Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 52

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Politik, wehrt sich aber seit Jahren mit Händen und Füßen dagegen, dass das Dublin-Abkommen aufgeschnürt wird (Beifall bei Grünen und NEOS), obwohl sie weiß, dass Dublin das genaue Gegenteil einer solidarischen EU-Flüchtlingspolitik ist. Dublin bedeutet: Zuständig für alle, die in der EU ankommen, sind Zypern, Malta, Griechen­land, Spanien, Italien. Punkt. Das ist genau das Gegenteil von Solidarität, sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn Sie sich selber ernst nehmen und wenn Sie wirklich eine solidarische Aufteilung der Schutzsuchenden in der EU wollen, dann müssen Sie eher heute denn morgen damit beginnen, das Dublin-System abzuändern. Genau das passiert nicht. Genau deshalb sind es ja seit Jahren Krokodilstränen, die bei jedem Flüchtlingsunglück, wie es genannt wird, vergossen werden. Am nächsten Tag macht man dann weiter wie bisher, und in vielen Fällen – so wie bei uns vor zehn Tagen – verschärft man sogar gleich am nächsten Tag die zuständigen Gesetze hier im Land. Genau das ist Zynismus! Genau das wird uns nicht weiter bringen, genau das ist die traurige Garantie dafür, dass die nächsten Toten und die übernächsten Toten, die Hunderten und Tausenden, die noch lebende Flüchtlinge sind, bald nicht mehr am Leben sein werden.

Weil das, was auf dem EU-Gipfel beschlossen wurde, kein echtes Lebensrettungs­programm ist, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mare Nostrum II als europäische Seenotrettung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Inneres und der Bundes­kanzler, werden aufgefordert, unverzüglich und mit aller Kraft in allen geeigneten EU-Gremien dafür einzutreten, dass ein echtes europäisches Seenotrettungsprogramm (Mare Nostrum II) nach dem Vorbild des italienischen Mare Nostrum eingeführt und finanziell von allen EU Mitgliedstaaten ausreichend unterstützt wird.“

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Es wurde sehr viel von ausbeuterischen Handelsbeziehungen gesprochen, und zwar, das muss ich gestehen, viel mehr, als ich erwartet hatte. So eine Einsicht, wie sie zum Beispiel Frau Kollegin Dietrich in ihrer Rede an den Tag gelegt hat oder der Kollege Cap, der von ausbeuterischen Wirtschaftsbeziehungen gesprochen hat, habe ich, ehr­lich gesagt, nicht erwartet.

Ich schließe mich dieser Analyse auch großteils an, nur frage ich mich: Wie kann es dann sein, dass die Minister und Ministerinnen unserer Regierungsparteien Jahr für Jahr zum Beispiel Fischereiabkommen durchnicken, die dafür sorgen, dass die Küsten vor afrikanischen Ländern leer gefischt werden? Wie kann es sein, dass unsere Regie­rungsvertreter dem weit verbreiteten Land Grabbing, also dem Aufkauf von fruchtbaren Böden, zum Beispiel in vielen afrikanischen Ländern, nichts entgegenzusetzen haben und sogar zynisch mit profitablen Geschäften argumentieren? Wie kann es dann sein, dass hoch subventioniertes EU-Gemüse zum Beispiel auf dem Sandaga-Markt in Westafrika, in Senegal, ein Drittel dessen kostet, was für einheimisches Gemüse verlangt wird?

Ist es nicht zynisch, von hier aus solche schiefen Handelsbeziehungen zu kritisieren, um dagegen dann genau nichts zu tun? Ich schließe mich der Analyse an, die besagt:


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