Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 110

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den Bereich der Berufsgrundbildung an Polytechnischen Schulen sollen Berufsschullehrer unterrichten können, wogegen Lehrer mit der Lehrbefähigung für Hauptschulen an Berufsschulen "Deutsch und Kommunikation" sowie "Lebende Fremdsprache" unterrichten können sollen.

Der Unterrichtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Helga Moser. Ich erteile es ihr.

16.09

Bundesrätin Helga Moser (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zur geplanten Änderung des Schulorganisationsgesetzes sprechen. In dieser Regierungsvorlage ist ein zentrales Thema die soziale Integration der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Erlauben Sie mir anfangs einige Worte zu dem Begriff Integration.

Integration bedeutet für mich, behinderte Kinder in ihrem primären Umfeld zu belassen, das heißt, daß ein behindertes Kind mit den Kindern seiner Wohnumgebung die zuständige Sprengelschule besuchen soll, um auch in der Freizeit die richtigen Ansprechpartner zu haben und auch Kontakte, die es in der Schule knüpft, in den privaten Bereich zu übertragen.

Soziale Integration, wie sie sich in der Regierungsvorlage darstellt, meint aber etwas anderes. Behinderte Kinder sollen mit nichtbehinderten Kindern gemeinsam in einer Klasse betreut werden. Diese wird durch die Forderung, pro Bezirk eine Integrationsklasse zu führen, dokumentiert.

Integration ist für mich kein Schlagwort, kein Modetrend, sondern eine mit großer Verantwortung zu tragende Entscheidung – zum Wohl der behinderten, aber auch der nichtbehinderten Kinder.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen aber auch die Rahmenbedingungen stimmen. Zu diesen Rahmenbedingungen zählt für mich an erster Stelle auch die gezielte Information und Aufklärung jener Eltern, die kein behindertes Kind haben. In der Fernsehsendung "Zur Sache" zeigte sich die Diskrepanz zwischen Ihrer Regierungsvorlage, Frau Ministerin, und den Forderungen und Wünschen der Behinderten-Vertreter. Wie sollen Eltern, die kein Integrationskonzept kennen, die im Umgang mit Behinderten nicht vertraut sind, da nicht Ängste und Unsicherheiten im Hinblick auf die Förderung ihrer nichtbehinderten Kinder entwickeln? – Unsicherheit erzeugt Ablehnung, kann Aggression erzeugen.

Es fehlt auch die gesetzliche Mitsprache der Beteiligten, wie sie früher in den Schulversuchen gegeben war. Damit meine ich vor Einrichtung einer Integrationsklasse die Abklärung mit den Eltern der nichtbehinderten Kinder, aber auch mit den Lehrern an der Schule.

Ich glaube, die Einbindung aller Lehrer in einer Schule, in der eine Integrationsklasse geführt wird, ist etwas ganz Wichtiges. Es ist eine grundsätzliche pädagogische Forderung, daß auch jene, die nicht unmittelbar davon betroffen sind, hinter einer Sache stehen. Es kann nicht sein, daß in einer Schule eine Integrationsklasse – isoliert vielleicht – von einigen sehr engagierten ausgebildeten Lehrern betreut und betrieben wird und die übrigen Lehrerkollegen eigentlich kaum oder zu wenig damit befaßt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt für mich ist die Schülerzahl. Wenn es heißt: 20 nichtbehinderte Kinder und fünf behinderte Kinder, dann muß ich eines sagen: Für mich bedeuten fünf behinderte Kinder fünf individuelle Schicksale. Man kann nicht nur sagen: das geistig behinderte Kind, das körperbehinderte Kind. Je nach Behinderung haben wir es mit unterschiedlichen Problemen zu tun. Es ist eine sehr differenzierte Arbeit mit den Behinderten notwendig. Ich denke, daß genau diese Überlegung auch dazu führen muß, daß man genug Raum zur Verfügung stellt. Es ist nicht möglich, bei manchen Behinderungsarten die Kinder vier, fünf Stunden lang in der


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