Grünen, die behaupten, eine Partei zu sein, die mit Sachargumenten ar­bei­tet, blockieren aus parteipolitischem Kalkül eine Abstimmung. (Abg. Öllinger: „Blockie­ren“?) Das empfinde ich als unglaubwürdig und nicht zuletzt auch als sehr bedenklich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was heißt „blockieren“? Dagegen sein wird man wohl noch dürfen!)

Frau Kollegin Glawischnig-Piesczek, heute ist ein wichtiger Tag, weil dieses Gesetz beschlossen werden wird. Man darf sich selbstverständlich nicht auf irgendwelchen Lorbeeren ausruhen. Es ist wichtig, dass wir in Österreich ein einheitliches Jugend­schutzgesetz, ein einheitliches Jugendwohlfahrtsgesetz haben. Das ist eine Aufforde­rung an die Frau Staatssekretärin, die nicht mehr da ist: Es darf im Jahr 2011 nicht mehr so sein, dass es vom Wohnort eines Jugendlichen abhängt, welchen Schutz er oder sie genießt. Wir sind alle gefordert, diesen Umstand zu ändern, denn alle Jugend­lichen, alle Kinder sind gleich. Mit diesem Kinder-B-VG setzen wir den ersten Schritt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 119

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.46.36

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kinderrechte kommen in die Verfassung, und dies mit Verspätung, wie wir gehört haben. Ich möchte aus voller Überzeugung sagen, dass ich Verspätungen gerne in Kauf nehme, wenn sie letztendlich dazu führen, dass eine größtmögliche Zustim­mung im Parlament zustande kommt, denn nur dann ist gewährleistet, dass auch entsprechende Auswirkungen des Gesetzes spürbar werden.

Die Kinderrechte in der Verfassung sind das eine, das tägliche Leben ist etwas anderes. Wir erhalten immer nur dann Kenntnis davon, dass in Familien irgendetwas schiefläuft, wenn die Öffentlichkeit aufmerksam wird, und das ist dann der Punkt, wo das Gesetz auf den Plan tritt. Wir haben aber auch darüber nachzudenken, was zu tun wäre, um bereits das Aufkeimen solcher Situationen zu verhindern. Hier hätten wir Präventionsarbeit zu leisten. Wie das am besten zu machen ist, sollten wir gemeinsam beraten. Wir haben dazu heute schon verschiedenste Ausführungen gehört.

Ich bin auch froh darüber, dass wir das heute beschließen, auch wenn es nicht alles ist, was sich andere hier im Parlament vorstellen. Ich sage Ihnen ganz offen: Besser ist es, dies auf den Weg zu bringen, als ewig auf etwas zu warten, was nicht zustande kommt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47

13.47.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz über die Rechte von Kindern in 1051 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 des Gesetzentwurfes bezieht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen somit sogleich zur Abstimmung über den Artikel 1 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 120

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Reform der Jugendwohlfahrt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Bundes-Kinder- und Jugend­hilfegesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsaus­schus­ses, seinen Bericht 1052 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

13.51.464. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (995 d.B.): Protokoll zur Änderung des Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atom­gemeinschaft beigefügt ist (1053 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Hübner. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.52.31

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es bei dem Punkt? – Mit dem Lissabon-Vertrag wird die Zahl der Europaabgeordneten um 14 auf 751 erhöht, und mit dem Protokoll, über das wir jetzt debattieren, wird die Zahl der Abgeordneten vorübergehend um 18 erhöht, und zwar deshalb, weil man die vier Abgeordneten, die ausscheiden müssten, um den neuen Abgeordneten Platz zu machen, nicht dazu zwingen kann oder will, ihre Man­date zurückzugeben. Grund der jetzigen Problematik ist, dass der Lissabon-Vertrag


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erst nach der letzten Wahl zum Europäischen Parlament in Kraft getreten ist und daher die derzeitige Besetzung noch nach der alten Rechtslage erfolgt ist.

Jetzt könnte man sagen, es ist ja gut, denn Österreich bekommt zwei Sitze mehr. Noch besser ist: Von den zwei Sitzen würde ein Sitz dem Kollegen Stadler zustehen. Der hat aber vor laufenden Kameras, das habe ich gesehen, gleich nach der letzten EU-Wahl erklärt, dass er diesen Sitz keinesfalls annehmen wird, da er nicht von Gnaden des Lissabon-Vertrags in das Europäische Parlament einziehen wird. Sofern Kollege Stadler seine Meinung nicht geändert hat, was ich bei ihm und seinen klaren Linien ja nicht annehme, wird daher Kollege Jörg Freunschlag ins Europäische Parlament einziehen. (Abg. Mag. Stadler: Wird Freunschlag verzichten?) – Das werden wir sehen, ob Kollege Freunschlag verzichtet. Und dann werden wir schauen, wer dem Kollegen Freunschlag nachfolgt. (Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Offensichtlich, ja.

Wir könnten damit also sehr zufrieden sein. Kollege Freunschlag ist ein verdienter und erfahrener Politiker, ein Angehöriger unserer Kärntner Partnerorganisation und würde Österreichs Interessen bestmöglich wahren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Verdient stimmt! Er hat sehr viel verdient!)

Trotz dieser Qualifikationen des Kollegen Freunschlag und trotz der Verstärkung um zwei österreichische Abgeordnete gehen wir davon aus, dass die Effizienz des Europäischen Parlaments, seine Entscheidungsfähigkeit, Entscheidungsfreudigkeit und die Qualität seiner Entscheidungen nicht nachdrücklich verbessert werden wird.

Schauen wir uns daher an, was das Ganze bedeutet: Was bedeuten 18 zusätzliche Abgeordnete auf zweieinhalb bis drei Jahre, je nachdem, wie lange es noch dauert, bis die Änderung vollzogen wird? Allein die Gehaltskosten eines europäischen Abge­ordneten, also der Abgeordnete selbst, seine im Schnitt vier Mitarbeiter – in der Regel zwei Juristen, zwei Sekretäre –, seine Entschädigungen und Reisekosten betragen abgerundet zirka 500 000 € im Jahr. 18 Abgeordnete bedeuten daher 9 Millionen € im Jahr; das Ganze mal zwei oder mal drei, wie man will, also irgendwo zwischen 18 und 27 Millionen €. Und das ist noch ohne die Kosten für die zusätzlichen Arbeitsplätze, die für diese Abgeordneten geschaffen werden müssen.

Jetzt kann man natürlich sagen, wenn ich in den Kategorien der Kollegin Plassnik denke, für die ja 15 Milliarden € auch nichts sind – Volksabstimmung ist ja lächerlich –: Was sind denn für Menschen unserer Größenordnung oder für eine Organisation von der Bedeutung der EU 28 Millionen €? Das könnte ich sagen – das sagen wir aber nicht! Wir halten das Ganze für einen Schildbürgerstreich. Man ist nicht in der Lage, so oder so eine Entscheidung zu treffen, wählt um fremdes Geld, nämlich das Geld der EU-Beitragszahler, die teuerste Lösung und gibt 18 Abgeordnete dazu. Das ist nicht im Interesse unserer Wähler, das ist nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung und das ist auch nicht im Interesse der Wähler und Anhänger der anderen politischen Parteien. Deswegen ersuchen wir, so wie wir das selbst auch zum Ausdruck bringen werden, um ein klares Nein zu diesem Vorschlag. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.56.19

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Man kann es natürlich immer von der Geldseite her sehen, Herr Kollege Hübner, aber es gibt auch andere Sichtweisen. Wenn man sich den Vertrag von Lissabon anschaut, weiß man, dass es Veränderungen gegeben hat, seit dieser Vertrag in Kraft getreten ist. So haben die nationalen Parlamente mehr Mit­


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spracherechte bekommen, und das Europäische Parlament ist seit Inkrafttreten dieses Vertrags von Lissabon in den wichtigsten Tätigkeitsfeldern der EU gleichberechtigter Gesetzgeber. Das heißt, dass direkt durch die Bevölkerung gewählte Abgeordnete die Möglichkeit haben, Einfluss auf die europäische Gesetzgebung zu nehmen. Das Europäische Parlament ist von entscheidender Bedeutung, wenn es um die Stärkung der Demokratie in der EU geht. Und genau deshalb ist es so erfreulich, meine Damen und Herren, dass das Europäische Parlament dies genauso sieht und stets mehr Bür­gernähe und Transparenz in der EU einfordert.

Die Neuverteilung der Mandate, die wir heute genehmigen werden, führt zu einer weiteren Stärkung des Europäischen Parlaments und ist daher auch in unserem Sinne. Wir sehen das absolut positiv. Österreich profitiert von dieser Änderung im Übrigen nicht nur durch zwei zusätzlich Mandate, sondern generell, denn hinter dieser Ände­rung steckt auch eine demokratiepolitische Überlegung. Die kleinen Staaten in Europa erhalten durch die Neuverteilung mehr Mandate als bisher und werden so in ihrer Position den großen Staaten gegenüber gestärkt. (Abg. Scheibner: Frankreich ist nicht gar so klein!) Das heißt, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger werden mehr Gehör finden.

An dieser Stelle darf ich auch den neuen Abgeordneten, wenn sie es denn dann sein werden, alles Gute wünschen, wer immer auch der zweite Abgeordnete ist. Auf jeden Fall wünsche ich unserem SPÖ-Kandidaten Josef Weidenholzer alles Gute, der durch seine Erfahrungen als Präsident der Volkshilfe sicherlich das Europäische Parlament sehr bereichern wird können und mit Nachdruck auf die Verwirklichung eines sozialen Europas drängen wird. Da bin ich mir ganz sicher. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Bartenstein.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.58.54

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FPÖ wendet sich gegen diesen Geset­zesvorschlag. So weit, so schlecht! Wir kennen das, wenn Europa, erst recht, wenn der Vertrag von Lissabon auf der Tagesordnung steht. Nichts Neues also, könnte man sagen.

Herr Kollege Hübner, Ihr Argument mit den Kosten halte ich allerdings für gefährlich. Wenn demokratische Vorgangsweisen, demokratische Institutionen nach ihren Kosten bewertet werden, was sagen Sie dann zum notwendigen Umbau, der General­sanie­rung dieses Hauses angesichts der entstehenden Kosten in dreistelliger Millionen­höhe? (Abg. Neubauer: Viel zu teuer!) Was machen wir denn da? Stellen wir dann auch der Existenz des Parlaments dieses Landes die Kosten für dieses Parlament gegenüber? – Da befinden wir uns absolut auf Glatteis.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht gering zu schätzen, dass Öster­reich 19 statt 17 Abgeordnete entsenden wird, das bedeutet ein Plus von zehn Prozent. Das ist schon etwas wert im Sinne der politischen Gewichtung in einem, wie Frau Muttonen richtigerweise gesagt hat, weiter aufgewerteten – das bedeutet der Vertrag von Lissabon unter anderem – Europäischen Parlament. Da sollen, wollen und werden wir dabei sein.

Im Übrigen soll man an dieser Stelle schon auch einmal den großen europäischen Mit­gliedsländern dankbar sein für ihr Verständnis für die Kleinen. Wir kennen die Kenn­zahl, die für Deutschland gilt. 99 Abgeordnete sind es derzeit. Das kleine Österreich –


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ein Zehntel Deutschlands, was die Bevölkerung anbelangt, sonst sind wir in vielem viel, viel größer – bringt jetzt 19 Abgeordnete, das ist ein Fünftel, auf die Waagschale, und das ist eine deutlich überproportionale Vertretung. Also die Kleinen haben in Europa schon ein Stück weit mehr zu reden. Das spiegelt sich ja in der Besetzung der Kom­mission wider. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Pikanterie sozusagen nicht nur am Rande wird die Besetzung nicht des Mandates durch die Sozialdemokratie, sondern die Besetzung des zweiten Mandates sein. Mal sehen, ob Kollege Stadler zu seinem Wort steht. Sie sind ja wortgewaltig. Jetzt werden wir sehen, ob dieses gewaltige Wort, das Sie hier immer wieder führen, auch nachhaltig ist. Ob Stadler oder Freunschlag, wir werden sehen, wer nach Brüssel geht. Die jüngsten Erfahrungen mit Ihrer Fraktion – nicht mit Ihnen persönlich – sind ja eher solche, die mich zur Meinung bringen, Sie werden doch gehen. Denken Sie an Ihren Kollegen Grosz, der gesagt hat, wenn die Wahl soundso ausgeht, dann bin ich weg, lege alle Mandate zurück. Die Wahl ist soundso ausgegangen, und er ist immer noch da. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.01.37

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Die Vor­geschichte wurde ja schon erörtert, warum es zu dieser Erhöhung der Mandate kommt. Aber warum man, lieber Herr Kollege Hübner, einer derartigen Bagatelle, wenn man so will – es geht um 15 zusätzliche Mandate netto – nicht zustimmt, ist mir absolut unerklärlich. Man muss sich ja darüber im klaren sein, dass so einer Mandatsverteilung immer ein komplizierter Aushandlungsprozess vorausgeht. Und in diesem Fall sind, wie Kollege Bartenstein schon erwähnt hat, die kleinen und die kleinsten Länder der Europäischen Union eindeutig überrepräsentiert hinsichtlich der Bevölkerungszahl, und die großen Länder haben entsprechend weniger Mandatare im Europäischen Parlament. Also ich halte das für einen durchaus angemessenen Kompromiss, der hier gefunden wurde.

Vielleicht an dieser Stelle ein Wort zum Europäischen Parlament an sich. Das funk­tioniert, soweit ich das beurteilen kann, schon ziemlich anders als das unsrige. Es ist extrem selbstbewusst und zunehmend selbstbewusst gegenüber der Europäischen Kommission und gegenüber den Räten beziehungsweise dem Europäischen Rat, und es wird dort sehr viel fraktionsübergreifend und vor allem natürlich nationen­übergreifend gearbeitet. Also insofern ist es wiederum von beschränkter Bedeutung, würde ich fast sagen, wie viele Abgeordnete ein einzelnes Land dann dort hat, weil es im Abstimmungsverhalten in der Regel eben nicht nach Ländern geht, sondern am ehesten nach Fraktionen, aber auch da durchaus bunt gemischt.

Das steht im Gegensatz zum Parlament in Wien, wo wir fast immer Regierung gegen Opposition haben, unabhängig jetzt von den einstimmigen Sachen oder denen, wo halt Teile der Opposition mit der Regierung gehen und andere nicht. Aber insgesamt haben die eine ganz andere Einstellung zu ihrer Arbeit als wir hier. Das ist wirklich eine Art Arbeitsparlament, mit den entsprechenden Nachteilen, wie zum Beispiel, dass man unsere Abgeordneten hier in Österreich selten sieht, weil sie entweder in Brüssel oder auf Reisen oder in Straßburg sind und es sich rein zeitlich gar nicht ausgeht, so viele Kontakte und Termine in Österreich wahrzunehmen.


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In Summe aber ist es, glaube ich, ein sehr gutes, sich sehr gut entwickelndes Parla­ment, das zunehmend seine Autonomie, seine Selbständigkeit gegenüber den anderen wichtigen Organen der Europäischen Union beweist.

Was die Vorlage heute betrifft, so werden die Grünen dieser mit Sicherheit zustim­men. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Scheibner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.36

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Bartenstein, Sie haben gesagt, Sie werden mit Spannung die Entscheidung des Abgeordneten Stadler verfolgen, und haben dann so ein bisschen einen Seitenhieb auf Ankündigun­gen, die dann nicht eingehalten worden sind, gemacht.

Herr Kollege Bartenstein, Sie sollten genau wissen, dass es in der Politik halt manch­mal der Fall ist, dass dann, wenn sich die Lage ändert, sich auch politische Mandatare anders entscheiden und politische Strategien anders angelegt werden. Kollege Bartenstein, ich schaue auf den Abgeordneten Schüssel. Er hat damals im Jahr 1999 angekündigt, als Dritter in die Opposition zu gehen, und da wären Sie auch mit in die Opposition gegangen. Wir alle waren sehr froh, dass es dann eine Regierung gegeben hat, wo der Dritte den Bundeskanzler gestellt hat, was gute sieben Jahre mit Ihnen auch als Bundesminister und mit uns in der Regierung für Österreich gebracht hat.

Herr Kollege Bartenstein, ich habe bis jetzt nicht gehört, dass Sie diesen Meinungs­schwenk Ihres damaligen Bundeskanzlers Schüssel kritisiert hätten, aber ich verstehe schon, dass, wenn der Kollege Stadler nach Brüssel geht, er uns allen – und da sind wir uns, glaube ich, einig hier im Parlament – sehr fehlen wird. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Aber ich sage Ihnen, er wird dann auch Brüssel ordentlich aufmischen. Und das ist sicherlich nichts Schlechtes und auch durchaus notwendig.

Kollege Hübner, Sie stimmen jetzt gegen gegen diese Vorlage, was ich nicht ganz verstehe, denn Sie haben oft zu Recht kritisiert, dass Österreich in der Europäischen Union unterrepräsentiert ist. Jetzt verstehe ich schon, dass man dem Lissabon-Vertrag sehr kritisch gegenüberstehen kann, aber dieser eine Punkt ist auf jeden Fall ohne Nachteil für Österreich, sondern von Vorteil. Und Sie hoffen ja sogar noch, dass der Kollege Freunschlag ins Parlament einziehen kann. Also wäre es sogar ein doppelter Vorteil für Ihre Fraktion. Trotzdem stimmen Sie reflexartig dieser Vorlage nicht zu.

Übrigens auch interessant: Da würden Sie sich wünschen, dass der Kollege Freunschlag, der auf einer BZÖ-Liste kandidiert hat, jetzt als FPÖ-Mandatar auf dieser Liste in Straßburg einziehen würde. Im Jahr 2005 haben Sie ähnliche, aber nicht vergleichbare Aktivitäten noch als Mandatsraub und Bruch des Wählerversprechens qualifiziert. Also auch hier merkt man: Der Standort bestimmt den Standpunkt. (Beifall beim BZÖ.)

Für uns, meine Damen und Herren, ist eines zu kritisieren, und das zeigt schon wieder ein bisschen die Abläufe in der Europäischen Union. Da gab es eine Wahl zum Europaparlament nach einem alten Modus, nach dem die Mandate aufgeteilt worden sind. Dann gibt es einen Vertrag von Lissabon, der die Strukturen neu ordnen sollte. Viele Jahre hat man in Europa darum gerungen und viel Zeit vergeudet, weil man sich über Strukturen unterhalten hat, anstatt über Inhalte Europas zu diskutieren.

Und jetzt braucht man zwei Jahre, wenn nicht länger, um diese Beschlussfassung des Lissabon-Vertrages in einer relativ einfach zu lösenden Materie auch umzusetzen. Das


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nur deshalb, weil man sagt, man kann ja Deutschland das nicht antun, dass man Mandate aberkennt. Das hätte man auch schon im Lissabon-Vertrag regeln können. Dass es jetzt so lange dauert, dass man das umsetzt, und dass man damit dem Wähler­willen – neu organisierte Strukturen aufgrund des Lissabon-Vertrages – eben nicht entspricht, das ist auch ein bisschen symptomatisch für die Europäische Union. Das ist leider anscheinend nicht zu bewältigen und nicht zu beheben.

Wir stimmen aber dieser Vorlage natürlich zu, weil sie einen Vorteil für Österreich bringt und wir ja immer wieder die Forderung erheben, dass man bei aller Notwen­digkeit, europäisch zu denken, schon auch auf die Interessen des eigenen Landes besonders schauen soll. (Beifall beim BZÖ.)

14.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.08.54

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist von den Abgeordneten Muttonen, Bartenstein, Van der Bellen eigentlich schon alles gesagt worden.

Zwei Anmerkungen noch: Herr Klubobmann Scheibner hat gesagt, das hätte man schon im Vertrag von Lissabon lösen können. Der hätte ja mit 1. Jänner 2009 in Kraft sollen. Da wusste man nicht, dass sozusagen das Inkrafttreten tatsächlich im De­zember ist und die Wahlen dann davor sind.

Aber ich wollte eigentlich eine andere Anmerkung machen, und zwar zur FPÖ, die auch im Verfassungsausschuss schon dagegen gestimmt hat. Ich finde es einiger­maßen erstaunlich für eine Partei, die sich immer, sagen wir so, den Patriotismus an die Brust heftet, dass sie dann, wenn es darum geht, dass Österreich international, in dem Fall in der Europäischen Union, vertreten wird, immer dagegen stimmt.

Wir hatten die Diskussion auch mit der Frage der Kosten schon in einem anderen Zusammenhang. Jetzt kommt wieder das Argument: Demokratie kostet. Ja, Demo­kratie kostet. Im Vertrag von Lissabon ist diese Ausweitung vorgesehen worden, und ich denke, wenn wir die Möglichkeit haben, stärker vertreten sein zu können in einem internationalen Gremium, in dem Fall im Europäischen Parlament, dann sollten wir das im Interesse von Österreich nutzen und sich nicht dagegen aussprechen.

Ich bin trotzdem froh darüber, dass es so eine breite Mehrheit im Ausschuss gegeben hat, und ich danke schon vorweg, wenn das auch im Plenum des Nationalrates der Fall ist. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.40

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wie immer die verwandtschaftlichen oder politischen Beziehungen zwischen BZÖ und FPÖ sein mögen – sie sind bald jeden Tag anders –, ich verstehe, dass die FPÖ sagt: Wenn der Stadler kommt, stimmen wir dagegen, aber wenn der Freunschlag käme, wären wir eh dafür. Leute, macht euch das selbst aus! Denkt nur bitte bei dieser Entscheidung an Österreich! Das ist entscheidend. (Beifall bei der ÖVP.)

Punkt zwei: Es gibt mehrere Parteien in diesem Haus, die immer dann, wenn sie selber nicht an der Mandantschaft sind, den anderen die Kosten vorrechnen, sind sie aber


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selber an der Mandantschaft, spielen Kosten keine Rolle. Siehe – das können Sie sich natürlich selber ausmalen – Kärnten zum Beispiel!

Wir haben uns gefreut, dass Herr Abgeordneter Scheibner hier gesagt hat, die Euro­päische Union ist von Vorteil. Jawohl, es ist so! Ich denke, es ist ein wesentlicher Teil unserer Entwicklung seit dem Jahr 1995. Und das Besondere: Wir können dort voll und ganz mitbestimmen. Wir hatten von Anbeginn Kommissarstellen besetzt, wir sind im Parlament vertreten, und wenn wir heute dieses Änderungsprotokoll beschließen, dann ist es tatsächlich so, dass wir von 17 auf 19 Mandate aufstocken. Damit sind alle Mitgliedstaaten in entsprechender Weise vertreten.

Das Besondere am Lissabon-Vertrag ist, dass er erst dann zustande kam, als der Verfassungsvertrag nicht zustande gekommen ist. Ich denke, es ist wesentlich, dass die kleinen Staaten besser benotet sind und bessere Vertretungsmöglichkeiten haben als früher. Das ist unter anderem ein großes Verdienst des Herrn Bundeskanzlers Dr. Schüssel, der enorm daran mitgewirkt hat, dass auch die kleinen Staaten in entsprechender Weise mitbestimmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Und bezüglich der Mandatsaberkennung möchte ich die, die das hier fordern, nur fragen: Würden Sie, wenn Sie gewählter Mandatar sind, so wie es zum Beispiel jetzt bei den Deutschen der Fall ist, eine Mandatsaberkennung jemals bejahen? – Niemals!

Deshalb denke ich, dass dieses Änderungsprotokoll mit der neuen Zahl 754, die natür­lich nur übergangsmäßig festgeschrieben ist, richtig ist. Und ich hoffe, dass unsere Vertreter dort immer wieder an ihre Aufgabe denken, nämlich dass sie Österreich zu vertreten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


14.13.10

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Mysterium ist rasch aufgeklärt. Ich verhehle nicht, Kollege Bartenstein, dass ich aus privaten und aus beruflichen Gründen, aber auch aus politischen Gründen, weil ich mich im Nationalrat durchaus daheim fühle und die Tätigkeit hier herinnen nicht ungern ausübe, gerne im Nationalrat verblieben wäre.

Aber glauben Sie mir, eines mache ich sicher nicht, und das habe ich noch nie in meinem politischen Leben gemacht: dass ich den Willen meiner Wähler verrate. Die Wähler, die mir bei der letzten EU-Wahl, Juni 2009, die Stimme gegeben haben, haben mit Sicherheit nicht den Herrn Mölzer gewählt, haben mit Sicherheit nicht eine Partei gewählt, die von Heinz-Christian Strache geführt wird, sondern haben bewusst eine andere Partei gewählt. Und diesem Wählerwillen fühle ich mich verpflichtet. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn also jetzt mein Nachrücker mit dem Herrn Scheuch glaubt, er kann dieses Mandat, das von mir erreicht wurde, weil mir Wähler in einem vertretbaren Ausmaß Vertrauen gegeben haben, wenn die glauben, dass sie sich dieses Mandat ... (Abg. Kopf: In einem vertretbaren Ausmaß?) Kollege Kopf, es sind Wähler! Wir respektieren den Wählerwillen. Es sind Wähler, die in diesem Ausmaß jedenfalls anders gewählt haben, als der Herr Freunschlag mit seinem politischen Verhalten jetzt mit diesem Auftrag umgehen würde. Und daher werde ich das nicht tun.

Und glauben Sie mir noch etwas, Herr Kollege Donabauer: Ich habe schon manche politische Funktion ausgeübt, wo man am Anfang gesagt hat: So, jetzt ist er endgültig entsorgt! Ich kann mich noch genau an die höhnischen Kommentare erinnern, als ich


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Volksanwalt wurde. Na, auf einmal haben es all jene bereut! Glauben Sie mir, ich bin in der Lage, aus einem politischen Auftrag, den ich übernehme, das Optimale heraus­zuholen – auch im Interesse des Landes. Und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich dort draußen auch eine Stimme sein werde für Österreich, jetzt nicht nur für eine bestimmte Partei, sondern für Österreich, um das Optimale für Österreich heraus­zuholen. (Beifall beim BZÖ.)

14.15

14.15.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 995 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht darauf, dass durch den vorliegenden Staatsvertrag die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union geändert werden, stelle ich zunächst im Sinne des Art. 50 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die bulgarische, dänische, englische, estni­sche, finnische, französische, griechische, irische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Ein­sichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

14.17.115. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1028 d.B.): Bundes­gesetz über den Verbraucherschutz bei Teilzeitnutzungs- und Nutzungsver­günstigungsverträgen (Teilzeitnutzungsgesetz 2011 – TNG 2011) (1056 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Eingestellte Redezeit: 4 Minu­ten. – Bitte.

 


14.17.42

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir setzen jetzt die letzte Timesharing-Richtlinie der Europäischen Union um. Wer Kollegen Maier im Justizausschuss gehört oder sich mit der Materie näher befasst hat, weiß, dass insbesondere in Spanien, in Italien und da und dort auch in Österreich


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einige Fälle dazu geführt haben, dass ein strenger Verbraucher- und Konsumenten­schutz im Bereich von Timesharing-Modellen in Europa Platz gefunden hat.

Es haben sich ja auf den Kanarischen Inseln und sonst wo geradezu kriminelle Ver­einigungen gebildet, die urlaubswilligen Konsumenten Timesharing-Modelle aufge­schwatzt haben, die keinen Gegenwert geboten haben.

Die Umsetzung dieser Richtlinie ermöglicht es jetzt, dass in ganz Europa für alle europäischen Bürger ein einheitlicher Rechtsschutz stattfindet. Die Umsetzung in Österreich war in einer neu kodifizierten Fassung deswegen notwendig, weil neue Komponenten dazugekommen sind. Das heißt, auch Verträge über die Mitbenutzung von zum Beispiel Wohnmobilen oder Schiffen wurden aufgenommen.

In Summe bedeutet das, dass Österreicher, Deutsche und Niederländer, die Haupt­betroffenen, jetzt auch auf den Kanarischen Inseln, und sogar dann, wenn Spanien die Richtlinie nicht rechtzeitig umsetzt, umfassenden Rechtsschutz in solchen Vertrags­ange­legenheiten erfahren, weil die Richtlinie unmittelbar wirksam ist, begünstigend für den Konsumenten. Hier entfaltet das Europarecht für die europäischen Bürger unmittelbar positive Wirkung und beschützt den Konsumenten davor, übers Ohr gehauen zu werden.

In diesem Sinne freue ich mich, dass, auch wenn in Österreich die Vertrags­gegen­stände eigentlich allesamt bereits auf die eine oder andere Weise mittelbar geregelt waren, wir jetzt ein einheitliches europäisches Recht vorfinden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.20.12

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Beschluss der Umsetzung dieser Richtlinie – die sich auf bestimmte Teilaspekte bezieht – wird der Verbraucherschutz doch wesentlich verbessert und auch an aktuelle Entwicklungen angepasst. Diese Richtlinie wird mit 23. Februar dieses Jahres gelten, sie wird also in innerstaatliches Recht umgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt unterliegen auch die neuen Verträge, die abgeschlossen werden, diesem Gesetz.

Für Österreich ist diese Richtlinie von wesentlicher Bedeutung, da davon ein deutlich erweiterter Anwendungsbereich umfasst ist – im Gegensatz zur Vorgängerrichtlinie, die Erwerbe nur im Hinblick auf bestimmte Aspekte in den Verträgen geschützt hat. Das heißt, es waren zum Beispiel bewegliche Objekte, die jetzt drinnen sind – wie Wohn­mobile und alle anderen Übernachtungsmöglichkeiten, die da hineinfallen – nicht be­inhaltet.

Aus konsumentenschutzrechtlicher Sicht ist die Erweiterung des zeitlichen Anwen­dungsbereiches von besonderer Bedeutung. Bisher war es so, dass die Rechte erst bei einer Mindestdauer von drei Jahren gegolten haben. Künftig fallen auch Nutzungs­rechte in den Anwendungsbereich, wenn die Laufzeit eines solchen Vertrages nur ein Jahr beträgt, und auch andere Verträge sind in den Regelungskreis mit einbezogen, wie zum Beispiel Wiederverkaufs- oder Tauschverträge.

Im Zentrum stehen zwei grundlegende Überlegungen, nämlich dass die Richt­linien­vorgaben vollständig in unser Rechtssystem integriert werden sollen und dass – ob­wohl die Regelung sehr komplex ist – diese sehr einfach und überschaubar übernom­men werden soll.


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Betonen möchte ich noch, dass es – und das hat Kollegin Hakl schon gesagt – keine Alternative gegeben hat. Wir mussten ein neues Gesetz machen. Das alte konnte nicht mit einer Novelle erweitert werden, da nun viele neue Bestimmungen enthalten sind. Für die österreichischen Staatsbürger ist diese Richtlinie relevant, vor allem aber ist wichtig, wie die beiden EU-Mitgliedsstaaten Spanien und Griechenland diese Vollhar­monisierung umsetzen.

Das Hauptproblem sind aber jene Länder – und da ist Kollege Maier ja Experte, er wird das sicher noch ausführen –, die nicht in der EU sind. Da wäre es sicher sinnvoll, wenn man mit diesen Ländern bilaterale, völkerrechtliche Verträge abschließen würde, um auch da einen Verbraucherschutz zu gewährleisten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.21

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Begriff Teilnutzungsgesetz klingt sperrig. Tatsächlich bringt das Teilnutzungs­gesetz wesentliche Fortschritte für die KonsumentInnen. Vor allem aber zeigt es, weil es ja auf einer Richtlinie der Europäischen Union beruht, dass von dort, entgegen allen Vorurteilen, nicht nur Dinge kommen, die irgendwelchen mächtigen Lobbys helfen, sondern auch solche, die tatsächlich die Konsumentenrechte stärken. Daher ist das eine gute Sache.

Es ist aber auch eine gute Sache, wie dieses Gesetz umgesetzt wurde. Frau Justiz­ministerin, Sie haben einmal in einer Fernsehdebatte gesagt, ich solle Sie nicht nur kritisieren, sondern auch loben. Heute besteht die Möglichkeit dazu, weil nämlich darauf verzichtet wurde, bei Richtlinien die Gelegenheit zu nutzen, auf nationaler Ebene zu nivellieren. Das ist nicht passiert, sondern es ist gut umgesetzt worden, die österreichischen Schutzstandards sind erhalten worden. Dafür kann man Sie nur loben.

Meine Hoffnung ist, dass Sie vielleicht durch mein Lob ein bisschen auf den Ge­schmack kommen und noch die eine oder andere Initiative umsetzen, damit ich Sie weiter loben kann. Ich empfehle Ihnen die grünen Anträge zur Lektüre. Da kriegen Sie Anregungen, was Sie noch alles machen können, um mehr grünes Lob zu bekommen. Schauen Sie sich unsere Anträge zur Reform des § 278a oder die wichtige Debatte zur Reform der Stellung des Staatsanwaltes – Stichwort Weisungsrecht – an.

Bei der Reform des Familienrechts gäbe es beispielsweise beim Namensrecht viel zu tun, beim Privatkonkurs gäbe es viel zu tun, im Jugendstrafvollzug – wir haben es schon diskutiert – gäbe es viel zu tun. Es gibt also jede Menge Möglichkeiten, Frau Justizministerin, sich Lob von der grünen Fraktion abzuholen. Vielleicht kommen Sie auf den Geschmack und wollen sich künftig eher als Reformministerin präsentieren  dann gibt es Lob, und ich glaube, dass dann auch die öffentliche Darstellung ihrerseits erfolgreicher wäre. Es ist grundsätzlich nicht meine Aufgabe, Ihnen Empfehlungen zu geben, aber ich sage und garantiere Ihnen: Es schadet nie, in grünen Anträgen zu blättern und diese zu studieren. (Beifall bei den Grünen.)

Zurück zum Gesetz: Es ist schon von meinen zwei Vorrednerinnen gesagt worden, wo die konkreten Verbesserungen liegen, nämlich bei der Ausdehnung auf zusätzliche Vertragsarten und auf zusätzliche Objekte – also nicht nur Immobilien, sondern auch Wohnmobile, Wohnwägen, sozusagen alle Möglichkeiten, seinen Urlaub zu verbringen. Ich habe aber eine Frage an Sie  wir stimmen zu, keine Frage, es gibt nur einen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 130

Punkt, der mir aufgefallen ist, wo es in den Stellungnahmen Kritik gegeben hat, dass möglicherweise die Richtlinie nicht komplett umgesetzt wurde.

Was ist, wenn jemand von einem Vertrag zurücktritt? Dann werden bestimmte Gebühren, die für öffentliche Stellen anfallen, wie zum Beispiel Vertragserrichtungs­gebühren, nicht zurückgezahlt. Das heißt, da wäre ein kostenloser Rücktritt, nach der jetzigen Gesetzeslage, nicht möglich. Das halten wir deswegen für relevant, weil die alte Richtlinie sehr wohl Ausnahmen dafür vorgesehen hat. Daher war es auch im alten Teilnutzungsgesetz mit Sicherheit richtlinienkonform, dass in diesem Fall keine volle Rückerstattung erfolgt. Jetzt ist das anders, weil die Richtlinie diese Möglichkeit nicht mehr vorsieht.

Ich würde Sie gerne fragen, wie Sie das sehen. Glauben Sie, dass Ihr Gesetzes­vorschlag in diesem Punkt trotzdem der Richtlinie komplett entspricht?  Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.54

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ursprünglich war es ja ein durchaus interessantes Projekt, dieses Timesharing, also dass auch Leute, die sich keine Villen oder Ferienhäuser leisten können, diese Objekte gemeinsam mit anderen erwerben und sich dann unter­einander während der Urlaubszeit die Nutzung aufteilen.

Nur leider ist auch diese Idee, wie so manche andere gute Idee, in die Fänge von Betrügern und Spekulanten gekommen und letztlich musste sich dann der Konsument mit den Schäden selbst auseinandersetzen. Deshalb ist diese EU-Richtlinie richtig und wichtig. Es hat ja auch einige Jahre gedauert  denn diese Modelle gibt es ja schon seit vielen Jahren am Markt –, bis die Europäische Union diese Richtlinie verab­schie­det hat.

Es hat dann auch nicht wenig Zeit gebraucht, bis wir diese hier in Österreich in ein Gesetz kleiden konnten – eigentlich auf den letzten Drücker, weil ja mit Mitte Februar die Frist zur innerstaatlichen Umsetzung ausläuft. Wir haben das auch im Ausschuss diskutiert und Sie haben gesagt, durchaus nicht uncharmant, dass das Ministerium so viele andere Gesetzesvorlagen zu bearbeiten gehabt hat, dass diese Umsetzung deshalb ein bisschen länger gedauert hat. Sei’s drum! Kritik gibt es ohnehin an anderer Stelle immer wieder. Diese Umsetzung hier und heute ist gut gelungen, ist wichtig und notwendig, und wir stimmen selbstverständlich zu! (Beifall beim BZÖ.)

14.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.33

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde ja jetzt schon vieles über dieses Teilzeitnutzungsgesetz gesagt. Ich glaube, was noch zu ergänzen wäre, ist, dass es eine Materie ist, die nicht nur  wenn auch in Österreich überwiegend  den Konsumenten betrifft oder betreffen kann, sprich Personen, die solche Möglich­keiten von geteilten Urlaubsdomizilen in Anspruch nehmen, sondern dass dieses Modell durchaus auch – ich weiß nicht, ob es das in einem größeren Ausmaß bisher in Österreich gibt – zur Finanzierung von Urlaubszielen hier in Österreich denkbar wäre.


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Ich glaube, dass mit diesem Gesetz eine gute Absicherung geschaffen wurde, ein klares rechtliches Fundament, um solche Modelle entwickeln zu können. Also insofern wäre es vielleicht auch eine neue Idee für die Entwicklung von Urlaubsdestinationen in Österreich  weil damit, glaube ich, auch klar ist, dass es da um nichts Bedenkliches geht, sondern um eine gute rechtliche Möglichkeit, dass mehrere Leute ihre Mittel bündeln und zur Finanzierung verwenden.

Es freut mich auch, dass alle Fraktionen für diese Umsetzung Lob äußerten, auch Kollege Steinhauser, der die Tätigkeit der Frau Bundesministerin und des Justizres­sorts anerkannt hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.) Ich glaube, man kann das durchaus auch in die Vergangenheit hinein ausdehnen. Wenn wir uns anschauen, welche Vielzahl an Materien, an Novellen, an Gesetzen im letzten Jahr behandelt und durchaus auch einvernehmlich erledigt wurde, dann, glaube ich, ist schon ein gutes Arbeitspensum im Jahr 2010 abgehandelt worden, und ich bin zuversichtlich, dass das auch im Jahr 2011 so weitergehen wird.

Herr Kollege Steinhauser, die harmonische Linie und die Gemeinsamkeit freuen mich, also wenn es konstruktiver ins Jahr 2011 gehen soll. Ich habe den Eindruck, Ihre Fraktion müssen sie noch etwas mehr überzeugen, der Applaus für Ihre Wortmeldung war noch eher dürftig  aber auch das wird uns gemeinsam sicherlich noch gelingen. So sehe ich dem Arbeitspensum und den notwendigen Novellen, die wir in den nächsten Monaten gemeinsam erarbeiten und dann beschließen dürfen, mit Zuversicht entgegen.  Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

14.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.31.13

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen des Kollegen Donnerbauer anschließen. Ich glaube, es ist sehr positiv, worüber wir hier reden, nämlich über eine Voll­harmonisierung. Das ist eine doch sehr deutliche Verbesserung des Konsumen­tenschutzes – und zwar einheitlich in Europa. Wir haben derzeit, und es ist meine Hoffnung, dass wir da auch weiterdiskutieren, das Cold Calling im Fokus.

Gerade in letzter Zeit gab es immer wieder in Zeitungen und anderen Medien Berichte darüber, dass eine Unzahl von vor allem älteren Personen auf die unmöglichste Art und Weise, mit den unmöglichsten Versprechungen, mit Vertragsabschlüssen im Aus­land, wenn sie gerade irgendwo über der Grenze Schnitzel essen, über den Tisch gezogen werden. – Ich glaube, dass man dagegen auftreten muss, aber es zeigt auch, dass insgesamt in Europa vernünftige Projekte laufen.

Es gibt auch abseits davon, wenn ich das hier so sagen darf, in Europa Diskussionen über die Weiterentwicklung der Justiz. Es gibt eine Magna Carta of Judges, die unlängst im Europarat besprochen wurde, wo sich auch Österreich eingebracht und darauf hingewiesen hat, dass es eine wichtige Diskussion ist, die weiterzuführen ist.

Ich glaube auch, dass wir folgende Diskussion hier in Österreich führen sollten: Wie kann man die Justiz am besten weiterentwickeln? Es gibt immer wieder auch die Frage der Staatsanwälte, des Bundesstaatsanwaltes. Ich bin sehr froh, dass wir da auch aus Europa eine harmonisierende, gesamtheitliche Vorgabe zweier unterschiedlicher Mo­delle haben, die für uns jetzt zur Diskussion stehen.

Insgesamt darf man sagen, dass es in Europa somit momentan sehr viele interessante Diskussionen gibt, und wir sollten so intensiv wie möglich an diesen Diskussionen teil­


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nehmen und uns öffnen. Ich freue mich auf weitere Diskussionen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Fazekas zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.33.22

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Meine Vorredner haben ja schon im Wesentlichen detailliert ausgeführt, wo die Probleme liegen und wie schwierig es für Menschen ist, die geglaubt haben, sie hätten ein positives Modell gewählt und die dann fast für ewige Zeiten aus diesen Verträgen nicht mehr aussteigen können. Man sieht, dass sich immer wieder Ge­schäftsmodelle zu betrügerischen Tätigkeiten weiterentwickeln.

Wer sagt schon nein, wenn man in guter Stimmung gemütlich am Strand liegt und jemand einem anbietet, das Apartment, in dem man wohnt, nicht nur zu mieten, sondern sich vielleicht gleich daran zu beteiligen. Dann schlägt man zu, hat keine Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten und kommt etwas später drauf, dass das eigentlich kein gutes Geschäft war sondern ein Geschäft, bei dem man sich sehr lange bindet.

Das heißt, es ist eine grundsätzliche Notwendigkeit damit verbunden, das sehr intensiv zu regeln. Das dauert natürlich immer sehr lange: Man weiß ja, diese Geschäfts­modelle gibt es nicht erst seit gestern, sondern entsprechende Vorkommnisse liegen oft schon viele, viele Jahre zurück und haben zu sehr vielen Nachteilen für die Men­schen geführt, vor allem zu finanziellen Nachteilen. Daher ist es auch sehr positiv, dass diese Regelung umgesetzt wird.

Das ist ein Zeichen – das ist heute auch schon erwähnt worden – seitens der Euro­päischen Kommission, die ja immer wieder betont hat, auch was den Konsu­mentenschutz betrifft verstärkt tätig sein zu wollen, damit das wirklich aktiv ange­gangen wird. Es wird sicher noch viele andere Bereiche geben, die auch in ähnlicher Form geregelt werden müssen. Manche wurden ja schon geregelt, denken Sie an die klassischen Werbefahrten, wo den Menschen auch allerhand versprochen wurde und man sich vertraglich zu Käufen gebunden hat, die sich letztendlich als Unsinn heraus­stellten.

Das heißt, im Wesentlichen ist das eine ausgezeichnete Rechtsnorm, die direkt um­gesetzt wird, die den Menschen hilft, die allen hilft, die auch dazu beiträgt, dass jene, die solche Produkte verkaufen, irgendwie auf den rechten Weg geführt werden. Aber – was auch meine Vorredner gesagt haben – ich glaube, dass es vielleicht noch in der gängigen Praxis den einen oder anderen Abänderungsbereich geben wird. Das wird sich zeigen, aber vorerst einmal ist es ein ausgezeichnetes Gesetz. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Donnerbauer.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bun­desministerin Mag. Bandion-Ortner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.35.58

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lieben Sie Reise-Rabatt-Clubs, Tausch­pools, langfristige Urlaubsprodukte? Dann sind Sie ab jetzt in Zukunft besser ge­schützt, nämlich mit einem Rücktrittsrecht innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen oder etwa durch Informationspflichten.


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Wichtig ist auch, dass sich der Schutz jetzt auf alle Übernachtungsunterkünfte bezieht, also auch auf Schiffe oder auf Wohnwägen. Ja, das Recht passt sich eben den aktuellen Bedürfnissen an.

Eines ist noch zu erwähnen: Es handelt sich hiebei um den ersten Fall eines voll­harmonisierten Verbraucherschutzes in der Europäischen Union. Ich möchte allerdings nur davor warnen, dass in Zukunft durch eine Vollharmonisierung unser Standard sinkt – das heißt, das werde ich auf alle Fälle verhindern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.37.06

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Auch ich begrüße dieses Gesetz. Es ist wichtig, dass wir die Kon­sumenten und Konsumentinnen gerade bei grenzüberschreitenden Timesharing-Ver­trägen, und das sind derartige Verträge, schützen. Der Konsument, die Konsu­mentin muss sichergehen können, dass der Timesharing-Vertrag, den er oder sie abschließt, den gleichen Bestimmungen folgt – egal ob er in Deutschland, in Frank­reich oder in anderen EU-Mitgliedsstaaten ist.

Der Anwendungsbereich wurde ausgedehnt, aber es ist auch wichtig – denn Österreich hat ja eine Tradition in diesem Bereich –, dass der Konsumentenschutz durch die Harmonisierung nicht unterlaufen wird. Daher komme ich zum Schluss: Es ist zu begrüßen und daher werden wir zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


14.38.08

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Kollege Scheibner, das Timesharing-Projekt war ein interessantes Projekt in den neunziger Jahren – und besonders interessant war es für die Betrüger. Mir sind solche Fälle noch bekannt, in Österreich genauso wie in anderen Ländern, beispielsweise Spanien, wo Urlauber Timesharing-Verträge abgeschlossen haben und kurze Zeit darauf der Bauträger, nach Bezahlung des geforderten Betrages, in Konkurs gegangen ist. Tausende Europäer haben in Spanien Millionen verloren und daher war es notwendig, dass eine Time­sharing-Richtlinie in Europa geschaffen wurde, die diesen Gaunereien vorbeugen sollte.

Allerdings gibt es ein Problem: Nicht alle Länder haben diese Timesharing-Richtlinie entsprechend umgesetzt, die meisten verspätet, und wichtige Rechtsschutzstandards wurden nicht eingehalten. Es gab immer wieder das Problem, dass Urlauber – insbe­sondere deutsche, englische, holländische und österreichische – gekeilt wurden, ihnen ein Preis versprochen wurde und es infolge, meist unter Einfluss von Alkohol, auch zu derartigen Vertragsabschlüssen gekommen ist.

Jetzt sage ich das, was ich im Justizausschuss bereits gesagt habe: Das Haupt­problem ist und bleibt Spanien, Frau Bundesministerin. Da gibt es jetzt noch Tausende Verfahren, die durch die Justiz nicht abgeschlossen worden sind, und es gilt sicher­zustellen, dass die neue Richtlinie, Frau Bundesministerin, in Spanien entsprechend umgesetzt wird.


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Innerhalb der Europäischen Union gibt es derzeit nur mit zwei Ländern Probleme: Das eine Land ist Spanien und das andere Griechenland. Wir sollten – auch im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher – schauen, dass diese Rechtsschutzstandards der Europäischen Union, diese Konsumentenrechte, die heute auch in Österreich be­schlossen werden, tatsächlich eingehalten werden.

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass es notwendig ist, auch mit Drittstaaten Verhandlungen aufzunehmen, nämlich mit den Staaten, wo Timesharing-Projekte angeboten werden, beispielsweise mit Tunesien, der Türkei und anderen Staaten.

Wir werden dieses Gesetz heute einstimmig beschließen. Es ist ein hervorragendes Gesetz. Es wird die Rechte der Konsumenten in Österreich stärken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1056 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.41.10Ständiger Unterausschuss des Rechnungshofausschusses:
Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung ein Verlangen der Abgeordneten Dr. Moser, Zanger, Grosz, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 Geschäftsordnungsgesetz eingebracht wurde, das die erforder­liche Anzahl von Unterschriften aufweist.

Demzufolge ist dem Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses der Auftrag zu übertragen zur Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, der ÖBB-Holding AG sowie der nachgeordneten Gesell­schaften des ÖBB-Konzerns und des Bundesministeriums für Justiz hinsichtlich

a) der Vorbereitung, Durchführung und Aufarbeitung von Finanztransaktionen der ÖBB-Holding und der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns mit der Deutschen Bank und anderen beteiligten Finanzdienstleistern, der im Zusammenhang mit diesen Vorgängen beauftragten Gutachten, der darauf folgenden Auflösung von Managerverträgen inklusive der damit einhergehenden Vereinbarungen (wie beispiels­weise Abfertigungen) sowie des Stands etwaiger damit im Zusammenhang stehender gerichtlicher Verfahren,

b) des Ankaufs der ungarischen MÁV Cargo, der damit im Zusammenhang stehenden Beratungsverträge sowie möglicher Provisionszahlungen, der bilanzmäßigen Bewer­tung im Zeitablauf sowie des Stands etwaiger damit im Zusammenhang ste­hender gerichtlicher Verfahren,


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c) des Beschaffungswesens innerhalb des ÖBB-Konzerns seit dem Jahr 2000, ins­besondere der Beschaffung von Handys und des Abschlusses von Telekomdienstleis­tungsverträgen.

14.43.366. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (938 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungs­anwalt­schaft, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behinderten­gleich­stellungsgesetz geändert werden (1047 d.B.)

7. Punkt

Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird (1048 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 606/A(E) der Abge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken (1049 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung zu den Punkten 6 und 8 wurde verzichtet.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zu Punkt 7 erteile ich Frau Bericht­erstatterin Silhavy das Wort. – Bitte.

 


14.44.59

Berichterstatterin Heidrun Silhavy: Herr Präsident! Ich bringe folgende Druckfehler­berichtigung zum Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses vom 13. Jänner 2011 in 1048 der Beilagen über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird, vor:

Im Titel des diesem Bericht und Antrag angeschlossenen Gesetzestextes fehlt vor der Wortfolge „Bundes-Gleichbehandlungsgesetz“ das Wort „das“.

Der Titel lautet folglich richtig:

„Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird“.

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Danke. – Als erste Rednerin zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.45.36

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist kein „Meilenstein“ in der Gesetzgebung, so wie Sie das heute in Ihrer Pressekonferenz genannt haben, Frau Ministerin, Herr Minister, sondern unserer Meinung nach ist es eine Husch-Pfusch-Aktion, eine Marx-Murksgeschichte – erlauben Sie mir dieses Wortspiel –, und das soll heute angeblich zum Wohl der Frauen be­schlossen werden.


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Ein einziges Detail, sehr geehrte Damen und Herren, zeigt ja schon sehr drastisch auf, wie absurd und grotesk das Ganze ist: So sollen zwar auf der einen Seite Gehälter offengelegt werden – dies diene zur Schließung der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen –, gleichzeitig sollen aber diejenigen mit Geldstrafen belegt werden, die offen über ihr Einkommen sprechen. Man will also Gehaltsunterschiede bekämpfen, indem die Gehälter transparent gemacht werden sollen, und gleichzeitig Menschen kriminalisieren, wenn sie offen über die Gehälter sprechen.

Das ist nicht nur eine Absurdität, sehr geehrte Damen und Herren, sondern das ist auch eine Pervertierung jeder Rechtsstaatlichkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Doch der Reihe nach: Klammheimlich und auf leisen Sohlen sollte da im Ministerrat – eigentlich ist es dort schon durchgerutscht oder, sagen wir, durchgewunken worden, also war schon im Ministerrat – ein gesellschaftspolitisches Vorhaben beschlossen und noch schnell vor Weihnachten im Plenum verabschiedet werden, das aber enormen politischen Sprengstoff in sich barg.

Der ÖVP ist anfangs entgangen, das haben wir auch im Ausschuss bemerkt, dass neben dieser angeblichen Verbesserung der Einkommenstransparenz weitere Rege­lun­gen außerhalb der Arbeitswelt hätten beschlossen werden sollen, die ganz massiv die persönliche Freiheit eingeschränkt hätten und einen völlig gleichgeschalteten Einheitsmenschen zum Ziel hatten.

Man wollte in Wahrheit mit einer Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz ein in Europa einzigartiges Antidiskriminierungsgesetz, ein Paket schnüren, und erst durch die mas­siven Proteste der Opposition und die Warnungen renommierter Arbeits- und Sozial­rechtsexperten, wie zum Beispiel des Herrn Professor Theodor Tomandl, die nicht nur vor einem Anschlag auf die persönliche Freiheit, sondern auch vor der Gefahr des Hineingleitens in einen autoritären Staat gewarnt hatten, ist die ÖVP aufgewacht. In letzter Sekunde wurde noch versucht, die schlimmsten Anschläge auf die persönliche Freiheit und die massivsten Eingriffe in das Privatleben zu verhindern.

Was uns hier nun zur Abstimmung vorgelegt wird, ist nur mehr ein Flickwerk, ein erbärmliches Flickwerk, das in letzter Sekunde zusammengestoppelt wurde. Die Vorgangsweise der Regierungsparteien bei dieser Novellierung war dilettantisch und uns Oppositionsparteien gegenüber überheblich.

Im Ausschuss haben sowohl Frau Ministerin Heinisch-Hosek als auch ihre Kollegin Ablinger von der SPÖ klar zum Ausdruck gebracht, dass dies erst ein erster Schritt sein soll und bevorstehende Novellierungen noch anstehen. Die Idee eines homo­genen Sozialverhaltens, eines Kanons der politischen Korrektheit, den politisch kor­rekten Einheitsmenschen zu erzwingen, das soll in weiteren Novellen umgesetzt werden.

Uns Freiheitlichen hingegen gilt die Freiheit als das höchste Gut. Wir gehen vom mündigen Bürger aus. Wir wollen eine Gesellschaft, die mit möglichst wenig Staatsgewalt und ohne pervertierten Tugendterror von oben auskommt.

Wenn es um das Frauenbild von Frau Ministerin Heinisch-Hosek und auch von Frau Präsidentin Prammer geht, dann ist es doch immer wieder so, dass Männer und Frauen vollkommen gleichgeschaltet sein sollen, gleich denken, fühlen und funktio­nieren sollen. Die permanente Kinderverwahrung sollte außerhalb der Familien statt­finden, die Kinder sollten gleich nach der Geburt am besten in Kinderkrippen, Ganz­tagskindergärten, Ganztagsschulen untergebracht werden. Man will einfach nicht akzeptieren, dass viele Frauen oder die meisten Frauen wollen – die Umfragen beweisen das auch –, dass ihre Kinder neben ihrem Beruf, in dem sie natürlich Erfolg


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haben wollen, auch Karrieren anstreben wollen, in Sicherheit und Geborgenheit aufwachsen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist den meisten Frauen genauso wichtig wie eine berufliche Karriere und ein gutes Einkommen. Für die meisten Frauen ist das Zusammenleben in einer Familie, wo Väter und Mütter ihr Leben nach eigenen Vorstellungen und Prioritäten gemeinsam mit ihren Kindern leben und wo man auf die Bedürfnisse der Familienmitglieder eingeht, noch immer eine erstrebenswerte Gesellschaftsform und Lebensform.

Gesellschaftsmodelle, wie sie in den ehemaligen Ostblockstaaten üblich waren, wo Kinder gleich nach der Geburt in kommunistischen Brutstätten abgegeben wurden, sind gescheitert und werden auch weiterhin zum Scheitern verurteilt sein.

Wir Freiheitlichen werden alles tun, um die Familie zu fördern und zu stärken. Wir sind der Meinung, dass Bedingungen geschaffen werden sollen – das gehört genau da hinein –, unter denen Frauen nicht ins Hintertreffen geraten, wenn sie sich einige Zeit ihres Lebens ganz den Kindern widmen. Diese Wahlfreiheit muss von der Politik möglich gemacht werden.

Wir Freiheitlichen lehnen diese Novelle ab, da sie die Interessen der Frauen ausschließlich auf Einkommen und Karriere reduziert. (Beifall bei der FPÖ.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.51.08

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herzliche Gratulation zu diesem Gesetz! Dieses Gesetz ist ein Meilenstein für die österreichischen Frauen, es wird zu mehr Einkommens­gerech­tigkeit führen. Herzlichen Dank auch Kollegin Schittenhelm! Wir haben einiges ge­schafft, auch hier im Parlament, nämlich dass es gelungen ist, die Verwaltungsstrafe von 1 500 € auf 360 € zu senken, auch das wird den Frauen helfen.

Worum ist es uns bei dieser Gesetzwerdung gegangen? – Uns geht es und ist es darum gegangen, dass endlich dem nachgespürt wird, was zu diesen Einkommens­unge­rechtigkeiten in diesem Land führt. Wir wissen, dass aufgrund des Geschlechts Frauen um 18 Prozent weniger verdienen, dass wir, wenn wir uns das europäische Ranking anschauen, weit im unteren Drittel liegen, auch im Vergleich mit anderen Staaten.

30 Jahre haben wir nun in den einschlägigen Gesetzen gleiche Bezahlung für gleich­wertige Arbeit festgeschrieben. Viele Maßnahmen haben wir schon gesetzt, sie haben aber nicht wirklich gegriffen. Es ist eine Bildungsoffensive gemacht worden, Frauen sind besser ausgebildet. Wenn wir aber vergleichen, dann ist es immer noch so, dass Frauen und Männer in den gleichen Branchen sehr unterschiedlich verdienen.

Deshalb wird – davon sind wir überzeugt – dieser Schritt zu mehr Einkommens­transparenz führen. Ich danke auch den Sozialpartnern, dem einen Sozialpartner, der darauf eingegangen ist und hier mitmacht. Man muss nämlich auch betonen, dass nach Schweden Österreich das erste Land ist, das diese Einkommenstransparenz in Gesetzen verankert – und die Sozialpartner haben mitgemacht. Das ist wichtig, weil die Wirtschaft mitmachen muss, sonst nützt uns das alles nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden dann die Möglichkeit haben zu vergleichen, was in einzelnen Branchen verdient werden kann, wo die verschiedenen Differenzierungen zwischen Männer- und Frauenlöhnen liegen, ob es bei der Einstufung ist, ob Vorrückungen vielleicht nicht entsprechend getätigt werden, ob bei Ausbildungsmöglichkeiten Frauen eben nicht so


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bedacht werden wie Männer, und so weiter und so fort. All das, davon gehen wir aus, trägt dazu bei – auch wenn die Betriebsräte sich dann die verschiedenen Einkom­mensberichte anschauen können –, dass hier Abhilfe geschaffen werden kann.

Ich bin überzeugt davon, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das wird sich zeigen, wenn wir uns die ersten Berichte anschauen und wir dann den Vergleich haben, wenn wir nächstes Jahr wieder hier diskutieren. Die Situation wird sich zum Positiven wenden, wenn es Informationsoffensiven gibt, wenn Betriebsräte, Betriebsrätinnen in die Betriebe gehen und aufklären, wenn rundherum die Information der verschiedenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen besser ist. Gerade letzte Woche haben wir aufgrund einer Ausschreibung – wir besetzen die Landesfrauen-Geschäftsstelle neu – sehr viele Bewerbungen gehabt, und die Vorstel­lungen der Frauen gehen sehr auseinander. Die Frauen, auch sehr gut ausgebildete, wissen nicht, was sie für ihre Arbeit verlangen können.

Daher ist hier eine Informationsoffensive notwendig. Ich bin mir sicher, dass, wenn endlich auch über Gehälter gesprochen wird – und da geht es nicht nur um indi­vidualisierte Gehälter, sondern um die gesamte Struktur –, wer verdient wie viel, und zwar im Schnitt, in den einzelnen Branchen, Bewegung in die ganze Debatte kommt und sich etwas verändern wird in unserem Land. Wenn das höchst- und bestgehütete Geheimnis, nämlich was verdient wird, ein wenig gelüftet wird, dann sind wir auf einem guten, einem richtigen Weg. Ich bin überzeugt, das ist ein Meilenstein für die Frauen, und die Einkommensschere wird sich verkleinern.

Der Bundesminister hat es heute in der Pressekonferenz gesagt: 18 Prozent beträgt der sogenannte Gender Gap. Unser Ziel ist null, und wir werden es erreichen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

14.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. 6 Minuten Redezeit sind eingestellt.

Frau Kollegin, in 5 Minuten muss ich wegen des Aufrufs der Dringlichen unterbrechen. Ich stelle Ihnen daher 5 Minuten ein. – Bitte.

 


14.55.56

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Zu den rückwärtsgewandten Kapriolen in der FPÖ möchte ich jetzt nichts mehr sagen. Das wird schön langsam so redundant, dass es nicht einmal mehr lustig ist, kann man sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, Sie haben am Vormittag in einer Pressekonferenz gesagt, das Einkommenstransparenz-Modell, wie es jetzt vor uns liegt, ist ein wichtiges Teilstück auf der Autobahn der Gleichstellung. Ich hätte mir auch gewünscht, dass es das wäre, ich habe nur das Gefühl, dass vor und hinter dem Teilstück die falschen Signale aufgestellt worden sind, nämlich tatsächlich die falschen Signale.

Ich habe nicht das Gefühl, dass es ein Meilenstein ist, dafür hätte es mehr gebraucht als das, was jetzt vor uns steht. Es ist vielleicht ein Schritt nach vorne, da gebe ich Ihnen allen recht und bin absolut dabei, und ich hätte es gerne unterstützt, nämlich in der Hinsicht, dass es zur Sensibilisierung beiträgt, dass darüber diskutiert wird, dass es ein Thema ist – es sollte verstärkt ein Thema sein –, und das ist gut so, aber der Rest sind leider so viele Schritte rückwärts, dass wir das nicht mittragen können in der Form, wie es jetzt vorliegt.

Wir hätten uns bis zum Schluss gewünscht, dass die Strafen rauskommen. Sie sind jetzt stolz darauf, dass es nur mehr 360 € sind, die für ArbeitnehmerInnen drohend im


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Raum stehen, sollten sie über die Einkommensberichte sprechen. Ich wäre dafür gewesen, dass das ganz wegkommt, weil das eines dieser falschen Signale ist.

Ein zweites falsches Signal ist, dass nach wie vor nicht klar ist, wie diese Berichte zu erstellen sind. Es ist nicht klar, ob da Sonderzulagen oder andere Zulagen dazu­kommen, Prämien und sonstige Geschichten. Das heißt, es bleibt den Unternehmen sehr freigestellt, wie sie die Einkommensberichte erstellen.

Das Dritte ist – ganz bedauerlich, da wird Kollege Steinhauser noch mehr dazu sagen –, dass das ursprünglich vorgesehene Levelling Up beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen auch weggekommen ist, rausverhandelt von der ÖVP. Ich halte das nicht für gut, weil Österreich da ausnahmsweise einmal eine Vorreiterposition einnehmen hätte können. (Beifall bei den Grünen.)

Da wurde bis zuletzt echt Kuhhandel betrieben – darauf hat Kollegin Unterreiner hingewiesen, und da gebe ich ihr ausnahmsweise recht – auf eine Art und Weise, dass wir sehr spät vor dem Ausschuss über Abänderungsanträge verständigt wurden; ich bin der Meinung, es war ein Kuhhandel bis zuletzt zu Lasten der ArbeitnehmerInnen.

Ich finde nicht, dass man stolz darauf sein kann. Das hat auch die erste Aussendung gleich nach dem Ausschuss gezeigt, nämlich von der Wirtschaftskammer, die bedauert hat, dass die Strafen nicht noch höher sind und dass Sie so dreist waren und diese noch heruntergesetzt haben. Für mich war das ein sehr aufschlussreiches Signal dafür, woher der Wind weht, und das zeigt transparent, wie sehr sich die Sozialpartner da hineinreklamiert haben auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das halte ich für nicht gut.

Hätten Sie nicht immer nur nach Schweden geschaut, sondern nach Frankreich, dann könnten Sie sehen, dass es dort seit 1983 ein Modell gibt, das sogar schon weiter ist als das, was wir jetzt haben, wo sogar die Arbeitsinspektorate darüber informiert werden mussten. Und was hat es gebracht? – Es hat nichts gebracht! Nur jedes zweite Unternehmen hat Einkommensberichte erstellt, sie haben keine Verhandlungen geführt zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmerinnen und zur Gleichstellung im Unternehmen. Und was haben sie jetzt gemacht? – Sie haben Sanktionen eingeführt, und zwar sehr hohe Strafen. Ab dem Jahr 2012 wird 1 Prozent der Bruttolohnsumme des Unternehmens als Strafe im Raum stehen, sollte das Unternehmen den Ein­kommensbericht nicht erstellen. Da hätte man hinschauen und sich das zum Vorbild nehmen können, und nicht Schweden, weil es eben andere und bessere Vorbilder gibt.

Zum Abänderungsantrag komme ich dann nach der Dringlichen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Kollegin Schwentner, darf ich Ihren letzten Satz so auffassen, dass Sie nach der Dringlichen Ihre Rede fortsetzen werden? (Abg. Mag. Schwentner: Eine Minute, dann kann ich den Antrag einbringen!) – Gut, dann unterbreche ich jetzt Ihren Redebeitrag und unterbreche auch die Verhandlung über die Punkte 6 bis 8 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dring­lichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.41Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die geplante Ab­schaffung der allgemeinen Wehrpflicht (7421/J)

 



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 7421/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am 17. Jänner 2011 präsentierte Bundesminister Darabos seine Wehrsystem-Modelle. Wie unter anderem der OTS0136 dieses Tages entnommen werden konnte hat sich Bundesminister Darabos bereits auf das Modell 3 "Freiwilligenheer" festgelegt.

Den Dokumenten, welche der Homepage des Bundesministeriums für Landes­verteidigung und Sport entnommen werden konnten ist folgendes zum Modell 3 zu entnehmen: (http://www.bmlv.gv.at/cms/artikel.php?ID=5444)

"Modell 3: Freiwilligenheer

Das Modell 3 ist gekennzeichnet durch eine Ausrichtung auf In- und Auslandseinsätze. Es ist gekennzeichnet durch eine ausgewogene Mischform aus Berufs- und Zeitsoldaten, Zivilbediensteten und von Soldaten der Freiwilligenmiliz. Die Größe der "stehenden" Kräfte orientiert sich an einer Aufgabenerfüllung, die sich nach der Eintrittswahrscheinlichkeit der Einsätze und nach der Ressourcenlage ableitet.

Mit diesem Modell könnten alle derzeit vorstellbaren Einsätze im In- und im Ausland erfüllt werden. Assistenzeinsätze zur Katastrophenhilfe und zur sicherheitspolizeilichen Assistenz sind sichergestellt. Die Luftraumüberwachung wird ebenfalls sichergestellt. Für Auslandseinsätze zum internationalen Krisenmanagement und zur Friedenssiche­rung werden knapp über 1.000 Soldaten bereitgestellt. Es ist sowohl eine personelle wie auch eine finanzielle Realisierbarkeit mit der derzeitigen Budgethöhe vorstellbar.

Personelle Zusammensetzung: ca. 9.500 Berufssoldaten, etwa 5.500 Zeitsoldaten ca. 7.000 Zivilbediensteten, und etwa 10.000 Freiwilligenmiliz (Profi-Miliz) und 23.000 beorderte und nicht mehr übende Miliz für reine Worst-Case Fälle als ultima ratio. Kosten rund 2,18 Mrd € pro Jahr."

In diesem Zusammenhang ergeht an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

Dringliche Anfrage

1. Wie beurteilen Sie die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch das Österreichische Bundesheer in der Gegenwart und in der jüngeren Vergangenheit?

2. In welchem Bereich liegt der Mehrwert für das Bundesheer, wenn das bisherige System genauso kostenintensiv ist wie das vorgeschlagene Modell 3?

3. Kommt es bei der Umsetzung von Modell 3 zu einem Fähigkeitsverlust im Vergleich zum bestehenden Modell?

4. Wie gedenken Sie, bei Umsetzung von Modell 3, die Infrastruktur und Versor­gungseinrichtungen personell aufrechtzuerhalten?

5. Wie viele Kasernen und Amtsgebäude werden nach ihren Berechnungen bei Umset­zung von Modell 3 geschlossen?

6. Wie viele Bedienstete wären bei Umsetzung von Modell 3 vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen?

7. Wie sieht ihr Sozialpaket für jene Bedienstete, die weder ins neue System passen, noch durch Umstrukturierungen einen Arbeitsplatz vorfinden?


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8. Wie lösen sie die Problematik bei Umsetzung von Modell 3, dass ein Auszubildender mehr verdient als ein Ausbildner?

9. Finden sie eine Umstellung auf ein neues System sinnvoll, wenn die Umstellung nach ihrer Aussage 5-9 Jahre dauert, da das Personal nicht abgebaut werden kann?

10. Welche Verbände sollen bei Umsetzung von Modell 3 aufgelöst werden?

11. Inwieweit ist es angedacht bei Umsetzung von Modell 3 die Grundorganisation zu verringern?

12. Sind die bei Umsetzung von Modell 3 geplanten 10.000 Mann Freiwilligenmiliz Teil der Einsatzorganisation oder stellen diese – analog der derzeitigen Gliederung – selbständige Einheiten und Verbände auf?

13. Wie hoch wären die Überleitungskosten bei Umsetzung von Modell 3, wenn allein schon derzeit die notwendige Ausrüstung und Infrastrukturanpassung nicht abgedeckt wurde?

14. Woher kommen diese Mittel für die Überleitung, da schon die Bundesheerreform 2010 ein Drittel mehr Budget verlangt hätte und an diesem Problem gescheitert ist?

15. Ist es korrekt, dass weder der Chef des Generalstabes Entacher noch der Kommandant der österreichischen Streitkräfte Höfler, sondern nur ein sehr kleiner Kreis, in die Erstellung der Modelle eingebunden waren?

16. Was gedenken Sie zu tun, wenn sich nach der Umsetzung von Modell 3, so wie zur Zeit in Schweden, zu wenig Freiwillige melden?

17. Soll es bei Umsetzung von Modell 3 zu einer leichteren Mobilmachung der Miliz kommen?

18. In wie weit wurden in Ihren Planungen Alternativmodelle für den Zivildienst sowie deren Finanzierung mitberücksichtigt?

19. Was gedenken Sie am bisherigen System zu verbessern, sollte es zu keiner Umsetzung von Modell 3 kommen?

20. Warum stellen Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Landes­verteidigung und Sport nicht alle Zahlen, Daten, Fakten, Berechnungen und sonstigen Grundlagen für die vorgestellten Modelle für den interessierten Bürger zur Verfügung?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Klubobmann Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.01.16

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich zitiere: „Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt.“ (Ruf bei der FPÖ: Da schau her! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) „Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben.“


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Weiters: „Das Modell der Wehrpflicht habe sich gerade für einen kleinen neutralen Staat wie Österreich jahrzehntelang bestens bewährt.“ (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sowie: „Die Wehrpflicht garantiert die verfassungsmäßige Auftragserfüllung des Bundesheeres – von der Landesverteidigung über den Katastrophenschutz, den As­sistenzeinsatz an der Grenze bis hin zu den Friedensmissionen in internationalen Krisengebieten. Die Mischung aus Berufssoldaten, Milizsoldaten und Wehrpflichtigen sei eine der Stärken unseres Bundesheeres und bewähre sich in unserem Aufga­benspektrum im In- und Ausland bestens.“ – Zitatende.

Herr Verteidigungsminister, das ist ein Zitat von Ihnen. Das ist Ihre Meinung. (Ruf bei der FPÖ: Unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist das, was Sie immer wieder zum Besten gegeben haben. Jetzt aktuell – gestern, vorgestern, heute – haben alle Grundwehrdiener eine Broschüre erhalten, in der Sie genau das bekräftigen (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja unglaublich!), in der Sie genau das gegenüber den Grundwehrdienern dieses Landes zum Besten geben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man hat ja fast den Eindruck, Sie können sich nicht einmal an Ihre eigenen Aussagen erinnern, Sie wissen nicht einmal, was Ihre linke Hand zurzeit macht, so wie da vorgegangen wird. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Da gibt es einen Bürgermeister Häupl in Wien, der im Wahlkampf solche Angst und Panik davor hatte, eine dramatische Wahlniederlage zu erleben – wie er sie erlitten hat, indem er die absolute Mehrheit verloren hat –, und dann versuchte, mit diesem Thema irgendwie noch etwas zu retten – oder glaubte, etwas zu retten –, was eh fürchterlich in die Hose gegangen ist. Und aufgrund dieses Zurufs gehen Sie her, steigen darauf ein – und gefährden die Sicherheit und Neutralität unseres Heimat­landes Österreich. Das ist einfach ungeheuerlich! Herr Verteidigungsminister, Herr Darabos! Es ist ungeheuerlich, wenn Sie glauben, dass Sie hier in diesem Bereich weiter so agieren können, wie Sie das zurzeit tun. Das ist nicht tragbar, und das werden wir auch nicht hinnehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da gehen Sie her und machen aus einer Wahl-Not der SPÖ heraus eine 180-Grad-Wende, weil Sie glauben, Sie könnten die Österreicher für dumm verkaufen. Das funktioniert nur nicht. Ich sage Ihnen, das wird auch für Sie ordentlich in die Hose gehen und ein mächtiger Rohrkrepierer werden, denn die Österreicher erkennen das Spiel.

Wenn man da eine ehrliche Debatte führt, eine wirklich ehrliche Debatte – wir werden sie führen und die Bevölkerung eingehend aufklären –, dann bin ich davon überzeugt, dass die Mehrheit der Österreicher sehr, sehr deutlich Ja sagt zu einer Wehrpflicht und zu einem Wehrersatzdienst wie dem Zivildienst oder Sozialdienst oder wie man ihn auch immer benennen möchte. (Beifall bei der FPÖ.) Weil es wichtig ist und weil nur das der Garant dafür ist, die Sicherheit unseres Landes vor Terroranschlägen und auch die Katastropheneinsätze sicherzustellen, die in der Vergangenheit in unserem Land immer wieder notwendig geworden sind, für die wir bis zu 20 000 Mann brauchen. Wenn wir die nicht hätten und zu einem Berufsheer übergehen würden, wie Sie das in den letzten Tagen zum Besten gegeben haben, dann wäre der Katastro­pheneinsatz nicht mehr möglich, dann würde das in sich zusammenbrechen. Aber ich komme später noch darauf zu sprechen.

Ich kann Ihnen aber noch ein besseres Zitat präsentieren, das Sie und die Bundes­regierung betrifft. Nämlich: Die gesamte Bundesregierung hat sich im Regierungs­programm für die Jahre 2008 bis 2013 ganz deutlich zur Wehrpflicht bekannt. „Und ich gehe davon aus, dass sich die ÖVP an das, was im Regierungsprogramm vereinbart ist, hält“, sagte Darabos.


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Na das ist ja hochinteressant. Also an der ÖVP scheitert das Regierungsprogramm nicht, sondern an Ihnen, Herr Darabos, weil Sie nämlich das, was ÖVP und SPÖ im Regierungsprogramm auch in Stein gemeißelt haben, nicht mehr wahrhaben und sich einfach nicht an das Regierungsprogamm halten wollen. Es liegt an Ihnen, Herr Darabos, an Ihnen persönlich und an der SPÖ, dass Sie bereit sind zu brechen, was Sie im Regierungsprogramm festgeschrieben und verankert haben.

Ich kann nur sagen: Man hat ja auch nichts anderes erwartet, und wir haben das am Beginn Ihres Antritts als Minister schon festgehalten: Wenn man jemanden wie Sie in dieses Amt setzt, dann ist das in etwa so, wie wenn man einen Vegetarier zum Generaldirektor einer Fleischfabrik macht. Das lässt sich nicht vereinbaren, und das muss scheitern! Das kann nicht funktionieren! Das ist so, als würde man einen bekennenden Atheisten an die Kirchenspitze setzen. Das kann nicht funktionieren! Oder wenn man einen Nichtschwimmer zum Chef des österreichischen Rettungs­schwimmerverbandes macht. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das muss ja scheitern! Wir haben von Beginn an festgehalten, dass das zum Scheitern verurteilt ist mit der Besetzung des Ressorts durch Sie. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Ihr vermeintliches Wahlzuckerl, von dem Sie glauben, dass das etwas ist (Zwischenruf bei der SPÖ), mit dem Sie Stimmen gewinnen können – das wird nicht aufgehen, weil die Bevölkerung nämlich für solche Gefährdungen nicht zur Verfügung steht. Das wird Ihnen noch im Hals stecken bleiben. Es ist unverantwortlich, aus einer Laune heraus plötzlich eine 180-Grad-Wende zu machen und so ein Experiment in Angriff zu nehmen.

Wir brauchen ein verbessertes System beim Bundesheer. Das ist das, was Sie seit Jahren behindern. Wir brauchen beim Bundesheer natürlich eine Optimierung, eine Verschlankung des Apparats und eine zielführende Ausbildung der Grundwehrdiener, die nicht als Systemerhalter missbraucht werden, wie das eben leider Gottes in Ihrer Amtszeit auch der Fall war, wo Sie nicht bereit waren, etwas zu ändern. (Beifall bei der FPÖ.)

Das gehört gemacht. Wir wollen nicht, dass eine sinnlose Ausbildung vonstattengeht, sondern eine sinnvolle Ausbildung ist notwendig, und in der Vergangenheit wurde das auch so gehandhabt. Wir haben beim Bundesheer viele Berufsfelder als Ausbildung anbieten können für unsere jungen Menschen, die sie dann später in Berufen um­setzen konnten – ob das der Sanitätsdienst war, der Stationsgehilfe, der Lkw-Führer­schein oder viele andere Bereiche, in denen viele junge Menschen eine Ausbildung erfahren haben. Viele junge Menschen – oftmals auch solche, die keinen Job gefunden haben in der Zwischenzeit – sind eben nicht in der Arbeitslosigkeit gelandet, sondern haben das für sich durchaus auch als Überbrückung gesehen, dabei aber auch einen Dienst an der Gemeinschaft geleistet. Und da sage ich Ihnen: Man soll nicht immer fragen, was das Land für uns tun kann, sondern auch, was wir für unser Land tun können. Auch das ist eine ganz, ganz wichtige Grundeinstellung, die in Österreich viele Menschen zum Glück leben. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Darabos (Ruf bei der SPÖ: Minister Darabos!), ich sage, mit Ihnen wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Wir wollen die Sicherheit nicht gefährden im Lande. Und wir haben neue Bedrohungsbilder – keine Frage –, und natürlich gehört dazu auch der Terrorismus. Es gibt über tausend Objekte, die in Österreich zu schützen sind. Man weiß laut allen Expertenberechnungen, wie viel Mann man dazu benötigt. Keine der von Ihnen vorgelegten Varianten wird nur ansatzweise der Anforderung gerecht, diese Objekte schützen zu können.


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Wenn Sie meinen, dass der Freiwilligenbereich auch das abdecken könnte, was Sie jetzt gefährden wollen, nämlich indem Sie daneben noch 13 000 Zivildiener abschaf­fen, dann ist das genauso gemeingefährlich. Sie haben ja genau dort gespart. Genau dort hat Herr Sozialminister Hundstorfer den Sparstift angesetzt, sodass heute die Zivildiener weniger kriegen. Und jetzt wollen Sie – in Ihrer Unglaubwürdigkeit – den Öster­reichern erklären, Sie seien bereit, in Zukunft 1 300 € monatlich für diesen Be­reich auszugeben?! – Das ist doch alles unglaubwürdig! Sie gefährden damit ja auch soziale und gesundheitspolitische Bereiche, und sogar das Rote Kreuz, das der Freiheitlichen Partei nicht nahe steht, sagt, dass das Zusatzkosten von mindestens 200 bis 300 Millionen € verursachen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja alles nicht korrekt, was Sie hier an Argumenten zum Besten geben. Disku­tieren wir doch ehrlich! Sie werden nur dann den Zivildienst – und auch ein Sozialjahr, von dem Sie reden – möglich machen, wenn Sie die Wehrpflicht aufrechterhalten und ein neues System rund um die Wehrpflicht bauen. Darüber sollten wir diskutieren. Nicht die Wehrpflicht aufheben, sondern die Wehrpflicht erhalten und rund um die Wehrpflicht einen Wehrersatzdienst definieren, damit der Zivildienst nicht gefährdet ist, damit Sozialdienst möglich wird und damit Untaugliche im Sozialdienst und im Zivildienst auch etwas leisten. (Beifall bei der FPÖ.) Dort muss die Debatte hingeführt werden.

Es gibt viele Dissertationen von durchaus anerkannten Persönlichkeiten, in denen es heißt: Wenn Ihre Modelle – Abschaffung der Wehrpflicht – umgesetzt werden würden, dann würde das den Staat doppelt so viel kosten. Also was ist dann besser? Doppelt so viele Kosten? – Wir reden die ganze Zeit darüber, wie wir das System optimieren können, wie wir die Sicherheit aufrechterhalten können, ohne zusätzliche Kosten anfallen zu lassen. Und Sie gefährden die Sicherheit, und es kostet am Ende doppelt so viel.

Das ist ja überhaupt ein absurdes System, das Sie uns vorschlagen, mit Ihren sieben Schnapsideen, die Sie bis dato der Öffentlichkeit präsentiert haben. Deshalb ist es so wichtig, heute dieses Thema eingehend zu beleuchten und Sie auch in die Verant­wortung zu nehmen. Sie sind beseelt davon – offensichtlich aus ideologischen Grün­den –, die Abschaffung der Wehrpflicht durchzusetzen. Das ist offenbar ein Punkt, mit dem Sie meinen, in die Geschichte Österreichs einzugehen. Ja, Sie werden in die Geschichte eingehen – als schlechtester Verteidigungsminister der Zweiten Republik. Das steht allemal fest. (Beifall bei der FPÖ.) Sie werden in den Annalen des Bundesheeres sicherlich einen fixen Platz erhalten.

Wenn man Ihre glorreichen sieben Vorschläge für die Abschaffung der Wehrpflicht betrachtet, dann sind sie alles andere als glorreich. Das sind wirklich sieben Schnapsideen, wobei man von einer Darabos-Doktrin reden kann: Kostet viel, bringt aber gar nichts. Das ist das Ergebnis Ihres Konzepts.

Das Einzige, was die SPÖ-Verteidigungspolitik dem Heer bis dato gebracht hat, sind drei neue Waffensysteme, nämlich sogenannte Unguided Missiles, die Sie zustande gebracht haben. Da haben Sie ja einen durchschlagenden „Erfolg“ gehabt: Als Sie Minister geworden sind, haben Sie bei den Eurofightern nachverhandelt. Da waren Sie ganz „grandios“: Heute haben wir einen Ferrari mit einem VW-Motor um den Preis eines Bentley. Das ist das Ergebnis. Der Eurofighter darf heute um sündteures Geld herumfliegen, bewaffnet mit Fotoapparaten darf er den allfälligen Feind abschrecken. Es ist eine „Glanzleistung“, die Ihnen da gelungen ist, aber die Effizienz ist gleich null.

Da kann man von friendly fire sprechen. Da kann man davon sprechen, dass Sie in Wirklichkeit eine ernstzunehmende Gefahr für Österreich darstellen. Sie sind ein Unsicherheitsminister in diesem Land geworden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Ich bin durchaus froh, dass es auch in der SPÖ-Fraktion mutige Menschen gibt, die sich heute noch selbständiges Denken und eine selbständige Meinung erlauben, wie Herrn Abgeordneten Prähauser, der selbstverständlich sagt, die Tradition Bruno Kreiskys sei eine gute Tradition. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Der ehemalige Bundeskanzler Bruno Kreisky hat viel Positives in diesem Land hinterlassen – auch Negatives, aber auch viel Positives, das muss man zweifellos anerkennen. Er war einer der wirklich großen Politiker der Zweiten Republik. Bruno Kreisky war immer ein Verfechter eines Volksheeres, einer Wehrpflicht, aus gutem Grund. Er hat gesagt, das ist unser Auftrag, unsere Verant­wortung, die allumfassende Landesverteidigung in Österreich sicherzustellen. Er würde sich heute im Grab umdrehen, anlässlich seines 100. Geburtstages, wenn er sehen müsste, wie seine – ich sage schon: ehemalige – Partei heute mit seinem Erbe umgeht. Das ist das Erschreckende. Da brauchen Sie sich nichts auf Ihre Brust zu heften. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Rädler.)

Das ist ja auch der Grund, warum Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, der ganz genau um das Bescheid weiß, im Vergleich zur Parteispitze der SPÖ in dieser Frage sehr vorsichtig agiert und sich auch anders positioniert, weil es auch eine historische Erfahrung gibt, über die Sie am besten Bescheid wissen müssten: Es ist schon einmal ein Berufsheer auf das eigene Volk mit Waffen losgegangen, und es hat Tote gegeben, wie in Schattendorf. (Zwischenruf beim BZÖ.) Ja, auch das sollte man beleuchten, und auch das ist ein historisches Argument, warum eine Wehrpflicht und eben auch ein Milizsystem ein Regulativ darstellen, damit solche Fehlentwicklungen nie wieder in der Geschichte passieren können. (Abg. Scheibner: Geh, bitte!) Auch das sollte man mit aller Offenheit und Ehrlichkeit beleuchten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir von der Freiheitlichen Partei bekennen uns voll und ganz zur allumfassenden Landesverteidigung unseres Heimatlandes Österreich – offenbar als einzige Partei in dieser Deutlichkeit, weil wir zur Wehrpflicht stehen, zum derzeitigen Bundesheer als Mischsystem aus der allgemeinen Wehrpflicht, Kaderpräsenzelementen, unserem Milizsystem und auch zum Zivildienst. Das ist ein gutes, bewährtes und richtiges System, das man sicherlich optimieren, weiter ausbauen und vertiefen muss, aber bitte nicht gefährden darf. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht genau darum, dass wir das in der öffentlichen Debatte herausarbeiten werden, denn wir stehen – offenbar auch als einzige Partei – sehr, sehr deutlich zur Aufrecht­erhaltung der Neutralität Österreichs. Wir wollen nicht die Aufgabe der österreichischen Neutralität und am Ende vielleicht in einem Militärbündnis wie der NATO enden. Denn das sollten Sie der Öffentlichkeit auch sagen: Alle europäischen Länder, die sich von der Wehrpflicht verabschieden oder schon verabschiedet haben, sind NATO-Mit­gliedstaaten. In diesen Ländern, wo die Wehrpflicht beendet wurde, kann man sich das leisten, weil man sich bei einem anderen NATO-Partner meldet und er einem zu Hilfe kommt, wenn mit einem Berufsheer gewisse Bereiche nicht abgedeckt werden können.

Genau das wollen wir aber nicht. Wir wollen unsere Neutralität nicht aufgeben. Wir wollen unsere Neutralität – wie es in der Verfassung verankert ist – militärisch schützen und verteidigen können (Zwischenrufe beim BZÖ), und wir wollen auch unabhängig sein, wenn es um Katastrophenschutzhilfe geht. Wir wollen, dass unsere Soldaten hier in Österreich eingesetzt werden, und nicht wie Sie, im Ausland, von Afrika bis zum Hindukusch, wo wir in Wirklichkeit doch nichts verloren haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das ist es, und genau das muss man auch in der Debatte ganz offen beleuch­ten, welche Ideen bei manchen in diesem Hohen Haus dahinterstehen.


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Mit der Aufgabe der Wehrpflicht führt der Weg geradezu in die NATO. Manche sagen es offener und manche nur hinter vorgehaltener Hand in diesem Hohen Haus. Wir wissen, dass bei der ÖVP und beim BZÖ die Verfechter des NATO-Beitritts sitzen. Das ist ja ein offenes Geheimnis. Auch Herr Cap hat die Möglichkeit in seinen Reden schon des Öfteren in Betracht gezogen. Wir lehnen solch eine Entwicklung für unser Österreich ab. Das ist eben der Unterschied, der uns im Wesentlichen voneinander unterscheidet. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Sie, Herr Verteidigungsminister Darabos, gehen her und sprechen von vielen Beispielen. Sie sprechen immer von unterschiedlichen Beispielen, aber alle sind NATO-Mitglieder. Ich sage: Nehmen wir doch das beste Beispiel her, und das ist das Beispiel Schweiz. (Abg. Scheibner: ... Abfangjäger!) Die Schweiz hat in vielen Bereichen vorbildhafte Positionierungen, auch im Bereich des Bundesheeres, auch im Bereich der Milizarmee. (Abg. Scheibner: ... Abfangjäger!) Niemand in der Schweiz würde heute ernsthaft die Abschaffung der Wehrpflicht verlangen. Niemand! Weil die Schweiz diese neutrale Tradition ernst nimmt. Nur dort, wo die Neutralität eben nicht vorhanden ist oder nicht ernsthaft fortgesetzt werden soll, gibt es andere Überle­gungen. Genau das ist es, was Sie der Bevölkerung verschweigen. (Ruf beim BZÖ: Das gibt es in der Schweiz auch! – Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich braucht keine Alternative zur bestehenden Wehrpflicht, sondern eine Regierungsalternative zu Werner Faymann und Josef Pröll. Das ist in Wirklichkeit die politische Realität. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben eine Polittruppe in dieser Regierung, die aus ideologischen Gründen unser Bundesheer zerstören will, unsere Sicherheit gefährden will, unsere Neutralität aufgeben will und in Wirklichkeit auch noch den Zivildienst kaputtmachen will, obwohl Sie sogar selbst einmal dort tätig waren, Herr Darabos. Nicht einmal davor schrecken Sie zurück, dass Sie sogar in diesem Bereich alles dafür tun, um das sozusagen endlich abzuschaffen. Das ist eine Katastrophe. Das ist wirklich eine Katastrophe. Ich sage daher, wir wollen diese Gefährdung nicht mehr länger hinnehmen.

Was wir allerdings brauchen, ist eine Heeresreform, die diesen Namen auch verdient. Da gab es eine tolle Kommission, sogar unter Vorsitzführung des ehemaligen Altbür­ger­meisters von Wien, Helmut Zilk. Dabei sind tolle Ergebnisse herausgekommen, die bis heute nicht umgesetzt wurden. Man fragt sich: Wozu das alles? Wenn alle Parteien sich damals zusammengesetzt haben, vernünftige Reformvorschläge im Interesse der Sicherheit unseres Landes erarbeitet haben, man davon aber nichts umgesetzt hat und man heute alles, was damals durch alle Parteien zustande gekommen ist, einfach über Bord wirft, dann ist das nicht redlich, dann ist das nicht korrekt.

Es ist eben gerade auch im Rahmen des 100. Geburtstages von Bruno Kreisky auf seine Intention aufmerksam zu machen. Die SPÖ ist heute ganz, ganz weit entfernt von der Intention Bruno Kreiskys. Dort hat es in der sogenannten Lütgendorf-Doktrin durchaus auch den Grundstein für unsere Sicherheitspositionierung, für die Positionie­rung unseres österreichischen Bundesheeres gegeben, die sich eben bewährt hat, und für die umfassende Landesverteidigung, und da gehört auch die gesellschaftspolitische Komponente der Wehrpflicht dazu. Und das wird eben von Ihnen verdrängt.

Natürlich gehören auch Aufgaben dazu, staatsbürgerliche Bildung, auch Integrations­aufgaben, wo wir in vielen Bereichen der Gesellschaft heute leider Gottes ein Ver­sagen erleben, wie etwa im Bereich der Bildung. Seit Frankreich als NATO-Land die Wehrpflicht abgeschafft hat, haben wir dort eine dramatische Verschärfung der Integrationsprobleme. Ja, es ist auch eine Aufgabe des Bundesheeres, auch Integra­tionsaufgaben zu erfüllen. Viele Menschen, die nach Österreich zugewandert sind und dann Staatsbürger geworden sind, haben durch ihre Wehrpflicht, die sie beim Bun­


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desheer abgeleistet haben, ein viel, viel tieferes und innigeres Verhältnis zu ihrem neuen Heimatland entwickelt und auch Verantwortung für ihr neues Heimatland entwickelt. Auch das ist eine Komponente, die man nicht ganz außer Acht lassen sollte. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Dienstpflicht für das Vaterland vermittelt auch wichtige Werte wie Disziplin und auch die Einordnung des Einzelnen in ein Ganzes zur Erfüllung einer umfassenden Aufgabe, einer Verantwortung, einer Verpflichtung, die wir haben, auch in der Ver­fassung festgelegt haben im Bereich der Neutralität. Das wird bei vielen Diskus­sions­beiträgen in den letzten Tagen völlig außer Acht gelassen. Und genau dort werden wir nachhaken.

Wir werden heute daher auch einen Misstrauensantrag gegen Sie einbringen, weil es der österreichischen Bevölkerung nicht länger zumutbar ist, was Sie sich da leisten, Herr Verteidigungsminister! (Beifall bei der FPÖ.)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Darabos zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


15.21.59

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Möglicherweise bin ich naiv, denn ich habe gehofft, dass wir eine sachliche Debatte über die Zukunft des österreichischen Bundesheeres und der Verteidigungspolitik in Österreich führen können. Das habe ich in den letzten Tagen aufgegeben. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Strache hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe.)

Ich möchte auch ganz klar zum Ausdruck bringen, Herr Abgeordneter Strache – das sage ich jetzt auch als Staatsbürger und Sozialdemokrat –: Bruno Kreisky würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass Sie versuchen, ihn zu vereinnahmen! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Sie wissen nicht einmal, wie man Kreisky schreibt!)

Nicht nur er, sondern auch sehr viele Österreicherinnen und Österreicher, die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher würden auch nicht goutieren, wenn Sie Geschichtsklitterung hier im Hohen Haus betreiben und das Jahr 1934 noch für sich beanspruchen. Das halte ich überhaupt für einen politischen Wahnsinn, um das offen zu sagen. (Abg. Dr. Graf: Das brauchen Sie nicht von da oben zu sagen, Herr Minister!)

Auch die Frage der Migration, die Sie da im Rahmen des Bundesheeres angesprochen haben – das möchte ich zu Beginn sagen –, ist eine sehr eigenartige, wie Sie sie heute hier von diesem Podium aus dargestellt haben. (Abg. Strache: Da sind Sie völlig gescheitert! Schauen Sie einmal in Ihre Partei, Integration gescheitert!) Sie, Herr Kollege Strache, haben eine eigene Vorstellung von Vergangenheitsbewältigung, mit Paintball-Spielen im Wald und so weiter, mit Räuber- und Gendarmspielen im Wald. Das ist Ihre Art der Vergangenheitsbewältigung. (Beifall bei der SPÖ.) Und dass Sie heute hier hergehen und das von sich geben, das ist letztklassig. (Abg. Dr. Graf: Hören Sie doch auf! Das ist unwürdig! Letztklassig!)

Ich möchte Sie, bevor ich zu den inhaltlichen Dingen komme – ich werde alle 20 Fragen, die Sie mir gestellt haben, nach bestem Wissen und Gewissen beantworten (Zwischenrufe des Abg. Mag. Stefan) –, nur daran erinnern, Herr Kollege Strache, dass Sie im Jahr 2002 um diese Zeit, würde ich einmal sagen, auch ein führendes Mitglied der FPÖ waren. Die FPÖ hat im Jahr 2004 den Empfehlungen der Bundes­


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heerreformkommission, die Sie hier heute so gerne zitiert haben, zugestimmt, die wörtlich lauten:

„Die Gliederung des Bundesheeres 2010 ist so zu gestalten, dass spätere Entwick­lungen, etwa auch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Umstellung auf ein Freiwil­ligen­heer, möglich sind.“

Das war Ihr Beschluss, Sie waren dabei! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache – in Richtung ÖVP weisend –: Die sitzen da drüben! Die sitzen heute woanders!)

Ich möchte auch den Kollegen Scheibner, der in der Diskussion wenigstens konstruktiv mitarbeitet, der damals Ihr Verteidigungsminister, damals FPÖ-Minister war, daran erinnern, dass er auch schon Konzepte, die ich in der Schublade habe, vertreten hat, die ganz klar darauf ausgerichtet waren, die Wehrpflicht abzuschaffen. Da Sie – ich muss Ihnen das wirklich offen sagen, und das ist eine politische Debatte, ich bin dankbar, dass Sie das heute angesprochen haben – die Neutralität und die NATO-Frage angesprochen haben: Sie haben damals mit der Sicherheitsdoktrin 2001 für eine Annäherung an die NATO gestimmt. (Abg. Strache: Nein!) Das ist ein schwarz-blauer Beschluss gewesen, dieser Beschluss ist nach wie vor gültig. (Abg. Strache: HC Strache und die FPÖ unter HC Strache genau das Gegenteil!) Wir sind jetzt in der Sicherheitsstrategiediskussion dabei, Ihre Fehler von damals auszumerzen. (Abg. Strache: Da reden Sie mit dem BZÖ! Da sind Sie bei uns an der falschen Adresse!) Ich bin glücklich, dass der jetzige Außenminister Spindelegger das so ähnlich sieht wie ich und dass diese Scharte in der österreichischen Neutralitätspolitik, die Sie heute mehrfach angesprochen haben, ausgewetzt werden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Vergleichen mit der Schweiz: Die Schweiz hat 70 Abfangjäger. (Abg. Strache: Die funktionieren wenigstens! Die sind wenigstens einsatzfähig!) Ich habe von 18 auf 15 reduziert. In der Schweiz gibt es ein Milizsystem, das eine viel stärkere Miliz­sys­tematik aufweist als das System, das ich Ihnen heute vorschlagen werde und das ich auch in der Öffentlichkeit präsentiert habe.

Ich bin Ihnen wirklich dankbar für diese Diskussion, denn ich möchte Ihnen auch noch sagen, bevor ich zu den Inhalten komme, dass ich nicht überrascht bin, dass auch 60 Prozent Ihrer Wähler, vielleicht ehemalige Wähler, der Meinung sind, dass die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft werden soll, ausgesetzt werden soll – das ist eine ganz klare Aussage der Bevölkerung. (Abg. Strache: Täuschen Sie sich nicht! Machen Sie eine Volksabstimmung! Machen Sie in den nächsten Monaten eine Volksab­stimmung, dann werden Sie eines Besseren belehrt werden!) Sie werden sehen, wir werden uns dieser Diskussion stellen. Diese Diskussion wird die nächsten Monate beherrschen. Und ich werde Ihnen in einer sachlichen Diskussion im Gegensatz zu ihrem heutigen Beitrag ganz offen auch auf den Tisch legen, warum ich zu dem Entschluss gekommen bin, dieses Modell 3, das ich Ihnen nachher noch erklären werde, vorzuschlagen. (Abg. Dr. Graf: Machen wir Neuwahlen!)

Wir stehen eben – und damit bin ich beim Inhaltlichen – jetzt am Beginn des 21. Jahrhunderts an einem Scheideweg. Ich habe nie gesagt, dass das System, das wir jetzt haben, ein schlechtes System ist, aber ich bin der Meinung, dass wir aufgrund der Erfahrungen, die wir politisch hier auch diskutieren können, nämlich die Frage Ende des Kalten Krieges – ein Panzerkrieg im Marchfeld ist unwahrscheinlich gewor­den –, auch darüber nachdenken müssen, eine Änderung unseres Wehrsystems vor­zunehmen. Es ist so, dass wir jetzt klar zum Ausdruck gebracht haben und dass uns auch klar vor Augen geführt wurde, dass wir aufgrund von Erfahrungen beispielsweise eines allianzfreien Staates wie Schweden – kein NATO-Mitglied, wie Sie behauptet haben, sondern allianzfreier Staat – und auch von Erfahrungen in Deutschland, unse­rem Nachbarstaat, darüber nachdenken können, wie es in Österreich weitergehen


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kann. (Abg. Strache – einen Zeitungsausschnitt in die Höhe haltend –: In Stein gemeißelt, Herr Darabos! In Stein gemeißelt sind Ihre Worte!)

Zeigen Sie mir einen Staat – auch Deutschland hat das nicht gemacht –, der ein Fünf-Stufen-Modell vorgeschlagen hat (Abg. Strache: Sie holen sich immer NATO-Mitglieder als Vergleichsbeispiele! Das ist offenbar Ihre Doktrin!): Erstens: die Dis­kussion in den Mittelpunkt zu stellen, zweitens: dafür zu sorgen, eine Experten­meinung auch aus den ausländischen Armeen einzuholen – das haben wir am 15. Dezember gemacht –, drittens: sieben Modelle vorzulegen – und ich verstehe überhaupt nicht, warum es verwerflich sein soll, wenn ein Verteidigungsminister Modelle ausarbeitet und diese auch zur politischen Diskussion stellt (Beifall bei der SPÖ – Abg. Strache: NATO-Modelle!), viertens: einen politischen Prozess einzuleiten, sowohl mit dem Koalitionspartner als auch mit Ihnen als Oppositionsparteien, und fünftens: das Volk mit einzubeziehen. (Abg. Strache: Bitte schnell! Machen Sie schnell eine Volks­abstimmung!)

Ich sage Ihnen ganz offen, Sie schauen ziemlich alt aus in dieser Diskussion, denn die Mehrheit der Bevölkerung ist für mein Modell (Abg. Strache: Täuschen Sie sich nicht! Machen Sie eine Volksabstimmung!), und die große Mehrheit der Bevölkerung ist auch dafür, dass man sie in einer wichtigen politischen Frage mit einbezieht, wie die sicher­heitspolitische Frage: Wehrpflicht ja oder nein?, eine ist. (Abg. Dr. Graf: Sie haben ja nicht einmal eine Mehrheit für eine Volksabstimmung! – Abg. Strache: Unter­stützen Sie heute unseren Antrag auf sofortige Volksabstimmung!) Dass Sie da auf der fal­schen Seite stehen, okay, das nehme ich zur Kenntnis, aber Ihre politische Aus­richtung bereitet mir ein wenig Sorgen.

Wir haben ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass wir sieben Modelle zur Diskussion gestellt haben. Ich habe politisch ein Modell präferiert, und ich halte es für das Beste, denn dieses Modell 3, das ich vorgestellt habe, bringt gleiche Leistung, gleiche Kosten ohne Zwang. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das heißt, dass wir innerhalb der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik auch klar gewährleisten werden, dass wir nach wie vor 10 000 Soldatinnen und Sol­daten für den Katastrophenschutz haben, 90 Prozent der Österreicherinnen und Öster­reicher wollen das auch, dass wir über 1 000 Soldatinnen und Soldaten für Auslands­einsätze bereitstellen können, dass wir Assistenzeinsätze tätigen können und dass wir, viertens, auch den sehr theoretischen Fall – ich hoffe, zumindest da stimmt das Parlament mit mir überein – der Landesverteidigung bewerkstelligen können.

Also mehr konnte und wollte ich auch nicht tun. Das System ist ausgereift, es ist auch mit Komponenten bestückt, die beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland nicht eingearbeitet hat, nämlich den Zivildienst, den haben wir auch unter Mitarbeit des Kollegen Hundstorfer eingearbeitet. Also wenn Sie hier unterstellen, dass die politische Vorbereitung nicht okay ist, dann muss ich dem entgegenhalten, das sehe ich nicht so. Im Gegenteil, Sie werden in der Diskussion der nächsten Wochen und Monate auch, so hoffe ich zumindest, draufkommen, dass dieses Modell nicht nur ausgereift ist, sondern auch allen Fragen, die Sie gestellt haben, nachkommen wird.

Ich möchte jetzt, weil Sie die Schweiz angesprochen haben, konkret zum Modell kom­men. Das Modell würde konkret bedeuten, dass wir die Milizkomponente stärken – nicht schwächen, sondern stärken (Abg. Strache: Das sehen aber die Milizverbände nicht so, etwa der Herr Schaffer!), mit Anreizsystemen finanzieller Art, die Sie auch angesprochen haben – das war der einzige konstruktive und sachliche Beitrag, den Sie geleistet haben –, auch innerhalb des Systems. Und deshalb bin ich der Meinung, dass dieses Modell auch umsetzbar ist und dass wir mit diesem Modell auch weiter arbeiten sollten.


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Die seriösen Vertreter der Miliz haben auch zum Ausdruck gebracht, dass sie der Meinung sind, dass durch dieses Modell die Miliz qualitativ aufgewertet wird und damit auch verbessert werden kann. (Abg. Strache: Die Vertreter der Milizverbände sagen genau das Gegenteil! Die sind empört!)

Ich betone nochmals, bevor ich zu Ihren Fragen komme: gleiche Leistung, gleiche Kos­ten ohne Zwang.

Noch ein Satz: Ich werde über dieses Modell, auch wenn Sie heute sozusagen die Diskussions- und Dialogbereitschaft praktisch verweigert haben, natürlich erstens mit dem Koalitionspartner, aber auch mit den im Parlament vertretenen Parteien sprechen und werde am Ende des Tages – davon bin ich fest überzeugt, dass es richtig und wichtig ist – auch die Bevölkerung einbinden.

Nun zu Ihren Fragen:

Zur Frage 1:

Natürlich erfüllt das österreichische Bundesheer seine gesetzlich festgelegten Auf­gaben in vollem Umfang.

Zur Frage 2:

Mit dem von mir vorgelegten Modell, mit dem Modell 3, ist es natürlich möglich, die gleiche Leistung mit gleichen Kosten ohne Zwang zu erbringen. (Abg. Strache: Machen wir bis Juni eine Volksabstimmung, Herr Minister!)

Zur Frage 3, zur Frage, ob es zu einem Fähigkeitsverlust kommen würde:

Nein, ganz im Gegenteil, auch Mitarbeiter aus meinem Haus, die durchaus der allge­meinen Wehrpflicht vielleicht noch positiver gegenübergestanden sind, haben in den letzten Monaten mit ihrer Durchrechnung zum Ausdruck gebracht, dass wir mit diesem Modell bessere Fähigkeiten haben als mit dem Modell, das wir derzeit haben.

Zur Frage 4, zur Frage, welche Auswirkungen die Umsetzung dieses Modells auf die Infrastruktur haben wird:

Es gibt keine Auswirkungen im besonderen Sinn. Es ist so wie beim Modell der allge­meinen Wehrpflicht, jedoch ohne Grundwehrdiener. Das heißt, Grundwehrdiener wer­den ersetzt durch die Freiwilligenmiliz beziehungsweise durch mehr Zeitsoldaten.

Zur Frage 5:

Ich werde den von Ihnen, auch wenn Sie sich heute davon distanziert haben, gemeinsam beschlossenen Weg der Reduktion der Zahl der Liegenschaften fortsetzen. Minus 38 Prozent ist das Ergebnis der ÖBH 2010 unter meinem Vorgänger Günther Platter, unter dem Vorsitz von Helmut Zilk abgesegnet. Und ich sage heute auch ganz offen, die innovative Nutzung von Synergien – wir versuchen beispielsweise in Wien Standorte zusammenzuführen – wird für das Bundesheer auch positive Auswirkungen haben.

Zur Frage 6:

Im Vergleich zum Modell der allgemeinen Wehrpflicht, wo im Zeitraum von zehn Jahren 1 700 Posten eingespart worden wären, werden wir jetzt zusätzlich noch 500 Posten einsparen, also insgesamt 2 200 Posten.

Zu den Fragen 7 und 9:

Ich werde diesen Weg der engagierten Begleitmaßnahmen, die wir bereits über Jahre gesetzt haben, fortsetzen. Das bedeutet, dass wir im Personal Provider wohnortnahe


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intensive Betreuung und Schulungen, Angebote für Jobmöglichkeiten vermitteln wer­den.

Zur Frage 8:

Ich kann nicht nachvollziehen, wieso ein Auszubildender mehr bekommen soll als ein Ausbildner. Das ist eine Frage, die aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar ist.

Zu den Fragen 10 und 11:

Es wird nach wie vor eine Umschichtung der Ressourcen weg von der Verwaltung zur Truppe geben. Ich erinnere etwa – und das werden Sie nicht wegreden können – an die Verkleinerung meines Ministeriums, die Verkleinerung der Anzahl der Zivilbe­diens­teten. Die Details werden wir dann weiter zu erarbeiten haben.

Zur Frage 12:

Die Miliz ist und bleibt selbstverständlich Teil der Einsatzorganisation. Sie wird aus meiner Sicht nicht nur von der Mannstärke, sondern auch von der Kompetenz gestärkt.

Zu den Fragen 13 und 14:

Ich habe schon angeführt – dies im Gegensatz zu dem, was Sie heute von sich gege­ben haben –, dass das Modell, das ich vorgeschlagen habe, die gleichen Kosten bedeuten wird wie das jetzige Modell (Abg. Strache: Das kann sich nicht ausgehen!), das heißt, in zehn Jahren 21,8 Milliarden € oder pro Jahr 2,18 Milliarden €.

Zur Frage 15, Einbindung des Generalstabes:

Natürlich war der Generalstab mit eingebunden. Also dass nur ein sehr kleiner Kreis dieses Modell erarbeitet hat, ist nicht wahr. Somit muss ich die Frage mit Nein beant­worten.

Zur Frage 16:

Nach den Erfahrungen ermöglichen die attraktiven Anreize die erforderliche Zahl von Freiwilligen. Wir haben jetzt 700 Zeitsoldaten, wenn man diesen unscharfen Begriff ver­wenden darf. Wir haben über 3 000 Anmeldungen. Wir brauchen im neuen System über 2 000 Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten. Wo es also da mit besseren Anreizen nicht gelingen soll, dass wir die Freiwilligen bekommen, das entzieht sich meiner Fantasie. Ich bin sicher, dass wir die Freiwilligen, so auch Schweden, im Gegensatz zu Ihrer Anfrage auch bekommen werden.

Zur Frage 17:

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind weitreichend und im Bedarfsfall anzupassen. Da geht es um die Mobilmachung und Einsatzfähigkeit der Miliz.

Zur Frage 18:

Natürlich – das ist ja das Neue auch in Österreich im Gegensatz zu Diskussionen in anderen europäischen Staaten – wurde auch der Zivildienst mit berücksichtigt. Die Frage des Zivildienstes wurde von meinem Kollegen Hundstorfer ausreichend einge­plant. (Abg. Strache: Zuerst reduziert man dort die Unterstützung, dann ...!) Kollege Hundstorfer hat in den letzten Tagen mehrfach ausgeführt, dass ein alternatives Modell zum Zivildienst nicht mehr kosten und die gleiche Wirksamkeit im Sozial- und Gesund­heitsbereich haben würde.

Zur Frage 19:

Die Ansätze, die Sie angesprochen haben, sind im Modell 1 enthalten.


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Zur Frage 20, zur letzten Frage:

Der Inhalt der Modelle wurde breit innerhalb des Bundesheeres und auch in der Öffent­lichkeit kommuniziert.

Ich freue mich auf eine sachlichere und gute Debatte in den nächsten Monaten mit dem Koalitionspartner und auch mit den Oppositionsparteien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Die ÖVP hat heute die Chance, sich zu befreien! Geheime Abstimmung!)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner und keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamt­redezeit von 25 Minuten zu.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Gewünschte Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


15.38.09

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist ja nicht zu erwarten, dass Sie kühlen, ja kalten Gemütes das, was Ihnen zu Recht von Klubobmann Strache vorgehalten worden ist, hinnehmen, obwohl es angeraten wäre, nicht die große beleidigte Nummer abzuziehen und nicht zu versuchen, mit kleinmarxistischem Dialektikritual unpassende Antworten zu geben, sondern im Dienst der Sache konzentriert zu sein. Es ist ausschließlich Ihnen selbst vorzuwerfen, und Sie haben es sich selbst zuzuschreiben, was Sie hier politisch ange­richtet haben.

Nummer eins: Es ist natürlich völlig legitim, über Reformen von Einrichtungen des Staates, zumal auch des Heeres, für welches Sie derzeit die Verantwortung tragen (Ruf: Leider!), Reflexionen anzustellen. Aber es ist nicht legitim, jedes Maß an vorher erworbenem Vertrauen, zugegebenermaßen auch von meiner Fraktion und von mir persönlich, so mit dem Fuß anzustoßen, dass dieses Vertrauen schlichtweg von Ihnen nicht mehr als nötig erachtet wird, sodass Ihnen notwendigerweise auch das Miss­trauen auszusprechen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister Darabos, Sie haben sich in einer Kette von Erklärungen mit ober­flächlicher Recherche seit Jänner 2007 bis Ende 2010 zumindest 15 oder 20 Mal unverbrüchlich und klaren Wortsinnes zur allgemeinen Wehrpflicht bekannt, auch, und im Zusammenhang damit zunächst noch schwankend, als der Wiener Bürgermeister entdeckt hat, dass er vielleicht auf diesem Gebiet noch davonschwimmende Felle retten könnte.

Aber der Kernsatz, der wird an Ihnen hängenbleiben. Am 3. Juli 2010 sagten Sie:

„Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben.“

(Abg. Strache: So viel sind die Worte wert! Die Worte von Faymann und Darabos sind nichts wert!) Herr Minister, das steht fest, aber Sie haben in einem Punkt die österreichische Zeitgeschichte bereichert, nämlich auf dem Gebiet der Gesteinskunde: Es wird künftig den „Darabos-Stein“ geben. Die Natur des „Darabos-Steins“ ist aber knetbarer Lehm. Es braucht sich der Bürgermeister nur breit auf den Stein drauf­zusetzen – und er wird flunderflach! (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit des Abg. Mag. Stefan.) Nix ist mehr übrig von „eingemeißelt“! – Das ist die reale Tatsache, die mit Ihrem „Stein“ von Ihnen selbst angestellt worden ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 153

Es genügt ein Blick in die Medien, die auf die Freiheitlichen immer kritischer als auf die Sozialisten schauen. Nehmen wir einmal den „Kurier“ her, der als Antwort auf Ihre sie­ben Modelle Folgendes zum Ausdruck bringt:

„Für Österreich ist derzeit eine neue Sicherheitsdoktrin in Ausarbeitung. Sie legt fest, welche Anforderungen an das Bundesheer künftig gestellt werden. Die Doktrin ist politisch nicht ausverhandelt, geschweige denn beschlossen. Der Verteidigungs­minis­ter kennt also die künftigen Aufgaben des Heeres noch nicht, aber er weiß bereits, welche Art von Heer zu deren Erledigung am besten geeignet ist.

Das nennt sich ,koordinierter Prozess‘.

Mit seiner schrägen Vorgangsweise bestätigt der Minister einmal mehr, dass er sich weniger an Sachpolitik als an Parteivorgaben orientiert.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Was sind die Parteivorgaben? – Jeder weiß es: Die SPÖ hat sich vor dem daher­geraunten Begehren, was immer das sein soll, des Kollegen Pilz gefürchtet. Pilz und „Krone“ zwingen mit einem Federstrich die SPÖ, die bis dahin die allgemeine Wehr­pflicht in Stein meißelt, in die Knie, und auf einmal, in einem Horuckverfahren, gibt es diese Modelle.

Nicht, dass die Modelle noch mit einem gewissen mentalen Vorbehalt belastet wären, dass der Minister sagen würde: Das habe ich mir ausgedacht, und jetzt, bitte, liebe Öffentlichkeit, vielleicht lieber Koalitionspartner oder sogar auch liebe Opposition, lasst uns darüber reden! – Nein, er stürzt sich mit einem Köpfler mitten in den Sumpf der Unglaubwürdigkeit, was seine Person in seiner Amtsführung künftig betrifft, und sagt: Sieben Modelle! Die Wehrpflicht wird abgeschafft! – Keiner weiß, was die Zukunft bringen wird. Und auf die Frage im ORF: Na, wissen Sie sicher, dass Sie die 3 000 Frei­willigen pro Jahr kriegen?, antwortet er: Ja, ich weiß das sicher, sonst hätte ich es nicht vorgeschlagen. (Abg. Dr. Graf: Die sind in Stein gemeißelt! – Abg. Strache: Die 16 000 bis 20 000 Bundesheerler für die Katastrophenhilfe, die werden wir dann auch aus dem Hut zaubern!)

Ja, das ist eine Wechselerklärung, die ich gerne in Ziffern ausgefüllt und im Parla­mentspräsidium hinterlegt hätte – und bei Nichteinhaltung der Verpflichtung werden ein paar 100 Millionen fällig. Dann würde die politische Verantwortung wägbar sein.

Also ich wiederhole: Koalitionspartner nicht eingebunden, Parlament nicht eingebun­den, der Generalstabschef nicht eingebunden, der Chef der Streitkräfte, Führungskom­mandos nicht eingebunden.

Herr Bundesminister, bei allem Bedauern, zu so einem Schritt veranlasst zu sein, aber es geht nicht anders. Sie müssen verstehen, dass man mit dem Heer, mit der öster­reichischen Sicherheitspolitik nicht, in der Schule haben wir gesagt, „Pfitschigogerln spielen“ kann. Ich bitte um Verzeihung, dass ich diesen flapsigen Ausdruck hier ver­wende. Es heißt: mit leichter Münze mit Hilfe eines Kammes über eine ebene Tischplatte zuspielbare sogenannte Bälle vorzugeben und zu spielen zu versuchen. – Das ist die Methode, die von Ihnen gewählt wurde, um über Belange des Heeres ver­antwortungslos zu sprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es bleibt also kein anderer Weg, und ich stelle folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 154

Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten KO Strache und weiterer Abgeordneter in der 93. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Jänner 2011.

Norbert Darabos trat sein Amt als Bundesminister für Landesverteidigung im Jänner 2007 an. Von diesem Zeitpunkt an bekräftigte Darabos unmissverständlich bei jeder Gelegenheit seine positive Haltung zur Wehrpflicht und seine Ablehnung eines Berufs­heeres:

Darabos bekannte sich zur Landesverteidigung und allgemeinen Wehrpflicht, lehnte ein Berufsheer ab und bekräftigte auf eine entsprechende Frage, dass er keine Pläne zur Abschaffung des Heeres habe: "Das Bundesheer kann sich auf mich verlassen."

APA0496, 10.1.2007

„Nein, Berufsheer ist aus meiner Sicht kein Thema.“

Ö1 Morgenjournal, 11.01.2007

was die Frage der Berufsarmee betrifft und wie gesagt, hier gibt es ein klares NEIN aus meiner Seite solange ich Minister bin

Pressestunde vom 25.03.2007

„Nein, ich bin kein Freund des Berufsheeres. Es ist auch nicht realistisch. Wir bleiben bei dem gemischten System von Grundwehrdienern, Kader- und Miliz-Soldaten.“

"Kurier" vom 11.05.2007

„Ich stehe zu dem System Grundwehrdienst, Kadersoldaten und Miliz - also kein Berufsheer.“

„Der Standard“ vom 28.08.2007

„Ich bin als Sozialdemokrat ein klarer Verfechter des Milizsystems und des Systems der allgemeinen Wehrpflicht, das ist einfach unserem Heer am stärksten angepasst und ich werde das auch weiter vertreten.“

„Burgenland heute“ vom 09.11.2007

„Ich stehe zu dem jetzigen System der Wehrpflicht und zum Milizsystem.“

Pressestunde vom 01.06.2008


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 155

Weiters bekannte sich Darabos zur allgemeinen Wehrpflicht, zum sechsmonatigen Grundwehrdienst und zur Steigerung des Frauenanteils im ÖBH.

OTS0319, 03.12.2008

"Die allgemeine Wehrpflicht ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Bürger für die Sicherheit unseres Landes. Deshalb wird es mit mir als Verteidigungsminister auch keine Abschaffung der Wehrpflicht geben. An der Wehrpflicht darf nicht gerüttelt werden. Es ist für Österreich und für das Bundesheer wichtig, dass viele junge Menschen einrücken."

OTS0184, 4.5.2009

Er bekenne sich zur allgemeinen Wehrpflicht, Tendenzen in Richtung Berufsheer seien lediglich in größeren Staaten zu beobachten, die Militärbündnissen angehören.

OTS0345, 23.6.2009

„Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben.“

„Tiroler Tageszeitung“ vom 3.7.2010

„Die Bundesregierung bekennt sich zu einem Bundesheer, das auf der allgemeinen Wehrpflicht, Miliz und Berufskomponente aufbaut sowie zur Beibehaltung des auf sechs Monate verkürzten Wehrdienstes.“

APA0233, 9.7.2010

„Ich bin der hundertprozentigen Auffassung, dass die Mischvariante zwischen Berufs­soldaten, Milizsoldaten und Grundwehrdienern die beste ist für einen neutralen Staat wie Österreich.“

Ö1-Mittagsjournal, 17.9.2010

„Die allgemeine Wehrpflicht garantiert die Verankerung der Armee in der Gesellschaft. Derzeit gibt es aus meiner Sicht keine Alternative zur allgemeinen Wehrpflicht.“

Darabos in seiner Rede zur Ausmusterung der Offiziere an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt am 2.10.2010 („NÖN Landeszeitung“ Nr. 40/2010 vom 4.10.2010)

„Meine Meinung ist bekannt, ich glaube, dass dieses Mischsystem Österreich nach vorne gebracht hat, nämlich Mischsystem zwischen Kadersoldaten, Milizsoldaten und Grundwehrdienern.“

Hohes Haus vom 3.10.2010

Am 4. Oktober 2010 gab es eine Vorausmeldung der „Krone“ auf ein Interview in der Zeitung vom 5.10.2010, dass Bürgermeister Häupl sechs Tage vor der Wahl in Wien als Wahlkampfzuckerl für eine Volksbefragung zur Abschaffung der Wehrpflicht eintritt.

Nach kurzer Ratlosigkeit an der Spitze des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport wurde die Forderung unterstützt. In der Folge wurde für ein Berufsheer plädiert und die Abschaffung der Wehrpflicht gefordert. Es wurden Modelle für ein künftiges System, ohne Beiziehung des Chefs des Generalstabes oder des Streit­kräftekommandanten (!), erarbeitet und vorgestellt, von denen ein Gutteil von vorn­herein ausscheidet.

Ein 180 Grad Schwenk von Bundesminister Darabos, der in der Geschichte seines Gleichen sucht. Ein Schwenk, der von Bundesminister Darabos am 15.12.2010 mit dem Kostendruck begründet wurde (APA0559).


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 156

Dieser schwenk ist nicht nachvollziehbar, zumal es keine neuen mittelfristigen Risiko­analysen – die Vorschläge zur neuen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin werden erst vorgelegt und diskutiert – gibt. Eine Diskussion über die Wehrverfassung muss auf Basis einer aktuellen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin erfolgen. Einsparungen dominieren die Budgets der Landesverteidigung auf jeden Fall bis 2014 und wahr­scheinlich darüber hinaus.

Selbst diverse Medien wie zum Beispiel der „Kurier“ finden diese Vorgehensweise eigenartig bis verwunderlich:

„Für Österreich ist derzeit eine neue Sicherheitsdoktrin in Ausarbeitung. Sie legt fest, welche Anforderungen an das Bundesheer künftig gestellt werden. Die Doktrin ist politisch nicht ausverhandelt, geschweige denn beschlossen. Der Verteidigungs­minis­ter kennt also die künftigen Aufgaben des Heeres noch nicht, aber er weiß bereits, welche Art von Heer zu deren Erledigung am besten geeignet ist.

Das nennt sich ein koordinierter Prozess.

Mit seiner schrägen Vorgangsweise bestätigt der Minister einmal mehr, dass er sich weniger an Sachpolitik als an Parteivorgaben orientiert. Man erinnere sich: Am Beginn der Debatte stand ein Wahlkampf-Manöver des Wiener Bürgermeisters. Im Wissen um die Umfragemehrheit und die Unterstützung der Krone wechselte die SPÖ ziemlich abrupt ihre Wehrpflicht-Position. Darabos war gerade dabei, sie in Stein zu meißeln, und wurde überrumpelt. Inzwischen empfiehlt derselbe Darabos mit ähnlicher Inbrunst den Umstieg auf ein Berufsheer. Mag sein, dass dieses Modell wirklich das richtige für die Zukunft ist - aber wem soll man das glauben? Darabos? Über ihn spöttelt sogar schon der Bundespräsident: "Stein ist nicht aus Butter".“ (OTS0191, 17.1.2011)

Eine Änderung des Wehrsystems aus wahltaktischen und finanziellen Gründen, wie von Darabos betrieben, ist strikt abzulehnen. Eine allfällige Änderung der Wehr­verfassung haben sicherheitspolitische Erwägungen auf der Grundlage von fundierten Risikoanalysen und Bedrohungsszenarien voran zu gehen.

Auf Grund der genannten Tatsachen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klub­obmann Dr. Cap. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


15.45.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte einmal sagen, das ist der erste Minister im Verteidigungsressort, der den Mut hat, über eine Neuaufstellung des Bundesheeres nachzudenken, unter Berücksichtigung der geopolitischen Lage. Und ich glaube, das sollte man einmal honorieren, denn zu lange war das Bundesheer ein Tollplatz von Lobbyisten und Interessen, die außerhalb des Bundesheeres angelegt waren. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 157

Was ich auch nicht schätze, ist, wenn es politisierende Offiziere und politisierende Beamte im Bundesheer gibt. Der Chef ist dort der Bundesminister. (Abg. Kitzmüller: ... keine Ahnung!) Das ist derjenige, der die politische Verantwortung trägt, und der hat Modelle vorzubringen, wenn er meint, dass das notwendig ist. Und er hat es getan, und er stellt sich einer öffentlichen Diskussion, und es soll am Ende des Tages, wenn notwendig, natürlich auch – und das wird wahrscheinlich so sein – eine Befragung der Bevölkerung stattfinden.

Aber ich möchte mich jetzt der FPÖ zuwenden. Ich finde das mutig, was Sie heute machen, sehr mutig (Ruf bei der FPÖ: Immer!), denn ich möchte Ihnen folgende Frage stellen: Wer von Ihnen war eigentlich beim Bundesparteitag der FPÖ 1997 dabei? – Na, niemand! Jetzt hat jeder die Tarnkappe auf, kann sich an nichts erinnern. (Abg. Strache: Fragen Sie, wer 2005 dabei war!)

Erinnern Sie sich an 1997! Da haben Sie im Parteiprogramm der FPÖ folgenden Passus beschlossen:

„Die ohnehin immer stärker ausgehöhlte allgemeine Wehrpflicht sollte sistiert und durch eine professionelle Armee bestehend aus Berufstruppen und einer Freiwilligen­miliz ersetzt werden.“

(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Und was ist 2005 beschlossen worden? Was ist unter meiner Obmannschaft beschlossen worden, 2005?) – Na, Sie waren ja am Parteitag dabei, nicht wahr? Sie haben ja brav das Händchen gehoben 1997. Das wollen wir ja nicht vergessen, apropos blauer Rösselsprung. (Abg. Strache: 2005 hat die FPÖ einen neuen Obmann gehabt! Was ist da beschlossen worden?)

Aber besonders hervorheben möchte ich „die ohnehin immer stärker ausgehöhlte“. Diese Analyse der Wehrpflicht ist sehr interessant, die Sie 1997 hier drinnen gehabt haben. Man sieht gar nicht, aufgrund welcher Analyse Sie das beschlossen haben – Aufgabenbestimmung des Heeres, geopolitische Lage, das kommt gar nicht vor. Es kommt einfach nur dieser Passus vor, wo Sie eigentlich von einem Mischsystem zwischen einem Berufsheer und einer Miliz sprechen. (Abg. Strache: Unter meiner Obmannschaft, erste Handlung: diesen Schwachsinn wieder zurückzunehmen!) – Aber Moment, es wird ja noch besser! (Abg. Strache: 2005 ist dieser Schwachsinn wieder zurückgenommen worden!)

Klubobmann Strache spricht natürlich zu Recht vom nächsten Bundesparteitag der FPÖ – natürlich hat es wieder einen gegeben, Sie haben ja in gewissen Abständen Bundesparteitage –, und zwar war das – ich kann Ihnen helfen, wenn Sie sich nicht erinnern – am 23. April 2005. Hochinteressant! Was haben wir da? – Hört, hört, Artikel 3! Da steht Folgendes: ... (Abg. Strache: Wehrpflicht und Aufrechterhaltung der Neutralität!) – Nein, nein, nichts „Wehrpflicht“! Da haben Sie eine Gedächtnis­schwäche. Ich werde Ihnen jetzt ein bisschen helfen. Da steht unter Artikel 3 folgender Absatz:

„Zur Erfüllung der sicherheitspolitischen Aufgaben und aus demokratiepolitischen Gründen bekennen wir uns zu einer allgemeinen Dienstpflicht“ (Abg. Strache: Genau! Dienstpflicht!) „entweder in Form des Wehrdienstes oder in Form eines Sozialdienstes als persönliche Leistung des Staatsbürgers für die Sicherheit und Unabhängigkeit Österreichs.“

Sie sagen: Wehrdienst oder Sozialdienst! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Genau! Es geht nur mit Wehrpflicht!) – Das ist ja putzig, denn nach der Formulierung, die Sie da haben, sagen Sie: Hauptsache, der Bürger wird zu etwas verpflichtet, wurscht was! Das kann der Wehrdienst sein, das kann der Sozialdienst sein, uns ist das egal!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 158

Hauptsache ist der Zwang und die Pflicht! (Abg. Strache: Wehrdienst oder Wehr­ersatzdienst! Das ist es!)

Sagen Sie einmal, das wollen Sie als sicherheitspolitischen Beitrag formulieren, das, was da drinnen steht? Das ist ja der Ausdruck eines Dramas, aber um Gottes willen doch nicht einer Überlegung!

Natürlich gibt es in dem Ganzen keine besonderen Analysen oder sonst irgendetwas, sondern da steht schlicht und einfach ... – Übrigens, was ist „Dienstpflicht“? Was ist überhaupt „Dienstpflicht“? (Ruf bei der FPÖ: Wehrpflicht!) Nein, nein, nicht Wehrpflicht! Na, na, na, na, na! Da steht „Dienstpflicht“! (Abg. Strache: Wehrdienst, Sozialdienst, Zivildienst!) Ist das menschenrechtswidrig, ist das grundgesetzwidrig, ist das rechts­widrig? – Na klar ist es das! „Dienstpflicht“ gibt es überhaupt nicht! Das ist eine Wortschöpfung. Das muss Ihnen aus der Feder gerutscht sein damals. (Ruf: „Arbeitsdienst“!) – „Arbeitsdienst“ nennt man das, ja. Danke für den Zwischenruf, sehr hilfreich. (Abg. Strache: Blödsinn!)

Nein, nicht Blödsinn. Blödsinn ist das, was im Programm steht. Aber das ist jedenfalls Faktum, was Sie da reingeschrieben haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Und, sagen Sie einmal, da haben Sie den Mut, sich hier herzustellen und über Vertei­digungspolitik und Sicherheitspolitik zu reden? (In Richtung Bundesminister Darabos, auf die FPÖ weisend:) Die sind nicht satisfaktionsfähig, Herr Minister. Das ist sinnlos! (Abg. Dr. Graf: Also, so hart würde ich nicht ins Gericht gehen!) Von dem, was die da an Expertise einzuwenden haben, bin ich echt enttäuscht. Ich habe mir gedacht, das hat einen echten Background, sie haben da länger nachgedacht und haben da ein Programm, aber das haben sie nicht. (Abg. Dr. Graf: Dass Sie so auf den Minister losgehen?!)

Und das ist bedauerlich, denn jetzt geht es nämlich um Folgendes: Jetzt geht es nämlich darum, dass man wirklich glaubwürdig hier ein Konzept auf den Tisch legt. (Abg. Strache: Dass Sie den Minister noch beleidigen! ... „nicht satisfaktionsfähig“!) – Nein, nein! – Und genau das hat der Herr Minister gemacht: Der Herr Minister hat ein Konzept vorgelegt. Und ich finde, dieses Konzept ist es wert, dass man es einmal diskutiert, hier und in der Öffentlichkeit.

Und ich finde, das Freiwilligenprinzip, so wie es hier präsentiert ist, wird für Pro­fessionalität garantieren, sowohl beim Heer (Abg. Mag. Stefan: „Da werden nur die Besten zum Heer gehen!“) – es ist ja jetzt schon der größte Teil mit einer profes­sionellen Berufskomponente versehen, das übersehen ja die meisten –, und es wird das Freiwilligkeitsprinzip auch beim Sozialdienst gelten, wo dafür bezahlt wird, wo man ein Jahr dabei ist, wo man hoch professionell diese Dienste zu erfüllen hat und wo auch die 1 300 Trägerorganisationen – so hoffe ich, und ich glaube, dass es sicher so sein wird – damit zufrieden sein werden und diese Aufgaben dann alle erfüllt werden.

Warum Zwang, wenn es freiwillig auch geht? Warum Zwang, wenn es mit einer Freiwilligenkonzeption professioneller geht und der Auslandseinsatz, der Katastrophen­schutz und die Aufgaben der Landesverteidigung professionellst erfüllt werden kön­nen?

Das ist ein Minister, der nachdenkt über effizienten Einsatz der Steuermittel. Das ist ein Minister, der darüber nachdenkt, dass dem Bedürfnis der Bevölkerung nach einem pro­fes­sionellen Katastrophenschutz wirklich entsprochen wird. (Abg. Dr. Graf: Seit drei Monaten! Seit drei Monaten denkt er nach! Er soll nicht nachdenken, er soll vorausdenken!)

Das ist ein Minister, der den Mut hat, sich herzustellen und zu sagen, jawohl, ich stelle mich auch der Kritik, ich stelle auch offensiv ein Modell vor, ein Minister, der sagt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 159

1 000 Soldaten für den Auslandseinsatz, hoch professionell – dort sind ohnehin schon längst keine Präsenzdiener mehr! –, und es ist ein Minister, der darüber nachdenkt, wie man hier Ressourcen wirklich klug einsetzt – nicht einer, der Panzer kauft und glaubt, er ist noch im Zweiten Weltkrieg und muss das Marchfeld mit den Panzern verteidigen, und nicht jemand, der sich Eurofighter anschafft und sich nicht die Frage stellt, ob man nicht mit geringeren, besseren, besser eingesetzten Mitteln die Luftraumüberwachung in Österreich garantieren kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Da wird das erste Mal die Frage gestellt: Was braucht Österreich und das Bun­desheer? Das erste Mal!

Und wo ist Ihr Modell? Nehmen Sie doch das Modell ’97! (Abg. Strache: Modell 2005! Lesen Sie das Modell 2005!) Gehen Sie zurück zu Ihren Wurzeln! Nehmen Sie das Modell ’97, dort haben Sie ja ohnehin dieses Mischmodell! Eigentlich sehr weitsichtig, was da drinnen steht, wo Sie zwischen dieser Berufskomponente und der Miliz­komponente kombinieren.

Ich muss Ihnen sagen: heute Nichtgenügend, setzen! Das war zu wenig, liebe blaue Fraktion! Das war zu wenig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das war jetzt der Selbstbefund vom Herrn Cap!)

15.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


15.53.00

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Herr Wirtschaftsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Oberbefehlshaber des österreichischen Bundesheeres, Bun­des­präsident Dr. Heinz Fischer, sagte noch im Juli vergangenen Jahres in einem Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“:

„Die Diskussion über ein Berufsheer überzeugt mich nicht, weil ihr ein Gedanke zugrunde liegt, der auch von der Neutralität wegführt: nämlich, dass ein europäisches Berufsheer gebildet wird, in das alle Staaten Soldaten einbringen. Das ist für Öster­reich nicht möglich.“

Das sagte Bundespräsident Dr. Heinz Fischer noch im Juli des vergangenen Jahres.

Herr Verteidigungsminister, Sie machen es uns heute nicht einfach. Mit dieser Debatte – und ich mache Sie darauf aufmerksam! – entfernen Sie sich vom Regie­rungs­übereinkommen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer. – Abg. Strache: ... Koalitionsbruch!)

Herr Bundesminister Darabos, Sie sagten selbst noch am 3. September des vergan­genen Jahres – und zwar nicht in einem Interview, wo man dann sagen könnte, da bin ich falsch zitiert, sondern in einem Gastkommentar, den Sie selbst geschrieben ha­ben – wörtlich, weil Sie die Kollegen von der FPÖ wegen Ihrer Argumentation im Hin­blick auf Schweden kritisiert haben:

„In Schweden rechnen Experten mit massiven Schwierigkeiten bei der Personal­rekrutierung.“ – Das sind Ihre Worte, Herr Bundesminister.

Sie sagen weiter: „Auch die von Wehrpflichtgegnern gerne ins Treffen geführten Pläne des NATO-Mitgliedsstaates Deutschland sind kein Grund, an unserem Erfolgsmodell zu rütteln.“ – Ihre Worte, Herr Bundesminister. (Abg. Rädler: Wahnsinn! Wahnsinn!)

Sie sagen weiter – eigentlich bräuchte man nur diesen Artikel vorzulesen, und man hätte eine wunderbare Rede –:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 160

„Mit einem Aus der Wehrpflicht wäre es nicht mehr möglich, die verfassungsmäßigen Vorgaben zu erfüllen. Ohne Grundwehrdiener könnten etwa nicht mehr zumindest 10 000 Soldaten für den Katastrophenfall (...) bereit gestellt werden.“

Beim Hochwasser 2002 war das notwendig – Sie erinnern sich daran. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Strache: 16 000! Da waren es sogar 16 000!)

Sie sagen weiter: „Eine Abschaffung der Wehrpflicht“ (Zwischenruf des Abg. Petzner) „würde auch bedeuten, dass es keinen Zivildienst mehr gibt. Ohne Zivildiener würde das Gesundheits- und Sozialsystem ins Wanken geraten, erhebliche zusätzliche Kosten würden entstehen.“ – Ihre Worte, Herr Bundesminister.

Und letztlich: „Daher werden die jungen Staatsbürger auch in Zukunft Dienst für unsere Gesellschaft leisten – ob als Rekrut oder als Zivildiener.“ (Abg. Strache: Das ist jetzt an den Herrn Cap gerichtet gewesen! Das ist die Dienstpflicht!)

Herr Bundesminister, mit diesen Zitaten hätten wir an sich kein Problem. Das ist absolut in Ordnung, was Sie da gesagt haben. Problematisch wird es, wenn der Bun­desminister für Landesverteidigung innerhalb von wenigen Monaten mehrfach seine Meinung ändert.

So sagten Sie in den letzten Tagen, Sie treten nunmehr für eine Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und für ein Berufsheer ein. Sie präsentieren – und das ist ja das besonders Verwirrende, Herr Bundesminister – sieben Modelle, sieben unter­schiedliche Modelle. Und ich stelle mir die Frage, für wen diese Modelle jetzt alle sein sollen.

Das dritte Modell ist offenbar das Ihre, das sagen Sie ja. Sie sagen, das ist ein Modell, Sie sagen, Sie haben ein Konzept. Ich habe es nachgezählt: Ihr angebliches Konzept hat genau 14 Zeilen. 14 Zeilen umfasst Ihr Verteidigungskonzept für die Republik Österreich! (Abg. Strache: Das ist die inhaltliche Tiefe der in Stein gemeißelten Worte!) – Da ist Vorsicht geboten, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP.)

Heute, Herr Bundesminister Darabos, lesen wir im „Kurier“, dass Sie gerade an 12 000 Rekruten ein Buch verteilen, in dem Sie wieder für die allgemeine Wehrpflicht eintreten! – Na da soll sich einer auskennen, meine Damen und Herren. Da kennt sich niemand aus! (Abg. Strache: Das ist eine Frotzelei!) Und ich halte das, gelinde gesagt, für einigermaßen hinterfragenswert (Abg. Strache: Das ist eine echte Pflanzerei, was der Verteidigungsminister da macht!), dass man so mit der Sicherheit unseres Landes umgeht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Unser geschätzter ehemaliger Außenminister Alois Mock hat einmal gesagt: Man kann in der Sozialpolitik Fehler machen, und man kann sie korrigieren. Man kann auch in der Bildungspolitik Fehler machen, und man kann sie korrigieren. Wenn man in der Sicherheitspolitik einen Fehler macht, kann man diesen Fehler vielleicht nicht mehr korrigieren.

Das sagte Alois Mock – und das, Herr Bundesminister, sei Ihnen auch am heutigen Tage ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Für die Volkspartei, Herr Bundesminister, steht die Sicherheit im Zentrum. Ein Bun­desheer ist im Übrigen ein Bundesheer – und nicht ein besserer Bautrupp oder Ähnliches. Ein Bundesheer hat eine klare Aufgabe! Und diese Aufgabe gilt es einmal zu definieren.

Es gibt eine geltende Sicherheitsdoktrin, an die wir uns zunächst einmal, ebenso wie an die Bundesverfassung, zu halten haben. Wenn im Regierungsübereinkommen steht, dass wir eine neue Sicherheitsdoktrin verhandeln, dann tun wir das doch! Ver­handeln wir diese Sicherheitsdoktrin! Die Vorschläge unserer Minister liegen seit dem


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Herbst im Parlament. Es liegt an Ihnen, Herr Bundesminister! Sie haben zugesagt, dass Sie Ihre Vorschläge mit Ende 2010 auf den Tisch legen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Darabos.)

Diese Vorschläge liegen noch nicht auf dem Tisch des Hauses, und wir sollten in die Debatte über die Aufgaben des Bundesheeres einsteigen. Diskutieren wir die neuen Aufgaben des Bundesheeres, wenn es da seit dem Jahr 2004, als die Zilk-Kommission ihre Ergebnisse vorgelegt hat, tatsächlich so gravierende Veränderungen gibt!

Für uns steht die Sicherheit im Zentrum, Herr Bundesminister! Und die Debatte über die Gestaltung des österreichischen Bundesheeres muss in einer logischen Abfolge passieren: Zunächst einmal definieren wir diese Aufgaben, und dann kann man über die Struktur eines Bundesheeres sprechen, Herr Bundesminister.

Wir verschließen uns nicht einer Reform, aber die Wehrpflicht, meine Damen und Herren, steht für die Österreichische Volkspartei nicht zur Disposition. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Pilz. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Strache – in Richtung des Abg. Amon –: Ist das in Stein gemeißelt?)

 


16.00.07

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Um kurz bei den Steinen zu bleiben: Es stimmt, die allgemeine Wehrpflicht wurde vom Verteidi­gungsminister vor einigen Monaten in Stein gemeißelt. Dann hat ihm dankens­werter­weise der Wiener Bürgermeister einen neuen Stein zur Verfügung gestellt, jetzt ist die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht in einen neuen Stein gemeißelt. Ich hoffe, dass damit die Steinlieferungen an den Verteidigungsminister erledigt sind. (Zwischen­ruf bei der ÖVP.)

Ich nehme es zur Kenntnis, weil es auch eine politische Chance bedeutet, wenn ein Verteidigungsminister, was nicht immer gut ist, politisch eine Fahne im Wind ist. Dieser Wind bläst aus der richtigen Richtung, und ich gehe davon aus, dass mit Hilfe dieses Windes (Abg. Dr. Rosenkranz: Herr Pilz, Ihre Winde brauchen wir überhaupt nicht!) und der Haltung des Verteidigungsministers in diesem Jahr im Interesse der jungen Männer der Republik Österreich (Abg. Neubauer: Was ist mit den Frauen?) die allge­meine Wehrpflicht abgeschafft werden wird.

Warum soll sie abgeschafft werden? – Das ist ganz einfach: weil sie niemand mehr braucht. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, dass junge Männer in Kasernen herumsitzen, die wir in den Schulen, Universitäten und auf den Arbeitsplätzen brauchen. Es gibt keinen sachlich vernünftigen Grund dafür, dass jetzt, wenn die geburtenschwachen Jahrgänge kommen, die militärische Führung sagt: Nein, wir nehmen lieber Not auf dem Arbeitsmarkt und Knappheiten in Kauf und setzen diese jungen Männer weiter monatelang in Kasernen, wo sie als Einziges lernen: alles grüßen, was sich bewegt, und alles putzen, was sich nicht bewegt! Das ist zu wenig! (Ruf bei der FPÖ: Da muss man das System ändern!)

Das zweite Argument ist viel wichtiger: In ganz Europa wird die Wehrpflicht abgeschafft. Ja warum, meine Damen und Herren von der FPÖ und der Öster­reichischen Volkspartei? – Aus einem einfachen Grund: weil mit Ausnahme der finnischen und türkischen Diskussion – die ganz andere historische und regionalpo­litische Hintergründe haben, wo es um Landesverteidigung und ganz konkrete Be­drohungen geht – alle anderen Staaten, insbesondere die Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union, feststellen: Mangels Feind brauchen wir nicht mehr diese jungen


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ausgebildeten Männer für eine militärische Landesverteidigung. Wo es keinen Feind gibt, ist auch nichts zu verteidigen, das sollte sich langsam auch bis zur Freiheitlichen Partei und zur Österreichischen Volkspartei herumsprechen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Kollege Amon hat vollkommen recht: Viel besser wäre es gewesen, mit der Doktrinen­diskussion rechtzeitig zu beginnen und dann über die Wehrpflicht zu befinden. Ja, das ist auch die richtige Vorgangsweise: zuerst einmal seriös diskutieren, was überhaupt die modernen und angemessenen Aufgaben für österreichische Streitkräfte sind. Ist es die Landesverteidigung?

Bei der großen Diskussion über die Wehrpflicht im Wiener Hotel Hilton hat der Verteidi­gungsminister selbst erklärt: Nein, in den nächsten Jahrzehnten wird die Wehrpflicht keine militärische Kernaufgabe in Österreich sein. Die einzige militärische Kern­aufgabe, die bleibt, sind Auslandseinsätze, in der Regel mit einem Mandat der Vereinten Nationen. Dazu brauchen wir keine Präsenzdiener – Fünf-Parteien-Konsens in der Bundesheerreformkommission.

Keine Präsenzdiener für Auslandseinsätze – bleiben Assistenzeinsätze. Ja ist es wirklich sinnvoll, junge Männer an Panzern auszubilden, damit sie Lawinenopfer frei­schaufeln können? Ist es sinnvoll, junge Männer an Artillerie auszubilden, damit sie Sandsäcke an hochwasserführende Flüsse schleppen können? – Das ist doch Unfug! Auf der ganzen Welt wird dort, wo sicherheitspolitisch halbwegs Vernunft eingekehrt ist, Katastrophenhilfe zivil organisiert.

Beispiel Sri Lanka – dieses Beispiel kommt aus dem Verteidigungsministerium –: ein und dasselbe Wasseraufbereitungsaggregat bei der letzten Katastrophe vor einigen Jahren in Sri Lanka: Das Rote Kreuz braucht drei Personen, um diese Anlage zu bedienen, das österreichische Bundesheer inklusive Eigenschutz, Kommunikation, Aufklärung und so weiter 77 Personen! Wollen wir 77 Personen finanzieren, wo drei Personen reichen?!

Gehen Sie in die Bundesrepublik Deutschland, schauen Sie sich das technische Hilfswerk an: Die Deutschen haben wie in der Frage der Wehrpflicht eine wesentlich bessere und zeitgemäßere Antwort gefunden (Ruf bei der FPÖ: Die sind bei der NATO!), weil sie sehr früh im letzten Jahr eine Diskussion der Vernunft über die Parteigrenzen hinweg begonnen haben.

Ich erinnere an die Bundesheerreformkommission: Warum war es möglich – das ist leider in der Umsetzung gescheitert, und das liegt nicht nur in der Verantwortung des jetzigen Verteidigungsministers, sondern liegt auch in der Verantwortung seines Vor­gän­gers –, damals ein durchaus zukunftsweisendes Reformmodell unter wesentlicher Mitarbeit der Parlamentsfraktionen gemeinsam mit den Expertinnen und Experten des Verteidigungsministeriums zu erarbeiten? – Weil es in diesem Haus Bereitschaft dazu gab.

Es muss doch möglich sein – nachdem die Sicherheitspolitik, insbesondere die mili­tärische Sicherheitspolitik, alles andere als eine Frage von Weltanschauungen ist –, eine ernsthafte und zügige Doktrinenarbeit hier im Nationalrat bis zum Sommer dieses Jahres abzuschließen. Es wird gleichzeitig möglich sein, ernsthafte Vorbereitungen für den Ausstieg aus der Wehrpflicht zu treffen, insbesondere im Bundesministerium für Landesverteidigung. Das alles muss doch möglich sein.

Sie werden wahrscheinlich draufkommen – das ist unser Vorschlag; vielleicht gibt es bessere Vorschläge, aber das ist unser Vorschlag –, wenn Sie die einzige verbleibende militärische Kernaufgabe „internationale Einsätze“ ernst nehmen, dass Sie mit einem Bundesministerium von maximal 10 000 Personen auskommen, wenn Sie das Ver­


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hältnis Truppe zu Verwaltung 2 : 1 schaffen und die Zentralstelle von 800 auf 400 Personen reduzieren. Sie werden sehen, dass es möglich ist, auf ganze Waffen­systeme, die überflüssig sind, zu verzichten. Sie werden sehen, dass es seit zwei Jah­ren im Rahmen der Europäischen Union möglich ist – durch die neuen Angebote der internationalen Arbeitsteilung in der Sicherheitspolitik –, dass sich Österreich aus­schließlich auf das untere Petersberg-Spektrum konzentriert, also auf friedens­erhal­tende Maßnahmen mit minderen, mit leichteren militärischen Einsätzen.

Dann wird der Verteidigungsminister plötzlich feststellen, dass es bestimmte Voraus­setzungen gibt: A, B, C – hervorragende Einheiten –, Pioniere – im internationalen Vergleich durchaus herzeigbar und im neuen Modell verwendbar – und dann ein Kern von polizeiartiger, gut geschützter Infanterie für das internationale Policing, und Öster­reich kann – wahrscheinlich wird es gar nicht dieses Budget brauchen – ein ernst zu nehmendes internationales Angebot machen.

Und dann werden wir über Finanzen reden und wird der Verteidigungsminister erklä­ren müssen – auch wenn das zukünftige Modell, was ich für realistisch halte, billiger ist als das heutige, wird der Übergang nicht billig sein, und es ist eine Frage der Budget­fairness und der Fairness gegenüber Tausenden Menschen, dass man das rechtzeitig sagt –: Meine Damen und Herren Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, das bedeutet auch die Frühpensionierung von etwa 5 000 Personen! Das muss man rechtzeitig und offen sagen.

Wenn man das alles auf den Tisch legt und jetzt endlich im Nationalrat mit der Dok­trinendiskussion beginnt, dann kann man auch eine saubere Volksabstimmung und nicht Volksbefragung vorbereiten.

Eine Volksabstimmung aus zwei Gründen:

erstens: weil es sinnvoll ist, über einen Gesetzestext, nämlich eine Änderung des Wehr­gesetzes in vier konkreten Punkten abzustimmen und nicht über ein Multiple-Choice-Angebot, über sieben Modelle, die ich aus sachlichen Gründen hier gar nicht diskutieren möchte,

zweitens: weil eine Volksabstimmung für die Bundesregierung bindend ist, und ich möchte nicht haben – bei der Art des Streits, der in der Bildungspolitik und in vielen anderen Bereichen bis hin zur Verwaltungsreform genau derselbe ist –, dass der Koalitionsstreit unabhängig vom Ausgang einer Volksbefragung wieder die gesamte Reform lähmt und unmöglich macht.

Wenn es eine Volksabstimmung mit einem eindeutigen Ergebnis gibt, dann werden sich die Damen und Herren Regierungsmitglieder von SPÖ und ÖVP daran halten, weil sie sich daran halten müssen.

Ich plädiere dafür, das als eine parlamentarische Chance zu begreifen und zumindest dort, wo nicht doktrinär argumentiert wird und wo es eine gewisse Offenheit der Dis­kussion gibt – und das sehe ich in der SPÖ und in der ÖVP, da gibt es ja sehr unterschiedliche Stimmungen –, sehr schnell mit der parlamentarischen Debatte zu beginnen, eine Doktrin im Parlament noch vor dem Sommer zustande zu bringen und eine seriöse Volksabstimmung über eine Änderung des Wehrgesetzes vorzubereiten.

Das wäre doch einmal ein sachlicher Beitrag für eine vernünftige Reformpolitik, die den Menschen in dieser Republik vielleicht etwas Vertrauen in die Politik zurückgibt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheibner gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.

 



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16.10.14

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bezeichnende an der Qualität der sicherheitspolitischen Debatte nicht nur hier im Hohen Haus, sondern der letzten Wochen und Monate ist ja, dass der Abge­ordnete Pilz – eines unserer, ich sage es jetzt einmal zwischen Anführungszeichen, „Feindbilder“, nämlich ein „Feindbild“ jener Personen, die immer für das Bundesheer eingetreten sind, von früher – einer ist, der hier wenigstens ein sachlich fundiertes Modell vorlegt, das man kritisieren kann, das aber wenigstens argumentiert ist und gegen das man argumentieren kann. (Abg. Strache: Was, sitzt ihr schon im einem Boot?)

Nein, lieber Kollege Strache, mit dir sitze ich Gott sei Dank nicht mehr in einem Boot (Abg. Strache: Wenn es um das Bundesheer-Abschaffen geht, sitzt ihr schon in einem Boot!), denn das, was ihr – du und deine Fraktion – heute hier geboten habt, ist beschämend. (Beifall beim BZÖ.)

Ich war immerhin fast 15 Jahre lang mit beteiligt an der Erstellung der sicher­heitspolitischen Linie dieser Partei. (Abg. Strache: Das war kein Ruhmesblatt!) Wir haben uns wenigstens im Spiegel anschauen können, weil wir die Meinung vertreten haben, die auch sachlich begründbar war. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: ... leider Gottes massiv geschadet dem Bundesheer!)

Ihr habt – und du warst das in erster Linie – 2002 eine Hochwasserkatastrophe dafür missbraucht, um gegen die eigene Struktur, gegen die eigene Politik – damals waren es die Flugzeuge – parteipolitisches Kleingeld innerparteilich und außerhalb zu schla­gen. (Beifall beim BZÖ.) Also stellt euch nicht hier her und sagt nicht, dass ihr die Einzigen seid, die für die Landesverteidigung eintreten.

Wenn man dann Kreisky zitieren muss – Kreisky, das ist 30 Jahre her! Was hat sich denn in 30 Jahren alles getan? Man kann doch nicht mit den Modellen Kreiskys heute hier Sicherheitspolitik machen. (Abg. Mag. Stadler: 34er Jahr!)

Oder das 34er Jahr. – Bitte, wir haben immer wieder gesagt, die Phobie der SPÖ, dass man heute, im 21. Jahrhundert, noch die Schatten des 34er Jahres hier herauf­beschwört, muss endlich einmal abgelegt werden! Ja wo lebt ihr denn, sagt einmal, wenn ihr keine anderen Argumente habt in der Sicherheitspolitik der Zukunft als Kreisky und das 34er Jahr?! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Wenn man sie nicht hören will, dann ist es klar!) Also das ist ja wirklich absolut unsachlich!

Pro Neutralität – ja welche Neutralität, Kollege Strache? (Abg. Strache: Die ihr opfern wollt! Wir nicht!) – Was wollen wir opfern, was wollt ihr verteidigen? (Abg. Strache: Wir wollen Sie wiederbeleben!) Kennen Sie die österreichische Bundesverfassung, Herr Kollege Strache? – Die österreichische Bundesverfassung kennen wir schon. (Abg. Dr. Graf: Es geht um den Minister!) Nein, nicht um den Minister. Aber den Vorhalt, den es da gegeben hat ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Darauf komme ich schon noch. (Abg. Dr. Graf: Du hast dann keine Redezeit mehr!)

Sie wissen ganz genau, dass mit der Verfassungsänderung 1998 die immerwährende Neutralität von der rot-schwarzen Bundesregierung abgeschafft wurde. (Beifall beim BZÖ.) Und ihr bekennt euch in eurem Programm dazu. Ihr schreibt in eurem Programm, und zwar in dem ... (Abg. Strache: In der Verfassung ist sie noch verankert!) Nein, ist ja nicht wahr! Wir lesen auch die Kommentare dazu. (Abg. Strache: In der Verfassung ist sie nach wie vor verankert!)

In eurem Programm 2005 gebt ihr ein Bekenntnis zur Neutralität ab, aber gleichzeitig auch ein Bekenntnis zu den Petersberger Aufgaben außerhalb der Europäischen Union. (Abg. Strache: Innerhalb!) Außerhalb der Europäischen Union! Was sind die


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Petersberger Aufgaben? – Kollege Strache, bitte, was sind die Petersberger Auf­gaben? (Abg. Strache: Wir haben „innerhalb“ davon gesprochen! – Weitere Zwischen­rufe bei der FPÖ.) Nein, es steht in eurem Programm: außerhalb!

Was sind die Petersberger Aufgaben? – Das weiß er nicht! (Abg. Strache: Die Hilfestellung in der Europäischen Union ...!) Ich sage es: Die Petersberger Aufgaben sind ein breites Spektrum, beinhalten aber auch friedenschaffende Maßnahmen, Kampfeinsätze auch gegen den Willen einer der Streitparteien. Jetzt erklären Sie mir bitte, Herr „Verfassungsrechtler“ Strache, wie das mit dem Grundsatz der immer­währenden Neutralität, wie sie das Völkerrecht ausgebildet hat, vereinbar ist! – Also da ist ja nichts dahinter! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Ist ja nicht wahr! Die Hilfestellung innerhalb der Europäischen Union ...!)

Wenn ich sage, die Schweiz ist ein Vorbild, ist das in Ordnung. Ja, die haben sie konsequent umgesetzt, obwohl die auch darüber diskutieren. Aber die brauchen nicht über 15 Abfangjäger zu streiten, sondern die haben 70 und überlegen jetzt, wie man sie erneuern soll.

Herr Minister Darabos, das Problem ist ja leider, dass man Sie vor unsachlicher Kritik schützen muss, denn es gäbe ja viel sachliche Kritik hier anzusprechen. Sie wissen mittlerweile vielleicht schon, dass eine Sicherheitsfrage ... (Abg. Strache: Seid ihr gar auf Rot-Grün-Kurs? Voll auf Rot-Grün-Kurs, der Herr Scheibner!) – Hören Sie jetzt ein bisschen zu, vielleicht ist dann die Argumentation etwas sachlicher! (Beifall beim BZÖ.)

Ihr habt ja lange gebraucht, bis ihr einen Misstrauensantrag eingebracht habt. Vor wenigen Wochen hat sich ja Kollege Fichtenbauer noch vor den Minister gestellt und gesagt, wie unsachlich ein Misstrauensantrag sei. Spät habt ihr dazugelernt. (Abg. Strache: Seid ihr stolz auf euren Rot-Grün-Kurs?) Aber es ist ja rein parteipolitisch, das, was ihr dem Minister vorwerft, kann man euch auch vorwerfen. Euch geht es nicht um die Sache, nicht um die Sicherheit des Landes, sondern rein um parteipolitisches Kalkül (Abg. Podgorschek: Das ist eine Unterstellung!), dass ihr halt jetzt die Befürworter der Wehrpflicht hier mit einbringt. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Minister, ein Soldat lebt in der Lage – das lernt man schon in der Grund­ausbildung –, auch ein Verteidigungsminister, und das heißt, man muss immer die Lage, das Umfeld beobachten, und wenn sich die Lage ändert, dann muss man natürlich auch entsprechend darauf reagieren. Nur: Wie sich die Lage geändert hat zwischen dem 2. Oktober 2010, als Sie bei der Ausmusterung der Leutnants in Wiener Neustadt noch ein vehementes Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht ausge­sprochen haben, und dem 4. Oktober, also innerhalb von zwei Tagen, als Sie dann gesagt haben, nein, das werde man jetzt alles anders sehen, es werde eine Volks­befragung zur Aufhebung der Wehrpflicht geben, das haben Sie heute noch nicht gesagt. Vielleicht kommt das noch, nämlich, wie sich das sicherheitspolitische Umfeld zwischen dem 2. Oktober und dem 4. Oktober geändert hat (Abg. Strache: Da hat sich der Häupl ...!), denn eine Aussage eines Wiener Bürgermeisters, so gewichtig sie sein mag, kann nicht die weltpolitische und die sicherheitspolitische Lage ändern, also müssen es andere Gründe gewesen sein. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die Problematik, die wir damit haben, denn selbstverständlich muss man zuerst einmal die Frage beantworten – deshalb bin ich sehr unglücklich über diese Debatte; es geht nicht in erster Linie darum, Wehrpflicht: ja oder nein? –, welche Aufgabe eine moderne Armee hat, welche Aufgabe die österreichische Sicherheitspolitik und damit auch das österreichische Bundesheer in Zukunft erfüllen soll. Das muss man zuerst einmal beantworten!

Sie haben gesagt, die alte Doktrin gehöre geändert. – Dann fangen Sie einmal mit der Diskussion darüber an. Ich glaube nämlich, dass diese Doktrin nicht so schlecht war,


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wie Sie sie darstellen, denn da ist alles schon mit umfasst, was sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat, nach Kreisky verändert hat, weshalb man entsprechend reagieren musste. Das Einzige, was vielleicht nicht ausreichend umfasst ist, ist Cyberwar, Cyber-Kriminalität – aber dafür wird nicht maßgeblich sein, ob es die Wehrpflicht gibt oder nicht.

Deshalb ist, glaube ich, diese Sicherheitsdoktrin 2001, die Sie aus parteipolitischen Gründen und nicht aus sachgerechten Gründen abgelehnt haben, eine taugliche Grundlage auch für unsere sicherheitspolitischen Entscheidungen.

Ich habe den Außenminister auch gefragt, ob das gesamte Spektrum, Herr Kollege Strache, also einschließlich der friedenschaffenden Maßnahmen, so wie es auch unsere Bundesverfassung vorsieht, noch immer das Aufgabenspektrum der öster­reichischen Sicherheitspolitik ist. Er hat Ja gesagt. Und wenn es so ist – und eine Frage wäre auch: Ist es das? –, dann kann man in Wirklichkeit schon sehr gute Ableitungen machen.

Von Ihnen habe ich bis jetzt aber nur gehört: Eine der Aufgaben des Bundesheeres ist der Katastrophenschutz. – Dafür brauche ich aber – da hat Kollege Pilz recht – nicht sechs Monate lang Grundwehrdiener militärisch auszubilden, dafür brauche ich nur technisches Hilfswerk, und das macht das billiger.

Dann haben Sie gesagt: UNO-Einsätze. – Herr Minister Darabos, UNO-Einsätze sind ja Vergangenheit, nämlich diese Peacekeeping-Einsätze, wo man 30 Jahre lang zwischen Streitparteien sitzt und schaut, dass sie nur ja keinen Anlass haben, sich einmal auf eine dauerhafte Friedenslösung zu einigen.

Schauen Sie sich das einmal an! Wo immer Blauhelme auftauchen, sind die in erster Linie gefährdet, weil sie überhaupt keine Autorität haben, nach Srebrenica und all den Dingen, die da passiert sind, weil sie auch kein robustes Mandat haben. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Mag. Darabos.)

Hier im Hohen Haus haben wir das mit Ban Ki-moon diskutiert, und er hat gesagt, er bräuchte für sinnvolle UNO-Einsätze ein robustes Mandat, so wie es die NATO hat – Österreich befindet sich übrigens in einem NATO-Einsatz im Kosovo, da haben alle fünf Parteien mitgestimmt.

Sie haben gegen den NATO-Einsatz im Kosovo gestimmt? Das ist aber ganz interessant (Abg. Strache: Nein! Aber kritisch haben wir es beleuchtet!), da weiß ich auch noch etwas anderes.

Also UNO-Einsätze halte ich für problematisch. Aber wenn das so ist – Sie sagen, nur untergeordneter Provenienz –, dann brauche ich auch kein Heer, selbstverständlich, so wie sich das derzeit darstellt. Aber, Herr Minister, Sie wissen, dass Sie diesbezüglich in uns einen Gegner haben. Denn ich möchte eine starke, leistungsstarke Armee, mit einer entsprechenden Ausbildung, mit einer entsprechenden Ausrüstung, die nicht groß sein muss – vor allem der Beamtenapparat. Ein Beamtendienstrecht ist für eine Armee völlig untauglich. Das gehört neu organisiert! Und dann kann ich mir überlegen, welches Wehrsystem.

Und Sie, meine Damen und Herren (in Richtung FPÖ) als Wehrdienstverfechter, sind da meine Adressaten, Ihnen möchte ich sagen: Wir müssten doch alle froh sein und auch gesellschaftspolitisch darauf ausgerichtet sein – Sie haben auch viele Miliz­soldaten in Ihren Reihen –, dass wir ausreichend Freiwillige bekommen, die stolz darauf sind, dass sie einen Dienst für die Sicherheit des Landes leisten. (Abg. Strache: Die lassen Sie ja jetzt im Stich! Reden Sie mit dem Herrn Schaffer, mit dem Milizvertreter! Die Milizvertreter sind doch empört! Reden Sie mit denen!) – Das muss unser Ziel sein, meine Damen und Herren, und dafür arbeiten und kämpfen wir! Denn:


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Ein Freiwilliger ersetzt uns vier Zwangsverpflichtete, die nur darauf warten, dass sie wieder abrüsten können. (Beifall beim BZÖ.)

Selbstverständlich kann man nicht das eine aufheben – das wäre gefährlich –, ohne das andere zu haben. Wir müssen ein Anreizsystem haben, um ausreichend Freiwillige zu bekommen. Es gibt dafür Modelle, die man nur umsetzen muss.

Ich sage Ihnen: Viel gefährlicher – und da höre ich keine Kritik – ist der Plan, das österreichische Bundesheer zu entmilitarisieren, Waffensysteme aufzugeben, ganze Verbände aufzugeben, denn es dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, das wieder auf­zubauen. Die Wehrpflicht, die man ja nur aussetzt, wieder einzuführen, ist die Sache eines Federstrichs, sodass man innerhalb eines halben Jahres sofort wieder Wehr­pflichtige einberufen kann, wenn es notwendig ist.

Aber das ist auch das „Schräge“ an der Diskussion: dass die wirklich problematischen Maßnahmen, meine Damen und Herren ... (Abg. Strache: Also Sie wollen die Panzer in der Garage?) – Nein, sondern ich will ein aktives Bundesheer, das sich im Inland und im Ausland wirklich gemäß den Aufgaben, die wir auch international vorfinden, vollinhaltlich stellen und sich entsprechend einsetzen kann. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Dafür muss man auch das notwendige Geld zur Verfügung stellen (Abg. Strache: Also Panzer in die Garage, bis wir die Wehrpflicht wieder einführen!), aber eine partei­politisch motivierte Diskussion von allen Fraktionen – denn die ÖVP, liebe Freunde, hat auch die Reduzierung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate aus rein wahl­tak­tischen Gründen gemacht, ohne jede sachliche Grundlage (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen – Zwischenruf des Abg. Amon) – gefährdet die Sicherheit Österreichs und ist abzulehnen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: ... dass der Scheibner nicht mehr Minister ist! Da wäre etwas los!)

16.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.20.54

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Kollege Scheibner, ich „gratuliere“ dir dazu, dass du ein rot-grünes Modell befürwortest! – Du hast es weit gebracht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister Darabos, ich darf Ihnen vorerst einmal gratulieren. Ich „gratuliere“ Ihnen dazu, dass Sie zum ersten Mal Soldat gespielt haben und sich wie ein Soldat verhalten haben – aber nicht als Soldat im militärischen Sinne, sondern als Parteisoldat: Sie sind Befehlsempfänger eines damals wahlkämpfenden Bürgermeisters Häupl und letzten Endes des Boulevard geworden. Sie stellen Parteiinteressen vor staatspolitische Verantwortung. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber Sie haben auch die Wandlungsfähigkeit eines Jagdkämpfers an den Tag gelegt: vom harten Steinmeißler zum Butterschnitzer. Herr Minister, da gibt es jetzt eine Broschüre, das noch an die Wehrpflichtigen verteilt wird, in dem Sie sich im Vorwort ganz massiv für die Wehrpflicht einsetzen. Man kennt sich schön langsam wirklich nicht mehr aus, was Ihr Wille ist. Sie nehmen, glaube ich, stündlich Befehle von – ich weiß nicht – der Löwelstraße oder sonst wo entgegen. Zeigen Sie einmal, dass Sie ein Verteidigungsminister im wahrsten Sinne des Wortes sind!

Nicht einmal die Armeeführung haben Sie mit einbezogen. Das, was Sie sagen, stimmt nämlich nicht. Bei unserer Frage 15 waren ganz klar der Chef des Generalstabes Entacher und der Kommandant der Streitkräfte Generalleutnant Höfler nicht einbe­


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zogen. Es ist eigentlich ein sehr trauriges Bild, das sich da darstellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun will ich auf das schwedische Modell zu sprechen kommen. Es hat dieses einen riesengroßen Haken, nämlich: Es bleiben ihnen nämlich die Freiwilligen aus, es gibt zu wenig Freiwillige! Nicht einmal die Hälfte der erwarteten Freiwilligen haben sich dort gemeldet, und ein ähnliches Desaster steht uns da auch bevor.

Und dann gibt es noch einen Trugschluss: Schweden gibt 1,3 Prozent des Brutto­inlandsproduktes für die Landesverteidigung aus; Österreich nur 0,72 Prozent – also Schweden wendet fast doppelt so viel auf. Unser Bundesheer ist nämlich schon seit Jahren unterfinanziert, das wissen Sie! Aber diesbezüglich gebe ich die Schuld nicht einmal Ihnen, denn da haben schon Ihre Vorgänger versagt.

Ich gebe folgende Prognose ab: Schweden ist auf dem besten Weg zu einer Berufs­armee. Sie werden sehen, spätestens in drei Jahren wird Schweden bei der NATO landen, denn nur dadurch können sie ihre Verteidigungsbereitschaft noch aufrecht­erhalten. – Das ist das, was letzten Endes auch auf uns zukommen wird. Ich befürchte eine ähnliche Entwicklung für Österreich.

Immer diese Argumente mit den strategischen Bedingungen, die sich geändert haben! Es ist schon richtig, auch ich glaube nicht, dass wir eine Panzerarmee im Marchfeld brauchen, aber ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass 1988 namhafte Politiker immer gesagt haben: Die Berliner Mauer, die wird es immer und ewig geben!, und 1989 sind wir alle auf einmal völlig vor den Kopf gestoßen gewesen, als wir erlebten, wie rasch sich die Lage geändert hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz. – Abg. Strache: ... an der Grenze gestanden sind!) Und beim Zerfall Jugoslawiens gab es eine ähnliche Entwicklung.

Wenn ich die ganze Welt betrachte, so sehe ich: Es wird überall aufgerüstet. Die Chinesen rüsten auf, rüsten auf und rüsten auf – nur Europa rüstet ab! (Abg. Weninger: ... aufrüsten?!)

Ich bin kein Jurist, aber so viel kann man nachlesen: In Artikel 9a Bundes-Verfas­sungs­gesetz steht ganz klar, dass es eine Wehrpflicht für Männer gibt, und diese Wehrpflicht wird entweder in Form des Militärdienstes oder des Zivildienstes abgeleistet. Es bedarf also einer Änderung der Verfassung, denn noch immer steht das als Verfassungs­gesetz fest. Und in Artikel 79 Abs. 1 ist die militärische Landesverteidigung nach dem Milizsystem geregelt, das ist also ebenfalls ein Verfassungsgesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Generalleutnant Günter Höfler, Kommandant der Streitkräfte, war – das habe ich schon erwähnt – nicht einbezogen. Er hat unter anderem kundgetan, dass die Modellfrage die Probleme des Bundesheeres und der Sicherheitspolitik nicht löst. Sie sind das meiner Meinung nach völlig falsch ange­gangen.

Ich gebe Ihnen recht, man muss über Reformen nachdenken – aber zuerst gehört eine strategische Überlegung durchgeführt! Zuerst gehört eine neue Sicherheitsdoktrin erstellt oder die alte adaptiert – diese ist zurzeit im Wandel –, und dann erst kann ich über ein etwaiges Modell sprechen, aber nicht von vornherein einfach irgendjemanden nach­ahmen, der gerade im Wahlkampf ist. Die Umsetzung und die Einleitung der Reformen – das wurde schon erwähnt: neues Dienstrecht et cetera –, das ist dann im Anschluss daran durchzuführen.

Ich habe schon erwähnt, dass die Neutralität in Gefahr ist (Ruf beim BZÖ: Die gibt es ja gar nicht mehr!), und sie wird auch, wenn wir das Modell, das Sie jetzt bevorzugen, einführen, letzten Endes völlig weg sein. Sagen Sie das der Bevölkerung ehrlich! Sagen Sie es bei der Volksabstimmung, dass wir mit der Einführung Ihres Modells


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dann letzten Endes auch die Neutralität endgültig abschaffen! Übernehmen Sie staatspolitische Verantwortung, Herr Minister: Treten Sie als Verteidigungsminister zu­rück! Werden Sie wieder Parteisekretär, das können Sie besser! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier eine geheime Abstimmung verlangt. Das ist jetzt eine Chance für die ÖVP, dass sie sich von einem Minister befreit, der nicht in diese Regierung gehört. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Graf – in Richtung ÖVP –: ... nur den Mut aufbringen, den Sie bei Lichal gehabt haben!)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Prähauser zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.27.16

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Verteidigungs­minis­ter! Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Die heutige Dringliche Anfrage halte ich zu diesem Zeitpunkt für unnötig, denn am Anfang einer gewollten Diskussion über eine gemeinsame Lösung der Sicherheitsfrage in Österreich mit solch einer Sitzung zu beginnen, ist nicht die beste Voraussetzung für gemeinsame Ergebnisse.

Man sollte so viel an politischer Reife mitbringen, die Modelle zuerst gemeinsam zu disku­tieren, zu versuchen, eigene Vorschläge mit einzubringen, und wenn man dann nicht zufrieden ist, hat man auch die Möglichkeit, sich zu artikulieren. Das wäre der normale Weg. (Abg. Dr. Graf: ... das darf man ... auch!)

Herr Präsident! Darüber hinaus gleichzeitig einen Minister zum Rücktritt aufzufordern, der sich die Freiheit nimmt, nachzudenken, ist auch eine starke Sache. Das würde ja bedeuten, dass, wenn ein Regierungsmitglied selbständig denkt, es eigentlich gleich an den Rücktritt denken müsste. Das würden wir sicher nicht mittragen, das kann man auch nicht verstehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann Strache! Sie haben mich zuerst gelobt – danke dafür, das ist aber nicht notwendig. Denn: Ich bin selbstbewusst genug, und ich bewege mich in einer Partei, in der man auch seine Meinung sagen darf. (Rufe bei der FPÖ: Bei uns auch!) Wenn es auch manchmal schmerzvoll ist – und sein muss –, ist es letztendlich so, dass wir demokratisch ausgerichtet sind und jeder seine Meinung kundtun darf und auch soll. Das ist aus meiner Sicht sehr befruchtend!

Meine Bedenken in dieser Diskussion sind klar umfasst. Ich werde auch kurz darauf zurückkommen, aber jetzt noch einmal zu Modell 3: Wenn die Voraussetzungen betreffend die finanzielle Ausstattung passen und wenn die Rekrutierung passt, ist das Modell sicher wert, verfolgt zu werden, es sich gut zu überlegen und letztendlich mög­licherweise auch als tauglich einzustufen. Mein Problem war, daran glauben zu können – zu dem bin ich zu lange im Geschäft –, dass die Finanzen auch tatsächlich bereitgestellt werden können.

Ich denke jetzt 20, 21 Jahre zurück – damals war Dr. Robert Lichal Minister –, was von den bisherigen Ministern seither in den Köpfen hängengeblieben ist:

Lichal, der jetzt ringsum gelobt wird, war damals allseits bekannt als der „Revolver-Hofrat“. Das ist in Wirklichkeit das Einzige, was man von ihm heute noch weiß.

Dann kam Fasslabend, das war der „Panzer-Minister“. Wir wissen, was aus den Leopard-Panzern oder den Jaguar-Panzern letztlich geworden ist – die Jaguar-Panzer haben wir verschrottet. Wir haben 7 Millionen € dafür bekommen, sie loszuwerden, aber sie haben über 70 Millionen gekostet.

Dann kam Minister Scheibner. Er hat sich bei den Fliegern leider nicht durchgesetzt. Es wäre besser gewesen, er hätte damals mehr politisches Gewicht in die Waagschale


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werfen können (Zwischenruf des Abg. Dolinschek), dann hätten wir uns die Draken-Ersatzflieger, nämlich die Eurofighter, erspart. (Abg. Scheibner: Ich wollte nur ein anderes Modell!)

Dann kam als nächster Minister der Günther Platter. Was ist da in Erinnerung geblieben? – Aus meiner Sicht die Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate und die Abschaffung der Übungen für die Miliz.

Und später wird man einmal über Darabos sagen müssen: Er war zwar nicht aus meiner Partei, aber letztlich war er der Minister, der Bewegung in die Struktur­ver­besserung des Bundesheeres gebracht hat, allein dadurch, dass er die Kraft hatte, sie zur Diskussion zu stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Rosen­kranz.) Und da sollten wir gemeinsam mittun und ihm bei seinen Bemühungen den Rücken stärken!

Klar ist aber Folgendes: Wenn wir darüber reden, eine neue Sicherheitsstrategie ausarbeiten zu wollen, ist es richtig, dass diese so schnell wie möglich auf den Tisch kommt, um dann das Heer entsprechend der Diskussion auszustatten. Und für mich es wichtig, dass diese Sicherheitsstrategie von möglichst vielen Parteien getragen wird, weil es für einen Minister oder auch für eine Republik insgesamt nicht angenehm sein kann, nach jeder Wahl, bei sich die Mehrheiten möglicherweise ändern, eine Strategie neu ausrichten zu müssen. Das kann es nicht sein! Die Soldatinnen und Soldaten müssen wissen, was ihr Auftrag ist, und die Politik muss wissen, welche Aufträge sie zu erteilen hat, und muss letztlich dazu stehen und helfen, diese auch umzusetzen.

Herr Kollege Amon, Sie haben zwar vollmundig gesagt, mit der ÖVP könne man über dieses und jenes nicht sprechen, aber lesen Sie nach, welchen Auftrag Ihr junger Vorsitzender an den Bundespräsidenten übermittelt hat, nämlich, sofort tätig zu werden und die Abschaffung der Wehrpflicht voranzutreiben.

Und nun zu mir persönlich, meine Damen und Herren: Meine Präferenz für die Beibehaltung der Wehrpflicht hat zwei Gründe: Erstens, bin ich nicht sicher, ob man die weitere Vorgehensweise finanzieren kann, und zweitens stellen sich einige Fragen. Zum Beispiel: Wie rekrutiert man junge Leute? Wer sortiert sie aus? Wer sucht sie aus? Wer entscheidet, für wen es letztendlich in diesem Heer noch eine weitere Verwendung gibt? – Wenn diese Dinge geklärt werden können, ist für mich der Weg in eine moderne Zukunft dieses österreichischen Bundesheeres ein weiter, aber natürlich ein lohnender. (Abg. Dr. Graf: Das sind ja nur Gegenargumente!)

Ich sage für mich ganz offen: Der Zug der Renovierung, der Neustrukturierung des Heeres ist abgefahren. Jetzt kann man sich vor die Lok werfen und zuschauen oder versuchen, einzusteigen, und die Gleisabzweigungen mitzugestalten. Ich für meinen Teil halte das, nämlich dem Heer zu helfen, für wichtiger, als im Schmollwinkel zu stehen (Zwischenruf bei der ÖVP) und tatenlos zuzuschauen, wie die Entwicklung weiter verläuft.

Meine Damen und Herren, die Geschicke des Bundesheeres hängen von der Politik ab, und die Politik sind wir. Wenn wir nicht in der Lage sind, Aufträge zu erteilen, haben wir vom Heer auch nichts zu erwarten. Ich bitte um Unterstützung des Ministers bei seiner schwierigen Aufgabe! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Mandat gerettet!)

16.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kapeller zu Wort. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.33.03

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Herr Bundesminister, auch ich kann es Ihnen nicht ersparen: Am „Tag


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der Leutnante“, als Sie Ihre Elite in den Dienst stellten, war für Sie die allgemeine Wehrpflicht Tagesbefehl, in Stein gemeißelt und auch Dogma.

Im neuen Handbuch „Soldat 2011“, das Sie gerade an die einrückenden Jungmänner, an Ihre Grundwehrdiener austeilen und verteilen lassen, steht in Ihrem Vorwort – und ich zitiere –:

„Die allgemeine Wehrpflicht ist dabei der entscheidende Faktor zur kontinuierlichen Sicherstellung jenes Personals, das die Abdeckung des gesamten Leistungsspektrums des Österreichischen Bundesheeres gewährleistet. Sie ist somit Garant für die Sicherheit und Stabilität Österreichs.“ – Zitatende.

Ich glaube, Sie fühlen sich jetzt nicht wirklich wohl. Seit Ihren Aussagen und seitdem Sie dieses Vorwort, das ja noch Gültigkeit hat, geschrieben haben, hat sich die geopolitische Sicherheitslage nicht verändert und hat sich auch nichts daran geändert, dass die Sicherheitsdoktrin noch nicht gemeinsam als Rahmen für unser politisches Handeln dargestellt wurde. Sie haben aber im Gegenzug viele Fronten für das öster­reichische Bundesheer eröffnet.

Ich komme zu Ihrem Vorwort zurück: Wie wird für das nötige Personal ohne Grundwehrdiener gesorgt? Wie soll das gleiche Leistungsspektrum – und das frage ich Sie wirklich – ohne Wehrdienst gewährleistet werden, wenn Sie das im Vorwort vorher noch anders beschreiben? Und wer garantiert – ohne Wehrpflicht – im Büchlein „Soldat 2012“ für unser aller Sicherheit und für die Stabilität Österreichs?

Das ist jetzt natürlich eine polemische Unterstellung. Es gibt ein Bündnis, die NATO. Soll die SPÖ-Berufsarmee wirklich die Bündnisfreiheit und die Neutralität Österreichs in Frage stellen? (Abg. Scheibner: Bist du auch schon für die Neutralität?)

Nun zum Zilk’schen Reformpapier: Es ist noch nicht einmal diese Reform abgeschlos­sen oder die Transformation durchgeführt, so denken manche in diesem Haus – auch der Bundesminister – schon wieder die Reform der Reform an. Ich glaube schon, dass diese Planlosigkeit und diese Beliebigkeit im Ressort Unsicherheit schaffen, verunsichern, Orientierungslosigkeit erzeugen, ja auch Ohnmacht.

Ich möchte einen Vergleich anstellen: Wenn bei „team04“, bei der Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei, so vorgegangen worden wäre, dann würde es meiner Meinung nach die Polizei in dieser Form nicht mehr geben und dann könnte die Kriminalität auch nicht mehr so bekämpft werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Nun möchte ich aber ein paar Details anführen. – Das Freiwilligenheer ist, Herr Minister, in Wahrheit eine SPÖ-Berufsarmee, denn freiwillig geht man zur Polizei, geht man zur Justizwache, freiwillig wird man Lehrer, freiwillig ergreift man jeden Beruf. (Abg. Scheibner: Ach so?!) Dass im Bundesheer auf der anderen Seite Änderungs­bedarf besteht, daran zweifelt in Wahrheit niemand, aber vor einem Jahr, als der Evaluierungsbeirat tagte, damit eben evaluiert wird, wie der Zilk’sche Reformprozess läuft, hat man uns gesagt – vor allem vonseiten Ihres Kabinetts –, dass alles gut läuft, dass alles auf Schiene ist, dass dieses Reformpapier nicht abgeändert werden muss. – Ja, heute ist wahrlich alles anders!

Ich bin davon überzeugt, dass man Ihre Modelle oder Ihr präferiertes Modell sehr wohl mit Deutschland, auch mit Schweden vergleichen kann, auch wenn inhaltlich große Unterschiede bestehen. Beide Länder haben – und das ist evident – große und größte Probleme bei der Rekrutierung ihrer Berufssoldaten, und dadurch werden Fragen aufgeworfen, wie in diesen beiden Ländern sicherheitspolitische Strategien in Zukunft gelöst werden sollen, aber in diesen beiden Ländern gibt es wesentlich mehr Geld für die Landesverteidigung, für das Heer, für die Berufsarmee als in Österreich. Darüber hinaus ist Deutschland – das muss auch angeführt werden – wie viele der 22 Länder,


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die ohne Wehrpflicht auskommen, in der NATO, und die Schweden haben derzeit noch über 100 Abfangjäger in Betrieb.

Und so denke ich, dass diese heute so unprofessionell und schnell geforderte Abschaffung der Wehrpflicht viele bestehende Strukturen im Bundesheer gefährdet. Es ist nicht wirklich gewährleistet, dass dann der Katastrophenschutz funktioniert, dass Soldaten zur Verfügung stehen, um Menschen zu retten, wenn es Hochwasser gibt, wenn eine Lawinengefahr drohen, wenn Sachen und Tiere zu schützen sind. Es ist durch die Abschaffung der Wehrpflicht ohne weiterzudenken auch im Rettungswesen, im Hilfsdienst und in den Altenheimen, im gesamten Sozialbereich sehr viel in Frage gestellt.

Ihre Berufsarmee kann, wenn man nicht mehr Geld zur Verfügung stellt, den Katastro­phenschutz, so wie wir ihn wollen, nicht gewährleisten, und Ihre Berufsarmee bedeutet in Wahrheit auch einen Kahlschlag bei den Kasernenstandorten im ländlichen Raum und somit einen Arbeitsplatzverlust in diesen Gebieten.

Und so meine ich, wir könnten ja auch umgekehrt denken: Bevor wir die Wehrpflicht abschaffen, attraktivieren wir sie! Schaffen wir für die jungen Männer einen Mehrwert! Bilden wir sie zu Katastrophenschützern aus, zu Rettern, zu Helfern, natürlich auch zu Soldaten! Lassen wir sie im Grundwehrdienst den Pflichtschulabschluss nachholen oder auch einen notwendigen Lehrabschluss machen oder andere Dinge, wie den Com­puterführerschein! – Das wären Modelle, die auch angedacht werden könnten.

Herr Minister, gehen Sie bitte Schritt für Schritt vor: Zuerst einigen wir uns über die Sicherheitsdoktrin, über den Rahmen, den wir dem Bundesheer sicherheitspolitisch überstülpen, und dann gehen wir ins Detail! Und nehmen Sie sich, Herr Bun­desminister, Ihren in militärischen Belangen sehr bewanderten Wehrsprecher, Stefan Prähauser, in Sachen Bundesheer zum Vorbild, der aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in seiner Tätigkeit für die allgemeine Wehrpflicht eintritt und damit auch für die Funktionalität und für ein funktionierendes Bundesheer! (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort. Gewünschte Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


16.39.19

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir persönlich tun ja junge Männer in dieser Debatte wirklich leid – junge Männer, die jetzt einberufen werden als Teil der Europäischen Union. Sie sind aufgewachsen zu Zeiten des Friedensprojektes Europäische Union und fühlen sich sicher mehr als Europäer als als nationalstaatliche Grundwehrdiener. (Abg. Dr. Rosenkranz: Woher nehmen Sie das?) Hinter mir sitzt zum Glück auch Jugend­minister Mitterlehner, der sicher bestätigen kann, dass der europäische Gedanke für junge Menschen ein extrem wichtiger ist. Da geht es um Mobilität, da geht es um Ausbildungsfreiheit, da geht es darum, Teil der Europäischen Union zu sein. Schon allein aus diesem Grund ist die allgemeine Wehrpflicht obsolet.

Das Selbstverständnis junger Menschen ist mehr, als Teil des österreichischen Bun­desheeres zu sein. Es ist wichtig, eine freie Bildungsmöglichkeit zu haben. Es ist wichtig, gemeinsam gegen den Klimawandel anzutreten. Es ist wichtig, friedens­sichernde, aber auch sozial sichere Maßnahmen zu setzen. Es ist wichtig, ein Pen­sionssystem zu haben, das die Existenzen absichert, auch noch in 60 Jahren. – Das alles ist wichtig für junge Menschen, und nicht, Dienst an der Waffe zu tun.

Das Absurde – und das sage ich jetzt auch so mit aller Härte: das Absurde! – an dieser Debatte ist auch, dass der Zivildienst in der Argumentation für die Wehrpflicht in den


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Vordergrund rückt. (Rufe bei der FPÖ: Nein! Nein!) Gerade all jene, die sich damals, als der Zivildienst installiert wurde, enorm aufgeregt haben über junge Männer, die den Dienst an der Waffe nicht tun wollen, die den Dienst an der Waffe aus Friedens­gründen, aus sozialen Gründen ablehnen, sind genau diejenigen, die jetzt sagen: Wir brauchen den Zivildienst, ohne Zivildienst ist das Sozialsystem nicht mehr gewähr­leistet! (Abg. Dr. Graf: Die werden jetzt Minister und gehen auf die Jagd!)

Die Abschaffung der Wehrpflicht ist ein europäisches Projekt, die Abschaffung der Wehrpflicht wird kommen. Die Tendenz zur Abschaffung der Wehrpflicht ist gegeben. Es geht schon lange nicht mehr darum, was die SPÖ möchte, oder darum, was die Grünen möchten, sondern es geht darum, einerseits Teil innerhalb der Europäischen Union zu sein, andererseits aber auch einen gemeinsamen Weg zu gehen.

Die ÖVP ist hier meiner Ansicht nach ein schwieriger Partner, weil sie mit gespaltener Zunge spricht (Ruf bei der ÖVP: Ah geh!): Einerseits geben Sie von der ÖVP vor, die Europapartei zu sein, als wichtiger Partner in der Europäischen Union einen richtigen und wichtigen Schritt zu gehen, aber andererseits nehmen Sie – abseits davon, dass der Trend klar in diese Richtung geht – bei jungen Männern, obwohl sie in der Europäischen Union aufgewachsen sind, einen Zukunftsraub vor, indem Sie jungen Männern sagen: Wir können uns nicht mehr vorstellen, wie das System aussehen kann, deshalb müsst ihr weiter Zwangsdienst leisten! – Das ist ein Zukunftsraub! Ange­sichts dessen verstehe ich nicht, warum das Herz von Minister Mitterlehner nicht sofort schneller schlägt und er als Jugendminister nicht sofort einfordert: Weg mit diesem Modell, wo Zeit der jungen Menschen vertan wird, hin zu einer echten Chance, nämlich jungen Menschen auch das zu gewährleisten, was die Europäische Union einfach darstellt, nämlich die Friedensunion! – Das ist ein wichtiger Punkt!

Eine Volksabstimmung ist ein wichtiger Teil, wahrscheinlich im Jahr 2011; eine rechtlich bindende Volksabstimmung – keine Volksbefragung! – mit einem klaren Ge­setzestext. Dafür stehen auch wir ein. Diese Volksabstimmung wird auch zeigen, ob und wie ein System ohne Wehrpflicht ausschauen kann. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Rädler: Das glaube ich auch!)

Die Frage ist nur die: Warum hat die ÖVP Angst davor, Herr Kollege? (Abg. Rädler: Wir nicht!) Es gibt keinen Grund dafür, Angst davor zu haben, die Bevölkerung zu befragen, ob sie für oder gegen die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ist.

Es ist möglich, keine Zwangsdienste für junge Männer in Österreich zu haben. Es ist auch möglich, die Absicherung der Zivildienstträgerorganisationen zu gewährleisten. Es ist möglich, gerade für motivierte Freiwillige, Anreize zu setzen. Die zusätzliche Anerkennung von Organisationen, die jetzt noch nicht Zivildienstträgerorganisationen sind, ist genauso wichtig wie eine adäquate Entlohnung als Anreiz für Freiwillige und für ein freiwilliges Jahr.

Kein einziger Bereich, weder Sozialsystem, Gesundheitssystem, Umweltbereich, Frau­en­bereich noch der Menschenrechtsbereich, wird brachliegen, wenn es keine Zivil­diener mehr gibt, denn es wird andere Modelle geben müssen. Das ist eigentlich allen klar – mit Ausnahme der ÖVP. Der ÖVP ist das überhaupt nicht klar! Egal, ob jetzt im Bildungssystem, im Sozialsystem oder auch in der Frage der allgemeinen Wehrpflicht, die ÖVP steht meiner Ansicht nach einfach nur mehr quer im Stall, sie ist einfach nur mehr blockierend. Das wäre aber nicht notwendig. Deshalb auch noch einmal mein Vorwurf von der gespaltenen Zunge, nämlich mein Vorwurf, einerseits europäische Partei zu sein und andererseits zu sagen, die Wehrpflicht sei das einzig Wichtige, die müsste man erhalten.

Die Lösungen sind da, wir können darüber diskutieren. – Lassen Sie uns gemeinsam diskutieren!


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Zur Volksabstimmung: ein klares Ja! (Beifall bei den Grünen.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. 6 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.45.37

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Debatte zur allgemeinen Wehrpflicht, die ich in den letzten Tagen mitverfolgen konnte, sowohl medial als auch hier, ist doch etwas entrüstend. Manche Ausführungen empfindet man als sehr unseriös. Es sind einfach nur Worthülsen, es werden gegen­seitig Vorwürfe gemacht. Ich bin selbst Milizoffizier, und sage eines ganz klar an dieser Stelle: Ich distanziere mich von so manchen Äußerungen dieser Vereinigung, denn die Milizangehörigen und auch die Soldaten sind keine Ex-Häftlinge, sind keine Raufbolde, sind keine Ausländer, sind keine Langzeitarbeitslosen, die dort bereits „wertvollen Dienst“ machen! – Mit derartigen Aussagen werden auch wir aktive Milizoffiziere in diese Ecke gestellt, und das lasse ich nicht gelten! (Beifall beim BZÖ.)

Ein gewaltiges Problem orte ich einerseits bei der Regierung, die vor Planungslosigkeit in dieser Frage nur so strotzt. Das überrascht mich aber nicht, denn auch im Bildungsbereich, im Budgetbereich, überall gibt es Reformstau, nirgendwo geschieht etwas. Also: Warum sollte es dann beim Bundesheer anders sein? Selbstverständlich ist auch in diesem Bereich die SPÖ anderer Meinung als die ÖVP. Dass die FPÖ zu diesem Thema den billigen Jakob für die ÖVP macht, selbst keine Konzepte vorlegt und der Betoniererfraktion das Wort redet, wundert mich.

Ich meine, das Buch – und auch das ist bereits angesprochen worden –, von dem 12 000 Stück an die Grundwehrdiener verteilt worden sind, das das Bekenntnis zur Wehrpflicht enthält, ist auch so ein Sonderstück der Sonderklasse. Auch wir Abge­ordnete haben dieses Buch „Soldat 2011“ vom Herrn Minister bekommen. Ich lese gerne darin, weil ich zum Heer stehe, aber auch darin steht – und das ist in dieser Diskussion noch nicht angesprochen worden –, die allgemeine Wehrpflicht sei Garant für Schutz und Hilfe. Somit ist der Aufruf des Ministers für 2011 allen Abgeordneten ins Stammbuch, quasi ins Terminbuch geschrieben. Aber das ist nur ein Bonmot in dieser Diskussion.

Was wir brauchen, ist eine Versachlichung. Was wir brauchen, ist eine Herausnahme dieser Diskussion aus dem Wahlkampf. Was wir außerdem brauchen, ist eine Ent­ideologisierung des Denkens, ein freies Denken, um neue Zugänge zu schaffen.

Wir müssen zunächst einmal – das habe ich auch im Ausschuss gesagt – die Aufträge für das Bundesheer klar definieren. Nämlich: Wo geht denn die Reise hin? Ist der Schwerpunkt – und das meine ich schon noch –, ist ein Kernstück die militärische Lan­desverteidigung? Ist die Katastrophenhilfe wirklich noch immer das Thema, oder machen wir es so wie die Deutschen, schaffen wir dafür ein Technisches Hilfswerk? Sind die Schwerpunkte bei der Terrorbekämpfung zu setzen oder sind uns die Auslandseinsätze besonders wichtig, oder sollten wir auch diese auf ein in Europa übliches Maß zurückfahren?

Eines sage ich ganz bewusst und ganz klar: Die Frage des Zivildienstes ist keine Frage der Wehrpflicht! – Das gehört einmal klar gesagt, denn es kann nicht sein, dass man sagt, der Sozialdienst sei gefährdet. Das hatte ursprünglich mit der Wehrpflicht gar nichts zu tun. Die Frage ist aber: Wie löst man das Problem, das sich daraus ergibt? – Wir vom BZÖ haben da das Modell „Bürgerhilfe“ gut positioniert. Wir sagen, dass junge Menschen, die einen Dienst für andere Menschen leisten, auch ordentlich bezahlt werden müssen, etwa mit 1 300 € brutto im Monat.


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Das Problem ist, dass der Kopf beziehungsweise dass man oben nicht weiß, was zu tun ist, nämlich, dass die Sicherheitsdoktrin fehlt, dass die Strategie fehlt, dass die Ausrichtung fehlt. Es gibt einen alten Grundsatz, der besagt: „Structure follows Strategy“, also zunächst die Strategie und dann die Struktur, aber Sie, Herr Minister – bitte, seien Sie mir nicht böse! –, machen es genau umgekehrt! Sie filetieren das Bundesheer wie ein schlechter Arzt, nämlich: Sie schneiden einmal hinein und schauen dann, was übrigbleibt – und hintennach kommt dann vielleicht die Strategie. Sie verkaufen Teile der Fliegerabwehr, der Artillerie, die Panzer, die Kasernen, aber ob wir sie dann letztendlich brauchen, das steht noch in den Sternen.

Die Frage der Wehrpflicht an sich – Kollege Scheibner hat das sehr gut ausgeführt – ist ein Federstrich. Wenn man sie aussetzt, kann man sie auch rasch wieder einführen, wenn Bedarf gegeben ist. Sie ist also keine Grundsatzfrage der Zielerreichung. Die Frage der Wehrpflicht ist eine Frage der operativen Umsetzung. Daher treten wir vom BZÖ für ein starkes professionelles Berufsheer mit einer Freiwilligenmiliz ein. Ich freue mich, dass die SPÖ das in Grundsätzen übernommen hat, wahlkampfbedingt natürlich.

Eines gebe ich noch zu bedenken: dass in ganz Europa die Wehrpflicht ausgesetzt beziehungsweise abgeschafft wird – vorwiegend ausgesetzt –, in Belgien, in den Niederlanden, in Polen, in Frankreich, in Spanien, in Slowenien, in Tschechien, in Ungarn, in Italien und zuletzt auch in Deutschland. – Dazu gebe ich eine Denk­sportaufgabe.

Nahezu alle Länder rund um Österreich haben die Wehrpflicht bereits ausgesetzt, nur Österreich beharrt weiterhin auf diesem alten Modell, das unserer Meinung nach nicht mehr zeitgemäß ist. Namhafte Experten – also nicht nur das BZÖ –, und zwar im Wirtschaftsforschungsinstitut, im Staatsschuldenausschuss oder auch im Rechnungs­hof, verlangen entsprechende Reformmaßnahmen, um das Bundesheer abzu­schlan­ken – und da gehen auch viele in Richtung Freiwilligenheer, starkes Berufsheer.

Und nun im Zusammenhang mit dem Bundesheer zur Jugend, der man zumindest ein halbes Jahr Zeit wegnimmt. Ich war auch heuer wieder bei einigen Militärempfängen, und da konnte man aus dem Mund hochrangiger Offiziere, auch von Militärkom­mandanten, Folgendes hören: Wie soll ich einem Grundwehrdiener erklären, dass er draußen auf der Straße Löcher stopfen muss?! Oder: Was hat das mit militärischen Aufgaben zu tun?!

Jetzt macht ein Grundwehrdiener sechs Monate lang Ähnliches, also keine militärischen Aufgaben mehr – und da frage ich mich schon, ob man damit der Jugend einen Dienst erweist. Meine Damen und Herren, dieser Zwangsdienst ist zu hinter­fragen, weil er letztlich sozusagen eine Naturalsteuer an den Staat darstellt, was unge­recht ist und in Bezug auf die Wirtschaft einen Steuerausfall von rund 300 Millionen € verursacht. Dazu kommt: Gesamtkosten des Bundesheeres rund 2 Milliarden €; rund 40 Prozent davon entfallen auf den Grundwehrdienst. Die schnellen Rechner hier werden wissen: Das sind 800 Millionen €. In Summe würden also rund 1,1 Milliarden € frei werden, wenn man die Wehrpflicht zumindest aussetzen würde.

Was die ÖVP anlangt, muss ich sagen, ich glaube, dass es da eine gewisse Trotz­reaktion bei der ÖVP gibt, weil die SPÖ mit diesem Thema wahltaktisch vorgeprescht ist. Ein eigenes Konzept dazu hat die ÖVP nicht, daher bleibt sie bei der Wehrpflicht, so nach dem Motto: Die Wehrpflicht hat sich in den letzten 50 Jahren bewährt, und daher soll es dabei bleiben! – So kann es aber nicht bleiben, meine Damen und Herren!

Liebe FPÖ, ihr als Wirtschaftspartei, wie wollt ihr denn das den jungen Menschen erklären, dass der Wirtschaft, dem Staat 300 Millionen € an Steuern entfallen, weil die jungen Menschen zum Bundesheer zwangsverpflichtet werden?!


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Was sagt ihr von der FPÖ, die von sich behauptet, eine Jugendpartei zu sein, dazu, dass Menschen zwangsweise ein halbes Jahr lang für solche Dienste herangezogen werden, wobei zwei Drittel Systemerhalter sind?! Junge Menschen werden zwangs­verpflichtet, um irgendwelche Systeme zu erhalten, die mit den eigentlichen Aufgaben des Bundesheeres rein gar nichts zu tun haben!

Und wo ist denn da die selbst ernannte Reformpartei FPÖ, wenn der blaue Klon in Oberösterreich plakatiert: Reformen jetzt, Mut zur Wahrheit! – Wenn es jedoch darum geht, Reformen durchzuführen, dann macht ihr von der FPÖ der Betonierer-Fraktion ÖVP auch noch die Mauer! Ich „gratuliere“ euch dazu sehr herzlich! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was wir brauchen, ist ein schlankes Heer, ein Heer, das den Sicherheitsbedürfnissen gerecht wird, das der Jugend gerecht wird – auch im Einklang mit der Wirtschaft. Daher wollen wir vom BZÖ die Bevölkerung da mit einbinden. Wir haben dazu auch einen Fristsetzungsantrag eingebracht, weil wir wol­len, dass es eine Volksbefragung darüber gibt, ob in Österreich die Wehrpflicht bei­behalten werden soll oder ob es, wie wir vom BZÖ das meinen, ein starkes Berufsheer mit einer Freiwilligen-Komponente geben soll. – Danke sehr. (Beifall beim BZÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek mit gewünschten 7 Minuten. – Bitte.

 


16.53.09

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Herr Abgeordneter Kappeller, lieber Kollege, ich muss dir leider widersprechen, wenn du sagst, die sicherheitspolitische Lage in Österreich habe sich in den letzten Jahren nicht verändert: Die sicherheitspolitische Lage hat sich verändert, denn wir haben einen Verteidigungsminister Darabos und einen Bundeskanzler Faymann, die aus purem Populismus die Sicherheit Österreichs aufs Spiel setzen und das Bundesheer und die Öffentlichkeit bei dieser Diskussion, die wir heute auch hier führen, verunsichern. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Klubobmann Cap, der jetzt leider nicht mehr im Saal ist, einen Satz: Bevor Sie unsere Parteitagsbeschlüsse aus dem Jahr 1997 zitieren, die wir unter der Verant­wortung unseres Bundesparteiobmannes Strache längst zurückgenommen haben – wir haben längst den richtigen Weg eingeschlagen –, zitieren Sie lieber Bundesminister Darabos, der vor wenigen Wochen noch gemeint hat, die Wehrpflicht sei in Stein gemeißelt, heute jedoch ganz anderer Meinung ist! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Ich sage Ihnen ganz offen: Versuchen Sie nicht, von Ihrer eigenen Wendehalspolitik abzulenken! Wir von der FPÖ stehen zur Neutralität und nicht für einen NATO-Beitritt Österreichs, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Einen Satz noch zur ÖVP, bevor ich zum Thema komme: Wir werden heute einen Misstrauensantrag einbringen, und wir werden eine geheime Abstimmung darüber fordern. Sie von der ÖVP haben heute die Möglichkeit, Mut zu beweisen – den Sie ja damals gezeigt haben bei Ihrem eigenen Minister Lichal – und festzustellen, dass Bundesminister Darabos mit seiner Aufgabe ganz offensichtlich überfordert ist. Sie von der ÖVP haben heute die Möglichkeit – ich lade Sie herzlich dazu ein –, bei dieser geheimen Abstimmung ein Zeichen zu setzen, auch ein sicherheitspolitisches Zeichen in diesem Haus zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, solch ein Zeichen hat sich das Bundesheer verdient, ist doch Bundesminister Darabos mittlerweile jener Minister, der


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in der laufenden Gesetzgebungsperiode hier im Hohen Haus die meisten Miss­trauensanträge über sich ergehen lassen musste. Ich weiß nicht, ob Bundesminister Darabos aufgrund dieser Tatsache in die Geschichtsbücher eingehen möchte, aber heute haben wir jedenfalls die Möglichkeit, hier ein Zeichen zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zur laufenden Diskussion – und noch einmal: Warum diskutieren wir heute überhaupt über eine mögliche Abschaffung der Wehrpflicht? Wir diskutieren deshalb darüber, weil ein SP-Bürgermeister im Wahl­kampf, und zwar aus populistischen Gründen, um noch einmal rasch Stimmen­maxi­mierung zu betreiben, der Meinung war, man müsse die Wehrpflicht in Frage stellen. Solche Motive sind verwerflich, aber noch verwerflicher ist es, wenn ein Bun­desminister genau diesen Wahlkampfgag dann als Auftrag sieht, eine Diskussion über die Abschaffung der Wehrpflicht hier in diesem Haus, vor allem aber auch über die Medien in Gang zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beide Vorgangsweisen sind verwerflich (Beifall bei der FPÖ), aber ganz besonders verwerflich ist das in Ihrem Falle, Herr Bundesminister für Landesverteidigung, denn Sie haben die Ressortverantwortlichkeit, Sie haben die Verantwortung für die Sicherheit Österreichs, aber dass Sie diese wahrnehmen, das ist für unsere Fraktion leider nicht erkennbar. (Bundesminister Mag. Darabos: Alles klar!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an diesem Beispiel sieht man aber auch – ich komme zurück zu unserem Antrag –, dass wir mit unserem Misstrauensantrag heute richtig liegen, dass unsere Feststellungen, die wir seit Monaten auch hier im Hause treffen, dass Bundesminister Darabos mit seiner Aufgabe entweder überfordert ist, erste Möglichkeit, oder, zweite Möglichkeit, dass er geistig noch nicht in seinem Amt angekommen ist, sondern noch immer glaubt, in der SPÖ-Parteizentrale als Bundes­geschäftsführer zu dienen und daher eben – ich sage das ganz offen – als Befehls­empfänger des Bundeskanzlers und Parteichefs Faymann agiert, da er in diesem Job geistig irgendwo hängengeblieben ist, dass diese unsere Feststellungen nicht so falsch sind.

Die Bundesheerexperten der SPÖ sind jetzt leider auch nicht da, wobei da die größten Frau Abgeordnete Rudas und Herr Abgeordneter Kräuter sind, die dazu auch immer wieder einiges zum Besten geben. (Beifall bei der FPÖ– Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines sage ich Ihnen, Herr Bundesminister Darabos – und das können Sie mir glauben –: Das, was Sie heute hier gesagt haben, dass nämlich der Generalstab bei diesen Planungen mit dabei war, glaube ich Ihnen schon, aber: Alle waren nicht dabei, und ein wirklich Federführender, nämlich der Kommandant der Streitkräfte, war auch nicht dabei! (Abg. Neubauer: Das ist ja unglaublich!) Da wird wirklich Parteipolitik zulasten der Sicherheit Österreichs betrieben! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun dazu, wie Bundesminister Darabos, aber leider auch die SPÖ – ich weiß aber, dass es auch in dieser Fraktion vernünftige Kräfte gibt – diese Diskussion zu führen versuchen. Seitens der Koalitionsparteien beschließt man vor wenigen Wochen ein Sparpaket, ein Katastrophensparpaket ... (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Kollege Scheibner nickt mir wohlwollend zu. Kompanien werden aufgelöst, man verkauft schweres Gerät, um dann, ohne entsprechende Rahmenbedingungen, über eine Neuaufstellung des österreichischen Bundesheeres, über die Abschaffung der Freiwilligkeit zu diskutieren!

All jene unter Ihnen, die eine Milizoffiziersausbildung genossen haben, die vielleicht auch Unteroffiziere sind, wissen ganz genau, dass man solche Diskussionen grund­sätzlich einmal mit einer Beurteilung der Lage einleiten sollte, und die wissen auch,


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dass man keinesfalls sicherheitspolitischen Husch-Pfusch machen, sondern dass man seriös diskutieren sollte.

Man sollte, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch einmal definieren, und zwar als Erstes, was überhaupt die Aufgaben des Bundesheeres in der Zukunft sind. Eine solche Diskussion vermisse ich. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Eine solche Dis­kussion vermisse ich aber nicht nur in der Zeit von Bundesminister Darabos, sondern die vermisse ich seit den letzten Jahren, ja Jahrzehnten. Und das ist auch der Grund dafür, dass sich das österreichische Bundesheer jetzt in dieser misslichen Situation befindet.

Wir Freiheitlichen sagen ganz klar: Wir glauben nicht daran, Herr Klubobmann Cap, Herr Bundesminister Darabos, dass die Freiwilligen in Scharen zum Bundesheer kom­men werden, zeigen doch Beispiele aus anderen Ländern, dass das eben nicht der Fall ist. Das hochgelobte Schweden hat massive Schwierigkeiten, und wir wissen das auch von Großbritannien.

Herr Abgeordneter Widmann, das hat nicht etwas mit der Miliz zu tun, die wir heute haben, aber warten wir ab, wie die Qualität der Miliz ausschauen wird, wenn dieses Modell umgesetzt wird. Großbritannien sucht Freiwillige in den Gefängnissen – das ist Faktum und Realität –, und auch die Belgier haben seit den neunziger Jahren – das weiß ich aus eigener Erfahrung aus einem Bosnien-Einsatz – massive Schwierigkeiten in Bezug auf Qualität und Aufbringung von Freiwilligen. Und das wollen wir Frei­heitliche unserem österreichischen Bundesheer ersparen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen die Fähigkeiten, die wir durch die Wehrpflicht in die Miliz einbringen ... (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Herr Ingenieur, die Wehrpflicht bringt die Fähigkeiten in die Miliz ein, und das wollen wir Freiheitlichen auch weiterhin sicher­gestellt wissen.

Alles andere, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist sicherheitspolitisches Traumland, und darin befinden sich leider einige: so beispielsweise Bundesminister Darabos, Bundeskanzler Faymann, aber leider auch Abgeordnete von der SPÖ – mit löblichen Ausnahmen.

Ich fordere aber Sie auf, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, die Realität zu erkennen und diesem sicherheitspolitischen Unsinn heute hier eine Absage zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


17.00.02

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister Darabos! Werter Minister auf der Regierungsbank Berlakovich! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Vonseiten der politischen Mitbewer­berInnen gibt es immer wieder persönliche Angriffe auf den Minister, und ich denke, diese persönlichen Angriffe sind einzustellen, denn ich kenne keinen Verteidi­gungs­minister, der mit derartiger Entschlossenheit gegen nationalsozialistische Umtriebe im Bundesheer aufgetreten ist. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Beim Ulrichsbergtreffen ist das Bundesheer nicht mehr dabei, dank Minister Darabos. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das verstehe ich, dass Sie hier lachen, werte Kollegen von der FPÖ. (Abg. Zanger: Der Totengräber des Bundesheeres ist er!) Minister Darabos führt das Bundesheer in die Gesellschaft, und das sind sehr wichtige Maßnahmen. (Abg. Neubauer: Überhaupt keine Ahnung! – Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)


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Ich verstehe Ihre Wehleidigkeit, werte Herren von der FPÖ. (Abg. Zanger: Waren Sie beim Heer?) Wehleidig sind Sie, weil Sie mit Ihrer Themensetzung weder bei der Bevölkerung noch bei den jungen Leuten sind, sondern die Bevölkerung und die jungen Leute stehen auf Seiten von Minister Darabos. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Alles soll so bleiben, wie es ist, ist der Tenor der Wortmeldungen in der heutigen De­batte. Alles soll so bleiben, wie es ist. Dann wurde aber doch festgestellt, es müsste et­was verändert werden im jetzigen System. Wir haben einen Minister, der sich sehr konkrete Gedanken macht, nämlich welche Anforderungen wir in der Verteidigung brauchen, welche Aufgaben das Bundesheer erledigen muss – das sind der Katas­trophendienst, der Auslandsdienst – und vor allem wie das zu erledigen ist, nämlich freiwillig und mit einer starken Milizkomponente. Diese starke Milizkomponente, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ist ein wesentlicher Beitrag dazu, dass wir das Bundesheer gut rüsten, gut ausstatten und auch in der Gesellschaft verankert wissen.

Minister Darabos beschreitet neue Wege. Die Landesverteidigung und das Bundes­heer sind sehr wichtig. Es gibt neue Ausgangspositionen und es gibt auch neue Aus­gangslagen. Diese wichtigen Diskussionen müssen wir ernsthaft führen, weder mit persönlichen Diffamierungen noch mit persönlichen Verächtlichmachungen und auch nicht mit diskriminierenden Aussagen.

Es stehen sieben Modelle zur Diskussion. Von Ihnen, werte Kollegen von den anderen Parteien, wurde auf kein einziges Modell eingegangen. (Abg. Neubauer: Weil es keines gibt!) Es wurde immer wieder nur festgestellt, dass diese Diskussion nicht notwendig ist und dass eigentlich alles so bleiben soll, wie es ist. Das finde ich sehr schade. Denn Minister Darabos hat mit seinem Stab sehr viel dazu beigetragen, dass auf den Tisch gelegt wird, wie unterschiedliche Modelle ausschauen können, welche Strategien sie verfolgen, welche Kosten sie verursachen. Und er präferiert ein Modell, das sagt er ganz offen. Er könnte sich ja auch als Moderator in diese Diskussion einbringen. Nein, er sagt ganz genau, welches Modell er präferiert, nämlich ein Modell, wo es mehr Ausbildung gibt, wo es eine starke Milizkomponente gibt, wo die Aufgaben Inlands- und Auslandseinsätze und Katastrophenschutz abgedeckt werden und wo es zusätzliche Anreizsysteme im Milizbereich gibt. Eine neue Diskussion, neue Vor­schläge, um die Landesverteidigung in unserem Land und das Bundesheer zu stärken und in die Zukunft zu führen.

Zurückzuweisen sind solche gehässigen und diskriminierenden Bemerkungen wie: Da kommen dann alle aus einer Schicht, mit der wir nichts zu tun haben wollen!, wie das ein Vertreter einer Milizorganisation gemeint hat. Auch die Verunglimpfungen gegen­über dem Minister zeigen, dass die Beharrungskräfte keine neuen Wege beschreiten und auch keine Verbesserungen in unserem Land machen wollen, sondern weiter bei dem Konzept bleiben wollen, das sehr veraltet ist und sich nicht auf neue Strukturen, auf neue Gegebenheiten einstellen kann.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich rufe Sie dazu auf, in eine sachliche und inhaltliche Diskussion einzugehen über die Modelle, die Minister Darabos auf den Tisch gelegt hat; er hat Sie ja auch dazu eingeladen. Ich ersuche Sie, ernsthafte Diskussionen zu führen, sachliche Diskussionen zu führen, denn die Landesverteidigung und das öster­reichische Bundesheer sind viel zu schade, als dass wir mit populistischen oder lus­tigen Geplänkeln eine Diskussion darüber führen. Wichtig ist die inhaltliche und die sachliche Diskussion.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass Minister Darabos der Garant dafür ist, dass mit Bedacht und Einsatz für die Zukunft gearbeitet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05



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Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


17.04.59

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Ja, da sieht man, und die Diskussion hat es gezeigt, was so ein kleiner Wahlkampfgag vor der Wiener Wahl alles anrichten kann. Es war zumindest als Gag angedacht. Mittlerweile hat sich das ausgewachsen zu einer richtigen Verunsicherungswelle für die Bediensteten des österreichischen Bun­desheeres. Darüber nämlich wurde heute noch gar nicht gesprochen, was das für die Männer und Frauen, die im Bundesheer Dienst tun, eigentlich bedeutet.

Gleichzeitig, Herr Bundesminister, sind Sie im rasanten Tempo unterwegs in Richtung Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, und Sie sind auch sehr schnell unterwegs, auch Ihr Herr Bundeskanzler Faymann, sehr rasant unterwegs, wenn es darum geht, Ihre Positionen zu verändern beziehungsweise sich von Positionen zu verabschieden. (Ruf bei der FPÖ: Da haben Sie recht!) Von Positionen, die Sie noch vor wenigen Monaten vertreten haben, das wurde heute schon gesagt, von für die Sozialisten seit Jahrzehnten unantastbaren Positionen, die für Sie, Herr Bundesminister, sogar in Stein gemeißelt sind, das haben wir heute auch schon besprochen. Aber seit der Wiener Wahl ist das Makulatur, wie die „Presse“ schreibt. (Abg. Petzner: Sie sind doch in einer Koalition! Ihr tut immer so, als wärt ihr Oppositionspartei!)

Meine Damen und Herren! Wenn man daran denkt, dass die Zilk-Reformkommission mit Fachleuten aus verschiedensten Bereichen, mit Spezialisten, mit Vertretern aller Parteien mehr als ein dreiviertel Jahr lang sich intensiv damit beschäftigt hat, neue Wege für die Sicherheit Österreichs aufzuzeigen, dann bin ich doch ein wenig über­rascht, dass es möglich ist, dass sich drei Herren ins Kämmerlein zurückziehen und dort Pläne schmieden, ohne das zu tun, was Sie eigentlich angekündigt haben, Herr Bundesminister, nämlich die Überarbeitung der Sicherheitsdoktrin vorzunehmen und erst dann über Form und Organisation des Bundesheeres zu reden. (Abg. Dr. Strutz – Beifall spendend –: Genau!)

Herr Bundesminister, Sie haben in der „ZiB 2“ vom 17. Jänner auf die Frage des Herrn Wolf: Was hat sich seit der Zeit vor der Wiener Wahl und der Präsentation Ihrer Mo­delle geändert?, geantwortet: Es ist vieles anders geworden, und es gibt neue Heraus­forderungen für die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Schweden und Deutschland sind auch von der Wehrpflicht abgegangen. (Abg. Scheibner: Wer hat den Wehrdienst von acht auf sechs Monate reduziert?)

Ich habe mir die Mühe gemacht und mir Ihr Sicherheitsstrategiepapier angeschaut. Ich habe mir aber auch die Sicherheitsdoktrin von 2001 durchgelesen und mich speziell mit den Ergebnissen der Zilk-Kommission beschäftigt und diese gegenübergestellt. Und siehe da, meine Damen und Herren, Sie alle, die Sie sich damit beschäftigt haben, wissen, bei den Bedrohungsbildern und Risiken gibt es keine wesentlichen Unter­schiede. Einige Bereiche sind vertieft oder erweitert worden. Auch die Grundsätze der Verteidigungspolitik und der damit vorgegebenen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Bundesheeres decken sich nahezu eins zu eins mit dem Zilk’schen Reformpapier.

Erinnern wir uns zurück, meine Damen und Herren: Aufgrund des Zilk-Reformpapiers wurden Verbände bundesweit aufgelöst, wurden bundesweit Kasernen geschlossen, und über 3 000 Bedienstete des österreichischen Bundesheeres haben keine Tätigkeit mehr, sie sind zwar noch beim Heer, haben aber keine Aufgaben, die sie erfüllen können.

Dieser Zilk-Reformprozess ist aber noch gar nicht abgeschlossen, wie wir alle wissen, und Sie setzen jetzt noch einmal eins drauf, nämlich das Modell der Abschaffung der


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Wehrpflicht. Das bedeutet auch Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Bundes­hee­res.

Gleichzeitig, Herr Bundesminister, bedeutet Ihr Modell Abschaffung der Wehrpflicht, dass weitere 5 000 Bedienstete des Bundesheeres ohne Beschäftigung sein werden (Abg. Dr. Strutz: Genau!), denn dort, wo kein Grundwehrdiener auszubilden ist, braucht es keinen Ausbildner, braucht es weniger Infrastruktur, braucht es keine Werkstätten und Küchen, keine Sportanlagen, keine Sanitätsräume und vieles mehr. Das heißt in der Folge auch, wir werden keine regional rasch verfügbaren Soldaten haben, so wie sich das bisher in den Regionen, bis in die kleinste Ortschaft hinein, bewährt hat.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich fordere Sie auf: Kehren Sie zurück zu einer seriösen Diskussion, zu einer seriösen Diskussion mit allen Parteien hier im Haus! Wir, die Volkspartei, stehen zur umfassenden Landesverteidigung, wir nehmen die Sicher­heit des Landes ernst. Wir brauchen zunächst einmal ein Sicherheits- und Ver­tei­di­gungskonzept, und erst dann ist über Form und Organisation unseres Bun­desheeres zu reden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Bravo! Kompliment an Ihren Ehegatten! Gut geschrieben!)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


17.09.33

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Kollegin, wenn jemand aus dem Ausland Ihre Rede gehört hat und diese Debatte mitverfolgt, tut er sich extrem schwer zu beurteilen, wer da in der Regierung ist und wer da in Opposition ist. Dass Sie beide in einer Regierung sind, darauf würde man jedenfalls nicht kommen. (Beifall des Abg. Petzner.)

Und wenn der Kollege Strutz gar nicht weiß, wie laut er applaudieren soll und was für begeisterte super Zwischenrufe er machen soll, spricht das aus meiner Sicht auch Bände. (Abg. Dr. Strutz: Das war auch eine super Rede! – Abg. Dr. Rosenkranz: Wir haben ja nicht solche Scheuklappen wie Sie!)

Interessant an der heutigen Diskussion war schon der Beginn. Klubobmann Strache hat ganz massiv verwiesen auf die Ereignisse im Februar 1934, und dann haben, bis auf die ÖVP, glaube ich, Abgeordnete aller Fraktionen darauf Bezug genommen.

Februar 1934: Das Bundesheer schießt auf Arbeiterwohnhäuser, eine der größten Katastrophen in der Geschichte unserer Republik, würde ich meinen. Und das war eigentlich jahrzehntelang der Grund und das Argument für die Sozialdemokratie, gegen die Abschaffung der Wehrpflicht zu wettern.

Die Zeiten haben sich geändert, und ich kann die Argumentation nachvollziehen. (Ruf bei der FPÖ: Die Sozialdemokratie hat sich geändert!) Bürgerkriegszustände haben wir trotz aller wahrnehmbaren Differenzen zwischen den Regierungsparteien glück­licher­weise keine mehr, und ich glaube, neue Zeiten erfordern neue Situationen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Aspekt aber hat sich, glaube ich, nicht geändert. Ein Punkt ist nach wie vor offen, der im Zuge dieser Februarkämpfe entstanden ist, nämlich die Rehabilitierung der Justizopfer des austrofaschistischen Regimes. Und da hat sich heute Bemer­kenswer­tes getan. Der Historiker Oliver Rathkolb hat im „Standard“ ein Interview gegeben, Kernsatz hier in der Überschrift: „Die Republik hat die Bringschuld“. (Der Redner hält einen „Standard“-Artikel in die Höhe.) Das ist insofern bemerkenswert, als uns von den


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Regierungsparteien seit Monaten, von Präsidentin Prammer, Präsidenten Neugebauer, versprochen worden ist: Wenn die Historiker sich einig sind, geht hier etwas vorwärts.

Nun sagt Professor Rathkolb, dass seit Monaten die Situation klar sei, dass seit Mo­naten eine Empfehlung der Historiker vorliege. Da ist es schon einigermaßen verwun­derlich, dass Präsidentin Prammer in einem persönlichen Gespräch mit mir am 9. Dezember behauptet hat, dass so ein Papier nicht vorliege.

Ich würde meinen, wenn ein Oliver Rathkolb sagen kann, dass ein Gesetzesentwurf bis Jahresende möglich ist, dann sollten wir hier schnell handeln, und ich ersuche die Regierungsparteien, hier einen entsprechenden Vorschlag zu machen.

Derzeit findet am Juridicum und am Institut für Zeitgeschichte ein Symposium statt, wo man genau diese Auswirkungen des austrofaschistischen Regimes heftig diskutiert.

Ich hoffe nicht, dass das Hohe Haus dem Ratschlag der „Kronen Zeitung“ folgt, was ja sonst die Regierungsparteien gerne machen, wo es heißt: Niemand braucht eine so­genannte Aufarbeitung. – Doch, wir brauchen sie!

Ich darf auch daran erinnern, dass die Sozialdemokratie gut beraten wäre, zwei Tage vor dem 100. Geburtstag Bruno Kreiskys, das ist übermorgen, ihn endlich vom Makel des Hochverräters zu befreien. Wir geben Ihnen heute die Chance dazu.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, ehestmöglich eine öffentlich ausgeschriebene, unabhängige historische Aufarbeitung der Verurteilungen von Justizopfern des Austro­faschismus, insbesondere auch jene, die wegen Handlungen zur Verteidigung der Demokratie und des Rechtsstaats verurteilt wurden, zu veranlassen und zu fördern sowie nach Vorliegen der Forschungsergebnisse für die Herbeiführung von Nichtig­keitsbeschlüssen auf Basis von teilweisen Einzelfallprüfungen der Verurteilungen durch das austrofaschistische Regime zu sorgen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

17.14


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde betreffend die Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend die geplante Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht

Im Jahr 1934 gab es in Österreich ein Berufsheer. Im Zuge der Debatte um die Abschaffung der Wehrpflicht gab es in den letzten Jahrzehnten ein zentrales Argu­ment: Die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht birgt die Gefahr, dass zwischen Bevölkerung und Militär wie in der Zeit des Austrofaschismus eine Kluft entsteht. Die


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bis heute nicht aufgearbeitete Verurteilungen von Justizopfern im Zuge dieser Kämpfe wird in diesem Zusammenhang ebenfalls immer wieder ins Treffen geführt.

In der Tageszeitung Der Standard kann man heute lesen:

„Geben Sie mir einen versierten Verfassungsjuristen und in einer Woche liegt ein ent­sprechender Gesetzesentwurf auf dem Tisch.“ An der Wissenschaft liege es nicht, Ende des Jahres sollte spätestens ein Gesetz verabschiedet werden, findet Rathkolb: „Die Republik hat die Bringschuld. Immerhin feiert sie gerade intensiv einen ehe­maligen Hochverräter, Bruno Kreisky, dessen Verurteilung nie formal getilgt wurde.“

Es heißt in diesem Artikel weiters, dass ein Konzept für die Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus bereits vor Monaten an Barbara Prammer und Fritz Neugebauer übergeben worden sei. Dies steht in krassem Widerspruch zu den seit über einem Jahr gleich bleibenden Wortmeldungen aus den Regierungsfaktionen. Noch Mitte Juli 2010 ließ Nationalratspräsidentin Prammer als Reaktion auf die Bemühungen der Grünen verlauten: Schnellschüsse seien nicht sinnvoll, „daher ist auch jedes Drängen über­flüssig und kontraproduktiv“ (APA0375, 16. 7. 2010.) Der Verweis des Zweiten Nationalratspräsidenten Neugebauer, es sei nötig, „eine seriöse wissenschaftliche Aufarbeitung sicherzustellen“, ist offensichtlich nicht mehr als eine Schutzbehauptung. Denn laut Medienberichten sind die Historiker Oliver Rathkolb, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien, und Helmut Wohnout, Geschäftsführer des Karl-von-Vogelsang-Instituts, bereits seit Frühling 2010 mit einer Neubewertung des Dollfuß-Regimes befasst worden.

Die Gründe für die merkwürdigen politischen Verzögerungen in der Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus bleiben unklar. Es steht zu befürchten, dass groß­koalitionäres Mauscheln die historische Forschung ersetzen soll, was weder dem Niveau der politischen Auseinandersetzung noch der Freiheit der Wissenschaft im Lande zur Ehre gereichen würde.

Dabei war der Nationalrat diesbezüglich schon einmal wesentlich weiter: „SPÖ, ÖVP und Grüne haben im Justizausschuss am Mittwoch einen Schritt Richtung Reha­bilitierung der Opfer des Austrofaschismus gemacht. Sie einigten sich darauf, in einem Forschungsprojekt die Justizakten der Jahre 1933 bis 1938 aufarbeiten zu lassen“ (APA0456, 17. 2. 2010). Dieses Forschungsprojekt ist bis heute nicht ausgeschrieben, geschweige denn realisiert worden, ist aber nach wie vor eine unabdingbare Voraussetzung für die politische Rehabilitierung.

Die Grünen haben anlässlich des 75. Jahrestags der Februarkämpfe 1934 eine Initiative zur Rehabilitierung der Justizopfer des Austrofaschismus gestartet. Die Abge­ordneten der Regierungsparteien müssen sich endlich entscheiden, ob für Österreich im Jahre 2011 weiterhin die Einschätzung der Kronen Zeitung gelten soll:

„Der Kanzler hat recht, wenn er der Grünen-Forderung nach einer sogenannten Aufar­beitung der Geschehnisse der Jahre 1934 bis 1938 nicht oder nur sehr zögerlich nachkommt. [] Niemand braucht eine sogenannte ‚Aufarbeitung‘, wenn diese nichts anderes darstellt, als Jahrzehnte nach den Geschehnissen mit hoch erhobenem Zeige­finger klüger sein zu wollen als die Akteure ihrer Zeit. [] Es wäre auch angemessen und fair, dem ermordeten Kanzler Engelbert Dollfuß endlich die ewige Ruhe zu gönnen. Dollfuß hat an Österreich geglaubt und dafür mit dem Leben bezahlt!“ (Kronen Zeitung, 21. 2. 2010)

Die Thesen von der „geteilten Schuld“ zwischen Sozialdemokratie und Christ­lich­sozialen oder vom heldenhaften Widerstand des Engelbert Dollfuß (dessen Porträt immer noch den ÖVP-Klub ziert) gegen den Nationalsozialismus weiter am Leben erhalten zu wollen, ist im Lichte des heutigen Forschungstandes schlicht falsch: Die


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Hauptverantwortung für den blutigen Februar 1934, für das Ende der Demokratie und den daraus folgenden Bürgerkrieg liegt, folgt man seriöser wissenschaftlicher For­schung, eindeutig bei den Christlichsozialen und der Heimwehr. Dollfuß wollte das Parlament auf Dauer ausschalten. Die Tatsache, dass ein Diktator gegen einen an­deren, noch gefährlicheren Despoten kämpfte, macht Ersteren nicht zum Demokraten.

Fritz Propst, heute 94 Jahre alt, findet: „Ich finde, dass diese Urteile aufgehoben gehören.“ Dass dies noch nicht geschehen sei, ist „wirklich skandalös.“ Propst war selbst Februarkämpfer, saß mehrmals in Polizeihaft und war ohne Urteil sechs Monate lang im Anhaltelager Wöllersdorf eingesperrt. Propst erinnert unter anderem daran, dass eine Tochter des 1934 hingerichteten Februarkämpfers Karl Münichreiter noch lebe. Für die Hinterbliebenen wäre die Rehabilitierung, argumentiert der 94-Jährige, „eine große Sache“. Dem ist aus Sicht der Grünen nichts hinzuzufügen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, ehestmöglich eine öffentlich ausgeschriebene, unabhängige historische Aufarbeitung der Verurteilungen von Justizopfern des Austro­faschismus, insbesondere auch jene, die wegen Handlungen zur Verteidigung der Demokratie und des Rechtsstaats verurteilt wurden, zu veranlassen und zu fördern sowie nach Vorliegen der Forschungsergebnisse für die Herbeiführung von Nichtig­keitsbeschlüssen auf Basis von teilweisen Einzelfallprüfungen der Verurteilungen durch das austrofaschistische Regime zu sorgen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


17.14.33

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wenn es einem um die Sache geht, dann ist es mir auch relativ wurscht, wer welche Diskussion warum und wann vom Zaun gebrochen hat, sondern dann ist eher entscheidend, dass am Ende der Diskussion das Beste und Klügste für dieses Land und seine Menschen herauskommt. (Beifall beim BZÖ.) Das ist, glaube ich, das Entscheidende, meine Damen und Herren. Daher darf ich auch um ein bisschen mehr Sachlichkeit hier ersuchen.

Denn wenn die Frau Schittenhelm ihre Gegnerschaft zur Abschaffung der Wehrpflicht damit argumentiert, dass sie sagt, dann brauchen wir keine Sanitäreinrichtungen in den Kasernen mehr, dann frage ich Sie schon: Was soll dieses Argument? Sie glauben ja nicht im Ernst, dass ein Berufssoldat im Unterschied zu einem Grundwehrdiener nie aufs „Häusl“ muss! Entschuldigung, ein bisschen salopp formuliert. So ein Argument ist wirklich Humbug. Wir müssen uns sachlich und seriös mit dieser Frage beschäftigen, und wenn man das tut und die Abschaffung der Wehrpflicht vor dem europäischen Kontext und den europäischen Entwicklungen forciert, wie wir das vom BZÖ machen, dann muss man zwei Aspekte in dieser Diskussion beleuchten.

Einerseits geht es uns darum, und das ist der entscheidende Punkt, was die Zukunft des Bundesheeres betrifft, dass wir ein starkes, effizientes, einsatzfähiges Bundesheer in Zukunft haben. Das ist derzeit nicht der Fall. Wir stehen zu diesem Bundesheer, und das unterscheidet uns auch von den Grünen, die diese Diskussion über die Ab­schaf­


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fung der Wehrpflicht dazu nutzen wollen, um generell das Bundesheer abzuschaffen. Dagegen sprechen wir uns ausdrücklich aus. Wir brauchen und wir wollen und wir stehen zu einer starken Landesverteidigung für unsere Heimat Österreich. (Beifall beim BZÖ.)

Daher ja zu einem schlagkräftigen, einsatzfähigen Bundesheer, einem Berufsheer mit freiwilliger Milizkomponente. Das ist der eine Bereich.

Der andere Bereich ist ein sehr wichtiger, nämlich die Frage der Zukunft des Zivil­dienstes und in diesem Zusammenhang die Frage, wie wir in Zukunft die Arbeitsleis­tun­gen der 13 000 Zivildiener, die wir derzeit haben, kompensieren können.

Ich habe schon einmal gesagt und wiederhole das hier, dass ich als Zivildiener – das verbindet mich mit dem Herrn Bundesminister, dass ich auch Zivildiener war, das ist aber schon das Einzige – grundsätzlich froh darüber bin, dass durch diese Diskussion endlich auch die Leistungen, die die tausenden Zivildiener in Österreich für die Gesellschaft, für die sozialen Einrichtungen erbringen, entsprechend gewürdigt wer­den. Bisher war es ja immer so, dass Zivildiener faktisch Menschen zweiter Klasse waren und eher belächelt wurden. Das hat sich jetzt gedreht, es wird jetzt über diese Arbeit, die Leistungen der Zivildiener diskutiert, und das ist positiv.

Die entscheidende Frage aber ist, wenn man die Wehrpflicht abschafft und damit natürlich auch den Zivildienst, wie wir in Zukunft diesen Bereich abdecken können.

Wir sind froh darüber, dass Bundesminister Hundstorfer das von Ursula Haubner ent­wickelte Modell der Bürgerhilfe, wie wir es nennen, eins zu eins umgesetzt hat. Wir glauben nämlich, dass die Abdeckung des Bedarfs, der nach wie vor da ist und gedeckt werden muss – es ist uns wichtig, dass auch in Zukunft das soziale System funktioniert –, sehr wohl durch eine Art Bürgerhilfe beziehungsweise ein freiwilliges Sozialjahr sichergestellt werden kann, wenn ein entsprechendes Anreizsystem geschaffen wird. (Beifall beim BZÖ.)

Dieses Anreizsystem haben wir entwickelt in der Form, dass dieses freiwillige Sozial­jahr auf die Pension angerechnet wird, dass es als Teil der Berufsausbildung aner­kannt wird und dass es auch entsprechend honoriert und belohnt wird.

Wenn wir ehrlich sind und die Diskussion ehrlich führen, müssen wir sagen, es haben ja viele Hilfsorganisationen die Zivildiener dafür verwendet, dass sie billige Arbeits­kräfte haben. Ich glaube, dass das nicht zukunftsweisend ist, sondern dass man diese Leistungen, die die Zivildiener erbringen, auch entsprechend honorieren muss mit diesem Modell der Bürgerhilfe, das wir entwickelt haben und auch Minister Hundstorfer in der Form übernommen hat.

Zur Frage der Wehrpflicht generell – und damit komme ich zum Schluss – sage ich, dass wir als bürgerliche rechtsliberale Kraft die Freiheit des Einzelnen, die Selbst­verantwortung, die Selbstbestimmung in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. Wir sind gegen jegliche staatliche Verbotspolitik und wir sind gegen einen Zwangsdienst, der von oben verordnet ist, sondern wir sagen, die Menschen müssen die freie Ent­scheidung haben, und wir müssen den Menschen die Freiheit geben, selbst über ihr Leben zu bestimmen.

Dazu ein Zitat des Ökonomen Klaus Zimmermann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, der zum Wehrdienst sehr treffend gesagt hat: „Ich bin nicht sicher, ob Hemdenfalten und Latrinendienst die Berufskompetenz fördern. Um Disziplin zu erlernen, ist der Arbeitsmarkt der bessere Ort.“

Wir wollen, dass junge Menschen am Arbeitsmarkt erfolgreich sind, dass sie eine gute Ausbildung haben und sich zu reifen Individuen entwickeln, aber wir sind dagegen,


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dass sie zwangsverordnet einen Wehrdienst leisten müssen, den in der heutigen Zeit niemand mehr braucht. (Beifall beim BZÖ.)

17.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


17.20.03

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundes­minister! Junge Menschen zu ermutigen, etwas in ihrem Beruf zu machen: In diesem Zusammenhang begrüße ich auch Angehörige beziehungsweise Schülerinnen und Schüler des Militärrealgymnasiums, die sich das Bundesheer als ihren Beruf ausge­sucht haben und auch, dass sie dort ausgebildet werden. (Beifall bei FPÖ und BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich muss mich gleichzeitig auch für teilweise sehr beschämende Ausdrücke ent­schul­digen, die hier hinsichtlich des Wertes des österreichischen Bundesheeres gefallen sind. (Ruf beim BZÖ: Die machen das aber freiwillig!)

Es wurde bereits von „in Stein meißeln“ gesprochen, und ich glaube nicht, dass dabei die Justizanstalt Stein gemeint war. Ich glaube viel eher, es handelt sich um das Gestein Talk: weich, bevorzugt pulverisiert als Gleitmittel, geringe Scheuerwirkung, was­serabweisend.

Dazu auch ein Zitat unseres Herrn Verteidigungsministers vom 2. Juli 2010: „Eine Abschaffung der Wehrpflicht würde letztlich auch ein Ende des Wehrersatzdienstes, also des Zivildienstes bedeuten. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz könnten dann bei Weitem nicht das für Hilfseinsätze notwendige Personal aufbringen.“ (Hey-Ruf des Abg. Zanger.)

Und ich sage Ihnen: Das gilt für Feuerwehren oder andere Institutionen genauso, wobei ich glaube, dass der Wehrersatzdienst in der Form, bei den Kinderfreunden und bei irgendwelchen Faschingspartys einen Clown zu spielen, auch nicht das Richtige für unsere Republik Österreich ist. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Pendl: ... in der Verwaltung auch ...!)

Aber anhand der Zitate, die mir freundlicherweise von der ÖVP zur Verfügung gestellt wurden, kann ich sagen, dass der Herr Minister als Sportminister tatsächlich tauglich sein dürfte, denn diese Slalom-Künste des Sportministers sind als Vorbild für unsere erfolgreiche österreichische Slalom-Mannschaft sicherlich von Nutzen – aber für die Landesverteidigung genügt es nicht.

Herr Klubobmann Cap hat gemeint, er findet dieses Wort „Dienstpflicht“ nicht, das die FPÖ verwendet. – Ich darf ihn darauf hinweisen: Es steht in einem für die SPÖ in letzter Zeit vielleicht eher schwächeren Büchlein drinnen, nämlich in der Bundes­ver­fassung. Dort steht nämlich in Artikel 9a neben der Wehrpflicht, dem „Dienst im Bundesheer“, der „Ersatzdienst“, der „Zivildienst“. Aber beim Budget haben wir es ja schon bemerkt, dass es bei Ihnen mit der Bundesverfassung nicht sehr weit her ist.

Herr Minister Hundstorfer hat gemeint – der Zivildienst steht nicht so im Vordergrund, aber er muss genauso erwähnt werden –: Statt 13 000 gibt es dann 8 000 Zivildiener, und die machen dann dieselbe Arbeit, die vorher die 13 000 gemacht haben. Diese 60-Prozent-Klausel würde ich mir von ihm einmal wünschen, wenn es darum geht, bei der Verwaltungsreform und bei den Beamten etwas zu machen. Vielleicht gibt es da auch Möglichkeiten mit 60 Prozent. (Beifall bei der FPÖ.)


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Und dann die Thematik: Das Freiwillige ist der Pflicht vorzuziehen. Die Steuerpflicht schaffen wir ab, mit der Freiwilligkeit wird es besser gehen. Die Hauptschulen in Wien haben versagt, also machen wir es lieber freiwillig, Schulpflicht abschaffen.

Und, Herr Kollege Walser: Es hat sich in der Geschichte etwas geändert. Das Bun­desheer schießt nicht mehr auf Arbeiter. Das hat sich geändert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) In letzter Zeit ist das Bedrohungsszenario so, dass Ihre Autonomen, Ihr Schwarzer Block, Ihre unbewilligten Demonstrierer auf Geschäftsportale, Autos und Polizisten losgehen. Das ist das Bedrohungsszenario, und dem muss man sich auch stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


17.23.16

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte eingangs einmal Folgendes festhalten: Hoffentlich haben nicht allzu viele diese Debat­ten gehört, weil von Sachlichkeit kann da in weiten Bereichen nicht die Rede sein – nicht einmal von Realität. (Abg. Petzner: Wir waren sehr sachlich! – Abg. Dr. Graf: Der Herr Bundesminister war unsachlich!) – Ja, ja!

Ich möchte mich aber zu Beginn wirklich für die ausgezeichneten Leistungen, die die Kolleginnen und Kollegen, die Soldatinnen und Soldaten beim Bundesheer, aber auch die Zivildiener leisten, sehr herzlich bedanken, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, die haben sich dieses Schauspiel hier wirklich nicht verdient. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder weiß, dass sich die Welt in Wirklichkeit verändert hat (Abg. Dr. Rosenkranz: Wir haben auch eine Krise gehabt! – Abg. Dr. Strutz: Die Erde ist eine Scheibe!), und jeder weiß, dass es kaum einen Bereich der Gesellschaft gibt, wo nicht großer Reformbedarf gegeben ist.

Jeder Minister und jeder Landeshauptmann blickt, wenn er seinen Job ernst nimmt, in Richtung Zukunft und schaut, wie man unsere Organisation für die Zukunft den Auf­gaben entsprechend zeitgemäß gestalten kann.

Zu Beginn eines Diskussionsprozesses so ein „Lametta“ in den verschiedenen Be­reichen vorzubringen, meine geschätzten Damen und Herren, dafür ist die Sicher­heitspolitik wirklich viel zu wichtig. Sie hat sich so ein Diskussions-Level wirklich nicht verdient. Ich glaube, darin sollte man sich wenigstens einig sein, meine geschätzten Damen und Herren. Es wäre eine wirklich interessante, schöne und hoffentlich sach­liche Diskussion in den nächsten Monaten. Das wünsche ich mir. Es soll ja jeder seine Position einnehmen, das ist ja in einer Demokratie gut so. Aber von Haus aus zu Beginn eines Diskussionsprozesses, meine Damen und Herren, so eine Diskussion hier zu führen, das haben wir nicht notwendig. (Zwischenruf des Abg. Rädler. Hansl, das brauchst du mir nicht herunterschreien!

Noch eines in aller Deutlichkeit: Wir haben ja ein Mischsystem – oder kennt ihr die eigene Struktur nicht? Wir haben ungefähr 15 000 Berufssoldaten. (Abg. Amon: 25 000 haben wir!) Die Miliz ist ordentlich zurückgedrängt worden. – Ihr wisst ja, welcher Minister das gemacht hat. Das brauche ich euch nicht sagen. Aber zu den neuen Aufgaben des Bundesheeres, die zugegebenerweise sehr wichtig sind, gerade was die Sicherheit betrifft, also auch alles, was mit dem Terror zusammenhängt, da können wir doch keine Grundwehrdiener hinschicken, Freunde! Das weiß doch auch ein jeder.


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Also hinunter, Abrüstung der Worte, in medias res und sagen: Herr Minister, super, sieben Vorschläge, jetzt werden wir diskutieren. Wir diskutieren nämlich um die Men­schen in diesem Land und auch um die Organisationsstruktur.

Strapazieren Sie doch da nicht so vordergründig die Zivildiener! (Abg. Petzner: Du sagst das auch!) Meine Trägerorganisation hat die zweitmeisten Zivildiener. Also ein klares Wort – das habe ich immer gesagt –: Hut ab vor ihnen! Sie sind ja immer belächelt worden, und wir wissen auch, wer sie belächelt hat. Sie leisten jedoch Hervorragendes. (Demonstrativer Beifall des Abg. Petzner.)

Man braucht es sich nur einmal anschauen, Herr Kollege Rosenkranz, ob man etwas auf das Jahr rechnet oder ob man einen Schnitt rechnet, das ist alles einfach nachrechenbar, was da in der Zwischenzeit bekannt ist. Wenn wir aber einen Weg finden, dann sollte nicht der Zivildienst herhalten, dass wir nicht über den Wehrdienst diskutieren dürfen, denn wenn wir die Mittel haben, ordentliche Beschäftigungs­ver­hältnisse im Sozialbereich, nach Kollektivvertrag ausgerichtet, dann, seid mir nicht böse, ist das wahrscheinlich viel eher im Sinne der jungen Menschen – das ist über­haupt keine Frage.

Aber ich sage jetzt gar nicht hü oder hott, sondern ich sage nur: Es hat sich diese Dis­kussion weder die Organisation Bundesheer, die viel zu wichtig für diese Republik ist, noch der Herr Minister verdient, weil er seiner Aufgabe Rechnung tragend eben mehrere Modelle vorgestellt hat und gesagt hat: Jetzt diskutieren wir! Ich bin mir sicher, dass wir demnächst auch über die Struktur diskutieren werden. Das ist ja alles keine Frage, aber ich finde es ein bisschen überzogen und teilweise aller Beteiligten und Betroffenen eigentlich nicht würdig.

Wir erweisen der Organisation Bundesheer in Wirklichkeit keinen guten Dienst, auch die Beschäftigten im Bundesheer haben es nicht notwendig, dass das so diskutiert wird, auch die Zivildiener nicht, und im Sinne der Würde des Hauses ist eine solche Diskussion ebenfalls nicht. Die Sicherheitspolitik ist viel zu ernst, ich sage das gerade auch in Richtung ÖVP. Ich lade Sie wirklich ein: Diskutieren wir, verhandeln wir! Wir werden sicher eine gute Lösung zusammenbringen, im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher und im Interesse unseres Bundesheeres, zu dem wir uns klar bekennen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


17.28.39

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Bundesministerin! Die Herren Bundesminister! Herr Kollege Pilz hat ge­meint, dass Bürgermeister Häupl Ihnen einen neuen Stein für Ihre Meißelarbeiten ge­liefert hätte. Herr Bundesminister, ich möchte Sie bitten und auffordern, aufzu­passen, dass dieser Stein nicht der Grabstein für unser Heer wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte Sie nun auch aus jener Ausgabe des „Standard“ vom 3. September 2010 zitieren, aus der Kollege Amon schon vorgelesen hat. Und, Kollege Pendl, seit diesem Zeitpunkt hat sich die Welt wahrscheinlich nicht so sehr geändert. Das liegt nun 123 Tage zurück; da ist die Welt nicht grundlegend anders geworden. Der Herr Bundesminister sagt da in seinem eigenen Beitrag:

„Die Wehrpflicht ist darüber hinaus die notwendige Basis für die Rekrutierung von Berufssoldaten. Aber nicht nur das: Ein Berufsheer würde auch das Ende der Miliz bedeuten, weil sie sich aus den Grundwehrdienern rekrutiert.“


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Es ist bekannt, dass ich Milizoffizier bin und für mich in Anspruch nehme, ein enga­gierter Milizoffizier zu sein. Was mich in dieser gesamten Diskussion der letzten Woche so stört – das richtet sich an Sie, Herr Bundesminister, aber auch an eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus – und was ich für politisch grob fahrlässig halte, ist, dass wir einerseits ständig von der Wehrpflicht reden, die auf dem Wehr­gesetz basiert, und dass wir eine Verfassung, eine Sicherheitsdoktrin und eben dieses Wehrgesetz haben, die dem Bundesheer eindeutig eine Hauptaufgabe zuordnen, und zwar die Herstellung militärischer Sicherheit. Andererseits wissen wir aber alle sehr genau, dass gerade der Grundwehrdienst extrem reformbedürftig ist. Und wir sollten auch genau wissen, dass ein Staat, der seinen Bürger zu einem Dienst verpflichtet, auch die Aufgabe und Verantwortung hat, dem Bürger, wenn er den Dienst antritt und sich diesem Dienst bereitwillig anheimstellt, Mittel an die Hand zu geben, dass er, wenn er die Schwelle zur Kaserne überschreitet, ein Sinnerlebnis damit verbindet – und ich darf anmerken, er soll damit auch ein militärisches Sinnerlebnis verbinden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein Staat, der das nicht sicherstellt, hat ein Problem, vom jungen Staatsbürger respek­tiert zu werden.

Nun ist es auch meine Auffassung, dass natürlich Zusatzaufgaben wie der Katas­trophenschutz enorme Bedeutung haben, gar keine Frage. Wir haben es erlebt, und wir sind froh, dass es das Heer dafür gibt. Es ist ebenfalls meine Auffassung, dass der Zivildienst eine wichtige Funktion hat – aber er ist ein Ersatzdienst. Zwei Drittel der jungen Männer werden immerhin zum Heer einberufen, nur ein Drittel zum Zivildienst.

Was mir entscheidend fehlt in dieser Diskussion, Herr Bundesminister, ist, erstens die Frage an den Anfang zu stellen, wozu wir unser Heer künftig haben wollen, und, wenn wir das wissen, zweitens zu fragen, welche Organisationsform die beste ist und welches Rekrutierungsmodell wir dazu brauchen. Und danach muss endlich einmal ordentlich, klar und verlässlich entschieden werden, wie viel Geld, wie viele Budget­mittel wir diesem Heer zur Verfügung stellen wollen und können.

Jede bisherige Heeresreform ist zuvorderst daran gescheitert, dass die Geldmittel, die dafür verlangt wurden und über die man sich geeinigt hatte, in der Folge nicht verfügbar waren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich schließe mit einem Zitat, das ich Ihnen nun mit auf den Weg geben möchte, und zwar von einem berühmten österreichischen Dichter, Grillparzer, aus dem „Bruderzwist in Habsburg“:

„Das ist der Fluch von unserm edeln Haus:

Auf halben Wegen und zu halber Tat

Mit halben Mitteln zauderhaft zu streben.

Ja oder nein, hier ist kein Mittelweg.“

Und das erwarte ich von Ihnen, Herr Bundesminister, aber auch von allen anderen, auch von meinen Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Dr. Graf: Der alte Grillparzer hat halt recht gehabt!)

17.32

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


17.32.58

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Pendl, wir sind bereit zu diskutieren, wir wollen diskutieren, aber eine Diskussion kann nicht so aussehen, dass der zuständige Minister das Ergebnis vorwegnimmt. Wir verstehen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 190

eine Diskussion anders, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich maße mir als Zivildienstsprecher und ehemaliger Zivildienstleistender nicht an, die Frage der Wehrpflicht vom Zivildienst abhängig zu machen. Ich weiß genau, der Zivil­dienst ist der Wehrersatzdienst, so ist es auch in unserer Verfassung niederge­schrie­ben.

Es muss aber legitim sein, meine Damen und Herren, wenn die Frage der Wehrpflicht hier ganz offen in den Raum gestellt wird, wenn für den Ersatz des Zivildienstes Mo­delle vorgeschlagen werden, diese Modelle auch zu durchleuchten und hier einige Fragen zu stellen, weil meiner und unserer Ansicht nach in diesem Modell einige Punkte offen sind.

Der Zivildienst, das brauche ich nicht zu betonen, ist in den letzten Jahren im Sozial­system zu einer sehr wichtigen Säule geworden, und wir bekennen uns, glaube ich, alle unisono zu diesem wichtigen Dienst an den Menschen und an der Gesellschaft.

Es gibt jetzt ein Modell, wie es mit dem Zivildienst – sprich: mit dem sozialen Dienst – weitergehen soll, sollte die Wehrpflicht abgeschafft werden. Eines möchte ich klarstellen, meine Damen und Herren, auch im europäischen Jahr des Ehrenamtes: Wir reden hier von keinem freiwilligen Sozialdienst, sondern wir reden hier von einem Jobmodell. 1 300 € heißt, es ist ein bezahlter Job, meine Damen und Herren! Dessen müssen wir uns schon bewusst sein: Dass wir in unseren Rettungs- und Hilfs­or­ga­nisationen, in den kulturellen Vereinen, in den Sportvereinen (Abg. Amon: Feuer­wehr!), bei der Feuerwehr Hunderttausende Freiwillige haben, die diesen Dienst ehren­amtlich und unentgeltlich für die Bürgerschaft leisten. Ein Modell mit 1 300 €, das ist es sicher nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. Abg. Krainer: ...! Das ist absurd!)

Es gibt aber auch ein paar andere Ansätze, die noch zu durchleuchten sind. Es wird hier noch von 6 400 Sozialdienstleistenden gesprochen. Wenn man jedoch auf zwölf Monate umrechnet, brauchen wir 9 500. Es fehlen 3 000 Personen – Menschen, Jugendliche – für diesen Sozialdienst. (Abg. Scheibner: Das stimmt doch nicht! – Abg. Petzner: Die sind doch nicht alle sozial ...!) – Ja, Petzner, du kannst den Kopf schütteln. Es fehlen 3 000 Menschen.

Außerdem gibt es keine Planbarkeit für die Rettungs- und Hilfsorganisationen. Da melden sich in einem Jahr 200 und im nächsten Jahr 100. Was machen diese Orga­nisationen? Wer bezahlt die fehlende Leistung? Wer kommt dafür auf? Diese Fragen, meine Damen und Herren, sind nicht gelöst, und ich verstehe Herrn Kollegen Prähauser gut. Er hat genau dieselben Bedenken bei diesem berühmten Dreier-Modell, das vorgelegt wurde, wie es mit dem Präsenzdienst, mit dem Bundesheer weitergehen soll.

Ein Planungsdesaster wird hier also sicherlich nicht ausbleiben, und deshalb ist es nicht zumutbar für die Organisationen, dieses Modell in dieser Art und Weise umzu­setzen.

Meine Damen und Herren, Zivildienst ist doch viel mehr! Wir verlieren ja auch Ehrenamtliche! Die Zivildienstleistenden bleiben zum Großteil als Ehrenamtliche erhalten. Dem Roten Kreuz in Oberösterreich bleibt ein Zivildienstleistender zum Beispiel im Durchschnitt sieben Jahre ehrenamtlich erhalten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Denken Sie auch über Folgendes nach: Wir haben durch den Zivildienst, durch die Zivil­dienstleistenden auch eine hohe soziale Kompetenz erreicht. Die Menschen blei­ben uns oft in Sozialberufen mit einer hohen sozialen Kompetenz erhalten, und das ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 191

wichtig, meine Damen und Herren. Das darf man nicht so leicht aufs Spiel setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend, meine Damen und Herren, muss ich auch noch ein paar Worte als Personalvertreter des Roten Kreuzes Oberösterreich sagen. Wenn ein Rettungs­sanitäter eingestellt wird, verdient er 1 600 € netto laut unserem Kollektivvertrag. Wir reden heute hingegen von 1 300 € brutto. – Ich lasse mir in meinem Betrieb sicherlich kein Lohndumping einführen! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wundert mich, meine Damen und Herren, dass gerade von der SPÖ dieses Modell vorgeschlagen wird. Ich würde mir erwarten, dass es hier auch vom ÖGB eine Stellungnahme gibt, denn das ist Lohndumping pur. (Zwischenrufe der Abgeordneten Petzner und Scheibner.)

Herr Minister, der Misstrauensantrag wird von uns nicht unterstützt (Abg. Strache: Aber der Minister hat ja das Koalitionsabkommen schon gebrochen!), weil wir uns zu dieser Koalition bekennen. (Abg. Strache: Koalitionsbruch liegt ja vor!) Es sind aber viele Fragen in diesen Modellen offen, und deshalb erwarten wir uns, dass Sie zu einer umfassenden Sicherheitsdiskussion an den Gesprächstisch zurückkehren. (Beifall bei der ÖVP.)

17.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


17.38.01

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren MinisterInnen! Ich möchte noch kurz etwas zu dem Entschließungsantrag sagen, den Herr Kollege Walser hier eingebracht hat, der an sich mit der gegen­ständlichen Debatte so gut wie überhaupt nichts zu tun hat und der offensichtlich dazu dienen soll, eine Diskussion anzuzetteln, die hier nichts verloren hat.

Herr Kollege, ich darf vielleicht Folgendes in Erinnerung rufen: Es gibt eine Initiative der Frau Präsidentin und auch des Präsidenten Neugebauer, wonach eine Arbeits­gruppe und auch eine sehr hochkarätige Wissenschaftlerrunde unter Professor Oliver Rathkolb eingesetzt wurde, die diese Thematik aufarbeitet, wobei es zu einem Ergebnis ähnlich wie bei den Opfern des Nationalsozialismus kommen soll.

Mich wundert Ihre Einstellung auch deshalb ein bisschen, weil ja auch Ihr Kollege Steinhauser zunächst bei dieser Arbeitsgruppe und bei der Besprechung über die Vor­gangsweise dabei war. Ich kapiere daher überhaupt nicht, was mit diesem Ent­schließungsantrag, der sich im Wesentlichen mit den Zielen der Arbeitsgruppe aus­einandersetzt, erreicht werden soll. Ich sehe das als Populismus, der der Sache absolut nicht dient. Wir werden ihn daher ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.39

17.39.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungs­geset­zes.

Dazu liegt ein Antrag von 20 Abgeordneten auf Durchführung einer geheimen Ab­stimmung über diesen Entschließungsantrag vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 192

Eine geheime Abstimmung ist durchzuführen, wenn dies der Nationalrat beschließt.

Ich lasse daher zunächst über den gegenständlichen Antrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Durchführung einer geheimen Abstim­mung sind, um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Strache: Jetzt hättet ihr die Chance gehabt!)

Wir kommen daher zur Abstimmung über den gegenständlichen Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Ver­trauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Bestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus.

Wenn Sie diesen Entschließungsantrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

17.41.07Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zur Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1290/A der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b B-VG über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder den Ersatz durch ein Freiwilligenheer eine Frist bis zum 28. Februar 2011 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, der Erstredner zur Begründung 10 Minu­ten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Hagen. Ich erteile es ihm.

 


17.42.07

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Hohes Haus! Dieser Fristsetzungsantrag hat folgenden Grund: Der Antrag der Abgeordneten Bucher, List, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b Bundes-Verfas­sungsgesetz über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder den Ersatz durch ein Frei­willigenheer wurde am 5. Oktober 2010 eingebracht. Da wir ja das Spielchen der Re­gierung beziehungsweise der Regierungsparteien schon kennen, dass solche Anträge der Opposition, die sinnvoll und nützlich sind, immer auf die lange Bank geschoben und vertagt werden, ist es aufgrund der aktuellen Debatte über die Wehrpflicht not­wendig, diese Frist bis zum 28. Februar 2011 zu setzen und hier über diesen Antrag


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 193

abzustimmen, meine Damen und Herren. Das ist die Vorgangsweise, die korrekt und sachlich richtig wäre.

Im Antrag heißt es – dies vielleicht, um ihn noch kurz für diejenigen zu begründen, die ihn nicht gelesen haben –: „Soll angesichts der geänderten sicherheitspolitischen Lage Österreichs die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt und die zwangsweise Einberufung von Grundwehrdienern durch ein Freiwilligenheer ersetzt werden?“

Das ist mit Ja oder Nein zu beantworten. Ich glaube, das ist eine einfache Frage, die von allen befürwortet werden kann.

Herr Kollege Strache, Sie haben vorhin von der Schweiz gesprochen. Ich möchte jetzt nicht mehr groß auf diese Diskussion eingehen, aber ein paar Dinge muss ich Ihnen schon noch mitteilen, nachdem ich in der vorangegangenen Debatte nicht zu Wort gemeldet war. Die Schweiz macht auch eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht. Wenn Sie damals mit uns mit der Freundschaftsgruppe in der Schweiz gewesen wären – da hat man über das Thema diskutiert. Da war aber von Ihrer Seite nichts in diese Richtung zu hören, dass da die Neutralität der Schweiz in Gefahr wäre.

Und wenn Sie den EU-Vertrag – Kollege Scheibner hat das auch schon ange­sprochen – richtig gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass die Neutralität mit dem EU-Vertrag de facto obsolet ist.

Es sind auch hier immer wieder Diskussionen über den Zivildienst – beziehungsweise Zivilersatzdienst, wenn die Wehrpflicht fallen würde – geführt worden. Ich habe heute Herrn Minister Hundstorfer – er ist ja da – schon einmal am Vormittag erklärt, wie man das machen könnte, ein riesiges Heer von Arbeitslosen, wenn das Langzeitarbeitslose sind, wirklich für den Sozialdienst einzusetzen beziehungsweise für den Rettungsdienst zu sensibilisieren. Diese könnte man in diesem Bereich sinnvoll einsetzen. Sie könnten auch Kosten sparen, da ja das Arbeitslosengeld sowieso bezahlt wird; vielleicht noch einen kleinen Bonus für einen sozialen Dienst in diesem Bereich schaffen, dann würden Sie sehr viel an Kosten sparen und hätten da eine vernünftige Maßnahme.

Ich weiß, viele Personen, die jetzt als Zivildiener mit der Rettung zu tun haben oder im Rettungsbereich tätig sind, gehen dann später auch fix oder zumindest freiwillig zur Rettung und leisten einen wertvollen Dienst für die Gesellschaft. Also hier könnten Sie das Richtige machen.

Abschließend möchte ich noch betonen, dass das BZÖ für ein Berufsheer steht – mit einer Freiwilligenmiliz, einer schlagkräftigen Freiwilligenmiliz. Herr Verteidigungs­minis­ter Darabos hat da ja schon etwas von uns abgeschrieben. Im Großen und Ganzen geht sein präferiertes Modell in diese Richtung, nur nicht ganz so sinnvoll, wie es von uns vorgeschlagen wurde. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


17.45.50

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Klarer Antrag, klare Antwort: Nein, wir werden diesen Antrag nicht unterstützen. Aus meiner Sicht wäre das kontraproduktiv.

Wenn man die heutige Sitzung noch einmal Revue passieren lässt, dann ist klar: Wir wissen, dass es einen gewaltigen Diskussionsbedarf gibt und dass letztendlich möglicherweise eine Befragung der Bevölkerung noch offen ist. Aber die Bevölkerung zu fragen, bevor wir miteinander diskutieren, und keine Antworten parat zu haben, das halte ich für leicht abenteuerlich.


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Dabei wird die Sozialdemokratische Partei nicht mittun. Ich bitte an dieser Stelle, noch einmal darüber nachzudenken, ob man da nicht vielleicht doch einen Fehler gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


17.46.46

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, ich kann mich den Worten meines Vorredners nur anschließen. Ich bin seit einigen Jahren hier im Hohen Haus, habe aber noch selten eine Debatte erlebt, die so am Kern der Sache vorbeigeht. Ich denke, wir sollten uns wirklich einmal in geordneter Reihenfolge auf diese Sache kon­zen­trieren.

Schauen wir uns zunächst einmal an: Wie wird denn die Sicherheitsfrage heute und in Zukunft ausschauen? Definieren wir Sicherheit in all diesen Bereichen, die wir ausloten können und die uns auch in den nächsten Jahren beschäftigen werden! Das heißt, sprechen wir dann, wenn wir diese Erkenntnis haben, über die weiteren Aufgaben, die das Bundesheer jetzt übernimmt: die Katastrophenhilfe und den Zivildienst als Wehrersatzdienst. Diskutieren wir dann mit realistischen Zahlen über die Kosten, die die einzelnen Systeme verursachen!

Denken wir darüber nach, wie wir die Friedenseinsätze im internationalen Verband auch weiterhin aufrechterhalten können! Und vergessen wir in dieser Diskussion nicht, dass wir im Falle eines Bedrohungsszenarios – und das muss nicht nur ein militä­risches Szenario an der Grenze sein, das kann auch ein terroristisches sein – auch Mannstärke brauchen und nicht nur Technik und Ausrüstung.

Daher sage ich: Jetzt über eine Volksbefragung zu diskutieren, das halte ich für verfrüht. Reden wir zunächst über die Kernaufgaben, reden wir dann über die Struk­turen! Finden wir einen gemeinsamen Weg in dieser Debatte, dann geben wir diese klaren Informationen an die Bürger weiter, und erst am Schluss dieses Prozesses reden wir über die Volksabstimmung! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


17.48.35

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die FPÖ wird diesen Fristset­zungs­antrag aus grundsätzlichen Überlegungen unterstützen. Wir sind und wir stehen für eine direkte Demokratie, insbesondere dann, wenn es um so wichtige und zukunfts­weisende Entscheidungen geht, wohl auch, weil durch die allgemeine und öffentliche Diskussion eine sehr hohe Erwartungshaltung in der Bevölkerung erzeugt wurde und wir der Meinung sind, dass hier jede zügige Entscheidungsfindung der Sache nur nütz­lich sein kann und auch die Meinungsbildung in diesem Hohen Haus wohl unter­stützend fördern wird.

Aber – und das ist mir auch wichtig festzuhalten –: Wir unterstützen zwar diesen Fristsetzungsantrag, nicht aber die diesem Fristsetzungsantrag zugrunde liegende Intention, nämlich die Aussetzung der Wehrpflicht und die weitere Forderung der Schaffung eines Freiwilligenheeres. Dafür sind wir nicht zu haben.

Wir stehen für die demokratischen Spielregeln, für eine direkte Demokratie, aber in der Sache selbst möchte ich festhalten, dass wir durchaus differenzierte Ansätze haben. Es ist mir auch wichtig, dies hier zu betonen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 195

Ich denke, es gibt genügend ungelöste Fragen. Gerade der von Verteidigungsminister Darabos in der letzten Stunde aufgezeigte militärische Irrweg, um es so zu bezeichnen, ist ein Weg, der weg von der österreichischen Neutralität hin zum direkten Weg zur NATO führt und wohl nicht den Zugängen der österreichischen Verfassung entspricht. Es gibt auch viele ungeklärte offene Fragen, von den personellen Fragen, die ein solches Freiwilligenheer wohl aufwerfen wird, bis hin zur Kostenfrage und der unge­klärten Frage des Katastrophenschutzes.

Die wohl wichtigste Frage ist, wie es mit dem Zivildienst weitergeht. Dazu gab es erst vor wenigen Tagen eine Feststellung der Frau Innenminister, die anzweifelt, dass die 14 000 erforderlichen Zivildiener auf freiwilliger Basis zu schaffen sein werden, was auch ein wichtiger Parameter für unsere Entscheidungsfindung ist.

Trotz dieser unterschiedlichen Zugänge unterstützen wir, wie gesagt, diesen Fristset­zungsantrag, weil uns die gelebte Demokratie in diesem Haus allemal lieber ist als jene gelebte Praxis der Regierungsparteien, nämlich ungeliebte Anträge der Opposition in den Ausschüssen auf unbestimmte Zeit zu vertagen, wo sie dann sprichwörtlich „versauern“. So wird eigentlich den kritischen Ansätzen der Oppositionsparteien nicht ausreichend und würdigend Rechnung getragen. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Sinne: Ja zu diesem Fristsetzungsantrag, Nein zu einer Abschaffung der Wehrpflicht. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


17.52.02

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Diesem Frist­set­zungsantrag werden auch wir Grüne zustimmen, damit einfach das parlamen­tarische Prozedere in Gang kommt, auch wenn wir die ganze Sache inhaltlich etwas differenzierter betrachten.

Noch einmal zur Wiederholung: Volksabstimmung ja, rechtlich bindend mit klaren Fragen, Volksbefragung nein, weil das im Endeffekt weniger Bedeutung hat.

Und in Richtung BZÖ: Sie sollten einmal anfangen, hier klare Aussagen zu treffen. Einerseits Volksabstimmung, andererseits Volksbefragung – das sind zwei verschie­dene Instrumente, ganz klar.

Eine klare Aussage sollte auch, was den Zivildienst anbelangt, kommen, denn Sie, Herr Hagen, haben hier gesagt, dass Langzeitarbeitslose durchaus auch dieses frei­willige soziale Jahr ableisten sollten.

Ich sage nur: Freiwillig muss freiwillig bleiben! Es darf zu keiner Zwangsverpflichtung kommen, unabhängig davon, wie das System des freiwilligen Zivildienstes im Endeffekt aussieht, aber es kann nicht sein, dass Langzeitarbeitslose, die sich nicht zum Ge­sund­heits- und Sozialdienst berufen fühlen, dann dort eingesetzt werden. Das kann es nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.53.28

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich sage den Oppositionsparteien ein großes Dankeschön, die die direkte Demokratie in Österreich unterstützen, nicht nur am Papier, sondern auch in der Realität. Ich nehme


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 196

auch zur Kenntnis, dass man unterschiedlicher Auffassung sein kann – man kann für die Wehrpflicht sein, man kann dagegen sein –, ich nehme aber nicht zur Kenntnis, dass die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP den Antrag offenbar nicht gelesen haben.

Es geht nämlich in diesem Antrag um eine Fristsetzung der Behandlung des Antrages auf Durchführung einer Volksbefragung – um nicht mehr und nicht weniger. Wann diese stattfindet? – Natürlich erst nach Aufbereitung der Faktenlage, natürlich erst nach einer Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen mit Anhörung der Experten und Betroffenen. (Abg. Kopf: Warum müssen wir es dann jetzt beschließen?) Das steht im Antrag nicht drinnen. Sie verweigern hiermit also einmal mehr die direkte Demokratie – und das ist schade. (Beifall beim BZÖ.)

17.54

17.54.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1290/A der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Volks­be­fragung gemäß Art. 49b B-VG über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder den Ersatz durch ein Freiwilligenheer eine Frist bis zum 28. Februar 2011 zu setzen.

Wenn Sie für diesen Fristsetzungsantrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag ist abgelehnt.

*****

Ich teile mit, dass jetzt sofort die Konstituierung des EDV-Beirates im Lokal VII stattfindet.

17.55.34Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 6 bis 8 der Tagesordnung wieder auf.

Frau Abgeordnete Mag. Schwentner gelangt wieder zu Wort. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist nicht da! Ist schon nach Hause gegangen!)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


17.55.48

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes tatsächlich Früchte tragen wird, wenn wir hier über die Einkommenstransparenz und das Schließen der Einkommensschere reden. Wir wis­sen – und auch der neueste Bericht des Rechnungshofes zeigt das auf –, dass nach wie vor bei gleichwertiger Arbeit Einkommensunterschiede zwischen 15 und 18 Pro­zent zwischen Männern und Frauen gegeben sind. Die Frau Bundesministerin hat hier sehr wohl ein gutes Paket auf den Tisch gelegt, und der Herr Sozialminister verhandelt mit den Sozialpartnern.

Natürlich bin auch ich nicht ganz glücklich mit der Höhe der Strafe von 360 € – ich sage das dazu –, aber letztendlich können wir sagen: Ja, es hat sich gelohnt zu kämp­fen, denn im Ministerratsvortrag stand noch 1 500 €. Da bin ich unserem Klubobmann Karlheinz Kopf sehr dankbar dafür, dass er im Gespräch mit der Wirtschaft unter­stützend dahin gehend gewirkt hat, dass diese Strafe auf 360 € heruntergesetzt wurde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 197

Man muss auch die Wirtschaft verstehen, die natürlich sehr wohl auch den Daten­schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und der Betriebe im Hinterkopf hat. Tatsache ist, dass diese Einkommenstransparenz auch nicht so gekommen ist, wie vor einem Jahr noch diskutiert wurde, dass hier nämlich Namen bekannt gegeben werden, sondern dass das branchenbezogen bekannt gegeben wird, sodass auch – das gilt nicht nur für die Frauen – junge Menschen sehr wohl fragen können: Was verdiene ich denn in dieser Firma in der Marketingabteilung, im Verkauf oder in der Produktion? Das könnte auch ein Anreiz dafür sein, sich auch in anderen Firmen zu bewerben und vielleicht auch einen Berufswechsel vorzunehmen.

Es ist auch nicht ganz richtig, wie oft in den Medien kolportiert wird, dass der Betrieb nicht bestraft werden kann. Selbstverständlich gibt es bei Nichterstellung von Einkom­mensberichten auch Strafen für die Betriebe; das ist nur ein wenig untergegangen.

Ich bin aber sehr dafür, dass wir – auch die Oppositionsparteien – dieses Gleich­be­handlungspaket und auch die Novellierung dazu positiv sehen, dass wir hier wirklich mit diesem ersten Schritt die Möglichkeit schaffen, die Einkommensschere zu schließen, und das nicht schlechtreden – darum bitte ich sehr. Ich bin mir sicher, dass wir das eine oder andere noch fortsetzen können.

Ich weiß, dass es hier Unruhe gibt, weil wir die europäische Richtlinie betreffend „levelling up“ nicht hineingenommen haben, das heißt, durch einen Abänderungsantrag wieder herausgenommen haben. Ich stehe auch dazu, denn eines kann nicht sein: dass hier unter dem Deckmantel der Toleranz oder im Rahmen der Toleranz die Einschränkung der persönlichen Freiheit gleich mitläuft. Es kann nämlich nicht sein – ich sage das in einem Beispiel und habe das auch in den Medien gesagt –, dass eine Wirtin, wenn sie vier Zimmer zu vermieten hat und noch eines übrig ist, dann nicht sagen kann, ich gebe dieses Zimmer jetzt einer jungen Mutter mit Kind und nicht jemandem anderen, der halt auch da steht.

Es muss möglich sein, dass jemand, der ein privates Hotel oder ein Wirtshaus hat, selbst entscheidet, wen er aufnimmt. Man sollte durch eine überbordende Toleranz, wie es sie vielleicht durch diese Richtlinie gegeben hätte, nicht die Freiheit des Bürgers opfern. Dazu stehe ich auch.

Aber noch einmal: Frau Bundesministerin, Herr Bundesminister, ich kann nur sagen, ich glaube, dass wir mit dieser Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes einen ersten wichtigen und richtigen Schritt nicht nur in der Einkommenstransparenz, son­dern auch beim Schließen der Einkommensschere für Frauen gesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


17.59.24

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vernaderung, Streit und Neid – das sind die „Verbesserungen“, die meines Erachtens diese Novelle des Gleichbehand­lungs­gesetzes für die Österreicherinnen, für die Frauen bringt. Das ist wahrlich kein Grund zum Feiern, wahrlich kein Meilenstein, wahrlich kein Grund zur Freude, denn diese Novelle bringt den Frauen keinen Cent mehr. Diese Novelle schließt die Gehaltsschere um keinen Millimeter, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte im Zuge meiner Ausführungen auch noch einmal die Gesetzesfindung, also das Zustandekommen der Gesetzesnovelle Revue passieren lassen. Begonnen im Oktober 2010, als diese Novelle im Ministerrat still und heimlich beschlossen wurde, ging es dann in die Verhandlungsphase, und es galt, einen Ausschusstermin zu finden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 198

Rot und Schwarz waren sich über den Inhalt ja nicht einig. Die Ausschusstermine wurden von Mal zu Mal verschoben, wurden abgesagt und haben nicht stattgefunden.

Sogar der Herr Klubobmann Cap – der mir vielleicht auch zuhört (Abg. Dr. Cap spricht mit einem Klubmitarbeiter) – hat sich in die Vermittlung eingebunden und die Klubs durchgerufen, um einen Ausschusstermin noch während der Budgetdebatte zustande zu bringen, was aber auch nicht gelungen ist, und zwar auch deshalb, weil es große Unstimmigkeiten, große Uneinigkeit zwischen den Regierungsparteien betreffend den Inhalt dieser Novelle gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Diese Unterschiede haben sich auch im Ausschuss gezeigt; ich darf nur an die Ausführungen der Vertreter der Regierungsparteien erinnern. Sie haben ein Gesetz beschlossen, gegen das Sie sich selbst ausgesprochen haben. Die Strafen sind jetzt auf 360 € reduziert worden, aber einige Damen und Herren der Regierungsparteien haben diese Strafen angeprangert und sich dagegen ausgesprochen. Die Strafen sind trotzdem im Gesetz vorgesehen, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden jetzt bestraft, wenn sie – was ihr gutes Recht ist – über ihre Gehälter sprechen. Und das lehnen wir strikt ab! (Beifall beim BZÖ.)

Positiv zu beurteilen ist, dass sich die ursprüngliche Ausweitung des Diskrimi­nie­rungsschutzes in der Novelle nicht wiederfindet. Das ist der einzige Punkt, der positiv zu bewerten ist und den auch die Kollegin Schittenhelm vorhin schon angesprochen hat. Und da ich gerade bei der Kollegin Schittenhelm bin, möchte ich sie schon an ein Zitat aus dem „Standard“ vom 19. November letzten Jahres erinnern, wo sie sagt, dass es „überhaupt nicht in Frage“ komme, dass das Gesetz, das zur Offenlegung der Gehälter innerhalb von Unternehmen verpflichtet, Strafen für ArbeitnehmerInnen vor­sieht, die über diesen Offenlegungsbericht sprechen. – Liebe Kollegin Schittenhelm, die Strafen sind da, das Gesetz wurde mit Ihrer Stimme mit beschlossen! Ich frage mich schon, wie Sie das gegenüber der Bevölkerung, vor allem gegenüber der weib­lichen Bevölkerung, argumentieren wollen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass Frauengleichbehandlung nicht Männer­diskriminierung sein darf. Ich darf in diesem Zusammenhang auch den heutigen „Kurier“ zitieren, der über die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei den Tarifen für Tickets berichtet. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

18.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


18.02.52

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin bin ich sehr froh, dass es heute zu einer Novellierung des Gleich­behandlungsgesetzes kommen wird, weil wir mit dieser Novellierung einen Schritt weiter in Richtung Einkommensoffenlegung, in Richtung hin zu mehr Gerechtigkeit am Arbeitsplatz kommen werden.

Warum? – Sehr geschätzte Damen und Herren, das lässt sich leicht erklären. Wir haben zwar aufgrund des Gleichbehandlungsgesetzes und der guten Arbeit der Ge­werk­schaft in den Kollektivverträgen keine unterschiedlichen Behandlungen von Männern und Frauen mehr. Es gibt also keine offenen Diskriminierungen mehr. Tat­sache ist aber, dass es im Arbeitsleben sehr viele versteckte Diskriminierungen gibt: Daher ist es notwendig, durch eine Offenlegung der Einkommen nachschauen zu können, kontrollieren zu können, ob hier nicht eine versteckte Diskriminierung vorliegt.

In vielen Betrieben, in denen es Betriebsräte gibt, ist das auch heute schon in sehr positiver Weise so gehandhabt worden, und ich unterstelle hier nicht automatisch jeder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 199

Firma, dass sie absichtlich Arbeitnehmerinnen gegenüber Arbeitnehmern diskriminiert. Nichtsdestotrotz ist es in der Praxis passiert und passiert es nach wie vor in der Praxis, sonst hätten wir nicht die Einkommensunterschiede, wie wir sie derzeit haben.

Daher ist diese Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes ein guter, wichtiger und rich­tiger Schritt in die richtige Richtung, und ich bin sehr froh darüber.

Was, abgesehen von der Offenlegung der Einkommensunterschiede in den Betrieben, in dem Gesetz ebenfalls beinhaltet ist und meiner Meinung nach in der Diskussion bis jetzt noch zu kurz gekommen ist, ist der Umstand, dass künftig auch bei Stellen­inse­raten die Bezahlung angegeben werden muss. Das heißt, es muss aufgeführt werden, welcher Kollektivvertrag der zutreffende ist und ob es die Möglichkeit der Über­zah­lungen gibt.

Auch das, sehr geschätzte Damen und Herren, ist eine wichtige Bestimmung, denn gerade auch aufgrund meiner beruflichen Erfahrung als Gewerkschafterin weiß ich, dass Menschen, egal ob Mann oder Frau, die sich neu bewerben, oft nicht genau wissen, wie hoch ihr Einkommen ist. Wenn bereits in den Inseraten klar festge­schrie­ben ist, was man als Einkommen zu erwarten hat, dann fällt auch die Diskriminierung, die bisher oft schon bei Beginn eines Dienstverhältnisses vorhanden war, weg.

Sehr geschätzte Damen und Herren, ich freue mich über die Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes und freue mich insbesondere, dass auch das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz novelliert wird. Ich freue mich auch, dass es nach zähen Verhandlungen gelungen ist, die Höhe der Strafen zu reduzieren. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen, die dazu beigetragen haben, dass wir das Gleichbehand­lungs­gesetz heute in der vorliegenden Form beschließen können, weil wir damit wieder einen richtigen Schritt in Richtung mehr Einkommensgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen setzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


18.06.00

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Bun­desminister! Liebe Kollegen! Ja, jetzt ist sie da, die Novelle zum Gleichbehandlungs­gesetz, aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass meiner Meinung nach mehr als Populismus nicht übrig geblieben ist. Und wenn man die Novelle an den großmundigen Ankündigungen unserer Frau Minister von vor ein paar Wochen oder Monaten misst, sieht man klar, wie kläglich man da gescheitert ist. Die vielen Zugeständnisse, die man der Wirtschaft und den Sozialpartnern machen musste, lassen diese Novelle nur noch zu einem Minimalkonsens verkümmern.

Vorab möchte ich aber mit aller Deutlichkeit sagen: Wenn es schwarze Schafe unter den Arbeitgebern gibt, die Frauen und Männer ungleich bezahlen, so muss dies wirklich abgeschafft werden, denn das ist natürlich eine Ungeheuerlichkeit und ist nicht gerechtfertigt. Aber die neue Regelung zur Gehaltsoffenlegung ist dafür nicht das geeignete Mittel. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit der neuen Regelung wird nur mehr Verwaltungsaufwand produziert. Das hat sogar der Rechnungshof in seiner Stellungnahme kritisiert. Außerdem werden bis 2014 nur 41 Prozent der Beschäftigten überhaupt von dieser Novelle erfasst. Und die Regelung sieht auch keine Sanktionen für die Unternehmer vor, die ihre Gehälter nicht offen­legen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und es kommt noch schlimmer: Die Mitar­beiter, die gegen diese Verschwiegenheitsklausel verstoßen, werden noch mit einer


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Strafe bis zu 360 € bedroht! Das ist eine weitere Ungerechtigkeit, die mit dieser Novelle einhergeht. Deshalb werden wir auch den Antrag, den Kollegin Schwentner zu einem späteren Zeitpunkt noch einbringen wird, natürlich unterstützen, denn das gehört abgeschafft.

Außerdem bezweifle ich, dass es in Österreich überhaupt möglich ist, Frauen- und Männergehälter so über einen Kamm zu scheren. Ich habe im Ausschuss schon das Beispiel der Buchhalter gebracht und ich möchte es wiederholen, denn ich glaube, der Herr Minister hat es damals falsch verstanden. Deshalb bringe ich das jetzt noch einmal.

Nehmen wir einmal an, zwei Buchhalter sitzen in einem Büro, Schreibtisch an Schreibtisch. Der junge Mann arbeitet seit 15 Jahren in diesem Betrieb, ist 35 Jahre alt, die junge Frau ist ebenfalls 35 Jahre alt, hat zwei Kinder, kommt als Quereinsteigerin in den Betrieb und arbeitet seit fünf Jahren hier. Die Frau hat sich natürlich in ihrer Karenzzeit weitergebildet, hat selber die Initiative ergriffen, und ich wage sogar zu sagen, dass sie mit ihrem Engagement und mit ihrem Einsatz die fehlenden Vordienstzeiten mehr als wettgemacht hat.

Aber hier haben wir das Dilemma dieser Novelle: Theoretisch machen beide gleiche Arbeit, aber kollektivvertragsmäßig bekommen sie beide nicht das gleiche Gehalt. Hier obliegt es nun dem Arbeitgeber, diese Ungerechtigkeiten auszumerzen. Also frage ich mich: Wen wollen Sie hier bestrafen?

An einer gerechten Auflistung der Einkommen zwischen Frauen und Männern sind Sie ja überhaupt nicht interessiert. Daher haben Sie auch meinen Antrag bezüglich der Statistik Austria abgelehnt, wo ich Sie aufgefordert habe, noch mehr Parameter abzufragen, damit wir wirklich zu einem gerechten Einkommensverhalten in Österreich zwischen Frauen- und Männergehältern kommen. Viele unserer hervorragenden Anträge, wie Aufwertung der Teilzeit oder die Kinderbetreuungszeiten in den kollektiv­vertraglichen Vorrückungen mit einzubeziehen oder auch jetzt im Vorfeld die ange­sprochenen Parameter der Statistik Austria, lehnen Sie einfach ohne Prüfung ab.

Wir Freiheitlichen wollen Frauen nicht als Opfer der Gesellschaft darstellen lassen. Und das erwarte ich auch von Ihnen: Arbeiten Sie für die Frauen in Österreich, gehen Sie auf die Bedürfnisse der Frauen ein – und hören Sie auf, Unzufriedenheit und Neid zu schüren!

Und verschonen Sie uns bitte in Zukunft mit solchen „Meilensteinen“! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek zu Wort. – Bitte.

 


18.10.31

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Herr Kollege Hundstorfer! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Glauben Sie mir: Wir beide, Kollege Hundstorfer und ich – und nicht nur wir beide, da sind wir nicht allein –, sind brennend daran interessiert, Ungerechtigkeiten bei den Einkommen zwischen Männern und Frauen zu verkleinern beziehungsweise zu beseitigen. Natürlich geht das nur à la longue und nicht von heute auf morgen, und das haben wir ja schon heute Vormittag realistisch darzustellen versucht.

Diese Ungerechtigkeiten sind da, wobei es dafür zum Teil Erklärungen gibt, aber manche Lohn-Ungleichheiten kann man einfach nicht erklären. Das sind diese 15 bis 18 Prozent, die man nicht mehr erklären kann, außer damit, dass Frauen Frauen sind.


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Ich möchte keinem Arbeitgeber, keiner Arbeitgeberin unterstellen, dass er/sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Lohn vorenthalten will. Das ist ja heute auch schon einige Male gesagt worden: Es besteht oft nicht das richtige Bewusstsein oder Wissen darüber, was die einzelnen Leute aufgrund ihrer Vordienstzeiten, aufgrund der Zula­gen, aufgrund der Überstundenleistung, aufgrund der Remunerationen jeglicher Art wirklich verdienen. Ich habe mittlerweile mit einigen gesprochen, die diese Einkom­mensberichte jetzt schon legen, obwohl sie nicht die Betriebsgröße haben, die wir im ersten Schritt vorschreiben, und die erzählen mir – darunter auch viele Männer –: Es war mir eigentlich gar nicht bewusst, wie sich die Lohnstruktur bei mir im Betrieb entwickelt hat oder wie sie dargestellt wird! Ich möchte das ändern und daran arbeiten!

Aber gestatten Sie mir, ganz kurz ein bisschen etwas auch zur Geschichte zu sagen, damit man uns nicht unterstellen kann, dass wir diese Novelle leichtfertig, so quasi im Vorbeigehen verhandelt hätten und diese, hoffentlich, heute auch gemeinsam be­schließen werden. Es waren eineinhalb Jahre, beginnend im Mai 2009, als darüber eine erste Runde mit den Sozialpartnern stattgefunden hat. Im Regierungsprogramm ist ja Einkommenstransparenz, und zwar nicht nur diese, sondern auch der Nationale Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt als Auftrag formuliert, über drei Seiten, wobei sich in diesen eineinhalb Jahren nicht nur viele Runden mit den Sozialpartnern ergeben haben, sondern wir haben mit über 100 Experten/Expertinnen in vielen Arbeitskreissitzungen, in vielen Workshops diese 55 Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan gemeinsam entwickelt.

Oft wurde da kontroversiell diskutiert, aber in Summe waren sich doch alle einig darin, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen beseitigt gehören. Jetzt haben wir ganz sukzessive Maßnahme für Maßnahme abzuarbeiten, damit wir am Ende der Legislaturperiode sagen können: Österreich ist da nicht mehr Vorletzter in der Europäischen Union – wie das jetzt noch der Fall ist, denn was die Lohnschere zwischen Männern und Frauen betrifft, ist es so, dass Bruttostundenlöhne verglichen werden, was mit 25,5 Prozent sogar ausgewiesen ist –, in Österreich ist es diesbe­züglich besser geworden.

Ja, es braucht aber auch Begleitmaßnahmen, Kollegin Gartelgruber. Ich bin die Letzte, die nicht dafür eintreten würde, dass wir die Finanzierung für Kinderbetreuung sofort fortsetzen. Auch wir werden weiter verhandeln, ob wir das nicht schon heuer zustande bringen.

Es gibt viele Maßnahmen, die begleitend erfolgen müssen. Eine Novelle des Gleich­behandlungsgesetzes wird nicht von heute auf morgen diese Lohnunterschiede besei­tigen helfen; so naiv, das zu glauben, ist niemand hier im Hohen Haus. Auch wir tun das klarerweise nicht, ich glaube aber, dass wir mit dieser Novelle jedenfalls eine Tür aufgestoßen, einen großen ersten Schritt gemacht haben. Ich verhehle nicht, hier zu sagen, dass das ein Meilenstein ist. Niemand hätte noch vor einem Jahr gedacht, dass wir es zustande bringen – gemeinsam mit der Arbeitgeberseite, mit der Wirt­schaft, mit allen Sozialpartnern –, dass eine solche Verpflichtung im Gesetz festge­schrieben wird.

Die Angst seitens der Wirtschaft, dass man mit sensiblen Daten nach außen nicht vorsichtig umgehen würde, verstehe ich nicht ganz. Ich kann das nicht ganz nachvollziehen, geht es dabei doch um anonymisierte Daten. Es sind das Durch­schnittsgehälter, keine Einzelgehälter, die in irgendeiner Art und Weise veröffentlicht würden, sondern es gibt einen groben Überblick darüber, was in verschiedenen Ver­wendungsgruppen Männer und Frauen im Durchschnitt verdienen.

Da das heute kritisiert wurde: Wir ziehen das ab; es bleiben die Jahresdurch­schnitts­gehälter übrig, hochgerechnet von Teilzeit auf Vollzeit, sodass man wirklich sehr gute


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Vergleiche anstellen kann. Und wer kann vergleichen? – Betriebsräte, Betriebsrätinnen in jenen Bereichen, in denen es solche gibt. Sie können Einschau halten – auch jetzt schon – und haben eine viel genauere Auflistung darüber, wer was in welcher Gruppe verdient. Da geht es also nicht nur um lange Excel-Dateien über die gesamte Gehalts­struktur eines Betriebes. Wo es keine Betriebsräte/Betriebsrätinnen gibt, kann die Arbeit­nehmerin/der Arbeitnehmer Einschau halten – und kann eben die Gleichbehand­lungs­anwaltschaft zu Hilfe rufen.

Im Übrigen, sehr geehrte Damen und Herren, ist es auch so, dass es für die Betriebe nicht ganz „ohne“ ist, wenn sie die Berichte nicht legen, denn BetriebsrätInnen können das für bis zu drei Jahre im Nachhinein bei Gericht einklagen. Da werden wir genug Druck machen, und es wird schon so sein, dass sich diese negative „Werbung“ wohl niemand antun will, wenn er keinen Bericht legt, denn da könnte man ja glauben oder unterstellen, es gebe etwas zu verbergen. Gemeinsam arbeiten wir jedenfalls daran, dass alle Betriebe, die darunterfallen, diese Einkommensberichte legen und dass sie Defizite, die dort aufscheinen – oder vielleicht auch gar nicht aufscheinen, aber laut Statistik müsste das eigentlich der Fall sein –, beheben.

Betriebsräte/Betriebsrätinnen bekommen jetzt ein wirklich wirkungsvolles Instrument in die Hand, und natürlich auch viel Arbeit, aber die Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird aufgrund dieses Gesetzes gerade auch in Bezug auf Lohn­diskriminierung sehr aktiv werden können. Das lassen wir uns nicht kleinreden – und das ist auch nicht kleinzureden. In Frankreich gibt es eine andere Form der Einkom­menstransparenz, da müssen keine Berichte gelegt werden, Frau Kollegin Schwentner, das ist ein Irrtum. Da sind die Kollektivverträge zu gendern; ab 2012 werden Sank­tionen verlangt. Aber in Österreich ist es so, dass wir, nach Schweden, die Einzigen sind, wo verpflichtende Berichte darüber gelegt werden müssen.

Ein Wort noch – und dann möchte ich schon Schluss machen –, da Kollegin Csörgits erwähnt hat, dass es gut ist, dass in Zukunft bei Stellenausschreibungen angegeben werden muss, ob über dem Kollektivvertrag, mit dem Kollektivvertrag oder über dem Kollektivvertrag bezahlt wird. Auch das ist eine gute Richtschnur.

Abgesehen davon werde ich heuer noch – dieser Auftrag ist schon erteilt – einen Lohn- und Gehaltsrechner präsentieren, damit man sich branchenübergreifend, regional ist das ja sehr oft unterschiedlich, einen guten Einblick darüber verschaffen kann, was wer wo erwarten kann, wenn er sich bewirbt, ob Mann oder Frau. Das wird helfen. Ich glaube, dass insgesamt dieses Paket eines ist, mit dem wir wichtige erste Schritte gesetzt haben.

Gibt es dabei auch Wermutstropfen? – Ja: Dass die Strafe von 1 500 € – ursprünglich waren es ja 2 160 €, wenn ich daran erinnern darf – auf 360 € gesenkt wurde, das ist schön, aber sie ist nicht ganz weg. In der langjährigen Praxis – Minister Hundstorfer hat das heute Vormittag schon erwähnt – sind aber kaum bis keine Fälle bekannt, wo diese Verwaltungsstrafen tatsächlich ausgesprochen wurden, da die Verschwiegen­heits­pflicht immer eingehalten wurde.

Frauen haben ja nicht in erster Linie Interesse daran, irgendwem nach außen hin zu erzählen – einer Zeitung beispielsweise, oder wem auch immer – oder auf Facebook zu stellen –: Ich bin lohndiskriminiert! Ich glaube, diese Frauen sind damit beschäftigt, im Betrieb zu schauen, gemeinsam mit BetriebsrätInnen, falls vorhanden – und wenn nicht: alleine beziehungsweise mit der Belegschaft, mit dem Unternehmen, mit der Unternehmensleitung –, dass diese Lohnunterschiede behoben werden. Ich glaube, es ist alleine schon ein schönes Stück Arbeit, dass das auch gelingen kann.

Ein Wermutstropfen ist aber schon auch die Tatsache, dass Österreich im Bereich Anti-Diskriminierung Vorreiter hätte sein können. Ich bedauere wirklich, dass es nicht


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gelungen ist, dass wir sexuelle Orientierung, Alter, Weltanschauung und Religion nicht hineinnehmen konnten in diese Liste der Diskriminierungstatbestände, eben als Diskri­minierungsschutz auch außerhalb der Arbeitswelt, was aber nicht heißt, dass wir nicht sofort daran weiterarbeiten sollten, dass wirklich alle im 21. Jahrhundert ankommen und auch diese Formen der Diskriminierung mit einbezogen werden können.

In diesem Sinne freue ich mich wirklich sehr und bedanke mich bei allen, die mitgewirkt haben, dass diese Gesetzesnovelle heute beschlossen werden kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


18.19.23

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zur Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes: Ich glaube, im 21. Jahrhundert sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass Gleichbehandlung gelebt wird. Aber es ist leider manchmal da und dort der Fall, dass das nicht vollzogen wird – deshalb ist es eben notwendig, dazu die nötigen Gesetze zu machen.

Es ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit in der breiten Masse – es gibt natürlich immer, egal wo, ein paar schwarze Schafe –, dass Männer und Frauen bei gleicher Ausbildung und bei gleicher Arbeitsleistung auch gleich viel verdienen.

Trotzdem muss man aber auch sagen: Der Verdienst muss auch nach Leistung gehen. Wenn die Frau mehr Leistung bringt, soll sie mehr verdienen, wenn der Mann mehr Leistung bringt, sollte auch er mehr verdienen. Wie gesagt, das ist einfach so. (Demonstratives Husten des Abg. Öllinger.) – Sind Sie verkühlt, oder? Passt! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ein Hustenkrampf!)

Zum Diskriminierungsthema möchte ich noch einiges sagen. Ich zitiere hier Frau Kerschbaumer von der „Kleinen Zeitung“ (Abg. Grosz: Die Arme! Die hat heute schon Schluckauf!): „Sie sind mir als Mieter zu hässlich. Soll ein Hotelier weiter ein homo­sexuelles Paar als Gäste wegen ihrer sexuellen Orientierung ablehnen dürfen?“

Ich glaube, das ist nicht mehr das Thema. Wir sind ein Tourismusland. Ob jemand schwarz oder weiß ist oder egal welche Hautfarbe hat (Abg. Mag. Schwentner: Dann sind Sie aber nicht in der Realität angekommen! Die schaut anders aus!): Wir wissen, dass alles hineingeht. Wir wissen auch, dass wir wegen der Religion und auch wegen des Alters niemanden ablehnen.

Aber wie gesagt: Da muss man in der Gesetzgebung aufpassen, dass wir uns nicht in unserer persönlichen Freiheit einschränken. Als Tourismusland wissen wir, dass wir auch zielgruppenorientiert arbeiten. Wenn hier Gleichbehandlung nach Geschlecht oder Alter steht, dann könnte das gesetzlich auch so ausgelegt werden, dass es recht­lich eigentlich auch möglich wäre, zum Beispiel einen Hotelier eines Wellness-Hotels, einer Ruhe-Oase, der sagt: Wir lassen bei uns keine Kinder einbuchen, weil es auf der anderen Seite Kinderspezialisten gibt!, aufgrund der Diskriminierung anzuzeigen, weil er eben keine Kinder aufnimmt. (Abg. Mag. Schwentner: Das stimmt eben nicht! Das ist unrichtig!)

Wie gesagt, hier braucht es Gefühl. Hier muss man in alle Richtungen schauen, um das abzudecken.

Aber Gleichbehandlung und Diskriminierungsgeschichten sollten – wie gesagt – im 21. Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit sein. – Danke schön. (Beifall bei der


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ÖVP. – Abg. Öllinger: Warum gibt es für so eine Rede auch noch Applaus? – Abg. Dr. Bartenstein – in Richtung des Abg. Öllinger –: Weil sie gut war, im Gegensatz zu Ihrer!)

18.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


18.22.14

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon angesprochen worden: In der Regierungsvorlage war der Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt weiter gefasst. Es hätte auch vor Diskriminierung aufgrund des Alters, der Weltanschauung, der Religion und der sexuellen Orientierung geschützt werden sollen. Das ist auf Betreiben der ÖVP herausgefallen.

Wenn Kollegin Schittenhelm heute ans Rednerpult kommt und sagt, sie steht dazu, dann finde ich das mutig, denn die ÖVP hat sich mit ihren Argumenten im Ausschuss bis auf die Knochen blamiert. Es ist kein einziges Argument übrig geblieben. Auch das, was heute genannt wurde – und dazu werde ich noch kommen –, ist nicht der Rede wert. (Beifall bei den Grünen.)

Erstes Argument der ÖVP im Ausschuss war: Wenn in Brüssel eine Richtlinie scheitert, dann setzen wird das in Österreich nicht um. Das heißt, jedes Mal, wenn man sich mit einem Anliegen in Brüssel nicht durchsetzt, steht die ÖVP auf dem Standpunkt, dass das in Österreich gesetzlich nicht geregelt werden darf. Ich glaube, meine Damen und Herren, wenn man so Politik macht, muss man sich den Vorwurf der Politikunfähigkeit gefallen lassen.

Das zweite Argument war: Wir brauchen keinen Diskriminierungsschutz, weil das ohnehin alles in der Verfassung und in den Grundrechten geregelt ist. Meine Damen und Herren, auch das ist schnell zu widerlegen: Die mittelbare Drittwirkung der Grund­rechte ist sehr schmal. Faktum ist: Grundrechte und Verfassungsrechte richten sich gegen den Staat und schützen kein einziges Diskriminierungsopfer. Nichts ist übrig geblieben.

Aber das beste Argument war das Argument eines ÖVP-Abgeordneten, den ich namentlich nicht nennen will. Es geht mir nämlich nicht um die Person, es könnten wahrscheinlich viele ÖVP-Abgeordnete gewesen sein. Er hat uns Folgendes erzählt: Er hat in der „Kleinen Zeitung“ etwas gelesen, nämlich dass jetzt auch Diskriminierungen aufgrund des Alters nicht zulässig sein sollen, und hat dann gesagt, das heißt: Wenn ein Hotelier ein Kinderhotel hat und ein Hotel ... (Abg. Öllinger: Wir wissen schon, wer es war!) – Ich fürchte, er hat sich verraten. Er ist überführt! (Heiterkeit bei den Grünen.) Wenn ein Hotelier ein Kinderhotel und ein Hotel hat, das sozusagen eher für ruhigere Gäste gestaltet ist, dann sei das nach diesem Gesetz nicht mehr möglich.

Meine Damen und Herren, genau diese Kritik läuft völlig ins Leere, weil nämlich Ausnahmetatbestände definiert sind. In diesem Ausnahmetatbestand heißt es, dass immer dann keine Diskriminierung vorliegt, wenn Dienstleistungen und Güter für eine bestimmte Altersgruppe gestaltet sind.

Also ein Klassiker, meine Damen und Herren: Dieser Abgeordnete hat kein einziges Mal ins Gesetz geschaut. Er hat aufgrund eines Artikels der „Kleinen Zeitung“ offen­sichtlich abstimmen wollen. Meine Damen und Herren! Das sind genau die Abgeord­neten, die Ursache dafür sind, dass das Parlament einen schlechten Ruf hat! (Beifall bei den Grünen.)


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Der größte Unsinn ist aber die Ausführung – und das wird immer wieder genannt –, das sei autoritär. Dann ist jedes Gesetz autoritär. Dann ist auch das Wettbewerbsrecht autoritär, das Unternehmen verbietet, aufgrund ihrer Marktmöglichkeiten Kartelle zu schaffen. Nein, es ist nicht autoritär, im Gegenteil! Im Stalinismus und im Faschismus war es üblich, dass bestimmten Personengruppen aus völlig unsachlichen Gründen der Zugang zu Dienstleistungen und Gütern verwehrt wurde. Das Gegenteil ist der Fall! In einer Marktwirtschaft sind wichtige Dienstleistungen und Güter privatwirtschaftlich organisiert. Und es ist Aufgabe eines modernen Staates, sicherzustellen, dass nie­mand aus unsachlichen Gründen beim Zugang zu diesen Dienstleistungen und Gütern diskriminiert wird.

Wir haben jetzt ein Antidiskriminierungsrecht, das selbst bei den Diskriminierungen diskriminiert. Wenn nämlich jemand aufgrund des Geschlechts außerhalb der Arbeits­welt diskriminiert wird, dann ist das unzulässig. Wenn die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung erfolgt, dann ist das zulässig. Wenn in einem Geschäft ein Schild hängt: Wir bedienen Ausländer nicht!, dann ist das nach dem Gesetz unzu­lässig – das ist auch gut so –, wenn aber in einem Geschäft ein Plakat hängt: Wir bedienen Zugehörige zu bestimmten Religionsgruppen nicht!, dann ist das nach dem Gesetz wieder erlaubt. Das ist komplett unsachlich.

Ich schaue mir an, meine Damen und Herren, was die ÖVP, die FPÖ und das BZÖ sagen würden, wenn in einem Geschäft ein Schild hängt: Wir bedienen keine Katho­liken! – Wird man dann sagen: Das ist die Freiheit des Geschäftsinhabers, wir sehen das alles gelassen, das soll man nicht überbordend regeln!? – Das Gegenteil wird der Fall sein! Sie werden hier im Parlament auf und ab rennen und werden scharfe Gesetze genau gegen diese Diskriminierungen fordern.

Meine Damen und Herren! Von den Argumenten der ÖVP ist nichts übrig geblieben. Ich verstehe die ÖVP auch nicht. Warum verstehe ich sie nicht? – Erstens, weil es sachlich schlechte Argumente sind. Aber auch aus einem ganz anderen Grund: 99,9 Prozent aller UnternehmerInnen in Österreich diskriminieren nicht, warum auch? Erstens gibt es wahrscheinlich gar keine Affinität zur Diskriminierung und kein Inter­esse daran. Es macht ja auch wirtschaftlich keinen Sinn, wenn man ein Geschäft machen kann. Es stellt sich daher die Frage: Warum schützt die ÖVP gerade die schwarzen Schafe? – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


18.27.30

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte bei der Rede des Kollegen Steinhauser anknüpfen: Es tut mir auch leid, dass wir das Levelling-Up wieder aus der Vorlage herausnehmen mussten, weil das zur Mehrheitsfindung notwendig war.

Ich glaube im Gegensatz zu meiner Kollegin von der ÖVP, dass das nichts mit der EU-Richtlinie zu tun hat, sondern dass es eine Frage der innerstaatlichen Gleichbe­hand­lung ist und dass wir uns früher oder später in diesem Haus sicher mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen.

Eines ist klar: Es darf keine unbegründete Diskriminierung geben. Wenn man aber sagt, man hat ein Seniorenheim, dann wird man dort zulässigerweise auch sagen kön­nen, dass es eben auf diese Gruppe zugeschnitten ist.

Die Diskussion erinnert mich ein bisschen an das Ticket-Urteil, das heute überall groß verkündet wird. Man kann den Tarif einkommensabhängig gestalten, man kann ihn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 206

vom sozialen Status abhängig machen, man hat genug Möglichkeiten, das zu gestal­ten, es darf nur nicht diskriminierend sein.

Ich glaube, da sind wir alle gefordert, auch bei Dienstleistungen nachzudenken, wie diese in Zukunft so gestaltet sind, dass sie die Zielgruppe, die sie erreichen sollen, er­reichen, dass sie aber trotzdem nicht diskriminierend sind.

Zurückkommend auf die ursprüngliche Vorlage: Frau Kollegin Schwentner, ich schätze dich sehr, aber deine heutige Argumentation des Rückschrittes habe ich überhaupt nicht mehr nachvollziehen können! Du kannst ja nicht von einer Vorlage, die nicht zum Tragen kommt, ausgehen, sondern wir haben eine Gesetzeslage, gegenüber der wir mit der heutigen Materie eindeutige Verbesserungen erzielen. Die Einkommens­be­richte sind eine Verbesserung. Jetzt kann man sagen, natürlich würden wir uns alle wünschen, wir würden 100 Prozent erreichen. Immerhin sind es bis zum Jahr 2014 über 40 Prozent der Beschäftigten, die wir erreichen. Und es sind heuer bereits 15 Pro­zent.

Die Strafbestimmungen – und das wissen wir, so glaube ich, alle, die sich damit beschäftigen, und das würde ich auch dir unterstellen – sollen, das verstehe ich schon, nach außen hin eine gewisse einschüchternde Wirkung haben. Wir wissen aber alle, dass diese de facto nicht zum Tragen kommen wird. Wenn man wirklich etwas verän­dern will, macht man es entweder betriebsintern oder man wendet sich an ent­sprechende Einrichtungen, die das verwenden dürfen. Man darf es nur nicht beispiels­weise gegenüber Medien verwenden.

Ein ganz wesentlicher Punkt ist bezüglich der Stellensuche die Neuerung, dass der Kollektivvertrag und die Überzahlungen anzugeben sind.

Weiters wurde Folgendes, wie ich glaube, heute noch nicht entsprechend gewürdigt: Endlich kommt es auch zu einer Anhebung des Schadenersatzes, um die wir auch schon lange gekämpft haben. (Beifall der Abg. Mag. Wurm.) Das ist auch kein Eck­haus, aber wieder ein Fortschritt.

Es tut mir daher wirklich sehr, sehr leid, wenn ihr jetzt sozusagen versucht, diese Fortschritte als Rückschritte zu bezeichnen, weil das de facto so nicht stimmt. Wir werden alle miteinander sehen und wir werden – so glaube ich – das auch beweisen können, dass der Schadenersatz de facto gar nicht zum Tragen kommt. Es wäre natürlich schöner, wenn es keinen gäbe – das gebe ich offen zu –, aber es liegt auch an uns, ihn als Schreckgespenst und als Rute ins Fenster zu stellen, von der wir wis­sen, dass sie nicht zum Tragen kommt, oder zu sagen: Das gibt es zwar, aber im Wesentlichen wird das den Erfolg und den Fortschritt nicht hindern.

Ich würde euch wirklich ersuchen, das zu überdenken. Im Sinne der Mehrheits­findung – so muss ich sagen – müssen wir zu dem stehen, was vereinbart worden ist. Auch mir wäre es lieber, wir könnten diese Materie ohne diesen Schönheitsfleck beschließen. Das sage ich ganz offen. Es hat aber bei Weitem nicht dieses Ausmaß, das ihr hier andeutet und aus dem ihr hier politisches Kleingeld schlagen wollt.

Also, im Sinne der Frauen würde ich euch wirklich bitten: Lassen wir die Kirche im Dorf und erkennen wir Fortschritte auch als solche an! (Beifall bei der SPÖ.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


18.31.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Über eines bin ich schon erstaunt. Wir diskutieren hier über Gleich­behandlung und Antidiskriminierung, und dann stellt sich ein Abgeordneter ans Red­


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ner­pult und sagt: Naja, man kann da über vieles diskutieren, aber erstens einmal gibt es im 21. Jahrhundert ohnehin keine Diskriminierung, und zweitens muss Leistung sich lohnen, also beim Gehalt zählt dann die Leistung.

Was er nicht so deutlich hinzugefügt hat, aber was nur in diesem Kontext einen Sinn macht, ist: Wenn die Leistung zwischen Männern und Frauen eben unterschiedlich ist, dann muss auch unterschiedlich bezahlt werden.

Ich bin fassungslos, dass man das angesichts einer Diskussion über Gleichbe­hand­lung hier in diesem Haus noch vom Rednerpult aus hören kann, noch dazu von jeman­dem, der sagt, er ist im 21. Jahrhundert angekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Obernosterer, Sie sind noch nicht einmal im 20. Jahrhundert ange­kom­men! – Das ist das Erste.

Das Zweite: Ich möchte Frau Kollegin Schittenhelm – ich sehe sie jetzt gerade nicht (Abg. Schittenhelm gibt zwischen den Bankreihen stehend ein Handzeichen) – danke – einerseits dringend in dem, was sie gesagt hat, unterstützen, aber anderer­seits nicht nur darum bitten, auf den Kollegen Obernosterer etwas mäßigend einzu­wirken, sondern auch noch einmal das aufnehmen, was sie uns gesagt hat. Das gibt mir zu denken. Nämlich: Es gibt eigentlich niemanden – so habe ich bis jetzt gehört, außer vielleicht den Kollegen Obernosterer –, der sagt, diese Strafe, die es für Arbeit­nehmer gibt, sei gerechtfertigt. Es gibt nur die Wirtschaft, die Wirtschaft ist dafür.

Ja, bitte: Wer ist die Wirtschaft? (Abg. Schittenhelm: Die Sozialpartner!) Die Wirt­schaft sind auch diejenigen, die uns diese unterschiedlichen Löhne und Einkommen beschert haben. Die haben ja ganz offensichtlich ein Interesse daran, zumindest ein Teil. Wenn es nicht die Wirtschaft ist, dann reduzieren wir es auf bestimmte Männer in der Wirtschaft. Sei’s drum, egal. Die Einkommensunterschiede, die es gibt, sind jeden­falls nicht vom Himmel gefallen, sondern sie sind Resultat konkreter Machtpolitik am Arbeitsplatz.

Wenn man dagegen etwas tun will, meine sehr geehrten Damen und Herren und werte Kolleginnen und Kollegen, dann sicher nicht, indem man nicht darüber redet, indem man das Reden darüber verbietet. Denn eines ist doch wohl klar: Wenn dieser Einkommensbericht überhaupt wirksam ist – was wir ja noch nicht wissen, was aber auch kein Kriterium ist, ihn abzulehnen, keine Frage –, wenn dieser Einkom­mens­bericht Wirkung zeigen kann, dann doch nur, indem öffentlich darüber gesprochen wird, indem Einkommensunterschiede – egal ob im Betrieb oder außerhalb des Betrie­bes – auch unter Umständen öffentlich gemacht werden, und sicher nicht, indem nicht oder nur in einem geordneten Rahmen darüber geredet werden darf, wo der Arbeit­nehmer/die Arbeitnehmerin mit dem Betriebsrat darüber reden darf und diesem das anvertrauen darf, dass er/sie sich eingeschränkt oder sozusagen im Einkommen benachteiligt fühlt.

Eines ist mit Sicherheit klar, nämlich dass viele der Punkte, die Sie hier versucht haben, im Prinzip gut sind. Aber es kann manchmal trotzdem das Gegenteil von gut herauskommen, und das ist dann gut gemeint. Da haben Sie sich vergaloppiert. Eine Strafandrohung für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer beziehungsweise für Personen, die über den Einkommensbericht reden, ist wirklich das absolut Kontraproduktivste, was hier passieren kann. Damit machen Sie die Wirkung des Einkommensberichtes, der ohnehin jetzt einmal nur auf eine bestimmte Gruppe beschränkt bleibt, zunichte.

Ich würde Ihnen dringend abraten, dass Sie bei Ihrer Meinung bleiben – egal, ob es die Meinung der Frau Kollegin Schittenhelm ist oder die von SPÖ-Abgeordneten, die das


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alle, bis hin zur Frau Ministerin, ablehnen – und es dann trotzdem beschließen. Ja, in welchem Parlament leben wir denn eigentlich? (Beifall bei den Grünen.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


18.35.56

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Novellierung des Gleich­behandlungsgesetzes kann sich sehen lassen, auch wenn die Opposition aus unter­schiedlichen Gründen und unterschiedlich eloquent dieses Gesetz erwartungsgemäß schlechtredet und ablehnt. Wir sind der Meinung, wir sind damit auf einem guten Weg.

Es gibt ja nur sehr wenige Bereiche im Leben, in denen ich mir die Vereinigten Staaten von Amerika zum Vorbild nehme. Das unverkrampfte Verhältnis, das die Amerikaner zum Einkommen haben (Abg. Mag. Kogler: Die legen sogar die Parteispenden offen!), das ein Verhältnis ist, das eher von Bewunderung und weniger von Neid geprägt ist, würde ich mir manchmal bei uns wünschen. Dann wären vielleicht auch Verhand­lungen zum Thema Offenlegung der Gehälter nicht ganz so zäh. Ich glaube und bin der festen Überzeugung, dass die Offenlegung, die Transparenzmachung der Gehälter in den Betrieben auch mit dafür sorgen wird, dass das Thema etwas weniger von der Neiddebatte aus behandelt wird.

Der zweite Punkt, den ich herausgreifen möchte und auf den heute noch niemand eingegangen ist, ist der verbesserte Diskriminierungsschutz im Bereich des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes. Wenn Sie so wie ich erlebt haben, dass Sie mit einer Gruppe von zum Teil sehr schwer behinderten Menschen in eine Gaststätte gehen, wenn Sie erlebt haben, dass die Gäste sich dann durch die Menschen mit Behin­derung gestört fühlen, wenn Sie erlebt haben, dass dann das Personal kommt und Sie auf eine relativ unflätige Weise nicht ersucht, sondern auffordert, das Lokal zu verlassen und wenn möglich gar nicht mehr wiederzukommen, dann wissen Sie: Das ist ein Bereich, in dem es dringend notwendig war, Verbesserungen im Diskriminie­rungs­schutz auch für Nahestehende, also auch für betreuendes Personal zu erwirken.

Darum sind wir auch in diesem Bereich mit diesem Gesetz auf einem guten Weg. Frau Bundesminister, ich danke herzlich dafür! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


18.38.15

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! (Abg. Ing. Westenthaler: Spät, aber doch!) – Spät, aber doch! Die eine Minute hole ich jetzt noch nach und bringe den angekündigten Abänderungsantrag ein. Wir geben Ihnen noch einmal die Chance, die Strafbestimmung hinauszureklamieren.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gleich­behandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (938 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbe­handlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft und das Bundes-Behin­dertengleichstellungsgesetz geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 209

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z. 8 entfallen im § 11a die Abs. 4 und 5. Der bisherige Abs. 6 erhält die Bezeichnung Abs. 4.

*****

Wir verlangen diesbezüglich eine namentliche Abstimmung.

Ich bringe noch einen zweiten Antrag ein, nämlich für Kollegen Steinhauser.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der Möglichkeit einer Verbandsklage

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst wird ersucht, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, wonach bei der Verletzung des III. Teils des Gleichbehandlungsgesetzes beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen durch die diskriminierende Verwendung von AGBs, öffent­lichen Ankündigungen und Aushängen, der Anspruch auf Unterlassung der Dis­kriminierung auch durch das Gesetz zu legitimierende Organisationen oder Vereine geltend gemacht werden kann.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Sowohl der Abänderungsantrag als auch der Ent­schließungsantrag stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gleich­behandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (938 d. B.) betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehand­lungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft und das Bundes-Behin­derten­gleichstellungsgesetz geändert werden,

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z.8 entfallen in § 11a die Abs. 4 und 5. Der bisherige Abs.6 erhält die Bezeichnung Abs.4.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 210

Begründung

Durch das Entfallen dieser Strafbestimmung soll verhindert werden, dass Arbeit­nehmer/innen aufgrund ihres Wissens über die Höhe innerbetrieblicher Durchschnitts­gehälter Nachteile erwachsen.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der Möglichkeit einer Verbandsklage, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (938 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungs­anwalt­schaft, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behinderten­gleichstel­lungs­gesetz geändert werden (1047 d.B.)

Regelmäßig enthalten Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Klauseln, die Dis­kriminierungen im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) oder des Behin­derten­gleich­stellungsgesetzes (BGStG) darstellen. Es gibt immer wieder Fälle, in denen klare Diskriminierungen nicht bekämpft werden können, da das GlBG keine Verbandsklagemöglichkeit vorsieht. Das betrifft sowohl "klassische" AGB, als auch öffentliche Ankündigungen und Äußerungen, bestimmte Gruppen überhaupt vom Zu­gang zu Gütern und Dienstleistungen auszuschließen bzw. ihnen nur einen willkürlich schlechteren Zugang zu gewähren.

In der Rechtssache Feryn (Rs C-54/07) entschied der Europäische Gerichtshof, dass auch öffentliche Äußerungen eines Arbeitgebers, keine Personen einer bestimmten ethnischen Herkunft einzustellen, eine Diskriminierung im Sinne der RL 2000/43/EG darstellen. Auch ohne ein individualisierbares und namentlich identifizierbares Opfer kann ein diskriminierendes Verhalten vorliegen und müssen die Sanktionen, die an eine solche Diskriminierung geknüpft sind, wirksam, verhältnismäßig und ab­schreckend sein. Diese Argumentation ist nicht nur auf die Arbeitswelt beschränkt, sondern kann und muss auch auf den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen angewendet werden. Die Forderung nach einer Verbandsklage wird übrigens auch von der Volksanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf erhoben.

Unbeachtet der bisher gerichtlich noch nicht geklärten Frage, ob solche öffentlichen Ankündigungen und Aushänge nicht sowieso als AGB zu qualifizieren sind, haben sie jedenfalls zwei Gemeinsamkeiten mit AGB: Sie schließen ganze Gruppen faktisch vom Zugang zu Gütern und Dienstleistungen aus und es ist für Einzelpersonen unzumutbar, dagegen vorzugehen. Beispiele für solche diskriminierenden Ankündigungen und Aus­hänge:

Diskriminierende Bestimmungen in Vertragsbedingungen: Unterschiedliche Behand­lung aufgrund der Staatsangehörigkeit bei Handyverträgen, Versicherungen oder Leih­wagenverträgen.

Schild "Keine Zigeuner" beim Eingang eines Campingplatzes: In diesem Verfahren wurde der Betreiber des Campingplatzes nach dem EGVG zu einer Verwaltungsstrafe verurteilt. Derzeit wäre - neben der EGVG-Anzeige - nur ein Individualverfahren nach dem GlBG möglich, wenn eine Einzelperson tatsächlich im Sinne dieses Schildes kei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 211

nen Stellplatz erhält . Die Klage würde sich auch nur auf Schadenersatz richten, nicht aber auf Beseitigung des Schildes.

Rassistische Schilder und Aushänge in Lokalen: Rassistische Aushänge, die den Zugang zu Lokalen an diskriminierende Kriterien knüpfen oder bestimmte Gruppen in diskriminierender Weise für unerwünscht erklären, werden immer wieder gemeldet. Die davon Betroffenen fühlen sich dadurch regelmäßig beleidigt und herabgesetzt, wollen aber ein langwieriges Verfahren nicht auf sich nehmen.

Das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) bietet einigen im II. Hauptstück namentlich genannten Verbänden die Möglichkeit, Personen, die im geschäftlichen Verkehr geset­zes- oder sittenwidrige Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden, auf Unterlas­sung zu klagen. Bisher haben die im § 29 Abs 1 KSchG genannten Verbände diese Diskriminierungen nicht aufgegriffen. Diese Bestimmung dient als Vorbild für eine den Umständen des GlBG angepasste Verbandklage.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die Rechtsdurchsetzung durch Individualverfahren zu teuer und ineffizient ist. Eine effektive Klauselkontrolle braucht das Verbandsverfahren, da

nur in diesem die Klauseln objektiv, also in ihrer kundenfeindlichsten Auslegung, zu überprüfen sind,

das Gericht im Verbandsprozess auch keine geltungserhaltende Reduktion vorzu­nehmen hat und

bereits das Angebot eines Vertragsabschlusses auf der Basis der gesetz- oder sitten­widrigen AGB ausreicht, die Klausel präventiv mit einer Verbandsklage zu bekämpfen. Nur so kann verhindert werden, dass die gerügte Klausel im Fall des Vertrags­abschlusses - nach Beschwerden - individuell verändert oder nicht angewendet wird, generell aber weiter Teil der AGB bleibt.

Somit bietet nur ein Verbandsverfahren einen effektiven Schutz der Allgemeinheit vor diskriminierenden Klauseln und Ankündigungen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst wird ersucht, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, wonach bei der Verletzung des III. Teils des Gleichbehandlungsgesetzes beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen durch die diskriminierende Verwendung von AGBs, öffentlichen Ankündigungen und Aushängen, der Anspruch auf Unterlassung der Diskriminierung auch durch das Gesetz zu legitimierende Organisationen oder Vereine geltend gemacht werden kann.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 212

18.39.39

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Österreich hat eines der besten Arbeitsgesetze dieser Welt. Das bestätigen uns alle Expertinnen und Experten. Österreich hat eine der bestfunktionierenden Sozialpartnerschaften.

Ausfluss dieser guten Sozialpartnerschaft ist auch dieses Gesetz, denn die öster­reichische Wirtschaft bekennt sich zu einer Partnerschaft: zu einer Partnerschaft zwi­schen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. (Beifall bei der ÖVP.) Wir wollen keine Neidgesellschaft, sondern wir wollen ein Miteinander im Sinne einer internationalen und nationalen Wettbewerbsfähigkeit. Nicht Feindbilder helfen uns weiter, sondern das Miteinander.

Dort, wo es strukturelle Benachteiligungen von Frauen und Männern gibt, sollen sie beseitigt werden. Wenn dieses Gesetz ein weiterer Baustein dafür ist, dann verdient es unsere Unterstützung. Viel wichtiger ist uns aber, dass die Karriereentwicklung von Frauen und Männern im Betrieb vorangetrieben wird, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben durch Investitionen in Forschung und Entwicklung verändert und verbessert wird, denn dann können wir branchenmäßige und kollektivvertragliche Un­gleichheiten besser ausgleichen, indem wir insgesamt zu einer besseren Wert­schöpfung für Frauen und für Männer kommen.

Nach der Karenz wieder einsteigen können, Weiterbildungsmaßnahmen schon in der Karenz wahrnehmen können, eine verbesserte Beratung des AMS, verbesserte Bera­tung der Arbeiterkammer und des Betriebsrates: Das sind Maßnahmen, die Frauen im Sinne des Empowerment helfen können, selbstbestimmt für ihre Rechte ein­zutreten. Geben wir ihnen die Chance, aber übertreiben wir nicht, indem wir versuchen, etwas herbeizureden, was nicht ist.

Ungleichheit ist vielfach strukturell bedingt. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Wir brauchen entsprechende Bildungsmaßnahmen und Beratungsmaßnahmen, um das systematisch zu beseitigen. Das Gesetz hilft, aber wir haben viele Bausteine, die uns helfen sollen, Ungleichheit abzubauen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


18.41.43

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich bin eigentlich ein bisschen verwundert darüber, wie wenig Vertrauen Herr Kollege Steinhauser in die Tätigkeiten des Europäischen Parlaments oder auch des Euro­päischen Rates hat, wenn er nämlich die Richtlinie, die dort in Diskussion ist, bereits für tot erklärt, was ja nicht der Fall ist.

Wie auch in Österreich, wo wir Gesetzesvorlagen oft sehr lang, auch langwierig diskutieren, ist es nun einmal so, dass im Europäischen Parlament noch keine Einigkeit über diese Richtlinie zum Diskriminierungsschutz besteht. Da ist das Thema sehr wohl auch die sexuelle Orientierung, Alter und Religion, wozu es von verschiedenen Ziel­gruppen auch Bedenken und Einwendungen gibt. Ich nehme an, dass Sie, genauso wie viele andere Abgeordnete auch, diesbezüglich Briefe und E-Mails bekommen haben, die nicht nur davor warnen, diese Punkte in Österreich aufzunehmen – wo auch wir gesagt haben, deshalb sollten wir uns die Zeit nehmen, das zu diskutieren –, son­dern die einfach die Sorge ausdrücken, dass es hier zu einem vorauseilenden Gehor­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 213

sam kommt, der im Endeffekt Rechte von Privaten einschränkt, was ja nicht der Sinn und Zweck von Diskriminierungsschutz sein soll.

Ich bin dafür, dass überall dort aufgezeigt werden muss, wo Diskriminierungen statt­finden, und in Österreich sollten wir uns diesem Thema auch weiter widmen. Aber nichtsdestoweniger hat die Entscheidung des Europäischen Rates zu dieser Richtlinie auch Auswirkungen auf Österreich. Ich denke, bevor wir hier Dinge beschließen, die wir dann wieder rückgängig machen sollen, tun wir das doch gleich gemeinsam.

Ein Satz noch zur vorliegenden Novelle: Ich glaube, die Transparenz, die hier zum ersten Mal in die Wege geleitet wird, soll eben nicht zu einer Neiddebatte führen – darum geht es gar nicht –, sondern vielmehr soll sie pro futuro, wenn es um Gehalts­ver­handlungen geht, dafür sorgen, dass es erst gar nicht zu Diskriminierungen zulas­ten der Frauen kommen soll. Dafür ist das ein richtiger und wichtiger Schritt in Richtung einer Besserstellung von Frauen am Arbeitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP.)

18.43

18.43.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehand­lungskommis­sion und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden, in 1047 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und sodann über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstim­men.

Die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 Z 8 bezieht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Wir gehen daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 214

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Franz wird sie später ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mag. Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführerinnen die Stimmenzählung vornehmen. Ich unterbreche die Sitzung zu diesem Zweck für einige Minuten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.49 Uhr unterbrochen und um 18.55 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 166; davon „Ja“-Stimmen: 63, „Nein“-Stimmen: 103.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kolle­gen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenom­men.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Brosz Dieter, Brunner Christiane, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Graf, Grosz Gerald, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kitzmüller, Kogler, Königshofer, Korun;

Lausch, Lichtenecker, Linder, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 215

Petzner, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Themessl;

Unterreiner;

Van der Bellen, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz, Winter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Aubauer, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Kapeller, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Ferdinand, Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plassnik, Plessl, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schüssel, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 216

Weninger, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir sind im Abstimmungsvorgang; ich bitte, Platz zu nehmen.

Somit komme ich zur Abstimmung über Art. 1 Z 8 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung den vorliegenden Gesetz­entwurf unterstützen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der Mög­lichkeit einer Verbandsklage.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1048 der Beilagen unter Berücksichtigung der von der Berichterstatterin vorgebrachten Druck­fehlerberichtigung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmen, bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1049 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

18.58.259. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1372/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherung der Chancen am Arbeitsmarkt von Frauen 50plus (1050 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 217

18.58.53

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­des­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Entschließungsantrag ist im Gleichbehandlungsausschuss von SPÖ und ÖVP abgelehnt worden. Wesentlicher Inhalt dieses Antrags ist: Die Frau Bundesminister wird aufgefordert, die im Regie­rungs­programm verankerte Schwerpunktsetzung auf Unterstützung von Frauen 50plus zur Sicherung der Chancen am Arbeitsmarkt durch Erstellung eines expliziten Maß­nahmenkatalogs zu veranlassen.

Meine Damen und Herren, gerade Frauen 50plus haben es am Arbeitsmarkt sehr, sehr schwer. Frauen um die 50 verlieren leider Gottes auch immer wieder den Arbeitsplatz.

Den Frauen dieser Altersgruppe, die dann auf Jobsuche sind, fällt es besonders schwer, einen Arbeitsplatz zu finden, weil sehr viele Firmen sagen – es wird meistens durch die Blume gesagt –, sie sind zu teuer. Auch solche Frauen muss man unter­stützen.

Auch Frauen, die nach der Kindererziehung wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, müssen wir unterstützen! (Beifall bei der FPÖ.) Oder auch sehr viele Frauen, die bei den Kindern zu Hause waren, die pflegebedürftige Angehörige gepflegt haben, wollen später, nach 15, 20 Jahren, wieder ins Berufsleben einsteigen – solche Frauen müssen wir einfach unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.) Oder auch geschiedene Frauen, die vom Unterhalt allein nicht leben können, müssen wir unterstützen, denn diese Zielgruppe findet nur sehr, sehr schwer, wieder einen Arbeitsplatz. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Laut Regierungsprogramm sollen Frauen 50plus speziell gefördert werden. Aber getan hat sich bis jetzt sehr, sehr wenig bis gar nichts. Da stellt sich die Frage, warum die Notwendigkeit einer Schwerpunktsetzung für diese Ziel­gruppe im Regierungsprogramm verankert wurde! Dabei geht es nur um einen Maß­nahmenkatalog. – Wenn sogar schon ein Maßnahmenkatalog abgelehnt wird, wo führt das noch hin? – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.01.39

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zielgruppe dieses Entschließungsantrages sind Frauen über 50, eine Gruppe, die tatsächlich oft Probleme in der Arbeitswelt hat, obwohl diese Frauen, würde ich behaupten, oft gerade in dieser Zeit in der besten Lebensverfassung und Lebenssituation sind.

Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiges Thema. Frau Kollegin Mühlberghuber, es gibt natürlich im Zusammenhang mit dem Sozialministerium, auf Initiative der Frauenministerin und mit dem AMS eine Fülle von Initiativen, zum Beispiel die Initiative 50 Jahre plus in Niederösterreich, Beschäftigungsprojekte wie unida in Amstetten, arbeitsmarktpolitische Frauenberatungsstellen und Programme wie zum Beispiel „Come Back“ und „Fit2Work“ sowie viele andere Themenbereiche und Initiativen, die dazu dienen, einerseits den Frauen Chancen zu geben, und andererseits Frauen die Möglichkeit zu geben, weiterhin am Arbeitsmarkt zu bestehen.

Dazu einige Daten und Fakten: 314 244 Frauen über 50 sind derzeit erwerbstätig. Der Anteil der Arbeitslosen über 45 beträgt 6 Prozent, und das Förderbudget des AMS für diese Zielgruppe beträgt 51,4 Millionen €. Ich bin überzeugt davon, dass diese Maß­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 218

nah­men, diese Förderprogramme fortgesetzt werden. Somit hat sich dieser Ent­schließungsantrag unseres Erachtens erledigt.

Eines ist mir sehr wichtig, meine Damen und Herren: Wir dürfen die ArbeitgeberInnen nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie haben darauf hingewiesen, Frau Kollegin: zu alt – zu teuer, und ich denke mir, diese Firmen„philosophie“ hat nichts mit einer hohen moralischen Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmerinnen zu tun. Auch daran müssen wir arbeiten, um Frauen in dieser Altersgruppe weiterhin die Möglichkeit zu geben, am Arbeitsmarkt zu bestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.03.56

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon im Ausschuss festgestellt, dass wir dem Antrag gerne zustimmen. Heute Vormittag haben wir in der Aktuellen Stunde aktuelle Zahlen und aktuelle Arbeitsmarktpolitik diskutiert. Das ergibt auch noch eine Ergän­zung. Bei der Arbeitslosigkeit der Menschen über 50 – sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen – ist ein Anstieg von 1 Prozent zu vermerken. Das ist wahr­schein­lich sehr symptomatisch.

Daher glauben auch wir, dass es notwendig wäre, am Arbeitsmarkt ganz spezifische Maßnahmen für Frauen, wenn man vom Gleichbehandlungskapitel ausgeht, zu setzen. Es gibt in dem ganzen Maßnahmenkatalog, der im Nationalen Aktionsplan steht, leider keine einzige konkrete Maßnahme, die Frauen über 50 betrifft. Daher empfinden wir es als sehr wichtig, den Antrag zu unterstützen.

Dazu kommt Folgendes: Wir wissen, dass Frauen eine längere und andere Geschichte der Erwerbstätigkeit haben, sehr oft unterbrochene Erwerbsleben haben, auch heute. Es gibt auch neue Zahlen, wenn wir schon über Zahlen sprechen. Gerade, was Teil­zeit- und Vollzeitbeschäftigung betrifft – und das betrifft dann auch später die Erwerbs­karriere von Frauen, wenn sie nämlich in ein Alter kommen, in dem sie sich irrsinnig schwer tun, einen neuen Job zu bekommen –, ist festzustellen, dass gerade die Zahlen von Frauen in der Vollzeit gesunken sind und demgegenüber die Zahlen von Frauen in Teilzeit gestiegen sind.

Ich halte das für einigermaßen alarmierend und glaube – weil Frauen aus dem Job lange weg sind, weil sie Kinder bekommen oder Angehörige pflegen –, dass da prä­ventiv sehr viel getan werden müsste in Bezug auf Gesundheitsförderung. Wir haben im Ausschuss gerade einen Antrag liegen, der Burn-out betrifft. Ich meine in diesem Zusammenhang aber auch all die Maßnahmen, die den Ausbau von Kinderbetreuung betreffen, aber auch die Ermöglichung der Pflege von Angehörigen. All das betrifft Frauen. Deswegen ist es tatsächlich notwendig, auch dieses Kapitel in den Maßnah­menkatalog aufzunehmen. Deswegen unterstützen wir das gerne. (Beifall bei den Grünen.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.27

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Frauenministerin! Hohes Haus! Ich gebe meinen Vorrednerinnen recht. Tatsache ist: Es gibt massive Hürden für Frauen ab 50 auf dem Arbeitsmarkt. Aber die Frage ist doch: Wie können


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 219

wir diese Hürden aus dem Weg räumen? Eine Aufforderung an die Frauenministerin, wie es dieser Antrag vorsieht, scheint mir nicht zielführend.

Was brauchen wir? Gerade aktuell: Jetzt eröffnet sich eine große Chance. Derzeitige Lage: Ältere Arbeitslose – und darunter sind eben viele Frauen – müssen frühest­möglich in Pension gehen. Wenn sie arbeitslos werden und einen Pensionsanspruch haben, dann heißt es eben: Ab in die Pension! Der Verfassungsgerichtshof hat diese Bestimmung diese Woche nun teilweise aufgehoben. Der Nationalrat, also wir alle, müssen dieses Gesetz reparieren.

Wie soll diese Reparatur ausschauen? – Doch nur so, dass Arbeitslosigkeit nicht auto­matisch in die Frühpension führen darf. Wer kurz vor der Pension gekündigt wird, der muss eine Chance auf einen Job haben und darf nicht in die Pension abge­schoben werden.

Zweite wichtige Baustelle: Frauen dürfen nicht länger gegen ihren Willen mit 60 in Pension geschickt werden. Es kann doch nicht sein, dass Frauen in Österreich vor Gericht klagen müssen, wenn sie arbeiten wollen. Ich sage ausdrücklich „wollen“, denn es geht hier um Freiwilligkeit und nicht um Zwang. Frauen brauchen die Wahl­möglichkeit: Entweder in Pension zu gehen oder weiterhin im Job zu bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil es immer wieder heißt, es gäbe keine Arbeitsplätze für Frauen ab 50, schauen wir uns doch die Wirtschaftsprognosen an! Die Wirtschaft wird diese Frauen im besten Alter noch dringend brauchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzte zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Schenk zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.08.40

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sprecherinnen der Regierungsfraktionen haben hier einen Versuch gestartet, zu rechtfertigen, warum sie diesem unserem Antrag im Ausschuss nicht zugestimmt haben und warum sie das, was im Regierungsprogramm auf Seite 151 festgeschrieben ist, nämlich einen Maßnahmenkatalog für Frauen 50plus umzusetzen, nicht machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zu wenig, wenn Sie die Problematik auf das AMS schieben, wenn Sie mit Pseudoschulungen und Tricks versuchen, Frauen zu verstecken, das bringt den Frauen 50plus in Österreich nichts!

Ich darf Sie auch daran erinnern, dass Sie damit nicht nur den betroffenen Frauen, sondern auch dem österreichischen Arbeitsmarkt schweren Schaden zufügen. Wenn wir uns nämlich die demografischen Entwicklungen anschauen, dann stellen wir fest, dass die Frauen 50plus schon jetzt eine sehr große Gruppe darstellen, und in naher Zukunft werden sie die größte Gruppe darstellen. Dieses Problem gilt es anzugehen, und ein diesbezüglicher Maßnahmenkatalog muss laut Regierungsprogramm auch von Ihnen erstellt werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, wie viel Geld für Kampagnen ausgegeben wird: 646 000 € sind im Frauenbudget für die Kampagne „Echte Männer gehen in Karenz“ budgetiert. Was diese Kampagne bringen wird, das können wir uns denken – ich glaube, nicht viel! Aber für Frauen 50plus gibt es – Überraschung! – null Euro Budget, meine sehr geehrten Damen und Herren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 220

Da darf ich Sie dringend bitten, die Ankündigungen, die Sie im Regierungsprogramm getroffen haben, hier auch umzusetzen, nämlich endlich den Maßnahmenkatalog für Frauen 50plus zu erstellen. (Beifall beim BZÖ.)

Abschließend darf ich mich bei den Oppositionsparteien bedanken, nämlich für die Unterstützung im Ausschuss und für die wohlwollenden Worte hier vom Rednerpult aus. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.10

19.10.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehand­lungsaus­schusses, seinen Bericht 1050 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu Ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.11.2710. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (896 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechtsänderungs­ge­setz 2010) (1034 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 135/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert wird (1035 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 578/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1036 d.B.)


 Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 12 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Linder. Eingetragene Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.12.32

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Das Pflanzenschutzmittelgesetz und das Pflanzenschutzgesetz sind an und für sich zwei gute Gesetze, weil sie uns helfen, weiterhin unsere Trinkwasserqualität sowie die hohe Qualität landwirtschaftlicher Pro­dukte in Österreich zu sichern. Sie helfen aber auch uns Landwirten, den Konsu­menten weiterhin wirklich hervorragende Lebensmittel zu liefern.


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Trotzdem ist es ein Gesetz, das für uns Landwirte wieder neue Auflagen, neuen Büro­kratismus und Verwaltungstätigkeit bedeutet. Es hilft nicht, den Fortbestand der Land­wirt­schaft zu sichern, es hilft uns aber auch nicht beim Schutz vor billigen Produkten, die, wie wir es heute zu lesen bekommen haben, unseren Markt überschwemmen, wobei unsere hohe Qualität durch den Preis eben nicht honoriert wird.

Ein bisschen leid tut es mir auch, dass Anträge der Opposition, die zum Beispiel – wir werden das heute noch diskutieren – die bodenabhängige Tierhaltung verlangen oder ein wirkliches Gütezeichen für Gentechnikfreiheit bestätigen, von den Regierungs­par­teien immer wieder abgelehnt und nicht akzeptiert werden.

Das gilt auch für die Forderung von uns Freiheitlichen nach einer Förderobergrenze von 50 000 €. Ich glaube, das wäre eine Sache, die den kleinen Landwirten wirklich zeigen würde, dass sie auch nach 2013 eine Chance haben, weiterzubestehen, dass sie nach 2013 die Gewissheit haben, die gleiche Förderung zu bekommen. Aber leider stoßen wir, wenn es um diese Dinge geht, bei den Regierungsparteien auf taube Ohren. (Abg. Hornek: Was sagt der Scheuch dazu?)

Mein lieber Herr Kollege, ich glaube, gerade Sie als Landwirt müssten darüber anders denken und sich doch ein bisschen überlegen, was Sie dazu sagen! – Noch einmal: Ich glaube, mit 50 000 € Obergrenze wären wir gut bedient, weil wir dann wirklich diese großen Betriebe, die abcashen ... (Abg. Hornek: Wer?) – Nein, er bekommt keine 50 000 €, er liegt darunter, 100-prozentig, das wissen Sie genau! Das Einzige, das gewesen ist, war die Schadholzaufarbeitung. Ich glaube, gerade unter Bauern sollte es so nicht laufen! Das ist, glaube ich, der falsche Weg, wenn wir ihn gehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal: Ich glaube, dass es wesentlich sinnvoller ist, den kleinen Betrieben ... (Zwischenruf des Abg. Eßl.) – Ich weiß, Herr Kollege, Ihr Wunsch ist es immer wieder, die Großen zu fördern, zu schützen und zu helfen und die kleinen Bauern nicht zu brauchen. Deswegen sage ich: Es wäre wunderbar, wenn wir hier mit euch gemeinsam wenigstens etwas erreichen könnten, um die kleinstrukturierte Landwirtschaft, die auch Qualität garantiert und die immer wieder hervorragende Produkte liefert, zu schützen und zu halten. Stattdessen bekommen wir von den Regierungsparteien Anträge, die uns mehr Arbeit bringen, die uns mehr Verwaltung bringen und uns nicht helfen, wenn es darum geht, den kleinen Bauern über 2013 hinaus Schutz und Sicherheit zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.15.55

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Abgeordneter! Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, von welchem Gesetz Kollege Linder jetzt geredet hat, denn dieses Agrar­rechts­ände­rungsgesetz und in Folge auch das neue Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 bringen tatsächlich Kostenreduktion und Sicherheit – für die Bauern, aber auch für die Konsumenten, meine Damen und Herren.

Ich glaube, dass das sehr wesentlich ist, gerade nach einem Jahr wie dem vergan­genen, wo die Bauern Einkommensverluste von 28 Prozent hatten, wo die Gesamt­erträge gesunken, aber gleichzeitig im Gegenzug die Aufwendungen für die Pro­duktion von gesunden Lebensmitteln gestiegen sind. So wurden beispielsweise die Pflanzenschutzmittel von 2008 auf 2009 um 9 Prozent teurer. Daher ist es wichtig, dass diese Novellierung es den Bauern ermöglicht, die Kostenvorteile zu nützen und


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damit die explodierenden Betriebskosten zu senken, meine Damen und Herren. Das ist das Wesentliche an diesem Gesetz!

Daher bin ich unserem Bundesminister sehr dankbar, dass wir das machen können, weil damit neben Erleichterungen bei der fach- und sachgerechten Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für die Bauern auch Doppel- und Mehrgleisigkeiten abgeschafft werden. Es ist also tatsächlich eine Verwaltungsvereinfachung, Herr Kollege Linder! Lies doch das Gesetz schnell noch einmal, vielleicht kannst du dem Gesetz dann doch zustimmen!

Das Ganze ist auch mit Weiterbildung und Fortbildung für die Bäuerinnen und Bauern verbunden, denn das ist nicht so einfach, man kann mit Pflanzenschutzmitteln nicht willkürlich umgehen. Das heißt, der Verkäufer muss den Käufer über das Pflanzen­schutzmittel, das dieser kauft, entsprechend informieren. Neben diesen Maßnahmen müs­sen die Bauern auch eine spezielle Ausbildung machen, damit sie die Pflan­zenschutzmittel in ihren Betrieben, auf den Feldern auch einsetzen können. (Zwi­schenruf des Abg. Linder.) – Es ist wichtig, diese Ausbildung zu machen, weil das Sicherheit für die Menschen, für das Tier und für die Umwelt bringt, Herr Kollege Linder. Was ist schlecht daran?

Es ist, glaube ich, ein wirklich gutes Gesetz, weil nicht nur die Bauern davon pro­fitieren. Es bringt Sicherheit nicht nur für die Bauern, sondern auch für die Konsumen­ten. Neben einer Überwachung der Inverkehrbringung und einer Verpflichtung zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen ist es ganz, ganz wichtig, dass es auch zur Einschränkung von Wirkstoffen mit besonders negativen Eigenschaften kommt. Also damit tragen wir wesentlich zu einer umweltgerechten Produktion bei.

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Dieses neue Gesetz ist ein gutes Gesetz – für die Bäuerinnen und Bauern, für die Umwelt und für die Gesundheit der Konsu­menten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.18.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Grillitsch, das Gesetz ist in der Tat durchaus interessant, passabel. Warum? – Weil es eine Umsetzung einer EU-Verordnung ist, die in einigen wesentlichen Bereichen, würde ich sagen, letztlich die Intentionen der Europäischen Bürgerinnen und Bürger widerspiegelt. In einem konkreten Punkt ist diese EU-Verordnung sehr, sehr spannend. Sie schreibt nämlich vor, dass die Mitgliedstaaten bis 2012 einen Nationalen Aktionsplan zur Reduktion des Pestizideinsatzes vorlegen und entwickeln müssen.

Meine Damen und Herren, das ist der Einstieg in den Ausstieg aus der Chemie-Pestizid-Landwirtschaft, in diesem Gesetz steckt eigentlich eine Chance.

Daher möchte ich gleich zu Beginn folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Erstellung des Nationalen Aktions­plans zur nachhaltigen Anwendung von Pestiziden u. a. folgende Ziele festzusetzen:

1. Die Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden innerhalb von 5 Jahren um 30 Pro­zent.

2. Substitution aller in Österreich zugelassenen Pestizide, die Wirkstoffe enthalten, welche von der EU als besonders bedenklich eingestuft werden, innerhalb von 10 Jah­ren durch möglichst unbedenkliche Alternativen.

3. Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Biodiversität: Verringerung der Wirkungen des chemischen Pflanzenschutzes auf Nichtziel-Organismen und -Habitate, Schutz sensibler Gebiete vor Pestizideinträgen, Förderung von ökologischen Aus­gleichs­maß­nahmen.

4. Begünstigung von vorbeugenden und kurativen biologischen und mechanischen Pflanzenschutzmaßnahmen.

5. Förderung von Forschung und Entwicklung nicht-chemischer Alternativen zu Pes­tiziden.

6. Gewährleistung und Stärkung einer unabhängigen Pflanzenschutzberatung, Neu­ausrichtung der Beratung im Sinne der Ziele der EU-Pestizid-Rahmenrichtlinie.

7. Einführung einer risikobasierten Pestizid-Abgabe, mit der die Kosten der staatlichen Überwachung und Kontrolle des Pestizid-Einsatzes bzw. der Pestizid-Rückstände ge­deckt werden.

*****

Meine Damen und Herren, das ist ein erster Vorschlag, sozusagen ein Rahmen­vor­schlag für die Entwicklung eines Nationalen Aktionsplans zur Reduktion von Pestiziden. Der Artikel 14 der EU-Richtlinie sieht das explizit vor.

Eine erste Frage an Sie, Herr Bundesminister – Sie werden ja auch Stellung nehmen im Rahmen dieser Debatte –: Wie werden Sie vorgehen? Welche Maßnahmen werden Sie vorschlagen?

Mein Ersuchen an die Parteien SPÖ und ÖVP ist natürlich, unserer Entschließung beizutreten und damit dem Minister sozusagen einen Rahmen vorzugeben, in dem er diesen Nationalen Aktionsplan entwickeln soll. Das wäre ganz dringend notwendig. Warum? – Der Grüne Bericht besagt nämlich eindeutig: Wir haben seit Jahren keine Reduktion der Pestizide in Österreich. Im letzten Jahr, 2009, haben wir in Österreich 3 531 Tonnen Wirkstoff eingesetzt, und das noch ohne Direktimporte, denn die sind in der Statistik nicht erfasst. Also bitte, das ist keine Reduktion. Wir hatten in den Jahren 2005, 2006 und 2007 etwa dieselbe Menge, etwas weniger sogar. Nur im Jahr 2008 haben wir mehr eingesetzt, und gegenüber 2008 ist es eine Reduktion, aber im Schnitt sind wir auf demselben Stand geblieben. – Soweit dazu.

Sie haben durch dieses Gesetz auch eine Verordnungsermächtigung, und da werden wir Ihnen sehr genau auf die Finger schauen, Herr Bundesminister, ob Sie bei der Umsetzung, der Erfassung der Betriebsstätten, der Erfassung jener Handelstätigkeiten, die über die Buchhaltung, über Internethandel passieren, auch entsprechend sicher­stellen werden, dass in Zukunft auch jene Betriebe erfasst werden, die derzeit in der Statistik nicht aufscheinen.

Dann möchte ich noch auf die zwei Anträge von uns eingehen, die hier heute von Ihnen abgelehnt werden, die wir aber lange diskutiert haben, nämlich die Änderung des Landwirtschaftsgesetzes, um den biologischen Landbau als Leitbild festzuschreiben,


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und gleichzeitig beantragen wir, zum Schutz der Biodiversität die gentechnikfreie Land­wirtschaft in das Landwirtschaftsgesetz aufzunehmen.

Meine Damen und Herren, das wäre Umweltpolitik und Landwirtschaftspolitik, das wäre eine echte Synergie. Aber dieser Minister hat bisher keine Initiative gesetzt, um in der Landwirtschaftspolitik Klimaschutz offensiv zu betreiben. Das wäre der Ausbau des Biolandbaus. Was macht er? – Er hat 2009 den Einstiegsstopp in den Biolandbau verord­net.

Herr Bundesminister, es gilt nach wie vor: Da haben Sie uns nicht überzeugt! Sie werden dringend aufgefordert, endlich einen Schritt aus dieser Defensive zu machen, aus dem Winkerl hervorzukommen und eine offensive Politik für den biologischen Landbau in Österreich zu machen.

Das Zweite hängt damit zusammen. Das AMA-Gesetz sichert nicht, dass alle Beiträge, die die Biobauern derzeit einbringen, auch wirklich für Biomarketing verwendet werden. Auch das ist sehr, sehr schade. Ich finde es aus diesen Gründen sehr bedenklich und eigentlich unverständlich, dass auch die SPÖ diesen Anträgen nicht zustimmt. Bei der ÖVP wundert es mich nicht so sehr.

Bei Ihnen (in Richtung SPÖ) wundert es mich mehr, wenn ich beispielsweise Kollegen Maier anschaue. Sie sind ja sonst auch immer offen für die Konsumenteninteressen. Es wäre schon gut gewesen, wenn wir gemeinsam das eine oder andere hätten verhandeln können. Sie werden das leider nicht tun, außer Sie ändern Ihre Meinung noch. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (NAP), eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (896 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2010) (1034 d.B.)

Die neue EU-Pestizid-Gesetzgebung verpflichtet alle EU-Mitgliedstaaten dazu, so genannte Nationale Aktionspläne zur nachhaltigen Anwendung von Pestiziden, kurz NAP, aufzustellen. Der Nationale Aktionsplan soll zukünftig bewirken, dass Pestizid-Risiken für Mensch und Umwelt reduziert werden. Um sicherzustellen, dass der Nationale Aktionsplan tatsächlich zu einem verbesserten, effektiven und nachhaltigen Schutz von Mensch und Umwelt vor den negativen Auswirkungen der Pestizid-Ausbringung beiträgt, müssen geeignete Ziele wie z.B. ein verbindlicher Reduktions­plan festgelegt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Erstellung des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pestiziden u. a. folgende Ziele festzusetzen:

1. Die Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden innerhalb von 5 Jahren um 30 Prozent.

2. Substitution aller in Österreich zugelassenen Pestizide, die Wirkstoffe enthalten, welche von der EU als besonders bedenklich eingestuft werden, innerhalb von 10 Jahren durch möglichst unbedenkliche Alternativen.

3. Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Biodiversität: Verringerung der Wirkungen des chemischen Pflanzenschutzes auf Nichtziel-Organismen und -Habitate, Schutz sensibler Gebiete vor Pestizideinträgen, Förderung von ökologischen Aus­gleichs­maßnahmen.

4. Begünstigung von vorbeugenden und kurativen biologischen und mechanischen Pflanzenschutzmaßnahmen.

5. Förderung von Forschung und Entwicklung nicht-chemischer Alternativen zu Pestiziden.

6. Gewährleistung und Stärkung einer unabhängigen Pflanzenschutzberatung, Neuausrichtung der Beratung im Sinne der Ziele der EU-Pestizid-Rahmenrichtlinie.

7. Einführung einer risikobasierten Pestizid-Abgabe, mit der die Kosten der staatlichen Überwachung und Kontrolle des Pestizid-Einsatzes bzw. der Pestizid-Rückstände gedeckt werden.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.24.48

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Pirklhuber, ich ändere grundsätzlich nicht meine Meinung und mache das, was in einer Koalition gemeinsam möglich ist. Dieses Gesetz, über das wir heute befinden werden, zeigt Züge der Zusammenarbeit. Es geht nicht nur um die Umsetzung eines europäischen Rechtsakts; das möchte ich ausdrücklich betonen. Ich verweise insbesondere auf den § 14, der die Landesaktionspläne und den Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel betrifft, wo es uns in Verhandlungen gelungen ist, gemeinsam sicherzustellen, dass die Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans und der Landesaktionspläne unter Berück­sichtigung des § 2 Abs. 2 erfolgt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist jetzt Bundessache, ja!)

Kollege Pirklhuber, das bedeutet, dass die Koordinierung für diesen Nationalen Aktionsplan zum ersten Mal beim Bund liegt. Das ist für uns alle die ganz große Herausforderung! Wir wissen nämlich, welche Probleme es im Kontrollbereich gibt, wenn es sowohl eine Zuständigkeit der Länder als auch eine Zuständigkeit des Bundes gibt.

Die deutschen Kolleginnen und Kollegen erleben das jetzt bei der Dioxinproblematik, und die haben sich jetzt entschieden, und zwar ganz klar, dass die Länder Kom­petenzen zugunsten des Bundes abgeben.

Das wird auch bei uns einmal eine Diskussion sein. Nach meiner Meinung muss sie geführt werden, denn es kann nicht sein, dass in Zeiten globaler Warenströme Kon­trollen noch immer in einer Art und Weise erfolgen, wie sie einer nationalen Kreis­


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laufwirtschaft angemessen ist, die es einmal gegeben hat. Wenn wir nicht auf die neue Situation reagieren, wird es immer wieder derartige Skandale geben. Daher – und das haben wir intern bereits diskutiert – wird es notwendig sein, klare Kompetenzen zu schaffen. Meiner Ansicht nach sollen die Kompetenzen beim Bund liegen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Kollegen Linder auch noch eines: Es kommt zu keinem bürokratischen Mehraufwand und nicht zu mehr Auflagen. Das ist ein anderes Gesetz! Dieses Gesetz behandelt die Behördenstruktur, Pflanzenschutzmittelkontrolle, Tätigkeit der Aufsichtsorgane und die Koordinierung. Das Entscheidende für die Bauern ist, dass zu ihrem Schutz zusätzliche Normen vorgesehen sind, und das ist absolut notwendig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insgesamt ist dieses Gesetz gegenüber anderen Normen im agrarischen Betriebsmittelbereich ein wirklicher Fortschritt, und ich darf Sie wirklich ersuchen, dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.27.48

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren das Pflanzenschutzmittelgesetz, dem wir zustimmen werden, weil es eine EU-Verordnung ist. Wir diskutieren Gentechnikfreiheit, wir diskutieren Kenn­zeichnungspflicht, wir diskutieren den biologischen Landbau. Zur selben Zeit gibt es in Deutschland den größten Lebensmittelskandal seit einigen Jahren. (Abg. Mag. Johann Maier: Futtermittelskandal, nicht Lebensmittelskandal!) Rede doch nicht! Es sind ja die Säue auch kontaminiert! Was ist denn die Sau? Ein Futtermittel? – Für den Menschen, ja.

In Deutschland sind noch einige Fragen offen, Herr Minister. Wie konnte es passieren, dass diese Futtermittel in Verkehr gebracht wurden? Warum dauert es so lange, bis die Betriebe gesperrt werden? Es müssen ja die Lieferbescheinigungen vorliegen. Sind diese Lebensmittel nach Österreich importiert worden? – Das alles sind Fragen, die offen sind.

Ich bin mir nicht sicher, ob das in Österreich nicht auch passieren könnte. Die AGES kontrolliert die Futtermittel nicht auf Dioxin. Das macht das Umweltbundesamt. Wir sind der Meinung, dass viel zu wenig Proben viel zu wenig streng gezogen werden. Es müssten strengere Kontrollen vorgenommen und auf Dioxin untersucht werden. (Beifall beim BZÖ.)

Zur Gefährdung der Gesundheit der Konsumenten kommt noch der Schaden für die Bauern. Der Schweinepreis fällt ins Bodenlose. Dazu kommt noch, dass fast täglich auf der Autobahn in Oberösterreich Tiertransporte mit deutschen Kennzeichen gesehen werden, die Schweine, sei es aus Deutschland, sei es aus Holland, das weiß ich nicht, zu einem Schlachthof in Oberösterreich transportieren. Angesichts der zurzeit sehr sen­sibilisierten Bevölkerung Schweinefleisch mit deutschen Transportern zu trans­portieren, ist für den Schweinepreis sicher nicht gut und für den Verbrauch auch nicht. Noch dazu wurden oberösterreichische Schweinezüchter angehalten, Schweine nicht zu schlachten. Sie dürfen sie nicht zur Schlachtung führen.

Herr Minister, ich bitte Sie, das zu überdenken und den Schweinebauern zu helfen, denn der Schaden ist jetzt schon enorm! (Beifall beim BZÖ.)

19.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 227

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.30.09

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Aus gegebenem Anlass und weil das auch ein paar Vorredner angesprochen haben: Der Dioxin-Skandal ist tatsächlich ein Futtermittelskandal. Es ist eindeutig so, dass in Deutschland eine andere Struktur gegeben ist, auch was die Kontrollen anlangt. In Deutschland gibt es 17 Landesbehörden, die die Kontrollen durchführen. In Österreich ist es eine Behörde, nämlich die AGES, also eine Bundesbehörde, die zentral diese Kontrollen macht. Bei uns gibt es einen Betrieb, der derartige Fette erzeugt, und der wird regelmäßig kontrolliert. In Österreich gibt es seit mehreren Jahren in Absprache mit der AGES – und für den Bereich der Futtermittelkontrolle bin ich zuständig – und den Futtermittelherstellern ein freiwilliges Monitoring-System, das sichern soll, dass nichts passiert.

Tatsache ist, dass man nicht dagegen gefeit ist, wenn jemand mutwillig Gaunereien begeht, was natürlich nicht in Ordnung und in Deutschland offensichtlich vorgefallen ist. Jedenfalls will Deutschland das System übernehmen, wie wir es in Österreich haben.

Leider kommt auch unsere Schweinewirtschaft dadurch unter Druck. Unser Appell an den Konsumenten, an die Konsumentinnen ist, den österreichischen sicheren Lebens­mitteln zu vertrauen. Die Bauern bemühen sich tagtäglich um eine hohe Qualität, und das muss sich auch auswirken.

Zum gegenständlichen Antrag: Es geht um das Pflanzenschutzmittel-Paket, und es wurde von einigen erwähnt, insbesondere vom Abgeordneten Grillitsch, dass damit zwei zentrale Punkte erreicht werden. Zum einen gibt es in Zukunft ein höheres Schutzniveau für die Umwelt und auch für die Gesundheit von Mensch und Tier, und – zweiter Punkt – es gibt eine Verwaltungsvereinfachung. Es werden im Pflanzenschutz drei Rechtsgrundlagen auf zwei reduziert, Doppel- und Mehrgleisigkeiten werden abgebaut, und vor allem bekommt man einen rascheren Zugriff auf umweltfreund­lichere Produkte.

Notwendig ist die Neufassung des Pflanzenschutzmittelgesetzes geworden, weil wir das sogenannte EU-Pflanzenschutzmittel-Paket umgesetzt haben und umsetzen müssen, gemäß dem die Europäische Union in drei Zonen eingeteilt wird, in denen es jeweils ähnliche Bedingungen gibt in der Landwirtschaft, beim Pflanzenschutz und hinsichtlich der Umwelt. Zwischen den Mitgliedstaaten einer Zone gibt es eine ver­pflichtende gegenseitige Anerkennung der Pflanzenschutzmittel-Zulassung. Das hilft den Bauern, damit es nicht in jedem Staat ein aufwendiges Verfahren gibt, das eigentlich nur Bürokratie verursacht.

Als Gegengewicht dazu gibt es Ausschluss-Kriterien und damit erstmals die Mög­lichkeit, Wirkstoffe, die im Rahmen einer Risikobewertung als negativ eingestuft wer­den, vorzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Es hat also auch die Gesundheit der Men­schen Vorrang.

Im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinie kommt es auch stärker zu einer nachhaltigen Verwendung von Pestiziden, zu einer regelmäßigen Kontrolle von Ausbringungs­gerä­ten, zum Verbot des Sprühens aus der Luft und zu Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, insbesondere zur Ausweisung von Gebieten ohne und mit geringem Pestizid-


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Einsatz beziehungsweise auch zu Bestimmungen betreffend Lagerung und Hand­ha­bung von Pestiziden.

Für die Landwirte bedeutet das Erleichterungen bei der fach- und sachgerechten Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die natürlich auf ein notwendiges Mindestmaß reduziert wird. Kosten müssen reduziert werden, und die Gesundheit von Mensch und Tier steht im Vordergrund.

Ich danke insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses und auch allen, die sich proaktiv in die Diskussion eingebracht haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.33.39

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzter Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Mit diesen gesetzlichen Veränderungen im Pflanzenschutzmittelrecht reagieren wir auf eine Veränderung in Europa, die uns zeigt, dass es gut ist, dass Österreich in der EU ist. Wir könnten uns als kleiner Markt, als kleines Österreich die Registrierung moderner Pflanzenschutz­mittel kaum noch leisten. Im europäischen Gesamtrecht ist es so, dass Pflanzen­schutzmittel, die nicht dem neuesten Stand der Zeit entsprechen, ihre Registrierung verlieren und durch neue, bessere ersetzt werden müssen. Durch die neue Zonen­registrierung in drei Zonen sind wir als sehr kleiner Markt trotzdem dabei, auch dann, wenn es um Spezialpräparate, Spezialprodukte geht, und können daher auf hohem Sicherheitsniveau mit geringstmöglichem Risiko erfolgreich produzieren.

Was es bedeutet, dass dieser gute österreichische Markt von den Bauern so ordentlich bedient wird, das sehen wir an den Auswirkungen der Katastrophe in Deutschland, denn die Sauereien, die dort passiert sind, richten echten Schaden an.

Ich bin daher sehr dankbar dafür, dass unser Bundesminister die richtigen Forderun­gen im Zusammenhang mit dem Schweinepreis-Verfall gestellt hat. Natürlich ist es notwendig, dass die Europäische Union Schweinefleisch in Lagerbestand nimmt und die private Lagerhaltung aufmacht. Natürlich ist es notwendig, dass wir in Österreich machen, was geht, und so bin ich sehr froh, dass die Landwirtschaftskammer Öster­reich in der AMA so lange ihre Argumente vorgebracht hat, bis die Agrarmarkt Austria festgelegt hat, dass wir einen Spezial- und Schwerpunkt in der Werbung für Schweine­fleisch haben werden.

Es ist auch so, dass wir in Österreich mit der Treue der Konsumenten rechnen, und ich bin sehr froh, dass zum Beispiel die Handelskette SPAR ihre Lieferanten schriftlich angewiesen hat, für alle Produkte, auch für die Wurstwaren, verpflichtend nur Fleisch aus Österreich zu verwenden. Das ist vorbildlich! Leider haben andere große Handels­ketten noch nicht in dieser Klarheit für den gesamten Konzern Ja gesagt, aber das ist jedenfalls verdienstvoll.

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Gerhard Wlodkowski und bei unserem Bundes­minister Niki Berlakovich. Das Problem ist ein großes. Unsere Bauern stehen vor einer großen Herausforderung, und ich kann Ihnen nur sagen: Die Konsumenten sind gut beraten, weiterhin mit Freude österreichisches Schweinefleisch zu konsumieren, aber auch alle anderen Produkte, auch deswegen, weil wir sie eben haben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wo bleibt Ihr Beitrag?) Es ist schon etwas wert, dass wir Bauern im


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eigenen Land haben, die auch wirklich etwas können. Bei diesen möchte ich mich bedanken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.36.28

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die FPÖ wird dem Agrarrechtsänderungsgesetz zustimmen wie 15 positive Stellungnahmen von allen möglichen Behörden, auch vom Rechnungshof. Von uns wird besonders positiv bewertet, dass man mit diesem Gesetz versucht, alternative Methoden des Pflanzen­schutzes zu fördern. Das ist wirklich ein positiver Aspekt, den Abgeordneter Maier auch schon erwähnt hat.

Die FPÖ gibt also ihre Zustimmung auch deshalb, weil wir wissen, dass der Handel mit Pflanzenschutzmitteln freigegeben wird. Wir hoffen, dass es zu mehr Wettbewerb kommen wird, da es die österreichische Position jetzt zulässt, aus Deutschland oder aus den Niederlanden Pflanzenschutzmittel einfach zu importieren. Wir hoffen, dass es zu Wettbewerb kommt und die Bauern dadurch einen Preisvorteil erzielen können, den bisher nur ihre Kollegen in anderen europäischen Ländern gehabt haben.

Zum Antrag Pirklhuber, der sich auf die Biolandwirtschaft bezieht und die Land­wirtschaft der Zukunft quasi per Gesetz festschreiben soll: Das wäre zwar aus Um­weltgründen sinnvoll, erscheint uns aber nicht ganz realistisch. Wir gehen den Weg, den Bauern die Freiheit zu lassen, zwischen konventioneller und Biolandwirtschaft zu wählen, denn es muss auch ein Markt für die Biolandwirtschaft vorhanden sein. Es würde nichts bringen, die Bauern per Gesetz zu zwingen, den Bio-Weg zu gehen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist kein Zwang, sondern ein Leitbild!)

Auch wenn es nur ein Leitbild wäre, so ist das auch eine Vorgabe für zukünftige Förderungen, und das wollen wir als FPÖ so nicht haben. Wir stehen für die Freiheit der Produktionswahl! Es soll ein ausgewogenes Miteinander zwischen Biolandwirt­schaft und konventioneller Landwirtschaft geben. Ja, ihr (in Richtung ÖVP) könnt ruhig auch klatschen. Es ist ja nicht so. Ich sage auch Dinge, die positiv sind! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Jetzt kommt sicher gleich wieder Kritik!) Gleich kommt jetzt was, da hast du schon recht!

Der Herr Minister hat heute schon kurz den Dioxin-Skandal angesprochen. Wir haben nachher noch das Thema Gleichbehandlung, wo ihr einen Antrag eingebracht habt über die Gleichbehandlung im ländlichen Raum. Ich meine, wir haben tatsächlich andere Probleme.

Wenn der „Kurier“ heute so titelt (der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe), dann haben wir tatsächlich ein Problem. Lieber Abgeordneter Schultes, es ist schon gut, dass du die Bauern dafür lobst, dass sie etwas tun, und dass auch ihr für die Bauern etwas machen wollt. Was geschieht aber jetzt? – In der „Kronen Zeitung“ lese ich: Jetzt kommt ein Öko-Pakt. In der Zeitung ist der Herr Minister lachend neben einem Ferkel abgebildet. Dieser Öko-Pakt sieht vor, dass die Handelsketten – mit SPAR gibt es schon eine ganz konkrete Vereinbarung – vermehrt auf Fleisch von heimischen Höfen setzen.

Das ist nichts als eine Absichtserklärung! Wir wollen rasche Maßnahmen. Wir haben deswegen auch zwei Entschließungsanträge vorbereitet, die wir heute einbringen


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möchten. Sie alle wissen, wie dramatisch derzeit die Situation auf dem Schweinemarkt ist. Wir denken, dass ein Import-Verbot die wichtigste und rascheste Maßnahme zum Schutz der Schweinebauern in Österreich wäre.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Mayerhofer, Ing. Hackl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Importverbot für deutsches Schweinefleisch

Ein solches haben übrigens auch Russland, China und Südkorea bereits.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, die einen Import von deutschem Schweinefleisch verhindern, um eine Gefährdung der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung und den Preisverfall der österreichischen Schweinepreise zu verhindern. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, Sofort­maß­nahmen zur Hilfe der durch den Dioxin-Skandal vom Ruin bedrohten Schweine­bauern zu setzen.“

*****

Wir setzen also eher darauf, dass man ein Importverbot verhängt als dass man Unmengen an Agrar- und Bauerngeldern wieder in die AMA-Werbung hineinsteckt, die in ihrer Umsetzung sehr zweifelhaft ist und eigentlich nicht den Erfolg bringt, den wir uns erwarten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein zweiter Entschließungsantrag, den ich hier gleich einbringen werde, betrifft die Herkunftskennzeichnung für Fleisch. Es ist bis jetzt noch immer nicht klar und deutlich geklärt, wie für Konsumenten österreichisches Fleisch ersichtlich ist. Sie sagen zwar, dass das AMA-Austria-Gütezeichen rein österreichisches Fleisch bedeutet, aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: Die Konsumenten gehen in ein Geschäft, und wenn etwas rot-weiß-rot markiert ist, glauben die Konsumenten, und zwar unabhängig davon, ob das AMA-Gütezeichen drauf ist oder nicht, dass es ein österreichisches Produkt ist. Da wollen wir eine eindeutige Regelung, nämlich, dass dort, wo rot-weiß-rot drauf ist, wirklich nur österreichische Produkte in allen Formen drinnen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher nun den schon angekündigten Entschließungsantrag ein. Dieser lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Mayerhofer, Ing. Hackl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend: Nach Dioxin-Skandal ist eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch unumgänglich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um sicherzustellen, dass ausschließlich Fleisch von in Österreich aufgewachsenen Tieren


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als österreichische Ware mit dem A-Stempel versehen werden und als österreichi­sches Qualitätsfleisch verkauft werden kann.“

*****

Hier gibt es einiges zu tun: Weniger Geld in Inserate und Werbung stecken und mehr in sinnvolle gesetzliche Maßnahmen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die soeben eingebrachten beiden Entschließungs­anträge sind ausreichend unterstützt und stehen somit mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Mayerhofer, Hackl und weiterer Abgeordneter betreffend Importverbot für deutsches Schweinefleisch

eingebracht in der 93. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Jänner 2011 im Zuge der Behandlung des Berichtes des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (896 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzen­schutz­mittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechts­änderungsgesetz 2010) (1034 d.B.)

Der Dioxin-Skandal in Deutschland hat mittlerweile massive Auswirkung auf Öster­reich – derzeit vor allem für die österreichischen Schweinemastbetriebe. Im Jahr 2009 wurden an die 190 000 Tonnen Schweinefleisch – hauptsächlich aus Deutschland importiert. Durch den Dioxin-Skandal in Deutschland kommt der österreichische Schweinemarkt unter massiven Preisdruck. Die österreichischen Schweineverarbeiter nützen die derzeitigen Preissituation in Deutschland aus und importieren massiv Schweinefleisch. Das führt dazu, dass die ordnungsgemäß produzierenden österreichi­schen Schweinebauern nicht nur einen massiven Preisverfall – unverschuldet – hin­nehmen müssen, sondern vielfach ihre Schweine seitens der Verarbeitungsbetriebe teilweise nicht mehr übernommen werden.

Anfang Jänner wurde auch in deutschen Schweinefleisch Dioxin festgestellt. China, Südkorea und Russland haben daraufhin ein Importverbot für deutsches Schweine­fleisch verhängt. Österreich sollte aus Gründen der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung und um einen weiteren Preisverfall bei den österreichischen Erzeuger­preisen zu verhindern ebenfalls ein Importverbot für deutsches Schweinefleisch verhängen.

Zusätzlich sollten seitens der österreichischen Bundesregierung raschest Maßnahmen zur Unterstützung der durch diesen Preisverfall im Schweinebereich unter wirt­schaft­lichen Druck geratenen Schweineproduzenten setzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 232

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, die einen Import von deutschem Schweinefleisch verhindern, um eine Gefährdung der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung und den Preisverfall der österreichischen Schweinepreise zu verhindern. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, Sofort­maßnahmen zur Hilfe der durch den Dioxin-Skandal vom Ruin bedrohten Schweine­bauern zu setzen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Mayerhofer, Hackl und weiterer Abgeordneter betreffend: Nach Dioxin-Skandal ist eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch unumgänglich

eingebracht in der 93. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Jänner 2011 im Zuge der Behandlung des Berichtes des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (896 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutz­mittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechts­änderungsgesetz 2010) (1034 d.B.)

Der Dioxin-Skandal um verseuchtes Futtermittel in Deutschland zeigt klar, dass eine Herkunftskennzeichung speziell auch für Schweinefleisch unumgänglich ist.

Fleisch von Tieren, die lebend und oftmals unter Qualen quer durch Europa transportiert und in Österreich geschlachtet werden, erhält das Gütesiegel „A“. Das hat zur Folge, dass dieses Fleisch in Österreich als „österreichisches Fleisch“ verkauft und als solches auch exportiert wird.

Um Konsumenten nicht länger zu täuschen, ist es notwendig, dass künftig nur noch Fleisch von in Österreich aufgewachsenen Tieren mit dem A-Stempel versehen werden darf. Das steigert die Nachfrage nach gesundem, heimischem Fleisch und kommt unseren Landwirten und den Arbeitsplätzen in Österreich zugute. Gleichzeitig sinken die CO2-Emissionen, da deutlich weniger Tiere nur zum Zwecke der Schlachtung nach Österreich transportiert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um sicherzustellen, dass ausschließlich Fleisch von in Österreich aufgewachsenen Tieren als österreichische Ware mit dem A-Stempel versehen werden und als öster­reichisches Qualitätsfleisch verkauft werden kann.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.41.40

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist schon sehr viel dazu gesagt worden, dass mit dieser Vorlage eine EU-Richtlinie umgesetzt wird. Es wird aber nicht nur eine EU-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 233

Richtlinie umgesetzt, sondern mit diesem Gesetz wird mehr gemacht. Es wird auch in manchen Bereichen in Österreich der Standard, insbesondere wenn man sich den Bereich der gesamten Kontrollmöglichkeiten ansieht, erhöht, und ich denke, das ist wichtig und richtig so.

Letztendlich wird, wenn es richtig ausgelegt wird und wenn im Verordnungsbereich noch einiges getan wird, auch ganz sicher – ich denke, dass das auch das Ziel ist – der Einsatz der Pflanzenschutzmittel verringert. Ich meine, dass es für die Gesundheit und für die Umwelt notwendig ist, in Zukunft weniger derartige Schutzmittel einzusetzen.

Ein ganz wichtiger Punkt ist, Herr Landwirtschaftsminister, dass in Zukunft Sie die Koordinierungskompetenz haben, und durch diese Koordinierungskompetenz ist in Zukunft noch einiges, insbesondere im Bereich der Kontrolle, möglich. Ich weise darauf hin, dass in Zukunft bereits in der Erzeugungs- und in der Vermarktungsphase die Möglichkeit besteht, die Kontrollen vorzunehmen. Was die Anzahl der Kontrollen betrifft – was immer wieder bei Debatten hier im Haus angesprochen wurde –, haben wir in Zukunft mittels dieses Gesetzes die Möglichkeit, eine Mindestzahl von Kontrollen festzulegen.

In manchen Gebieten, von denen wir denken, dass sie uns aus gesundheitlichen und Umweltgründen besonders wichtig sind, haben wir auch die Möglichkeit, Beschrän­kungen beziehungsweise ein klares Verbot, was diese Pflanzenschutzmittel betrifft, zu verordnen. Das betrifft Naturschutzgebiete, öffentliche Parks, Kinderspielplätze, aber auch Bereiche, wo – und das ist, glaube ich, für die Bevölkerung besonders wichtig – Wasservorkommen existiert.

Und wenn wir schon beim Wasservorkommen sind: Gerade in diesem Zusammenhang ist es notwendig und wichtig, die Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, denn letztendlich bedeutet das auch besseres Grundwasser, und besseres Grundwasser bedeutet besseres Trinkwasser, und das ist für die Bevölkerung von größter Bedeutung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Huber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.44.14

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Dem Pflanzenschutzgesetz 2011 werden selbstverständlich auch wir zustimmen. Das bringt uns weiter, das bringt Erleichterung für die Landwirte und ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ich glaube, aufgrund der momentanen Situation und aufgrund dessen, was vor allem im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit geschehen ist – das betrifft auch die österreichischen Schweinebauern –, muss man jetzt auch über den Dioxin-Skandal einmal die Wahrheit sagen. Und ich glaube, da sollten wir bei uns anfangen.

1983 hat ein österreichischer Bauer für ein Schwein 35 S pro Kilogramm bekommen, das sind 2,54 €. Heute bekommt er 1,20 € oder – genauer gesagt – 1,21 €. Damit ist er sicher nicht lebensfähig. (Abg. Grillitsch: Das ist der Viehhandel!) – Der Viehhandel macht da sicher nichts, das sind die großen Schlachthöfe.

Man muss sich anschauen, warum das so ist. Schauen wir uns den Rindermarkt an: Den Rindermarkt betreibt der private österreichische Viehhandel, und da haben wir heute eine Situation, wo man wirklich sagen kann, dass die Preise täglich steigen. Aber das, bitte, hat jetzt nichts mit dem Schweineproblem durch den Dioxin-Skandal zu tun – das ist ein Problem, das gelöst wird, das dringend und leicht lösbar ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 234

Aber wenn man heute in der „Kronen Zeitung“ liest, dass ein einheimischer Schlacht­hof – ich nenne jetzt keinen Namen, aber das ist ein sehr, sehr großer in der Nähe von Linz – von den heimischen Bauern keine Ware mehr annimmt und am Telefon dem Bauern sagt: Ich kann die Ware nicht kaufen, denn nächste Woche wird es noch einmal billiger, und ich schlachte nur mehr deutsche Schweine!, dann muss etwas geschehen.

Dagegen kann auch der Herr Bundesminister sicher nicht mit einem Importverbot an­kämpfen, das wird nicht gehen, aber was wir sehr wohl verlangen müssen und verlangen werden – und das ist vor allem zum Schutz unserer Konsumenten –, das ist, dass alle Schweine, die jetzt importiert werden, auf Dioxin-Rückstände untersucht werden müssen, und zwar im Ausland, denn damit – ich werde jetzt gleich einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen – schützen wir unsere Konsumen­ten, und ich bin sicher – du lachst und schüttelst den Kopf, Herr Grillitsch (Abg. Grillitsch: Ich habe gar nichts gemacht!) –, da wird auch die ÖVP mitstimmen. Das ist eine moderne Politik, die unser österreichisches Produkt sofort preislich stützt und die auch den Konsumenten gegenüber Sicherheit bietet.

Man muss sehen, dass der Konsument heute 13 Prozent seines Einkommens für Lebensmittel ausgibt, vor 50 Jahren waren es noch über 50 Prozent. Lebensmittel­sicherheit muss einen Wert haben. Vor allem heute, wo der Bauer in Österreich 130 € für ein Schlachtschwein bekommt, es ihn aber mindestens 200 € kostet, muss man den Bauern schützen, und da muss man den Holzweg, den die ÖVP vor 60 Jahren eingeschlagen hat, endlich verlassen und vernünftige, moderne Politik machen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich glaube, dass wir da, wenn wir alle zusammenhalten und heute dieses Gesetz beschließen, wirklich eine Vorreiterrolle haben. Und vor allem: Wir brauchen uns nicht zu schämen, denn im Jahr 2000 beim BSE-Skandal haben alle Länder, die von Öster­reich Fleisch importiert haben, sofort die BSE-Untersuchung verlangt. Also ist das auch in diesem Fall leicht machbar.

Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Schlacht­schwein-Dioxin-Kontrollen

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Schlachtschweine, die in den nächsten Wochen und Monaten aus Deutschland zum Zwecke der Schlachtung und Weiterverarbeitung nach Österreich verbracht werden, auf Rückstände von Dioxin untersucht werden.“

*****

Ich glaube, mit diesem Antrag machen wir einen Schritt in die richtige Richtung.

Wir werden auch REWE munter machen. Die Firma Spar hat ja heute zugesagt, nur noch Produkte von österreichischen Lieferanten zu nehmen. Vielleicht schaffen wir es, dass auch die Firma REWE das aufgreift.

Erinnern wir uns: 1983 hat der Bauer 2,54 € für ein Kilogramm Schlachtschwein be­kom­men. Wenn man nur die Inflation einrechnet, müsste er heute 6,60 € bekommen, und nicht die 1,20 €, mit denen er jetzt – jetzt hätte ich bald gesagt, von einer Partei – abgefertigt wird. (Beifall beim BZÖ.)

19.48



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 235

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Schlacht­schwein-Dioxin-Kontrollen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 578/A der Abgeordneten DI Dr. Wolfgang Pirklhuber Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1036 d.B.)

Der Dioxin-Skandal in unserem Nachbarland Deutschland sorgt für große Unsicherheit auf dem Fleischmarkt. Der Preis für Schlachtschweine ist bereits stark gefallen und liegt unter dem Vorjahresniveau. Wenn jetzt – in den nächsten Tagen und Wochen – die in Deutschland rückgestaute Ware wieder auf den Markt kommt, wird es für den österreichischen Markt noch schwerer, dem daraus resultierenden Preisdruck stand­zuhalten, und die Preise sinken weiter.

Zusätzlich ist die Verunsicherung der österreichischen Konsumentinnen und Konsu­men­ten enorm und das Vertrauen in die Lebensmittelproduktion massiv beeinträchtigt, da verarbeitete Fleisch- und Wurstwaren keine verpflichtende Herkunftskennzeichnung aufweisen müssen.

Um das Konsumentenvertrauen wiederherzustellen, muss daher für nach Österreich verbrachte Tiere eine lückenlose Kontrollschiene eingerichtet sein.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Schlachtschweine, die in den nächsten Wochen und Monaten aus Deutschland zum Zwecke der Schlachtung und Weiterverarbeitung nach Öster­reich verbracht werden, auf Rückstände von Dioxin untersucht werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Mayer. 2 Minuten. – Bitte.

 


19.49.02

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Damit dieses neue Pflanzenschutzmittelgesetz auch wirklich ein Erfolg werden kann, möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 236

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutz­mittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechts­än­de­rungsgesetz 2010), 896 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 lautet § 49 Abs. 1:

„(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

Begründung:

Zur Vermeidung rückwirkender Strafbestimmungen ist eine Anpassung der Inkrafttre­tensbestimmung erforderlich.

*****

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dieses neue Pflanzenschutzmittelgesetz bedeu­tet für den praktizierenden Landwirt natürlich Licht und Schatten. Einerseits Licht, da eine Kostensenkung im Pflanzenschutzmittelbereich für den Landwirt zu erwarten ist, andererseits Schatten, da im Gegenzug manche Wirkstoffpaletten aufgrund verschärf­ter Cut-off-Kriterien ausscheiden.

In diesem Zusammenhang müssen wir auch diskutieren, wenn wir gewisse Früchte in Österreich forcieren wollen, im Ackerbau zum Beispiel Soja, wo wir ja in Bezug auf Eiweißfuttermittelimport unabhängiger werden wollen. Der Stand ist: Momentan haben wir eine Anbaufläche von 34 000 Hektar, 50 000 Hektar wären möglich (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja genau!), aber das setzt voraus, dass die Wirtschaftlichkeit der Kulturführung gegeben ist. Und da müssen wir aufpassen, wenn zum Beispiel die Diskussion über den Wirkstoff Bentazon geführt wird. Da brauchen wir einen Ersatz, der im Einklang mit Ökonomie und Ökologie steht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Alternative Methoden!) – Unter anderem, aber natürlich ist dann auch der Ertrag geringer. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Das muss ich Ihnen schon auch entgegenhalten.

Ich möchte eines anmerken: Es war die Rede von vielerlei neuen Auflagen, neuen Auflagen in Bezug auf Weiterbildung für Anwender und auch für jene, die die Pflan­zenschutzmittel in Verkehr bringen, genauso auch in Richtung Aufzeichnungen und so weiter. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Mehrzahl der österreichischen Bauern diese Auflagen im Rahmen des Umweltprogramms bereits freiwillig erfüllt hat. Nicht nur deshalb, weil man den Pflanzenschutzmitteleinsatz reduzieren möchte oder auch aus Kostengründen, sondern auch deshalb, weil man auch daran interessiert ist, eine nachhaltige Lebensmittelproduktion in Österreich zu erhalten. Und dafür sind unsere heimischen Bauern der Garant. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 2 Minuten. – Bitte.

 


19.51.47

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Landwirtschaftsminister, zuerst einmal Dank für Ihren Dank


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 237

für die proaktive Teilnahme. Mein Kollege Wolfgang Pirklhuber bringt sich in diesem Bereich ja schon seit über zehn Jahren ein.

Die EU-Richtlinie schreibt Ihnen auch eine Pestizid-Reduktion vor, und diese muss jetzt über die Nationalen Aktionspläne bis 2012 umgesetzt werden. Deswegen werden wir dem Pflanzenschutzgesetz auch zustimmen.

Als Nagelprobe möchte ich aber auch gleich einen Antrag für einen Teilbereich einbringen, und zwar:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Anwendung von insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicoti­noide als Maßnahme gegen das Bienensterben

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, die Anwendung von bienenschädigenden Beizmitteln bei Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide umgehend zu verbieten und alternativen Methoden zur Reduktion des Schädlingsdrucks, wie zum Beispiel Einhaltung der Fruchtfolge beim Maisanbau, den Vorzug zu geben.

*****

Wir erleben es und Imker beobachten ja seit Jahren das Bienensterben im Zusam­menhang mit Maismonokulturen. Das wird auch durch Studien bestätigt. Das wäre einmal eine Möglichkeit, wo Sie Ihre Kombination als Landwirtschafts- und Umwelt­minister nutzen könnten.

Die Signale sehe ich leider nicht so. Aus Ihrer Anfragebeantwortung geht hervor, dass Sie nur Anwendungsvorschriften ändern wollen. Entlarvend ist auch, dass auf der AGES-Homepage die gleiche Info steht, die auch die chemische Industrie als Info hat. Das ist schon ein Schlag ins Gesicht von Imkern und Umweltschützern.

Ich hoffe aber doch, dass die Kolleginnen und Kollegen hier die positive Bedeutung, die die Bienen für die Ökosysteme haben, kennen, aber auch die negativen Wirkun­gen, die Pestizide im Ökosystem haben, und dass sie daher wissen, dass das eine ganz wichtige umweltpolitische Frage ist.

Ich ersuche daher um Zustimmung und bin im Übrigen der Meinung, dass Österreich ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brunner, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Anwendung von insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicoti­noide als Maßnahme gegen das Bienensterben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 238

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (896 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 und ein Pflanzenschutzgesetz 2011 erlassen werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2010) (1034 d.B.)

Schon seit Jahren beobachten ImkerInnen in Österreich in den agrarisch intensiv ge­nutzten Gebieten zur Zeit der Maisaussaat massive Bienenverluste. Viele Flugbienen kehren nicht heim und vor den Bienenkästen werden flugunfähige, verendete Tiere gefunden. Zuletzt wurden im Juni 2010 dem Institut für Bienenkunde für den Zeitraum zwischen Auswinterung und Berichtsstichtag aus 64 Imkereien Vergiftungsverdachts­fälle gemeldet. Die betroffenen 80 Bienenstände verteilten sich auf 5 Bundesländer. Im Jahr 2009 kam es zur Zeit der Maisaussaat bei 618 Bienenvölkern zu Schäden (er­höhter Bienentotenfall, akute Vergiftungssymptome, Flugunfähigkeit, Krabbler, Bienen­grüppchen im Gras vor den Fluglöchern, Zittern etc.)

Eine Studie der AGES mit der Bezeichnung „MELISSA“ hat das Auftreten von Bienen­verlusten in Mais-, Kürbis- und Rapsanbaugebieten und möglicher Zusammenhänge mit Bienenkrankheiten und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Zwischenergebnisse zeigen, was Imker bereits seit langem beklagen: Bienen werden durch insektizide Beizmittel aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotionide geschädigt. Beizmittelabrieb aus Saatgut-Säcken und von Sämaschinen gelangt beim Sävorgang auf benachbarte blühende Pflanzen und von dort wird der Wirkstoff von den Bienen aufgenommen. Maispflanzen, deren Samen mit diesen Insektiziden gebeizt worden waren, können auch hohe bienentoxische Konzentrationen dieser Beizmittelwirkstoffe über das Guttationswasser ausscheiden. Somit sind Bienen, die derartige Guttationstropfen als Wasserquelle nutzen, einem hohen Vergiftungsrisiko ausgesetzt.

Während Deutschland und Italien mit einem Verbot der bienengefährdenden Beizmittel reagierten, werden in Österreich die Imkereien mit Maßnahmen hingehalten, die keinen ausreichenden Schutz bieten. Auch eine verpflichtende Einhaltung der Fruchtfolge, die beim Maisanbau eine massive Reduktion des Schädlingsdrucks bewirken würde, ist nicht vorgeschrieben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, die Anwendung von bienenschädigenden Beizmitteln bei Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide umgehend zu verbieten und alternativen Methoden zur Reduktion des Schädlingsdrucks, wie zum Beispiel Einhaltung der Fruchtfolge beim Maisanbau, den Vorzug zu geben.

*****

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten. – Bitte.

 


19.54.12

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der letzte Antrag von der Frau Kollegin Brunner hat sicherlich einen sehr interessanten Inhalt, nur möchte ich grundsätzlich etwas dazu sagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 239

Es ist natürlich das Recht jedes Einzelnen hier herinnen, Entschließungsanträge und Anträge einzubringen, wie immer sie heißen mögen. Aber bei uns im Landwirtschafts­ausschuss hat sich bis jetzt eigentlich die Gepflogenheit durchgesetzt, dass wir die Entschließungsanträge gemeinsam bearbeiten (Abg. Huber: Aber jetzt kommt es zu dem Signal, das zu untersuchen!), und es ist uns gelungen, schon einige Fünf-Parteien-Anträge durchzubringen. Es macht ja nicht sehr viel Sinn, uns jetzt den Antrag herzulegen, und wir sollten binnen Minuten sagen: Ja, wir gehen mit! (Abg. Mag. Brunner: Vielleicht können Sie es doch noch!) So geht es ja nicht! Das ist einfach nicht parlamentarischer Usus. Vielleicht könnten wir das wieder in den Aus­schuss verlegen und dort versuchen, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, gerne!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Pflanzenschutzmittel und der Pflanzen­schutz an sich sind Gegenstand des heutigen Beschlusses. Alle Parteien werden, soweit ich das jetzt vernommen habe, zustimmen. Es ist auch gut so, dass wir hier Regelungen treffen.

Herr Bundesminister, ich wünsche Ihnen alles Gute dafür, dass Sie diese Koor­dinierungskompetenz, die Sie jetzt haben, auch wirklich durchsetzen können. Sie haben hier gewichtige Partner, die Länder, und wenn die nicht mitspielen, dann wird die Kontrolle auch da nicht funktionieren. Aber ich denke, das werden Sie durchaus auf die Reihe bringen. Es ist wichtig, vor allem für das Grundwasser – auch das wurde schon einhellig und eindeutig ausgeführt.

Eine kleine Bemerkung muss ich dazu schon machen, weil die Bauern so gelobt werden, dass sie alles so sauber und so gut machen. (Abg. Eßl: Das tun Sie auch!) Ich habe über lange Jahre mit dem Grundwasser, mit der Wasserversorgung zu tun gehabt, und über Jahrzehnte haben wir eigentlich das Nitrat- und das Pestizid-Problem nicht wegbekommen, obwohl Millionen an Umweltförderungen ausbezahlt wurden, von ÖPUL bis hin zu Gemeindeförderungen.

Ich hoffe, dass dieses Gesetz hier auch weiterhilft, dass wir endlich sauberes Grund­wasser bekommen. (Abg. Eßl: Ein AMA-Gütesiegel! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das würde dir so gefallen. Es ist schon an euch gelegen.

Meine Damen und Herren! Zu den Anträgen des Herrn Grillitsch – nein, nicht Grillitsch, der hat keinen gestellt. (Abg. Grillitsch: Doch! Einen Abänderungsantrag!) Ja, wir haben einen Abänderungsantrag gestellt, richtig. Zum Antrag Pirklhuber bezüglich des biologischen Anbaus: Okay, dass der besonders gefördert wird, ist an sich ja auf gutem Weg. Aber dass wir das flächendeckend durchbringen, dafür ist, glaube ich, die Zeit noch nicht reif. Und dass die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut verboten gehört, ist klar. Aber gegen diese Gentechnikverseuchung haben wir zweimal schon sehr gute Fünf-Parteien-Anträge zusammengebracht.

Beim anderen Antrag zur AMA, da geht es um Qualitäten und so weiter. Wichtig wäre, dass wir das aus der AMA herausnehmen und uns wirklich mit Qualitäten beschäftigen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Gerne! Machen wir!) Denn, Herr Bundesminister, es ist natürlich klar und unterstützenswert, wenn Sie die Konsumenten aufrufen, österreichische Qualität zu kaufen – logischerweise. Nur: Der Konsument ist ja leider nicht in der Lage, bei Wurst oder beim verarbeiteten Schwein festzustellen, ob das wirklich – jetzt in dem Fall Deutschland – dioxinfrei ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Die Kennzeichnung verbes­sern!) Der kann das leider nicht feststellen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Auch gentechnikfrei!) Oder auch gentechnikfrei vom Futtermittel her.

Es ist daher höchst an der Zeit, dass wir diese Kennzeichnung, die ja, glaube ich, in diesem Haus schon beschlossen wurde, auf europäischer Ebene auch wirklich durch­bringen. Der österreichische Konsument muss wissen, dass das vom österreichischen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 240

Bauern ist, und dann verlässt er sich ohnehin darauf, dass das in Ordnung ist. Aber er kann es ja leider nicht. (Abg. Eßl: Das kann er mit dem AMA-Gütesiegel!) Das AMA-Gütesiegel sagt nichts darüber aus, was in der Wurst drinsteckt. Das ist ja nicht wahr!

Daher sollte diese Qualität absolut vorrangig behandelt werden und das Gütezeichen endlich wahr werden. (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Eßl. 2 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


19.58.50

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Meine geschätzten Damen und Herren! Pflanzen­schutz ist natürlich ein wichtiges Thema, und insofern sind auch das Pflanzenschutz­mittelgesetz und das Pflanzenschutzgesetz wichtige Gesetze, die Sicherheit geben für die Bauern, die aber auch Sicherheit geben für die Konsumenten. Wir Bauern sind bereit, die Wünsche der Konsumenten zu erfüllen und umzusetzen. Allerdings muss man auch sagen, Auflagen haben wir bereits genug. Diese Gesetze bringen aber keine zusätzlichen Auflagen, sondern enthalten Anpassungen, Behördenstruktur und Ähn­liches.

Was den Gesetzesantrag des Kollegen Pirklhuber betrifft, der in Richtung Verpflichtung zur Bioproduktion gehen möchte und praktisch die gesamte Landwirtschaft als Bio­produktion haben möchte, muss ich sagen, ich bin der Meinung, wir sollten bei der Freiwilligkeit bleiben. Bio muss mit dem Markt wachsen. Ich sage Nein zu einer Verpflichtung. Wir machen das freiwillig, und da müssen wir die Anreize schaffen im ÖPUL. Wir wollen die ökosoziale Marktwirtschaft. Da müssen wir schauen, dass wir auch in Brüssel die entsprechenden Rahmenbedingungen bekommen, die nötigen finanziellen Mittel bekommen und auch hier in Österreich die entsprechenden Budgets zur Verfügung stellen.

Was das Thema Lebensmittel- und Futtermittelskandal betrifft, möchte ich auch zwei Worte sagen. Wenn Abgeordnete dieses Hauses, die im Landwirtschaftsausschuss sind, diesen Futtermittelskandal jetzt plötzlich zu einem Lebensmittelskandal machen wollen, dann möchte ich schon bitten, in der Wortwahl etwas behutsamer zu sein, denn das schadet in Wirklichkeit den Bauern.

Wir können nur sagen: Liebe Konsumenten, achtet auf das AMA-Gütesiegel, denn das garantiert tatsächlich, dass österreichische Ware auch entsprechend drinnen ist! (Abg. Mag. Gaßner: Eben nicht!)

Ich bitte darum, dass man erstens bei der Wortwahl entsprechend vorsichtig ist und dass man dann zweitens bei den heimischen Produkten bleibt, und bedanke mich auch bei den Bäuerinnen und den Bauern für ihre wertvolle Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesen Tagesord­nungs­punkten ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager zu Wort gemeldet. 2 Minu­ten. – Bitte.

 


20.01.12

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr verehrtes Hohes Haus! Das Pflanzenschutzmittelgesetz basiert an und für sich auf zwei großen Säulen: einerseits auf dem Schutzniveau für die Umwelt und andererseits natürlich auf der Vereinfachung in der Bürokratie, in der Abwicklung für den einzelnen Landwirt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 241

Aber in der Diskussion um die Pflanzenschutzmittel müssen wir uns schon auch damit auseinandersetzen, dass es darum geht, die Mittel besser, selektiver und effektiver zu gestalten. Hier muss auch die Entwicklung vorangetrieben werden, da können wir nicht den Rückwärtsgang einlegen und nach hinten fahren, denn das neue Pflanzen­schutzmittelrecht ermöglicht uns auch den Zugang zu größeren Märkten und die Zulassung neuer Mittel, und hier haben wir natürlich dann auch die Sicherheit bei den verschiedensten Resistenzen. Pflanzenschutz ist zur Stärkung der Pflanzen und somit für das Wachstum zuständig und im Endeffekt für die Ertragssicherheit.

Jetzt weiß ich schon, dass beim Wort „Ertragssicherheit“, wenn wir Bauern es erwähnen, bei dem einen oder anderen die Gefühle hochkommen und er nur an Gewinnmaximierung denkt. Das ist für mich kein Problem, denn ich bin der Überzeugung, dass auch die Landwirte etwas verdienen dürfen. (Beifall bei der ÖVP.) Jedoch ist der Begriff „Ertragssicherheit“ auch mit dem Begriff „Ernährungssicherheit“ zusammenzuschließen, denn Pflanzenschutz ist auch Lebensmittelschutz.

Ich möchte hier den Begriff des „Fadenziehers“ kurz als Beispiel erwähnen. Es handelt sich dabei um eine alte, in der Bäckersprache bekannte Brotkrankheit, die auf mikro­biologische Infektionen zurückzuführen ist und heute wieder häufiger anzutreffen ist, worauf uns schon viele alarmierte Bäcker durch Schadensfälle aufmerksam machen.

Es handelt sich dabei um Heu- und Kartoffelbakterien, wobei durch die Umstellung in den Anbauverfahren und natürlich auch durch die verschiedensten Reduktionen bei den Pflanzenschutzmitteln die Infektionsschwelle mit diesen Bakterien erhöht und dadurch die Gefahr auch höher ist. Somit gelangen die Bakterien über die Sporen vom Feld über das Getreide in das Mehl und damit in den Teig. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das sind Pilze, keine Sporen!) Im späteren Stadium ist natürlich das Brot nicht mehr genießbar. Und da sind wir beim Konsumenten- oder Pflanzenschutz, der Lebens­mittelsicherheit garantiert.

Herr Pirklhuber, ich kann Ihnen gerne – ich habe es Ihnen bei der letzten Diskussion über Pflanzenschutzmittel schon angeboten, heute habe ich auch eine mit – eine Preisliste mitgeben. Sie können sich sicher sein: Die österreichischen Bäuerinnen und Bauern werden nie mehr als notwendig und wirklich nur das, was absolut nötig ist, anwenden, denn nachhaltige Landwirtschaft in Österreich ist seit Jahrhunderten schon damit verbunden, dass wir unsere Bodenfruchtbarkeit erhalten, die Umwelt schützen und unsere Ressourcen natürlich auch weiterhin schonend nutzen wollen. Das ist schon als Selbstschutz unserer Lebensgrundlage notwendig und somit unser höchstes Prinzip. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Kollege Schmuckenschlager, die Preisliste möchte ich gerne haben!)

20.04

20.04.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Agrarrechtsände­rungsgesetz 2010 in 896 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Grillitsch, Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.


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Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetz­entwurf in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des soeben erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importverbot für deutsches Schweinefleisch.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Nach Dioxin-Skandal ist eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch unumgänglich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abge­lehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Anwendung von insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide als Maßnahme gegen das Bienensterben.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen, da auch Abg. Ing. Gartlehner zustimmt. – Abg. Dr. Pirklhuber: Bravo! Das ist ein Imker!) – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1035 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. (Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP erheben sich nur zögerlich von ihren Plätzen.) Ich glaube, das abweichende Stimmverhalten vorhin hat etwas Konfusion erzeugt, aber jetzt passt wieder alles. – Das ist selbstverständlich die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1036 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 243

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schlachtschwein-Dioxin-Kon­trollen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

20.08.37 13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1081/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Mag. Judith Schwentner, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleich­stellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung 2007–2013 (LE 07–13) (1037 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Jannach. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.09.17

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Mit was sich der Nationalrat alles befassen muss! Wir müssen uns normaler­weise hier um Sofortmaßnahmen für Schweinebauern kümmern, aber wir befassen uns mit Gleichbehandlungsmaßnahmen. (Abg. Höllerer: Das verstehen Sie nicht!)

Bei aller Wertschätzung der Gleichbehandlung, das dürfen Sie bitte nicht falsch ver­stehen, aber ich lese Ihnen Ihren eigenen Entschließungsantrag einmal vor, nur damit Sie es wissen. Der zuständige ... (Abg. Mag. Schwentner: Vergleichen Sie die Schweinebauern mit der Gleichberechtigung?) Nein, nein, nein. Wir verlangen Sofortmaßnahmen für die Schweinebauern und sehen da eine andere Gewichtung. Da geht es um Existenzen und um eine Forderung an den Bundesminister. Dieser Antrag ist besonders unterhaltsam, denn er befasst sich mit dem Programm „Ländliche Entwicklung 2007–2013“, und 2007 ist bekanntlich schon längst vorbei. Das Programm läuft längst und ist 2013 zu Ende, aber der Herr Bundesminister wird von den Abgeordneten, von den eigenen Abgeordneten der ÖVP und von der SPÖ, aufge­fordert, darauf zu achten, dass eine Chancengleichheit zwischen Mann und Frau in der ländlichen Entwicklung gewährleistet ist.

Herr Minister, haben Sie das bisher nicht getan? – Wir haben im Ausschuss schon darüber diskutiert. Ich bin ja selbst Landwirt und beantrage auch im Rahmen der Förder­programme meine Förderungen, und mir ist nicht bekannt, dass irgendeine Maßnahme in einem Förderprogramm Frauen gegenüber Männern ungleich behandelt. Wir halten das für einigermaßen unsinnig.

Es wird weiter gefordert: Der zuständige Bundesminister wird aufgefordert, das Ziel der Chancengleichheit auf allen Stufen des Programms und nachfolgender Programme umzusetzen und zu gewährleisten. – Ja, davon gehen wir aus. Das brauche ich nicht explizit zu fordern, das würde ja dem Minister unterstellen, dass er das bis jetzt nicht gemacht hat. Ich würde niemals sagen, dass der Minister quasi frauenfeindlich oder frauendiskriminierend agieren würde.

Weiter wird gefordert, für die Umsetzung der in der nationalen Strategie formulierten Kernaktionen mit besonderer Bedeutung hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Sorge zu tragen und nach Maßgabe der Möglichkeiten Programme zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 244

entwickeln. – Die Programme hätte er jetzt schon entwickeln können. Das Programm läuft, wie gesagt, seit 2007.

Es wird nur Chancengleichheit gefordert, die wir aber bereits gewährleistet sehen. Deswegen haben wir im Ausschuss dagegen gestimmt, und wir werden das auch heute hier im Nationalrat tun. Wir hoffen und setzen voraus, dass ein Bundesminister, der für einen Wirtschaftsbereich, nämlich die Landwirtschaft, zuständig ist, automatisch und von sich aus Maßnahmen setzt, die die Chancengleichheit gewährleisten. Wir sehen die Chancengleichheit nicht gefährdet – derzeit. (Beifall bei der FPÖ.)

20.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.12.15

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Jannach, ich denke, Sie haben sich mit Gleichbehandlung und Chancengleichheit noch nie in Ihrem Leben wirklich auseinandergesetzt (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen), und Sie haben wahrscheinlich auch den Antrag inhaltlich nicht verstanden. So sehe ich das, nachdem Sie es jetzt interpretiert haben. Hören Sie zu, dann werden Sie vielleicht ein bisschen Wissen mitnehmen können, womit Sie auch in Ihrem eigenen Umfeld reüssieren können.

Die Landwirtschaft in Österreich wird zunehmend weiblicher. 40 Prozent der land­wirtschaftlichen Betriebe werden von Frauen geführt, die damit auch eine flächen­deckende Landbewirtschaftung garantieren, denn die Frauenbetriebe sind in der Regel die kleineren Betriebe. Daher ist es auch wirklich notwendig und wichtig, dass alle Projekte, alle Programme der ländlichen Entwicklung, auch für den Zeitraum 2007 bis 2013, im Hinblick auf Chancengleichheit, das heißt, auf die Gleichheit von Männern und Frauen, ausgerichtet sind und die Projekte dementsprechend zu fördern sind; auch mit dem Ziel, dass in der Nachfolgeperiode diese Chancengleichheit besser gelebt wird und jetzt schon eine entsprechende Ausgangsposition erreicht werden kann. (Abg. Mag. Stefan: Was ist der Unterschied zwischen einer Bäuerin und einem Bauern?)

Es gibt gute Projekte, die sich mit Chancengleichheit befassen, die auch umgesetzt werden. Ich denke hier an das Projekt der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, das sich „PartnerKraft“ nennt. Ein Projekt, das sehr interessant ist, das ich auch mit Begeisterung mit begleite, bei dem es vor allem darum geht, und das ist das Fas­zinierende daran, dass den Bäuerinnen und den Bauern eine neue Sicht auf ihre Unter­nehmungen gewährt wird, bei dem Defizite in der Zusammenarbeit, im Zusammenleben aufgezeigt und aufgearbeitet werden; Defizite, die den Bäuerinnen und Bauern selber nicht so bewusst sind, die aber für eine gute Weiterführung der Betriebe sogar hinderlich sind. Da geht es zum Beispiel bei Investitionen darum, dass Frauen und Männer gemeinsam entscheiden. (Abg. Mag. Stefan: Was ist das für eine Regierung? Der muss aufgefordert werden, der Minister?)

Wir haben ein Projekt „ZAM“ mit Unterstützung des Bundesministeriums, des LFI und der ARGE Bäuerinnen auf den Weg gebracht. Es ist ein Bildungsprojekt, das ganz spezifisch auf die Bedürfnisse der Frauen ausgerichtet ist, das vor allem auch einen Managementlehrgang beinhaltet für Frauen, die bereits öffentlich tätig sind, und auch für Frauen gedacht ist, die das gern vermehrt machen wollen, die in der Öffentlichkeit präsent sein wollen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Frauen sind die Innovativen, die Kreativen, sie sind vor allem auch die Ideenbrin­gerin­nen in ihren Unternehmungen, und sie stellen sich auch dem Wettbewerb. Bei „LEA“,


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einem Wettbewerb, der vom Bundesminister initiiert wurde, werden Frauen, und zwar die Besten der Besten in ihrem Bereich, mit ihren Leistungen öffentlich präsentiert und vor den Vorhang geholt, mit Leistungen, die die Frauen in ihren Betrieben, im Umwelt­bereich, im sozialen Bereich und auch in der Lebensmittelproduktion erbringen. Diese Frauen haben Vorbildwirkung, nicht nur für Frauen, auch für Männer. Vieles ist ge­schehen, aber es ist auch noch sehr viel zu tun. (Abg. Mag. Stefan: Machen! Machen!)

Wir brauchen vor allem auch Frauen, die sich in der regionalen Entwicklung einbrin­gen. Eine Regionalpolitik, die Sinn macht, braucht die Sicht der Frauen. Wir brauchen Frauen in den politischen, agrarpolitischen Entscheidungsgremien und in der Inter­essenvertretung, in guten Positionen. (Abg. Mag. Stefan: Sollen wir das machen?) Und wir brauchen eine gute Informationspolitik bezüglich Chancengleichheit, die gerade Ihnen sehr nützen könnte, die vor allem aber auch bei den Beraterinnen und Beratern der Förderstellen Sinn macht. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Eines ist sicher: Chancengleichheit ist nicht gelebte Realität, ist keine Illusion, sondern ist eine ständige Arbeit an der Bewusstseinsbildung, und zu der lade ich Sie herzlichst ein. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bravorufe bei der ÖVP.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.16.31

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um Gleichstellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung.

Ich möchte an den Grünen Bericht über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft erinnern; da heißt es:

„Die konkrete Auseinandersetzung mit Chancengleichheit im ländlichen Raum und Integrationsbemühungen für alle sozialen Gruppen stellen die Weichen für eine gestei­gerte Lebensqualität und führen letztlich zu mehr Zufriedenheit und BürgerInnennähe.“

Das wollen ja sicher die Freiheitlichen auch, wenn sie es auch manchmal etwas belächeln.

„Das Programm LE 07-13 hat die Ressourcen, diese Entwicklung voranzutreiben. Allerdings wird das bewusste Einbeziehen aller Gruppen in Entwicklungs- und Ent­scheidungsprozessen in den Regionen vielfach nicht mit der dafür erforderlichen Professionalität und Nachhaltigkeit durchgeführt.“

Dieser Punkt im Grünen Bericht wird auch der Grund dafür gewesen sein, dass der Antrag in den Gremien hin- und hergeschoben wurde.

„Angesichts der bestehenden Situation ist es zentral, dass spürbare Akzente – per­sonelle Ressourcen und klar definierte Budgetansätze – dafür zur Verfügung gestellt werden und diese Ziele auch mit Kompetenz, Engagement und Verantwortung um­gesetzt werden.“ – Zitatende.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dem vorliegenden Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft liegt ein Vier-Parteien-Antrag zugrunde. Er beinhaltet konkrete Forderungen an unseren Landwirtschaftsminister nach Bereitstellung der dazu notwendigen Ressourcen, entsprechende Repräsentanz von Frauen und benach­teiligten sozialen Gruppen in den Gremien und Teilhabe an Entscheidungsprozessen, insbesondere in den lokalen Arbeitsgruppen des “Leader-Programms“, sowie spezifi­sche Aus- und Weiterbildungsprogramme für Frauen, und nicht nur für Bäuerinnen und Bauern, sondern generell für alle Menschen im ländlichen Raum. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 246

Zum Schluss noch eines, Herr Minister: Wir schreiben das Jahr 2011. Das Programm läuft bis 2013. Sie haben nicht mehr viel Zeit, die konkreten Forderungen zu erfüllen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.19.14

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Manchmal ist es schön, wenn ein Mann zur Gleichstellungspolitik redet. Das kann ein positives Signal sein. In dem Fall, Herr Kollege Jannach, bestätigen Sie leider jedes Klischee, das man über Äußerungen Ihrer Partei zur Gleichstellungspolitik und zu Gender Mainstreaming, ich sage das Wort „Gender“ jetzt bewusst und gerne noch einmal, kennt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und Zanger.)

Man muss nämlich dazusagen, wie die Genese dieses Antrags war. Es war ursprünglich beschlossen – und da war Ihre Frauensprecherin dabei –, dass es ein Fünf-Parteien-Antrag wird. Wir sind diesen mehrmals durchgegangen. Wir waren alle d’accord und uns einig. Und was war dann? – Nach Rücksprache in Ihrem Klub hat die Frauensprecherin offensichtlich nicht mehr das D’accord bekommen und musste ihren Namen runternehmen. Das hat sie uns aber leider ziemlich spät gesagt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Zur angesprochenen Frist und den Jahren 2007–2013 kann man sagen: Ja, es ist allerhöchste Zeit, dass man auf Gleichstellungspolitik in diesem „Programm zur Ländlichen Entwicklung“ schaut. Sie haben das auch mit verzögert. Ich danke Ihnen noch einmal. Sie hätten bei dem Antrag gar nicht mitgehen müssen, wenn Sie es nicht verstehen und nicht wissen, wovon Sie reden. Zuerst waren Sie auf dem Antrag. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Es ist eben so, dass immer mehr Frauen in der Landwirtschaft tätig sind, es sind rund 46 Prozent. (Abg. Zanger: Wissen Sie eh warum?) – Ja, ich möchte es nicht von Ihnen wissen, ich weiß es insgesamt. Es werden immer mehr Frauen auch Betriebsführerin­nen. (Abg. Zanger: Weil die Männer arbeiten gehen müssen, um die Kinder und die Familie erhalten zu können!) – Ja, dann unterstützen Sie die Frauen in ihren Rahmenbedingungen! Wenn Sie sie so gut verstehen, dann unterstützen Sie sie, denn die entsprechenden Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft sind noch nicht gegeben. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Es sind vor allem die Frauen, die die kleinen Landwirtschaftsbetriebe aufrechterhalten, und die finden gerade am Land nicht die Rahmenbedingungen vor, die sie dafür bräuchten, zum Beispiel entsprechende Kinderbetreuungseinrichtungen. Wenn man sich anschaut, wie die Kindergartenöffnungszeiten am Land sind und wie sie in der Stadt sind, so stellt man einen eklatanten Unterschied fest. (Zwischenruf des Abg. Hornek.– Nein, wenn man das vergleicht, sind im Schnitt drei Viertel der Kindergärten im ländlichen Bereich weniger als acht Stunden lang geöffnet. Wenn man das zum Beispiel mit Wien vergleicht: Dort sind neun von zehn Kindergärten länger als acht Stunden geöffnet. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Viele Kindergärten im ländlichen Bereich sperren zu Mittag zu. Ich weiß das. Die Frauen müssen ihre Kinder holen und haben keine weitere Betreuung gesichert. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber so, wie Sie sich aufregen, zeigt das ja, dass in dem Bereich noch einiges im Argen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 247

Schauen wir uns an, wie die Repräsentation von Frauen in Führungs- und Leitungs­funktionen am Beispiel Landwirtschaftskammern aussieht: Ja, da schaut es ganz besonders trist aus, weil nämlich nur 15 Prozent der Frauen in den Kammern vertreten sind, in der Steiermark sind es zum Beispiel nur 7 Prozent. Das heißt, da muss einiges geschehen, und deswegen ist in diesem Antrag vieles enthalten, das genau Maß­nahmen in diese Richtung betrifft. (Zwischenruf des Abg. Zanger. Sie können uns jetzt gerne vom Rednerpult aus erklären, was Sie vorhaben, Herr Kollege. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Kommen Sie nach vorne und sprechen Sie einmal zur Gleichstellungspolitik! Bitte! Sie sind herzlichst dazu eingeladen. Meine Redezeit ist jetzt aus, und Sie können gerne zur Gleichstellungspolitik weiterreden, es würde mich wirklich interessieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.23.03

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir über die Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Landwirtschaft sprechen, dann müssen wir auch die Chancen­gleichheit zwischen ländlichem und urbanem Bereich in Betracht ziehen.

Dieser Antrag leistet einen ersten Beitrag dazu, dass Frauen in ländlichen Regionen, Frauen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die gleiche Unterstützung erfahren wie Frauen in Städten.

Ein Beispiel dafür ist eine Schwerpunktsetzung für Weiterbildungsmaßnahmen. Bei weitem die meisten Weiterbildungseinrichtungen sind im urbanen Raum konzentriert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dieses Ungleichgewicht gilt es schleunigst auszugleichen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist meiner Überzeugung nach, dass die Förderinstru­mente der EU im ländlichen Bereich eine möglichst große Breitenwirkung erzielen sollen. Anders als bei der gängigen Praxis der Agrarförderungen sollten nicht nur die Großen profitieren, sondern sollte stattdessen endlich auch eine Breitenwirkung erzielt werden.

Gerade für Frauen in ländlichen Gebieten sind diese Herausforderungen des täglichen Lebens immer noch gewaltig, insbesondere was die Kinderbetreuung angeht; Kollegin Schwentner hat das vorhin auch angesprochen. Der ländliche Raum ist oft im Vergleich zu den Städten im großen Nachteil. Die Frauen im ländlichen Bereich sind gerade bei der Kinderbetreuung benachteiligt. Trotzdem sind 40 Prozent der Betriebs­führer in Österreich Frauen. 40 Prozent österreichische Frauen sind in der Landwirt­schaft als Betriebsführer tätig.

Der Leistung dieser Frauen im landwirtschaftlichen Bereich muss mehr Aufmerk­samkeit und mehr Engagement vonseiten der Politik entgegengebracht werden, sowohl auf europäischer Ebene als auch im Rahmen der österreichischen Maß­nahmen.

Die Umsetzung der Maßnahmen möchte ich besonders ansprechen. Es wurde von meinen Vorrednerinnen auch schon angesprochen, das Programm läuft bis 2013. Wir haben nun das Jahr 2011. Es ist nicht mehr viel Zeit für die Umsetzung, und die Um­setzung ist wichtig. Ich appelliere an Sie, Herr Minister, sich rasch dieser Umsetzung zu widmen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 248

Wir vom BZÖ werden diese Umsetzung verfolgen und Ihnen auf die Finger schauen – ich als Frauensprecherin gemeinsam mit unserem Agrarsprecher Gerhard Huber. – Herzlichen Dank. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

20.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.25.40

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Thematik der Gleichstellung von Frauen und Männern ist bei den Programmen und Maßnahmen des Ressorts ein wichtiger Punkt.

Etliche Redner haben betont, es sei nicht mehr viel Zeit zur Umsetzung, aber ich kann Sie beruhigen: Es wurde bereits umgesetzt in diesen „Programmen der Ländlichen Entwicklung von 2007–2013“, vor allem nicht nur verankert im Programm, sondern es muss ja täglich gelebt werden bei der Umsetzung der „Programme für die Ländliche Entwicklung“, und es spielt das Prinzip der Gleichbehandlung eine große Rolle, näm­lich – ich zitiere – Gleichbehandlung unabhängig von Geschlecht, der Hautfarbe, der ethnischen Herkunft, der Religion, der politischen und sonstigen Anschauung, einer Behinderung des Alters und so weiter. – Zitatende.

Das heißt, insbesondere sei im „Programm Ländliche Entwicklung“ der Schwerpunkt 3 erwähnt, konkret ist das die Lebensqualität im ländlichen Raum und die Diversifizie­rung der ländlichen Wirtschaft, und auch der Programmschwerpunkt 4, die Umsetzung des „Leader“-Konzepts.

Dort gibt es insbesondere Umsetzungsmöglichkeiten im Rahmen von Projekten, in denen Frauen und Männer gleichgestellt werden, und das wird massiv vorangetrieben.

Zum Beispiel im Bereich der Bildung – das wurde bereits erwähnt, meine Vorrednerin hat die Bildung angesprochen –: Gerade im Bereich der ländlichen Fortbildung des LFI werden viele Bildungsmaßnahmen angeboten, um Frauen pro-aktiv zu fördern; und natürlich auch Männer, weil es ja um die ständige Weiterbildung des Sektors geht.

Abgeordnete Höllerer hat es erwähnt: Im Jahr 2010 wurde in Zusammenarbeit mit dem LFI, dem Ländlichen Fortbildungsinstitut, und meinem Haus, dem Lebensministerium, das Projekt „Zukunftsorientierte Agrarwirtschaftliche Motivation“ erstellt, das sich besonders an Bäuerinnen und Bauern wendet. Es werden in den Jahren 2010/2011 200 000 € aufgewendet, um Bäuerinnen und Bauern aus- und weiterzubilden.

Es haben, glaube ich, alle Vorredner darauf hingewiesen, dass 40 Prozent der Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft in Österreich von Frauen geführt werden. Es wäre unser Sektor undenkbar, wenn es die Frauen nicht gäbe, die oft die Mehrbelastung haben, zum Beispiel um alte Menschen zu pflegen – die Kinderbetreuung wurde schon erwähnt.

Daher habe ich gemeinsam mit den Bäuerinnen den Wettbewerb „LEA“ gestartet – es wurde bereits erwähnt –, bei dem die Leistungen der Bäuerin auf dem Gebiet des Sozialen, des Natur- und Umweltschutzes, der Wirtschaft, der Innovation hervorge­hoben werden, damit es auch die gesellschaftliche Anerkennung für die Bäuerinnen gibt, die oft unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten müssen.

Es wurde der Schwerpunkt 4, „Leader“, erwähnt. Für die Umsetzung des „Leader“-Konzepts sind die sogenannten „LAG“, die Lokalen Aktionsgruppen, verantwortlich, und es ist vorgesehen, dass in diesen Lokalen Aktionsgruppen ein gewisser Frauen­anteil sein soll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 249

Im Programm wurde das festgelegt, und als eines der Qualitätskriterien müssen die lokalen Entwicklungsstrategien, die sich diese Regionen selber geben, auch dem Prinzip der Gleichstellung von Frauen und Männern folgen. Dazu ist mir als Minister des Lebensministeriums ein Bericht vorzulegen, wie diese Gleichstellung auch um­gesetzt wurde.

Es wurde im Rahmen des Begleitausschusses für das „Programm für die Ländliche Entwicklung“ eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Förderung der Chancengleichheit in der Umsetzung des Programms auch überprüft.

Sie sehen, wir tun hier sehr viel, weil das ein sehr, sehr wichtiger Bereich für den land- und forstwirtschaftlichen Sektor ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. 2 Minuten. – Bitte.

 


20.29.14

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kollegin, Sie vermissen die Vertretung der Frauen in den Gremien der Landwirtschaft in Österreich. Ich kann Ihnen nur sagen: Bitte kandidieren Sie! Wir haben überall die demokratische Möglich­keit.

Die Grünen diskutieren hier immer enthusiastisch die Landwirtschaftsthemen, aber bei Landwirtschaftskammerwahlen, den Interessenvertretungswahlen fehlen sie stets auf den Wahlzetteln quer durchs Land, das spricht auch für sich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ich möchte Ihnen sagen: Es liegt oft wahrscheinlich weniger am Geschlecht als an den politischen Inhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hakel: Ist das so?) – Ja, bei der ÖVP ist es so, dass die Obfrau der Österreichischen Jungbauernschaft eine sehr erfolg­reiche Politikerin ist, und zwar ist es die Agrarsprecherin im Europäischen Parlament, die Abgeordnete Elisabeth Köstinger. (Abg. Mag. Brunner: Die Einzige, die Ihnen einfällt!) – Das ist nicht die Einzige, sie ist nämlich neben der Bundesbäuerin Anna Höllerer und der Vizepräsidentin der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer Theresia Meier et cetera eine von vielen erfolgreichen Bäuerinnen in der öster­reichischen Agrarpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben schon gehört, dass 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Frauen geführt werden. Das ist auch gut und wichtig so. Dabei geht es auch darum, spezifi­sche Ausbildungsangebote zu setzen, denn die Anforderungen steigen ständig. Es ist das Ausbildungsangebot in der Landwirtschaft heute schon sehr gut, der Stand ist sehr weit entwickelt. Wir können quer durch alle Ausbildungssysteme auch einen ständig steigenden Anteil an weiblichen Absolventinnen feststellen. Das ist ganz gut.

War es am Anfang des vorigen Jahrhunderts noch so, dass eine Frau dann Bäuerin wurde, wenn sie einen Bauern geheiratet hat, so ist es doch heute so, dass sie Bäuerin dann ist, wenn sie aus eigenem Willen diesen Beruf auswählt. Es geht darum, dass sie sehr gut ausgebildet sind und alle Fähigkeiten für diesen Beruf mitbringen.

Ich kann Ihnen ein Beispiel aus meiner Branche, dem Weinbau, bringen. Hier sind die Frauen gerade im Bereich der Sensorien betreffend ihre Sinneswahrnehmung sehr hoch entwickelt. Da sind sie sehr begabt. (Abg. Gartelgruber: Aber hallo! – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Dem Anspruch, dass das „Programm Ländliche Entwicklung“ nicht nur Bäuerinnen und Bauern betrifft, sondern generell den ländlichen Raum, kann ich nicht viel abgewinnen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 250

denn Agrarpolitik ist nicht Sozialpolitik. Betriebe müssen weiterhin ausgeglichen und für Leistungen abgegolten werden. Denn nur ein lebendiger Raum ist durch den starken Motor der Bauernhöfe zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

20.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Hakel mit 3 Minuten Redezeit zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.32.07

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Schmuckenschlager! Wenn man von der Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum spricht, dann darf man nicht den Fehler machen, zu sagen: Die Gleichstellung funktioniert im ländlichen Raum, weil ohnehin 40 Prozent der Agrarbetriebe von Frauen geleitet werden. – Der ländliche Raum besteht nicht nur aus Bäuerinnen, der ländliche Raum besteht auch aus Frauen, die anderen Berufen nachgehen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Der Frauenanteil in stark agrarischen Gemeinden liegt bei 49,8 Prozent. Das klingt zwar schön gerecht aufgeteilt, aber bei der Gleichstellung steht es hier nicht mehr so ausgeglichen. Die Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Städte ist bei Mädchen und Frauen im Alter von 18 bis 26 Jahren am häufigsten. Warum ist das so? Warum zieht es junge Frauen viel mehr in urbane Regionen? – Die Stadt-Land-Unter­schiede in der Bildungs- und Beschäftigungsstruktur sind zwei der Gründe, weshalb es Frauen zunehmend in die Stadt zieht. Zwar dürfen viele Frauen – wir haben es heute schon mehrmals gehört: 40 Prozent sind es genau – Agrarbetriebe leiten, allerdings wenn es um den Dienstleistungssektor in ländlichen Regionen geht, wenn es um die selbstgeschaffenen Klein- und Kleinstbetriebe geht, dann scheitert es leider meistens schon bei der Gründung, da Frauen über ein geringeres Grundkapital verfügen und so auch oft keinen Anspruch auf geförderte Kleinkredite haben.

Daher ist es auch besonders wichtig, dass sich Frauen ihren Arbeitsplatz selbst schaffen, gut informiert sind und bis in die Selbständigkeit begleitet werden.

Eine starke Benachteiligung in den ländlichen Gebieten zeigt sich auch – wir haben es heute schon gehört von einer Kollegin – bei der Kinderbetreuung. Während in Wien neun von zehn Einrichtungen mindestens acht Stunden täglich geöffnet haben, stehen im ländlichen Raum drei Viertel der Kindergärten weniger als acht Stunden pro Tag offen. Von der Mobilität, von dem nicht vorhandenen öffentlichen Verkehr möchte ich erst gar nicht zu sprechen anfangen.

Noch einmal zurück zu den Bäuerinnen: Auch da findet sich das Phänomen – wir haben es heute schon gehört –, dass, je weiter man die zunehmende Hierarchiestufe hinaufkommt, umso mehr der Frauenanteil schwindet. 40 Prozent der bäuerlichen Betriebe werden von Frauen geleitet; bei einer Betriebsgröße von 200 Hektar aller­dings nur mehr 17 Prozent der Betriebe.

Noch einmal zurück zu den Interessenvertretungen: Vielleicht gibt es einmal eine Nachfolgerin des Herrn Grillitsch, aber bei der Landwirtschaftskammer, bei den KammerpräsidentInnen gibt es durchwegs nur Männer, und in den regionalen Landwirtschaftskammern – wir haben es auch schon gehört – liegt der Frauenanteil lediglich bei 15 Prozent. (Abg. Grillitsch: Wir haben eine junge Vizepräsidentin!) – Aber keine Präsidentin, Herr Kollege Grillitsch. Das ist der Unterschied!

Auch da gilt es anzusetzen – und nicht nur immer alles oberflächlich schönzureden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.35

20.35.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 251

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1037 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 140.)

20.35.5314. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1005 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2010) (1039 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1369/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nach­haltigkeit im Bereich Verpackung (1040 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 216/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Melde­pflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle (1041 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1045/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend regelmäßige Kontrollen der Lager von Abfallsammler und Abfallbehandler in kürzeren Abständen (1042 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1211/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfsprüfung von Müllverbrennungsanlagen (1043 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Jannach. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.37.26

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir diskutieren heute die Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle. Die Umsetzung wäre, so wie wir das gesehen haben, am 12. Dezember 2010 gewesen, also sind wir schon etwas in Verzug. Die Zielsetzung dieser Novelle ist die Herstellung der EU-Konformität – grund­


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sätzlich zu begrüßen –, Klimaschutz und Kosteneinsparungen beim Vollzug der grenz­überschreitenden Verbringung von Abfällen.

Da fehlt der Aspekt, dass man Müll in erster Linie einmal vermeiden soll, vermeiden und dann recyceln. Aber hier werden nur Kosteneinsparungen beim Vollzug der grenz­überschreitenden Verbringung von Abfällen als Ziel definiert. Stärkere Nutzung und Weiterentwicklung des elektronischen Datenmanagements, auch bei der Verbringung von Abfällen, das wird als Ziel gesetzt. – Das ist uns einfach zu wenig.

Hinzu kommen noch die finanziellen Auswirkungen dieser Gesetzesnovelle. Es gibt ganz unterschiedliche Stellungnahmen, es gibt in Summe 45 Stellungnahmen zu dieser Gesetzesnovelle, und sie sind durchaus teilweise sehr kritisch.

Ich möchte nur kurz die finanziellen Auswirkungen laut dem Gesetzesblatt vorlesen: Hier sind jährliche Einsparungen von 2 607 798 € ausgewiesen. Also das muss mir ein­mal jemand erklären, wie man hier auf den Euro genau die jährlichen Kosten fixieren kann.

Jährliche Kosten von 400 624 €; also auf den Euro genau festgelegt, wie hoch die Kosten sein werden – das ist sehr, sehr zweifelhaft.

Ich möchte einige Stellungnahmen zu diesem Abfallwirtschaftsgesetz zitieren. Der Rechnungshof befürwortet grundsätzlich dieses Abfallwirtschaftsgesetz, aber sieht letztendlich die Kosten beim Bürger, also beim Müllerzeuger landen. Es fehlen die Angaben – so sagt der Rechnungshof – über den zu erwartenden Aufwand für die legistischen Maßnahmen der Länderanpassung und wo die Kosten dann, wie gesagt, landen werden. Hier sind sie nicht ausgewiesen.

Ebenso befürchtet auch der Gemeindebund in seiner Stellungnahme, dass die gefor­derte Umsetzung der vorgesehenen Abfallvermeidungsmaßnahmen nicht auf die Umlagen und Gebühren umgewälzt werden darf. Also der Gemeindebund befürchtet eindeutig eine Gebührenerhöhung.

Die Stellungnahme des Verbandes Österreichischer Entsorgungsbetriebe – die kennen Sie wahrscheinlich – ist ja vernichtend. Die sagen, dass es nur einen bürokratischen Mehraufwand geben wird und die Verwaltungskosten für die Unternehmen und schlussendlich für den Bürger mit dieser Novelle und der anschließenden Verordnung im Bereich der elektronischen Meldungen weiter steigen werden. Sie gehen von 750 000 € pro Jahr aus.

Da diese Abgabe, die zu entrichten ist, zu einer unkontrollierten Weitergabe bei allen Stufen der Entsorgung führen würde, wird dies vom Verband Österreichischer Entsor­gungsbetriebe striktest abgelehnt, der zudem befürchtet, dass es zu einem gravie­renden Mülltourismus kommen wird.

Die Auswirkungen im Gesetzestext: Aus umweltpolitischer Sicht wird angeführt, dass der Mülltransport in Zukunft auf der Schiene durchgeführt werden soll, was voraus­sichtlich zu einer maßgeblichen Verringerung der Treibhausgasemissionen führen wird. – Auch da ist man schon sehr vorsichtig geworden, denn wir wissen ja nicht, wie man den Müll von einem Haushalt auf der Schiene wegtransportieren wird. Das wird sehr, sehr schwierig werden.

All das sind Gründe dafür, dass wir dieser Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz nicht zustimmen werden. Es sind sehr viele Fragen offengeblieben. Es wird unweigerlich zu Mülltourismus mit dem Ausland kommen. Das derzeitige, unserer Ansicht nach auch verbesserungswürdige, aber doch gut funktionierende System der Müllentsorgung, die Entsorgungsbetriebe werden durch diese Novelle belastet werden. Und wenn die Entsorgungsbetriebe belastet werden, dann werden sie unweigerlich die Kosten auf die


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Bürger umlegen, und das wird dann für die Bürger teurer. Deswegen lehnen wir diese Gesetzesnovelle klar ab.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Antrag der Abgeordneten Brunner, in dem es darum geht, festzustellen, wie viele Müllverbrennungsanlagen wir in Österreich brauchen. Es ist tatsächlich für den Bürger nicht nachvollziehbar, warum es für Müllverbrennungsanlagen keine Bedarfsprüfung in Österreich gibt. Bisher ist der Bedarf irrelevant. Jeder kann heute eine Müllverbrennungsanlage errichten. Wir wissen daher, dass Müllverbrennungsanlagen in Wirklichkeit ein Riesengeschäft sein müssen, sonst würden nicht öffentliche Körperschaften, aber auch Private Müllver­brennungs­anlagen errichten.

Wir hoffen, dass es zu einem Plan, zu einer übersichtlichen Darstellung kommt, wo Müllverbrennungsanlagen wirklich gebraucht werden. Der größte Schildbürgerstreich, der mir jetzt untergekommen ist, ist die in Heiligenkreuz geplante Müllverbrennungs­anlage, denn dafür gibt es absolut keinen Bedarf.

Sie müssen sich vorstellen: Im Burgenland gibt es ein Müllaufkommen von 35 000 Ton­nen, und die Müllverbrennungsanlage ist auf 330 000 Tonnen oder 350 000 Tonnen ausgerichtet. Also man müsste Müll, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können, von Budapest oder Bratislava dorthin transportieren, und das kann nicht im Sinne Österreichs sein.

Ich hoffe wirklich, dass das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, ja die gesamte Bundesregierung endlich einen Plan erstellt, wo Müllverbrennungsanlagen tatsächlich notwendig sind. Denn das, was wir nicht wollen, ist, dass Müll quer durch Österreich transportiert wird, und schon gar nicht wollen wir, dass Müll aus dem Ausland nach Österreich gebracht und hier verbrannt wird. – Danke. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.42.51

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Abfallwirtschaft ist ein Thema des täglichen Lebens. Wir sehen uns gerne als Konsumenten, aber wenn man es von der anderen Seite betrachtet, sind wir gelegentlich doch auch ziemliche Abfall­produzenten und schaffen Probleme.

In Österreich ist es in den letzten Jahren und Jahrzehnten gelungen, durch sehr konkretes Arbeiten an diesem Thema die Abfallwirtschaft so zu reformieren, so zu entwickeln, dass wir heute ein gut organisiertes System haben, das zu leistbaren Kos­ten unsere Abfälle dorthin bringt, wohin sie gehören. Wir arbeiten daran, dieses System zu verbessern, und wir arbeiten auch daran, EU-konform zu sein.

Mit dem heutigen Beschluss zum Abfallwirtschaftsgesetz werden wir noch stärker den Fokus auf die Abfallvermeidung setzen. (Abg. Mag. Brunner: Eben nicht!) Die Hierarchie war bisher: vermeiden, verwerten, beseitigen. In Zukunft wird es noch viel stärker heißen: vermeiden, vorbereiten zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwendung – und erst dann wird die Beseitigung kommen. (Abg. Mag. Brunner: Verwerten – wie wird die Einhaltung sichergestellt?)

Das heißt, wir werden das System differenzierter gestalten und wir werden einen sehr viel besseren Überblick über das System haben, denn die Abfallwirtschaft bei offenen Grenzen ist natürlich auch ein Thema des internationalen Transportes und der Verbrin­gung.


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Wir werden mit dieser gesetzlichen Grundlage auch die Kontrolle verbessern, die elektronischen Möglichkeiten deutlich besser einsetzen können und damit im Bereich Abfall, der sensibel ist, durchaus bessere Möglichkeiten haben.

Die Österreicher sind beim Mülltrennen wirklich vorbildlich – das ist schon etwas Be­son­deres. 116 Kilogramm pro Kopf werden gesammelt, und in diesem Zusammenhang gibt es zwei positive Wirkungen: Auf der einen Seite wurde die Wiederverwendung verbessert, auf der anderen Seite die energetische Nutzung. So können wir heute sagen, dass Abfall in Österreich kein Abfallprodukt ist, sondern ein Produkt, aus dem zumindest wieder etwas gemacht wird – so gut es geht.

Ich darf nun ein Thema ansprechen, das mir auch Sorgen bereitet, es ist der Müll in der Landschaft, das Littering. Das ist ein Thema, an dem wir arbeiten werden müssen. Ich komme vom Land und ich kann Ihnen sagen, das, was wir an Aludosen an den Straßenrändern zusammenklauben, was wir an McDonald’s-Verpackungen einsam­meln dürfen, ist nicht erfreulich.

Ich denke daher, dass es durchaus einer gemeinsamen Anstrengung bedarf, um auch bei diesem Thema weiterzukommen. Die vielen Freiwilligen – es ist ja das Jahr der Freiwilligen –, die im Frühjahr in den ländlichen Regionen diese Müllsammelaktionen durchführen, würden mehr als ein Dankeschön des Bürgermeisters verdienen. Wir sollten uns gemeinsam bemühen, erstens den Müll in der Landschaft zu reduzieren und zweitens diesen Menschen, die in ihrer Freizeit den Müll sammeln, entsprechend ein Dankeschön zu sagen, so, dass sich zumindest eine Jause ausgeht.

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Thema, das mir Sorge bereitet, ist das Thema Lebensmittel im Müll. Wir wissen, dass Lebensmittel auch in der heutigen Zeit etwas Wertvolles sind, und ich meine, dass es durchaus wichtig ist, über die Wertschätzung der Lebensmittel wieder zu reden. Es ist schon gut, wenn man einkaufen kann, wenn man seinen Kühlschrank füllen kann, sodass man nach Lust und Laune herausnehmen kann, aber es ist auch gut, darüber zu reden, dass man mit den Lebensmitteln wertvolle Produkte kauft, nützt und hoffentlich verwendet und nicht wegschmeißt.

Meine Damen und Herren! Wiederverwertung und Wiederverwendung sind die wich­tigen Themen unserer Abfallwirtschaft. Gemeinsam können wir das System weiterent­wickeln.

Dieses Thema wird uns im heurigen Jahr begleiten, wir werden noch öfters dazu sprechen können. Ich hoffe, dass wir weiterhin gemeinsam in konstruktiver Form darüber diskutieren, da natürlich noch viele andere Themen in diesem Bereich zu lösen sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Brunner. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.47.16

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Land­wirtschaftsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir endlich ein Abfallthema – wenn auch spät, aber doch – hier im Parlament diskutieren. Ich denke, seit „Plastic Planet“ ist es ja in aller Munde, und es ist höchst an der Zeit, dass auch wir im Nationalrat uns mit diesem Thema beschäftigen.

Für mich war Abfallpolitik, Abfallvermeidung der Einstieg in die Umweltpolitik, damals noch in der Schule, wenn es groß um Mülltrennung, Müllvermeidung gegangen ist. Aber ich habe leider das Gefühl, dass dieses Thema in der österreichischen Umwelt­politik und hinsichtlich der Auswirkungen sehr ins Hintertreffen geraten ist. Deswegen brauchen wir da endlich mehr Initiative. (Beifall bei den Grünen.)


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Im Abfallwirtschaftsgesetz sehe ich diese Initiative leider nicht. Es ist schon erwähnt worden, dass damit auch die neue Abfallhierarchie umgesetzt wird. Was ich allerdings nicht sehe, Kollege Schultes, ist, wie die auch wirklich eingehalten werden soll, denn die Bestimmungen, die Regelungen, die schon in der EU-Richtlinie vorgesehen sind, aber auch in unserem Gesetz, stellen das nicht sicher. Das, was Sie angesprochen haben, die vierte Stufe, die sonstige Verwertung, ist nämlich nichts anderes als Ver­bren­nung. Müllverbrennungsanlagen gelten jetzt nicht mehr als Müllentsorgung, sondern automatisch als Energieerzeugung. Ich denke, es ist schon okay, dass eine Müllverbrennungsanlage Energie erzeugen muss, aber Müll zu produzieren, damit wir Energie erzeugen, das kann es wohl nicht sein und das hat mit Abfallvermeidung nichts zu tun.

Ihnen, Herr Minister, werfe ich vor, dass Sie die Möglichkeiten, die Ihnen die Abfall­richtlinie zur Abfallvermeidung sehr wohl gegeben hätte, nicht ausnützen. Wenn Sie nämlich einen Abfallbewirtschaftungsplan ausarbeiten würden, der Abfallvermeidung als oberstes Ziel hat – und das fordere ich von Ihnen, einen Abfallvermeidungsplan für Österreich –, dann könnten Sie auch Müllimporte verbieten.

Da komme ich auf meinen Antrag zu sprechen. Wir haben schon jetzt einen Wildwuchs an Müllverbrennungsanlagen in Österreich – das geht aus Ihrer eigenen Anfrage­beantwortung hervor. Es gibt in Österreich nicht genug Müll für die bestehenden Müllverbrennungsanlagen, und wir werden ja hoffentlich nicht Müll produzieren, damit diese Anlagen etwas zum Heizen haben. Wenn alle Anlagen, die in Österreich noch geplant sind – Heiligenkreuz, Frohnleiten, Linz –, umgesetzt werden, dann haben wir eine Müllverbrennungskapazität von 3 226 000 Tonnen bei einer berechneten Rest­stoff­verwertungsmenge von 1,5 Millionen Tonnen, also mehr als das Doppelte. Da frage ich Sie schon: Was hat das mit Abfallvermeidung zu tun? Und das ist genau der Punkt.

Ich komme aus einer Müllverbrennungs-Bürgerinitiative, und als Erstes fragt man sich: Haben wir so viel Müll, dass wir nicht wissen, wohin damit? – Aber dem ist nicht so.

Und wenn Bürgerinitiativen das ins Treffen führen, dann kommt sofort die Antwort: Das ist kein Genehmigungskriterium. – Das heißt, wir brauchen ein Genehmigungskriterium dafür, ob überhaupt so viel Müll da ist, dass wir Bedarf an Müllverbrennungsanlagen haben. Denn es wird sehr wohl so weit kommen, dass es zu Müllimporten aus ganz Europa kommt; sicher nicht aus der näheren Umgebung, sicher nicht aus den Nach­barregionen, sondern von weit her. Und der Transport wird auch sicher nicht auf der Schiene erfolgen. Es sind maximal ein, zwei Anlagen in Österreich, wo der Schienen­transport funktioniert, sonst erfolgt der Transport überall ausschließlich per Lkw.

Ich habe daher diesen Antrag schon für die vorliegende Novelle zum Abfallwirtschafts­gesetz eingebracht, aber er wird leider abgelehnt.

Es gäbe noch genug andere Maßnahmen im Bereich Müllvermeidung, die ich auch beantragt habe, die Sie aber nicht einmal diskutieren wollten, weswegen die Anträge vertagt worden sind.

Müll und Plastik sind leider nicht nur ein ökologisches Problem – das ökologische Problem ist groß genug –, sondern auch ein gesundheitliches Problem. Deswegen brauchen wir, denke ich, unbedingt eine Kennzeichnungspflicht. Es muss einfach so sein, dass ich, wenn ich Lebensmittel kaufe, die in Plastik verpackt sind, weiß, dass das schädlich ist und wie das auf mich und meine Gesundheit wirkt.

Und wir brauchen eine Beweislastumkehr. Das heißt, wenn ein Produzent Plastik oder einen Kunststoff auf den Markt bringen möchte, muss er beweisen, dass es nicht schädlich ist, anstatt umgekehrt.


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Das Leichteste, etwas, das Sie sofort machen könnten, wäre ein Plastiksackerlverbot. Wozu braucht man ein Plastiksackerl? – Es gibt genug Alternativen, zumindest den eigenen Einkaufskorb oder ein Stoffsackerl, die man nützen könnte.

Bei Ihrem Argument dafür, dass wir kein Plastiksackerlverbot brauchen, stellen sich mir wirklich alle Haare auf – ich glaube, das geht jeder UmweltschützerIn so –: Bei uns in Österreich, sagen Sie, brauchen wir das nicht, denn bei uns werden die Plastiksackerl ohnehin verbrannt. – Das ist eine umweltpolitische Bankrotterklärung!

Erklären Sie jemandem, der neben einer solch unnötigen Müllverbrennungsanlage wohnt – da spreche ich jetzt auch konkret Sie als Burgenländer an –, warum Sie sich so dagegen sträuben! Das ist eine der leichtesten Maßnahmen, die wir sofort um­setzen könnten.

Ich stimme dem Kollegen Schultes zu, dass viele Österreicherinnen und Österreicher im Abfallbereich sehr umweltbewusst vorgehen, sehr auf Mülltrennung achten, dass da auch sehr viele Freiwillige arbeiten, aber Sie als Landwirtschaftsminister, der auch für die Umweltangelegenheiten zuständig ist, sollten der sein, der für Abfallvermeidung sorgt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) – Auch hier. Sie sind als Oberster dafür zuständig.

Sie sind ja sonst bekannt dafür, in vielen Bereichen Ausreden zu haben und nicht zuständig zu sein. Im Abfallbereich sind Sie allein zuständig, und trotzdem haben Sie da bisher überhaupt nichts gemacht. Für Abfallvermeidung sind Sie als Oberster zuständig, und wenn Sie Ihre Haltung da nicht ändern, dann wäre es, glaube ich, für die Umwelt besser, wenn Sie die Umweltpolitik bleiben ließen.

Ich bin der Meinung – damit es in Österreich endlich in der Abfallvermeidung auch weiter­geht und wir weniger Plastik haben –: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.53.17

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir mit diesem Gesetz die Abfallrahmenrichtlinie umsetzen, ist schon gesagt worden. Dass die oberste Priorität dabei ist, Abfall zu vermeiden, wurde ebenfalls schon erwähnt. Und das ist nicht ganz einfach in der Umsetzung, wenn wir wissen, dass mit Mist sehr viel, und zwar wirklich sehr viel, Geld zu machen ist.

Dieses Profitmachen, dieses Geldmachen mit dem Mist schlägt sich dann unter ande­rem auch darin nieder, dass wir Plastik in Form von Sackerln, in Form von Flaschen, aber auch Glas und Aluminium in der Landschaft, in den Gewässern, im Wald, im Restmüll finden, jedenfalls überall dort finden, wohin es überhaupt nicht gehört.

Ich habe nicht den Ansatz, zu sagen: Okay, da gehen viele Freiwillige in den Wald und sammeln den Müll ein, und man möge ihnen nicht nur danken, sondern das vielleicht auch noch irgendwie remunerieren. Ich denke, dass der Ansatz sein sollte, zu schauen, dass der Mist überhaupt nicht dorthin kommt, wo er dann wieder eingesam­melt werden muss.

Ein möglicher Weg, der ganz sicher in diese Richtung führt, ist, dass wir die Einweg­gebinde, von denen es immer mehr gibt, zurückdrängen und schauen, dass wir mit einer sinnvollen Politik in Richtung Mehrwegflaschen, Mehrweggebinde eine Win-Win-Win-Win-Win-Win-Situation für ganz, ganz viele Faktoren finden. Zum Beispiel für die


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Gesundheit, weil toxische Beimischungen in billigem Plastik nach wie vor oft in Lebens­mittel diffundieren, weil damit eben Littering zurückgedrängt werden könnte, weil wir wesentlich weniger an Energie und auch an Ressourcen, an Rohstoffen bräuchten, wenn wir Materialien wiederverwendeten anstatt sie zu zerschreddern und neu einzu­schmelzen oder sie zu verbrennen, weil wir kürzere Transportwege hätten, aber auch, weil Arbeitsplätze damit gesichert werden könnten, und weil wir kürzere Transportwege hätten, mit Produkten, die innerhalb der Region bleiben.

Ich denke, das alles führt auch dazu, dass man natürlich, wenn man zu einer wirklichen Wahlfreiheit für KonsumentInnen zwischen Ein- und Mehrweg kommt, auch das Umweltbewusstsein fördern kann.

Wir haben die Mehrwegflaschen auf der Liste der aussterbenden Arten, auf der Roten Liste quasi, und ich glaube, es hat sich gezeigt, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie in dieser Frage nicht funktioniert hat. Wir alle sind daher aufgerufen – ich hoffe, dass sich alle fünf Parteien daran beteiligen werden –, an einem Modell zu arbeiten, wie wir wieder zu einer Steigerung der Mehrwegquoten kommen, die wirklich signifikant und für die Umwelt sinnvoll ist. Denn dass es in der Ökobilanz sinnvoll ist, Mehrweg zu verwenden, darüber sind sich mittlerweile zum Glück alle einig. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Brunner.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.56.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Meine Kollegin hat schon klargelegt, warum wir dem Abfallwirtschaftsgesetz nicht zustimmen werden. Ich möchte noch auf einige Aspekte eingehen, insbesondere darauf, was Müllvermeidung und Recycling wirklich bedeuten können.

Herr Bundesminister, Ihre Positionierung ist ambitionslos, bei Ihnen ist keine Empathie vorhanden, als Umweltminister wirklich dafür zu kämpfen, die Industrie davon zu über­zeugen, die Konsumenten auf Ihrer Seiten zu haben, obwohl in der Praxis – und das ist ja das Dramatische – der Anteil von Mehrweggebinden, um nur ein Beispiel zu nennen, in Österreich drastisch abgenommen hat. (Abg. Mag. Brunner: Gesetzwidrige Situ­ation!)

Österreich war ein klassisches Land dafür, wo gesagt wurde: Selbstverständlich, das Mehrwegsystem ist vernünftig, ist eine Wiederverwendung, ist eine Effizienzsteigerung, ist eine Vermeidung von Müll. Was ist Faktum? – Wir hatten vor sieben, acht Jahren noch eine Mehrwegquote von über 80 Prozent bei Getränken, jetzt liegt sie bei unter 25 Prozent. (Abg. Eßl: Damals haben Sie auch geschimpft!) – Was heißt, damals habt ihr auch geschimpft?! Das sagt Kollege Eßl. Ist das eine Antwort? Ist das eine politische Analyse, die Sie da machen? Sie sind von einer Regierungspartei, von einer Fraktion, die in der Verantwortung ist (Abg. Mag. Brunner: Das ist eh wurst, heißt das!), und nichts anderes als solch eine Argumentation fällt Ihnen ein?! Sie sind phantasielos!

Der Herr Minister ist leider auch phantasielos. Was soll sein Sager, die Plastiksackerl zu verbrennen? Das ist keine Wertstoffkette, sondern das ist – das ist nicht einmal Populismus. Jeder fragt: Was soll das, bitte? Sind Sie Umweltminister oder Vertreter der fossilen Energiewirtschaft? (Beifall bei den Grünen.) Denn die sagen: Ja, gut, das ist Erdöl, machen wir ein Sackerl und verheizen wir es! Das ist aber kein Argument.

Ich möchte jetzt ein Projekt aus Oberösterreich vorstellen, ein sehr gutes Projekt: Wir haben in Altmünster mit einer echten Recycling- und Wiederverwertungsstelle begon­


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nen, wo ein regionales Abfallwirtschaftszentrum erweitert wurde um ein Sozialprojekt, das sich auch für die Wiederverwertung von übrig gebliebenen Dingen, die noch verwertbar sind, einsetzt und Menschen integriert, ihnen hilft, in solch einem Projekt mitzuarbeiten, mitzuwirken. (Abg. Hornek: Das machen wir in der Landwirtschaft schon seit ...!)

Und dieses Projekt – RETURN, heißt es –, das wir jetzt in Oberösterreich multiplizieren und in mehreren Gemeinden, an fünf, sechs Standorten durchführen – verantwortlich ist dort Umweltlandesrat Rudi Anschober –, ist ein Konzept in der Praxis. Wo ist Ihre Unterstützung, solche Projekte in allen Bundesländern umzusetzen? (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: ..., das machen ja andere Bundesländer auch!) – Ja, das machen andere Bundesländer auch – aber dann zeigen Sie mir bitte die Projekte! Wo laufen diese Projekte? Und was machen Sie an Öffentlichkeitsarbeit für genau diese Art der Verwertung, nämlich für das Wiederverwerten – und vor allem für den ersten Schritt, für das Vermeiden? (Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Kollege Großruck, Vermeidung. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Sie können sich ja zu Wort melden, Herr Minister, melden Sie sich gerne noch einmal und sagen Sie uns, wie Sie es machen wollen, denn daran haben wir ja auch im Ausschuss Interesse gehabt.

Darum begrüßen wir ja auch den Entschließungsantrag, was die Überlegungen im Mehrwegbereich betrifft. Sie haben ja hier auch schon einmal Ansätze, eine Ankündi­gungspolitik gemacht (Abg. Mag. Brunner: Alles wieder verebbt!), aber dann kam plötzlich Kritik von der Wirtschaftsseite. Herr Minister, aber genau dann erwarten wir Rückgrat! Da erwarten wir von einem Umweltminister, dass er in die Öffentlichkeit tritt und sagt: Jawohl, meine Damen und Herren, jawohl, Wirtschaft, es ist auch in unse­rem, in eurem Interesse, dass wir ressourceneffizient agieren, und daher werden wir Mehrweg voranstellen müssen, daher werden wir Müllvermeidung betreiben müssen. – Ganz wichtig auch im Lebensmittelhandel, und Kollege Schultes hat zu Recht auch das Problem des Wegschmeißens von vielen, vielen Lebensmitteln und den Umgang mit Lebensmitteln erwähnt. Auch das ist ein wichtiger Punkt, und dem müssen wir uns verstärkt widmen.

Herr Kollege Eßl, dazu wären Ihre Vorschläge gefordert – und nicht zu sagen, auch früher schon haben Sie Kritik geäußert. Das ist Ihr gutes Recht, aber hier geht es darum, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen. Wir haben Anträge eingebracht, und wir erwarten uns, dass im Ausschuss konstruktiv daran weitergearbeitet wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


21.00.24

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Entwurf setzt die EU-Abfallrahmenrichtlinie um. Und zwar geht es bei diesem Thema, im Gegensatz zu Beschwörungen einiger Redner, sehr wohl um Abfallvermeidung als eines der obersten Prinzipien. Das dreistufige Abfallhierarchie-Verfahren wird auf ein fünfstufiges erweitert und dadurch ersetzt. Vermeidung steht an erster Stelle. Die Panikmache, die vonseiten der Grünen betrieben wird, ist völlig unangebracht. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Der zweite Punkt ist die Vorbereitung auf die Wiederverwertung. Recycling, sonstige Verwertung und Beseitigung stehen am Schluss dieses fünfstufigen Verfahrens, und


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das ist auch richtig so. Es wird in diesem Gesetz die Verpflichtung zur Erstellung von Abfallvermeidungsprogrammen verankert. Also genau das, was hier von manchen als nicht vorhanden beklagt wird, passiert in der Praxis und soll in diesem Gesetz umge­setzt werden.

Weiters gibt es Verbesserungen hinsichtlich der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen, indem zum Beispiel Begleitdokumente elektronisch mitgeführt werden sollen. Das soll Sicherheit geben.

Es gibt auch klimaschutzrelevante Maßnahmen, und zwar Bestimmungen, aufgrund deren Abfalltransporte mit einem bestimmten Gewicht – da geht es nicht, wie hier der Erstredner gesagt hat, um kleine Mengen, sondern um 50 Tonnen – und über eine bestimmte Transportstrecke, nämlich 400 Kilometer, von der Straße auf die Schiene verlegt werden müssen. Das hat zu erfolgen. Das heißt, ein klarer Auftrag. (Abg. Mag. Brunner: Und wie wird das kontrolliert und eingehalten? – Das passiert nirgends!)

Es werden auch Betriebe belohnt, die sich der EMAS-Zertifizierung unterziehen, nämlich jene, die die europäische Umwelterklärung abgeben. Und die gilt dann auch – weil sie im Rahmen dieser EMAS-Erklärung ein Abfallwirtschaftskonzept erstellen müssen (Abg. Mag. Brunner: Ja, aber das kontrolliert auch wieder niemand!), daher müssen diese Betriebe kein derartiges neu erstellen. Das soll Verwaltungskosten reduzieren und soll auch die belohnen, die hier vorbildlich sind. Wir haben viele Unter­nehmen im Gewerbe, in der Wirtschaft, die durch freiwillige Zertifizierungen mehr für den Umweltschutz tun, und diesen positiven Wettbewerb initiiere ich und unterstütze ich, weil uns das auch sehr viel bringt.

Bei uns in Österreich ist die Abfallwirtschaft ein gelebtes Ressourcen-Management (Abg. Dr. Pirklhuber: Verbrennen statt wiederverwenden, das ist die Praxis!), denn wir haben in vielen Bereichen des Klimaschutzes Nachholbedarf, aber bei der Abfall­wirtschaft erreichen wir die Klimaschutzziele – ganz eindeutig –, weil bei uns gesagt wird: Bevor Abfall deponiert wird – es soll nur mehr am Schluss das, was nicht mehr verwertbar ist, deponiert werden –, wird er energetisch genutzt, sodass ein Drittel der heimischen Abfälle energetisch genutzt wird. (Abg. Mag. Brunner: Energetische Nutzung heißt: verbrannt! – Sie sollen aber Abfall vermeiden!)

Ich verstehe, dass Sie, Frau Kollegin, lieber alles vergraben und deponieren wollen (Abg. Mag. Brunner: Nein, vermeiden!), aber wir sagen, ... (Abg. Mag. Brunner: Sie können nicht zuhören!)

Frau Kollegin, jetzt im Ernst: Wie können Sie eine ernsthafte Debatte führen, wenn ich von Abfallvermeidung rede und Sie hier mit Ihren Kollegen ein Gespräch führen und gar nicht zuhören? (Abg. Mag. Brunner: Ja, ich schon!) Was wir an erster Stelle im Abfallwirtschaftskonzept machen: Vermeidung! Im Gesetz steht drinnen: Abfallvermei­dungskonzept! – Sie hören nicht einmal zu. (Abg. Mag. Brunner: Sie haben mir nicht zugehört, weil ich gesagt habe, das wird nicht eingehalten!) Sie wollen ja gar keine ernsthafte Debatte führen! Ich sehe das, ich verstehe das, ich akzeptiere das, aber Sie müssen sich damit selbst zurechtfinden (Beifall bei der ÖVP), denn wir haben eben keine unbehandelten Abfälle mehr, so wie früher, als man das, weil man noch nicht den Stand der Technik gehabt hat, irgendwo vergraben hat.

Es werden in Österreich keine unbehandelten Abfälle mehr deponiert! Das war einer der wichtigsten Schritte hin zu einer nachhaltigen Abfallbewirtschaftung. 60 Prozent unseres Abfalls wird wiederverwertet, recycliert. Das ist auch ein enormer Aufwand, wo die Gemeinden, die Bundesländer und auch die Bundesstellen zusammenarbeiten. Das ist ein Spitzenwert, der erzielt wird.


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Kollege Schultes hat es erwähnt, wir ÖsterreicherInnen sind Mülltrenn-Weltmeister! 116 Kilo pro Kopf werden gesammelt und dann wiederverwertet. Das sind inter­nationale Spitzenwerte, sodass das Ziel für die Zukunft ist, eine Verbesserung und eine Steigerung der Materialeffizienz zu erreichen, das heißt, Recycling-Quoten stärker zu erhöhen, dass wir die Wiederverwendung ausbauen, dass wir auch eine Steigerung bei der Energienutzung und Energieeffizienz haben, und natürlich sind Müllvermeidung und Abfallvermeidung ein klares Konzept.

Zum Thema Plastiksackerln und Kunststoff-Tragetaschen: Es gibt in ganz Europa – nur zu Ihrer Information – kein Verbot der Plastiksackerl, weder in Paris – ein Beispiel, das immer wieder zitiert wird – noch in Italien. Italien sagt, sie überlegen es, allein sie haben es noch nicht notifiziert. (Abg. Mag. Brunner: ... beschlossen!) Aber es ist auf jeden Fall ein Konzept, das man diskutieren muss.

Nur zum Vergleich – und auch hier appelliere ich, eine ernsthafte Debatte zu führen; niemand ist ein Verteidiger des Plastiksackerls, und wenn Sie mir hier halbe Zitate unterstellen, ist das Teil der politischen Polemik, ist aber trotzdem falsch –: In Italien gibt es 200 000 Tonnen Plastiksackerln und in Österreich 5 000 bis 6 000 Tonnen, das ist 0,01 Prozent des Abfalls. (Abg. Mag. Brunner: Und deshalb müssen wir nichts machen? Was ist das jetzt für ein Argument?)

Es geht darum, die Kirche im Dorf zu lassen. Und das Problem, das wissen Sie ganz genau, sind die dünnen Plastiksackerln, die gerade in Meeresgebieten ins Meer ge­raten und von den Fischen geschluckt werden, die dann jämmerlich zugrunde gehen. Daher sind gerade zum Beispiel am Mittelmeer die Länder darum bemüht, hier zu reduzieren. (Abg. Mag. Brunner: Ich lade Sie zu einem ...treffen ein ins Burgenland!)

Es geht darum, dass wir 50 Prozent der anfallenden Plastiksackerl in Österreich verwerten. Wir wiederverwerten 50 Prozent, und der Rest wird nicht irgendwo, wie es Kollege Schultes zu Recht beklagt hat, weggeschmissen, wie es leider bei anderen Dingen passiert, sondern eben thermisch genutzt. (Abg. Mag. Brunner: Verbrannt!) Und ich sage ja, das hat einen Sinn. Es ist besser, es thermisch zu nutzen, als es irgendwo zu deponieren oder aus dem Auto rauszuschmeißen. Es geht um eine geordnete Abfallbewirtschaftung, für die wir hier gemeinsam stehen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Der Oberheizer der Nation!)

Das ist auch der Punkt, daher habe ich ein Fünf-Punkte-Programm erstellt, wo wir gemeinsam mit der Wirtschaft Konzepte erarbeiten, nicht nur zur Vermeidung, sondern auch zur Einführung neuer Tragesysteme, indem wir zum Beispiel verrottbare Ver­packungsmaterialien verwenden. Hier gibt es Beispiele. Bewusstseinsbildung ist ein solches. Herr Kollege Pirklhuber, ich nehme Ihre Anregung, dass ich mehr Öffent­lichkeitsarbeit machen soll, gerne auf. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Sie haben das hier gerade eingefordert. Gerade im Sinne der Bewusstseinsbildung ist das sicher notwendig, damit die Bevölkerung merkt, dass man hier auch alternative Stoffe anbietet. Genauso ist es ein Teil der Maßnahmen, dass wir bestehende Regelungen in anderen EU-Ländern bezüglich Kunststoff-Tragetaschen evaluieren, und auch eine Kennzeichnungspflicht, die ich bei der EU-Kommission anregen werde, damit der Konsument entscheiden kann.

Der Punkt ist schon auch: Das, was Sie von den Grünen auch hier wieder tun, ist, das Umweltmusterland Österreich schlechtzureden. Das ist genauso nicht angebracht wie in anderen Bereichen (Abg. Mag. Brunner: Hören Sie einmal auf damit! Ich rede nicht Österreich schlecht, sondern Ihre Politik kritisiere ich!), denn – ich nenne Ihnen ein paar Zahlen, die objektiv nachprüfbar sind –:

Gegenüber dem Jahr 2004 hat sich die insgesamt auf Deponien abgelagerte Masse der Abfälle aus Haushalten um 34 Prozent reduziert – dank der Anstrengung von vie­


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len Menschen in der Republik. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ja logisch! Das hat keiner bestritten!) Es gibt, wie gesagt, keine Ablagerung von unbehandelten Abfällen mehr auf Deponien. 90 Prozent der Siedlungsabfälle werden wiederverwertet – 50 Prozent stofflich, 40 Prozent thermisch. Das ist im städtischen Bereich ja notwendig für die Fernwärme, weil es hier schwerer ist, Biomasse-Anlagen zu errichten.

Bei der getrennten Sammlung von Abfällen aus Haushalten und haushaltsähnlichen Einrichtungen ist der Anteil seit 2004 um 24 Prozent gestiegen. (Abg. Mag. Brunner: Was heißt das jetzt? Wir müssen keine ... mehr machen?) Bei Elektro- und Elektronik-Altgeräten übertrifft Österreich den Wert der Europäischen Union um Meilen. In der EU wird der Wert vorgegeben, 4 Kilogramm pro Einwohner zu sammeln, in Österreich sind es 9,32 Kilogramm. (Abg. Dr. Pirklhuber: Dann können Sie eh abdanken, wenn alles so super ist!)

Sie müssen auch einfach nur die aktuellen Meldungen zur Kenntnis nehmen. Man kann stolz darauf sein in Österreich! Die Europäische Kommission hat überprüft und stellt fest, Österreich ist Spitzenreiter bei der Wiederverwertung von Altfahrzeugen. (Abg. Mag. Brunner: Dann lesen Sie Ihre eigene Anfragebeantwortung!) Wir sind die Ersten in Europa mit 97 Prozent Wiederverwertung – niemand macht uns das nach! (Abg. Dr. Pirklhuber: Warum? Weil wir die Voest und die Stahlindustrie haben!)

Ich wundere mich daher, warum Sie Österreich schlechtreden, in diesem Bereich bis hin zu dem vom Kollegen Schultes zu Recht angesprochenen Bereich der Lebens­mittel, wo sehr viele Lebensmittel in den Müll wandern. Hier stellt durch die Euro­päische Kommission eine unabhängige Kommission fest, dass Österreich, Deutsch­land und Schweden auf einem sehr guten Weg sind, dieses Problem zu vermeiden, und dass wir am effizientesten und am besten unterwegs sind. Das heißt nicht, dass wir Stillstand machen (Abg. Mag. Brunner: Oja!), aber das heißt auch nicht, dass Österreich auf einem falschen Weg ist, sondern, im Gegenteil, dass sehr viel erreicht wurde. Und diesen hohen Standard wollen wir auch halten, auch wenn Sie es nicht zur Kenntnis nehmen wollen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Auf dem Pariser Flughafen macht er an Bahöl, und dann ...!)

21.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hornek zu Wort. – Bitte.

 


21.08.48

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Abgeordnetenkolleginnen und ‑kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin an und für sich als Umwelt-Gemeinderat in die Politik gekommen, und eine der ersten Aufgabenstellungen, die wir in meiner Heimat­gemeinde hatten, war die Realisierung des Abfallvermeidungs- und -verminderungs­konzepts der Marktgemeinde Kautzen. Daran können Sie sehen, die Bürger meiner Heimatgemeinde waren schon grün, da waren die Grünen noch farblos. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hausmüll auf Deponien und Wertstoffe auf Deponien – in der Vergangenheit eine Selbstverständlichkeit. Zwischenzeitlich hat sich allgemein durchgesetzt, dass Abfall Wertstoff am falschen Ort ist und dass im Zuge von endogenen Prozessen Altstoffe entsprechend umgesetzt und neuen Verwen­dungs­zwecken zugeführt werden.

Es ist in meiner Heimatregion eine Selbstverständlichkeit, dass in jeder Gemeinde ein Abfallsammelzentrum etabliert ist und dass dort in perfekt getrennter Art und Weise die Wertstoffe wiederverwendet werden.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich kann in diesem Bereich eine stolze Bilanz legen. Wir haben erreicht, dass allein im Zeitraum 2004 bis 2010 die Haushaltsmengen an Müll um 34 Prozent zurückgegangen sind. Wir haben erreicht, dass 90 Prozent der Siedlungsabfälle wiederverwertet werden, davon 50 Prozent stofflich wiederverwertet – Herr Kollege Pirklhuber, passen Sie auf! (Abg. Dr. Pirklhuber: Ich pass eh auf!) –, und 40 Prozent werden sinnvoll energetisch, thermisch verbrannt, und daraus wird Strom und Wärme produziert. (Abg. Dr. Pirklhuber: Haben Sie schon einmal etwas von Wertstoffkette gehört?) – Herr Kollege Pirklhuber, ich kenne mich da sehr genau aus, dies im Gegensatz zu Ihnen.

Faktum ist, dass es wesentlich klüger ist, den bereits angefallenen Müll thermisch zu verwerten (Abg. Mag. Brunner: Noch klüger ist es, ihn zu vermeiden!), als ihn unter der Erde zu vergraben und Altstoff und neue Altlasten zu produzieren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Vergraben ist verboten!) Faktum ist, dass Österreich da beste Tech­nologie einsetzt, um die uns andere Länder beneiden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sie wissen genauso wie ich, dass Vergraben verboten ist! Reden Sie nicht so einen ...!) Das ist völlig richtig, dies geschieht aber in anderen Ländern immer noch. In Österreich ist das absolut nicht der Fall, es gelangt kein unbehandelter Abfall auf Deponien.

Faktum ist, dass Österreich da europaweit als beispielhaft zu sehen ist, und darauf können wir gemeinsam stolz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Auer zu Wort. – Bitte.

 


21.11.42

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Auch ich kann die Aufregung der Grünen nicht verstehen. Der Herr Minister hat schon versucht zu erläutern – in zwei Minuten wird es mir höchst­wahrscheinlich nicht gelingen, versuchen kann ich es ja trotzdem –: Europa setzt künftig mehr auf Abfallvermeidung, wir setzen die Abfallrahmenrichtlinie mit dem heute zu beschließenden Gesetz um (Abg. Mag. Brunner: Dann haben Sie es offenbar nicht gelesen! Wir schon!), und trotzdem wird von Ihrer Seite polemisch in diese Richtung gewettert.

Wir sind auch für weniger Abfall, wir sind auch für Mehrweggebinde, so wie Sie. Es gibt ja diesen Entschließungsantrag, der heute auch beschlossen werden wird. Bis Mitte 2011 wird es Ergebnisse geben. Da sind wir d’accord mit Ihnen. Die Gründe für die Einführung von Mehrwegflaschen, die Sie nennen, sind auch uns klar, und wir stehen voll dahinter. Wir sind für weniger Abfall, was dabei ja auch herauskommt. Wir sind für Ressourcenschonung. Wir sind dafür, dass mehr Klimaschutz betrieben wird (Abg. Mag. Brunner: Und mehr Müllverbrennung!), dies dadurch, dass durch Mehrweg­gebinde weniger Energie benötigt wird. Wir sind auch der Meinung – Kollegin Bayr hat es soeben erklärt –, dass Mehrweggebinde natürlich einen kleineren Radius erfordern. Dadurch werden auch regionale Abfüllanlagen, die regionale Wirtschaft gefördert. Also wir sind da eigentlich dabei, und ich würde die Opposition, also in diesem Fall die Grünen, doch bitten, dass wir da zusammenarbeiten und vielleicht das eine oder andere verbessern.

Zu den Freiheitlichen darf ich sagen – Kollege Strache ist nun nicht da – ... (Zwischen­ruf des in der drittletzten Bankreihe sitzenden und mit Abg. Dr. Hübner sprechenden Abg. Strache) – Oh, Grüß Gott, Herr Kollege Strache! Ihr Kollege Hofer hat ja unter dem Tagesordnungspunkt 17 einen Antrag gestellt, und dieser spiegelt auch wider, wie Sie immer wieder in gleicher Art und Weise vorgehen: Sie fordern mehr Kontrolle, das erfordert natürlich mehr Staatsbedienstete, aber im selben Atemzug verlangen Sie,


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dass die Zahl der Staatsbediensteten geringer wird, und Sie schimpfen über die Tintenburgen, wie es auch schon jemand, der bereits verstorben ist, immer gemacht hat. (Abg. Neubauer: Entsetzlich! Das typische SPÖ-Denken! Kaum verlangt man Kontrolle, muss es die öffentliche Hand sein!)

Das zeigt, wie widersprüchlich Sie argumentieren. Ich fordere Sie auf, dass Sie mehr Sachlichkeit und mehr Ehrlichkeit in die Debatte bringen, denn Ehrlichkeit verlangen Sie selbst auch immer, und das ist auch für mich ein hoher Wert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Rädler zu Wort. – Bitte.

 


21.14.10

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ja, eigentlich könnten wir alle sehr stolz sein, wenn wir die Liste ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Was war das? Hab ich mich verhört?) – Ja, ja, ich komme schon noch zu Ihnen. Nein, Sie brauchen sich jetzt nicht aufzuregen, ich komme zu Ihnen, Herr Pirklhuber. Aber jetzt seien wir einmal stolz auf Österreich und auf unseren Herrn Bundesminister, auf die Erfolge in der Abfallvermeidung, die Liste, die er vorgelegt hat. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Aber es ist im Prinzip egal, was man vorlegt: Es gibt von den Grünen nur mehr Pole­mik. Auf Frau Brunner mit ihren kindischen Äußerungen und ihren schon sehr abgenützten Schlusssätzen, die sie hier immer wieder vorbringt, komme ich dann auch noch zu sprechen.

Die Freiheitlichen haben eigentlich gesagt, warum sie gegen das Gesetz sind, nur: Verstehen tu ich es nicht. Wenn Herr Jannach sich hier am Rednerpult auf die Seite der Entsorger stellt, dann frage ich mich: Ist das Umweltpolitik? Wenn Herr Jannach Bedenken hat betreffend die Gemeinden, weil der Gemeindebund sagt, dass da Probleme auf uns zukommen könnten, dass das etwas kostet – nun, das kann ja auch nicht Umweltpolitik sein.

Als Bürgermeister muss ich euch sagen, liebe Freunde von den Freiheitlichen, aber auch von den Grünen: Ihr redet ja eigentlich nur immer, ihr thematisiert immer nur, aber in der Umsetzung habe ich euch noch nie erlebt. (Abg. Dr. Pirklhuber: In Ober­österreich sind wir in Verantwortung und haben gezeigt, dass wir was weiterbringen!) In Oberösterreich, ja, da gibt es die Plastiksackerl nicht mehr, Gott sei Dank, weil der Anschober dort ist. Verstehe.

Nur, die Umsetzung findet in den Gemeinden statt, und wir müssen uns zur Umwelt­politik bekennen! Und die Abfallvermeidungsstrategie, die wir jetzt auf europäischer Ebene nach dem Modell Österreichs einbringen werden, diese Vermeidungsstrategie hat in den Gemeinden vor 30 Jahren begonnen. Da hat es wirklich die Grünen noch nicht gegeben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nicht im Parlament, aber gegeben hat es sie! Die waren damals sehr aktiv!) Und alle umweltbewussten Bürgermeister – und ich zähle mich dazu, weil ich Bürgermeister in einer Umweltmustergemeinde bin und auch, weil Frau Brunner das angesprochen hat, in einer Initiative gegen eine Müllverbren­nungsanlage tätig bin – haben das längst gemacht und machen es tagtäglich. Wir sind froh, wenn es jetzt eine gesetzliche Grundlage dafür gibt, dass es den elektronischen Akt gibt, weil wir mehr Überwachung durchführen, weil wir das auf den Gemein­deämtern dokumentieren und die diesbezügliche Kontrolle dort durchführen können, im Interesse der Bürger. (Abg. Mag. Brunner: Was sagen Sie dazu, ...?)


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Jetzt sage ich zu dieser Polemik gar nichts mehr, Frau Kollegin Brunner. Überlegen Sie sich Ihre Schlusssätze gegenüber dem Herrn Bundesminister! Ansonsten müssten auch wir Schlusssätze gegenüber Ihnen einführen, weiterführen (Abg. Mag. Brunner: Das steht Ihnen frei!), was wir aber aus diesem Grund nicht wollen. Einmal sage ich es noch: Schützt die Bäume, esst mehr Biber! (Beifall bei der ÖVP.)

21.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.17.07

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Da nun auch in Italien das sogenannte Plastiksackerl verboten werden soll – man hat das ja schon von Kollegin Brunner und von Minister Berlakovich gehört –, werden solche Maßnahmen auch in Österreich diskutiert. Und wenn man sich die heutige Umfrage des „Standard“ anschaut, wonach immerhin 60 Prozent für ein Verbot gevotet haben, dann wird schon deutlich, dass die Bevölkerung für ein Verbot ist.

In Österreich werden rund 350 Millionen Plastiksackerl pro Jahr produziert, und das wiederum verursacht, so meine ich, mit Sicherheit hohe Abfallberge. Ich bin froh, dass eine Drogeriekette in Österreich bereits angekündigt hat, zukünftig auf Plastiksackerl zu verzichten und Mehrwegverpackungen zu forcieren. Bei einer weiteren Handels­kette gibt es bereits Tragtaschen aus Bio-Kunststoff. Es muss zu einem generellen Umdenken bei Verpackungen kommen, und daher müssen auch, so meine ich, Anreize für den Handel geschaffen werden, damit dieser auch von sich aus umwelt­freundlichere Verpackungsmaterialien forciert.

Wenn man sich den Anteil von Mehrwegverpackungen bei Mineralwasser über meh­rere Jahre hinweg anschaut, so muss man feststellen, dass dieser massiv gesunken ist. Der Trend geht nun einmal zu Kunststoffeinwegflaschen, die dann letztendlich, und das wissen wir alle, in der gelben Tonne landen. Wir haben in Österreich noch keine gesetzliche Regelung. Wir haben eine freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft, die aber zeigt, dass diese Freiwilligkeit über zehn Jahre hinweg noch zu keinem großen Erfolg geführt hat.

Abschließend appelliere ich an Sie, Herr Minister, dass es hier schon zu einem Umdenken kommen muss, um die uns nachfolgende Generation vor Müllbergen zu schützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Mayer. – Bitte.

 


21.19.04

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, alle Kollegen und Kolleginnen sind sich einig: Vermeidung geht vor Entsor­gung, und der beste Müll ist der, der erst gar nicht entsteht. Ich erlaube mir hier den zynischen Vergleich mit dem großen Wunsch in der Bevölkerung nach der Verwal­tungsreform. Auch wir Politiker versprechen immer wieder, ja, da muss etwas ge­schehen und da machen wir etwas. Daher verstehe ich nicht, dass wir es immer wieder schaffen, dass wir neue Gesetze und Verordnungen verlangen, bevor wir überhaupt schauen, was die aktuelle Gesetzeslage zu gewissen Themen überhaupt hergibt.

So habe ich etwa im letzten Umweltausschuss die beiden Anträge des Abgeordneten Hofer erlebt, wo er einerseits fordert, dass eine Meldepflicht gegenüber der Gemeinde bestehen soll, wo der Abfallsammler melden soll, was er da lagert.


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Da stellt bereits die Abfallbilanzverordnung die gesetzliche Grundlage dar, wonach jeder Abfallsammler bei der Landesregierung melden muss, was er an den Standorten lagert, und die Gemeinde sich sofort nach Antrag die Information holen kann.

Genauso ist es bei dem Antrag, wo er fordert, die Abfallsammellagerstätten sollen in kürzeren Abständen kontrolliert werden. – Auch da gibt es schon die gesetzliche Grund­lage, wonach je nach Gefährlichkeit die Kontrolle, das Intervall festzulegen ist. Da kann es schon der Fall sein, dass sogar innerhalb von 14 Tagen die Lager kontrolliert werden.

Da möchte ich schon sagen, die gesetzlichen Bestimmungen reichen da sicher aus. Darum haben wir diese beiden Anträge auch abgelehnt, denn auch in der Verwaltung gilt: Vermeiden geht vor Entsorgen. Das bitte ich Sie auch bei künftigen Anträgen zu berücksichtigen. Man könnte auch da viel Papier sparen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen. – Bitte.

 


21.21.03

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Frau Kollegin Gessl-Ranftl hat in ihren Ausführungen gesagt, seit in Italien Plastiksackerl verboten werden, wird das Thema auch bei uns in Österreich diskutiert.

Ich berichtige hiermit wie folgt: Herr Kollege Abgeordneter Ing. Hofer hat bereits im Jahre 2007 zwei Anträge zur Abschaffung des Plastiksackerls hier in diesem Haus eingebracht. Seitdem wird dies diskutiert, Sie haben allerdings nicht reagiert. (Beifall bei der FPÖ.)

21.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. – Bitte.

 


21.21.47

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich habe mich jetzt doch noch zu Wort gemeldet, weil ich hier eine Tendenz feststellen kann, die mir etwas aufstößt. Immer dann wenn Kritik an der ÖVP oder an einem Minister der ÖVP geübt wird, wird das Ganze mit einer Kritik an Österreich verbunden. Also wenn wir – und wir machen das ja immer wieder, nicht nur wir vom BZÖ, sondern auch die Freiheitlichen oder die Grünen – im Ausschuss oder auch hier im Plenum den Herrn Minister daran erinnern, dass er als Umweltminister gefälligst die Umweltagenden entsprechend wahrzunehmen hat, dann heißt es sofort, es wird hier Österreich kritisiert, es wird Österreich schlechtgeredet. Das heißt, es wird hier eine Immunisierungstaktik angewandt, die aus meiner Sicht eines Ministers nicht würdig ist. (Zwischenrufe des Abg. Großruck.)

Herr Minister, wenn man sich die Zahlen ansieht, dann muss man ganz offen und ehrlich sagen, es ist da noch einiges zu tun.

Wenn sich jetzt die Grünen hier herstellen und sagen, dass im Bereich der Mehr­weggebinde noch einiges zu tun ist, dass im Bereich der Müllvermeidung noch einiges zu tun ist, und Sie sich dann hier herstellen und sagen, das ist reine Polemik, das ist Kritik an Österreich und Sonstiges, dann ist das, wie gesagt, eines Ministers nicht würdig. Deshalb sollten Sie sich, Herr Minister, wirklich einmal mit den Bedürfnissen,


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die dieses Land hat, eingehender beschäftigen und vor allem mit den Umwelt­bedürf­nissen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Wenn Sie davon sprechen, dass in Österreich Recycling ohnehin immer wieder entsprechend forciert wird, dann muss ich dem entgegenhalten, Recycling ist nicht Mehrweg. Und das wissen Sie auch. Aber Sie vermischen diese Begriffe immer wieder. Wenn wir von Mehrweg sprechen, dann sprechen Sie von Recycling. Das ist nicht das Gleiche. Das heißt, wenn wir bei Flaschen mehr Mehrweg wollen und Sie davon sprechen, dass Sie sie thermisch verwerten, dann ist das nicht das Gleiche, und das wissen Sie auch. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das habe ich auch nie behauptet!) Doch, doch. In Ihrer Rede – ich habe mitgeschrieben – haben Sie immer diese Verbindung gebracht.

Herr Minister, letztlich geht es darum: Wenn Sie davon sprechen, dass wir 60 Prozent des Abfalls wiederverwerten (Abg. Großruck: Oberstes Prinzip ist Vermeidung!), dann heißt das ja, dass wir 40 Prozent nicht wiederverwerten. Genau darum geht es ja. Es geht darum, dass wir eben die Quote der Abfallstoffe, die wir nicht wiederverwerten, verbessern, und da ist Mehrweg auf jeden Fall ein probates Mittel. Und was spricht dagegen, wenn wir hier entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, um Mehrweg nicht zu einem Nischenprodukt verkommen zu lassen, so wie das in der Vergangenheit der Fall war? (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Noch ein Punkt zum Thema Plastiksackerl. Herr Minister, Sie sprechen von Tausenden Tonnen Plastiksackerln in Österreich und verkaufen uns den Umstand, dass Sie dies nicht mehr im Boden eingraben, als großen Erfolg. Also wer braucht heutzutage noch ein Plastiksackerl? Es gibt genug Alternativen für das Plastiksackerl. Wenn Sie heute das Plastiksackerl verböten, würde es niemandem abgehen, weil es, wie gesagt, genug Alternativen gibt. Da wäre Umweltschutz ganz einfach, ohne dass für den Konsumenten ein Qualitätsverlust damit verbunden wäre. Deshalb, Herr Minister, nehmen Sie nicht jede Kritik an Ihrer Arbeit gleich persönlich! Es ist keine Majestäts­beleidigung, wenn wir Sie daran erinnern, dass Sie Umweltminister sind. Wir kritisieren nicht Österreich, wir kritisieren Sie, weil Sie in manchen Bereichen einfach zu wenig tun.

Deshalb, Herr Minister: Gehen Sie an die Arbeit und tun Sie etwas! (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

21.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


21.25.44

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Umweltminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heute zu beschließende Abfall­wirtschaftsnovelle ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Vor allem aufgrund der neuen europäischen Abfallrahmenrichtlinie wurden einzelne Bereiche verändert und adaptiert. Ich möchte hier speziell einen Bereich herausnehmen, das ist die fünfstufige Abfallhierarchie. Dazu hat der Minister schon ganz klar Stellung bezogen. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. An der Spitze steht Abfallver­meidung gefolgt von Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige stoff­liche Verwertung und Beseitigung. Sie sehen, dass wir einiges positiv verändert haben.

Ein weitaus umstrittenerer Teil ist aber der Bereich Verpackung und Mehrweggebinde. Dazu gibt es einen Entschließungsantrag. Wir müssen hier noch weitere Gespräche führen, um eine breite Zustimmung sicherzustellen.


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Lassen Sie mich aber gerade im Hinblick auf die vorhandenen Anträge der Opposition einige Worte sagen gerade aus meiner regionalpolitischen Erfahrung als Bürger­meister. In dieser Novelle geht es – und das ist schon ein paar Mal angesprochen worden – nicht darum, dass Mülltourismus propagiert wird, sondern ganz im Gegenteil! Hier geht es um die Überprüfbarkeit der Ladung, die verbessert wird. Das ist wichtig! Bei großen Entfernungen, also grenzüberschreitenden Transporten, gibt es die Auflage, dass diese Transporte nur über die Schiene erfolgen sollen. Das wird jetzt ermöglicht.

Es ist gesellschaftliche Realität, dass Müll produziert wird, in den meisten Regionen dieser Welt. Gerade deshalb gibt es Probleme mit Feinstaub, mit Ozonbelastung. Da müssen wir entsprechende weitere Schritte setzen.

Ich sage es auch ganz klar, mir ist es lieber, wenn der Müll hier in Österreich verwertet und recycelt wird mit unserem Know-how, bevor dies die Nachbargemeinde, der Nachbarstaat übernimmt und unsere Regionen dadurch Schaden erleiden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Let­ten­bichler. – Bitte.

 


21.27.39

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich gebe in einem Punkt meinem Vorvorredner vom BZÖ recht, es gibt immer etwas zu tun. Selbstverständlich gibt es immer etwas zu tun, aber man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass wir in Österreich in einem Umwelt­musterland leben. Ich lasse mir – und das wird wieder bei Ihnen einen Aufschrei hervorrufen – dieses Land nicht schlechtreden.

Es kommen Millionen von Gästen, von Urlaubern gerne jedes Jahr nach Österreich. Es gibt verschiedene Rankings, wo Österreich unter den Top 5 bis 7 Staaten dieser Welt ist. Ein Aspekt sind natürlich auch die hohe Lebensqualität und die hohen Um­weltstandards. Wir haben saubere Luft, sauberes Wasser. Wir leben in einem sehr, sehr schönen Land.

Der Herr Umweltminister hat ja heute schon mehrfach in seinen Ausführungen versucht, vielleicht auch die Grünen vom Konzept der Abfallvermeidung zu überzeugen oder sie wenigstens dazu zu bringen, dass sie zuhören. Aber sie wollen nicht zuhören, sie können nicht zuhören. Sie haben ihren Standpunkt, den akzeptieren wir. Sie müssen auch unseren Standpunkt akzeptieren.

Ich höre jetzt immer wieder Verbote. Ich sage, es ist immer besser, wenn man in einen Dialog tritt. Treten wir, so wie es der Herr Minister gesagt hat, auch mit der Wirtschaft, mit dem Handel in einen Dialog. Es gibt ja viele Beispiele dafür, wie Abfallvermeidung stattfinden kann. In Tirol gibt es ein Beispiel, wo die Handelskette MPREIS gemeinsam mit der Marke BIO vom BERG kompostierbare Sackerl entwickelt hat. Die bestehen aus Mais- und Kartoffelstärke und verfallen oder verrotten nach wenigen Wochen.

Es muss nicht immer eine Strafe, eine Kontrolle sein, es müssen nicht immer Verbote sein, wie es die Grünen immer wollen. Es gibt natürlich auch den mündigen Bürger. In Lebensmittelmärkten wurde untersucht, zu welchen Flaschen der Konsument greift: zu Mehrwegflaschen oder Einwegflaschen. Fakt ist, dass 80 Prozent der Konsumenten zu Einwegflaschen greifen. Damit kann man jetzt eine Freude haben oder nicht. Wenn man allerdings einen so hohen Anteil an Einwegflaschen hat, dann ist das Wichtigste, dass diese recycelt werden. Da haben wir einen Prozentsatz von über 90 Prozent. Es ist ein sehr guter Prozentsatz, den wir da erzielt haben. Wir sehen ja, der Bürger ist


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mün­dig genug. Wir brauchen also keine radikalen Regulative und nicht immer Strafen. Schauen wir, dass wir in einem Dialog eine gute Lösung erzielen können. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


21.30.11

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Last but not least darf auch ich noch in den Chor meiner verantwortungsvollen und auch umweltbewussten Bürgermeisterkollegen einstimmen, die allesamt jetzt schon betont haben, wie wichtig Abfallvermeidung für uns in den Gemeinden ist, denn wir vor Ort sind ja diejenigen, die dafür zu sorgen haben, dass der Abfall dementsprechend beseitigt wird.

Ich denke, ein ganz wichtiges Element in dieser Sache ist auch die Aufklärung, die Aufklärung der Gemeindebürgerinnen und der Gemeindebürger. Da spielt vor allem die Aufklärung in den Schulen eine ganz besonders wichtige Rolle, denn die kleinen Kinder, glaube ich, erziehen schon ein bisschen die Erwachsenen, damit die Trennung funktioniert, damit der Müll ordentlich abgegeben wird. Ich denke, wenn wir diesen Schritt weitergehen, dann sind wir auf einem guten Weg.

Was wir aber nicht aus den Augen verlieren dürfen, sind immer wieder auch die Kosten, denn es kann vorkommen, dass die Menschen, wenn man mit ihnen diskutiert, sagen, wenn die Abfallgebühren immer höher werden, dann werden wir vielleicht doch wieder das eine oder andere Mal den Müll irgendwo im Wald entsorgen. Und das gilt es auf jeden Fall zu verhindern. Deswegen brauchen wir beides: Vermeidung, Aufklärung, aber auch die Kosten im Griff haben.

Danke schön, Herr Minister, und unterstützen Sie uns dabei! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.31

21.31.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstatter wird keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1005 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1040 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 141.)


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Be­richt 1041 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1042 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1043 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

21.33.1719. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2010 (III-188/996 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. Ich stelle die Uhr wunsch­gemäß auf 4 Minuten. – Bitte.

 


21.33.58

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kurz vorweg: Wir werden den Mittelstands­bericht 2010 ablehnen. Das heißt aber nicht, dass alles, was in diesem Mittel­standsbericht drinsteht, auch wirklich schlecht ist. Es gibt durchaus Dinge, die sehr positiv zu vermerken sind. Man kommt durch diesen Bericht auch klar zur Über­zeugung, dass die massiven Geldmittel, die man eingesetzt hat, um die Wirt­schaftskrise in den Griff zu bekommen, in Teilbereichen auch gewirkt haben und dort angekommen sind, wo man sie gebraucht hat, was natürlich zur Folge hatte, dass wir mit einer Überschuldung zu kämpfen hatten.

Aber unter dem Strich ist schon auch klar festzuhalten, dass natürlich sehr viele Negativa in diesem Bericht drinnen sind. Dieser Bericht orientiert sich an der EU, die im Sinne des im Dezember 2008 beschlossenen Small Business Act in zehn Punkten Unternehmen oder KMU-Förderungen in einzelnen Mitgliedsländern der EU miteinander vergleicht.

Was hier auffällt, ist, dass wir schon in ein, zwei Bereichen top sind, aufgrund der Maß­nahmen, die wir gesetzt haben, aber dass wir in sehr vielen Bereichen unter dem EU-Schnitt liegen. Ich kann Ihnen ein paar Dinge anführen. Zum Beispiel in Punkt 4.1 Unternehmerische Initiative ist in vier von acht Bereichen Österreich unterdurch­schnitt­lich.


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4.2 Zweite Chance nach Insolvenz: Die Kosten, die mit der Schließung verbunden sind, sind in Österreich weit höher als im europäischen Mittelmaß.

4.3 Prinzip „Vorfahrt für KMU“: Die Probleme mit der Verwaltung sind in Österreich wesentlich größer als in anderen EU-Ländern.

Was aber gravierend auffällt, ist, dass bei weiteren Vorhaben, die dort angekündigt sind oder die dort zu erklären gewesen wären, in fast allen Punkten drinsteht: nicht dargelegt. Punkt 2: weitere Vorhaben: nicht dargelegt. Punkt 3: weitere Vorhaben: nicht dargelegt. Punkt 4: weitere Vorhaben: nicht dargelegt. – Und so geht das eigentlich durch bei fast allen Punkten. Das heißt, dass diese Regierung zwar kurzfristig auf die Wirtschaftskrise reagiert, Geldmittel zur Verfügung gestellt und Konjunkturpakete beschlossen hat, aber keine Visionen und Vorstellungen hat, wie das in Zukunft weiter­gehen soll.

Einer der gravierendsten Punkte ist Punkt 4.6 Finanzierung der KMUs. Da haben wir die fatale Situation, auf die wir seit Monaten hinweisen, dass wir einfach unter einer Kreditklemme leiden. Das heißt, der österreichische Staat hat den Banken Milliarden nachgeworfen, aber die Banken waren nicht bereit, die Wirtschaft auch entsprechend mit Geldmitteln zu versorgen für Investitionen oder wie immer man das dann nennen möchte. Drei Viertel der Unternehmen haben im Jahr 2009 nach eigenen Angaben keine oder nur sehr geringfügige Investitionen durchgeführt. Ein Drittel der Unter­nehmer beklagt sich, dass die Chancen, einen Kredit zu bekommen, praktisch bei null waren.

Kollege Jury von unserer Fraktion wird Ihnen dann auch noch klar sagen, wie sich das in der Zwischenzeit ausgewirkt hat. Aber das Gravierende ist schon, dass diese Regierung keine Zukunftsvorstellungen hat, keine Visionen hat, wie man die KMUs in Zukunft besser unterstützen kann, um Chancengleichheit zwischen der Großindustrie, der Industriellenvereinigung und den Vertretern der kleinen und mittleren Betriebe herzustellen. Da hoffe ich doch, dass man sich von Seiten des Herrn Wirtschafts­ministers beziehungsweise der zuständigen Staatssekretärin mehr Mühe gibt, damit der Mittelstandsbericht für das Jahr 2011 vielleicht doch so ausfällt, dass sich Klein- und Mittelbetriebe für die Zukunft wieder Hoffnung machen dürfen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. – Bitte.

 


21.37.58

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Zunächst herzlichen Dank an die Damen und Herren im Ministerium für den wirklich umfassenden Mittelstands­bericht 2010, der in vielen Details einen genauen Einblick in den Zustand der öster­reichischen klein- und mittelständischen Wirtschaft gibt.

Der Stellenwert dieser klein- und mittelständischen Unternehmen ist bei uns wie auch in Europa ein ganz besonderer. Wir haben in Österreich in etwa 299 000 Betriebe, die mit zwei Dritteln der Erwerbstätigen immerhin 57 Prozent des Bruttosozialproduktes erwirtschaften. Die klein- und mittelständische Wirtschaft stellt einfach die tragende Säule unserer Volkswirtschaft dar.

Mein Vorredner hat ausgeführt, dass gerade die Maßnahmen in Zeiten der Wirtschafts­krise, die entsprechenden Konjunkturpakete auch dazu beigetragen haben, dass letztlich die Beschäftigung in der klein- und mittelständischen Wirtschaft gehalten werden konnte. Darüber hinaus muss man feststellen, dass Unternehmer, gerade


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 271

Klein- und Kleinstunternehmer ein sehr enges Verhältnis und eine sehr enge Be­ziehung zu ihren Mitarbeitern haben, die vielfach über Jahrzehnte im gleichen Betrieb tätig sind, und alles unternehmen, um den vielfach langjährig in ihrem Betrieb Beschäf­tigten auch in schwierigen Zeiten ihren Arbeitsplatz zu erhalten.

Natürlich ist die betriebswirtschaftliche Situation nicht ganz so erfreulich für die klein- und mittelständische Wirtschaft. Wir sehen anhand der Ergebnisse der KMU For­schung Austria, dass leider die Gewinnmarge kleiner wird. Wir haben eine Durch­schnittsmarge von 1,5 bis 3,5 Prozent, je nach Größenordnung der Betriebe. Die größeren schneiden etwas besser ab. Am besten bei der Gewinnmarge schneiden die Freiberufler ab: Freiberufler wie Anwälte, Wirtschaftstreuhänder oder Ärzte haben die besten Ergebnisse der klein- und mittelständischen Unternehmen. Da, glaube ich, müssen wir auch unbedingt danach trachten, dass es dort – gerade was die Lohn- und Lohnnebenkosten betrifft – in Zukunft Entlastungen gibt.

Der Wettbewerbs- und der Kostendruck sind enorm – auch der Wettbewerbsdruck, was die Schattenwirtschaft anlangt –, und deswegen haben sich schon einige euro­päische Länder darauf verständigt, haben entsprechende Programme durchgesetzt und Entlastungen bei der Mehrwertsteuer oder entsprechende Handwerkerbonus-Aktivitäten entwickelt. Ich glaube, das sollte Österreich in der nächsten Zeit auch in Erwägung ziehen.

Die Insolvenzstatistik ist in Österreich sehr viel besser als im europäischen Durch­schnitt. In dieser schwierigen Zeit hatten wir zwar auch einen Zuwachs von in etwa 9,3 Prozent, aber auf europäischer Ebene waren das immerhin 35 Prozent.

Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat die Europäische Union angesprochen: Der „Small Business Act“ ist ein Bekenntnis zur klein- und mittelständischen Wirtschaft, das von der europäischen Ebene vorgegeben wird, und dennoch darf ich darauf hinweisen, dass das nicht immer so gelebt wird. Ich denke nur daran, dass die Kommission gerade vor Jahresende 2010 Lobbyisten gefolgt ist, die Gruppenfrei­stellungsverordnung für die Kfz-Wirtschaft überfallsartig beseitigt hat und so wieder die großen Industriebetriebe sehr viel mehr an Macht auf dem breiten Markt des Kfz-Bereiches bekommen können.

Abschließend, meine Damen und Herren: Ein wesentlicher Teil sind die Verwal­tungskosten. Da sollten wir danach trachten, dass wir die Unternehmen entlasten. Wir haben in Österreich 5 700 Informationsverpflichtungen, die in etwa 4,3 Milliarden € Kosten verursachen; 230 Millionen Mal pro Jahr müssen die österreichischen Unter­nehmer entsprechenden Verpflichtungen nachkommen.

Ich glaube, dass die Verwaltungsreform einmal mehr ein Gebot der Stunde ist, und ich glaube, dass nur mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft sowie mit einer wettbe­werbsfähigen Verwaltung auch die Wettbewerbsfähigkeit insgesamt erhalten werden kann. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Jury zu Wort. – Bitte.

 


21.42.44

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Konrad Steindl, den ich eigentlich sehr schätze, gehört mit in den Kreis der ÖVP-Granden und -Mandatare, die immer nur reden. Konrad Steindl, ich höre die Botschaft wohl, allein mir fehlt der Glaube. Ich sage nur: Verwaltungs­reform.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 272

Aus diesem Mittelstandsbericht geht sehr schön hervor, dass in Österreich die Be­schäftigung der KMUs insgesamt binnen zehn Jahren von 80 Prozent auf 64 Prozent gesunken ist und dass der Anteil des BIP-Erlöses der KMUs binnen zehn Jahren von zirka 76 Prozent auf unter 60 Prozent gesunken ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob solcher Zahlen läuten bei mir schon die Alarmglocken, weil diese Wirtschaftspolitik der Europäischen Union nur mehr der Industrie Vorschub leistet – und wir kennen die Auswirkungen davon in der Wirtschaftspolitik, in der Agrarpolitik, in der Industrie: Es gibt verseuchte Lebensmittel, es gibt keine Arbeitsplätze mehr am Land, die Güter werden quer durch Europa geschippert und mit Lkw gekarrt, und die Klimabilanz wird belastet. Das ist die Politik der Vergangenheit, die Rot und Schwarz zu verantworten haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind mit dieser Wirtschaftspolitik und mit dieser Agrarpolitik auf dem Holzweg! Wir brauchen dringend eine Trendumkehr in der Wirtschaftspolitik und in der Agrarpolitik! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben heute Vormittag schon gehört, dass dieses zarte Pflänzchen der Konjunktur gehegt und gepflegt gehört. Aber was fällt unserer Regierung ein? – Durch die Erhöhung der Mineralölsteuer werden eben diese kleinen und mittleren Betriebe wieder geschröpft, und in weiterer Folge wird auch der Konsument geschröpft. Dieses zarte Pflänzchen der Konjunktur wird von den Regierungsparteien mutwillig abgewürgt.

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strutz, Jury, Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Um­setzung eines Maßnahmenpaketes zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und deren Beschäftigten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und im Speziellen die zuständigen Bundesminister werden aufgefordert, zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe

umgehend laut § 5a des Preisgesetzes einen amtlichen Höchstpreis für Diesel und Benzin zu verfügen,“ (Abg. Dr. Bartenstein: Wie bitte? Sind Sie noch bei Sinnen?)

„sowie dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

eine Anhebung des amtlichen Kilometergeldes auf 0,50 €,

eine Anhebung des Pendlerpauschales und

einen entsprechenden Ausgleich für Pendler, die aufgrund eines geringeren Einkom­mens kein Pendlerpauschale in Anspruch nehmen können,

sicherstellt.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! (Abg. Hörl: Heim nach Gmünd!) Mein lieber Kollege Hörl, im Gegensatz zu dir fahre ich gerne nach Hause nach Gmünd, weil die Welt dort noch in Ordnung ist!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 273

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, nehmen Sie den Auftrag, den Sie von der Bevölkerung bekommen haben, wahr und regieren Sie! Machen Sie Politik für und nicht gegen die österreichische Bevölkerung! (Beifall bei der FPÖ.)

21.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strutz, Jury, Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umset­zung eines Maßnahmenpaketes zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und deren Beschäftigten

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 20. Jänner 2011 im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 19: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2010 (III-188/996 d.B.)

Nach der von der Bundesregierung beschlossenen Erhöhung der Mineralölsteuer haben sich die Befürchtungen, dass die Mineralölfirmen die Situation offensichtlich ausnutzen und auf dem Rücken der Autofahrer ihre Gewinne maximieren, auf dramatische Weise bestätigt.

Dies trifft die Wirtschaft – und hier vor allem die kleinen und mittleren Betriebe – genau­so wie zehntausende Pendler, die auf ein KFZ angewiesen sind.

In dieser Situation hat der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend die Möglichkeit, nach § 5 Preisgesetz, für die Dauer von sechs Monaten einen gesetz­lichen Höchstpreis zu bestimmen, wenn Untersuchungen eine ungerechtfertigte Preis­politik der gegenständlichen Firmen ergeben.

Diese Maßnahme würde in Verbindung mit einer Anhebung des Pendlerpauschales und des Kilometergeldes zu einer unmittelbaren Entschärfung der Situation führen.

Im Interesse aller von der exorbitanten Teuerungswelle bei Treibstoffen belasteten Österreicherinnen und Österreicher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachfol­genden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und im Speziellen die zuständigen Bundesminister werden aufge­fordert, zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe

umgehend laut § 5a des Preisgesetzes einen amtlichen Höchstpreis für Diesel und Benzin zu verfügen,

sowie dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

eine Anhebung des amtlichen Kilometergeldes auf 0,50 Euro,

eine Anhebung des Pendlerpauschales und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 274

einen entsprechenden Ausgleich für Pendler, die auf Grund eines geringeren Einkom­mens kein Pendlerpauschale in Anspruch nehmen können,

sicher stellt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


21.47.00

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssek­retärin! Aufgrund der vorgeschrittenen Stunde mache ich es kurz. Der Bericht beweist uns ja nichts anderes als, welch leistungsfähigen Teil der österreichischen Wirtschaft wir im Bereich der KMUs haben.

Ich darf an der Stelle ein großes Dankeschön an diese Vielzahl von Unter­neh­merpersönlichkeiten, Frauen und Männer – inzwischen ist ja schon ein großer Teil Frauen –, anbringen, die quer durch die Krise hindurch bewiesen haben, dass eine so bunte Wiese, wie es die österreichische Wirtschaft ist, die nicht nur aus drei, vier großen Betrieben besteht, auch ein robustes Rückgrat ist, mit dem man in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dauerhaft nahezu Vollbeschäftigung aufrechterhalten kann. – Das ist Teil eins. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Teil zwei – und ich sage das an der Stelle auch gleich, weil wir uns über die Zukunft Gedanken machen müssen –: Was wir in diesem Bereich sehen, und das führt uns dieser Bericht auch drastisch vor Augen, ist, dass sie es nicht leicht haben.

Wir werden betreffend den Bereich Finanzierung über die guten Initiativen, die wir während der Krise gesetzt haben – ich erinnere nur an die KMU-Maßnahmen, die wir über die AWS gesetzt haben –, hinaus, darüber nachzudenken haben, was wir tun können, um hier noch mehr Chancen zu eröffnen. Das heißt weitere Verbesserungen für Gründerinnen und Gründer, das heißt Investitionsbegünstigung und -hilfen, aber auch Gewährung von Finanzierungsunterstützungen.

Ich lade Sie betreffend diesen Bereich alle ein: Denken wir bei der Steuerreform darüber nach, was wir für die Betriebe zusätzlich tun können, wie wir die Kosten für den Faktor Arbeit reduzieren und wie wir das auch in budgetär schwierigen Zeiten machen können. Ich lade alle ein, ihr Gehirnschmalz dafür aufzuwenden, immer verbunden mit dem Appell: Vielleicht können wir auch so manche Ausnahme für kleine Gruppen streichen und damit Finanzierungen in großem Stil erreichen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek zu Wort. – Bitte.

 


21.49.07

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Hohes Haus! Geschätzter Kollege Matznetter! Sie haben vollkommen recht: Leicht haben es die KMUs nicht, und ich nehme Ihre Einladung sehr gerne an. Letztendlich komme ich von den KMUs und weiß, wie es den Betrieben wirklich geht.

Ich möchte auch eine Lanze für die Klein- und Mittelbetriebe brechen, denn sie sind wirklich der wichtigste Teil unserer Wirtschaft: Zwei Drittel der Beschäftigten haben ihre Jobs in den KMUs, und sie haben das höchste Steueraufkommen, aber sie haben im Grunde genommen eigentlich nicht die Lobby, die ihnen zustehen würde. (Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 275

Mag. Donnerbauer: Nein, nein! Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen!) Ich bin selbst Funktionär der Bundeswirtschaftskammer, keine Angst!

Aber – ich frage einmal hier herinnen – hat irgendjemand schon einmal eine Eurostat-Meldung gemacht? (Abg. Dr. Matznetter: Ja, viele! Eigene und auch ...!) – Ja, sehr gut! Ich habe auch sehr viele gemacht, aber ich habe es eben für den eigenen Betrieb gemacht. Man sitzt oft stundenlang darüber!

Oder wenn man ein neues Geschäft eröffnet: Was da an Auflagen auf die Betriebe zukommt, und die Hilfen sind teilweise sehr mangelhaft. Es entstehen immer wieder zusätzliche Kosten, die natürlich wir als Nationalrat dementsprechend ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, das Gründerservice gibt es, ich weiß, ich habe es ja selbst in Anspruch genommen, und trotzdem muss man selbst dahinter sein und allem nach­laufen!

Und haben Sie schon einmal überlegt, was es bedeutet, wenn wir immer wieder Gesetze beschließen, die auch die KMUs betreffen? – Ich denke jetzt nur an die Transparenzdatenbank. Wir werden wahrscheinlich wieder die eine oder andere Liste oder Statistik erstellen müssen. Und es gibt jetzt das Gehaltsoffenlegungsgesetz – und wieder Listen, Listen, Listen.

Es ist mir schon klar, dass man die Wirtschaft teilweise steuern muss, aber man muss dabei immer bedenken, dass, wenn wir Gesetze beschließen, die Wirtschaft nicht zusätzlich belastet wird. Es muss ein Gebot der Stunde sein, dass die KMUs eher entlastet und nicht belastet werden. (Beifall der Abg. Gartelgruber.) Wenn es einen diesbezüglichen Konsens gibt, bin ich gerne bereit, dass wir in diese Richtung mitarbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. – Bitte.

 


21.51.27

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Mittelstandsbericht zeigt sehr deutlich die Wichtigkeit, die Bedeutung der klein- und mittelständischen Wirtschaft in Österreich, die Bruttowertschöpfung, die Beschäftigung, und das ist auch gut so. Bei genauer Analyse sieht man auch, dass es durchaus Verbesserungsbedarf gibt. Ich möchte diesbezüglich auf drei Punkte eingehen.

Der erste Punkt betrifft den Umstand, dass die kleinsten Unternehmungen und die Ein-Personen-Unternehmen durchaus einen großen Teil dieser Unternehmungen aus­machen, aber in der Analyse zu kurz kommt, was sie denn wirklich brauchen, was denn notwendig ist, wo der Finanzierungsbedarf liegt. – Ich denke, wir sollten hier gemeinsam, und ich werde diese Initiative auch starten, einen Antrag stellen, dass ein eigener Bericht erstellt wird.

Sie wissen aus vielen Diskussionen, dass die Datenlage und die Erkenntnisse da nicht sehr ausgeprägt sind und es Verbesserungsbedarf gibt, denn gerade die kleinsten und die Ein-Personen-Unternehmen hatten in der Krise sehr zu kämpfen, waren aber weitgehend sehr erfolgreich. Und wenn ich erst letzte Woche von einer Unternehmerin, deren Betrieb vom Ein-Personen-Unternehmen zum Kleinstunternehmen geworden ist, weil nämlich drei MitarbeiterInnen eingestellt wurden, höre, dass sie wegen der Finanzierung zur Bank gegangen ist und eine Bank tatsächlich gefragt hat: Na ja, haben Sie keine Sicherheit, zum Beispiel das Sparbuch der Großmutter?, dann ist das durchaus kein erfrischendes Zeichen. Und sie ist in Bezug auf die Förderschienen eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 276

sehr kundige Unternehmerin. Da denke ich, das sind Bereiche, wo wir Verbesserungs­bedarf haben, und damit bin ich in diesem Kontext gleich bei der Förderlandschaft.

Es hat erst letztes Jahr eine Arbeitsgruppe bestehend aus WIFO, Rechnungshof, Staats­schuldenausschuss und IHS zum Thema effizientes Förderwesen gegeben – effizientes Förderwesen auch bei den Wirtschaftsförderungen. Dort sind ganz deutlich verschiedene Bereiche festgehalten worden wie die Doppelgleisigkeiten, wie die Unüberschaubarkeit der Förderlandschaft, natürlich auch die hohen Transaktions­kosten der öffentlichen Hand und natürlich auch Bereiche, wo sich die Frage stellt, wie effizient die Förderschienen sind. Gibt es denn nicht genug Mitnahmeeffekte?

Frau Staatssekretärin, nehmen Sie durchaus Folgendes mit: Das sind Bereiche, die angegangen werden müssen! Das sind heiße Eisen, das ist keine Frage, denn hier geht es auch um Länderkompetenzen, und da ist es durchaus denkbar, dass man das eine oder andere in einer effizienten Bündelung zusammenführt.

Ich möchte hier betonen, dass wir in Österreich sehr wohl auch recht gute Förder­instrumentarien und Förderagenturen haben, die in weiten Teilen effizient arbeiten, dennoch, glaube ich, geht es jetzt um Vereinfachung, Konzentration und dass nicht nur immer die Rede vom One-Stop-Shop ist, sondern dass dieses Thema endlich tatsächlich vorangetrieben wird.

Der dritte Bereich ist bei den Themen Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie im Mittelstandsbericht angeführt. Dort sind zwei Indikatoren festgehalten. Meine Damen und Herren! Hören Sie aufmerksam zu, denn das finde ich schon sehr spannend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Österreich – Minister Berlakovich hat das ja vorhin wieder demonstriert – als Umweltmusterland bezeichnet. Aber bei diesen zwei Indikatoren, die EU-weit zur Anwendung kommen, nämlich dem Anteil der KMU mit umfassenden Energieeffizienzmaßnahmen, da liegt Österreich gerade einmal im Schnitt, beziehungsweise bei einfachen Energiesparmaßnahmen, da liegen die österreichischen Unternehmen im europäischen Mittelfeld.

Jetzt glaube ich sehr wohl, dass unsere Unternehmungen bereit sind, da mitzuarbeiten, die Chancen zu nutzen, Kosten zu sparen, Arbeitsplätze zu schaffen, nur muss auch die Beratungsleistung entsprechend effektiver gemacht, konzentrierter werden und verschiedene Förderschienen gebündelt werden. Der Heimmarkt muss gestärkt werden – damit sind wir bei einer Totalreform des Ökostromgesetzes (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein) –, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Heim­markt zu stärken, auch mit einer Lohnkostensenkung, das erreichen Sie am besten mit dem grünen Modell der ökosozialen Steuerreform.

Das ist also eine Menge von Punkten, die, wie ich glaube, angegangen werden müs­sen und die mit Sicherheit zu einer Stärkung der österreichischen Wirtschaft bei­tragen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Mag. Widmann. – Bitte.

 


21.56.25

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Zunächst einmal ein Danke für die Erstellung des Berichtes über die Situation der KMUs, weil dieser eine sehr gute Grundlage ist, über weitere Maßnahmen und Evaluierungen zu diskutieren. Die KMUs sind zweifelsohne das Rückgrat unserer Wirtschaft. Es ist bereits gesagt worden: Zwei Drittel der Beschäftigten arbeiten dort, und 99,6 Prozent der Unternehmen sind KMUs.

Was brauchen KMUs? – Dabei ist die zentrale Frage, nicht nur einen Ist-Stand festzumachen, sondern daraus abzuleiten, was sie wirklich brauchen. Und das ist auch


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bereits der erste Kritikpunkt: Die Zahlen, die Sie in diesem Bericht vorfinden, gehen zum Teil bis auf das Jahr 2007 zurück, also sind bereits drei Jahre alt, eigentlich mehr als überaltert.

Die KMUs brauchen qualifizierte Mitarbeiter, und damit wären wir bei der Bildungs­diskus­sion, bei der Diskussion auch der Unilandschaft in Österreich angelangt – und Sie wissen, welche Baustelle das ist.

Die KMUs brauchen weniger Bürokratie. – Im Schnitt dauert das Genehmigungs­verfahren rund um die Gründung europaweit 17 Tage; in Österreich, das ist aus dem Bericht ersichtlich, dauert es 28 Tage, also fast doppelt so lang.

Die KMUs brauchen Unterstützung bei der Förderung. – Wir haben zwar die AWS und wir haben auch die FFG im Bereich der Forschung und Entwicklung, aber, meine Vor­rednerin hat es bereits angesprochen: Gerade bei der F & E gibt es viele Doppel­gleisigkeiten, es gibt keine klar formulierten Ziele, es gibt keine echte Evaluierung, die die Ergebnisse auch umsetzt, die eigentlich schon auf dem Tisch liegen. Das heißt, hier könnte man viel tun. Und immer wieder hört man von kleinen Betrieben, dass der Zugang zu Förderungen auch im Bereich der F & E schwierig ist und dass auch die Forschungsprämie eher eine Prämie ist, die insbesondere Großunternehmen zugutekommt, was ja auch die Zahlen untermauern und belegen. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Zusammenhang darf ich auch erwähnen, dass der AWS-Mittelstandsfonds, der sich ja an den Unternehmen beteiligt hat und der geschaffen worden ist, um die Krise durchtauchen zu können, 2011 auf null gestellt wurde. Das heißt, für die Wirtschaftspartei ÖVP ist die Krise bereits überstanden. – Ich wünsche es mir; manche Indikatoren deuten nicht darauf hin, dass es so ist.

Das Vorwort ist eigentlich so verfasst, dass es ein großes Eigenlob des Wirtschafts­ministers ist. – Das mag so sein, aber lassen wir die Kirche im Dorf: Die Wirtschafts­leistung erbringen immer noch die Unternehmerin und der Unternehmer mit den tüchtigen Mitarbeitern in ihren Betrieben. (Beifall beim BZÖ.)

Es sei der Regierung unbenommen, auf gute Zahlen hinzuweisen, auf Konjunk­turpakete zu verweisen, die ja in ganz Europa gemacht worden sind, nicht nur hier in Österreich, aber die Zahlen in diesem Bericht sprechen auch eine deutliche Sprache. Umsatzentwicklung der KMU in Gewerbe und Handwerk: minus 2,4 Prozent; Entwicklung der unselbständig Beschäftigten im produzierenden Bereich: minus 3,9 Pro­zent – die Zahlen beziehen sich immer auf den Zeitraum 2008 bis 2009 –; Entwicklung des Umsatzes im produzierenden Bereich: gar minus 11,9 Prozent; Exporte 2009: minus 16,1 Prozent; Importe: minus 14,4 Prozent; Bruttoanlagen­inves­ti­tionen 2009: minus 8,8 Prozent. – Das sind Zahlen, über die man nicht so locker hinwegsehen kann!

Damit bin ich schon beim letzten großen Thema, das wichtig ist, das ist der Zugang zum Kapital, und der Zugang zum Kapital ist in Österreich für die KMUs nicht gerade leicht. Es gibt in Europa viele Länder, die bereits diese 10 000-€-GesmbHs eingeführt haben; wir haben immer noch die Mindesthürde von 35 000 €. Wir haben Basel II durch- und mitgemacht und bekommen jetzt Basel III aufs Auge gedrückt, was wiederum eine Erschwernis für Betriebe ist. Wir bekommen die EU-Einlagensiche­rungsrichtlinie, die Mehrkosten verursachen wird, und wir haben dank der Belas­tungslawine und unserem Bankenminister auch die österreichische Bankensteuer aufgebrummt bekommen, die ebenfalls die Unternehmen belasten wird, nämlich wenn sie Kredite aufnehmen. Die Kredite werden somit teurer.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen darf, betrifft die Exportsituation. Gerade die KMUs haben es nicht leicht, von den neuen Exportmärkten zu profitieren. Der Anteil


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der KMUs an Exporten ist ein ganz geringer, rund 8 Prozent des Gesamtvolumens; ich glaube, bei den Großbetrieben sind es 28 Prozent. Es wird notwendig sein, ganz kon­krete Akzente zu setzen, damit die KMUs hier Schritt halten und mitnaschen können. (Beifall beim BZÖ.)

22.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Staatssekretärin Mag. Remler hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.01.02

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Mag. Verena Remler: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete im Hohen Haus! Der vorliegende, rund 200 Seiten umfassende Mittelstandsbericht wurde von der KMU Forschung im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellt. Die verwendeten Daten stammen teilweise von der KMU Forschung Austria selbst, teilweise von der Statistik Austria und den Wirtschaftskammern und teilweise auch aus anderen Ressorts.

Es wurde heuer eine neue Struktur für diesen Mittelstandsbericht gewählt, um von den Inhalten für die Weiterentwicklung der KMU-Politik stärker profitieren zu können. So wurde nach der bisher üblichen Darstellung der Situation der KMUs ein Kapitel über die Maßnahmen zur Förderung der KMU erstellt, das sich erstmals an den zehn Grundsätzen des „Small Business Act“ der Europäischen Union vom Dezember 2008 orientiert hat. Durch die neue Gliederung informiert der Mittelstandsbericht 2010 gleichzeitig über den Umsetzungsstand des SBA in Österreich beziehungsweise zeigt, wie Österreich im europäischen Vergleich liegt.

Was sind nun die wesentlichen Inhalte und Aussagen des Mittelstandsberichts 2010? – Trotz der Wirtschaftskrise ist die Unternehmensstatistik 2009 nicht negativ. Die Neu­gründungsquote 2008 ist, bezogen auf das Jahr 2007, um 8 Prozent gestiegen und beträgt 7,3 Prozent. Die Insolvenzquote blieb im Gegensatz dazu wie bereits im Jahr 2004 bei 2 Prozent konstant. Allerdings zeigt der europäische Vergleich, dass in Österreich der Wunsch, selbständig zu sein, im Durchschnitt geringer ist. So braucht es sicherlich mehr „Entrepreneurship Education“ in Österreich. Positiv ist hingegen, dass mit rund 35 Prozent der Frauenanteil im Führungsbereich in Österreich im europäischen Vergleich im Jahr 2009 überdurchschnittlich hoch war. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Welche Schlüsse können wir aus dem Mittelstandsbericht 2010 ziehen? – Die Daten zeigen, dass die KMUs in Österreich relativ stabil durch die Krise gekommen sind. Diverse Maßnahmen wie das KMU-Paket 2009, verbesserte AWS-Finanzierungs­möglichkeiten, neue Förderschienen, die Ökoprämie oder die thermische Sanierung haben zu dieser Situation beigetragen.

Was sind nun die geplanten Schwerpunkte in den nächsten Monaten? – Zunächst die Fortsetzung der thermischen Sanierung, der Fokus auf die F&E-Förderungen für marktorientierte angewandte Forschung in den KMUs sowie etwa die Unterstützung bei der Exportorientierung durch „go international“ beziehungsweise eine Internationalisie­rungsoffensive.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch in aller Kürze auf die mittlerweile vorliegenden neuen Zahlen, basierend auf der Dezember-Prognose und kommend vom Institut KMU Forschung AUSTRIA, eingehen.

Für das Jahr 2010 wird ein realer Anstieg des BIP um 2 Prozent erwartet. Für 2011 und 2012 wird ein reales Wachstum von 2,2 beziehungsweise 2 Prozent prognostiziert. Erfreulich ist, dass im dritten Quartal die Arbeitslosenquote gegenüber dem Vorjahr um


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8,7 Prozent reduziert werden konnte. Das Bruttoinvestitionsvolumen ist – nach einem deutlichen Rückgang im ersten Quartal – in den beiden folgenden Quartalen 2010 deutlich angestiegen, nämlich um 5,3 Prozent und 4,4 Prozent.

Zu der Anregung von Herrn Abgeordnetem Themessl kann ich Ihnen mitteilen, dass es in Zukunft beim Mittelstandsbericht einen breiteren Ausblick in die Zukunft geben wird. Es wird, wie von Frau Abgeordneter Lichtenecker angeregt, im nächsten Mittel­standsbericht auch umfassender auf die EPUs eingegangen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte. (Abg. Dr. Lichtenecker: Was erzählt uns jetzt die Wirtschaftskammer? Ich bin gespannt!)

 


22.05.01

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich kann mich relativ kurz fassen. – Der KMU-Bericht zeigt eindrucksvoll die Leistungen der österreichischen klein- und mittelständischen Wirtschaft auf. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Ich habe es heute Vormittag schon erwähnt und kann das jetzt um eine aktuelle Zahl ergänzen: Im Jahr 2010 haben 29 200 KMUs 66 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Ich glaube, das zeigt ein­drucksvoll, welch große Bedeutung diesen klein- und mittelständischen Unter­nehmen zukommt.

Wenn man weiß, dass bei den Neugründungen im Jahr 2010 von zehn Unternehmern vier Frauen waren, dann ist das sehr erfreulich. Ich denke, dass auch hier ein Fortschritt in diese Richtung erzielt worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann es kurz machen: Ich stimme mit Abgeordnetem Podgorschek überein, der über die Bürokratie, über das Ausfüllen von Formularen und Statistiken gesprochen und gemeint hat, dass man das ein bisschen komprimieren sollte, dass wir die Bürokratie in diesem Bereich abbauen sollten. Da sollten wir uns wirklich einiges überlegen. Ich bin sicher ein Partner dafür. In der Hinsicht sage ich immer: mehr Fan­tasie, weniger Bürokratie. Da sollten wir gerade die klein- und mittelständischen Unternehmen in nächster Zeit auch unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas zu Wort. – Bitte.

 


22.06.30

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Meine Damen und Herren! Aus dem Mittelstandsbericht, der die Situation der Klein- und Mittelbetriebe hervorragend beschreibt, kann man sehr viel herauslesen, aber, meine Herren von der Opposition, so schlecht, wie ihr das zitiert habt (Abg. Zanger: Damen auch, bitte!) – aber es war keine Dame von der Opposition am Rednerpult –, so schlecht, wie ihr das tut, kann man das wirklich nicht darstellen. Ich denke, man kann sehr viele positive Dinge in diesem Bericht lesen. Die Situation der Klein- und Mittelbetriebe ist nicht so schlecht, wie von manchen Oppositions­red­nerinnen und ‑rednern dargestellt.

Ich möchte auch erwähnen, dass die Maßnahmenpakete der Bundesregierung richtig waren und auch toll gegriffen haben. Wir haben uns rechtzeitig überlegt: Investieren wir in Beschäftigung und in Zukunft, oder zahlen wir nur Arbeitslosentrans­feraus­kommen? – Heute wissen wir, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben;


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so zum Beispiel die Konjunkturpakete, das Arbeitsmarktpaket oder – und auch das muss erwähnt werden – die Steuerreform und maßvolle Lohnabschlüsse 2008, 2009. Warum? – Weil es hier nicht nur um den Export geht, sondern auch um die Inlands­nachfrage. Und die Inlandsnachfrage war und ist durch die Lohnpolitik und durch die Steuerreform hoch geblieben. Das hat wiederum Nachfrage und auch Beschäftigung geschaffen.

Was ebenfalls wichtig war – das muss auch erwähnt werden –: die Anhebung des Schwellenwertes für die Direktvergaben. Das hat insbesondere den Gemeinden den Weg zur Auftragsvergabe erleichtert. Und wer sind die Auftragnehmer bei den Gemein­den? – Überwiegend Klein- und Mittelbetriebe. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es gäbe noch viele Beispiele, die zu nennen wären. Natürlich ist nicht alles im optimalen Bereich, das ist vollkommen klar. Es gibt noch vieles, wodurch wir das Leben der KMUs erleichtern können, so zum Beispiel in der Gewerbeordnung, durch die Entlastung des Faktors Arbeit, aber auch in Abwicklung der Verfahren mit den Behörden. Es gibt Bezirkshauptmannschaften als Gewerbebehörden, die meinen: Wir verstehen uns als Partner der Wirtschaft. – Dieses Gedankengut muss sich durch­setzen, damit wir gewährleisten können, dass der Motor der Klein- und Mittelbetriebe, der Motor der Wirtschaft, weiterhin so gut brummt wie bisher. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein zu Wort. – Bitte.

 


22.09.09

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! In aller Kürze nur zwei Gedanken: Dem Mittelstand geht es gut. Ich bin der gleichen Meinung wie Kollege Matznetter, der gemeint hat, der Mittelstand hat einen wesentlichen Anteil daran gehabt, Österreich durch die Krise zu tragen. Ich meine aber, wir sollten daraus die weitergehende Schlussfolgerung ziehen.

Was bringt denn Österreich zurzeit auf die Überholspur; im Übrigen gemeinsam mit Deutschland? – Es sind im Wesentlichen drei Wirtschaftselemente, die Österreich und auch Deutschland auszeichnen, die andere in diesem Ausmaß nicht haben. Das ist der Mittelstand, die mittelständische Wirtschaft, das ist sicherlich auch die Industrie – ein bisschen größer –, und das ist der Export, den, wenn man so will, beide betreiben. Das macht uns stärker als andere. Das bringt uns in Richtung 3 Prozent Wachstum.

Das sollten wir immer wieder berücksichtigen, wenn wir Politik machen – und damit bin ich beim zweiten Gedanken.

Es ist schon gut, Frau Kollegin Lichtenecker, dass die Opposition auch heute das Loblied des Mittelstands singt. Sie singen auf der einen Seite das Loblied des Mittelstandes, verlangen aber auf der anderen Seite eine Ausweitung des Ökostrom­gesetzes. Das bedeutet nichts anderes als höhere Stromkosten – und das wiederum, Frau Kollegin Lichtenecker, trifft den Mittelstand, ist mittelstandsfeindlich.

Auch Sie, Kollege Jury, haben das Loblied des Mittelstands gesungen, aber auch einen Entschließungsantrag eingebracht, der eine amtliche Regulierung der Benzin- und Dieselpreise verlangt. Das verlangt nicht einmal mehr die AK. Das hat die AK nicht einmal mehr vor 20 Jahren verlangt, aber die Freiheitliche Partei verlangt das. – Das ist regulatorisch. Das behindert den Mittelstand, insbesondere die tausenden mittel­ständischen Tankstellenbetreiber.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 281

Singen Sie nicht nur das Loblied des Mittelstands, sondern agieren Sie auch politisch so, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. – Bitte.

 


22.11.05

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Als eine der letzten Rednerinnen darf ich noch einmal kurz zusammenfassen, was wir schon mehrmals gehört haben. Österreich ist ein Innovationsland, 49 Prozent der KMUs in Österreich haben eine Beteiligung bei Innovationsprozessen, und darauf können wir sehr stolz sein.

Auch in puncto Internationalität steht Österreich gut da. Und es ist so: Die Zukunfts­fähigkeit mancher Sektoren hängt ganz maßgeblich vom Ausbau der Exportfähigkeit ab.

Vor allem in der Kreativwirtschaft bedarf es einer guten und auch höheren Förderung. In der Kreativwirtschaft geht es nicht in erster Linie um Güterexport, sondern um Ideenexport. Und genau dort muss man ansetzen, Unternehmen zusammenbringen und Ideen austauschen. Ein guter Startschuss für eine größere Internationalisierung der KMUs in der Kreativwirtschaft sind aber auf jeden Fall – und dafür möchte ich mich beim Wirtschaftsminister bedanken – die 19 Millionen € der „go international“-Förderinitiative des Wirtschaftsministeriums.

Auch das geplante One-Stop-Shop-Prinzip ist sehr erfreulich. (Abg. Dr. Lichtenecker: Von dem reden wir schon zehn Jahre!) – Aber jetzt wird es hoffentlich umgesetzt.

Mit diesem Abbau der bürokratischen Hürden für JungunternehmerInnen und Startups hat die Bundesregierung einen wichtigen Schritt in Richtung Wirtschaft von morgen gesetzt, denn eine starke Kreativwirtschaft sichert auch in Zukunft den Wirtschafts­standort Österreich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti zu Wort. – Bitte.

 


22.12.41

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! In Anbetracht der späten Stunde fasse ich mich kurz. Das Wesentliche wurde von meinen Vorrednern bereits gesagt, nämlich dass wir den Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land wirklich ein aufrichtiges Danke sagen müssen – das können wir nicht oft genug sagen –, weil sie uns so toll durch die Krise gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Zweite ist: Wir müssen natürlich auch unseren Blick in die Zukunft richten, und wir müssen es endlich schaffen, eine entsprechende Verwaltungsreform umzusetzen. Da gehört Bürokratieabbau dazu. Das ist unbestritten, aber nehmen wir uns dann alle auch ein bisschen zurück und überlegen wir, was wir in den einzelnen Parlaments­sitzungen machen! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir beschließen Ge­setze! Allein heute haben wir Gesetze beschlossen, die einen Rattenschwanz an Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Und das belastet uns draußen in der Wirtschaft, deshalb sind wir auch nicht so leistungsfähig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 282

Bitte bedenken wir in Zukunft: Was beschließen wir, welche Folgekosten haben wir?, denn wenn wir Bürokratie vermeiden können, dann stärken wir unsere mittlere Wirt­schaft! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kirchgatterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.13.56

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte ein paar Punkte ansprechen, die noch nicht erwähnt worden sind, aber in der Praxis doch von Bedeutung sind.

Zum einen: Wie verhält es sich bei den Selbständigen, bei den Unternehmerinnen und Unternehmern von Klein- und Mittelbetrieben mit der sozialen Absicherung? Wie schaut das aus im Krankheitsfall? Wie schaut die Absicherung im Alter aus? Wie sehen die Durchschnittspensionen aus? Ich glaube, auch das gehört mit berücksichtigt.

Es ist kritisiert worden, dass der Drang in die Selbständigkeit in anderen europäischen Ländern größer ist. – Auch das könnte ein Punkt sein, der mit in die Diskussion einfließen soll.

Ein weiterer Punkt: Berufsnachwuchs. – Die Diskussion über die Schulreform ist auch für die Klein- und Mittelbetriebe sehr wichtig. Es geht um die Notwendigkeit von Ganztagsschulen, um die Notwendigkeit der Neuen Mittelschule flächendeckend. Ich bin sehr froh, dass Arbeitsminister Hundstorfer die duale Ausbildung sehr positiv bewertet, dass die Wertschätzung der dualen Ausbildung mit unserem Arbeitsminister Hundstorfer eine Steigerung erfahren hat. Das ist wichtig für die Klein- und Mittel­betriebe.

Ein Punkt noch: Die Steuerreform 2008 war eine Steuerreform für die Klein- und Mittelbetriebe, und ich bin davon überzeugt, auch die Steuerreform in Richtung 2013 wird eine Steuerreform für die Klein- und Mittelbetriebe sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Franz zu Wort. – Bitte.

 


22.15.52

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Hohes Haus! Ja, der Mittelstand hat uns durch die Krise getragen. Wir können mit Stolz behaupten – die Zahlen sprechen für sich –, dass das richtig ist, denn wir verdanken den Klein- und Mittelbetrieben unsere Stabilität und unser neuerliches Wirtschaftswachstum.

Der Bericht für das Jahr 2009 zeigt uns auf, dass 99,6 Prozent der österreichischen Unternehmen, das sind knapp 300 000, in diese Kategorie fallen. Rund zwei Drittel aller Erwerbstätigen, nämlich 62 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, finden darin ihre Beschäftigung. Diese Betriebe sind nicht nur der Fels in der Wirt­schaft, sondern sie tragen maßgeblich zur Lebensqualität vor allem auch im ländlichen Raum bei. Dort ist eine gesicherte Infrastruktur wichtig, die in erster Linie durch die Klein- und Mittelbetriebe sichergestellt wird.

Es sind oft die Familienunternehmen, die in diesen Klein- und Mittelbetrieben verankert sind. Familienunternehmen weisen gegenüber Nichtfamilienbetrieben sehr große Vor­teile auf. Sie zeichnen sich durch ein starkes persönliches Engagement und durch hohe Identifikation aus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 283

Wir bedanken uns bei den vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, die trotz Krise auch investiert haben. Der Dank gilt aber auch der Bundesregierung, die durch die zwei Konjunkturpakete die Stabilität der österreichischen Wirtschaft sichergestellt hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


22.17.32

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Herzlichen Dank für diesen Bericht, der sehr interessant ist. Ich möchte mich ausdrücklich bei der Beamtenschaft in Ihrem Ministerium (in Richtung Staats­sekretärin Mag. Remler), bei Herrn Sektionschef Preglau, der ja heute auch hier anwesend ist und eine sehr gute Arbeit macht, bedanken. (Beifall des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Ich fasse zusammen. – Die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie sind sehr arbeitnehmerfreundlich, haben ein familiäres Verhältnis in den Betrieben, haben sehr beschäftigungstreu gewirkt und sind auch sehr erfolgreich, weil wir den Euroraum haben, das sollte man nie vergessen.

Natürlich belasten in diesen kleinen Betrieben, wo Allrounder gefragt werden, wo Unternehmer alles tun müssen, die Verwaltung, die Formulare und all das, was heute schon gesagt worden ist, doppelt und dreifach. Es wäre höchst an der Zeit, dass wir diesbezüglich Vereinfachungen zustande bringen.

Ich freue mich auf steuerliche Erleichterungen – ich bin ganz gespannt auf Ihre Steuerreform, Herr Klubobmann Cap; ich freue mich, dass Sie diese immer wieder ankündigen, und werde dann froh sein, wenn sie wirklich kommt –, aber weil wir eben keine großen steuerlichen Versprechungen machen können, sollten wir den Klein- und Mittelbetrieben das Leben in der Verwaltung, bei den Formularen erleichtern. Als Obmann einer Bezirksstelle kann ich natürlich die Wirtschaftskammer als Beratungs­institut ganz herzlich empfehlen.

Bei den österreichischen Unternehmungen möchte ich mich herzlich bedanken für die Leistung, die sie erbracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

22.19

22.19.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hiezu ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, den vorliegenden Bericht III-188 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpaketes zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und deren Beschäftigten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 284

22.20.0120. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1354/A(E) der Abgeord­neten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Dr. Gabriela Moser, Mag. Roman Haider, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend europaweite Harmonisie­rung der Hotelsterne-Klassifizierungssysteme (1058 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Hörl zu Wort. – Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


22.20.32

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir reden heute über unseren Fünf-Parteien-Antrag. Ich verstehe diese Aufregung in keiner Weise.

Nicht erst seit wir „Michelin“, „DuMont“ und so weiter kennen, seit diese Reiseführer den Reisenden in Form von Sternen ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen und ein Gefühl von Qualität geben, nicht erst seither wissen wir auch, dass sich unser Sterne-Klassifizierungssystem in Österreich bestens bewährt hat. Und ich bedanke mich hier bei den vielen Kommissionen, bei den vielen Wirten und Wirtinnen in diesem Lande, die ihre Kollegen klassifizieren und schauen, dass die Qualität in diesen Häusern passt. Ich denke, das sollte man auf Europa ausweiten.

Meine Kollegen werden Ihnen den Rest sagen. – Schönen Abend! (Beifall bei der ÖVP.)

22.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


22.21.25

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! – So kurz wie Kollege Hörl werde ich es nicht machen.

1981 wurde die Sterne-Qualifizierung in Österreich eingeführt. Drei Viertel aller Betriebe sind nach diesem System klassifiziert. Ich denke mir, das ist ein sehr gutes Zeichen. Trotzdem kennen wir alle das Problem, wenn wir in andere Länder fahren, wenn wir in andere Destinationen fliegen, wenn wir nach Italien fahren: 5 Sterne sind nicht 5 Sterne. Da gibt es riesige Unterschiede.

Auf der einen Seite soll diese Qualifizierung dazu dienen, dass wir eine Qualitäts­sicherung in der Hotellerie und für diese selber haben. Auf der anderen Seite wollen wir alle miteinander, dass wir als Kundinnen und Kunden auch die Sicherheit haben, dass wir ein entsprechendes Preis-Leistungs-Angebot im Hotel bekommen, dass wir wissen, was wir unter 5 Sternen erwarten können. Daher versuchen wir einmal, auf europäischer Ebene zumindest eine Qualifizierung zu bekommen, um sicherzustellen, dass 5 Sterne eben 5 Sterne und 3 Sterne 3 Sterne sind und nicht 3 Sterne irgendwo anders 5 Sterne sind.

Mit unserem Antrag unterstützen wir diese Bestrebungen. Es gibt ja inzwischen die „Hotelstars“ in der EU als neue Bewegung in diese Richtung. Das Ziel ist, bis 2014 innerhalb der EU einen Markt von 160 Millionen Einwohnern mit denselben Qualitätskriterien abzudecken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 285

Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Tourismusausschusses, dass es gelungen ist, hier einen einstimmigen Antrag zu gestalten. Ich glaube, es wird zum Wohl sowohl der Hotellerie als auch der Kundinnen und Kunden sein, und ich freue mich, wenn wir das gemeinsam vorantreiben können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort. – Bitte.

 


22.23.21

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bedanke mich bei Frau Kollegin Silhavy, die die Initiatorin dieses Antrags ist.

Europaweite Harmonisierung der Hotelsterne-Klassifikationssysteme, ein 5-Parteien-Antrag – da könnte man meinen, das ist eine klare Sache, da geht es um nichts. Nein, so einfach ist es doch nicht. Wer von Ihnen schon einmal in Italien – da spreche ich jetzt natürlich nicht von Südtirol, sondern von noch weiter südlich – oder auch in Griechenland in einem sogenannten 4-Sterne-Hotel gewesen ist, der weiß, dass das, was dort 4-Sterne ist, bei uns wahrscheinlich oft nicht einmal 2 Sterne bekommen würde. Und das ist wirklich wettbewerbsverzerrend, zum Nachteil der österreichischen Tourismuswirtschaft. Darum ist es wirklich wichtig, dass wir hier auch europaweit eine Vergleichbarkeit schaffen, denn dann kommt der Tourist drauf, dass das Angebot in Österreich wirklich preiswert ist – nämlich den Preis wert ist. Da rede ich noch gar nicht von den Wellnesseinrichtungen, wo wir in Österreich ohnehin weltweit wirklich spitze sind.

Ich möchte aber trotzdem, weil wir gestern Tourismusausschuss gehabt haben, die Gelegenheit nicht versäumen, zu einem anderen, weiteren wichtigen Thema, das derzeit im österreichischen Tourismus heiß diskutiert wird, zu sprechen. Viele von Ihnen haben ja in den letzten Wochen bemerkt, dass die Wirtschaftskammer aus der Österreich Werbung – ein Jahr Kündigungsfrist, das heißt per Jahresende 2011 – ausgetreten ist.

Insider wissen, es geht im Prinzip ja nur um die Finanzierung der Außenwirtschafts­organisation, wo die Industrie den Kammerpräsidenten Leitl so weit gebracht hat, jetzt endlich einmal der Österreich Werbung oder auch dem Wirtschaftsministerium nicht nur die Rute ins Fenster zu stellen, sondern auch wirklich den Austritt zu erklären. Es geht um die 8 Millionen, die die Kammer in die Österreich Werbung einzahlt. Die hätten gerne, dass die Österreich Werbung die Außenwirtschaftsorganisation mit bezahlt und die Büros der Österreich Werbung in die Außenwirtschaftsorganisation übergeführt werden.

Ich freue mich – ich stehe nicht an, das hier auch zu sagen –, dass der Wirt­schaftsminister hier ganz klar, auch gestern im Ausschuss, gesagt hat: Nein, das wird’s nicht spielen. – Die 8 Millionen €, die ab nächstem Jahr der Österreich Werbung nicht mehr zur Verfügung stehen werden, will er aus der Exportinitiative „go international“, die ja der Kammer zugutekommt, abziehen und in die Österreich Werbung stecken. Werden wir schauen, ob das wirklich so geschieht.

Die Kammer hat hier schlafende Hunde aufgeweckt. Sie braucht sich nicht zu wundern, wenn die Unternehmer jetzt eine Offenlegung der Kammerfinanzen, der Einnahmen der Kammer aus den Umlagen der Tourismusbetriebe fordern. Schlafende Hunde haben sie jetzt aufgeweckt, da brauchen sich die Kammerfunktionäre nicht zu wundern, wenn sie jetzt nicht nur verbellt, sondern auch gebissen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

22.26



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 286

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


22.26.26

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Sie erleben eine Sternstunde des Parlaments, wenn sich insgesamt 13 RednerInnen über einen gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrag zum Thema 5-Sterne-Hotels wirklich in einem unglaublich breiten Konsens hier wieder­finden. (Beifall bei Grünen und BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das ist parlamentarische Astrologie!)

Deswegen werde ich hier einen Punkt setzen und zum eigentlichen Kernthema kommen, um das an sich der Kosmos der Tourismuspolitik kreisen sollte, nämlich: Haben wir genug Mittel, um diese 5-Stern-Hotels wirklich weltweit propagieren zu können? Sprich: Ist die Österreich Werbung optimal aufgesetzt? Darüber möchten wir eigentlich intensiver diskutieren, denn das ist nämlich wirklich das Kernthema und die wahre politische Auseinandersetzung der letzten Tage gewesen.

Ich finde, wir müssen wirklich mit dem Herrn Minister noch einmal dringend darüber reden, dass nicht im Endeffekt Steuermittel dafür verwendet werden, dass es wirt­schaftliche Entlastungen für die Kammer gibt, die dann ihr Geld wieder in eine Parallelaktion investiert, weil sie will, dass die Außenhandelspolitik parallel zur Öster­reich Werbung irgendwie international präsent ist. Da spielen wir nicht mit! Gerne, wenn es um 5 Sterne geht, aber nein, danke, wenn es um diese sich wirklich jenseits irgendwelcher kosmischer Dimensionen abspielende Interessenpolitik geht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


22.28.15

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Natürlich werden wir diesen Fünf-Parteien-Antrag unterstützen, denn wir finden, es ist höchst an der Zeit, hier etwas zu tun. Österreich braucht sich diesbezüglich nicht zu verstecken, denn, wir haben das heute schon gehört, unsere österreichischen Betriebe haben sehr viel Geld investiert, gerade was die Hygiene betrifft und die Einhaltung der betreffenden Vorschriften et cetera.

Wenn wir uns andere Betriebe im Ausland anschauen, die 3 Sterne haben, bei uns aber nicht einmal 1 Stern bekommen würden, dann finde ich es gut, dass diese Klas­sifizierung europaweit geregelt ist, dass viele Staaten jetzt dabei sind: Schweiz, Öster­reich, Niederlande, Deutschland, Tschechien, Holland und Schweden.

Ich finde es absolut richtig, dass die Einhaltung kontrolliert wird. Meine Frage hat auch im Ausschuss gelautet: Wer überprüft das, und können wir davon ausgehen, dass wirklich alle Staaten gleich überprüft werden, was die Häufigkeit und die Kriterien betrifft? Es geht um Fairness, es geht hier um sehr viel Geld, das in die Hand genom­men wird. Deswegen, finde ich, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung, damit der Gast endlich weiß, dass er sich beispielsweise bei 5 Sternen europaweit das Gleiche erwarten kann.

Natürlich gibt es auch wichtigere Dinge im Tourismus, das muss ich hier schon sagen, zum Beispiel Schaffung neuer Lehrberufe, die Attraktivierung der Lehrberufe et cetera. Da haben wir noch viel zu tun, da werden wir noch einiges im Ausschuss diskutieren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 287

müssen. Aber der heutige Entschließungsantrag ist jedenfalls einmal ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Remler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.29.42

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Mag. Verena Remler: Werte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die österreichische Hotelklassifizierung bietet den Gästen eine verlässliche Orientierungshilfe und den Betrieben eine Qualitätssicherung. Zuständig für die Klassifizierung ist der Fach­verband Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich. Unterschiedliche Kriterien machen natürlich eine länderübergreifende Vergleichbarkeit schwierig, und deshalb wurde auf Initiative des Fachverbandes Hotellerie, also auf Initiative Österreichs, die „Hotelstars Union“ gegründet. Seit 1. Jänner 2010 wird an einem gemeinsamen und transparenten, verständlichen Klassifizierungssystem gearbeitet.

Der neue Sternekatalog enthält 270 Kriterien, und jeder Stern steht für ein klar definiertes Leistungspaket in Angebot und Service und ist damit ein ganz klares Qualitätsversprechen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend hat in seiner Stellung­nah­me zum Vorschlag der Europäischen Kommission, neue Qualitätssiegel zu schaffen, darauf hingewiesen, dass die Schaffung neuer Labels natürlich nur sinnvoll ist, wenn sie in diesem Zusammenhang auch einen tatsächlichen Mehrwert für den Tourismus, aber auch für die Touristen schaffen.

Das Bundesministerium hat vielmehr auf die bereits erfolgreichen Initiativen verwiesen und die „Hotelstars Union“ als ein Best Practice genannt.

Die Europäische Kommission wird voraussichtlich Ende Februar einen Workshop zu dem Thema „Europaweite Qualitätssiegel“ abhalten, aber auch hier wird das Wirt­schaftsministerium klar die Bedeutung der Beachtung bereits bestehender Qualitätssiegel hervorheben und so auch die „Hotelstars Union“ unterstützen.

Die österreichischen Hotelsterne vermitteln Orientierung, und gerade in bewegten Zeiten ist es damit gelungen, diesen verlässlichen Wegweiser für die Zukunft inter­national zu positionieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer zu Wort. – Bitte.

 


22.31.52

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt die Worte der Frau Staatssekretärin nicht wiederholen. Wir alle wissen, dass der Tourismus, die Hotellerie den höchsten Standard international hat. Es ist gut, dass man sich bei diesen Kriterien nach unserem Standard richten und an diesen halten wird.

Wir wissen, wie die Praxis ausschaut, das wurde von den Vorrednern und von der Frau Staatssekretärin schon gesagt. Es ist nicht tragbar, dass verschiedene Reise­veranstalter die Hotels selbst kategorisieren. Wenn man die Angebote in den Kata­logen vergleicht, so kommt es immer wieder vor, dass das eine Hotel in einem Katalog 5 Sterne hat und im nächsten Katalog nur 4 Sterne. Wenn man sich dann anschaut,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 288

wie viel Sterne das Hotel im nationalen Katalog hat, dann ergibt das wieder ein anderes Bild.

Ich glaube daher, wir sind da auf dem richtigen Weg. Wir brauchen uns da nicht zu fürchten, weil wir in diesem Bereich ohnehin Vorreiter sind.

Aber jetzt ganz kurz zwei Sätze dazu, was meine Vorredner und der neue Obmann des Tourismusausschusses über die Finanzierung der Österreich Werbung gesagt haben. Wir brauchen uns da wirklich keine Sorgen zu machen. Wir kennen die ganz klare Aussage von Präsident Leitl, wir kennen die ganz klare Aussage von Wirtschafts­minister Mitterlehner: Das Geld ist garantiert, das andere ist Verhandlungssache.

Wie gesagt, Herr Kollege Haider, mach dir da nicht zu viele Sorgen! Wir machen uns auch keine Sorgen, weil es innerhalb der freiheitlichen Fraktion jetzt zu einem Obmann­wechsel gekommen ist. Ich muss dir ganz ehrlich sagen, Herr Linder war ein sehr guter Vorsitzender. Dass er jetzt in der FPÖ-Fraktion nicht mehr würdig ist, Vorsitzender zu sein, wundert mich. Mir war er gut genug. Aber auch du bist mir gut genug. Und ich hoffe, dass wir auch in Zukunft einstimmige Beschlüsse im Tourismusausschuss haben werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


22.33.50

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Die österreichische Hotelklassifizierung hat eine lange und recht erfolgreiche Geschichte und ist ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Qualitäts­standards in der österreichischen Hotellerie. Anfang 2010 hat Österreich mit sechs europäischen Ländern eben dieses neue gemeinsame Klassifizierungssystem für einheitliche Standards definiert.

Ab 1. Jänner 2011 gilt dieses harmonisierte System bereits in mittlerweile zehn europäischen Ländern. Ziel ist die Umsetzung des neuen Systems in Österreich bis 2014, die Erfassung von 21 000 Hotels sowie die Aufnahme weiterer EU-Mitglieder.

Dieses neue System ist transparenter, flexibler und gerechter, weil es einen direkten Vergleich für Reiseveranstalter und KonsumentInnen bedeutet.

Der vorliegende Fünf-Parteien-Antrag, der vorsieht, dass diese EU-weite Harmonisie­rung der Hotelklassifizierung vonseiten des Ministeriums unterstützt wird und damit Tourismusdestinationen auch gestärkt werden, ist durchaus zu befürworten.

Nicht zu vergessen in der Qualitätsdebatte um Sterne und Klassifizierung ist die Situation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die durch ihre Dienstleistungen eben Qualität im Tourismus möglich machen. Österreich ist ja als Tourismusland für seine Qualität international bekannt, und diesem hohen Maß an Qualität ist es auch zu verdanken, dass der Tourismus sich auch in Krisenzeiten als Fels in der Brandung bewährt hat.

Ich finde es daher unverzichtbar, verstärkt in Lohn und Arbeitsbedingungen jener Men­schen zu investieren, die in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft tätig sind, und dass es diesbezüglich auch zu Verbesserungen kommt. Denn letztlich wird es vor allem auch davon abhängen, ob wir die Qualität und die internationale Konkurrenzfähigkeit werden erhalten können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 289

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Linder –: Warum bist du nimmer Obmann? – Abg. Scheibner: Haben Sie dich nicht mehr wollen? – Abg. Grosz: Haben Sie dir die Sterne abgenommen?)

 


22.36.16

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Staats­sekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gabi, mach dir bitte keine Sorgen! Wir haben uns das auf kollegialer Basis ausgemacht. Und zu euch, liebe Kollegen vom BZÖ: Für mich ist wichtig, dass ich mitentscheiden kann, und nicht, welche Positionen ich bekleide. Das ist, glaube ich, etwas ganz Wichtiges. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Was kannst du denn da entscheiden?)

Zum Thema europaweite Harmonisierung der Hotelsterne: Ich glaube, dass das eine gute Sache ist. Ich wünsche mir und hoffe nur, dass auch die laufende Kontrolle funktionieren wird, denn das ist die große Gefahr dabei, dass die Hotels einmal klassifiziert und eingeteilt sind und dann, wie es oft der Fall ist, die Qualität schwindet und die Beurteilung nicht mehr stimmt.

Für mich aber ein viel wichtigeres Thema ist die Finanzierung der Österreich Werbung. Ich habe mir gestern im Ausschuss erlaubt zu sagen, dass wir eigentlich einen kleinen Bruderzwist vor uns haben, wenn Wirtschaftskammer und Minister streiten und sich da in den Haaren liegen. Da haben beide – Gabi Obernosterer genauso wie der Wirt­schaftsminister – gesagt: Nein, nein, um Gottes willen, das ist alles wohl vorbereitet und gut ausgeredet gewesen. Und heute lese ich in der „Kleinen Zeitung“, dass Sepp Schellhorn sagt: „Kammer hat keine Bodenhaftung“. Und Gabi Obernosterer sagt: Der Tourismus hat sich das nicht verdient! Er sei ganz überrascht gewesen und habe von dieser Angelegenheit überhaupt nichts gewusst.

Lieber Gabi! Du bist Spartenobmann und weißt nicht einmal, was deine eigene Wirt­schaftskammer tut! So viel zu den Positionen und was du zu tun hast und erreichen kannst. – Das ist das eine. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Zweite: Ich glaube, dass es schon bedenklich ist, wenn du hergehst und sagst: Die 8 Millionen € werden wir eben aus dem Budget herausnehmen, und die Kammer kümmert sich um die Exportförderung und nicht mehr um den Tourismus. – Immerhin zahlt der Tourismus rund 100 Millionen € an Zwangsmitgliedsbeiträgen ein. Und wenn du dann hergehst und so salopp sagst, die Kammer macht dann eben nichts mehr für den Tourismus, dann würde ich dich schon bitten, das zu überdenken, Gabi. Wenn du dort eine Position bekleidest und, so wie du tust, etwas zu reden hast, dann kümmere dich darum, dass wir für unsere 100 Millionen € auch eine entsprechende Leistung bekommen!

Das Letzte, was mir auch ein bisschen Sorgen macht – es tut mir leid, dass der Herr Minister heute nicht da ist –: Man versucht die Tourismusorganisationen der Gesell­schaftssteuer zu unterziehen, Tourismusorganisationen, die von den Gemeinden Gelder bekommen. (Abg. Hörl: Die Staatssekretärin ist da!) – Ich habe mit dem Herrn Minister schon über das Thema geredet. – Damit sie finanziert werden können, sollen sie der Gesellschaftssteuer unterzogen werden. Jetzt ist es grundsätzlich einmal so, dass das Mittel sind, die uns im Tourismus fehlen.

Das Zweite aber, was mir zu denken gibt, ist, wenn wir gestern die Präsentation über den Umbau des Parlaments gehabt haben und wir dann hören, das mit der Mehr­wertsteuer, der Vorsteuer ist noch fraglich, denn im Prinzip ist es so, wie etwas aus der rechten Tasche zu nehmen und in die linke Tasche zu geben. – Ja, meine Damen und Herren, was sind dann die Gemeindebeiträge? Genauso öffentliche Mittel! Gilt da nicht dasselbe Prinzip: aus der rechten Tasche nehmen und in die linke Tasche geben?


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Deshalb, Frau Staatssekretärin, bitte ich Sie stellvertretend für den Minister: Kümmern Sie sich darum und sorgen Sie dafür, dass diese Mittel in den Tourismusorgani­sationen bleiben und uns Gemeinden wirklich für Werbezwecke zur Verfügung stehen und nicht nur von der rechten in die linke Tasche geschoben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

22.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Rädler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.39.43

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Linder, wenn man eine GesmbH gründet, eine Destination aufmacht, dann muss man auch Steuern zahlen. Ich verstehe also nicht, was Sie mit Ihrer letzten Aussage gemeint haben.

Es wurde schon alles zur Klassifizierung gesagt, die es seit 1957 in Österreich gibt und die Tradition hat – weil Österreich ein Tourismusland ist! Wir sollten das also nicht so auf die leichte Schulter nehmen und sagen, da melden sich jetzt 13 Redner dazu zu Wort und reden irgendetwas daher. Das hat schon einen Grund und eine Tradition! (Abg. Dr. Moser: Ja, ist ja so! Reden Sie über etwas Gescheites!) Sie haben das gesagt, genau. Frau Kollegin Moser, da bin ich gar nicht enttäuscht, denn wie könnte es anders sein. (Abg. Dr. Moser: Bitte sagen Sie mir etwas Neues!)

Es ist so. Österreich setzt 16 Milliarden € im Tourismusbereich um. Das ist ein Wirt­schaftsfaktor. (Abg. Dr. Moser: Ja!) Falls Sie es nicht wissen: 180 000 Menschen finden dort Beschäftigung. Das ist Ihnen als Grüne egal. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Moser: Das ist nichts Neues! Ich unterstütze den Antrag ja, aber ich will eine substanzielle Rede, wenn Sie sich schon melden!)

Ich möchte mich jetzt in der Diskussion gar nicht bei Ihnen anhängen, sondern Folgendes festhalten: Wissen Sie, Frau Moser, was Ihr Herr Pilz mit unserem Klubobmann Kopf und Herrn Strache gemeinsam hat? (Abg. Pendl steht am Rand der Regierungsbank und spricht mit einem Mitarbeiter.) – Bitte? Ah, der Herr Pendl führt Eigengespräche, gut.

Wissen Sie, was Herr Strache mit Herrn Klubobmann Bucher, mit dem gesamten BZÖ und Herrn Abgeordnetem Wittmann gemeinsam hat? – Sie alle haben diesen Standard der Qualifizierung bereits kennengelernt, und zwar in der Therme Linsberg Asia (Abg. Pendl: Super!), und ich lade Sie alle ein, dorthin – in meine Heimatgemeinde – zu kommen! – Dich auch, Otto Pendl. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Moser: Na, das war eine Wortmeldung!)

22.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


22.41.30

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon spät. Wenn es hier dunkel wäre und keine Decke über uns wäre, könnten wir schon die Sterne über uns leuchten sehen.

Damit der Tourismus-Stern bei uns in Österreich weiterhin strahlt, brauchen wir natürlich immer wieder Innovationen, immer wieder Schritte in die richtige Richtung. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir heute diesen Tagesordnungspunkt einstimmig beschließen werden. Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 291

Wir haben von mehreren Rednern schon gehört, dass die Standards bei uns in Österreich sehr hoch sind. Manche bezeichnen sie sogar als die höchsten. Fest steht auf alle Fälle, sie sind sehr hoch, und wenn wir international reüssieren wollen, dann ist es natürlich wichtig, eine vergleichbare Kategorisierung zu haben. Dafür müssen wir alle zusammenarbeiten.

Herr Dr. Ennemoser hat uns im Ausschuss einen guten Überblick über die Arbeit aus der Wirtschaftskammer gegeben. Das hat mir sehr gut gefallen. Was mir nicht gut gefallen hat, ist, dass es jetzt seitens der Wirtschaftskammer Probleme mit der Österreich-Werbung gibt. Wie das weitergehen wird, werden wir sehen. Damit wir diesen Punkt à la longue auch wirklich umsetzen können, braucht es aber die Zusammenarbeit aller, und da kann es nicht sein, dass es Streitigkeiten von Meinungsträgern gibt, die wir international brauchen.

Wenn ich vielleicht noch einen Punkt aus dem Antrag nennen darf, der mir sehr gut gefällt: Es wird im Antrag auch darauf verwiesen, dass wir die Tourismus-Destination Europa als Ganzes bewerben sollen. Ich glaube, das ist ganz wichtig für uns, weil wir dann natürlich mit partizipieren können. Der Vorschlag des Herrn Kollegen Obernosterer aus dem Ausschuss hat mir auch sehr gut gefallen. Es wurde bei uns unlängst auch in Tirol diskutiert, was die Wellness-Kategorisierung anbelangt.

Danke sehr, und ich hoffe, dass wir weiterhin im Sinne des Tourismus sehr gut zusam­menarbeiten – und Ihnen, Frau Kollegin aus Tirol, wünsche ich alles Gute bei uns hier in Wien. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Mag. Josef Auer reicht Staatssekretärin Mag. Remler die Hand.)

22.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hackl. – Bitte.

 


22.43.56

Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten ist die europaweite einheitliche Neustrukturierung der Hotel-Sterne sehr zu begrüßen. Wir haben von einigen Vorrednern schon gehört, dass ein Dreistern-Hotel in Norddeutschland nicht den Stan­dard eines Dreistern-Hotels in Sizilien hat – oder umgekehrt.

Ganz wichtig für den Erfolg dieses Projektes wird ein hoher Beteiligungsgrad der Gastronomie sein, und ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist ein Qualitäts-Management. Wir kennen ja die „Kreativität“ mancher südlicher Mittelmeerländer, und da ist sicher­zustellen, dass auch im Laufe der Jahre die vergebenen Sterne und die Qualitäts­standards für den Konsumenten nach wie vor Gültigkeit haben. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pack gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.45.18

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine geschätz­ten Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Meine Vorredner haben es bereits erwähnt, und ich glaube, das muss man auch ganz klar hervorstreichen: Eine einheitliche Hotel-Klassifizierung bringt natürlich nicht nur dem Gast etwas, sondern sie ist vor allem wichtig für die Tourismusbetriebe.

Wenn ich als Beispiel meine oststeirische Heimat hernehmen darf: Wir stehen natür­lich, was Thermen-Standorte betrifft, viel im Wettbewerb, vor allem mit neuen Thermen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 292

in Slowenien, Ungarn und so weiter. Da ist natürlich der Weg zu einer einheitlichen Hotel-Klassifizierung der richtige.

Wir leben zu 80 Prozent von Inlandstouristen, die natürlich auch auf den Preis schauen. Um sich für ein Angebot zu entscheiden, muss man die Angebote auch wirk­lich vergleichen können. Wenn man eine einheitliche Hotel-Klassifizierung zustande bringt, dann ist dieses Angebot wieder transparent und der Wettbewerb für uns oder für unsere Betriebe leichter.

Ein weiterer Schritt, wie mein Kollege Gabriel Obernosterer beziehungsweise der Kol­lege von der SPÖ angekündigt hat, wäre es natürlich, auch im Bereich der Wellness-Landschaften eine solche Regelung zu treffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.46

22.46.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1058 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 142.)

22.47.1121. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1074/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend BStU-Akteneinsicht (1059 d.B.)


 Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayerhofer. – Bitte.

 


22.47.33

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Staatssekretärin! Die SPÖ war gestern Vormittag im Ausschuss besonders nervös, und nicht ohne Grund, wenn man das ein bisschen näher beleuchtet und sich damit intensiver befasst. (Abg. Haberzettl: Das ist doch gar nicht wahr!) – Ja, hören Sie ruhig einmal ein bisschen zu!

Die SPÖ glaubt ja hoffentlich nicht, weil der eine oder andere, zumindest der Spionage verdächtigt, in einer linken Diktatur unterwegs war, ist das weniger untersuchungs­würdig als viele andere Dinge in diesem Land auch. Das möchte ich einmal sagen.

Werden wir uns bewusst: Spionage für eine fremde Macht heißt, die Interessen eines anderen Staates wahrzunehmen und somit die Interessen des eigenen Landes, unbe­merkt von den Behörden, außer Acht zu lassen, ja sogar gegen das Land, in dem man selber lebt, zu agieren.

Die Nervosität habe ich bereits angesprochen. Ich glaube, es war ganz besonders Herr Abgeordneter Ewald Sacher, der sich da über die Ausführungen des Kollegen Grosz alteriert hat. (Abg. Grosz: Wobei wir bis heute nicht wissen, warum eigentlich! Das werden wir auch aufarbeiten müssen!) – Ja, das ist interessant. Zu schnell haben die


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Leute nämlich vergessen, was da alles gelaufen ist, und der Staatsbürger hat ein Recht darauf, das zu erfahren. Da möchte ich sagen, dass sich Herr Kollege Scheibner schon vor einigen Jahren zu dem Thema zu Wort gemeldet hat – und das mehr als berechtigt! Leider wurde das von vielen nicht richtig gewürdigt, das muss ich sagen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Eines ist auch zu hinterfragen: Wenn dieser Staat auch nicht mehr existiert, wer werkelt dort auf den Spionage-Werkbänken weiter? Wer einmal Spion war, der bleibt Spion, der bleibt auch im Geschäft. Das interessiert vielleicht die Bevölkerung auch, weil der eine oder andere prominente Kopf dort auftaucht. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Ja, Sie werden gleich wissen, wer! Zum Beispiel ein Ex-Politiker, der gerade damit befasst ist, ein Volksbegehren zu initiieren, war da vor einigen Jahren stark im Gespräch. Oder ein Abgeordneter, der auch hier gesessen ist und heute auch eine hohe Funktion einnimmt. – Und die Ermittlungen wurden, wie so oft in diesem Land, einfach eingestellt.

Es gibt nicht nur den Fall Kampusch, wo einfach zugedeckt, niedergemacht, nicht mehr weiterermittelt wird, weil es die Staatsräson so nicht erlaubt, sage ich einmal. Und das fällt den Bürgern schon auf. Einige Abgeordnete nehmen das dann in die Hand. Kollege Grosz, für dich habe ich noch nicht wirklich viel Lob in diesem Haus übrig gehabt, aber dafür gebührt dir ein Lob, dass du das wieder in die Hand nimmst! (Beifall beim BZÖ in Richtung des Abg. Grosz.)

Immerhin war es ein ehemaliger Wiener Bürgermeister, der bis heute nicht über den Verdacht erhaben ist, für einen tschechischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Das ist auf einmal abgedreht worden – aber so wunderschön, wie es nur geht! Da sage ich gerade in Richtung SPÖ, die die Wiedergutmachung, die Aufarbeitung der Ver­gangenheit in ganz besonderem Maße im Auge hat (Abg. Dr. Wittmann: Na was jetzt? Was ist das jetzt?): Nehmen Sie heute die Chance wahr, stimmen Sie diesem Antrag zu, und dann haben vielleicht viele politische Häftlinge aus dieser grässlichen kom­munistischen Zeit in der DDR die Chance auf eine Wiedergutmachung, die Ihnen ja angeblich ein großes Anliegen ist! Das würde dem Antragsteller, auf alle Fälle dem Wähler, aber – auf jeden Fall und ganz wichtig – auch der Gerechtigkeit einigermaßen Genüge tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Helfen Sie heute nicht wieder mit Ihrer passiven Haltung mit, zuzudecken und abzudrehen. Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


22.51.53

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Zum Tagesordnungspunkt 21, zum Antrag des BZÖ, ist festzustellen, dass im Zuge der Aufarbeitung der DDR-Spionage gegen die Republik Österreich in 60 Fällen Ermittlungen durchgeführt wurden.

Die Begründung dieses Antrages kann nicht ohne Widerspruch stehen gelassen werden, und wir lehnen den Antrag ab. Sie verkehren die geschichtliche Entwicklung Europas. Sie führen kritisch die Staatsbesuche Österreich – DDR in den Jahren 1987 und 1983 an. (Abg. Grosz: Unseres „heiligen“ Bruno! Abg. Grillitsch: Lernen Sie Geschichte!)

Ich darf Sie informieren – und eigentlich sollten Sie es wirklich selber wissen: Am 1. August 1975 saßen in einer Reihe der amerikanische Präsident Ford, Bundes­kanzler Kreisky, Bundeskanzler Schmidt und Erich Honecker, und auch alle anderen


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europäischen Staatsoberhäupter – mit Ausnahme Albaniens – sowie der USA, auch Kanadas, und unterschrieben die Erklärung von Helsinki bei der Konferenz über die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Ich darf Ihnen zwei Punkte daraus anführen. Punkt 7: Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Punkt 9: Die Zusammenarbeit zwischen den Staaten. – Das war 1975.

Sie sprechen von 1978 und 1983. Ich darf die zwei Persönlichkeiten auch namentlich erwähnen. Sie kritisieren den Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger. Ich darf Ihnen sagen – und Sie sollten es auch wissen –, seine Haltung als Botschafter in Prag 1968 war sehr mutig und sollte alle Demokraten zu großer Wertschätzung und Hochachtung verleiten, und nicht nur verleiten, sondern zu ehrlicher Anerkennung dieser großartigen Tat führen. Die österreichische Botschaft war in Prag die einzige, die sich so für die Menschenrechte eingesetzt hat. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.  Abg. Neugebauer: Was geschichtlich wahr ist, ist wahr!)

Die Politik von Bruno Kreisky, die aktive Neutralitätspolitik in Zusammenarbeit mit Olof Palme und mit Willy Brandt für Menschlichkeit und Entspannung hat in Europa sehr viel Positives erwirkt und ist heute noch spürbar. Über Europa hinaus war Österreich ein Mitinitiator des Friedens. Viele Initiativen gehen auf diese positive Zeit zurück. Wir haben allen Grund, auf diese Persönlichkeiten stolz zu sein, und nicht nur wir in Österreich, sondern die Menschen in ganz Europa. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.55.11

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern im Ausschuss diesem Antrag des Abgeordneten Grosz zugestimmt, weil wir grundsätzlich der Ansicht sind, dass Aufarbeitung etwas Wichtiges ist, insbesondere wenn es um die Aufarbeitung von verbrecherischen Regimen geht, ganz gleich, ob das ein nationalsozialistisches Regime ist oder ob es sich um irgendwelche Stasi-Verbrechen handelt.

Wir haben das gemacht, obwohl wir diesen „Beipacktext,“ also diese Erläuterungen des Kollegen Grosz, nicht wirklich verstanden haben. Wir sind stundenlang zusam­mengesessen, haben die Köpfe zusammengesteckt, haben gerätselt, haben Herme­neutik betrieben, Exegese geradezu, und sind nicht draufgekommen. Wir haben Fachkundige der BZÖ-Sprache aus Graz eingeflogen, damit sie uns ein Gutachten schreiben. Sinn hat sich uns trotzdem nicht erschlossen; tut mir leid.

Aber wir haben heute die Studien fortgesetzt und haben auch die Bundesbehörde zur Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen angerufen und besprochen, inwieweit die uns da vielleicht weiterhelfen können. Jetzt wissen wir, die Hälfte des Textes enthält, mit anderen Worten und sehr verzerrt dargestellt, was diese Stasi-Aufarbeitungsbehörde zu tun hat. – Das ist die eine Hälfte.

In der zweiten Hälfte wird es ganz eigenartig und wirr. Da geht es zuerst einmal darum, dass die Neutralitätspolitik Österreichs unter Kreisky diskreditiert wird, und dann darum, das angebliche Bekannte von Bruno Kreisky irgendein Naheverhältnis zu irgend­welchen sowjetischen Geheimdiensten haben hätten können.

Was das mit dem eigentlichen Antrag zu tun hat, hat sich uns auch nicht erschlossen. Aber immerhin, die im Volksmund Gauck-Behörde genannte Behörde zur Aufarbeitung


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der Stasi-Unterlagen hat uns gesagt, es gibt einen regen Austausch zwischen Öster­reich und Deutschland, was die Erkenntnisse dieser Behörden betrifft.

Zweitens werden Untersuchungen immer nach begründetem Verdacht auf Antrag unternommen – ganz gleich, ob es sich um öffentliche Behörden oder um private Personen handelt, ganz gleich, ob diese Anträge aus Deutschland oder aus Österreich kommen.

Drittens: Diese Behörde arbeitet nicht bis Ende 2011, wie es im Antrag steht, sondern mindestens bis Ende 2019.

Und viertens: Das Bundesministerium für Inneres müsste eigentlich wissen, dass es mindestens 60 Fälle gibt, wo Österreicher und Österreicherinnen irgendwie mit den Verbrechen in Verbindung gebracht wurden und dann gemeldet wurden. Bislang hat es einen Fall rechtskräftiger Verurteilung gegeben. Ich sehe also keinen weiteren Grund mehr, diesem Antrag zuzustimmen. Wir werden daher dem Ausschussbericht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


22.58.21

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Ich schließe mich ausnahmsweise einmal meinem Vorredner an. Das ist ein Antrag, zu dem man auf Oberösterreichisch – oder Österreichisch – typischer­weise sagen könnte, da ist die Suppe mehr wert als das Fleisch. Es liegt nämlich ein Antrag vor, der ja aufregen soll, und wenn man dann aber schaut, was wirklich dahinter ist, wenn man die Zahlen anschaut, dann kommt man drauf, dass eigentlich alles aufgearbeitet ist, dass es überhaupt keinen Grund mehr gibt, hier besonders aktiv zu werden.

Die Behörden arbeiten. Mein Vorredner hat es gesagt: Seit der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 befassen sich auch die österreichischen Staats­schutzbehörden mit der Aufarbeitung der Aktivitäten der ehemaligen DDR-Nachrichten­dienste im Bundesgebiet.

Es wurden in 60 Fällen Ermittlungen eingeleitet, in der überwiegenden Zahl der Fälle wurde Strafanzeige bei den Justizbehörden erstattet. Der weitaus größte Teil wurde dann eingestellt. Es sind keine Verfahren mehr offen, und in drei Fällen wurde das Strafverfahren abgebrochen. Lediglich in einem einzigen Fall kam es zu einer rechtskräftigen Verurteilung eines österreichischen Staatsbürgers.

Abgesehen davon arbeiten auch die Behörden in Deutschland noch. Die Arbeits- und Vorgehensweise des Ministeriums für Staatssicherheit wird durch Forschungseinrich­tungen eingehend und umfassend dokumentiert. – Es besteht also keine Veranlassung für uns, da jetzt besonders aktiv zu werden, weil ohnehin alles läuft. Meine Damen und Herren, ich glaube, deshalb ist der Antrag auch aufgrund von nicht inhaltlicher Begrün­dung abzulehnen.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren: Da der Antrag keinen Vierzeiler hergibt – ich habe mich bemüht, aber gibt es keinen dazu (Heiterkeit) –, werde ich einen Einzeiler zur heutigen Causa prima bringen und zur Diskussion über den Wehrdienst kurz meine Begründung sagen:

Vor einem Jahr in Stein gemeißelt,

wird die Wehrpflicht jetzt gegeißelt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 296

Prinzipien keine Bedeutung,

regieren tut die „Kronen Zeitung“.

Die ÖVP jedoch ist g’scheit

und jederzeit gesprächsbereit.

(Beifall bei der ÖVP.)

23.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich Herrn Abgeordnetem Grosz das Wort erteile, nur zur Information: Es gibt jetzt noch drei Wortmeldungen zu diesem Tages­ordnungspunkt. Ich darf die Damen und Herren Klubvorsitzenden beziehungsweise deren Stellvertreter nach der Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt im Couloir zu einer kurzen Stehpräsidiale einladen, damit wir klären können, ob es einen Re­servetag Anfang März gibt oder nicht.

Herr Abgeordneter Grosz, Sie sind am Wort. – Bitte.

 


23.01.13

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich gratuliere dem Herrn Abgeordneten Großruck zu diesem Vierzeiler, der ja der Sache bei diesem Tagesordnungspunkt wirklich diente, einer Sache, die recht einfach ist, nämlich unserem Wunsch der Aufarbeitung eines dunklen Kapitels europäischer Geschichte: die Deutsche Demokratische Republik, die über Jahre und Jahrzehnte Menschen geknechtet hat, Menschen in Geiselhaft gehalten hat, Menschen auch unter ihrer stalinistischen Führung, unter dieser faschistoiden Führung umgekommen sind, an der Mauer erschossen worden sind, Menschen, die ausspioniert worden sind in einem Unrechtsstaat wie der DDR, die weltweit mit ihrem Stasi-Netz ihre Unrechtmäßigkeit entfalten konnte.

Uns geht es schlichtweg darum, dass Sie – da kann ich den Kollegen Zinggl ein wenig korrigieren – trotz dieser stundenlangen Befassung irgendwelcher logopädischer Experten, die Sie von woher auch immer eingeflogen haben, um die Gehirnganglien der Grünen auf Vordermann zu bringen – das haben Sie ja selbst gesagt; ist nicht einmal beleidigend, dass Sie das notwendig haben –, den Antrag offenbar nicht ge­lesen haben, denn die Frist, die im Antrag genannt ist – bis 31. Dezember 2011 –, bezieht sich ausschließlich auf die Überprüfung jener Personen, die hauptamtlich oder inoffiziell für die Stasi tätig waren, für jene, die laut dem Gesetz 1992, diese sogenannte Gauck-Behörde, dazu berechtigt sind. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Dass die Gauck-Behörde bis 2019, 2024 und möglicherweise im Dienste der deutschen Geschichte noch die nächsten 40 Jahre implementiert werden wird, ist uns klar, weil die Deutschen auch noch sehr viel in diesem Bereich aufzuarbeiten haben und selbstverständlich in diesen Archiven Tausende Akte von Österreicherinnen und Österreichern warten, die noch nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben; Akte, die über Österreicherinnen und Österreicher angefertigt worden sind und Akte über Österreicherinnen und Österreicher, die sich – entgegen dem Staatsziel Österreichs – nachrichtendienstlich entfaltet haben und damit Hochverrat gegenüber der Republik Österreich begangen haben. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und da unterscheide ich nicht zwischen einem nationalsozialistischen Regime, einem stalinistischen Regime, einem faschistoiden Regime in Italien oder sonst wo, sondern diese dunklen Kapitel der Geschichte gehören schonungslos aufgearbeitet. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie auf dem rechten Auge sehr wohl hinschauen, aber auf dem linken latent blind sind, wenn es darum geht, die Untaten jener Gesinnungsgenossen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 297

aufzudecken, mit denen Sie ideologisch verwandt sind, meine Damen und Herren von den Grünen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und, sehr geehrte Damen und Herren, dass die österreichischen Verbindungen zum DDR-Regime systempermanent waren, beweisen zwei Tatsachen: Die erste Tatsache ist, dass der erste offizielle Auslandsbesuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Honecker ihn gerade nach Österreich geführt hat, um ihn hier zu rehabilitieren, auch international auf dem diplomatischen Parkett. Und zweitens gibt es die Tatsache, dass der erste nennenswerte westliche Regierungschef ein österreichischer Bundeskanzler war, der in die DDR gereist ist und damit das DDR-Regime auch aufgewertet hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ein weiterer Punkt, den wir nicht vergessen können, ist, nicht die siebziger Jahre aufarbeiten – nein! –, sondern das Jahr 1989, das Jahr des Zusammenfalls der Deutschen Demokratischen Republik, des Zusammenbruchs des stalinistischen Regimes, als wenige Wochen vor dem Zusammenbruch der DDR der österreichische Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky – ich hoffe, das fällt dann nicht unter politische Leichenschändung, weil Sie sich so aufregen bei Bruno Kreisky –, nein, Dr. Franz Vranitzky in der Zeitschrift „Aspekte“ sagte:

„Wir können die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Österreich und der DDR mit Zufriedenheit betrachten. Die ungebrochene Verfestigung und Vertiefung der beider­seitigen Beziehungen der letzten Jahre lässt eine zusätzliche Dynamik für 1989 erwarten.“

Freundschaft, Genosse! Drei Wochen später ist die Mauer zusammengebrochen und die Deutsche Demokratische Republik und ihr Volk konnten befreit werden. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Na, selbstverständlich wollen wir diese Dinge aufklären, wie auch jene Sachen, dass ein SS-Unterscharführer, nämlich Herr Johann Sanitzer, ein früherer Referatsleiter der Gestapoleitstelle Wien, Folter- und Verhörspezialist, trotz Gerichtsverurteilungen zum Major der Staatssicherheit der DDR avanciert ist und sich nachrichtendienstlich verviel­fältigt hat.

Und davon gibt es Hunderte Fälle. Daher weiß ich auch nicht, sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere von der Sozialdemokratie, warum Sie sich hier mit Händen und Füßen wehren. Ich frage Sie zum Schluss: Was haben Sie und einige Hunderte Ihrer Höchstfunktioniere und Mitglieder wirklich zu verbergen und welche schmutzige Rolle haben Sie im Rahmen der DDR gespielt? (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

23.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


23.06.07

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Grosz, Sie haben sowieso gestern schon im Ausschuss deutlich dargestellt, was Sie tun: Sie erzählen immer Halbwahrheiten und Unwahrheiten. Oftmals vermischen Sie alles, Äpfel und Birnen, und glauben, wenn Sie es öfters wiederholen, dass es wahr wird. – Das ist nicht so.

Tatsache ist – und das halte ich schon fest –, dass hier bereits Ermittlungen durch­geführt worden sind. Es wurde schon mehrmals von meinen Vorrednern gesagt, dass insgesamt über 60 Fälle abgearbeitet wurden. Die Ermittlungserkenntnisse der Justiz­behörde wurden teilweise an Strafgerichte weitergeleitet und es gab Verfahrens­einstel­


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lungen. Und es ist, ja, es ist auch zu einer Verurteilung gekommen. Das ist einmal Faktum und von dem kommen wir nicht weg.

Aber wenn Sie so interessiert sind und unbedingt Aufklärung wollen, dann muss man auch sagen, Sie hatten einen Landeshauptmann, der Beziehungen zu einem Diktator gehabt hat. Ich möchte da eigentlich nur das Jahr 2002 erwähnen. Das muss ich ganz klar sagen, das gehört vielleicht auch einmal hinterfragt.

Für mich ist es sehr wichtig festzuhalten, warum gerade zwei Parteien jetzt nicht mitstimmen wollen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Tatsache ist, dass auch das Bundesministerium für Inneres nur beschränkte Ressourcen hat und derzeit die größten Kriminalfälle in der Geschichte der Zweiten Republik bearbeitet werden. Vielleicht ist das ein weiterer Grund, warum Sie die Arbeiten verzögern wollen. Ich möchte hier ganz klar sagen, Hypo Alpe-Adria, BUWOG. Es sind erst kürzlich zwei neue Anfragen der Grünen eingetroffen, die hier Ungereimtheiten bei Überprüfungen von Unternehmen festgestellt haben.

Ich glaube, es gibt genug zum Abarbeiten. Lassen wir die Behörden arbeiten und sich nicht mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten beschäftigen, die eigentlich schon längst abgearbeitet wurden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Krainer: Eines war aber falsch! ...!)

23.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


23.08.06

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Der Herr Vorredner sagte, man kann deswegen nicht über DDR-Akten reden, weil dann angeblich das Minis­terium zusammenbricht und etwas anderes nicht mehr ermitteln kann. Das ist blanker Unsinn gewesen – bei allem Respekt –, blanker Unsinn! (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung SPÖ –: So ein Schwachsinn!)

Schauen Sie, meine Damen und Herren, Sie wissen ganz genau ... (Ruf bei der SPÖ: Wissen wir nicht!) – O ja, Sie wissen es ganz genau. Sie wissen genau, dass es immer wieder in Wien DDR-Spitzeltätigkeit gegeben hat. Das war auch einer der Gründe dafür, warum man immer wieder in verschiedenen Verfassungsschutzberichten kritisch angemerkt hat, dass es hier natürlich Tätigkeiten gab. (Ruf bei der FPÖ: Auch Tschechien!) Es gab natürlich Querverbindungen zwischen der verstaatlichten Industrie (Abg. Grosz: Voest!), zwischen den Roten, zwischen den Grünen, immer wieder in die DDR. Es gab den Herrn Schlaff, die Verbindungen ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, auch! Die ÖVP auch, stimmt schon, ja. Die Wirtschaftskammer hat ... (Abg. Grosz: Van der Bellen bei der SPÖ!) – So ähnlich wie beim Herrn Strauß, all diese Dinge gab es. Der Herr Schlaff und die Rudolfine Steindling und all die Querver­bindungen. Aber darum geht es jetzt gar nicht.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen zwei Dinge nennen: Ich habe als Volksanwalt dem Parlament einen Bericht zugeleitet, der im Untersuchungsausschuss nicht mehr behandelt werden konnte, nämlich die sogenannte Causa Martina. Da hat ein Heeresdienst eine ungarische Quelle geführt, illegal. Der hat, offiziell veraktet, die gesamte damalige Spitze der SPÖ pauschal – namentlich genannt – der DDR-Spitzeltätigkeit beschuldigt. Wer sich den Bericht angeschaut hat, wird vielleicht noch wissen, von wem ich rede.

Dann hat man gesagt, die Quelle darf gar nicht weitergeführt und vor allem nicht weiterbezahlt werden. Man hat sie aber weitergeführt und weiterbezahlt. Es wurde nie


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bei der Gauck-Behörde aufgeklärt, was wirklich dahinter war, auch nicht zur Ent­lastung.

Ein anderer Fall – da habe ich vergangene Woche eine Anfragebeantwortung bekommen –: Da teilen mir zwei Minister, nämlich die Frau Justizministerin und der Herr Verteidigungsminister mit: Geheimhaltung, kann nicht beantwortet werden. Da geht es um nichts weniger als um einen österreichischen Staatsbürger, Sozialde­mokrat, der von einem Mitarbeiter eines Heeresdienstes beschuldigt wurde, für die DDR Spitzeltätigkeit ausgeübt zu haben.

Wie will sich dieser Mann wehren? – Er muss also jetzt selber versuchen, über die Birthler-Behörde an Informationen heranzukommen, die in Wirklichkeit staatsoffiziell zu beschaffen wären, die man aber nicht beschafft, nämlich auch gar nicht beschaffen kann. Denn, meine Damen und Herren, dazu gibt es zwischen Österreich und Deutsch­land kein Abkommen. Und das ist der Sinn und Zweck dieses Antrages.

Diesen Mann, nur damit Sie sich nichts vormachen, Sie haben den Beschuldiger – auch ein Roter, übrigens ein Wendehals, er war früher nämlich ein Freiheitlicher – mittlerweile entsorgt in das Landeshauptmannbüro – einen Wendehals; richten Sie ihm das aus! – des Herrn Landeshauptmannes Niessl nach Eisenstadt. Ja, haben Sie entsorgt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihr eigentlicher Verteidigungsminister Kammerhofer hat seine schützende Hand darüber gehalten, weil er glaubt, weil das ein früherer Informant des Herrn Gaál war, dass das ein besonders verlässlicher Sozialdemokrat war. Daher hat man ihn vor­sichtshalber einmal entsorgt, obwohl er in einem Prozess gegen diesen zu Unrecht beschuldigten Staatsbürger – Sozialdemokrat!, ich kann es nicht oft genug wiederholen – verloren hat. Man hat es nie aufgeklärt.

Im Gegenteil! Mittlerweile gibt es einen weiteren Bericht im Verteidigungsministerium, wo irgendein anderer Referent behauptet, na ja, es ist zwar nicht aufgeklärt worden, aber es ist wahrscheinlich schon etwas dran gewesen.

Wie wehrt sich dieser Mann – Sozialdemokrat, langjähriger sozialistischer Gewerk­schaftsfunktionär –, wie wehrt sich dieser Mann? – Der ÖGB hilft ihm nicht dabei, bei der Birthler-Behörde etwas zu bekommen, denn auch der ÖGB hat Angst davor, dass das ein Präzedenzfall werden könnte und zu viele Informationen nach Österreich zurückfließen können. Daher wollen Sie das im Grunde gar nicht.

Schauen Sie, wir nehmen das zur Kenntnis. Wir richten es diesen Leuten auch aus, dass Ihre eigenen Genossen dagegen sind, dass man die Dinge aufklärt. Aber glauben Sie mir: Deswegen geben wir nicht auf. Dass man in diesem Land zu Unrecht – und zwar, ob Sozialdemokrat oder nicht Sozialdemokrat –, zu Unrecht Bürger nach wie vor verdächtigen kann, DDR-Spitzel gewesen zu sein, ist auch Grund genug, dafür zu sorgen, dass die Birthler-Behörde staatsoffiziell angefragt werden kann. Ich sehe nicht ein, warum die Bundesrepublik Deutschland eine hochqualifizierte Behörde einrichtet und wir das Wissen dieser Behörde nicht anzapfen wollen. Warum nicht?

Schaffen Sie diese Möglichkeit! Das ist schlicht und einfach ein einfaches Verwal­tungsabkommen zwischen dem Innenministerium und der Birthler-Behörde und der Fall ist erledigt. Und es können sich Bürger dann auch qualifiziert schützen, und zwar mit staatsoffizieller Unterstützung.

Derzeit ist das nicht der Fall und das halte ich für ein Defizit an Rechtsschutz. (Beifall beim BZÖ.)

23.13

23.13.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 300

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Menschenrechte, seinen Bericht 1059 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung geben, so bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

23.13.2922. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1119/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma (1060 d.B.)


 Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 22. Punkt der Tagesordnung auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


23.13.49

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Bereits im Ausschuss hat uns Kollege Zinggl als Antragsteller den Widerspruch dieses Antrages aufgezeigt. Obwohl die autochthone Volksgruppe der Roma durch unsere Verfassung geschützt ist, sollen wir nun eine Struktur schaffen, die den nationalen Roma-Vereinen helfen soll, Projekte beim EU-Strukturfonds einzureichen.

Ich erinnere an den April 2009, da fand der Internationale Roma-Tag hier in Österreich unter dem Motto „Roma – Österreichische Volksgruppe – Von der Verfolgung bis zur Anerkennung“ statt. Wir können also stolz darauf sein, dass sich diese Volksgruppe voll anerkannt fühlt.

Wir haben ihnen auch im November 2010 bei einer Veranstaltung nochmals die politische Anerkennung zukommen lassen, als es hieß: „Als vielfältig, bunt, liebenswert und als Teil der österreichischen Kultur, bezeichnete Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer die Roma-Volksgruppe.“

Wir möchten nicht leugnen, in der EU gibt es viele Probleme für die Roma-Volks­gruppe. Schauen wir nur auf die Probleme, die die Roma in Frankreich und in Italien haben! Aber gerade wir Österreicher sollten stolz darauf sein, dass unsere Volks­gruppe diese Probleme nicht hat.

Aber, Kollege Zinggl, ich habe schon Verständnis für Sie: Wer die deutsche Mehrheit eines Volkes leugnet und sich nicht dazu bekennen traut, der tut sich natürlich auch schwer, die österreichischen Minderheiten anzuerkennen.

Wir Freiheitlichen bekennen uns gerne zu unserer Heimat und zu unserer geschicht­lichen deutschsprachigen und deutschkulturellen Mehrheit. Und damit haben wir auch keine Probleme, unsere österreichischen Minderheiten anzuerkennen. (Beifall bei der FPÖ.)

23.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


23.15.59

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Seit der Anerkennung als Volksgruppe im Jahr 1993 sieht das österreichische Rechtssystem einen besonderen Schutz für Roma vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 301

Besonders hervorzuheben ist aber die Stadt Braunau. Dort wurde bereits vor etwa zehn Jahren ein Campingplatz für die durchreisenden Roma installiert, und mit der Errichtung von Sanitäranlagen und der korrekten Müllbeseitigung wurde ein geord­netes Miteinander ermöglicht.

Die Österreicherinnen und Österreicher akzeptieren nicht nur die Minderheitenrechte, sie unterstützen diese auch. Ich darf Professor Rudolf Sarközi zitieren:

„Im Gegensatz zu anderen Ländern gebe es in Österreich keine slum-ähnlichen Siedlungen von Roma am Rande von Städten. (...) Er habe auch keine negativen Wahr­nehmungen über Anfeindungen oder Beschimpfungen, sagte Sarközi.“

Diese Aussage zeigt, dass Österreich dahin gehend eine der wenigen Ausnahmen bildet.

Es ist inakzeptabel und beschämend, dass europaweit rund 15 Prozent der Roma in Armut leben. Hier müssen wir sehr wohl unter Mithilfe sämtlicher Organisationen ins­besondere unsere Nachbarländer sowie die EU-Länder Bulgarien und Rumänien in die Pflicht nehmen.

Besonderes Augenmerk ist aber auch auf die junge Generation der Roma zu legen. Es dürfen keine Ängste geschürt und irrationale Vorurteile verbreitet werden. Die Jugend­lichen müssen Ausbildungs- und Jobchancen haben wie jeder andere EU-Bürger auch.

Nur eine enge Zusammenarbeit zwischen der Politik, den Medien, der Kirche und den nationalen Roma-Verbänden kann die Lebenssituation der rund zehn Millionen Roma in Europa sichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


23.17.55

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wir werden dem vorliegenden Antrag mit dem Abänderungsantrag, den wir gestern im Menschenrechtsausschuss besprochen und auch beschlossen haben, zustimmen. Der gegenständliche Antrag hat das Ziel, die Situation der in Österreich lebenden Roma zu verbessern, vor allem durch Schaffung einer Struktur, die den nationalen Roma-Vereinen dabei behilflich sein soll, Projekt­anträge im Rahmen der Strukturfonds einzubringen.

Jetzt wissen wir natürlich – die Vorrednerin hat es gesagt –, dass das Problem kein österreichisches ist, dass Österreich sehr viel getan hat, dass wir aber schon unterscheiden müssen, Roma mit österreichischer Staatsbürgerschaft, Roma, die aus einem Mitgliedstaat der EU stammen mit den Rechten, die EU-Bürger haben, oder Roma, die aus keinem EU-Mitgliedstaat kommen.

Deshalb ist es mehr als gut, dass dieses Problem nicht nur in Österreich, sondern, glaube ich, auch von der gesamten Europäischen Union entsprechend gelöst und behan­delt wird. Dafür werden wir uns auch einsetzen.

Lassen Sie mich noch ein persönliches Wort sagen! Die Vorrednerin hat zuerst Braunau erwähnt. Das war ein Beispiel, das gestern die ausgeschiedene Obfrau-Stellvertreterin des Menschenrechtsausschusses, Frau Kollegin Marianne Hagenhofer gebracht hat. Ich wollte ihr heute noch ein paar Worte mitgeben, weil ich gedacht habe, sie sei heute noch hier. Aber ich glaube, in unserem aller Sinne können wir schon sagen, dass wir eine ganz nette, sehr verständnisvolle und kollegiale Kollegin nicht verloren haben, sondern dass sie aus dem Parlament ausgeschieden ist. Ich möchte ihr persönlich auch herzlich für die gute Freundschaft und Kameradschaft danken, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 302

wir die ganze Zeit gehabt haben – ob es bei der OSZE war oder auch im Men­schenrechtsausschuss. (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe von ihr auch nie vom Rednerpult aus, obwohl man sich natürlich schwer tut, sich hier zurückzuhalten, verletzende Wort gehört, sie war immer sachlich. Ich glaube, dass sie auch eine kleine Würdigung verdient. Ich habe ihr daher noch einen Vierzeiler gemacht, und auch wenn sie heute nicht hier ist, kann sie es im Protokoll nachlesen:

Kollegial, niemals verletzend,

auch andere Meinungen stets schätzend,

über Parteigrenzen hinaus,

verließ sie jetzt das Hohe Haus.

Und jetzt werde ich Innviertlerisch:

Ich wünsch’ ihr, dass s’ mehr Zeit jetzt håt,

Marianne, Pfiat di Gott!

(Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


23.20.51

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwölf Millionen Roma sind die größte Minderheit in Europa, wie Sie wahr­scheinlich wissen, und es ist leider mit Abstand auch die ärmste. In vielen Ländern leben die Roma unter völlig inakzeptablen Bedingungen, wie Sie auch wissen. Ich sage nur ein paar Beispiele: 44 Prozent leben unter der Armutsgrenze, 15 Prozent in extremer Armut, das heißt weniger als 1 € pro Tag. Wir wissen, dass sie unter Bedingungen leben müssen, die man eigentlich nur als abgeschottet und abgewrackt bezeichnen kann. Die Gesundheitssysteme liegen völlig darnieder. Die Folgen sind eine hohe Kindersterblichkeit, 40 Prozent Arbeitslosigkeit, und ich könnte das jetzt fortsetzen.

Das alles ist nicht zuletzt eine Folge der ethnischen Segregation seit vielen Hunderten von Jahren, die sich bis heute fortsetzt. Ich glaube, die dümmste Strategie in Europa ist es, diese Segregation durch Abschiebungen und Gewalt fortzusetzen. Was soll man Europäer überhaupt hin- und herschieben? Damit kann ja kein Problem gelöst werden.

Daher begrüße ich zunächst einmal, dass es Anfang April letzten Jahres in Córdoba endlich einmal eine entsprechende Konferenz gegeben hat, bei der festgestellt wurde, dass dieses Problem nicht nur von Europa, sondern von Europa in Zusammenarbeit mit den nationalen Staaten, also mit den Verantwortlichen in den nationalen Staaten, und aber auch mit den Roma-Verbänden gelöst werden kann, und dass zweitens die Verbesserung der Lebenssituation auch durch Hilfe bei den Anträgen erzielt werden könnte. Geld ist ja da, nur hilft das Geld allein nicht, wenn die Anträge nicht entsprechend ausgefüllt werden.

Wer jemals einen EU-Antrag gesehen und ausgefüllt hat, weiß, wie kompliziert das ist, und diese differenzierten Verbände und Vereine der Roma sind dazu eben nicht in der Lage. Das heißt, hier muss aktiv auch von Österreich an diesem europäischen, trans­nationalen Problem gearbeitet werden. Und der erste Teil unseres Entschließungs­antrages geht auch in diese Richtung.

Der zweite Teil geht dahin, dass wir auch die heimischen Roma-Verbände besser als bisher unterstützen. Wir haben dieses Volksgruppengesetz, und sie bekommen ein bisschen Geld aus dem Volksgruppentopf, aber das reicht bestenfalls für Dinge, die eigentlich selbstverständlich wären, nämlich dass das Gesundheitssystem verbessert


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 303

wird, dass die Menschen Arbeitslosenprogramme, Bildungsprogramme bekommen – alles Sachen, die eigentlich selbstverständlich wären, also die nicht aus dem Volks­gruppenbudget bezahlt werden müssten.

Hier eine zusätzliche Unterstützung auch im Zusammenhang mit der Europäischen Union voranzutreiben war unsere Absicht. Ich freue mich wirklich sehr, dass sowohl die SPÖ als auch die ÖVP diesem Entschließungsantrag zustimmen. Sie müssen das über Ihre Regierungsverantwortlichen ja dann auch exekutieren, und ich hoffe, dass Sie das auch tun und es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

23.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


23.24.15

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Österreich tritt selbstverständlich für die Integration der Roma, der Sinti und anderer Minderheiten ein. Wir müssen uns aber fragen: Ist das genug, was wir tun?

Der vorliegende Entschließungs- beziehungsweise Abänderungsantrag unterstreicht das Bemühen. Daher gibt es auch hier diesen breiten Konsens und diese breite Zustim­mung.

Wir können sicherlich noch aktiver werden, zum Beispiel bei der Information über diese Minderheiten, beim Bemühen um das Verstehen der Mentalität dieser Menschen und vor allem bei der Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation.

Österreich bringt mit dem heutigen Beschluss jedenfalls zum Ausdruck, dass die Integration der Roma auch in allen anderen EU-Staaten und darüber hinaus einge­fordert wird. Wir haben allen Grund, sehr geehrte Damen und Herren, weil Roma und andere Minderheiten nach den Juden die größte Opfergruppe des Nazi-Völkermordes in Europa gewesen sind. Sie sind leider bis heute diskriminiert, und ihre soziale Lage ist prekär. Armut, Arbeitslosigkeit und Vorurteile treffen sie nach wie vor, und das nicht nur in den ehemaligien Ostblockstaaten wie Rumänien, Bulgarien, Serbien und so weiter, sondern zum Beispiel auch in Frankreich, wo von der Sarkozy-Regierung 8 000 Roma ausgewiesen worden sind, oder in Griechenland, wo sie unvorstellbar schlechte Sozialbedingungen haben, oder in Tschechien, wo es nach wie vor Angriffe von Nationalisten gibt, aber jetzt Gott sei Dank auch einen Nationalen Aktionsplan zum Beispiel zur schulischen Förderung der Roma-Kinder, oder in Spanien, wo 1,6 Prozent sogenannte Gitanos sind, die nun seitens der sozialdemokratischen Regierung in einem 107-Millionen €-Programm für Bildung, Gesundheit, Wohnen, für Frauen geför­dert werden sollen.

Sehr geehrte Damen und Herren! 25 000 Roma leben in Österreich, zwölf Millionen in Europa. Von diesem Parlament geht mit dem heutigen Beschluss das Signal aus, dass wir gemeinsam gegen Ausgrenzung, Verfolgung oder gar Vernichtung, wie sie manche Irre und Irregeleitete in der Geschichte, aber auch in jüngster Zeit betrieben haben, vorgehen.

Und ich frage zum Schluss: Wann kommt der Tag, wo sich Europa nicht mehr für die Ausgrenzung, für die Missachtung der Menschenrechte dieser Minderheiten schämen muss? – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

23.27

23.27.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 304

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1060 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Wenn Sie hiefür eintreten, bitte ich Sie um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 143.)

23.27.3923. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 120/10 b) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner (1057 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Da keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1057 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des aufgrund eines Verlangens des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner gemäß § 10 Abs. 3 GOG gestellten Ersuchens des Landesgerichtes Klagenfurt um Zustimmung zur strafgerichtlichen Verfolgung des Genannten wird festgestellt:

Der Immunitätsausschuss hat sich am 12. 5. 2009 mit einem Ersuchen der Staats­anwaltschaft Klagenfurt um Zustimmung zur Strafverfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner befasst und – bestätigt durch den Nationalrat am 19. 5. 2009 – festgestellt, dass ratione temporis kein Zusammenhang der inkriminierten Handlung mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner besteht.

Dem nunmehrigen Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. 12. 2010 liegt – bei unterschiedlicher rechtlicher Qualifikation des Sachverhaltes – der gleiche Sach­ver­halt wie dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 24. 3. 2009 zugrunde.

Aufgabe des Nationalrates ist es festzustellen, ob eine inkriminierte Handlung im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Abgeordneten steht; bejahendenfalls ist darüber zu beschließen, ob einer Verfolgung des betreffenden Abgeordneten zuge­stimmt wird.

Bei dieser Beurteilung wird jedoch ausschließlich der Sachverhalt, nicht jedoch die rechtliche Qualifikation des Sachverhaltes geprüft und beurteilt. Es besteht hinsichtlich des Sachverhaltes der beiden Ersuchen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 24. 3. 2009 und des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. 12. 2010 Faktenidentität. Es wird daher auf den vom Nationalrat am 19. 5. 2009 genehmigten Bericht des Immu­nitätsausschusses vom 12. 5. 2009, mit welchem festgestellt wurde, dass – ratione temporis – kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politi­schen Tätigkeit des Abgeordneten Stefan Petzner besteht, verwiesen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

23.30.11Kurze Debatte über Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der Rolle und Verwicklung des ehemaligen Finanzministers Mag. Karl-Heinz Grasser in der beziehungsweise die BUWOG-Affäre und über den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 305

Antrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung unzulässiger Einflussnahmen im Be­reich des Finanzministeriums.

Da diese Anträge inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurden, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

mit Debatte (Verlangen)

§ 33 Abs 1 iVm § 33 Abs 2 GOG-NR

der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Ewald Stadler Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR zur näheren Untersuchung der Rolle und Verwicklung des ehemaligen Finanzministers Mag. Karl-Heinz Grasser in der bzw. die BUWOG-Affäre

Gegenstand der Untersuchung

Untersuchung der Affäre rund um die Privatisierung von 60.000 Bundeswohnungen der Bauen und Wohnen GmbH (BUWOG) durch den damaligen österreichischen Finanz­minister Mag. Karl-Heinz Grasser, wobei im Besonderen die Rolle Grassers hinsichtlich der Provisionszahlungen an seine Bekannten, den PR-Berater Peter Hochegger und den Lobbyisten Walter Meischberger zu untersuchen ist. Insbesondere ist zu untersuchen, ob Mag. Karl-Heinz Grasser Insiderinformationen zu Unrecht weiter­leitete. Vor allem sind auch mögliche Verwicklungen der ÖVP zu ergründen bzw. ist überprüfen, ob durch den Verkauf die Republik geschädigt bzw. Dritte zu Unrecht  begünstigt wurden.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vor­gesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Begründung

Nicht zuletzt aufgrund der damaligen Funktion Grassers als Finanzminister der Republik Österreich erscheint die Causa BUWOG als dringend aufklärungswürdig, um den Ruf des Rechtsstaates Österreich und sogar den Ruf des Wirtschaftsstandortes Österreich nicht dauerhaft zu schädigen. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Unabhängigkeit der Justiz scheint aufgrund der schleppenden Ermittlungen so gut wie aufgebraucht und der Eindruck von Klassenjustiz bzw. regelmäßigen Bevor­teilungen von Besserverdienern und Regierungspolitikern hält sich hartnäckig. Eine öffentliche Diskussion darüber ist mittlerweile entbrannt.

Insgesamt erscheinen allein weitreichende Untersuchungen mit dem Ziel schonungs­loser Aufklärung durch die gewählten Volksvertreter in Abgrenzung zu Untersuchungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 306

durch regierungsgefärbte Institutionen notwendig, um endlich den Schutzschild des Parteiproporzes aufzubrechen und den Fall abschließend aufzuklären.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Zur Untersuchung der Affäre rund um die Privatisierung von 60.000 Bun­des­wohnungen der Bauen und Wohnen GmbH (BUWOG) durch den damaligen öster­reichischen Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser, wobei im Besonderen die Rolle Grassers hinsichtlich der Provisionszahlungen an seine Bekannten, den PR-Berater Peter Hochegger und den Lobbyisten Walter Meischberger bzw. die Frage, ob Karl-Heinz Grasser Insiderinformationen zu Unrecht weiterleitete sowie mögliche Verwick­lungen der ÖVP bzw. die Frage, ob durch den Verkauf die Republik geschädigt bzw. Dritte zu Unrecht begünstigt wurden, von maßgeblichem Interesse sind, wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus insgesamt 16 Abgeordneten im Ver­hältnis 5 SPÖ 5 ÖVP 3 FPÖ 2 Grüne 1 BZÖ besteht.“

Verlangen

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen weiters gemäß § 33 Abs 2 GOG-NR über diesen Antrag eine kurze Debatte durchzuführen.

*****

Antrag

der Abgeordneten Moser, Pilz, Kogler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 GOG auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung unzulässiger Einfluss­nahmen im Bereich des Finanzministeriums

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungs­aus­schuss im Verhältnis: 5 SPÖ, 5 ÖVP, 3 FPÖ, 2 Grüne, 1 BZÖ einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Untersuchung aufklärungsbedürftiger Vorgänge während bzw. in möglichem Zusam­men­hang mit der Amtszeit des ehemaligen Bundesministers für Finanzen, Karl Heinz Grasser:

Privatisierung von BUWOG, Dorotheum und Bundesverlag

steuerliche Behandlung der privaten Homepage sowie von Auftrittshonoraren (Vorträge, „Roadshows“) des damaligen Finanzministers Grasser

fragwürdige Einmietungen von Bundesinstitutionen (Übersiedlung von Gerichten in den „Justiztower“ Marxergasse und Finanz- und Zollämtern in den „Terminal-Tower“ Linz)

versuchte Einflussnahme Grassers auf die Novellierung des Glücksspielgesetzes

Klärung, inwieweit die Abwicklung fragwürdiger Geldtransfers über ausländische Konten und Briefkastenfirmen sowie diverse Stiftungskonstruktionen dazu diente, Geld­flüsse an Grasser zu verschleiern, die ihre Grundlage in Malversationen während seiner Amtszeit hatten (z.B. infolge von Privatisierungen, Einmietungen etc.), auch wenn die konkreten Geldflüsse erst nach Beendigung seiner Amtszeit erfolgten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 307

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten der Bundesministerien für Finanzen und Justiz sowie von Akten der Finanz- und Justizbehörden sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Begründung:

Seit der BUWOG-Affäre verdichten sich die Verdachtsmomente, wonach im Wirkungs­bereich des damaligen Finanzministers Mag. Karl Heinz Grasser persönliche Inter­essen über die Interessen der Republik Österreich gestellt wurden, sei es bei Gesetzesvorschlägen, Privatisierungen, Einmietungen, Beraterverträgen, Finanzmarkt­auf­sicht, Einrichtung von Stiftungen,

Mittlerweile ergeben Einzelheiten, die im Rahmen verschiedener Strafverfahren öffentlich wurden, eine derartige Verdichtung der Verdachtsmomente gegen den ehemaligen Finanzminister, dass eine lückenlose Klärung der Vorgänge und der politischen Verantwortung durch den Nationalrat unumgänglich ist:

Detail-Informationen über die nötige Bietersumme (zum Erwerb der BUWOG u.a. Wohnbaugesellschaften durch die Immofinanz) von Walter Meischberger, die dieser enge Freund von Grasser nur aus dem engsten persönlichen Umfeld oder vom Minister selbst bekommen konnte;

Aussagen von Michael Ramprecht und Sitzungsprotokolle der Vergabekommission;

zwei Meischberger-Konten von bei der Hypo Invest Bank in Liechtenstein (eines davon auf „Natalie“) mit Geldern aus der BUWOG-Provision;

im „Ramprecht-Prozess“ zugegebene Fehlüberweisung;

geleugnete Anweisung zur Bevorzugung von Lehman trotz Aktenvermerk-Feststellung der BUWOG-Vergabekommission;

von Meischberger vermittelter Luxusurlaub ( 6 Nächte für 4.600.- Euro) auf den Seychellen acht Wochen vor Verkauf der BUWOG;

Tonbandprotokolle über abgehörte Gespräche, in denen nachträglich krampfhaft versucht wurde, Erklärungen für erhaltene Provisionszahlungen zu konstruieren

Involvierung in die Causa Hypo-Alpe Adria: Zeichnung von Hypo-Genussscheinen;

fragwürdige Geldtransfers über ausländische Briefkastenfirmen und Stiftungskonstruk­tionen

Bereits der Rechungshof stellte in seinen Berichten Ungereimtheiten fest. Sein ehe­maliger Präsident, Dr. Franz Fiedler, forderte nun angesichts der neuen Faktenlage einen Untersuchungsausschuss. Zeugenaussagen erhärten diese Forderung.

Dort, wo der Verdacht auf gerichtlich strafbare Handlungen besteht, sind bereits gerichtliche Vorerhebungen eingeleitet. Davon unabhängig ist die politische Verant­wortung zu klären. Diese Aufgabe kommt nach der Bundesverfassung dem Nationalrat zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 308

Gemäß § 33 GOG verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer kurzen Debatte.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Im Vorfeld wurde über die Reihenfolge des Aufrufes von Kurzdebatten über Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen diskutiert. Entsprechend der bisherigen Praxis gelangen die Kurzdebatten in der Reihenfolge des Einlangens zum Aufruf, wobei das Verlangen des BZÖ mit Sitzungsbeginn, das der Grünen nach Sitzungseröffnung überreicht wurde.

Da für die heutigen Kurzdebatten eine Zusammenlegung vereinbart wurde, richtet sich die Reihenfolge der Eröffnungsredner ebenfalls nach dem Einlangen der Verlangen.

Die Präsidentin wird dem Ersuchen der Grünen, dieses Thema in der Präsidial­konferenz zu erörtern, gerne nachkommen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57 Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in der Debatte 5 Minuten, der erste Redner hat zur Begründung jeweils eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung, zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Stadler.

 


23.31.50

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Causa Mag. Karl-Heinz Grasser, ehemaliger ÖVP-Minister, und seine ganze Klientel betreffend (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) – was ist so heiter daran? – wird Ihnen einmal, habe ich manchen von Ihnen vorausgesagt, um die Ohren fliegen. Und jetzt ist es so weit. (Ruf bei der ÖVP: Scherzkeks!)

Was heißt „Scherzkeks“? Sie finden das heiter? Das wird Ihnen noch vergehen! Ich werde Sie heute noch etwas anderes fragen in diesem Zusammenhang – ich hoffe, Sie haben dann auch noch so viel Humor.

Herr ÖVP-Minister Karl-Heinz Grasser und sein ganzer Klüngel und Anhang (Abg. Hornek: Die waren früher alle bei euch! – Abg. Grosz: Als sie straffällig geworden sind, waren sie bei euch!) sind Gegenstand von Ermittlungen der Justiz, die jedenfalls den früheren ÖVP-Klubsekretär und nachmaligen Rechnungshofpräsidenten Dr. Franz Fiedler – oder hat der auch nichts mehr mit der ÖVP zu tun? – dazu veranlasst haben, zu sagen, dass dieser Fall nach einem Untersuchungsausschuss verlangt.

Nun weiß man, dass Franz Fiedler nicht unbedingt ein Heißsporn ist. Wenn Franz Fiedler einmal sagt, dass das nach einem Untersuchungsausschuss verlangt, dann kann ich mich der Meinung des Dr. Franz Fiedler nur anschließen. (Abg. Kopf: Wen kratzt das, was er in dem Zusammenhang ...?) – Ich zitiere bewusst fast nur Schwarze, damit Sie sich leichter tun, dem Ganzen zuzustimmen.

Also Franz Fiedler sagt: Die Vorgänge rund um den Ex-ÖVP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der ja die Zukunftshoffnung der ÖVP gewesen wäre – eine Zeit lang habe ich geglaubt, er wird überhaupt ÖVP-Chef –, die Vorgänge rund um diese Zukunfts­hoff­nung der Österreichischen Volkspartei sind unbedingt zum Gegenstand eines Unter­suchungsausschusses zu machen.

Am 18. September 2009 haben Peter Hochegger, ein besonderer Spezi des früheren ÖVP-Finanzministers Karl-Heinz Grasser, und Walter Meischberger die Flucht nach


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 309

vorne angetreten und haben Selbstanzeige beim Finanzamt gemacht. Und seither sind die Ermittlungen mehr oder minder schleppend im Gange.

Es hat dann eine Telefonüberwachung gegeben zwischen Jänner und Februar 2010. Tatsache ist, dass das Ganze zu Beginn nur nach einer begrenzten Ermittlung im Zusammenhang mit der BUWOG-Privatisierung ausgeschaut hat, weil ein Beamter des Justizministeriums ausgesagt hat, dass es bei der Frage der Abwicklung der Privati­sierung zu einer eindeutigen Bieterbevorzugung gekommen ist, wo zu 100 Prozent das durchgesetzt wurde, was der ÖVP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gewollt hat.

Man weiß, dass in weiterer Folge bei der Privatisierung der 62 000 Bundeswohnungen, die in der BUWOG waren, auch wiederum ein Unternehmen zum Zuge kam, das zufällig wieder im Wunschkonzert des ÖVP-Finanzministers Karl-Heinz Grasser gestanden ist und wo dann über eine zypriotische Briefkastenfirma 9,6 Millionen € an Meischberger und Hochegger geflossen sind. Das ist jedenfalls zugegeben vom Immofinanz-Chef Karl Petrikovics.

Aber zwischenzeitlich wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Zwischenzeitlich geht es nämlich nicht mehr nur mehr um die BUWOG-Privatisierung, um den BUWOG-Verkauf, zwischenzeitlich geht es auch um die Dorotheum-Privatisierung, zwischenzeitlich geht es auch um die Telekom-Austria-Privatisierung, und zwischenzeitlich geht es jedes halbe Jahr um immer mehr, was sich rund um den ehemaligen ÖVP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser abgespielt hat.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nicht nur ich, sondern viele Österreicher würden zu gerne wissen, was sich auf dem Boot abgespielt hat, als sich Herr Flöttl mit Herrn Grasser und Herrn Meinl getroffen hat.

Und jetzt frage ich Sie wieder – hoffentlich haben Sie immer noch so viel Humor –: Warum schützt die ÖVP bis heute Herrn Grasser? (Abg. Amon: Aber geh!) – Aber natürlich! Das kann ja nicht daran liegen, dass er in Ihre Partei gewechselt ist und kurzzeitig der Lieblingsminister Ihres Bundeskanzlers war! Das kann es ja nicht sein. Ich glaube nicht, dass das der wirkliche Grund ist. Wie tief steckt die ÖVP in Vorgängen drinnen, mit denen auch Herr Grasser zu tun hatte? (Abg. Grosz: Sehr tief!) Ich vermute das. Ich, aber auch viele Österreicherinnen und Österreicher vermuten das. Und ich weiß, dass das Ihr Koalitionspartner auch vermutet, wahr­schein­lich sogar weiß. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Das „derwarten“ wir, Herr Humorist. Das „derwarten“ wir. Wenn diese Koalition bricht, dann wird die SPÖ anfangen, das auszupacken, was die SPÖ heute schon weiß, nämlich wie tief die ÖVP in den Vorgängen drinsteckt, mit denen auch Herr Grasser zu tun hat. Wir wissen, dass die Sozialdemokratie besser informiert ist, als sie zugeben. Das wissen wir. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber natürlich, ja selbstverständlich, Sie wissen genau, was Ihr Koalitionspartner mit zu vertreten hat, aber Sie tun aus Koalitionsräson derzeit nichts gegen Ihren Koalitionspartner. Das ist der Hintergrund.

Das wird früher oder später zwangsläufig in einen Untersuchungsausschuss münden, auch wenn Sie ihn heute abschmettern, aber Sie werden nicht umhinkommen. Sie werden nicht umhinkommen, die BUWOG-Causa im Rahmen eines Untersuchungs­ausschusses aufzuklären.

Sie werden nicht umhinkommen, das sogenannte Münchner Gschichterl aufzuklären. Wissen Sie, was das „Münchner Gschichterl“ ist? – Das ist eine Übersiedlung von Teilen eines Finanzamtes in die Brehmstraße. Das nennt man das „Münchner Gschich­terl“, weil man eigentlich gemeint hat, man müsse die Provisionszahlung, die an Meischberger geflossen ist, mit einem Münchner Bauprojekt verbinden. Deswegen ist es im Akt drinnen, das sogenannte Münchner Gschichtl. (Abg. Amon: Was hat das mit


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uns zu tun?) – Nein, mit euch hat das nichts zu tun. Nein, nein, überhaupt nicht. Herr Finanzminister Grasser hat ja nie etwas mit der ÖVP zu tun gehabt. Er hat ja nie den Schutz der Österreichischen Volkspartei genossen. (Abg. Strache: Er ist nie vom Schüssel unterstützt worden!) Er hat ja nie den Schutz des Innenministeriums ge­nossen, nie den Schutz des ÖVP-Justizministeriums genossen. Nie, überhaupt nicht! Der ist überhaupt nie bei der ÖVP ein und aus gegangen.

Er hat auch mit der Anschaffung des Eurofighters nichts zu tun gehabt. Nichts, überhaupt nichts. Nein, wer käme denn auf solch eine Idee, meine Damen und Herren?! (Beifall beim BZÖ.)

Der Herr ÖVP-Finanzminister a. D. hat auch Erklärungsbedarf, wenn es darum geht, dass man ein Gebäude bei PORR angekauft beziehungsweise bestellt hat und dorthin die Wirtschaftsuniversität übersiedelt hat. Der Rektor der Wirtschaftsuniversität, Herr Professor Badelt, kennt Herrn Meischberger gar nicht. Aber Herr Meischberger hat eine Provision bekommen dafür, dass Meischberger die Wirtschaftsuni in dieses PORR-Gebäude hinein vermittelt hat, meine Damen und Herren! – Nur: Der Rektor kennt den gar nicht! Der hat gar nicht gewusst, dass Herr Meischberger dafür überhaupt eine Provision bekommen hat.

Und was noch grotesker ist – das geht aus diesen Telefonüberwachungsprotokollen hervor –: Der Herr Vermittler Meischberger hat gar nicht gewusst, wo die Nord­bergstraße überhaupt ist, meine Damen und Herren. Das hat er sich zuerst von Herrn Plech erklären lassen müssen!

Das sind ja wirklich die tollsten Provisionsgeschäfte! Ein Provisionsgeschäft in der Höhe von mehreren Hunderttausend Euro – ich glaube, es geht insgesamt um 708 000 € –, wo der Provisionsvermittler mit dem Vermittelten nie etwas zu tun hatte, denn der kennt ihn gar nicht, und wo der Provisionsvermittler nicht einmal weiß, wohin er etwas vermittelt hat, meine Damen und Herren. Da muss er zuerst bei Plech nachfragen, wo das überhaupt liegt. Der hat ihm dann gesagt: Du, da musst du beim Julius-Tandler-Platz weiterfahren und dann da hinauf, und dann findest du es schon. – So hat sich das abgespielt, meine Damen und Herren! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist alles nachlesbar.

Ein drittes Projekt, wo es dringenden Aufklärungsbedarf gibt: Da gibt es ein weiteres Projekt, wo offiziell der Herr Vermittler Meischberger 200 000 € bekommen hat – eine läppische Provision im Vergleich zu den anderen. Da geht es um nichts anderes als um eine sogenannte Beratungsleistung Rumänien. Aber Herrn Meischberger war so unerklärlich, was er in Rumänien getan hat – bei Meischberger bin ich mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt weiß, wo Rumänien liegt. Aber das war eine andere Baustelle.

Jedenfalls hat er bei Grasser nachgefragt, was das eigentlich sein soll. Und der hat gesagt: Bitte, schau auf der Homepage nach! Ich sage dir jetzt, was du dort bei der Aussage am besten zum Besten gibst! Schau einfach nach, wo PORR überall tätig war, und dann sag, es war halt dort! – Und dann sind sie auf Rumänien gekommen. Das ist also das ominöse Rumänien-Projekt.

Aber es geht weiter: Die Finanzlandesdirektion übersiedelte in den Linzer Terminal Tower – zufällig eine Dienststelle des ehemaligen ÖVP-Finanzministers Karl-Heinz Grasser. Und siehe da: für die Übersiedlung einer Dienststelle des Finanzministers in ein anderes Gebäude – zufällig wieder von der Firma Porr gebaut – bekommt Meischberger wieder eine Provision. Diesmal waren es, so glaube ich, auch mehrere Hunderttausend Euro, die er für diese Übersiedlung bekommen hat, denn sonst hätte der Finanzminister wirklich nicht gewusst, wohin er das Finanzamt in Linz tun soll. Das muss man wirklich einsehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 311

Also, wenn all das nicht eigenartige Vorgänge sind! Und dann sagt Herr Meischberger dazu, dass er eigentlich gar nicht weiß, wie er diese Einnahme rechtfertigen soll. Ich zitiere ihn wörtlich. Meischberger zu Plech: „Da bin ich jetzt supernackt.“ – Ende des Zitats, meine Damen und Herren.

Er hat nicht einmal gewusst, was er mit diesem Rechtsgeschäft überhaupt bei der Polizei erklären soll. Und da berät er sich mit Herrn Plech, da berät er sich mit Herrn Grasser – und das alles nennt man Verabredung und Verdunkelung.

Jeder andere Österreicher würde dafür in Haft gehen, nur Herr Grasser nicht, nur Herr Plech nicht, nur Herr Meischberger nicht, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Pirklhuber: So ist es! Das stimmt!)

Und das schreit geradezu nach Untersuchungsausschuss, meine Damen und Herren! Das ist klassische Zweiklassenjustiz: Schwarze Ex-ÖVP-Minister, schwarze Günst­linge, schwarze Provisionskaiser in schwarzen Ministerien werden begünstigt von schwarzen Innenministern, schwarzen Justizministern. Und daher sage ich: Sie werden früher oder später an einer derartigen Untersuchung nicht vorbeikommen. (Beifall beim BZÖ.)

23.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


23.42.35

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kabarettistische Seite kann man ja einerseits im Audimax verfolgen (Abg. Dr. Stummvoll: Die waren besser!), andererseits hier durch die Kollegen Stadler et cetera, aber die politische Substanz (Abg. Grosz: Die kommt erst, wenn die Frau Moser redet!) geht viel, viel tiefer.

Meine Damen und Herren, es geht ja da nicht um irgendein Wurstsemmerl, so wie halt oft zitiert wird – auch vonseiten der Jungen ÖVP –, sondern da geht es um Bundesvermögen im Umfang von insgesamt mindestens 1 Milliarde €, wenn nicht 2 Milliarden €. Es geht um Einmietungsverträge, die der BIG einen jährlichen Ertrag bringen könnten, wenn man sich bei der BIG und nicht bei Porr einmieten würde, so wie es da arrangiert worden ist, die auch in Summe in Millionen gehen.

Es geht um Steuergeld, es geht um Republikvermögen. Und dieses Steuergeld und dieses Republikvermögen wurden von einer Clique, die sich da um den ehemaligen Finanzminister arrangierte, wunderbar auch partizipatorisch in die eigenen Taschen befördert.

Was ist der Kern der Sache? – Der Kern der Sache ist, dass der ehemalige ÖVP-Finanzminister seine Freunde in Positionen brachte, mit seinen Freunden, die damals in Positionen waren, wo sie privat kassierten, jetzt, wo er ein Privatmann ist, privat Firmen hat. Das ist ja das Spannende daran: Diese Freunde sind ja jetzt seine Geschäftspartner, seit er nicht mehr Finanzminister ist. Und genau diese Freunde waren nicht nur an den wichtigen Positionen in Aufsichtsräten, der Bundesim­mobilien­gesellschaft, der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften wie der BUWOG, diese Freunde haben auch noch die Informationen, die sie dort erhielten, zu Geld für die eigenen Taschen gemacht.

Und das Witzige ist: Der Herr Strohmann Meischberger hat ja, wie wir bereits gehört haben, oft gar nicht gewusst, welche Leistung er erbracht hat, wofür er Honorare gelegt hat. Aber die Honorare wurden gelegt, sie wurden gezahlt – er weiß nicht wieso. (Abg. Mag. Stadler: Und verteilt!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 312

Darum, meine Damen und Herren, müssen wir einen Mitwisser, einen Hauptmitwisser sehr wohl hier im Parlament Rede und Antwort stehen lassen, ausfragen, zur Verant­wortung ziehen, für Aufklärung sozusagen heranziehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und darum, meine Damen und Herren, ist auf der einen Seite Folgendes wichtig – da gebe ich Ihnen ja völlig recht; ich höre das ja jetzt schon kommen –: Die Justiz muss jetzt zuerst einmal ihr Kapitel fertig führen, dann können wir darüber reden! – Das werde ich dann ja genauso auch von der rechten Seite hören.

Ich kann Ihnen sagen: Wir brauchen eine Parallelaktion, denn die Justiz holt sich ja nicht die Zeugen, die etwas wissen. Lesen Sie die neue Ausgabe des „Falters“! Dort gibt es einen Zeugen von Porr, der genau weiß, wie das gelaufen ist: Wenn die Republik Interesse hatte, sich wo anzumieten und die Bundesimmobiliengesellschaft schon in Stellung war, dann gab es diesen wunderbaren Vermittler- und Provisions­kassierer Plech, der dann gekommen ist und zu Porr, dem privaten Anbieter, gesagt hat: „Hauts euch dazwischen“! – Zitat „Falter“. Das können Sie jederzeit nachlesen. Haut euch da dazwischen, machen wir dann sozusagen halbe-halbe! – So ist das gelaufen.

Und bitte, diese Zeugen, die das ganz genau wissen – das ist alles nachzulesen! –, werden von der Staatsanwaltschaft nicht befragt! Nein! (Abg. Mag. Stadler: Die wollen sie nicht hören!) Die gehen privat zu Journalisten, sagen dort aus, bekennen dort ein und nennen dort Zitate und Personen. – So ist das. Die Justiz schaut dort vorbei. Wir erfahren es in der Öffentlichkeit.

Meine Damen und Herren, deswegen brauchen wir hier im Parlament eigene Ermitt­lungen, eigene Zeugenbefragungen, eigene Sachverhalte, einen eigenen Einblick in die Akten! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Parteijustiz!)

Ich denke nur daran und kann ja nur darauf hinweisen: Auch bei Noricum und Lucona gab es Parallelaktionen. Auch damals wurde einerseits gerichtlich ermittelt, anderer­seits politisch die Verantwortung geklärt. Mir geht es ja nicht darum, dass ich da irgendwie Rache an vergangenen Schandtaten übe – dafür ist die Justiz da –, sondern mir geht es darum, dass man politische Konsequenzen zieht. Mir geht es darum, dass man in Zukunft vermeidet, dass sich solche Freundschaftsnetzwerke um zentrale Ent­scheidungsträger der Republik bilden, die dann entweder mit Wissen oder ohne Wissen – es gilt immer die Unschuldsvermutung, der viel zitierte Satz – nachweislich kassieren und an der Steuer vorbei das auf Konten in Liechtenstein, in irgendwelchen karibischen Institutionen bringen, alles über den Umweg Zypern.

Es muss praktisch durch diese Aufdeckung, durch diese Aufklärung, durch das Unter­suchen, welche Strukturen diese Vorgangsweise erleichtert haben, verhindert werden, dass sich das in Zukunft wiederholt. Wir brauchen keine Mitschneider mehr, wir brauchen keine Schmiergeldzahler mehr. Wir können es uns auch steuerpolitisch gar nicht mehr leisten, dass ein Finanzminister, der oberste Säckelwart der Republik, solch ein Freundschaftssystem pflegt – auch jetzt noch in Firmengeflechten nicht nur pflegt, sondern nützt – und dass das weiterhin unaufgeklärt bleibt und dass das weiterhin als politisches Faktum im Raum steht und die Mehrheit sagt: Na, meine Güte, es ist halt passiert, was geht uns das an?!

Bitte, das geht uns etwas an! Das geht uns etwas an, denn es geht nicht nur um die Frage von Steuergeld und Republikvermögen, sondern es ist auch die Frage der politischen Moral eine zentrale. Wie kann es sein, dass sich Regierungspartner gegenseitig darin unterstützen, etwas zu verschleiern, was in jedem anderen mitteleu­ro­päischen, nordeuropäischen, südeuropäischen, osteuropäischen oder westeuropä­ischem Land schon längst Thema einer politischen Untersuchung und Aufklärung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 313

gewesen wäre. In Österreich ist nicht der Balkan, aber Sie gebärden sich so, als seien wir der ehemalige Balkan – das muss ich jetzt zur Ehrenrettung des Balkans sagen.

Und deshalb mein massives Plädoyer: Denken Sie daran, dass wir auch eine Ver­pflichtung gegenüber der Bevölkerung haben, Gerechtigkeit, Steuergerechtigkeit und Seriosität auch durchzusetzen.

Ich habe es Ihnen, glaube ich, schon einmal gesagt: Die verschiedensten Manager von Firmen, die im Sinne der Republik agieren und Geschäfte machen, denken sich: Ja um Gottes Willen, ich soll immer redlich nach Gesetz, nach Ausschreibungspflichten, nach den üblichen Vorschriften der Vergaberegelung agieren, ich soll mich an all das halten, aber diejenigen, die sich nicht daran gehalten haben und die privat kassiert haben, werden in keiner Weise politisch zur Verantwortung gezogen, die genießen praktisch politische Narrenfreiheit! – Das darf es doch nicht geben!

Es ist Sache der Justiz, zu ermitteln – da gebe ich Ihnen ganz recht. Die Sachlage, die Suppe ist schon relativ dick. Nur: Wir wissen ja – unlängst habe ich es wieder gehört –, die Staatsanwaltschaft überlegt jetzt, ob sie 2011 oder erst 2012 – 2011 hätten wir ja schon – einmal mit Teilen des Verfahrens beginnt. Aber diese Überlegungen können ja noch weiter gedeihen. Denken Sie an Libro, denken Sie an andere Wirtschafts­pro­zesse, dort hat es ja geradezu ein Jahrzehnt gedauert.

Wollen Sie erst in zehn Jahren einen Untersuchungsausschuss haben? So, wie Sie sich heute verhalten, schaut es danach aus, dass wir in zehn Jahren einen Unter­suchungsausschuss einsetzen, wenn dann ohnehin schon die Hälfte verjährt ist. Wo sind wir denn? Das ist ja wirklich völlig unverantwortlich!

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass ja in erster Linie sowohl die ÖVP als auch die SPÖ einen Vorteil hätten, wenn man das politisch klärte, wenn das von der Kabarettbühne weg, hin zu einer seriösen Untersuchung käme. Dann würden sich die Verantwortungsstränge relativ klar und deutlich aufdecken lassen. Und dann hätte die Rederei endlich ein Ende, die da heißt: Sie stecken ja voll mit drinnen!

Wenn Sie nicht mit drinnen stecken, dann hätten Sie das ureigenste Interesse, dass sofort alles klipp und klar auf den Tisch kommt, die Akten geöffnet werden, die Schlussfolgerungen gezogen werden und dann sozusagen der Sack zugeschnürt wird – aber Sie machen es ja nicht. Was machen Sie? – Diese „schwarzen Schafe“, die es gibt – nachgewiesen, Unschuldsvermutung et cetera –, lassen Sie nach wie vor ihre Schäfchen ins Trockene bringen, ganz egal, in welchen Kooperationen.

Es wird also politisch der Karren leider nicht aus dem Dreck gezogen, sondern leider – leider! – tiefer in den Sumpf hineingetrieben! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

23.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


23.51.51

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ja einigermaßen unverdächtig, dass ich im Fall Karl-Heinz Grasser einen besonderen Schongang einlegen oder ihm gar die Mauer machen wollte. Ganz im Gegenteil: Die SPÖ-Fraktion ist ja in Wahrheit seit dem Jahr 2003 Karl-Heinz Grasser im Zusammenhang mit der BUWOG und anderen Causen auf den Fersen.

Natürlich ist dieses System Grasser grundsätzlich ein klassischer Fall für einen parla­mentarischen Untersuchungsausschuss – das ist ja völlig unbestritten. Es geht ja um


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 314

nichts anderes als um den Verdacht, dass hier systematisch und geplant über Privatisierungen und Beschaffungen öffentliches Eigentum letztendlich in private Taschen manövriert wird. Dieser Untersuchungsausschuss muss kommen, meine Damen und Herren, und wird kommen. Nur: etwas Geduld, denn derzeit fehlen einfach noch Voraussetzungen, um sachlich, zielorientiert und wirklich seriös auf parlamen­tarischer Ebene untersuchen zu können.

Optimal, meine Damen und Herren – das sollte das Ziel sein –, wäre es natürlich, wenn es gelänge, dass alle fünf Parteien sich entscheiden, einen solchen Untersuchungs­ausschuss einzusetzen. Bei der ÖVP ist in den letzten Tagen ja eine gewisse Bereit­schaft festzustellen. Da gibt es eine Entwicklung. Vor einigen Tagen – Kollege Stadler hat es erwähnt – haben wir vernommen, man hat ohnehin nichts zu befürchten, weil Karl-Heinz Grasser ja nicht ÖVP-Mitglied war. Auch der Parteiobmann der ÖVP hat in einem „ZIB 2“-Interview eigentlich nicht ausgeschlossen, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss auch die Zustimmung der ÖVP findet. Auch der Klubobmann hat sich geäußert. Es ist vorstellbar.

Wie schaut es derzeit aus? – Derzeit gibt es ja das Entschlagungsrecht. Und eines können wir nicht wollen, nämlich dass ein frisch geföhnter Karl-Heinz Grasser da herkommt, irgendetwas von seriös, supersauber, im Interesse der Steuerzahler daher­flunkert und dann die Aussage verweigert. Wenn man ein System Grasser untersuchen will, meine Damen und Herren, dann braucht man aber schon auch einen Zeugen Grasser unter Wahrheitspflicht. Denn in Wirklichkeit, Frau Kollegin Moser, werden die allermeisten sonstigen Zeugen sagen: Was fragen Sie denn mich? Fragt doch den Grasser, denn das ist ja die Hauptperson!

Was noch wichtig wäre, ist, dass man sich einmal über Spielregeln, die ja unbestritte­nerweise optimiert gehören, einigt. Darüber wird nach meinem Geschmack auch schon zu lange jetzt hier im Hohen Haus verhandelt.

Den gravierendsten Punkt, warum heute der Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schusses eigentlich nicht zugestimmt werden kann, haben ja Kollege Stadler und Kollegin Moser geflissentlich verschwiegen: Da gibt es eine wilde Streiterei auch unter den Oppositionsparteien um den Untersuchungsgegenstand. (Abg. Mag. Kogler: Geh, bitte!)

Und wenn man schon über den Untersuchungsgegenstand streitet, wie kann man sich dann überhaupt eine Einigung auf Zeugen vorstellen, eine Einigung auf Dokumenten­anforderungen? Das versinkt ja von Beginn an im Chaos. (Abg. Strache: Das ist jetzt aber lieb! Das ist wirklich entzückend!) Daher würde ich wirklich appellieren, dass wir schauen, dass wir eine Fünf-Parteien-Einigung zustandebringen, um das dann seriös und zielgerichtet untersuchen zu können. (Abg. Strache: Sie sind jetzt der Pflicht­verteidiger vom Grasser! – Abg. Grosz: Wie man sich nur so selbst ins Knie schießen kann wie die SPÖ!)

Ein Letztes noch, ein Appell an die Justiz: So geht es auch wieder nicht, dass da irgendein Staatsanwalt ausrichtet, dass ein ganzes Jahr lang nichts geschehen ist. Also, Frau Bundesministerin Bandion-Ortner, ich kann nur appellieren: Machen Sie der Justiz Beine, denn lange reicht unsere Geduld nicht mehr! (Beifall bei der SPÖ.)

23.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


23.55.29

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als ÖVP bekennen wir uns ganz klar dazu, dass sämtliche Vorwürfe hinsichtlich Einflussnahme im Bereich des Finanzministeriums möglichst zeitnah, rasch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 315

und lückenlos aufgeklärt werden. Ich stelle ganz klar fest: Wir schützen niemanden und wir vertrauen auf die Justiz. (Beifall bei der ÖVP.)

Als ÖVP stehen wir aber auch ganz klar dazu, dass es keine auf Gerüchten und Beschuldigungen aufgebaute Vorverurteilung geben darf. Es wird sehr wohl intensiv ermittelt, was Ihnen die Liste der Ermittlungen – ich werde Ihnen einen kleinen Über­blick geben – beweisen wird.

Bis Dezember wurden 50 Beschuldigte einvernommen. 100 Zeugen wurden befragt. An 30 Standorten wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Es wurden 40 Bank­konten geöffnet und über 5 000 Telefonate überwacht. Also, ich glaube, da kann man nicht sagen, dass da nichts geschieht und die Justiz nicht mit Nachdruck arbeitet. Man kann sich immer wünschen, dass manches noch schneller geht und dass eine komplexe Materie noch schneller aufgearbeitet wird. Es geht da aber, wie ich meine, um Qualität, es geht aber auch um Objektivität und um Fairness, aber nicht um Vor­verurteilungen.

Für uns gibt es drei Gründe, wieso wir derzeit so einen Untersuchungsausschuss ablehnen – die Betonung liegt auf „derzeit“. Es gibt ein laufendes Ermittlungsverfahren. Die Ermittlungen der Justiz sollten nicht durch ein politisches Untersuchungsgremium begleitet werden, sondern wir sollten zuerst die Justiz und die Staatsanwaltschaft untersuchen lassen und dann ein politisches Gremium einsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Es gibt ja gewisse Erfahrungen mit Untersuchungsausschüssen. Ich bin selbst bei zwei Untersuchungsausschüssen dabei gewesen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass gerade aus Untersuchungsausschüssen Informationen und Unterlagen nach außen gewandert sind. Das macht, wie ich meine, keinen Sinn, sondern wichtig ist, dass wir jetzt die Behörden in Ruhe ermitteln lassen.

Drittens: Kollege Kräuter hat ja die besagten Personen angesprochen. Und Kollege Stadler hat ja ganz vergessen, dass es ja eigentlich eine zweite Vergangenheit von diesen Personen, von diesen sogenannten Freunden, deren Nähe zu uns Sie uns ja immer unterstellen, gibt, dass es eine gemeinsame Vergangenheit sogar mit Ihnen (in Richtung BZÖ) gibt! (Abg. Petzner: Na, na, na! – Abg. Grosz: Da waren sie ja auch noch anständig! Dann sind sie zu euch gegangen und kriminell geworden!) Die Auskunftspersonen können sich der Aussage unterschlagen, solange strafrechtliche Verfahren laufen.

Zusammengefasst für unsere Partei: Es gibt nichts zu verbergen. Die Justiz, die Staatsanwaltschaft ermittelt und ist gefordert, die Anschuldigungen aufzuklären. Zweitens: Wir warten strafrechtliche Ermittlungen ab und werden die Ergebnisse bewerten. Und drittens: Dann, wenn es um die politische Verantwortung geht, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

23.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


23.58.44

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte es eigentlich kurz machen. Die Aufzählung der Personen – jetzt könnte ich ein bisschen frivol sagen, der künftig vielleicht noch mit Fußfesseln auszustattenden Personen – haben Kollege Stadler und Kollegin Moser erschöpfend abgehandelt. Da braucht man nichts hinzuzufügen.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 316

Zweitens: Die Behauptung, dass man unmöglich einen Untersuchungsgegenstand beschließen kann, weil unter den Oppositionsparteien so ein heftiger Widerspruch hin­sichtlich der Fassung des Untersuchungsgegenstandes besteht, wie Kollege Kräuter meint, ist sozusagen die historische Abrundung des heutigen SPÖ-Tages, der gezeigt hat, wie man eine Sekunde später das Gegenteil von dem behaupten kann, was man eine Sekunde vorher gesagt hat. Darabos ist ein eifriger Kämpfer gegen die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht, im selben Augenblick verteilt er die Handbücher an die neu einrückenden Soldaten, wo im Vorwort von Darabos steht: Die allgemeine Wehr­pflicht ist das Fundament der Verteidigungspolitik, und er steht dazu. Also ich bin jetzt doch schon länger als vier Jahre im Hohen Haus, und eines weiß ich sicher: Eine intimere Freundschaft, als sie zwischen Kräuter und Grasser bestehen könnte, ist schlechterdings kaum denkbar, sodass ich diese Wolke des Gedankengutes nicht nachvollziehen kann.

Auf den Punkt gebracht: Selbstverständlich wissen wir, das hat eine justizielle Seite und eine politische Seite. Die Freiheitliche Partei ist für die Aufklärung im Zuge eines Untersuchungsausschusses, die Fassung des Untersuchungsgegenstandes ist in Sekundenschnelle im Einvernehmensweg zu lösen. „Fürchtet euch nicht“, heißt es in einem besonders wichtigen Buch: Macht den Untersuchungsausschuss! Wir sind dafür. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

0.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


0.01.11

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, Karl-Heinz Grasser, die fleischgewordene Unschuld, die wir vermuten sollen auf Ihr Geheiß hin – nein, mit Sicherheit nicht! Damit ist jetzt endlich einmal Schluss.

Der Disput, ob die Justiz und das Parlament parallel untersuchen sollen oder nicht – darauf hat sich Kollege Kräuter wieder bezogen, etwas anderes bleibt ihm auch nicht übrig, wenn er das jetzt mit ablehnen soll –, ist ein altes Thema, das wissen wir, nur geht es in diesem Fall aus mehreren Gründen daneben.

Ich bin sowieso nicht der Meinung, dass das grundsätzlich greift, weil man sehr wohl parallel agieren kann. Man untersucht ja auch nicht das Gleiche. Im Übrigen schaue ich mir an, wie gut es Grasser oder auch anderen, die in der Strafjustiz schon Be­schul­digte wären, bekäme, wenn sie sich nur entschlagen würden. Aber das ist eine andere Sache.

Die Untersuchungsbereiche sind völlig unterschiedlich, und es könnten durchaus auch parallel Untersuchungen angestellt werden. Abgesehen davon umfasst das System Grasser so viele Leute, dass noch lange nicht alle angeklagt sind. Die können sich also gar nicht alle auf der gleichen Ebene entschlagen, wie Sie hier befürchten. Das wissen Sie ganz genau.

Ich sage Ihnen aber etwas ganz anderes dazu, warum sich das hier völlig umgekehrt verhält. In Wirklichkeit ist ja die Justiz – und der Untersuchungsausschuss ist schon in Fortfolge oder vielleicht sogar, wenn es so langsam weitergeht, vorne ab – ein Fall für die Untersuchung, denn würde es nicht Parlamentarier geben, würde es nicht einzelne Ausschüsse und Ausschussaktivitäten hier geben, hätte die Justiz in diesem Fall nie etwas getan – nie! (Abg. Mag. Stadler: Nichts gemacht! Gar nichts!) Und dies, obwohl schon von Weitem zu erkennen sein müsste, dass vielleicht da oder dort irgendetwas nicht gestimmt haben könnte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 317

Ich sage Ihnen jetzt einmal die Genese der Geschichte, denn sie hat hier im Haus begonnen – Gott sei Dank sind wir ein selbstbewusstes Parlament! (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Der Unterausschuss des Rechnungshofausschusses hat schon 2003 damit begonnen, sich dieser Sache anzunehmen, dieser ganzen Privatisie­rungsvorgänge, aber vor allem der BUWOG-Privatisierung, und dies in mehreren Schritten. Das war doch schon in der Vorbereitung völlig klar erkennbar, nämlich am Zuschlag für diejenigen, die ausgesucht wurden, um das abzuwickeln: die Lehman-Brothers-Bank. Auch dort ist schon geschoben worden, dass sich die Balken biegen, und das wissen Sie ganz genau! (Abg. Strache: Das war mit den Eurofightern ähnlich!)

Es ist auch so weitergegangen. Viele dieser Puzzlesteine, dieser argumentativen und investigativen Puzzlesteine waren damals schon auf dem Tisch. Wir werden jetzt bei Gelegenheit einmal dieses Unterausschussprotokoll darüber, woran Frau Abgeordnete Moser, aber auch andere, die jetzt noch hier sind, gearbeitet haben, hervorholen, weil man schon damals sehen konnte, wie das gelaufen ist, aber eben die letzten Beweisstücke gefehlt haben. Ausgegangen ist es jedoch von den Aktivitäten hier im Haus.

Das hat einen kritischen Rechnungshofbericht in dieser Causa zur Folge gehabt, aber es ist noch immer nichts geschehen! Erst durch einen Zufallstreffer an anderer Stelle – weil nämlich die Immofinanz in Schwierigkeiten gekommen ist und dort endlich einmal die Konten geöffnet wurden, woran man sieht, wie nützlich das sein kann – ist aufge­flogen, dass 10 Millionen € über den halben Globus herum verschickt worden sind. Ja wofür und für wen? – Diese wurden dann wieder zurückbeordert und sind im Hotel Stephansdom bar verteilt worden, nur wissen wir bis jetzt noch nicht, an wen. Und da denken Sie, dass wir ohne Untersuchungsausschuss auskommen?

Kollege Kräuter, es geht an dieser Stelle nicht mehr darum, nicht parallel zu ermitteln und zu warten, was die Justiz tut, weil wir dieser Justiz an der Stelle auch nicht mehr vertrauen können! Die hätte nämlich überhaupt nichts gemacht, wenn nicht diese Puzzlesteine aufgetaucht wären. Die hätte gar nichts gemacht! – Und auf die sollen wir jetzt vertrauen?!

Ich wundere mich ja bis heute darüber, dass die überhaupt abgehört worden sind – aber erst im Nachhinein! Wir würden gar nicht in den kabarettistischen Genuss dieser Protokolle – aber so tragisch ist es dann eben am Schluss auch noch – kommen, hätte es all diese Schritte nicht gegeben. Aber es war immer eine andere Stelle als die Justiz, die das vorangetrieben hat, darum geht es! Strafrechtlich wird etwas ganz anderes verfolgt als das, was wir hier politisch zu untersuchen haben. (Abg. Amon: Ach so!)

Wenn Kollege Gahr hier herausgeschickt wird und sagen muss, dass es da Vor­verurteilungen gibt – ja sagen Sie einmal, sind Sie alle noch bei Trost? Was wollen wir denn sagen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Meischberger, was ist er: Ist er vorverurteilt oder was? – Der ist nicht „super­nackt“, der steckt in der harten Argumentations-Ritterrüstung, womöglich noch in einer schwarzen: Er steht, er hat alles im Griff, völlig souverän, kann alles erklären, alle Millionenflüsse, alles supersauber! – Glauben Sie das gar selber noch? Das geht sich doch hinten und vorne nicht mehr aus! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie hier gegen diese notwendigen Aufklärungen weiter Widerstand leisten wol­len, wird es am Schluss so enden (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), dass Sie sich, was Ihre Aufgabenerfüllung betrifft, fragen lassen müssen: Wo war Ihre Leistung? „Supernackt“ sind Sie jedenfalls in Ihrer Argumentation! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

0.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 318

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


0.06.26

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin immer dafür, dass man zumindest manchmal die Dinge ein bisschen differenziert betrachtet. Das versuche ich auch in der Debatte, die wir jetzt führen.

Einerseits geht es darum, dass ich glaube, dass ein Untersuchungsausschuss des­wegen notwendig, sinnvoll und richtig ist, weil das politische Grundproblem geklärt sein muss und man das politische Grundproblem kennen muss. Das ist nämlich das Problem, dass die Österreichische Volkspartei zugleich das Justiz- und das Innen­ressort besetzt, das heißt, die zwei wichtigen Ministerien, die genau auch im Bereich der Sicherheit, im Bereich der Aufklärung von Straftaten zuständig sind. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung SPÖ –: Das war euer Sündenfall!)

Man hat – wie schon mehrfach gesagt wurde – leider Gottes den Eindruck, dass hier vonseiten eines ÖVP-geführten Justizressorts versucht wird, vor allem die Ermittlungen gegen einen ehemaligen ÖVP-Minister bewusst zu verzögern, zu verschleppen, zu verlangsamen – um es freundlich zu formulieren. Das ist sehr, sehr gefährlich, weil das auch zur Folge hat – und das muss uns alle gemeinsam mit Sorge erfüllen –, dass die Menschen dieses Landes (Zwischenrufe bei der ÖVP) sukzessive das Vertrauen in die unabhängige Rechtsprechung verlieren! Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung, der wir nicht Vorschub leisten dürfen. (Beifall beim BZÖ.)

Der zweite wesentliche Punkt, den man nicht übersehen darf, ist meiner Meinung nach – und da geht es nicht darum, den Herrn Grasser zu verteidigen –, dass man schon auch berücksichtigen und darüber diskutieren muss, wie es in Österreich um die Prinzipien des Amtsgeheimnisses und der Amtsverschwiegenheit bestellt ist. Ich halte es für eine sehr problematische Entwicklung, dass interne Ermittlungsergebnisse der Justiz, von Telefonprotokollen über konkrete Ermittlungsschritte der Staatsanwalt­schaft, permanent in den Medien landen und das Amtsgeheimnis mit Füßen getreten wird.

In Wirklichkeit ist es so: Ob einer schuldig ist oder nicht, er wird vorher medial so kaputt gemacht, dass es am Ende des Tages wurscht ist, ob ein ordentliches Gericht die Unschuld erkennt oder nicht! Da müssen wir sehr vorsichtig sein, denn das heißt für uns alle, dass es jeden in diesem Haus treffen kann, dass er unter Bruch des Amtsgeheimnisses, der Amtsverschwiegenheit über die Medien vorverurteilt wird.

Auch das sollte in einem solchen Ausschuss diskutiert werden, wie es die Justiz, wie es die heimischen Ermittlungsbehörden mit den Prinzipien der Amtsverschwiegenheit und des Amtsgeheimnisses halten, ob sie das ernst nehmen oder nicht. Ich glaube, dass das ganz heikel ist und man sich das auch in Ruhe anschauen muss, weil die Causa Grasser nicht die einzige Causa ist, in der permanent das Amtsgeheimnis und auch die Amtsverschwiegenheit umgangen werden. Es gibt Gesetze, an die sich alle zu halten haben, auch die heimischen juristischen Stellen.

Ein Schlusssatz noch: Herr Gahr, wenn Sie glauben, dass Herr Stadler und Herr Grasser befreundet waren, dann kennen Sie sich überhaupt nicht aus, weil Herr Grasser und Herr Stadler ungefähr so weit auseinander sind wie der Nordpol und der Südpol. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Grund dafür, dass Herr Grasser damals – aus heutiger Sicht Gott sei Dank – von der FPÖ zur Volkspartei gewechselt ist, heißt Ewald Stadler! Das sollen Sie auch wissen.

Ewald, danke dafür! So haben wir heute ein Problem weniger und die Volkspartei ein Problem mehr. (Beifall beim BZÖ.)

0.10

00.10.00

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 319

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu Ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.10.59Ständiger Unterausschuss des Rechnungshofausschusses:
Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung ein Verlangen der Abgeordneten Dr. Moser, Zanger, Grosz, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 GOG eingebracht wurde, das die erforderliche Anzahl von Unter­schriften aufweist.

Demzufolge ist dem Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses der Auftrag zur Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, der ÖBB Holding AG sowie der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns und des Bundesministeriums für Justiz hinsichtlich

a) der Vorbereitung, Durchführung und Aufarbeitung von Finanztransaktionen der ÖBB Holding und der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns mit der Deut­schen Bank und anderen beteiligten Finanzdienstleistern, der im Zusammenhang mit diesen Vorgängen beauftragten Gutachten, der darauf folgenden Auflösung von Manager­verträgen inklusive der damit einhergehenden Vereinbarungen (wie beispiels­weise Abfertigungen) sowie des Stands etwaiger damit im Zusammenhang stehender gerichtlicher Verfahren,

b) des Ankaufs der ungarischen MÁV Cargo, der damit im Zusammenhang stehenden Beratungsverträge sowie möglicher Provisionszahlungen, der bilanzmäßigen Bewertung im Zeitablauf sowie des Stands etwaiger damit im Zusammenhang stehender gerichtlicher Verfahren,

c) des Beschaffungswesens innerhalb des ÖBB-Konzerns seit dem Jahr 2000, insbesondere der Beschaffung von Handys und des Abschlusses von Telekom-Dienstleistungsverträgen

zu übertragen.

00.12.51Verlangen im Sinne des § 99 (2) GOG

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters gebe ich bekannt, dass im Zusammenhang mit dem Selbständigen Antrag 1391/A auf Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof, und zwar betreffend Vornahme einer Prüfung der geschäftlichen Gebarung des MAK, des Österreichischen Museums für Angewandte Kunst/Gegenwartskunst, in den Jahren 2001 bis 2010, ein Verlangen von 20 Abgeordneten im Sinne des § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellt wurde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 320

Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist diese Gebarungsüberprüfung auch ohne Beschluss des Nationalrates durchzuführen.

00.13.32 Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der heutigen Sitzung wurden die Selbständigen Anträge 1391/A bis 1408/A eingebracht.

Ferner sind die Anfragen 7421/J bis 7470/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.14 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.14.02Schluss der Sitzung: 0.14 Uhr

 

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