Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 209

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chend mitspielen. Wir haben darzustellen versucht, daß die Schließungskosten unterschätzt wurden, und ich habe den Eindruck, daß das bei der Hauptversammlung des Conti-Konzerns auch Gehör gefunden hat. Ich glaube, daß wir genau auf diesem Weg weiterarbeiten müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Semperit ist deswegen kein Einzelfall, weil derzeit sehr viele Betriebe in Österreich versuchen, das riesige Lohngefälle, das es zwischen Österreich und Tschechien, der Slowakei oder Ungarn gibt, auszunutzen, die Löhne und Gehälter in den Betrieben zu drücken und die Arbeitnehmer unter Druck zu setzen. Es ist ganz einfach eine Tatsache, daß wir an der Staatsgrenze in Niederösterreich ein Einkommensgefälle von etwa eins zu acht bei den Industriearbeitern gegenüber dem übrigen Bundesgebiet haben.

Es stehen mir leider nur mehr zwei Minuten Redezeit zur Verfügung, aber ich will kurz versuchen, eine Antwort darauf zu finden: Auf der einen Seite bieten die Ostöffnung und die Annäherung der Reformstaaten an Österreich eine riesige Chance. Die Wirtschaft wird dort zwei- bis dreimal so rasch wachsen wie bei uns, und es ist eine Chance, neben einem solchen Wachstumspol arbeiten und wirtschaften zu können. Auf der anderen Seite darf man aber in Anbetracht dieser Chance den Druck auf die Löhne und Gehälter, den es gibt, nicht vergessen. Dadurch wird das Verhältnis der Einkommensverteilung verzerrt. Und möglicherweise werden wir das, was wir an Konjunktur wegen des raschen Wirtschaftswachstums in den Reformstaaten gewinnen, durch den rückläufigen Konsum wieder verlieren. Außerdem werden die Menschen unter Umständen nicht mehr lange bereit sein, diese Entwicklung mitzutragen. Der Ruf nach Protektionismus wird laut werden, und es werden sich auch politische Gruppierungen finden, die diesem Protektionismus das Wort reden. Dann werden auch die Unternehmer, die vorher die Arbeitnehmer unter Druck gesetzt haben, von diesem Wachstumspol an unserer Grenze nichts haben.

Daher ist es notwendig, daß es nicht nur in Österreich, sondern europaweit zu einer Art neuem Pakt zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern kommt, der sich im wesentlichen wie folgt gestalten muß: Die eine Seite nützt die riesigen Lohnunterschiede, die es gibt, nicht aus. Und wenn diese riesigen Lohnunterschiede nicht ausgenützt werden, dann ergibt sich für die gesamte Wirtschaft die Chance, den Wachstumspol, der entsteht, auch entsprechend auszunutzen. Ich glaube, daß die zukünftige Strategie in etwa in diese Richtung gehen muß. Das eine neue, großangelegte Sozialpartnerschaft in Europa zu nennen, ist wahrscheinlich zu viel; ich möchte das als neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern auf europäischer Ebene bezeichnen. (Abg. Aumayr: Dafür müssen Sie die Rahmenbedingungen schaffen!)

Ich meine, daß der Weg, den Herr Dipl.-Ing. Prinzhorn angedeutet hat, nicht der richtige ist, daß sich nämlich der österreichische Wirtschaftsminister für den amerikanischen Wirtschaftsminister hält und versucht, dessen Macht gegenüber den Japanern auszuüben. Das wird nicht ganz gelingen, denn wir sind etwas kleiner als der gesamte europäische Markt. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte sehr.

22.50

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die drohende Schließung des Semperit-Werks in Traiskirchen stellt für die Region ein ernsthaftes Problem dar. Daraus ergibt sich auch für mich sehr wohl die Dringlichkeit einer derartigen Debatte im Parlament. Ich glaube daher, daß es gut ist, wenn wir heute, nachdem sich auch der Niederösterreichische Landtag dieses Themas angenommen hat, darüber diskutieren.

Meine Damen und Herren! Allerdings sehe ich ein Problem betreffend die Glaubwürdigkeit der Freiheitlichen. (Zwischenrufe des Abg. Blünegger. ) Ich hätte erwartet, daß sich zu diesem Thema schon früher ein Freiheitlicher zu Wort meldet. Das war jedoch nicht der Fall, und das bedaure ich wirklich! Denn in der Vergangenheit haben sich alle Fraktionen in der Frage


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