Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 49

Aufgrund dieser Tatsache und aufgrund dessen, daß wir das auch im Februar so gesehen haben, haben wir bereits im Juli einen Antrag eingebracht, der die gesetzliche Grundlage für die Restitution liefern sollte. Wir haben das deswegen getan, weil wir aufgrund der Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir bislang gesammelt haben, die Befürchtung hatten, daß das wieder auf die lange Bank geschoben wird. Glücklicherweise haben wir mit unseren Erfahrungen oder mit unseren Befürchtungen, sage ich jetzt einmal, nicht recht behalten. Vielleicht war dieser Antrag der Liberalen jene Trägerrakete, die Druck gemacht hat. Wir mußten ihn allerdings im September noch einmal einbringen. – Ich sage das für jene dazu, die ausnahmsweise einmal auch den Ausschußbericht gelesen haben, weil dort der Antrag der Liberalen erwähnt ist, der mit dieser Vorlage mit erledigt ist. Bei diesem Antrag scheint das Datum 18. September auf, was dadurch zustande kommt, daß unser erster Antrag vom Juli dem Kulturausschuß zugewiesen wurde, wir uns aber darauf verständigt haben, die Materie im Verfassungsausschuß zu behandeln. Um diesen Antrag auch im Verfassungsausschuß behandelbar zu machen, mußten wir einen neuen Antrag einbringen. Ich sage das nur deshalb dazu, damit man weiß, warum das Datum September draufsteht. Dieser Antrag, der jedenfalls schon im Juli seine Wirkung entfaltet hat, so glaube ich jedenfalls, hat durchaus dazu geführt, daß dann etwas zustande gekommen ist, was heute auch mit den Stimmen der Liberalen beschlossen werden wird.

Ich sage aber trotzdem noch etwas dazu: Die innere Erleichterung, die man in einer solchen Situation durchaus empfinden kann, wenn man das Gefühl hat, daß etwas auf die richtige Schiene kommt, die innere Erleichterung, die man trotz allem Unbehagen, trotz schlechtem Gewissen, trotz aller unangenehmen Gefühle, die man nie loswerden wird, verspürt, ist enorm. Auch als Nachgeborene – ich bin Jahrgang 1948 – empfinde ich eine Verantwortung für das, was in der Zeit vor 1948 passiert ist. Also bei all diesem Unbehagen hat man im Regelfall doch ein gutes Gefühl, wenn man meint, jetzt sei es am richtigen Weg. Ich würde es für zu früh halten, wenn sich dieses gute Gefühl bereits jetzt, also mit Beschlußfassung dieser drei Vorlagen, einstellte.

Ich würde es deswegen für verfrüht halten, weil es davon abhängt, wie nun diese Gesetze vollzogen werden. Das, was ich vorher gesagt habe, die Offenheit, die Großzügigkeit, der Mut und die Kraft zur Einsicht und auch zur Wiedergutmachung in jenem Sinne, wie es aufgrund dieser Vorlagen möglich ist, diese Einstellung also ist die Voraussetzung dafür, wie die Konklusionen aus den Bedenkjahren tatsächlich zu bewerten sind und wie sie gezogen werden.

Alle fünf Fraktionen in diesem Haus werden zwar heute diese drei Vorlagen beschließen, aber die Bewertung dessen, was beschlossen wird, liegt noch vor uns, und dessen, Frau Ministerin, sollten sich die politisch Verantwortlichen bewußt sein. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

11.18

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich gehöre einer Generation an, die vom Krieg und vom Holocaust nur erfahren und zum Teil auch etwas darüber gelernt hat. Es ist nicht ganz aus den Geschichtsbüchern und aus dem Unterricht ausgelöscht gewesen. Natürlich war das, was ich gehört habe, sehr subjektiv gefärbt. Und es mag sein, daß es etwas einfacher ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, wenn man der betroffenen Generation nicht angehört hat, wie etwa manche Zeitzeugen, manche Widerstandskämpfer, manche Täter, manche Mitläufer, aber vor allem auch die Opfer.

Wir haben vor nicht allzu langer Zeit in einem ganz anderen Zusammenhang miterlebt, wie schwierig es ist, sich unbefangen mit dieser Zeit – mit unbefangen meine ich jetzt nicht sorglos – zu beschäftigen. Erinnern Sie sich nur an die heftigen Diskussionen rund um die Wehrmachtsausstellung, die vor zwei Jahren stattgefunden hat. Wie schwer fällt es manchen immer noch, der Geschichte und damit der Wahrheit ins Auge zu blicken! Das "Privileg", später geboren zu sein und das nicht selbst erfahren, sondern nur gelernt zu haben, das "Privileg", in einer bestimmten Zeit aufgewachsen zu sein, stellt für mich eine ganz besondere Verpflichtung dar.


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