Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 95

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sechs Monaten. Wir halten es auch für den Bereich der gentechnologischen Verfahren für angemessen, daß man ehestmöglich entscheidet, aber auch eine Frist von sechs Monaten zuläßt, wenn es notwendig ist, die entsprechenden Unterlagen beizubringen und sich eine Meinung zu bilden.

Meine Damen und Herren! Der Antrag insgesamt – das sei noch einmal hier erwähnt – ist in all seinen Inhalten sehr, sehr stark angelehnt an jenen einstimmig hier im Hause beschlossenen Bericht der Gentechnikkommission. Das ist damals, nämlich im Jahre 1994, von allen Fraktionen außer Diskussion gestellt worden. Alle haben gesagt, daß es sich um Maßnahmen handelt, die umgesetzt werden sollten. Daß sie dann vom damaligen Minister Ausserwinkler nicht so ins Gesetz genommen worden sind und man gemeint hat, es sei sinnvoll, dies in zwei Gesetze zu splitten, sei dahingestellt. Das ist vergossene Milch.

Faktum ist aber, daß es hoch an der Zeit ist – ich glaube, das Gentechnik-Volksbegehren hat das auch bewiesen –, daß wir diese Materie wieder in Verhandlung nehmen. Die entsprechenden Anträge liegen seit über einem Jahr hier im Hause. Dieser Fristsetzungsantrag soll dazu dienen, daß diese Diskussion jetzt flott fortgeführt wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Pittermann vor. Ab jetzt gilt eine Redezeitbeschränkung von 5 Minuten pro Redner. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.08

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Gentechnik ruft – geschürt durch Medien, deren Argumentation sich viele anschließen – Ängste hervor. Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, Neues abzulehnen, wie jeder Chef, der Mitarbeiter zu Neuem motivieren möchte, weiß. Unsere Aufgabe ist eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Technologie und deren Einsatz.

Schon Sokrates zeigte Einsicht in unser Nichtwissen mit folgendem Zitat: Ich weiß, daß ich fast nichts weiß, und kaum das. Daher bewundere ich jene, die alles zu wissen vermeinen.

Der Gesundheitsausschuß beschäftigt sich am 29. April 1997 mit diesem Thema, ebenso derzeit die Bundesregierung. Gefahr im Verzug, nämlich daß sofortige Maßnahmen nötig sind, besteht nicht. Ich möchte auch derzeit nur auf einen Punkt des Antrages, der mich beruflich betrifft, eingehen. Der Träger des Krankenhauses, aber auch der durchführende Arzt haftet selbstverständlich bei jeder Therapie. Da Therapien fast immer einen Eingriff in die Integrität des Körpers darstellen, müssen vor jeder Therapie Wirkung, Risiko und Notwendigkeit gegeneinander abgewogen werden. Keine Therapie ist risikolos, und die Patienten müssen nach dem derzeitigen Wissensstand aufgeklärt werden.

Bei allen neuen Technologien und Erfindungen kann man Langzeitwirkungen erst nach Jahren abschätzen. All jene, die Technik, Medizin und Chemie so häufig verteufeln und in dem Rousseauschen Ruf "Zurück zur Natur!" enden, haben übersehen, daß diese es erst möglich gemacht haben, daß sich die Lebenserwartung in diesem Jahrhundert bei uns praktisch verdoppelt hat.

Auch wir Sozialdemokraten stehen der Gentechnik kritisch gegenüber. Wir wollen aber Wissenschaft weder verhindern noch in verbotene Heimlichkeit abdrängen. Wir wollen unsere Bevölkerung weder in Panik stürzen, noch wollen wir den Österreichern, die bekanntermaßen reiselustig sind, vorgaukeln, daß sie in dieser Welt gentechnikfrei leben können. Um uns verantwortungsvoll, ausreichend und zukunftsorientiert mit dieser Materie auseinandersetzen zu können, lehnen wir den Fristsetzungsantrag ab. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.11


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