Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 65

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Wenn wir Mittel aus dem, was man Werbung oder Sponsoring nennt, für Schulen gewinnen wollen, dann müssen wir intelligente Konzepte haben und dürfen nicht wie ein Ertrinkender den Strohhalm des schnellen Geldes der Werbung ergreifen. Das ist nicht pädagogisch, das ist schlecht, und das ist hilflos. Offenbar ist die österreichische Bundesregierung in Fragen der Schulpolitik recht hilflos. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte, Frau Abgeordnete. Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

Bevor ich Sie bitte, mit Ihren Ausführungen zu beginnen, möchte ich noch nachtragen, daß der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Kier am Beginn seiner Rede verlesen hat, ausreichend unterstützt ist und mit in Behandlung steht.

12.28

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich auf ein paar Dinge besonders Bezug nehmen und ein kleines Faktum in Erinnerung rufen.

Das große Schulgesetzwerk 1962 hat mit der Regelung der Sonderschulen einer besonderen Erkenntnis Rechnung getragen. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts hat man Bildsamkeit für alle als evidente Erkenntnis festgeschrieben und 1962 schließlich die Konsequenzen gezogen.

Was ist danach weiter geschehen? – Wir können von einer "Medizinierung der Sonderpädagogik" sprechen. Das heißt, mit dem Fortschritt der medizinischen Erkenntnisse hat man sich auch Fortschritte in der Betreuung, in der Förderung behinderter Menschen erwartet. Dieser Fortschritt war natürlich auch von der Hoffnung genährt, daß Lehrer, indem sie als Sonderpädagogen stärker mit der Medizin zu tun haben, in ihrem Prestige steigen werden; es wurde damit also ein zu steigerndes Ansehen verknüpft.

Auf diese Erkenntnis hin hat man dann – auch wieder als kleine Erinnerung – bis in die Nachkriegsjahre herein vor allem in der Pionierstadt Wien sonderpädagogische Einrichtungen geschaffen: für Sehbehinderte, für Hörbehinderte, für Mehrfachbehinderte; Galileigasse, Waltergasse, Zinkgasse – wie immer diese Institutionen im einzelnen geheißen haben. Man hat die Schulen auf dem flachen Lande, die faktisch Integration betrieben haben, die nicht separiert haben, gescholten und geschimpft und gesagt, diese würden nicht auf der Höhe der Zeit fördern.

Ich bringe das nur in Erinnerung, weil wir heute – zumindest manchmal habe ich diesen den Eindruck – ein bißchen in Verkennung dieser Geschichte diesen Aspekt mißachten.

Ich erinnere auch – und das sei besonders an die Grünen gerichtet, die offenbar nicht mehr an der Debatte teilnehmen – an folgendes Faktum: In den frühen siebziger Jahren wurde das interfakultäre Institut für Sonder- und Heilpädagogik in Wien gegründet, das sich aus Medizinern und Pädagogen zusammengesetzt hat und auch von zwei Personen aus diesen Fakultäten geleitet wurde. Im Zuge der Entwicklung weg von der Medizin hin zur Pädagogik – man konnte das "Fach" ja auch nur als Fächerkombination mit Pädagogik studieren – gab es Aufregung und Proteste von den Grünen. Also nicht zuviel Pädagogik und nicht zuviel spezifische Förderung, sondern mehr Medizin war offenbar die Konsequenz. Heute wissen Sie anscheinend nichts mehr von diesen Dingen.

Der Erkenntnisfortschritt lag darin, daß Bedingungen genannt werden konnten, welche fördernd und welche hemmend, und zwar für Integration und Förderung, sind.

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, halte ich den Beitrag von Professor Feuser – ich konnte ihn nur nachlesen und nicht selber hören, weil ich verhindert war – gewissermaßen für einen sehr akademischen Beitrag, wenn er dem Sinne nach sagt, Behinderung gebe es nicht; das würde ich auch gerne mit Kollegen Kier ausdiskutieren.


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