Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 159

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(Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) – Frau Glawischnig und werte Grü­ne, Sie haben dieses Gutachten im Jahr 2008 in seiner Basisversion zur Verfügung ge­stellt bekommen! Daran hat sich wenig geändert. Nichts wird geheim gehalten.

Frau Kollegin Bayr hat auch völlig richtig gesagt, wir würden uns keinen Cent/keinen Euro sparen, denn es gibt ein EU-Gesamtbudget. Zu sagen, 22 Millionen € ist unser Euratom-Beitrag, und den zahlen wir in Zukunft nicht, das wäre es auch nicht.

Bleibt die Schlüsselfrage, meine sehr verehrten Damen und Herren und Hohes Haus: Macht es überhaupt politisch Sinn, aus diesem Euratom-Vertrag hinauszuwollen oder nicht?

In einem bin ich mit Frau Glawischnig einer Meinung: Es wäre sinnvoll, diesen Eu­ratom-Vertrag zeitgemäß zu gestalten, zu reformieren. Ja, es ist im Jahr 1957 etwas anderes als heute gewesen, was die Beteiligung des Europäischen Parlamentes anbe­langt. Undemokratisch in diesem Sinne ist er. Es war die Position in Richtung Kern­energie im Jahr 1957 gegenüber dem Jahr 2011 vielleicht undifferenzierter, sicher un­differenzierter und nicht so sehr von Sachkenntnis geprägt. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung.

Aber was dann bleibt, ist schon auch die Realisierung von politischen Fakten. Haben wir dafür eine Mehrheit? Frau Bayr hat gesagt: Nein, die haben wir nicht! Gibt es diese einstimmig zur Einberufung einer Regierungskonferenz? Gäbe es die Möglichkeit – vorausgesetzt, dass wir so eine Regierungskonferenz zustande bringen –, dann dort die Einstimmigkeit zu erzielen? – Sicherlich nicht, weil – wie Frau Kollegin Bayr auch richtig gesagt hat – französische und polnische und andere Abgeordnete – gleich, wel­cher Couleur – recht eindeutig der Meinung sind, Atomkraft ist eine Technologie, mit der man sich auch in Zukunft beschäftigen muss.

Auch das ist Teil einer gewissen professionellen Politik, dass man realisiert, was um ei­nen herum vor sich geht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbst Frau Gla­wischnig hat davon gesprochen, was rund um uns in Atomenergie investiert wird. In Deutschland geht es bloß darum, nicht zu devestieren und das vielleicht hinauszuzö­gern, anderswo wird investiert.

Frau Glawischnig, Sie haben aber gemeint: Gäbe es den Euratom-Vertrag nicht, dann wäre Europa längst nach einer Doktrin eines früheren sozialdemokratischen Bundes­kanzlers kernenergiefrei. Da bin ich nicht so optimistisch wie Sie, dass das der Fall ge­wesen wäre. Mit Verlaub: In Amerika, in China, in Russland, in Japan und, und, und – überall wird in Kernenergie investiert. Das ist ja nicht nur ein europäischer Mainstream. So gesehen: Euratom hat damit sehr, sehr wenig zu tun.

Zur Frage Klimaschutz/CO2-neutrale Technologie: Ja, wir Österreicher sind der Auf­fassung, Kernenergie ist keine nachhaltige Form der Energiegewinnung. Wir wollen das nicht. Wir wehren uns mit Händen und Füßen und im Regelfall auch sehr erfolg­reich dagegen, dass das in europäische Entscheidungen hineinkommt. Aber die ande­ren sind da anderer Meinung.

Eines sei an dem Tag einer Libyen-Debatte und Nordafrika-Debatte im Hohen Haus schon erwähnt: Meine Herrschaften, halten wir uns vor Augen, die Alternative zur Kern­energie sind erneuerbare Energien, sind aber in den nächsten Jahrzehnten natürlich fossile Energieträger, sind nicht nur Kohle, sondern insbesondere Gas und Öl! Das soll an einem Tag wie heute schon gestattet sein, darauf hinzuweisen, dass das ja auch nicht so unkritisch ist. Es betrifft ja nicht nur Libyen, sondern so gut wie alle Lager­stätten von erheblichen Ressourcen in Sachen Gas und Öl sind politisch in irgendeiner Form heikel und geben uns da und dort mal zu denken: Mal drehen die einen das Gas ab, mal gibt es anderswo diese katastrophalen Entwicklungen wie in Libyen. Wer weiß, was sonst noch alles in der arabischen Welt vor sich geht?

 


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