Stenographisches Protokoll

80. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 8. Juli 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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80. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 8. Juli 1997

Dauer der Sitzung

Dienstag, 8. Juli 1997: 11.00 – 22.28 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für Finanzen zur wirtschaftlichen Lage

2. Punkt: Infrastrukturfinanzierungsgesetz 1997 sowie Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 227/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Auflösung der beiden noch bestehenden Straßenbausondergesellschaften

4. Punkt: Bericht über den Antrag 431/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 379/A (E) der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen betreffend Bericht über das Chaos um das Mautpickerl

6. Punkt: Bericht über den Antrag 333/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Zunahme des Transitverkehrs durch den Bau der Umfahrung Abfaltersbach als Teil der Alemagna

7. Punkt: Bericht über den Antrag 486/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Ewald Nowotny und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von Aktien der Bank Austria Aktiengesellschaft

8. Punkt: Bericht über den Antrag 487/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nullkuponfondsgesetz geändert wird

9. Punkt: Privatisierungsgesetz

10. Punkt: Bericht über den Antrag 204/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Novellierung des Bundesgesetzes vom 26. März 1947 (2. Verstaatlichungsgesetz), BGBl. Nr. 81/1947

11. Punkt: Bericht über den Antrag 293/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend die rasche Privatisierung von noch in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen


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12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Abschluß von Kooperationsvereinbarungen mit internationalen Finanzinstitutionen geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD)

14. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zum Verzicht auf Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber Entwicklungsländern

15. Punkt: Bericht über den Antrag 488/A der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen betreffend Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – BÜG 1997

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 20

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 41

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermuteter rechtswidriger Einflußnahme durch politische Funktionsträger in Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Ghaderi, Abdul-Rahman Ghassemlou und Fadel Rasoul am 13. 7. 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 164

Bekanntgabe 48

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 48

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 164

Rudolf Anschober 167

Ablehnung des Antrages 168

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 124

Unterbrechung der Sitzung 125

Antrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Mängel und Verzögerungen bei den gerichtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Bau der Karawanken Autobahn gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 168

Bekanntgabe 114


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Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 114

Redner:

Mag. Herbert Haupt 169

Anton Leikam 171

Georg Wurmitzer 173

Ing. Mathias Reichhold 174

Ablehnung des Antrages 175

Einwendungen des Abgeordneten Peter Rosenstingl gegen die Tagesordnung der Sitzung vom 9. Juli 1997 gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 175

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 176

Redner:

Peter Rosenstingl 177

Dr. Andreas Khol 177

Dr. Peter Kostelka 178

Mag. Johann Ewald Stadler 178

Einwendungen finden keine Mehrheit 180

Aktuelle Stunde (16.)

Thema: "Das Auftreten der österreichischen Bundesregierung im Ausland"

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 20

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 23

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 24

Dr. Harald Ofner 27

Peter Schieder 28

Dr. Andreas Khol 29

Mag. Dr. Heide Schmidt 30

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 32

Herbert Scheibner 33

Maria Rauch-Kallat 34

Dr. Martina Gredler 36

Mag. Doris Kammerlander 37

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Kritik an seiner Rede vor der Duma 27

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 20

Ausschüsse

Zuweisungen 39

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Neunter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses 41


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Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für Finanzen zur wirtschaftlichen Lage 41

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 41

Bundesminister Rudolf Edlinger 48

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 41

Redner:

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 55

Ing. Leopold Maderthaner 58

Mag. Helmut Peter 60

Dr. Ewald Nowotny 64

Dr. Alexander Van der Bellen 67

Georg Schwarzenberger 71

Mag. Gilbert Trattner 72

Dr. Kurt Heindl 74

Dr. Martina Gredler 77

Ingrid Tichy-Schreder 79

Helmut Haigermoser 80

Rudolf Nürnberger 82

Maria Schaffenrath 84

Dr. Michael Spindelegger 86

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 87

Kurt Eder 89

Reinhart Gaugg 91

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 93

Dr. Helene Partik-Pablé 94

Marianne Hagenhofer 95

Mares Rossmann 96

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 97

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend die Verhinderung weiterer Kürzungen im Bereich der Bausparprämien – Ablehnung 73, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und beschäftigungspolitische Initiativen – Annahme (E 66) 76, 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich insbesondere in Hinblick auf eine Eindämmung des Kaufkraftabflusses in das benachbarte Ausland – Ablehnung 89, 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft – Ablehnung 97, 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Kurt
Heindl
und Genossen betreffend Statistik-Entlastungsoffensive – Annahme (E 67) 98, 99

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (698 d. B.): Infrastrukturfinanzierungsgesetz 1997 sowie


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über die Regierungsvorlage (765 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (828 d. B.) 99

3. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 227/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Auflösung der beiden noch bestehenden Straßenbausondergesellschaften (829 d. B.) 99

4. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 431/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (830 d. B.) 99

5. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 379/A (E) der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen betreffend Bericht über das Chaos um das Mautpickerl (831 d. B.) 99

6. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 333/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Zunahme des Transitverkehrs durch den Bau der Umfahrung Abfaltersbach als Teil der Alemagna (832 d. B.) 100

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 100

Dr. Walter Schwimmer 102, 124

Mag. Helmut Peter 104

Kurt Eder 106, 122

Rudolf Anschober 108

Matthias Ellmauer 112

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 113

Peter Marizzi 114

Edith Haller 116 ,123

Karl Freund 118

Ing. Erwin Kaipel 119

Katharina Horngacher 120

Wolfgang Großruck 121

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 123

Annahme des Gesetzentwurfes in 828 d. B. (namentliche Abstimmung) 124

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 829, 830, 831 und 832 d. B. 127

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 830 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Regelung der Mautpflicht für Autobahngrenzübergänge (E 68) 127

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Entgang von Mauteinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe; Absenkung des COP-Grenzwertes für ermäßigte LKW-Mauttarife – Ablehnung 111, 127

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 486/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Ewald Nowotny und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von Aktien der Bank Austria Aktiengesellschaft (814 d. B.) 127

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 487/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen


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betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nullkuponfondsgesetz geändert wird (815 d. B.) 127

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (736 d. B.): Privatisierungsgesetz (818 d. B.) 127

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 204/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Novellierung des Bundesgesetzes vom 26. März 1947 (2. Verstaatlichungsgesetz), BGBl. Nr. 81/1947 (816 d. B.) 128

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 293/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend die rasche Privatisierung von noch in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen (817 d. B. ) 128

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 128

Dr. Ewald Nowotny 129

Mag. Helmut Peter 130

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 132

Dr. Alexander Van der Bellen 134

Mag. Herbert Kaufmann 136

Hermann Böhacker 138

Mag. Dr. Josef Höchtl 139

Dr. Martina Gredler 140

Manfred Lackner 14


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1

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 142

Jakob Auer 144

Annahme der Gesetzentwürfe in 814, 815 und 818 d. B. 145

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 816 und 817 d. B. 145

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (740 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Abschluß von Kooperationsvereinbarungen mit internationalen Finanzinstitutionen geändert wird (819 d. B.) 145

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (744 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (820 d. B.) 145

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (745 d. B.): Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zum Verzicht auf Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber Entwicklungsländern (821 d. B.) 145

Redner:

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 146

Dr. Alfred Gusenbauer 147

Mag. Cordula Frieser 149

Hans Helmut Moser 149

Mag. Doris Kammerlander 151

Annahme der Gesetzentwürfe in 819, 820 und 821 d. B. 152

15. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 488/A der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen betreffend Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – BÜG 1997 (782 d. B.) 153

Redner:

Hermann Mentil 153

Ing. Kurt Gartlehner 154

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 155

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 156

Dr. Martina Gredler 156

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 158

DDr. Erwin Niederwieser 159

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 160

Karl Gerfried Müller 162

Mag. Franz Steindl 162

Mag. Dr. Udo Grollitsch 163

Annahme des Gesetzentwurfes in 782 d. B. 163

Eingebracht wurden

Petition 39

Petition betreffend "Kennzeichnungspflicht genmanipulierten Saatguts" (Ordnungsnummer 28) (überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic )

Bürgerinitiative 39

Bürgerinitiative betreffend Wiederholung der EU-Volksabstimmung (Ordnungsnummer 12)

Regierungsvorlagen 39

650: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen über soziale Sicherheit

690: Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern

710: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission samt Anhängen und Briefwechsel

711: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute samt Anhang

742: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich samt Anlagen

767: Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Übereinkommen) samt Anhang und Erklärungen; Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung und Erklärung der Republik Österreich


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768: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über soziale Sicherheit

799: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte

800: Protokoll zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits und der Schlußakte

801: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits und der Schlußakte

Berichte 39

III-88: Zwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 1996)

III-90: Bericht betreffend das auf der 82. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken und die Empfehlung (Nr. 183) betreffend denselben Gegenstand; Bundesregierung

Zu III-76: Berichtigung zum Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung

Zu III-82: Druckfehlerberichtigung zum Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1995)

Anträge der Abgeordneten

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz geändert werden (506/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert werden (507/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Novellierung des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße (508/A) (E)


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80. Sitzung / Seite 9

Ridi Steibl und Genossen betreffend "Unternehmen Haushalt – neue Arbeitsplätze schaffen" (509/A) (E)

Rosemarie Bauer und Genossen betreffend Verbesserung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten (510/A) (E)

Edeltraud Gatterer und Genossen betreffend die Neubewertung der Arbeit (511/A) (E)

Rosemarie Bauer und Genossen betreffend die flexiblere Gestaltung der Karenzzeit (512/A) (E)

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Abschätzung des Nutzens und der Kosten von Gesetzesvorhaben für die Bereiche außerhalb der staatlichen Verwaltung (Gesetzesfolgenabschätzungs-Gesetz 1997) (513/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EGVG und die Gewerbeordnung geändert werden (229/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wertstellung (2602/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation am Grenzüberwachungsposten Klöch (2603/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausbildung ausländischer Eliteeinheiten im Gendarmerieeinsatzkommando (GEK) Wr. Neustadt (2604/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unterbringung ausländischer Gäste im Gendarmerieeinsatzkommando (GEK) Wr. Neustadt (2605/J)


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80. Sitzung / Seite 10

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend AMS – Fördermittel (2606/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Personalentwicklung im Justizbereich (2607/J)

Johannes Zweytick und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Rundholztransporte (2608/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Neugestaltung des Technischen Museums (2609/J)

Dr. Walter Schwimmer und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Stärkung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (2610/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Prüfung der Karawanken Autobahn (2611/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend NS-Euthanasie und Involvierung von Dr. Heinrich Gross (2612/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Stellenausschreibung durch das Arbeitsmarktservice (AMS) (2613/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Prozeßkostensicherheit (2614/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Strukturbereinigung bei Grenzkontrolle und Zollangelegenheiten (2615/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Strukturbereinigung bei Grenzkontrolle und Zollangelegenheiten (2616/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Berichte nach den UN-Konventionen (2617/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Veranstaltung von Hundekämpfen (2618/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Objektivität der Kontrolle im biologischen Landbau (2619/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Objektivität der Kontrolle im biologischen Landbau (2620/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Hundeimporte aus dem Osten (2621/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Hundeimporte aus dem Osten (2622/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend geplanten Truppenübungsplatz Schacherwald/Kremsmünster (2623/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die laut Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner "exzellente Organisation" IAEO (2624/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die fristlose Entlassung des Direktors des Technischen Museums (2625/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Versetzung von Grenzgendarmen (2626/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Konkurs Phönix & Tabor Reisen GmbH und Versäumnisse der Gewerbebehörde (2628/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Errichtung einer Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Hermagor (2629/J)


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80. Sitzung / Seite 11

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zusammenhang zwischen chronischen Atemwegserkrankungen und Kleinstpartikeln durch Autoverkehr (2630/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Situation behinderter AusländerInnen in Österreich (2631/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Mißbrauchsdebatte beim Pflegegeld (2632/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Reform der Ausbildung des nichtärztlichen Sanitätspersonals im Rettungsdienst (2633/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verbot des Klonens von Menschen (2634/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verbot des Klonens von Menschen (2635/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Schweinepest in den Niederlanden (2636/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Großgeräteplan (2637/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Schutz der KonsumentInnen vor britischem Rindfleisch (2638/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Reparatur des Tiertransportgesetzes-Straße (TGSt) (2639/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Abschaffung der EU-Subventionen für Lebendtierexporte (2640/J)


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80. Sitzung / Seite 12

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend geplante Entnahmen aus der AUVA für Zwecke der Pensionssicherung (2641/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einkommen neben dem Bezug von Arbeitslosengeld (2642/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Regelung für arbeitslose Personen, welche sich selbständig machen wollen (2643/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Geltungsbereich des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 (2644/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend § 86 ASVG (2645/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Arbeitsstätten des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (2646/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Krankenversicherung (2647/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ausdehnung des Durchrechnungszeitraumes für Arbeitslosengeldanspruch (2648/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verständigungen gemäß § 26 Abs. 3 Arbeitsmarktservicegesetz (2649/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einsparungen im Bereich des Arbeitsmarktservice (2650/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ablösen in Aichdorf (2651/J)


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80. Sitzung / Seite 13

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gashochdruckleitung Bad Leonfelden – Linz (2652/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend unzumutbare Lärmbelästigung durch Heeresjets im Stodertal (2653/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Sicherheit auf Nebenbahnen (2654/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Umweltprobleme im Großraum Enns (2655/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzstrafverfahren im Speditions- und Zollbereich (2656/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Finanzstrafverfahren im Speditions- und Zollbereich (2657/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Berggesetz – willkürlicher Schotterabbau in Oberösterreich (2658/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend PensionistInnenabsetzbetrag (2659/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Skandal um den Bau der Kärntner Karawanken Autobahn (2660/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Bundesländer-Versicherung (2661/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bundesländer-Versicherung (2662/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Flugverkehr in Österreich (2663/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Wassersituation in Oberösterreich (2664/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Wassersituation in Oberösterreich (2665/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Waldzustand in Oberösterreich (2666/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Abfallwirtschaft in Oberösterreich (2667/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Neubau der B 100/E 66 im Bereich Kleblach/Oberes Drautal (2668/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend untragbare Zustände am Terminal Wels (2669/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Geheimhaltung von Studien über die wirtschaftliche und verkehrspolitische Sinnhaftigkeit des Brenner- sowie des Semmeringbasistunnels (2670/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend iranischer Terror in Europa (2671/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Entschädigung für Bergschäden (nach dem Verkauf der Salinen AG) (2672/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kampf der Kulturen im Bundesheer (2673/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Schlamperei im Patentamt (2674/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Überwachung des "TATblatts" (2675/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Überwachung des "TATblatts" (2676/J)

Dr. Erwin Rasinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verhalten der Delegation Österreichs bei der Vorbereitung der Tagung des Rates zur Mitteilung der Kommission über die derzeitige und die vorgeschlagene Rolle der Gemeinschaft bei der Bekämpfung des Tabakkonsums (2677/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Mobilnetz-Grundgebühren für Rettungsorganisationen (2678/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Tabakkonsum (2679/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ausstehende Personalvertretungswahlen im Bereich der Zollwache (2680/J)


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80. Sitzung / Seite 14

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bezahlung von Sozialhilfe an einen kriminellen Ausländer trotz Aufenthaltsverbot (2681/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Konzept über die Schließung des Wachzimmers Taxham in Salzburg (2682/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verringerung der Gefängnisplätze im Salzburger Polizeigefangenenhaus (2683/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend olympisches Dorf in der Schwarzenbergkaserne – Salzburg (2684/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 2. April 1997, GZ 114/7-DOK/96 (2685/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Wohnungskosten des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Vranitzky (2686/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend ungerechtfertigte Befreiung eines Kammerangestellten vom Wehrdienst (2687/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend zukünftige Förder- und Umweltschutzpolitik in der Siedlungswasserwirtschaft – insbesondere im ländlichen Raum (2688/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umweltkonferenz Rio + 5 (2689/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Einsparungsmaßnahmen in der Straßenerhaltung und im Straßenbau (2690/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umstrukturierungen und Personalabbau bei der Post sowie Sozialplan für die betroffenen Bediensteten (2691/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2271/AB zu 2298/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2272/AB zu 2310/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Leiner und Genossen (2273/AB zu 2306/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2274/AB zu 2309/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (2275/AB zu 2313/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2276/AB zu 2296/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2277/AB zu 2295/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (2278/AB zu 2273/J)


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80. Sitzung / Seite 15

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (2279/AB zu 2300/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (2280/AB zu 2320/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2281/AB zu 2344/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (2282/AB zu 2350/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (2283/AB zu 2367/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (2284/AB zu 2276/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2285/AB zu 2326/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (2286/AB zu 2307/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (2287/AB zu 2318/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2288/AB zu 2305/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2289/AB zu 2293/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2290/AB zu 2301/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2291/AB zu 2283/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2292/AB zu 2292/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (2293/AB zu 2315/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen (2294/AB zu 2336/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2295/AB zu 2369/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (2296/AB zu 2401/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (2297/AB zu 2439/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2298/AB zu 2308/J)


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80. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (2299/AB zu 2319/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2300/AB zu 2281/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2301/AB zu 2327/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (2302/AB zu 2428/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2303/AB zu 2329/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2304/AB zu 2398/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2305/AB zu 2414/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (2306/AB zu 2325/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (2307/AB zu 2550/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2308/AB zu 2354/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (2309/AB zu 2364/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen (2310/AB zu 2365/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2311/AB zu 2372/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2312/AB zu 2373/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2313/AB zu 2382/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2314/AB zu 2388/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2315/AB zu 2389/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2316/AB zu 2452/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2317/AB zu 2536/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2318/AB zu 2356/J)


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80. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Marizzi und Genossen (2319/AB zu 2374/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2320/AB zu 2337/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2321/AB zu 2378/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2322/AB zu 2358/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (2323/AB zu 2332/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2324/AB zu 2413/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (2325/AB zu 2331/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2326/AB zu 2342/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (2327/AB zu 2333/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2328/AB zu 2346/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (2329/AB zu 2328/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2330/AB zu 2386/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2331/AB zu 2443/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2332/AB zu 2340/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2333/AB zu 2534/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2334/AB zu 2360/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2335/AB zu 2345/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2336/AB zu 2339/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2337/AB zu 2371/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2338/AB zu 2562/J)


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80. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler und Genossen (2339/AB zu 2402/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2340/AB zu 2408/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2341/AB zu 2456/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (2342/AB zu 2349/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (2343/AB zu 2441/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2344/AB zu 2343/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (2345/AB zu 2429/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2346/AB zu 2418/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2347/AB zu 2385/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (2348/AB zu 2351/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (2349/AB zu 2391/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2350/AB zu 2472/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2351/AB zu 2361/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2352/AB zu 2377/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2353/AB zu 2380/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2354/AB zu 2348/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2355/AB zu 2421/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2356/AB zu 2474/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2357/AB zu 2370/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2358/AB zu 2359/J)


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80. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (2359/AB zu 2376/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2360/AB zu 2366/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2361/AB zu 2355/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2362/AB zu 2393/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2363/AB zu 2379/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen (2364/AB zu 2512/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2365/AB zu 2357/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2366/AB zu 2362/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Marizzi und Genossen (2367/AB zu 2375/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.  Reinhard Firlinger und Genossen (2368/AB zu 2486/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2369/AB zu 2392/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (12/ABPR zu 11/JPR)


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80. Sitzung / Seite 20

Beginn der Sitzung: 11 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 80. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 77. Sitzung vom 11. und 12. Juni 1997 sowie der 78. und der 79. Sitzung, ebenfalls vom 12. Juni 1997, sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten damit als genehmigt.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Haider, Dr. Preisinger, Öllinger, Dr. Haselsteiner und Dr. Kier.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließungen des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Herr Bundeskanzler Mag. Klima wird im Falle der gleichzeitigen Verhinderung des Herrn Vizekanzlers Dr. Wolfgang Schüssel für einen Teil der heutigen Sitzung durch Herrn Bundesminister Mag. Karl Schlögl, der Herr Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Dr. Wolfgang Schüssel durch Frau Staatssekretärin Benita Maria Ferrero-Waldner und der Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem durch Herrn Bundesminister Rudolf Edlinger vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als ersten Punkt verhandeln wir die Aktuelle Stunde. Dafür wurde folgendes Thema vorgeschlagen:

"Das Auftreten der österreichischen Bundesregierung im Ausland"

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Er hat das Wort. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten.

11.02

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zunächst einmal feststellen, daß ich mich freue, daß in einer Solidaritätsaktion der Österreichischen Volkspartei praktisch die gesamte Regierungsmannschaft der ÖVP, wenn schon nicht alle ihre Abgeordneten, hier anwesend ist, um sich hinter ihren Parteiobmann zu stellen, was immer das in der Österreichischen Volkspartei auch heißen mag. Das kann bei dieser Partei auch eine gefährliche Drohung sein, meine Damen und Herren, Hohes Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftiger Widerspruch bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die ÖVP hat heute wahrlich Grund genug ... (Unruhe bei der ÖVP.) Was regen Sie sich so auf? Im Gegensatz zu Ihrem Parteiobmann kann unser Parteiobmann noch ins Ausland reisen, wo er auch noch höflich behandelt wird, meine Damen und Herren. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Im Gegensatz zu Ihrem Parteiobmann können wir unseren Parteichef noch ins Ausland reisen


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80. Sitzung / Seite 21

lassen, ohne uns dafür genieren zu müssen, daß er dort Österreich lächerlich macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Erscheinungsbild der österreichischen Bundesregierung im Ausland stellt schon seit längerer Zeit ein Problem dar. Da gab es zum Beispiel die eigenartige Ankündigung des Vizekanzlers und Außenministers, er wolle Schengen mit dem Amsterdamer Vertrag junktimieren. Er hat laut einhelligen Agenturmeldungen – er hat dann später behauptet, er hätte das nie so von sich gegeben – gesagt, daß er die Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages mit der Inkraftsetzung des Vollbeitritts Österreichs zum Schengener Abkommen verknüpft. Im Außenpolitischen Ausschuß hat er aber dann das genaue Gegenteil davon gesagt und auch noch die Behauptung aufgestellt, er hätte dies alles mit dem Innenminister abgestimmt.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Innenminister – er ist noch nicht da – hat aber über die Agentur verkünden lassen, daß überhaupt nichts abgestimmt sei und daß eine Junktimierung dieser Frage mit der Bundesregierung überhaupt nicht abgesprochen sei und für ihn auch nicht in Frage komme.

Meine Damen und Herren! Den Rügen, die wir uns aus Deutschland eingehandelt haben, was die Reife Österreichs betreffend Schengen anlangt, ist nicht dieser unser Außenminister entgegengetreten, denn der ist derzeit damit beschäftigt, seine Frühstücksgespräche zu verteidigen, nein, Österreich war darauf angewiesen, vom Premierminister Luxemburgs, Herrn Juncker, verteidigt zu werden, weil der österreichische Außenminister durch seine eigene Wortwahl paralysiert und in seiner Handlungsfähigkeit auf die Nullstufe reduziert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ein ähnliches Tohuwabohu gibt es in der NATO-Frage. Es reiste der Herr Außenminister, angeblich akkordiert mit der gesamten österreichischen Bundesregierung, ins NATO-Hauptquartier nach Brüssel und erklärte dort, daß er darauf warte, daß Österreich zur NATO-Mitgliedschaft eingeladen werde, daß entsprechende Signale kommen. Der amerikanische Präsident hat mittlerweile die Signale, die der Herr Außenminister in Brüssel verlangt hat, geliefert.

In Österreich hieß es gleich darauf, daß das mit dem Regierungspartner überhaupt nicht abgesprochen worden sei, sondern eine Solonummer des Herr Vizekanzlers gewesen sei. Diese seine Solonummer hat zur nächsten Peinlichkeit geführt, nämlich dazu, daß Österreich in seiner Außen- und Sicherheitspolitik völlig uneinschätzbar, unkalkulierbar geworden ist.

Das I-Tüpferl hat dann noch der Herr Nationalratspräsident Fischer geliefert, als er in Rußland vor der Staatsduma erklärt hat, für Österreich sei die NATO-Mitgliedschaft ohnehin kein Thema, die österreichische Bundesregierung sehe keinen Grund, einen NATO-Beitritt ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

Der Herr Außenminister und Vizekanzler fährt nach Brüssel und sagt: Wir wollen der NATO beitreten, ladet uns endlich dazu ein! Der Herr Präsident des Nationalrates sagt in Moskau aber genau das Gegenteil davon.

Dies und das, für jeden etwas, je nachdem, von welcher Couleur die jeweiligen Ankündigungen kommen, meine Damen und Herren. Damit ist die österreichische Außenpolitik uneinschätzbar geworden, zumal der Herr Bundeskanzler zuschaut, wie ein Repräsentant dieses Staates, der überhaupt keine außenpolitischen Kompetenzen hat, plötzlich genötigt ist, den Herrn Vizekanzler im Regen stehenzulassen und dessen Aussagen zu korrigieren.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dies alles wäre bereits Grund genug, an der Schlüssigkeit der österreichischen Außenpolitik ernsthafte Zweifel zu hegen, aber der Herr Vizekanzler und Außenminister hat es fertiggebracht, dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen.

Ich habe heute in der Früh dem Herrn Präsidenten versprochen, daß ich die Verbalinjurien, die der Herr Vizekanzler im Ausland zum besten gibt, vor Zeugen nicht wiederholen werde. Ich bin


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80. Sitzung / Seite 22

auch gar nicht darauf angewiesen. Es geht auch gar nicht um diese Verbalinjurien. Der Herr Vizekanzler hat es nämlich fertiggebracht, aus der Problematik, daß er Repräsentanten befreundeter Staaten mit unglaublich untergriffigen Bemerkungen, mit Verbalinjurien aus dem Bereich der Zoologie versieht, mit Stalltieren vergleicht, ein Drama zu machen, indem er dann überführt wurde, die Unwahrheit gesagt zu haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Kollegen von der Österreichischen Volkspartei! Ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen sagen mittlerweile, daß der Herr Vizekanzler überführt sei, der gesamten österreichischen Öffentlichkeit gegenüber die Unwahrheit gesagt zu haben (Beifall bei den Freiheitlichen), was seine Qualifikation als Außenminister massiv beeinträchtigt (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz ) , denn einen Staatschef mit einer rassistischen Bemerkung zu versehen, den Herrn Bundesbankpräsidenten mit einem Vergleich aus der Zoologie zu versehen und schwedische Regierungsmitglieder gar an ihren geistigen Fähigkeiten ... (Abg. Mag. Posch: Beim Rassismus muß man eine Analyse ...!)

Herr Kollege Posch! Wenn Sie Grund haben, den Herrn Vizekanzler zu verteidigen, dann stehen Sie auf. Es gab einige Kärntner, die den Rücktritt dieses Vizekanzlers verlangt haben. (Abg. Mag. Posch: Wir reden vom Rassismus!) Stehen Sie auf, haben Sie den Mut dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihre Kolleginnen und Kollegen aus Kärnten sind nämlich sofort vom Bundeskanzler und Parteichef der SPÖ zurückgepfiffen worden. Sie wurden sofort vergattert, es unterbleiben zu lassen, den Rücktritt dieses Außenministers zu fordern, der in der Tat für die nächstjährige EU-Präsidentschaft dieses Landes ein massives Problem darstellen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftiger Widerspruch bei der ÖVP.) Sie müssen heute hier einen Maulkorb gewärtigen, den Ihnen Ihr eigener Parteichef verpaßt hat.

Interessant war dann die Verteidigungslinie des Außenministers. Zunächst einmal hat er gar nichts gesagt, er hat dem Österreichischen Rundfunk den Hörer aufgeknallt, so quasi nach dem Motto: Was geht das die Öffentlichkeit an, was ich beim Frühstück in Brüssel zu irgendwelchen Journalisten sage! Welches Recht hat der Journalist, um Aufklärung darüber zu ersuchen! Dann hat der Außenminister eine Kehrtwendung gemacht und die Behauptung aufgestellt – das auch noch im Ausschuß; Herr Vizekanzler, Sie erinnern sich! –, es gehöre nicht zu seinem Wortschatz, was ihm da an Verbalinjurien unterstellt werde.

Herr Außenminister! Herr Bundeskanzler! Ich habe keine halbe Stunde gebraucht, um noch während der Ausschußsitzung dem Herrn Außenminister nachzuweisen, daß er sich selbst so bezeichnet hat, wie er schwedische Regierungsmitglieder bezeichnet hat, und zwar in einem Interview, das er in Graz gegeben hat und das die "Kleine Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 13. Juni 1997 abgedruckt hat.

Er hat daraufhin im Ausschuß Solidarität von seiten des Parlaments und der Fraktionen eingemahnt. Meine Damen und Herren, das war rührend. Auch ich war beinahe gerührt. Als ich die APA-Meldungen bekommen habe, daß ein ÖVP-Grande nach dem anderen den Herrn Außenminister im Regen hat stehenlassen, da hätte ich beinahe Solidaritätsgefühle für ihn empfunden.

Aber, Herr Außenminister, Sie haben uns zu oft die Unwahrheit gesagt, und deswegen werden wir am Freitag gegen Sie einen Mißtrauensantrag einbringen. Das, was Sie jetzt geliefert haben, ist nur der berühmte Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. Sie haben dieses Faß schon längst gefüllt. Sie haben dieses Faß gefüllt beispielsweise im EU-Wahlkampf, als Sie sich an einer massiven Kampagne gegen die Wahrheit, gegen das berechtigte Interesse der österreichischen Bevölkerung an wahrheitsgemäßer Aufklärung beteiligt haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) Sie haben sich daran beteiligt, das Ganze noch mit einer Gipfelunwahrheit zu versehen, als Sie behauptet haben, mit Japan sei alles unter Dach und Fach, Semperit könne auch nach dem EU-Beitritt nach Japan liefern. Das war – nachweislich – die Unwahrheit, wie sich später herausgestellt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Außenminister! Sie haben das Faß weiter gefüllt, als Sie dem Parlament – schriftlich nachweisbar und belegbar durch zwei Schriftstücke – die Unwahrheit im Zusammenhang mit dem


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Bau der A 4, Ost Autobahn, und der Existenz einer Ihrer Weisungen in diesem Zusammenhang gesagt haben.

Sie, Herr Außenminister, haben dem Parlament nachweislich die Unwahrheit gesagt, als es um den Verkauf des Österreichischen Verkehrsbüros ging.

Herr Vizekanzler! Sie verdienen keine Solidarität mehr. (Abg. Dr. Maitz: O ja! Eindeutig!) Sie haben das Faß jetzt durch Ihre Äußerungen und durch das Abstreiten dieser Äußerungen und durch die Tatsache, daß Sie uns international lächerlich gemacht haben, mehr als zum Überlaufen gebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Auf den peinlichen Kanossagang des Außenministers und Vizekanzlers dieser Republik zum Herrn Bundesbankpräsidenten Tietmeyer will ich gar nicht eingehen. (Abg. Dr. Maitz: Die Haßorgien des Herrn Stadler sind das!) Ich will Ihnen lediglich zur Kenntnis bringen, was sich der Österreicher fragt. Ich bekomme zahllose E-Mails, in welchen sich der Österreicher fragt, wer denn das eigentlich bezahlt hat.

Der Außenminister weiß sich nicht zu benehmen, dann fliegt er nach Deutschland, und zwar nach Frankfurt, und der österreichische Steuerzahler muß das alles auch noch bezahlen, meine Damen und Herren.

Herr Außenminister! Die Österreicher haben für Ihre Verbalinjurien, für Ihre Entgleisungen nicht mehr das geringste Verständnis. Es ist auch kein Verständnis mehr dafür zu ernten, daß Sie jetzt auch noch den EU-Botschafter dieser Republik in Brüssel in Ihre Kampagne mit einbeziehen, der damit in Verlegenheit gebracht wird.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schlußsatz, Herr Präsident. (Abg. Dr. Maitz: Ende der Haßorgie!) Innerhalb der Koalition steht es jetzt eins zu eins – eins zu eins dafür, daß die Österreichische Volkspartei ursprünglich die SPÖ beim Bank-Austria-Vorkaufsrecht zugunsten der WestLB der Lüge geziehen hat. Jetzt ist eben das Match ausgeglichen, weil umgekehrt jeder in Österreich derzeit die gleiche Behauptung in bezug auf den Vizekanzler völlig ungestraft aufstellen darf. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Maitz: Ende der Haßorgie! )

11.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema "Das Auftreten der österreichischen Bundesregierung im Ausland" haben sich der Herr Bundeskanzler und der Herr Außenminister gemeldet.

Ich erteile als erstem dem Herrn Bundeskanzler das Wort. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

11.13

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte eingangs um Entschuldigung, daß ich mich in etwa 20 Minuten verabschieden werde, weil mich die katastrophale Situation aufgrund des Hochwassers dazu veranlaßt hat, den Krisenstab einzuberufen, damit die österreichische Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern und mit den Bezirkshauptmannschaften das Hochwasser, das ja schon Menschenleben gefordert hat, möglichst aktiv bekämpfen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich danke an dieser Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Tausenden Freiwilligen, den Feuerwehrleuten, dem Roten Kreuz, den Vertretern der Gendarmerie und des Bundesheeres, die schon seit zig Stunden im Einsatz sind – auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens –, um Menschen zu helfen, zu evakuieren und, wo es möglich ist, Leben zu sichern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und des Liberalen Forums.)

Herr Präsident! Ich habe seit meiner Amtsübernahme als Bundeskanzler die gute Tradition Österreichs im Bereich der Außenpolitik fortgesetzt und die außenpolitische Integration Österreichs im Zusammenhang mit der Sicherheitspolitik auf eine möglichst breite Basis gestellt. Aus diesem Grund habe ich während der kurzen Zeit seit meiner Amtsübernahme als Bundeskanzler


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bereits dem Rat für Integrationsfragen, dem Außenpolitischen Rat und auch mehrmals in Hauptausschüssen des Nationalrates über Integrationsfragen berichten können. In all diesen Gesprächen hat sich klar gezeigt, daß sich die österreichische Außenpolitik zu einer aktiven Außenpolitik, sowohl auf bilateraler Ebene als auch auf multilateraler Ebene als auch auf Ebene der Europäischen Union, bekennt.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir – der Herr Vizekanzler wird nach mir noch im Detail die Aktivitäten seines Ressorts und der Bundesregierung näher erläutern –, hier darzulegen, was ich bereits in den wenigen Monaten seit meiner Amtsübernahme an notwendigen außenpolitischen Kontakten gepflegt habe. Dann werden Sie sehen, wie aktiv Österreich in der Außenpolitik ist.

Wir hatten Arbeitsbesuche zum Beispiel mit den Niederlanden, der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Ungarn, Schweden, Polen, Griechenland, Tschechien, Italien und so weiter, und zwar immer auf der Ebene der Regierungschefs, es war auch der UNO-Generalsekretär in Österreich zu Besuch. Die Besuche zeitigten jeweils sehr konkrete positive Ergebnisse für Österreich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die letzten Tage des EU-Gipfels Revue passieren lasse, dann kann ich auch feststellen, daß sich die wochen- und monatelange Arbeit der österreichischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Brüssel, im Außenamt, im Bundeskanzleramt und in den Ministerien gelohnt hat.

Ich habe nicht vor, hier einen neuen Vertrag Europas euphorisch zu bejubeln, darf aber sagen, daß es viel ist, was sich Österreich vorgenommen hat und was zum Schutz der Interessen Österreichs und zum Schutz der Bürger Österreichs durch die effiziente Außenpolitik der österreichischen Bundesregierung gelungen ist. Auch das muß einmal klar und deutlich gesagt werden dürfen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Weil Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter Mag. Stadler, das Thema NATO erwähnt haben: Der Vizekanzler und ich fliegen heute noch gemeinsam nach Madrid, und zwar nicht zum NATO-Gipfel, sondern zum ersten Treffen der neuen Partnerschaft zwischen den NATO-Ländern und den Mitgliedsländern der "Partnerschaft für den Frieden". Das "European Atlantic Partnership Council" ist eine hervorragende Organisation, die in der Lage sein wird, die Zusammenarbeit zur Friedenssicherung und Friedenserhaltung in Europa weiter zu verbessern. Ich bin stolz darauf, daß die österreichische Bundesregierung im Mai dieses Jahres den Beschluß gefaßt hat, Mitglied des "European Atlantic Partnership Council" zur Friedenssicherung und Friedenserhaltung in Europa zu werden. Ich bin überzeugt davon, daß Österreich so wie in der Vergangenheit durch eine gelebte Solidarität an friedenssichernden Maßnahmen in Europa sehr aktiv mitwirken wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich abschließend sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß ich keine Anzeichen sehe, daß die Handlungsfähigkeit Österreichs realpolitisch beschränkt ist. (Abg. Mag. Stadler: Ich rede vom Außenminister!) Glauben Sie mir, daß ich alles unternehmen werde, um Österreich weiterhin gemeinsam mit meinen Regierungskollegen im Ausland gut zu vertreten, Österreich internationales Gehör zu verschaffen und mich für unser Land kraftvoll und engagiert im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher einzusetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundeskanzler.

Ich darf nunmehr dem Herrn Vizekanzler und Außenminister das Wort erteilen. – Bitte sehr.

11.18

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zuerst zum Anlaß einige Worte. Der Anlaß – und das habe ich am Anfang falsch eingeschätzt – hat mit dem Ausland nichts zu tun. Die ganze Geschichte ist von Österreichern erdacht, ans Ausland weitergespielt, lanciert, transportiert worden


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(Abg. Mag. Stadler: Aus der ÖVP! Von Ihren Parteifreunden, aus der ÖVP stammt das! Fragen Sie in Oberösterreich nach!) und dann, als endlich ein deutsches Magazin die Geschichte geschrieben hat, in österreichischen Zeitungen wiedergegeben worden, mit der Begründung, man hätte es ja selber nicht geschrieben, aber weil es das Ausland getan hat, gebiete es die journalistische Pflicht und Ethik, die Sache jetzt auch zu schreiben. (Abg. Mag. Stadler: Die Journalisten sind schuld!) Das heißt, der Ursprung liegt hier, und man muß sich diesem Ursprung und diesem Fall auch in Österreich stellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Haben Sie es jetzt gesagt oder nicht?)

Es scheint eine prinzipielle Eigenschaft von manchen zu sein, Österreich im Ausland schlechtzumachen und dann darüber zu klagen, daß ein drohender oder ein schon eingetretener Imageschaden da ist. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, persönlich aus tiefer Überzeugung: Das Gegenteil ist wahr! Österreich – auch seine Politiker – ist im Ausland ein international geschätzter, gesuchter, wegen seiner Problemlösungsfähigkeit manchmal sogar beneideter Gesprächspartner geworden und geblieben! (Beifall bei der ÖVP. )

Warum also dann diese Situation? – Ich glaube, der Grund dafür liegt tiefer, er geht tief hinein in das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten. Medien haben Macht, Politiker auch, und zwar befristet, kontrolliert. Medien haben Freiheit, sogar eine verfassungsrechtlich geschützte Freiheit, und das ist gut so. Dem steht aber die notwendige Sensibilität im Umgang damit gegenüber.

Ich habe tiefen Respekt vor vielen Journalisten und Medien, die auch in den letzten Tagen und in der letzten Woche fair, anständig, kritisch und objektiv berichtet haben. Aber es gab andere – und leider waren das nicht wenige –, die Grenzen überschritten haben. Was mich betroffen gemacht hat, und ich spreche das hier offen aus, ist auch das Ausmaß an Aggression im Umgang zwischen Politikern und Journalisten. (Abg. Mag. Stadler: In Ihrer eigenen Partei! Darüber sollte Ihr Parteivorstand nachdenken!) Ich versuche, nachdenklich zu sein und das auch wirklich selbst zu üben.

Ich schließe dabei die Politiker – auch mich – nicht aus, denn ich glaube, wir alle sollten darüber nachdenken, ob wir nicht in manchen Bereichen eine neue Balance zueinander finden müssen. Es gibt ja auch Nachdenkliche hier unter uns und auch bei den Medien. Aber was in den letzten Tagen geschehen ist, hat Dämme bersten lassen.

Mir etwa zu unterstellen, ich hätte einen afrikanischen Außenminister – gemeint war der Außenminister von Uganda – mit rassistischen Bezeichnungen belegt, ist objektiv Unsinn! Ich bin Christdemokrat und zeit meines politischen Lebens für die Integration und gegen den Rassismus eingetreten! Ich lasse mir von nichts und niemandem derartiges unterstellen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da kann nicht einmal die SPÖ applaudieren!)

In einem Medium wird etwa behauptet, ich hätte den ugandischen Außenminister beleidigend bezeichnet. – Ich habe meine Termine überprüft; diese kann ich ja im Gegensatz zu anderen Dingen nachweisen: Ich habe nie einen ugandischen Politiker getroffen oder gesehen, und ich war nie in Uganda.

Es wurde mir auch unterstellt, ich hätte eine französische EU-Kommissärin beschimpft. – Ich kenne diese Dame nicht, habe nie mit ihr ein Gespräch geführt, habe nie mit ihr fachlichen Kontakt gehabt. (Abg. Schieder: Das ist aber schlecht!) Es ist eigentlich auch ein wenig seltsam, daß die einfachsten Dinge, die es im Journalismus früher einmal gegeben hat, nämlich: vorher zu recherchieren und den Betroffenen auch die Chance zu einer Gegendarstellung zu geben, nicht mehr eingehalten werden. Ich plädiere daher dafür, daß auch die Nachdenklichen auf allen Ebenen für eine neue Sensibilität, für einen neuen Umgang miteinander und auch für einen neuen Respekt voreinander eintreten. Ich meine, das wäre für die Demokratie und für Österreich gut. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Thema dieser Aktuellen Stunde heißt "Das Auftreten der österreichischen Bundesregierung im Ausland". Ich spreche über meine Tätigkeit: Ich habe in den letzten 26 Monaten Österreich weit über hundertmal im Ausland vertreten und, wie ich meine, gut vertreten. In der EU haben


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wir uns als kleines Land, als ambitioniertes, aktives Land hervorragend positioniert – manchmal ein wenig eigenwillig, mit eigenen Ideen und eigenen Prioritäten, was den anderen Mitgliedsländern nicht immer angenehm ist. Aber es ist wichtig und notwendig, daß man mit seiner Eigenart respektiert wird.

Ich war 15 Monate lang der Chefverhandler für die Regierungskonferenz und für die Verhandlungen, die der Herr Bundeskanzler gerade erwähnt hat, und ich bin stolz darauf, daß wir in gemeinsamer Arbeit der österreichischen Bevölkerung ein gutes Ergebnis vorweisen können! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Bis vor wenigen Monaten habe ich im Namen der Bundesregierung und gemeinsam mit all ihren Vertretern ein Jahr lang die Präsidentschaft der Zentraleuropäischen Initiative erfolgreich geführt. In dieser Initiative sind 16 Mitgliedsländer vertreten, die eine Bevölkerung von rund 200 Millionen Menschen repräsentieren. Wir haben durchgesetzt, daß ein Österreicher die Wirtschaftshilfe auf dem Balkan koordiniert. Während meines Vorsitzes ist ein Österreicher zum Chefbeauftragten der OSZE in Albanien geworden. Erstmals nehmen wir an zwei wichtigen Friedenseinsätzen in unserer Nachbarschaft – zwar nicht in unserer unmittelbaren, aber doch wichtigen Nachbarschaft – teil, nämlich in Bosnien-Herzegowina und in Albanien. Und Österreicher leisten dort im Dienst des Friedens, im Dienst der österreichischen Sache hervorragende Arbeit! Darauf bin ich stolz. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben außerdem in harten Verhandlungen den UNO-Sitz in Wien gefestigt. Der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, war vor wenigen Monaten in Wien. Wir haben erreicht, daß Wien die Welthauptstadt im Kampf gegen die Atombombe und gegen die Weitergabe von Nukleartechnologie wird. Die Atomtest-Stopps werden weltweit von Wien aus überwacht und kontrolliert.

Wir haben ferner sichergestellt, daß der Kampf der UNO gegen das organisierte Verbrechen in Wien geführt wird. Wir siedeln gerade das Wassenaar-Sekretariat in Wien an, das die Weitergabe von Hochtechnologie – besonders wesentlich für die Rüstungsindustrie – verhindern soll. Und ich habe vor wenigen Wochen durch einen einstimmigen Beschluß im EU-Ministerrat erreicht, daß die erste EU-Institution dieser Art, eine Behörde zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, in Österreich, und zwar in Wien, angesiedelt wird.

Herr Abgeordneter Stadler! Ich sage Ihnen folgendes ganz offen: Wenn Sie über das Auftreten der Bundesregierung im Ausland klagen, dann halte ich Ihnen entgegen: Mit Ihnen hätte es keinen EU-Beitritt Österreichs gegeben! (Abg. Mag. Stadler: Wir hätten ihn nur besser vorbereitet als Sie! Wir hätten vor allem die österreichische Öffentlichkeit besser informiert als Sie!) Darüber hinaus hätten Sie den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa die kalte Schulter gezeigt. Sie sind an vielen Aktivitäten, die wir international, multilateral im Bereich der UNO durchführen, nicht interessiert. Sie haben gegen Friedenseinheiten und Friedensoperationen gestimmt! – Das sollte bei der Bewertung des öffentlichen Auftretens im Ausland auch zählen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend betonen: Die oberste Instanz in der Demokratie ist nicht der Leitartikel und nicht der Presserichter, die oberste Instanz ist der Wähler (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) , und in diesem Sinn vertraue ich nach 18 Jahren konkreter, positiver Sacharbeit für Österreich auf das Urteil des Wählers und hoffe, daß dies mehr zählt als der Pressespiegel der letzten Woche! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Darauf können Sie sich verlassen!)

11.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich noch etwas klarstellen. Ich habe mir den Text der kritisierten Rede vom 9. Oktober in der Duma bringen lassen und möchte betonen: Der kritisierte Satz kommt in dieser Rede nicht vor. Auch der österreichische NATO-Beitritt wird darin nicht abgehandelt, sondern nur die Frage, daß die gesamteuropäische Sicherheit wichtig ist, daß auf die Sicherheitsbedürfnisse aller Staaten, auch Rußlands, Bedacht zu nehmen ist und daß daher die Erweiterung eines Militärpaktes nicht Vorrang vor der gesamteuropäischen Sicherheit hat, sondern die gesamteuropäische Sicherheit das primäre Ziel


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ist. (Präsident Dr. Fischer verweist auf die ihm vorliegende Unterlage.)  – Das ist das Original dieser Rede. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Manche Journalisten haben ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit! Das ist der Beweis, daß Journalisten nicht immer die Wahrheit sagen! – Lebhafter Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß uns die Frage betreffend die Korrektheit einer APA-Meldung, besonders im Lichte des Vorliegens des Originals der Rede, jetzt nicht länger aufhalten muß. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Die "bösen" Journalisten!)

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

11.28

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Vorsitzender! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Entgleisung des Herrn Außenministers ist nur ein weiteres Glied in einer Kette der Peinlichkeiten im Ausland und gegenüber dem Ausland.

Ich erinnere nur daran, daß es in ununterbrochener Folge vorkommt, daß geschmuggelte Menschen in ihren Verstecken die österreichische Grenze ungehindert passieren können, daß sie dann durch ganz Österreich reisen und erst in Bayern an der Grenze stellig gemacht werden. Es ist erst in den letzten Tagen wieder von seiten Bayerns verkündet worden, daß man nicht daran denke, die Grenze nach Österreich zu öffnen, bevor es nicht hierzulande – in Österreich nämlich – gelungen sei, die Grenze nach außen entsprechend dichtzumachen. – Meine Damen und Herren! Eine Blamage sondergleichen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben uns mit der Einführung der Autobahn-Vignette etwas ganz Spezielles geleistet, und das Ausland hat uns das im negativen Sinne außerordentlich "honoriert". Die Vignette war nicht in ausreichender Zahl vorhanden, und zwar ausgerechnet zu einer Zeit, als man sie besonders gebraucht hätte, nämlich zu den Feiertagen zum Jahreswechsel, und das noch dazu an der Grenze. Und die Vignetten, die da waren, haben nicht richtig gepickt.

Und jetzt ist es so, daß die Kurzzeit-Vignetten nicht den Urlaubsbedürfnissen der Leute angepaßt sind, die nach Österreich kommen. – Das Ergebnis ist Hohn und Spott jenseits der Grenze über das, was in diesem Zusammenhang aus Österreich gekommen ist, und schwerer wirtschaftlicher Schaden, den wir beim Fremdenverkehr noch entsprechend spüren werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Österreich bemüht sich, wenn es um die Sicherheitsinteressen Europas einerseits und Österreichs andererseits geht, verzweifelt, sich um jede Beteiligung herumzuwinden, herumzuschmuggeln und herumzuschwindeln. Wir stehen anscheinend auf dem Standpunkt: Die anderen werden schon dafür sorgen, daß auch wir sicher leben können, aber wir wollen uns jeden eigenen Beitrag, solange es geht und so weit es geht, ersparen. Das hat unserem Ansehen im Ausland, in dem wir als "sicherheitspolitische Trittbrettfahrer" bezeichnet werden, außerordentlich geschadet, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und dann geht der Außenminister her – und gerade der Außenminister sollte sich unter Kontrolle haben, wenn er den Mund aufmacht, und gerade der Außenminister sollte sich entsprechender Umgangsformen befleißigen – und verwendet in Richtung Deutschland und in Richtung Schweden Ausdrücke, die dem Vokabular nach, ohne daß ich ihm unterstellen möchte, daß er sie verwendet hätte, eher in den Ressortbereich des Landwirtschaftsministers gepaßt hätten als in den des Außenministers.

Das Malheur ist passiert, aber jetzt streitet er ab und behauptet, daß alle anderen lügen: die Journalisten, wie immer, die APA übrigens auch, was die Äußerungen in Moskau betrifft. Da hat auch die APA offensichtlich gelogen. – Aber um eines kommen wir nicht herum: Der Außenminister hat ... (Abg. Kiss: Platitüden!) Mein lieber Paul! Du tust mir fast leid! Auch ich habe mich schon in solchen Situationen befunden, auch ich habe schon Dinge verteidigen müssen, die ich


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nicht wirklich für richtig gehalten habe. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Jetzt bist du in dieser Situation! Ich bedauere dich und deine Kollegen von der ÖVP aufrichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Außenminister und, bedauerlicherweise, mit ihm die Republik haben die Manövrierfähigkeit auf dem internationalen Parkett eingebüßt. Sie haben sie eingebüßt, und Schüssel wird sich von diesem Schlag – das weiß er natürlich auch selbst – nicht mehr erholen können. Von einer solchen Malaise auf internationalem Sektor kann man sich einfach nicht mehr erfangen! Das ist aber bedauerlicherweise nicht nur die Sache des Außenministers und nicht nur die Sache der ÖVP, sondern die Sache ganz Österreichs, und vor allem ist es auch die Sache des Kanzlers.

Der Kanzler war sichtlich peinlich berührt. Man hat es ihm ansehen können, wie unangenehm ihm die Sache ist. Und es ist auch interessant, daß bis vor ein paar Minuten auf der Regierungsbank nur ÖVP-Regierungsmitglieder gesessen sind. Der Kanzler war da, weil ihm nichts anderes übriggeblieben ist, aber er hat sich beeilt, zu sagen: Ich muß gleich wieder fortgehen, das Hochwasser ruft! – Aber er ist ja, bitte, nicht Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Schwechat – zumindest nehme ich das an –, sodaß er geschwind in die Gummistiefel und dort hinlaufen muß! (Lebhafte Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Von der SPÖ ist nur mehr ein "versprengter" Staatssekretär da, der hält jetzt die Stellung, und Sie sehen deutlich, wie peinlich es den Sozialdemokraten ist, daß sie sich in dieser Sache ... (Neuerliche anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Erstens bitte ich um Ruhe, zweitens bitte ich den Redner aufgrund der abgelaufenen Redezeit um den Schlußsatz. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): Man sieht, wie unangenehm es den Sozialdemokraten ist, hier dem Außenminister der ÖVP die Stange halten zu müssen. Das ist der Rest vom Ditz-Schüssel-Kurs. Der Ditz ist schon lange weg, und der Schüssel wird bald weg sein. – Das kann man bedauern oder man kann es wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Schieder. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Schwimmer und Kiss. )

11.34

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die große Debatte über die österreichische Außenpolitik und alle damit zusammenhängenden Fragen wird kommenden Freitag stattfinden. Heute geht es um den Anlaß der Aktuellen Stunde, eine Frage, die in der letzten Woche vielfach kommentiert wurde, wobei sich die sozialdemokratische Fraktion konsequent herausgehalten hat. (Abg. Mag. Stadler: Das stimmt!) Sie sieht sich nicht als Richter, sie will weder beschwichtigen noch "nachlegen", weder Ausrede noch Vorwand sein.

Was die konkrete Frage dieser Aktuellen Stunde betrifft – und ich möchte das gleich eindeutig sagen –, so gibt es für uns keine ernstzunehmenden Hinweise darauf, daß die außenpolitische Handlungsfähigkeit Österreichs behindert oder gar nicht mehr gegeben sei. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Natürlich wird auch in anderen Ländern darüber geschrieben, kommentiert und gesprochen. Ich selbst bin während der vergangenen Tage bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE in Warschau gewesen und wurde natürlich auf die behaupteten oder tatsächlichen Äußerungen des Außenministers angesprochen. Aber die Kollegen der anderen Fraktionen, die mit waren, werden bestätigen, daß es keinerlei Nachteile und nicht die entferntesten Auswirkungen auf den Umgang mit unserer Delegation und daher auf unsere Arbeit und unser Land gab! (Beifall bei der SPÖ. – Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Gilt das auch für den Außenminister?)  – Ich komme schon darauf zu sprechen.


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80. Sitzung / Seite 29

In der Sitzung des Hauptausschusses von vergangener Woche meinte der Europaparlamentarier der Grünen, Voggenhuber, das größte Problem würde in der EU selbst, im Rat, in dem Gremium, in dem die Außenminister sitzen, entstehen und er mache sich große Sorgen wegen der schädlichen Auswirkungen auf unser Land. Sie, Herr Abgeordneter Stadler, haben heute hier am Rednerpult etwas Ähnliches gesagt.

Meine Damen und Herren! Es ist grundsätzlich sicher positiv, wenn sich die Oppositionsparteien Sorgen um unser Land machen. In der Sache glaubwürdiger wäre es allerdings, geschähe dies nicht politisch selektiv und hätte die Sorge der Grünen etwa auch schon eingesetzt, als der Gemeinderat Pilz in Washington seine Tiraden losließ. Und die Freiheitlichen dürften eigentlich schon seit langem angesichts mancher Haider-Äußerungen und auch des furchtbaren Buchstabierens einer Abkürzung durch einen ihrer Politiker, der nun irgendwo da hinten rechts sitzt, gar nicht mehr aus der Sorge um unser Land herauskommen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Wollen Sie das mit den Äußerungen des Außenministers vergleichen? Was soll dieser Vergleich?!)

Selbstverständlich haben uns allen unser Land, sein Image, seine Möglichkeiten und Chancen am Herzen zu liegen. Deshalb werden wir all dies weiter genauestens beobachten, und wir können auch vom Außenminister selbst verlangen, daß er in seiner Funktion, auch wenn es seine Person betrifft, Auswirkungen im Ausland genau beobachtet und daß er dann, wenn er ein Problem sieht, kommt und sagt: Reden wir darüber, wie wir es lösen!

Noch ein offenes Wort an Sie, Herr Außenminister, aber wahrlich nicht, weil wir in bezug auf Sie selbst hier irgendwelche Befürchtungen hätten: Tragen Sie dafür Sorge, daß – auch nicht ohne Ihr Wissen oder gegen Ihren Willen – nicht etwa in ungebetener, vorauseilender Gefälligkeit gegen die betroffenen Journalisten agiert wird oder daß sie in ihrer journalistischen Arbeit, die sich auch auf außenpolitischem Gebiet und in Form von Kontakten mit dem Außenamt vollzieht, nicht geschnitten oder sogar behindert werden. Das, Herr Minister, ist für uns besonders wichtig! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Herr Kollege Schieder! Gibt es Hinweise dafür? – Abg. Schieder – auf dem Weg zu seinem Platz –: Nein!)

11.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.39

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Menschen in diesem Lande fragen sich: Ja haben denn die Abgeordneten wirklich nichts Wichtigeres zu tun, als derartige Fragen, wie sie heute aufgeworfen worden sind, zu diskutieren?

Es ist bezeichnend und paradigmatisch, daß Herr Ofner, der sich in der Frage der Wahrheit immer bei "dünnen Suppen" bewegt hat, heute die Feuerwehrleute verächtlich gemacht hat, die heute, während wir hier im Trockenen sitzen, ihr Leben einsetzen, um die Österreicherinnen und Österreicher vor der Flut zu bewahren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sind nicht die Probleme der Reform unserer Pensionssysteme dringlicher? Ist es nicht ein dringlicheres Problem, den jungen Leuten, die jetzt die Schule fertig gemacht haben, einen Lehrplatz zu verschaffen? Ist es nicht ein dringlicheres Problem, wie wir den öffentlichen Dienst behandeln? Geben Sie nicht nur vor, meine Damen und Herren von der FPÖ, daß es Ihnen um das Auftreten Österreichs im Ausland geht, daß Sie das aus Sorge um die Republik Österreich tun? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Wenn Sie wirklich Sorge um das Auftreten Österreichs im Ausland hätten, dann, glaube ich, sollte Herr Haider heute hier sitzen, statt in Harvard auf einem Campus in der Sonne zu sitzen und um Mittel des Steuerzahlers dort zu lernen, was er vorgibt zu wissen, sonst wäre er nicht Parteiobmann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Wenn es der FPÖ um das Auftreten Österreichs geht, dann, glaube ich, sollte sie, anstatt mit den Fingern auf jemanden zu zeigen, auch bedenken, daß, wenn man mit dem Finger auf eine Person zeigt, immer drei Finger auf den weisen, der dort hinzeigt. Und was hat Haider gesagt im Ausland? – Österreich sei der letzte Rest des Stalinismus, schlimmer als Albanien, hat er gesagt.

Oder sorgen Sie sich um die Republik? – Dann bekennen Sie sich zu dieser Zweiten Republik und verlangen Sie nicht immer die Dritte! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Schwach! Sehr schwach!)

Wenn es Ihnen um die Sorge um Österreich geht, dann möchte ich von diesem Rednerpult aus endlich von Ihnen hören, daß Sie sich für die Äußerung entschuldigen, daß die österreichische Nation eine "Mißgeburt" sei. (Beifall bei der ÖVP.)

Worum geht es Ihnen wirklich, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen? – Ihnen geht es um eine widerliche Kopfjagd, um eine widerliche Menschenjagd, und es geht Ihnen um Ihr Parteiinteresse. Sie wollen die Regierung schwächen. Sie haben kein Interesse – weder an der Außenpolitik noch an der Republik. Sie möchten in dieser dünnen Suppe fischen und davon profitieren. Nicht mit uns! (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Aumayr. )

Ich möchte noch einmal betonen: Wenn es den Freiheitlichen um Österreich ginge, wäre Parteiobmann Haider in dieser Woche im Parlament und nicht auf Ausbildung in einem Campus einer amerikanischen Nobeluniversität, wo er sechs Wochen lang nicht seiner Pflicht als Abgeordneter nachkommt. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie verantworten Sie es vor dem Steuerzahler, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daß der Abgeordnete Haider an die 200 000 S an im wahrsten Sinne des Wortes arbeitslosem Einkommen bezieht, daß er im Ausland ist, während wir hier in dieser Woche 30 Gesetze, darunter äußerst wichtige Fragen, beraten? Moderne Fahndungsmethoden, die Senkung der Promille-Grenze – das sind sehr, sehr wichtige Fragen, und der Haider liegt am Campus in Harvard neben Jugendlichen in der Sonne und freut sich seines Lebens! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Uns geht es um Österreich, wir vertrauen unserem Vizekanzler und Außenminister und wünschen ihm weiter viel Glück und Erfolg bei seiner Tätigkeit. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol begibt sich zu Vizekanzler Dr. Schüssel und reicht ihm die Hand. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist sogar dem Schüssel peinlich!)

11.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist mit gleicher Redezeit die Frau Abgeordnete Dr. Schmidt.

11.44

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich weiß nicht, Kollege Khol, ob Sie die Sache wirklich so wenig ernst nehmen, wie aus Ihrer Wortmeldung herauszuhören war. Eines ist doch wirklich beunruhigend: daß wir seit geraumer Zeit, wenn überhaupt, zwei Außenpolitiken erleben.

Das hat schon damit begonnen, das heißt, es hat eigentlich nicht damit begonnen, es hat einen Konzentrationspunkt erreicht im April, als Außenminister Schüssel vor dem NATO-Generalstab seine Rede gehalten und dort quasi die NATO eingeladen hat, uns einzuladen, doch Mitglied zu werden. Das hat zu einem Sturm im Wasserglas bei den Regierungsfraktionen geführt. Wir haben uns damit auseinandersetzen müssen, welche Linie denn nun die Regierungslinie ist, und wir haben uns nicht nur im Inland damit auseinandersetzen müssen, sondern das ist auch vom Ausland registriert worden – wenn schon das Thema das Auftreten der Regierungsmitglieder im Ausland ist. Glauben Sie, daß damit die Glaubwürdigkeit unseres Landes, daß damit das Gewicht unseres Landes gestärkt wird? Es wurde dann vom Außenminister modifiziert.


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Der Herr Verteidigungsminister hat bei einem weiteren Auftritt im Ausland gemeint, unser Bundesheer verhielte sich bereits so, als wären wir in der NATO. – Wieder Aufregung im Inland und, wie ich glaube, auch vom Ausland registriert. Er hat wieder modifiziert. Er hat gemeint, es ginge ja nur um den Standard, den dieses Bundesheer habe, und er hat sich damit in die Reihe der "Zurechtrücker" gestellt, die wir seit geraumer Zeit beobachten müssen. Es werden im Ausland immer Linien vertreten, die man dann im Inland zurechtzurücken versucht, um jedenfalls einen Schritt weiterzukommen.

Das würde mir ja recht sein, wenn Sie das nicht auf Kosten der Glaubwürdigkeit und damit des Gewichts Österreichs auch im Ausland täten. Aber genau das geschieht eben.

Und dann kommt Amsterdam. – Was den Amsterdamer Vertrag betrifft, wird kolportiert, daß der Außenminister, der hier mit verhandelt hat, erst einmal gesagt hat – im nachhinein, also nicht vor den anderen Gesprächspartnern –, er würde die Unterschrift verweigern. Später hat er modifiziert. Er hat gesagt: nicht verweigern, sondern verzögern. Im Hauptausschuß darauf angesprochen, hat er das streng in Abrede gestellt. Auf die Frage: Haben Sie davon gesprochen, daß die Ratifikation im Parlament verweigert würde? – abgesehen davon, daß das nicht Sache eines Regierungsmitgliedes, sondern der Mitglieder des Hohes Hauses ist –, hat er erst einmal bestritten, um nachher zu sagen, er spreche jetzt kurz als Parteiobmann und seine Fraktion werde selbstverständlich die Ratifikation dieses Vertrages gemeinsam mit dem Inkrafttreten der Schengener Durchführungsbestimmungen sehen.

Das heißt, er hat sehr wohl gemeint, daß eine Verzögerung angebracht wäre, um hier Druck auszuüben. Er sagt das eine, er modifiziert, er meint das andere. Glauben Sie, daß das der Glaubwürdigkeit Österreichs im Ausland dient?

Und jetzt kommt die Verbalinjurienaffäre dazu. Diesbezüglich, Herr Außenminister, muß ich schon sagen, wenn Sie hier meinen, man müsse Ihnen die Chance zur Gegendarstellung geben: Die haben Sie beileibe gehabt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Gerade die Liberalen waren diejenigen, die nicht von Anfang an – und bis heute nicht – Ihren Rücktritt gefordert haben, sondern Sie aufgefordert haben, eine Klarstellung herbeizuführen. Nur, Herr Außenminister, die Klarstellung kann nicht so aussehen, daß Sie schlicht und einfach bestreiten und den Spieß umdrehen, so wie Sie das gemacht haben, indem Sie angesehene Journalisten, sage ich jetzt, einfach der Lüge bezichtigen, weil Sie sagen, Sie haben derartige Worte nicht gebraucht.

Und jetzt, Herr Außenminister, haben Sie wieder die Chance nicht genützt, sondern Sie haben etwas anderes getan: Sie haben hier wieder zwischen den Zeilen die Journalisten der Lüge geziehen, indem Sie gesagt haben, diese Sache wurde von Österreich erdacht. "Erdacht", das heißt, daß man Ihnen Dinge unterstellt, die bar jeder Realität sind.

Einfach zu sagen: Ich habe es nicht gesagt, die anderen sind die Lügner!, das ist keine Klarstellung, die sich dieses Parlament und die Bevölkerung erwarten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daher fordere ich Sie auf: Wenn Sie schon nicht einen Richter über Ihre Glaubwürdigkeit entscheiden lassen wollen, dann lassen Sie die Bürgerinnen und Bürger über Ihre Glaubwürdigkeit entscheiden, aber nicht, wie Sie sagen, irgendwann bei einer Wahl, sondern jetzt bei einer öffentlichen Diskussion mit jenen Journalisten, die eidesstattlich belegen, daß diese Worte gefallen sind, von denen Sie behaupten, sie nicht gesagt zu haben.

Und wenn Sie das schon nicht tun, dann führen Sie ein öffentliches Gespräch mit dem Redakteursrat. Sie haben das im Hauptausschuß abgelehnt. Ich frage Sie jetzt, ob Sie dazu bereit sind, denn wenn Sie nicht aktiv Ihre Vertrauenswürdigkeit wiederherstellen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!


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Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt
(fortsetzend): ..., bleibt nichts anderes übrig als Mißtrauen, und zwar sowohl hier im Hohen Haus als auch im Ausland. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte sehr. Gleiche Redezeit.

11.50

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen werden im Rahmen dieser Plenarsitzungen bei der Debatte zum Außenpolitischen Bericht Mißtrauensanträge gegen den Vizekanzler und gegen den Verteidigungsminister einbringen, und zwar nicht primär wegen der Causa der Verbalinjurien des Außenministers, sondern weil es eine Tatsache ist, die auch heute bereits mehrfach erwähnt wurde, daß Österreich mittlerweile eine völlig unkalkulierbare Außenpolitik hat.

Einige Zitate sind bereits erwähnt worden. Ich erinnere Sie, Herr Vizekanzler, daran, daß Sie im Februar dieses Jahres bei einem sicherheitspolitischen Symposion in Bonn unter allgemeinem Gelächter erklärt haben, Österreich habe seine Neutralität immer sehr dynamisch interpretiert. Das hat unser Mißtrauen hervorgerufen, und das werden wir im Rahmen eines Antrages auch hier in dieses Haus hereinbringen.

Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! Die ganze Debatte rund um die Ihnen zum Vorwurf gemachten Verbalinjurien hat eine enorme Peinlichkeit erreicht. Der Präsident gerät in Geschäftsordnungsnöte, informiert sich schon vor der Sitzung, was denn hier gesagt werden würde. Es ist wirklich schwierig, von der Praxis dieses Hauses nicht abzuweichen, denn es muß ja wohl möglich sein, auch Berichte der Medien, der "Salzburger Nachrichten", des "profil", hier zu zitieren, ohne dafür einen Ordnungsruf zu bekommen. Wie gesagt: Peinlichkeiten über Peinlichkeiten!

Aber heute, Herr Vizekanzler, sind Sie einen Schritt weiter gegangen. Es ist nicht nur so, daß Sie den Spieß umzudrehen versuchen und einige Journalisten der Lüge bezichtigen, nein, Sie sprachen heute sehr klar davon, daß diese ganze Affäre von Österreichern erdacht und an das Ausland weitergegeben worden sei.

Und auch Klubobmann Khol hat seine Diktion mittlerweile geändert. Sprach er in den Medien – ich hoffe, sie sind richtig zitiert – vor kurzem noch von einer Art "Stille-Post-Spiel" – das heißt, irgendwas wird schon gesagt worden sein und sei dann wahrscheinlich aufgebauscht worden –, tönt es heute schon anders. Kollege Khol sprach heute von einer "widerlichen Kopfjagd". Meine Damen und Herren! Was soll denn das heißen? Im Klartext bedeutet das, hier wurde von der Regierungsbank aus und von der ersten Reihe einer der Regierungsparteien gesagt, es gebe offenbar ein Komplott von journalistischer Seite, es hätten sich einige renommierte Journalisten am Rande des Amsterdamer Gipfels zusammengetan, um den Vizekanzler politisch unmöglich zu machen und zum Rücktritt zu bewegen. Herr Vizekanzler! Wenn das so ist, dann ist das ein ganz, ganz gravierender Vorwurf. Ein solcher Vorwurf ist meines Wissens im Zusammenhang mit dem österreichischen Journalismus noch nicht erhoben worden.

In aller Form, Herr Bundeskanzler: Sie haben jetzt hier in diesem Haus eine konzertierte Aktion den Herren Stoppacher, Böhm, Spudich und einigen anderen unterstellt. Wenn das so ist, ist das meiner Meinung nach wohl auch ein Fall, den die Sicherheitsbehörden untersuchen müßten, den die Staatsanwaltschaft untersuchen müßte, denn dann kommt das einer Nötigung nahe. Herr Vizekanzler, ich denke, daß ein derartiger Vorwurf ohne die Möglichkeit, ihn auch auszuräumen, nicht in diesem Haus erhoben werden kann und darf, er darf so nicht im Raum stehenbleiben.

Ein Wort aber auch zu den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers. Derartige völlig aussagelose Platitüden vom Chef dieser Bundesregierung sind wirklich kaum noch zu überbieten. Seine Worte von der kraftvollen und engagierten Außenpolitik, von der gelebten Solidarität haben ja


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nicht einmal diesen außenpolitischen Zickzackkurs in irgendeiner Form aufgeklärt. Ist der Herr Bundeskanzler jetzt der Meinung des Nationalratspräsidenten in Sachen Neutralität oder der Meinung des Vizekanzlers? Es waren reine Platitüden, die er da von sich gegeben hat. Ich will jetzt nicht in das Hohelied über die tapferen Männer der Feuerwehr einstimmen, aber es ist tatsächlich Hochwasser in diesem Lande, innenpolitisches Hochwasser, es sind trübe und schmutzige Fluten, und ich fordere die Bundesregierung auf, dieses Trauerspiel endlich zu beenden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Gleiche Redezeit.

11.56

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren und Damen Minister und Staatssekretäre! (Abg. Dr. Khol: Bei den Freiheitlichen kommen die Herren vor den Frauen!) Herr Kollege Khol, Herr Klubobmann! Ich weiß nicht, ob Sie den Herrn Außenminister schon verabschiedet haben, als Sie ihm die Hand gegeben haben nach Ihrer Rede, aber Sie sprechen, Herr Kollege Khol, von einer widerlichen Kopfwäsche. (Rufe: Kopfjagd!) Kopfjagd, ja, noch ärger. Sie sprechen von einer "widerlichen Kopfjagd".

Worin besteht denn diese Kopfjagd, Herr Klubobmann? (Abg. Dr. Khol: Wie kommen Sie auf "Kopfwäsche"?) Ich glaube, die Kopfwäsche haben Sie bekommen von Ihrem Außenminister, denn Sie waren ja eigentlich der, Herr Klubobmann Khol, der ihn hineingeritten hat in die ganze Affäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie waren nämlich derjenige, der wie aus der Pistole geschossen reflexartig eine Aussendung gemacht hat, nachdem diese Aussagen bekanntgeworden sind: Sie haben gesagt, das stimmt alles nicht, das ist alles nicht wahr, alles Unwahrheit und so weiter. Sie waren es also, der den Außenminister in diese Bredouille gebracht hat.

Über die Folge dieser Aussagen könnte man ja reden. Das wäre natürlich nicht angenehm gewesen, aber vielleicht hätten sich die Wellen wieder beruhigt. Das Problem, das wir haben, und da sind Sie mitverantwortlich, Herr Klubobmann Khol, ist ja, daß im Raum steht, daß der Außenminister der Republik Österreich nicht nur dieses Parlament, ich will nicht sagen belogen hat, aber nicht nur diesem Parlament die Unwahrheit gesagt hat, sondern auch der gesamten österreichischen Bevölkerung. Herr Klubobmann Khol! Es ist Ihr Verdienst, daß Sie Ihren Außenminister in diese Schwierigkeiten gebracht haben! Das können Sie sich auf Ihre Fahnen heften! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da ist nicht von einer Kopfjagd die Rede, sondern das ist wohl eher eine Frage der innerparteilichen Situation der ÖVP.

Und die Verantwortung der ÖVP ihrem Außenminister gegenüber war ja auch interessant. Zuerst sagt Klubobmann Khol, das stimmt alles nicht. Dann – jetzt merkt man schon ein bißchen das schlechte Gewissen – kommt der Herr Verteidigungsminister und regt sich nur darüber auf, daß diese Aussagen – also anscheinend stimmen sie doch – in einem absolut inoffiziellen Rahmen "passiert" sind und daher nicht kolportiert werden sollten. Also, es ist schon passiert, aber man beschwert sich darüber ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Fasslabend. ) Das ist eine APA-Aussendung, nicht widersprochen, Herr Verteidigungsminister!

Und die Landeshauptfrau Klasnic spricht sogar von einer Beichtmöglichkeit. Man kann ja die Unwahrheit sagen, man kann es ja nachher beichten. – Also ganz nette Reaktionen aus den Reihen der Österreichischen Volkspartei. Ich weiß nicht, Herr Kollege Khol, wo da die Kopfjagd ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie, Herr Klubobmann Khol, den Parteiobmann Haider ansprechen, wo er denn sei und was denn mit seinem Einkommen sei, das er hier bekommt: Herr Klubobmann Khol! Ich weiß nicht, was Sie heute früh während des Frühstücks getan haben. Vielleicht haben Sie Ihre Rede aufgesetzt. Hätten Sie Zeitung gelesen – aber vielleicht haben Sie jetzt ein Problem mit den Journalisten –, hätten Sie Zeitung gelesen (Abg. Dr. Khol: Die habe ich schon gestern gelesen!) , dann wüßten Sie ganz genau, daß Klubobmann Haider einen Kurs belegt über die Erstellung von Budgets (lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP) – Sie lachen, Herr Klubobmann Khol, aber es würde Ihnen sehr gut anstehen, wenn Sie auch so einen Kurs belegten. Dann würden Sie


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nämlich lernen, daß man Budgets nicht dadurch saniert, daß man den Leuten in die Tasche greift. Herr Klubobmann Khol, ein solcher Kurs würde Ihnen sehr gut anstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und zweitens hätten Sie, wenn Sie Zeitung gelesen hätten, auch gewußt, daß Herr Klubobmann Haider sein Einkommen, das er in diesen sechs Wochen bezieht, einem achtjährigen Waisenkind spendet. Herr Klubobmann Khol, ich weiß nicht, ob Sie auch so handeln, daß Sie all diese Einkommen, die Sie in Wahrheit nicht verdienen, sozialen Zwecken spenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Außenminister! Ihre Verteidigung war auch ganz interessant – Sie sind auf den Anlaßfall mit keinem Wort eingegangen. (Abg. Dr. Khol: Scheinheiligkeit!) Sie haben gesagt, die Geschichte wurde im Inland erdacht, ins Ausland gebracht, und Österreich werde im Ausland schlechtgemacht und dann werde über das schlechte Image geklagt. (Abg. Dr. Khol: Die Suppe ist zu dünn!)

Herr Außenminister! Erstens – ich sage das noch einmal –: Wenn Sie die Journalisten wirklich der Lüge zeihen, dann müssen Sie diese auch klagen (Abg. Dr. Khol: Die Suppe ist zu dünn!), denn es ist wirklich ein schwerer Vorwurf, wenn man sagt, daß die unabhängigen Journalisten da verbandelt sind und eine Kampagne gegen das Wohl Österreichs machen. – In dieser Hinsicht warten wir auf Ihre Reaktion.

Zweitens: Herr Außenminister! Ich würde Ihnen gerne glauben, daß Sie wirklich empört, wirklich betroffen sind im Zusammenhang mit dieser Kampagne, aber wo war Ihre Reaktion, als aufgrund nicht von den Journalisten, sondern von den Politikern erdachter Kampagnen gegen politische Gegner hier im Inland – über das Ausland gespielt – dem Wohle und dem Ansehen Österreichs massiv geschadet wurde? Als andere Repräsentanten dieses Landes, vor allem freiheitliche Repräsentanten, betroffen waren, hat man von Ihnen nichts gehört, Herr Außenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wäre doch auch in Ihrer Verantwortung gelegen, über die Botschaften einzugreifen, daß das abgestellt wird. – Die Keule, die Sie ausgeworfen haben, fällt jetzt auf Sie zurück.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Herr Präsident, mein Schlußsatz: Herr Außenminister! Sie haben gesagt, die oberste Instanz ist der Wähler. Ich gebe Ihnen völlig recht, und in diesem Sinne sind wohl auch die Meinungsumfragen, nach denen Ihre Partei bei 20 Prozent liegt, zu werten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.

12.02

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Liebe Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Petrovic, Sie haben vorhin Herrn Abgeordneten Khol zitiert, nämlich seine Aussagen betreffend "Kopfjagd" und "Verdrehen der Tatsachen". Daher darf ich Ihnen jemanden zitieren, der für Sie unverfänglich ist, weil er nicht Politiker, nicht Verteidiger ist, sondern ein Doyen des österreichischen Journalismus, nämlich Hans Winkler – ein Zitat aus der heutigen "Kleinen Zeitung" –: Er kommt nach einer durchaus kritischen Beurteilung der Entwicklung der letzten Tage, auch einer kritischen Beurteilung der Haltung des Vizekanzlers zu folgendem Schluß:

"Das alles aber rechtfertigt nicht, was sich in den letzten Tagen abspielt.

Die Art, wie Schüssel auf Umschlagbildern von angeblich seriösen Magazinen, in Karikaturen und Artikeln dargestellt wird, hat nichts mehr zu tun mit der schonungslosen Behandlung von Politik und Politikern, zu der die Journalisten verpflichtet sind." (Abg. Aumayr: Jetzt sind sie wehleidig!)


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"Es ist" – ich zitiere noch immer – "Menschenjagd, Verächtlichmachung und Vendetta – und die gehören nicht zu den Pflichten der Presse." – Ende des Zitats. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Meischberger: Weinerlich!) – Hans Winkler, in der heutigen Ausgabe der "Kleinen Zeitung" nachzulesen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wolfgang Schüssel ist – auch wenn Sie hier so laut schreien – ein international anerkannter Politiker, der schon als Wirtschaftsminister ein wichtiger Mitverhandler bei den Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union war. Als Außenminister hat er sich in den letzten zwei Jahren internationale Anerkennung erworben, die sich nicht nur in der Wertschätzung seiner Kollegen, prominenter Kollegen, wiederfindet, sondern auch in der internationalen Presse Ausdruck findet. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Lassen Sie mich – ich möchte das gerne machen – einige Zitate der internationalen Presse bringen:

Schüssel hat einen notwendigen Weg eingeschlagen. – "Frankfurter Allgemeine".

Schüssel bestimmt die Gangart und gibt den Ton an. – "Corriere della Sera", 1995. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wolfgang Schüssel als Schlüssel zum Erfolg. – Herr Präsident, würden Sie mir bitte Gehör verschaffen. (Abg. Dr. Khol: Geh näher zum Mikrophon und sprich zu uns!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Am Wort ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (fortsetzend): Wolfgang Schüssel als Schlüssel zum Erfolg. – "Corriere della Sera".

Remarkable turnaround. – "Financial Times".

Viel Lob für den Nachbarn. – "Stuttgarter Zeitung".

Die Kleinen wehren sich. – "Rheinischer Merkur".

Meine Damen und Herren! Da es Ihnen offensichtlich so wichtig ist, komme ich gerne auch auf Sie zu sprechen – eher ungern, aber notwendigerweise –, und zwar auf jene, die der Reputation Österreichs im Ausland tatsächlich schaden: Es sind die Freiheitlichen und das schreckliche Image ihres Obmanns Jörg Haider. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Aumayr: Ist ja klar!) – Meine Damen und Herren! Sie haben es nicht anders gewollt. (Abg. Mag. Stadler: Zum Schluß war es der Haider, der beim Frühstück war!)

Wer referiert unter großem internationalem Medienecho vor Kameradschaftstreffen der SS und bekräftigt sie in ihrer rassistischen und menschenfeindlichen Grundhaltung? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Jetzt sind wir wieder bei der Menschenjagd, bei der Kopfjagd! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Jörg Haider, der es als gewähltes und bezahltes Mitglied des österreichischen Parlaments nach vier Streikwochen offensichtlich vorzieht, nunmehr in Amerika Urlaub zu machen. Meine Damen und Herren! Wer ruft mit solchen bodenlosen Geschmacklosigkeiten – übrigens völlig zu Recht – internationale Proteststürme hervor? – Jörg Haider. Wer muß dafür die Verantwortung übernehmen, daß Österreich im Ausland als Hort ewiggestriger Nazis dasteht? – Auch Jörg Haider. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen gerne noch einige Berichte und Zitate bringen. "The European": Haider is a postfascist, Hitler’s grandson. – "Times": Haider’s party is a right wing extremist group. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, meine Damen und Herren, daß Sie das nicht gerne hören, aber auch Ihr Geschrei wird nicht darüber hinwegtäuschen, daß Jörg Haider es ist, der Österreich im Ausland tatsächlich schadet. (Beifall des Abg. Mag. Posch. ) Und daß Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und den Liberalen, gemeinsam mit manchen österreichischen Medien dem Ziel


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Jörg Haiders in die Hände spielen, ist bedauerlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Gredler.

Es liegen noch zwei Wortmeldungen vor, und wir werden diese Debatte diszipliniert zu Ende führen. – Bitte, Frau Abgeordnete Gredler.

12.07

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Präsident Fischer, ich bedanke mich für diese Äußerung. Manchmal sollte man sich dafür schämen, Debatten hier im Hause auf diesem Niveau führen zu müssen.

Herr Vizekanzler Schüssel! Es gibt wirklich ein Problem, und das Problem hat damit begonnen, daß es keine Entschuldigung gegeben hat, sondern ein – so würde ich es bezeichnen – "Schweigen der Männer". Sie sprechen sich "unter Männern" aus. Hätten Sie bitte die Güte, 52 Prozent der Bevölkerung Österreichs, nämlich den Frauen, zu erklären, was diese Aussprache zum Inhalt hatte? Ich weiß es nicht, ich kann es nicht nachvollziehen, ich entschuldige mich für mein Geschlecht in diesem Zusammenhang, aber ich möchte gerne wissen, was Sie diesem Repräsentanten, der in der Bundesrepublik Deutschland eine wichtige Rolle spielt, gesagt haben.

Weiters: Es ist auch eigenartig, daß Ihre Landeshauptfrau Klasnic sagt: Auch ein Christ darf lügen, denn Gott ist gnädig, und er kann ja beichten. – Waren Sie beichten? (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) – Ich weiß es nicht. Das ist eine Dame, die Ihrer Partei angehört.

Ich weiß nicht, ob man Ihnen, wenn man solche Zitate bringt, wenn man Sie auf diese Art indirekt auffordert, beichten zu gehen, Mißtrauen oder Vertrauen ausspricht. Ich deute es als Mißtrauen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich würde auch Herrn Bundeskanzler Klima gerne zur Verantwortung ziehen. Er ist dafür verantwortlich, daß die Bundesregierung handlungsfähig bleibt, daß die Bundesregierung eine klare Linie sozusagen als Regierungslinie vorgibt. Ich kann, was die Klarheit anlangt, in letzter Zeit davon wirklich nicht viel erkennen.

Herr Vizekanzler! Weiters gibt es Ihre Äußerungen von Mons vom 24. April 1997, mit denen Sie die NATO aufgefordert haben, uns aufzufordern, daß wir der NATO beitreten. Ich meine: Entweder Sie sagen es direkt – oder Sie lassen es bleiben. Wir brauchen uns von Herrn Clinton nicht sagen zu lassen, wo wir unsere Verteidigungspolitik am besten ansiedeln, sondern wenn, dann soll es ein Gespräch sein, das in Österreich offen geführt wird; und das nicht erst ab dem nächsten Jahr, sondern ab sofort.

Ich fordere Sie auf, diesen Optionsbericht so schnell wie möglich vorzulegen, die Diskussion mit der Bevölkerung jetzt zu eröffnen und nicht zu warten, bis der Zug längst abgefahren ist und wir unsere Verteidigungsstruktur eigentlich überhaupt ganz anders orientieren.

Das sage ich auch im Lichte dessen, daß der Herr Verteidigungsminister in Prag erklärt hat, das Bundesheer werde seit Jahren NATO-kompatibel geführt und ausgerüstet. Ich habe ja nichts dagegen, daß für das Bundesheer eine gute Ausrüstung angestrebt wird, nur frage ich mich, warum es einer Koordination bedarf, wenn wir eigentlich neutral bleiben wollen und uns die NATO nichts angehen soll. Also man muß sich schon entscheiden, und wenn man mit einem System kompatibel sein will, dann muß man zuerst den Dialog führen – danach kann man die Kompatibilität einführen. Es kann aber nicht so sein, daß man ein Waffensystem sozusagen als Orientierungsgröße annimmt und dann gesagt wird, wir brauchen es wahrscheinlich eh nicht, weil wir neutral bleiben. – Was soll diese Absurdität? (Beifall beim Liberalen Forum.)


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80. Sitzung / Seite 37

Herr Vizekanzler! Nun zu Schengen: Sie haben eigentlich ein Veto angedroht, indem Sie gesagt haben ... (Abg. Dr. Khol spricht mit Vizekanzler Dr. Schüssel.  – Abg. Mag. Stadler: Er will Obmann werden! Khol will Obmann werden zum wiederholten Male!)  – Ich darf bei den ÖVP-internen Koordinationsschwierigkeiten, die sich jetzt noch einmal vor der Kamera abspielen, stören und Ihnen folgendes sagen: Herr Vizekanzler, wenn ich Ihre Vetoandrohung ernst nehme, kann ich die Politik unter Margaret Thatcher, was die Europapolitik anlangt, nicht mehr kritisieren, denn wir befinden uns auf dem besten Weg, genau so eine Politik zu artikulieren und durchzuführen.

Was glauben Sie, wie ernst wir genommen werden, wenn wir bei jedem Anlaß gleich mit einer Verzögerung der Ratifikation, mit Unterschriftsverweigerung – welche Ausdrücke auch immer da gefallen sind – drohen, das gleich als Drohung aussprechen? – Verbessern wir doch dieses System! Dort, wo noch Lücken sind, gehören diese beseitigt, und damit wäre das ganze Problem erledigt.

Eine Frage hätte ich noch im Zusammenhang mit Madrid: Gibt es eigentlich eine akkordierte Position des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers, sodaß es in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten mehr gibt und keine Entschuldigungen mehr notwendig sind, oder wird es wieder so sein, daß der Bundeskanzler klarstellen muß, daß es eine einzige Position der Regierung zu vertreten gilt? (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz, aber das bedrückt mich wirklich auch noch.

Herr Vizekanzler! Sie haben gesagt, als Christdemokrat sind Sie daher für die Integration von Ausländern. Können Sie als Christ und Demokrat mir erklären, warum Sie den Familienzuzug für die Familien ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger verhindern wollen? Ich halte das insofern nicht für eine gesunde Haltung für einen Christdemokraten, als Sie wahrscheinlich gegen Ihren christlichen Glauben verstoßen, wenn Sie da einen Riegel vorschieben wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort hat Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte. "Gleiche Redezeit" traue ich mich fast nicht mehr zu sagen.

12.14

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Ich nehme die Einladung zur extensiveren Nutzung der Redezeit sehr gerne an, Herr Präsident.

Herr Außenminister! Geschätzte Damen und Herren der Regierung! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja heute einiges Interessantes über die Außenpolitik gehört, aber es hat sich eigentlich darauf beschränkt, daß es Arbeitsgespräche gibt. Die "aktive" Außenpolitik Österreichs besteht darin, daß wir mitgeteilt bekommen, was wir ohnedies wissen oder auch in den Berichten nachlesen können: Es gibt viele Arbeitsgespräche. Aber es gibt – und das fällt nicht nur uns auf, sondern auch den Medien und Ihnen – in dieser Außenpolitik fast keine Initiativen mehr, und dort, wo es sie gibt, sind sie derart widersprüchlich, daß sie ein beschämendes, ein fürchterliches Bild auf Österreich werfen. Das ist auch der Grund dafür, daß wir das immer wieder hier diskutieren.

Bleiben wir beim Thema Regierungskonferenz. Es haben sich einige Medien im Anschluß an die Regierungskonferenz darüber amüsiert, daß die Versprechen, die unsere Regierungsvertreter hier im Inland gegeben haben, zum Beispiel sich für die Vollbeschäftigung einzusetzen, sich für die Umweltklauseln einzusetzen, von ihnen dort gar nicht umgesetzt wurden, gar nicht vorgetragen wurden. Sie sind dort still gesessen und haben gewartet, bis die anderen das für uns durchgefochten hatten.

Aber das sind nur ein paar Beispiele für viele. Fast könnte man in Versuchung kommen zu sagen: Wir sind das ja gewohnt! Wir sind es ja gewohnt, daß hier manches versprochen wird, was im Ausland dann nicht gehalten wird. Aber eines sind wir nicht gewohnt gewesen – und das ist der eigentliche Punkt –: daß etwas, was im Ausland in welchen Worten auch immer gesagt wurde, dann hier in Österreich, hier im Außenpolitischen Ausschuß, hier im Hauptausschuß


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80. Sitzung / Seite 38

nicht aufgeklärt wurde. Zum Beispiel wurde nicht aufgeklärt, ob es nun Meinungsverschiedenheiten gegenüber Schweden, der schwedischen Regierung gibt, ob es Meinungsverschiedenheiten gegenüber Tietmeyer gibt.

Wenn ich den Ausführungen des Außenministers wirklich Glauben schenken würde, würde das bedeuten, daß sich Journalisten das ausgedacht haben. Und glauben Sie wirklich, daß sich Journalisten etwas so Ungeheuerliches ausdenken und dann ganz zufällig noch auf den Namen Tietmeyer kommen. Etwas anderes ist ihnen dann nicht mehr eingefallen, oder wie? – All das ist so abstrus, und es ist so klar, was die Wahrheit ist, daß ich denke, daß dieses Haus hier diese Woche diese Frage noch entscheiden muß, und sie läßt sich nur entscheiden mit einem Vertrauens- oder Mißtrauensvotum.

Aber wenn Sie noch immer den Ausführungen Glauben schenken, die auch heute der Herr Minister gemacht hat, nämlich daß das von Österreichern erdacht und ins Ausland transportiert worden ist, und das wirklich stimmt, dann müßte der Herr Minister klagen. Aber niemand glaubt Ihnen noch, daß es wirklich so war. Wir wissen längst, wie es war.

Das Resultat der Debatte nach diesen Tagen scheint aber zu sein, daß es in Österreich ein Kavaliersdelikt wird zu lügen, vor allem für Politiker. Wenn ich mir heute die Presse anschaue, die groß und breit berichtet, wer in dieser Welt schon aller gelogen hat, dann kann ich Ihr Verhalten nur so interpretieren, daß Sie meinen: Mein Gott, ist es halt einer mehr oder weniger! – Das scheint Ihr Verständnis einer christdemokratischen Haltung zu sein.

Noch etwas lassen Sie sich bei dieser Gelegenheit gesagt sein: Es ist ein Unterschied – ich möchte das aber jetzt nicht verharmlosen –, ob Wahlversprechen gebrochen werden – das wird auch heute in den Medien, in der Presse so dargestellt – oder ob ein Minister hier in einem Ausschuß nicht nur erklärt, er habe das nicht gesagt, sondern gleichzeitig auch noch eine Reihe von Menschen der Lüge bezichtigt – nicht irgendwelche Menschen, sondern Menschen, die in erster Linie Öffentlichkeitsarbeit machen.

Zum Schluß möchte ich noch etwas sagen, was mir in den letzten Tagen zu denken gibt. Es gibt in den letzten Tagen wieder eine NATO-Debatte, hervorgerufen durch eine Äußerung des amerikanischen Präsidenten Clinton und eine Antwort von Klima darauf. Er sagt nun interessanterweise, daß wir eine Debatte ohne Scheuklappen führen sollen. Mich interessiert, wer eigentlich Präsident Clinton informiert hat, fälschlicherweise informiert hat, denn sein wörtliches Zitat ist, daß ein Interesse von Österreich da ist, der NATO beizutreten. Wer hat dieses Interesse, und wer hat Clinton über dieses Interesse informiert? Welches Regierungsmitglied war das, und wie ist das noch mit unserer Haltung, die wir in der Außen- und Neutralitätspolitik einnehmen, zu vereinbaren? – Das sind gravierende Fragen, die die Glaubwürdigkeit der Außenpolitik betreffen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich frage zuletzt: Welche Haltung wird die österreichische Bundesregierung heute und morgen auf diesem Gipfel der Länder ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (fortsetzend): ... auf diesem Gipfel der Länder der "Partnerschaft für den Frieden" vertreten? – Jene, daß wir Interesse haben, in die NATO zu gehen, jene, daß wir eine Diskussion ohne Scheuklappen führen, oder jene, daß wir noch immer ein neutrales Land sind?

Die österreichische Außenpolitik – das ist mein Schlußsatz – ist nicht zuletzt durch Ihr Verhalten, Herr Außenminister, in Mißkredit geraten, der nicht mehr auszuhalten ist. (Beifall bei den Grünen.)

12.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre die Aktuelle Stunde für beendet. Es liegen auch keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.


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80. Sitzung / Seite 39

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2602/J bis 2626/J und 2628/J bis 2650/J.

2. Anfragebeantwortungen: 2271/AB bis 2369/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 12/ABPR.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 229/A.

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern (690 der Beilagen).

5. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Druckfehlerberichtigung zum Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1995) (Zu III-82 der Beilagen),

Berichtigung zum Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung (Zu III-76 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 28 betreffend "Kennzeichnungspflicht genmanipulierten Saatguts", überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic,

Bürgerinitiative Nr. 12 betreffend Wiederholung der EU-Volksabstimmung.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen über soziale Sicherheit (650 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über soziale Sicherheit (768 der Beilagen);


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80. Sitzung / Seite 40

Außenpolitischer Ausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission samt Anhängen und Briefwechsel (710 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute samt Anhang (711 der Beilagen),

Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (799 der Beilagen),

Protokoll zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits und der Schlußakte (800 der Beilagen),

Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits und der Schlußakte (801 der Beilagen);

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Übereinkommen) samt Anhang und Erklärungen; Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung samt Erklärung und Erklärung der Republik Österreich (767 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Zwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 1996) (III-88 der Beilagen);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich samt Anlagen (742 der Beilagen).

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 82. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken und die Empfehlung (Nr. 183) betreffend denselben Gegenstand (III-90 der Beilagen).

*****


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80. Sitzung / Seite 41

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Ich darf dem Hohen Haus auch bekanntgeben, daß der Neunte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 6, 7 bis 11 sowie 12 bis 14 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Daher werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über folgende Vorgangsweise erzielt:

Es wurde eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120, ÖVP 112, Freiheitliche 104, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit hat das Hohe Haus diesen Vorschlag genehmigt.

1. Punkt

Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für Finanzen zur wirtschaftlichen Lage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung: die Erklärung des Herrn Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und im Anschluß daran die Erklärung des Herrn Bundesministers für Finanzen zur wirtschaftlichen Lage.

In weiterer Folge wird entsprechend einem Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte über diese beiden Erklärungen stattfinden.

Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte sehr.

12.21

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Nicht nur die Prognosen internationaler Wirtschaftsinstitute und internationaler Organisationen, sondern in zunehmendem Maße auch die persönlichen Erfahrungen österreichischer Unternehmer und reisender Politiker – auch ich bin einer – zeigen, daß sich im internationalen Bereich konjunkturell Unglaubliches tut. Es ist eigentlich das Hauptdiskussionsthema bei allen internationalen Konferenzen geworden, warum es in der Welt so stark disparate Wachstumszonen gibt.

Wir haben auf der einen Seite ein relativ schwaches Wachstum in den OECD-Ländern und vor allem in den Mitgliedsländern der EU und der Rest-EFTA, und wir haben auf der anderen Seite ein relativ starkes Wachstum in Asien von durchschnittlich über 8 Prozent pro Jahr, in Lateinamerika von fast 5 Prozent, in Nordamerika, in den NAFTA-Ländern von etwa 3 Prozent. Und es gibt eine internationale Diskussion, die sich um die Frage dreht: Was ist denn passiert etwa im Wege der Globalisierung? Ist hier ein Prozeß im Gange, der mit dem Importwachstum vor allem der etablierten Märkte in Europa, in den USA und in Japan eine selbsttragende Konjunktur in Asien und zum Teil in Lateinamerika ausgelöst hat, an der Europa nicht teilnehmen kann?

In den letzten Wochen haben vor allem Analysen von amerikanischen Nationalökonomen die Medien bewegt. Ich zitiere in meiner Rede eine Analyse des Nobelpreisträgers Gary S. Becker


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von der Chicago University, der den Europäern wie viele andere indirekt vorwirft, daß sie auf mehreren Gebieten den Erfordernissen und den Rahmenbedingungen moderner Wirtschaftspolitik nicht gerecht würden. Er sagt, wir würden zuviel intervenieren, dies vor allem auf dem Arbeitsmarkt, und zuwenig über Steuersenkungen, Subventionskürzungen, die Beseitigung von Regulierungen und Beschäftigungskontrollen und die erleichterte Zulassung von Unternehmen reden.

Ich glaube, daß wir im Zuge der heutigen Diskussion über weite Bereiche dieser Auseinandersetzung doch zeigen können, daß wir in Österreich erhebliche Anstrengungen unternehmen, um hier aufzuholen. Und ich sage folgendes: Wir haben weltweit Wachstum, und wir müssen uns als Politiker wie alle, die Regulierungen setzen, fragen, ob wir genug tun, um über die Entfesselung der eigenen Kapazitäten und Möglichkeiten eine stärkere Teilnahme an diesem weltweiten Wachstum darzustellen.

Freilich sollten wir uns – das habe ich in diesem Haus schon mehrmals gesagt – langsam überlegen, ob wir nicht aufhören sollten, Statistiken für den Hausgebrauch und Statistiken fürs internationale Renommee zu verwenden. Wir haben eine hausgemachte Inflationsrate als Statistik, und wir haben eine hausgemachte Arbeitslosenrate als Statistik. – Sie ersehen aus meinen verteilten Redeunterlagen, wie stark die Differenzen sind. In dem Ausmaß, in dem wir uns täglich mehr als Mitglied der Europäischen Union etablieren und uns auch politisch in der Argumentation nicht selbst in die Irre führen wollen, sollten wir endlich – das wäre mein Appell – bei beiden Raten auf die europäische Rate umsteigen. Es geht dies ja so weit, daß zum Teil auch Werbesendungen für Österreich von Bankinstituten, von renommierten Häusern, auf diesen unterschiedlichen Vergleich hereinfallen und wir tatsächlich international immer öfter gefragt werden, wo nun die Wahrheit liege.

Außerdem: Wir brauchen uns vor internationalen Diskussionen nicht zu scheuen. Alle Länder, die uns in Festreden als Musterbeispiele vorgehalten werden, haben höhere Arbeitslosenraten und höhere Inflationsraten als Österreich und kommen eher uns fragen, was sie tun sollen. Ich kann zum Beispiel erzählen, daß mir etwa eine amerikanische Chefökonomin sagte, wenn unsere standardisierten EU-Daten Herrn Greenspan zur Verfügung stünden, würde es wahrscheinlich einen Kurseinbruch in der Wall Street geben und es müßte auch eine Erhöhung der Zinsraten vorgenommen werden, weil wir international eine so niedrige Arbeitslosenrate und auch eine geringere Inflation als die anderen EU-Länder haben.

Ich gebe gerne zu: Das hilft dem einzelnen Arbeitslosen nicht. Nur: In der internationalen Analyse sollten wir wirklich einmal lernen, in einer Sprache zu reden. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Wenn man so wie ich sehr lange in der Wirtschaftspolitik begleitend tätig war und wenn man über die Anliegen der einzelnen Unternehmen, der Interessenorganisationen wie auch der politischen Parteien Jahrzehnte hindurch die Entwicklung verfolgte, dann muß man sagen, daß die Rahmenbedingungen in Österreich über Perioden einen dramatischen Wandel zum Besseren erfahren haben. Wenn wir in der österreichischen Wirtschaftspolitik mit Inflationsraten von im Schnitt 4 Prozent in den sechziger Jahren, von über 5, ja fast 6 Prozent in den siebziger Jahren und von jedenfalls über 2 Prozent im Großteil der achtziger Jahre konfrontiert waren und jetzt mit einem Inflationspfad von 2 oder unter 2 Prozent für die nächsten Jahre zu rechnen haben, dann wissen dies gerade die Unternehmer in den verschiedenen Wirtschaftssektoren, vor allem im exponierten Sektor, zu schätzen, weil sie, da es in den Nachbarländern 10 bis 15 Prozent Inflation und in den Hauptzielmärkten, in den Entwicklungsländern oft bis zu 70 Prozent Inflation gibt, wissen, was es heißt, mit stabilen Preisen zu arbeiten.

Auch in der internationalen Steuerdiskussion lebt Österreich davon, daß es diesem Land gelungen ist, relativ frühzeitig im Vergleich zu großen Nachbarn Unternehmensteuerreformen durchzusetzen, die uns als Standort attraktiv gemacht haben. Sie ersehen aus dem internationalen Vergleich, daß wir in Europa, wenn man von Großbritannien und einigen Nordländern absieht, keinen Vergleich zu scheuen brauchen und daß uns die Unternehmensgesamtbesteuerung in der Niederlassungspolitik zum Vorteil gereicht.


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Zum dritten Punkt, meine Damen und Herren: Als wir in den siebziger Jahren eine Hochzinspolitik hatten, war es das Hauptproblem vieler Unternehmen, daß sie die Zinsen im Wirtschaftsprozeß nicht erwirtschaften konnten. Damals hat die Wirtschaftspolitik als innovative Antwort ein sehr weitreichendes Instrumentarium von Zinssubventionen eingeführt. Wir hatten damals Kredite, die mit mindestens 8,5 Prozent zu bezahlen waren. Sie sind dann auf 10 Prozent gestiegen, während sie heute zwischen 4,75 und etwa 6 Prozent liegen. Wir wissen, was es heute heißt, in Unternehmen auf dem Finanzmarkt tätig zu sein, und wir wissen, welche Möglichkeiten sich vor allem für die größeren Unternehmen im Bereich der Finanzierungspolitik bieten.

Daher muß in diesem Punkt auch gesagt werden: Es muß dabei bleiben, daß wir bei Niedrigzinsen fahren können. Denn ich erinnere: 1 Prozent Zinserhöhung trifft Österreichs Wirtschaft mit etwa 15 Milliarden Schilling, hingegen 1 Prozent Lohnerhöhung nur mit etwa 10 Milliarden Schilling. Das heißt, wir müssen dabei bleiben, eine Niedrigzinspolitik zu fahren.

Nächster Punkt, meine Damen und Herren: Zum ersten Mal seit 80 Jahren hat Österreichs Unternehmerschaft mehr oder weniger freien Marktzugang zu allen Nachbarmärkten, und es zählt zum Bestreben der internationalen Wirtschaftspolitik, diese Möglichkeit weiter zu fördern. Das bedeutet im konkreten, daß wir weiterhin mit dem Export als Motor unseres Wachstums rechnen können und daher diesem Bereich der Wirtschaftspolitik auch in Zukunft großes Augenmerk zuwenden müssen.

Meine Damen und Herren! Ich verweise auf die letzten Zahlen bei den Direktinvestitionen. Wir hatten im Jahr 1996 zum Unterschied von den meisten unserer Nachbarn eine überwältigend positive Investitionsbilanz aus dem Ausland. Daß wir über 40 Milliarden Schilling Auslandsinvestitionen in Österreich hatten, spricht für die Standortpolitik, und ich kann jeden Kritiker nur einladen, mit den Unternehmen, die diese Investitionen durchgeführt haben, in einen Dialog einzutreten, um eine Würdigung des Standortes Österreich zu erfahren.

Ich kann Ihnen aus dem eigenen Haus berichten, weil wir im Vorjahr die ABA, die Austrian Business Agency – früher ICD –, übernommen haben, daß wir auf ungewöhnliches Interesse an Investitionen in Österreich treffen, das sich allerdings signifikant verlagert hat. Österreich ist kein Traditionsland mehr für Großinvestitionen, auch etwa von der Menge der zur Verfügung stehenden Potentiale her, sondern wir werden ein typisches Land für eher kleine und mittlere Investoren.

Unsere ABA-Erfahrungen zeigen, daß wir im letzten Jahr 24 Projekte realisiert haben, die ein Investitionsvolumen von 350 Millionen Schilling umfaßt und etwa 1 100 Arbeitsplätze nach Österreich gebracht haben. Im Jahr 1997 haben wir bisher 27 Unternehmen "an Land gezogen", die 700 neue Arbeitsplätze und ein Investitionsvolumen von etwa 1 Milliarde Schilling mit sich gebracht haben.

Ich kann Ihnen nur folgendes sagen: Bei jeder meiner Auslandsreisen gibt es jetzt Sonderseminare für ausländische Investoren, und wir stellen nach wie vor großes Interesse fest.

Meine Damen und Herren! Es würde nicht reichen, es bei diesem international eher positiven Vergleich bewenden zu lassen. Man muß darauf eingehen, daß wir doch Horizonte von Problemen in Österreich haben, die es hier anzusprechen gilt. Ich möchte mich zuerst dem Arbeitsmarkt zuwenden.

Natürlich fällt es auf, und zwar jedem einzelnen von uns und auch in den Ministerien, daß mit dem Umstieg der Beschäftigungspolitik der öffentlichen Hände in Österreich sehr viele junge Menschen gezwungen werden – ich erinnere, daß zum Teil bis zu 70 Prozent der Absolventen mancher Studienrichtungen in den öffentlichen Dienst gegangen sind –, sich nun national und international anderweitig um Arbeit umzusehen. Die Erfolgsgleichung österreichischer Arbeitsmarktpolitik in den nächsten Jahren wird sich auch danach richten, ob es gelingt, die traditionelle Unternehmerlücke zu schließen und durch eine Welle neuer Unternehmen auch mehr Arbeitsplätze in neuen Betrieben, hier vor allem im Bereich der Dienstleistungen, zu schaffen.


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Freilich muß eines auch offen angesprochen werden, Hohes Haus: Es genügt nicht, wenn wir versuchen, für die österreichischen Unternehmen optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, wenn dann diese nicht auch im Sinne gesellschaftlicher Verpflichtungen, wie es so schön heißt, etwa zu einer höheren Beschäftigungswirkung eingesetzt werden.

Wenn ich mir eine Randbemerkung erlauben darf: Rein entwicklungssoziologisch kann man argumentieren, daß die Dynamik der österreichischen Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten darunter gelitten hat, daß zuviel der jugendlichen Elite vom öffentlichen Dienst absorbiert wurde, wo sie nicht von der Hierarchie her automatisch zur Quelle der Dynamik wurde. International sagt man, daß gerade die jungen Abgänger von Schulen und Hochschulen für die Dynamik einer Wirtschaft entscheidend sind. Ich glaube, daß es daher auch historisch eine Chance ist, wenn wir zum ersten Mal die Elite aus den Hochschulen in die Unternehmen und nicht mehr in den öffentlichen Dienst bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Wir haben gerade im Hinblick auf viele aus internationalen Umfragen resultierende dicke Kompendien über den Standort Österreich in den letzten Wochen eine Blitzumfrage bei den in Österreich investierenden Großunternehmen gemacht. Und erstaunlich ist, daß wir bis auf zwei Ausnahmen kaum Klagen gehört haben. Erste Ausnahme: heftige Kritik an den Energiekosten in Österreich. Zweite Ausnahme: heftige Kritik an den Telekommunikationskosten in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )  – Dazu komme ich später, Herr Abgeordneter.

Es wird jetzt notwendig sein – das ressortiert zum Teil zu mir, zum Teil zu anderen –, im Bereich der Energieorganisation durch die Neuordnung des Organisationsrechts in Österreich, die in den nächsten Tagen spruchreif werden wird, sicherzustellen, daß wir zumindest im Bereich der energieintensiven Industriebetriebe – mir schwebt vor, ab 40 Gigawattstunden – ein Liberalisierungsmodell umsetzen können, das zur Wettbewerbsfähigkeit entscheidend beiträgt.

Zum anderen wird es notwendig sein, daß wir im Bereich der Telekommunikation statt Preisauftriebstendenzen eine starke Kostendämpfungstendenz haben und darüber hinaus auch das Funktionieren der Systeme verbessern. Ich möchte Ihnen nicht mitteilen, was ich vor 14 Tagen bei einem US-Aufenthalt von Topexperten über den Zustand des österreichischen GSM-Systems gehört habe.

Lassen Sie mich nun zu Forschung und Entwicklung kommen. Meine Damen und Herren! Sie werden sich noch erinnern, daß ich hier mehrmals gesagt habe, mein Wunschkonzert an die Forschungspolitik bestünde aus drei Elementen: erstens die bisher tätigen Institutionen unter ein Dach zu einem besseren Dialog und zu einer besseren Koordination zu bringen, zweitens wesentliche Teile des ERP-Fonds, der ERP-Mittel in Richtung industrienahe Forschung umzukonzentrieren und drittens zusätzlich einige Milliarden für den Bereich der industrienahen Forschung freizumachen.

Ich glaube, daß die jetzige Diskussion mit dem Projektteam und die diesbezüglich vorgesehenen Modelle dazu angetan sind, in diese Richtung kreativ voranzuschreiten. Ich möchte allerdings hinzufügen, daß wir aufhören sollten, in diesem Zusammenhang eine Angstdiskussion zu führen. Es ist nicht im geringsten davon die Rede, dem FFF quasi die Mittel wegzunehmen. Wir wollen ihm die Darlehensgebung nicht mehr gewähren, weil er nicht Bank spielen soll, aber er soll weiterhin zumindest im bisherigen Umfang tätig sein und durch eine entsprechende Grundkapitalausstattung des neuen Forschungsdaches auch weiterhin nicht mit Schuldenvorgriffen arbeiten müssen.

Ein Punkt, den ich hier im Hohen Haus erwähnen möchte, weil er heute schon angesprochen worden ist: Ich habe wiederholt gesagt, große Investoren seien uns willkommen, dies vor allem dann, wenn sie auch forschen. Es war im Fall Conti-Semperit einer der Hauptnachteile dieses Standortes, daß auf die Forschung verzichtet wurde. Ich kann dem Hohen Haus heute mitteilen, daß sichergestellt ist, daß ein sehr wesentliches Forschungsprojekt des Conti-Konzerns wieder nach Traiskirchen zurückgeht. Es geht dabei vor allem um ein zukunftsweisendes Modulprojekt, was bedeuten würde, daß wir auch hinsichtlich der so oft angezweifelten Zukunft des LKW-


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Reifen-Standortes Traiskirchen wieder sehr hoffnungsfroh sein können, auch wenn das Projekt vom Umfang her nicht in die Milliarden geht. Aber es ist ein Anstoßprojekt, das die gesamte Reifentechnologie revolutionieren könnte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

Herr Präsident! Hohes Haus! In meinem Haus werden dieser Tage die Verhandlungen mit dem Umweltministerium und der E-Wirtschaft über ein Fördermodell für alternative Energieerzeugung abgeschlossen. Ich nehme an, daß wir noch diese Woche fertig werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang ankündigen, daß wir vor allem im Bereich der Biomasse hochaktiv werden müssen, und zwar aus zwei Gründen: Die Biomasse ist im Hinblick auf internationale Energieszenarien die wahrscheinlich hoffnungsfrohste Sparte der österreichischen Energieerzeugungspolitik. Wir haben bei unseren Diskussionen festgestellt, daß es nicht hinreicht, die Biomasse überwiegend für die Zwecke der Wärmeerzeugung einzusetzen, sondern sie wird – und hier gibt es hohen Forschungsbedarf – vor allem auch eine wichtige Ressource zur Elektrizitätserzeugung sein. Daher glaube ich, daß wir hier als eines der ersten Schwerpunktprojekte auch im Rahmen dieses KIR genannten Teils des neuen Forschungsdaches ein erweitertes dynamisches Modell der Öffentlichkeit und vor allem der Wirtschaft zur Verfügung stellen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun zum Außenhandel. Jeder, der unvoreingenommen die Berichte der österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute analysiert, ersieht daraus auch, wo die wirkliche Problematik unserer Exportwirtschaft liegt. Der Großteil aller österreichischen Exporte – rund zwei Drittel – geht in den Bereich der Europäischen Union, in der es ein relativ schwaches Wachstum gibt, vor allem im Bereich der Konsumnachfrage. Aufgrund dieser Verflechtung haben wir auch mit der Europäischen Union selbst das größte Handelsbilanzdefizit, nämlich rund 112 Milliarden Schilling, während wir mit dem Rest der Welt zwar einen Überschuß haben, aber durch den relativ geringen Anteil am Gesamtexport an der Wachstumsdynamik nicht entscheidend teilhaben können.

Daher kann unsere Strategie nur in einem zweifachen Ansatz bestehen. Erstens gilt es, auf dem Binnenmarkt stärker zu werden, um dieses Binnenmarktdefizit abzubauen. Das wird durch eine eigene Binnenmarktoffensive getan. Da gibt es sehr viele Bemühungen; ich gebe allerdings zu, daß Europa ein wettbewerbsmäßig sehr intensiv besetzter Bereich ist. Und gerade für den Bereich der Nahrungsmittelindustrie, wo wir die größeren Defizite haben, gilt, daß die österreichische Angebotsstruktur dem, was in der EU nachgefragt wird, von der Menge wie von der Qualität her nicht immer entspricht. Zweitens: Wir werden insgesamt schauen müssen, daß wir noch mehr am Wachstumsbereich Ost-Mitteleuropa Anteil nehmen.

Meine Damen und Herren! Die OECD bewundert uns dafür, daß wir seit der Ostöffnung unseren Außenhandelsanteil mit den Ländern von Slowenien bis Südpolen von etwa 9 auf 14 Prozent verbessert haben.

Ich gehe davon aus, daß sogar 20 Prozent erreichbar sind, wenn das Wachstum in diesen Ländern – wie prognostiziert – in den nächsten Jahren weiterhin real zwischen 4 und 8 Prozent betragen wird. Nichtsdestoweniger müssen wir jedoch vor allem für Märkte außerhalb dieses Bereiches kreative Förderungs- und Innovationsmaßnahmen durchführen.

Ich freue mich außerordentlich, daß die Kontrollbank in der Zwischenzeit den Zugang zum Markt der GUS-Länder erleichtert hat, daß die Konditionen für Rußland wesentlich verbessert worden sind und ein Teil der GUS-Länder geöffnet wurde. Im jüngsten Aufsichtsratsbeschluß der FGG wurde sichergestellt, daß zwei Asien-Fonds von rund 500 Millionen Schilling eröffnet werden, die uns in diesem wachstumsstärksten Markt der Welt endlich adäquat etablieren werden, und ich hoffe sehr, daß es gemeinsam mit dem Finanzministerium gelingen wird, auch für Lateinamerika eine ähnliche Fazilität zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Es gibt mehrere Ansätze dafür, erleichterten Marktzugang für Österreichs Unternehmen auf vielen Auslandsmärkten zu erreichen:


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Erstens: Wir müssen uns des stärksten Wirtschaftsblocks, der EU, bei internationalen Wirtschaftsverhandlungen bedienen, um Marktbarrieren zu behindern. Ich stelle bei jedem meiner Besuche fest, daß Österreichs Beispiele für Handelsbarrieren, die vor allem von der Wirtschaftskammer, von der AWO, in das Computernetzwerk der EU eingespeist worden sind, von den EU-Botschaftern jeweils als erste Beispiele genannt werden. Wir müssen damit fortfahren, und die EU muß in ihrer Außenpolitik unsere Anliegen den einzelnen Ländern gegenüber aktiv vertreten. Wir werden uns auch in der Frage des gemeinsamen Vorsitzes – ich habe bereits mit dem englischen Handelsminister Clark über eine gemeinsame Schwerpunktstrategie Marktöffnung im Zusammenhang mit unserer Mitarbeit in der Troika des EU-Vorsitzes gesprochen – behaupten müssen.

Zweitens: Die Umsetzung mancher WTO-Regeln schreitet zu langsam voran, und bevor wir von der neuen Millenniumsrunde reden, sollten wir schauen, ob die alten Regularien durchgesetzt sind. Dabei geht es mir vor allem um die Frage der Durchsetzung der sogenannten TRIMs und TRIPs, vor allem der Urheberrechtsangelegenheiten.

Ein Wirtschaftsblock wie die EU, der längerfristig nur durch kräftige Innovation auf dem Weltmarkt bestehen und somit Wohlstand sichern kann, muß auf derartige Schutzmechanismen großen Wert legen.

Meine Damen und Herren! Wenn man die Entwicklung der österreichischen Arbeitslosenrate näher betrachtet, so sieht man, daß vor allem jene Menschen arbeitslos sind, die nur einen Ausbildungsgang – also Volks- oder Hauptschule – abgeschlossen und nie weitergelernt haben.

Wir werden international um unser Lehrlingsmodell beneidet. Lassen Sie mich dazu sagen: Aus einer Aktion, wie sie etwa der Wirtschaftsbund durchgeführt hat, sehen wir, daß diese neuen Bündel von Förderungsmaßnahmen, die neuen Bedingungen im Berufsausbildungsgesetz, im Jugendbeschäftigungsgesetz und im Bereich des ASVG zu Zusagen aus dem Bereich der Wirtschaft für 3 500 zusätzliche Lehrstellen geführt hat. (Beifall bei der ÖVP.) Das will ich betonen, und ich hoffe, daß dieser Trend weitergeht.

Ich zitiere einige große amerikanische Unternehmen, die in einer Langzeitanalyse jüngst bekanntgegeben haben, daß das größte Entwicklungshemmnis in den USA der dramatische Mangel an voll ausgebildeten Facharbeitern ist; daher mehren sich die Studiendelegationen nach Österreich. Auch innerhalb der NAFTA zeigen Vergleiche, daß der Skill-Level mexikanischer Facharbeiter höher ist als jener in den USA, was in Amerika eine Diskussion auslöst.

Daher meine Bitte, daß wir den Bemühungen der WIFIs wie der Berufsförderungsinstitute in der nächsten Zeit erhöhtes Augenmerk zuwenden. Wir sollten uns nicht nur im Ausland als Beispiel verkaufen, sondern durch eine Intensivierung der Erwachsenenbildung die Furcht vor und die Chance auf Arbeitslosigkeit vermeiden oder jedenfalls kräftig verringern. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch darüber sollen wir in aller Offenheit reden: Bei BMW, bei General Motors und anderen kann man heute mit Stolz eine Fülle von Arbeitszeitmodellen sehen. Die "Großen" klagen nicht oder nur selten darüber, daß sie in Österreich nicht genügend Flexibilität vorfinden, sondern das Problem ist vielmehr, daß sich viele kleinere und mittlere Betriebe einfach nicht trauen beziehungsweise unter dem Auge wachsamer Kontrollen gar nichts tun können. Daher wäre meine Bitte auch an die Sozialpartner, sich zu überlegen, wie man diese deutliche Diskrepanz zwischen großer Flexibilität bei den "Großen" und geminderter Flexibilität bei den "Kleinen" durch Verhandlungen beseitigen könnte. (Beifall des Abg. Mag. Peter. )

Im Zusammenhang mit Flexibilisierung möchte ich noch sagen, daß es noch vor dem Sommer einen Begutachtungsentwurf über Teilgewerbe geben wird, mit dem wir jungen Leuten in zig Berufen hoffentlich ermöglichen werden, die Chancen zur Selbständigkeit rasch wahrzunehmen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Gredler und Mag. Peter. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte, bevor ich zum Schluß komme, auch noch einige Worte zum Tourismus sagen. Seit Jahren gibt es Probleme im Tourismus, und wir sollten uns zwei Dinge deutlich vor Augen führen, auch wenn es nicht immer gerne gehört wird: Es gibt im


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Tourismus exogene Ursachen, die zu Problemen führen, und es gibt endogene, betriebsinterne Ursachen, die ständig zu Problemen führen. Ich möchte das Hohe Haus auf eine Untersuchung der Österreichischen Hoteltreuhand aufmerksam machen. Ich werde auch im Zuge des neuen Tourismusberichtes, der das Haus bald erreichen wird, darauf hinweisen, daß eine Untersuchung aller Krisenfälle ergeben hat, daß es sich bei 87 Prozent der Fälle um endogene Ursachen handelt, wie zu hohe Altschulden, Probleme in der Familie und ähnliches, daß die konjunkturelle Veränderung der Nachfrage bei nur 3 Prozent zu Problemen geführt hat und sogenannte Naturkatastrophen wie Lawinen und so weiter bei 6 Prozent. Das ergibt 13 Prozent exogene Ursachen und 87 Prozent "hausgemachte" Ursachen.

Daher bitte ich das Hohe Haus, zu verstehen, daß ich einmal mehr wiederhole: Die Absicht des Wirtschaftsministeriums ist es, die ÖHT zu einer echten Konsolidierungs- und Restrukturierungsbank umzuorganisieren. Es muß in diesem Sektor gelingen, daß wir über Umstrukturierungen im finanziellen Bereich – ob das nun Beteiligungskapital, Langzeitdarlehen oder ewige Hypotheken sind – günstigere Strukturen erreichen, vor allem für die in großer Zahl jugendlichen Betriebsübernehmer.

Noch einige Worte zur Österreich Werbung: Nach relativ vielen internen Turbulenzen, von deren Sie hinreichend auch aus den Medien gehört haben, kann ich Ihnen jetzt berichten, daß erstmals seit der Neuorganisation ein außerordentlich konstruktives Klima in diesem Verein herrscht. Zum ersten Mal haben wir alle Streitigkeiten mit den Ländern ausgeräumt, wir haben den Schwerpunkt auf Marketing und nicht mehr auf Personalverwaltung gelegt, und wir sprechen zum ersten Mal konzentriert neue Zielmärkte an. Natürlich geschieht das Wunder bei schrumpfender Nachfrage auf unseren Stammärkten nicht über Nacht, aber es zeigen sich sehr wohl Auswirkungen. Und eines muß man auch sagen: Der Umstieg von der Nächtigungsmessung auf die Umsatzmessung, die ich eingeführt habe, zeigt hinsichtlich der Ergebnisse des letzten Jahres, daß wir erstmals seit 1992 wieder einen real steigenden Umsatz im Tourismus gehabt haben. Auch wenn er nur eine Milliarde betrug, scheint doch ein Trendbruch vom Ertrag her, jedenfalls vom Umsatz her, möglich zu sein.

Meine Damen und Herren! Daher bleibt uns für die nächsten Jahre als Hauptgebot, wenn wir an die Zukunft denken: Erinnern wir uns vieler unserer traditioneller Stärken, erinnern wir uns aber auch der aufgrund der Politik vieler Jahre nicht möglichen Strategien. Wir können die öffentliche Nachfrage im Hinblick auf Budgetdisziplin nicht hemmungslos ausweiten. Wir können nicht erwarten, daß der Privatkonsum, der Österreichs Wirtschaft durch viele Jahre gepusht hat, stark steigen wird. Daher müssen wir auf die Wachstumsinnovation über Teilnahme an der weltweiten Investitionskultur und darüber hinaus über Exporte in Bereiche, in denen wir stark vertreten sind, setzen.

Aber wenn wir etwa als Beispiel Länder mit hohen Strukturproblemen nehmen, wie das in Kalifornien der Fall war, und uns fragen, warum Kalifornien heute wieder ein Beispiel für Wirtschaftswunder geworden ist, trotz Rüstungsabbau und ähnlichen Dingen mehr in den letzten Jahren, dann können wir uns dies folgendermaßen erklären: Viele Länder setzen heute auf Technologien, von denen sie sich den Wachstumsimpuls der Zukunft erwarten, und nicht auf traditionelle Methoden von von öffentlicher Nachfrage abhängenden Sektoren. Ich denke da vor allem an die Medien- und Unterhaltungswirtschaft, an die Mikroelektronik, an den Softwarebereich, an den Sektor industrienaher Dienstleistungen und an die Biotechnik. Es sind dies in jedem Einzelfall, auch in Österreich, Bereiche, wo es ein hohes Wachtstumspotential gibt, und wir sollten uns auf diese Bereiche stärker konzentrieren als auf jene, in denen wir nichts mehr tun können.

Schließlich – und damit komme ich zum Schluß, Herr Präsident – zur Förderung neuer Unternehmen; diesbezüglich haben wir in letzter Zeit einiges unternommen. Ich wurde bei meinem Besuch beim amerikanischen Under Secretary Eizenstat, also dem Mann Nummer zwei im Außenministerium, sofort auf die Studie der Amerikanischen Handelskammer in Österreich angesprochen, wonach amerikanische Investitionen in Österreich mindestens eine einjährige Zulassungsdauer erfordern.


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Ich habe gesagt: Werfen Sie die Studie weg. Die Zahlen sind durch die zwischenzeitigen Ergebnisse längst überholt und stimmen für die betroffenen Unternehmen nicht mehr. Es wurden alte Daten aus alten Untersuchungen in eine rezenteste Investoreninformation übernommen, aber wir sehen, daß allein die auch in diesem Haus über lange Monate geführte Diskussion über ein neues Anlagenrecht zu einer Reduktion der Verfahren auf im Schnitt maximal drei Monate geführt hat. Das spricht sich auch im Ausland herum, und wir sollten da unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. ) Wir werden auch mit den Hunderten neuen Berufen der Jugend beweisen können, was wir mit der Deregulierung der Gewerbeordnung erreicht haben.

Zur Insolvenzpolitik. Meine Damen und Herren! Das, was wir in den letzten Wochen aus Blumau und Stegersbach lernen mußten, muß doch die Alarmglocken läuten lassen. Wir haben etablierte Instrumente der Frühwarnung, doch sie funktionieren nicht. Wir haben Kreditschutzverbände – es passiert trotzdem. Wir haben Banken, die sich regelmäßig die Finger verbrennen, und im letzten Moment soll dann immer die Politik herbeieilen. Ich glaube, daß es Zeit wird, im Insolvenzrecht mehr Mechanismen in Richtung Wettbewerb zu orientieren. Ich würde es begrüßen, wenn wir mehr Kreditschutzverbände hätten, die in der Frühwarnung wetteifern, und ich würde es begrüßen, wenn wir Verfahren einführen würden, im Zuge derer wir auf hinreichende Eigenkapitaldeckung bauen können.

Meine Damen und Herren, ich habe Sie nun lange genug aufgehalten. Dennoch: Wenn die Teilnehmer am österreichischen Wirtschaftsprozeß – ob Unternehmer oder Arbeitnehmer –, wenn diejenigen, die Rahmenbedingungen setzen, wie das Hohe Haus und wir in der Regierung, sehen, was sich in der Welt von heute abspielt, und hinsichtlich der Rahmenbedingungen adäquat argumentieren, sehe ich keinen Grund, warum Österreich nicht rasch wieder auf einen gesicherten zwei- bis dreiprozentigen Wachstumspfad und damit Wohlstandspfad zurückkehren könnte. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ .)

12.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke Herrn Bundesminister Dr. Farnleitner.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß Frau Abgeordnete Dr. Schmidt vor Eingang in die Tagesordnung gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuß zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz im Zusammenhang mit den sogenannten Kurden-Morden einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Nach § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung werden Debatte und Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung stattfinden.

Ich bitte um Kenntnisnahme.

*****

Ich darf nunmehr Herrn Finanzminister Edlinger das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.54

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bundesminister Farnleitner und ich legen Ihnen heute einen umfassenden Wirtschaftsbericht vor – einen Bericht, der einerseits natürlich eine Momentaufnahme darstellt, aber auf der anderen Seite natürlich bestimmte historische Trends und Zukunftsperspektiven aufzeigt, die es zu prüfen gilt. Ich glaube daher, daß der Wirtschaftsbericht durchaus ein geeignetes Instrumentarium darstellt, die Wirtschaftspolitik dieses Landes kritisch


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zu hinterfragen, einer Diskussion zu unterziehen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Ich glaube aber auch, daß ein umfassender Bericht über die Wirtschaftslage Österreichs heute mehr denn je auch auf einer Beurteilung des internationalen Umfeldes aufbauen muß.

Es besteht kein Zweifel, daß wir Zeitzeugen großer politischer und wirtschaftlicher Veränderungen sind: Die Integration der ehemaligen Planwirtschaften im Osten Europas in eine marktwirtschaftlich orientierte Weltwirtschaft, die Vollendung der Europäischen Integration durch die Währungsunion und die Phänomene der Globalisierung sind Vorgänge, die eine neue internationale Arbeitsteilung mit sich bringen. Wie erfolgreich darauf in einer Volkswirtschaft reagiert wird, hängt natürlich vom Problembewußtsein ab sowie von der konkreten Bereitschaft, aufgrund sehr nüchterner und vorurteilsfreier Analysen Änderungen durchzuführen.

Diese Eigenschaften sind nicht nur für jene notwendig, die Rahmenbedingungen schaffen und wirtschaftspolitische Akzente setzen, sondern im Grunde ist unser gesamtes gesellschaftliches System gefordert. Es ist dies eine demokratiepolitisch organisierte Gesellschaft, die einen intensiven Diskussions- und Abstimmungsprozeß ermöglicht. Ich glaube, daß das Ziel dieses Prozesses das Finden tragfähiger Kompromisse ist.

Es gibt überzeugende Gründe dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß unsere Einstellung zu den erwähnten Phänomenen von einer positiven Haltung geprägt werden sollte, von einer Haltung, die zwar auch die Risken sieht – man soll nichts beschönigen –, die vor allem aber auch die Chancen, die sich ergeben, nutzt, denn: Weder ist die Integration mit einem Verlust von kultureller Identität verbunden, noch bedeutet Globalisierung den unaufhaltsamen Weg zur Zweidrittelgesellschaft. Integration ist vielmehr die logische Folge der Globalisierung.

Insgesamt können wir, wie ich meine, eine Vision von größerer internationaler Verteilungsgerechtigkeit und vom Abbau potentieller Spannungen haben. Gleichzeitig, und das ist meine Auffassung dazu, schützt Integration vor negativen Einflüssen der Globalisierung. Vom Standpunkt der Europäischen Integration bedeutet das die Erhaltung der europäischen Wertvorstellungen und das Schaffen einer politischen und ökonomischen Infrastruktur, die Probleme durch eine spezifisch europäische Ethik löst und den Begriff der Gewalt ausschließt. Ich halte das für eine der wesentlichen Positionen im Zusammenhang mit der Europäischen Integration. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Österreich, meine sehr geschätzten Damen und Herren, befindet sich – wie viele andere europäische Länder auch – in einem Prozeß der Anpassung an neue, große strukturelle Herausforderungen; Anpassung jedoch nicht passiv empfunden, sondern Anpassung offensiv und initiativ wahrgenommen.

Ich möchte als erste der großen Herausforderungen die Ostöffnung nennen. Hätte sich heute vor zehn Jahren jemand hier hergestellt und gemeint, in zwei Jahren gebe es die Berliner Mauer nicht mehr, wäre er wahrscheinlich ausgelacht worden. Zehn Jahre sind in der Entwicklung einer wirtschaftlichen Situation, in der Veränderung von Strukturen, die das wirtschaftliche Handeln regelt, eine extrem kurze Zeit. Die Ostöffnung brachte für viele Länder Europas, besonders jedoch für die unmittelbaren Nachbarn der Reformländer, nämlich Österreich und Deutschland, nicht nur neue Märkte und Expansionsmöglichkeiten sowie demokratische und stabile politische Verhältnisse in unmittelbarer Nachbarschaft, sondern sie hat unserer Wirtschaft Konkurrenten direkt vor die Haustüre gesetzt – Konkurrenten, die durch ihre niedrigen Preise und Lohnkosten den heimischen Betrieben erhebliche Probleme machen.

Während zwar alle Untersuchungen zeigen, daß Österreich von der Ostöffnung vor allem durch eine Exportsteigerung profitiert, so können und dürfen wir die Augen davor nicht verschließen, daß auch die Importe und vor allem der Einkaufstourismus gewaltig gestiegen sind und bereits in vielen Bereichen und Regionen volkswirtschaftlich schädlich wirken. Eine Reihe von Branchen und Wirtschaftsbereichen, vor allem in grenznahen Gebieten, gilt es zunehmend vor unlauterem Wettbewerb zu schützen. – Auch das ist eine Aufgabe, die wir uns vorgenommen haben.

Die zweite Herausforderung ist die Westeuropäische Integration. Sie verändert vieles. Die Teilnahme am Binnenmarkt und der logisch sinnvolle nächste Schritt zur WWU brachten schon bis


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her und bringen auch in der Zukunft für unzählige europäische Unternehmen Chancen: Chancen auf mehr Wachstum, Chancen auf mehr Arbeitsplätze, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut in seiner Prognose, in seiner Studie, treffend vorstellt, aber, und auch das muß man sehen, mehr Chancen für alle, das heißt, auch für andere, und damit wird die Konkurrenz im eigenen Lande größer.

Die dritte große Herausforderung ist das, was man unter Globalisierung versteht. Viele Branchen, die noch vor wenigen Jahrzehnten eine Domäne der europäischen Volkswirtschaft waren, sehen sich heute einem weltweiten Konkurrenzkampf ausgesetzt. Große europäische Konzerne haben nicht nur Marktanteile, ihren führenden Namen, sondern vor allem auch Tausende Arbeitsplätze verloren. Hochspezialisierte und -technisierte Produkte für den Weltmarkt werden in vielen Ländern zu Preisen hergestellt, mit denen wir in Europa einfach nicht mitkönnen.

Aber auch diese Herausforderung darf man nicht nur passiv registrieren, auf diese Herausforderung wollen die Menschen Antworten, und es gibt Antworten darauf. Es gibt nicht die Antwort darauf, sondern es gibt ein Bündel von Maßnahmen. Die Wirtschaft Österreichs und Europas muß – das ist ein Schlagwort – besser sein als die Konkurrenz. Es nützt heute nichts mehr, der Beste in der Straße, der Beste im Ort oder der Beste im Lande zu sein, sondern man muß der Beste überhaupt sein. Und die Menschen müssen trotz größerer Anforderung – und das wollen sie auch – in Wohlstand und Frieden leben können.

Diese Mischung aus wirtschaftlicher und sozialer Qualität hat Österreich reich und Europa in aller Welt eigentlich erstrebenswert gemacht. In Europa kann nicht nur gut gearbeitet, sondern auch gut gelebt werden. Und das unterscheidet uns von vielen Ländern dieser Welt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeinsame Merkmale der neuen Entwicklung sind, daß sie maßgeblich zur weiteren Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft beitragen. Minister Farnleitner hat in einigen Bereichen darauf hingewiesen. Die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft hat aber auch einen anderen Aspekt, den ich hier durchaus einbringen möchte: Mit jedem Verkauf von Unternehmensanteilen an ausländische Eigentümer wächst die Sorge der Menschen, daß österreichische Interessen nicht mehr ausreichend wahrgenommen werden und daß Arbeitsplätze in Österreich verlorengehen könnten.

Wenn wir daher den Weg der Privatisierung – den ich vertrete – und der Ausgliederung weitergehen, so müssen wir die Gefahren und die Ängste der Menschen dabei berücksichtigen. Daher darf auch die Diskussion über staatliche Vermögensdispositionen – und das sage ich ganz bewußt auch oder gerade als Finanzminister – nicht einseitig auf die Frage der beim Verkauf erzielten Privatisierungserlöse reduziert werden. Wir sollten auch die Frage von strategischem Eigentum an Schlüsselbereichen der Wirtschaft bei uns im Lande im Auge behalten. Bei der Energiewirtschaft, dem Bankwesen, der hochentwickelten Industrie darf es nicht allein um einzelwirtschaftliche Ziele gehen, sondern es muß darum gehen, auch gesamtwirtschaftliche österreichische Ziele zu realisieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten diese Prozesse konstruktiv angehen und im Interesse unseres Landes fördern und nicht den Unternehmungen durch politisch motivierten Streit in unserem Lande schaden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nicht nur für die Betriebe und die Arbeitnehmer, auch für die Wirtschaftspolitik insgesamt bedeuten die Veränderungen also, daß alte Rezepte nicht mehr in gleicher Weise angewendet werden können wie früher, auch dann nicht, wenn sie in der Vergangenheit erfolgreich waren.

Hohes Haus! Wir haben einen recht erfolgreichen österreichischen Weg der Wirtschaftspolitik hinter uns. Wir müssen nun diesen Weg für die Wirtschaft, für mehr Wachstum und für mehr Beschäftigung kreativ und mutig weitergehen. Dabei geht es vor allem darum, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft den neuen Erfordernissen anzupassen.


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Anpassung – das sage ich auch ganz deutlich – bedeutet in einer Reihe von Bereichen – etwa bei den Ladenöffnungszeiten, dem Arbeitszeitgesetz oder der Gewerbeordnung – mehr individuellen Gestaltungsraum. Diesbezüglich ist in den letzten Monaten viel geschehen; freilich – und auch das gebe ich ganz offen zu – nicht immer zur Freude der Betroffenen, aber letztendlich im langfristigen Interesse der Betroffenen und zum Erhalt ihrer Beschäftigung – ob selbständig oder unselbständig.

Anpassung bedeutet in anderen Bereichen die Schaffung moderner Anreize anstelle traditioneller Lenkungsformen. Die Erbringung vieler Dienstleistungen wie etwa der Telekommunikation ist nicht unbedingt Aufgabe der öffentlichen Hand, wie bereits erwähnt wurde. Daher hat es in Österreich bereits viele institutionelle Reformen gegeben, wie etwa den Umbau und die Privatisierung, die sehr erfolgreiche Privatisierung der früheren verstaatlichten Industrie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die angesprochenen neuen Aufgaben werden wir am besten dann lösen, wenn wir offen und pragmatisch an sie herangehen. Mit der Einstellung "Das war immer so!" oder "Bei uns nicht!" werden solche notwendige Reformen hinausgezögert und die Chance zum Mitgestalten der Entwicklungen vertan, denn letztlich bleibt uns in Wahrheit keine andere Wahl, als uns den neuen Herausforderungen an unsere Wirtschaft zu stellen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Entscheidend für mich als sozial und demokratisch denkenden Menschen ist, daß wir die neuen Herausforderungen im Geiste der sozialen Fairneß, also vor allem im Sinne eines stimmigen Ausgleiches und Kompromisses bewältigen. Daher wird bei allem Bekenntnis zur Stärkung der Wettbewerbskraft und des Wirtschaftsstandortes Österreichs die Frage der gerechten Verteilung des gemeinsam Erwirtschafteten auf der Tagesordnung bleiben müssen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich verlief in den letzten Jahren im Verhältnis zu Europa etwa parallel. Auch in Österreich – und das ist sehr bedauerlich – dauerte die Schwächephase unerwartet lang, bis hinein in das späte Jahr 1996. Seit dem letzten Quartal des Jahres 1996 zeichnet sich eine langsame und positive wirtschaftliche Entwicklung ab. Nachfrage und Produktion haben sich belebt, und ich glaube, daß vor allem der Aufschwung in Österreich von den Exporten in die EU getragen war, die sich aufgrund des dort ebenfalls anspringenden Wachstums erhöht haben.

Es kann daher insgesamt heuer mit einem leichten Wachstumsplus gerechnet werden. Von den heimischen Wirtschaftsforschungsinstituten, der Europäischen Kommission, der OECD und dem Internationalen Währungsfonds wird übereinstimmend ein Wirtschaftswachstum von etwa 1,5 Prozent erwartet. Damit wird die österreichische Wachstumsdynamik nur knapp unter dem Durchschnitt der Europäischen Union liegen, was vor dem Hintergrund der nachhaltigen Anstrengung zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in Österreich ein, wie ich meine, sehr gutes Ergebnis ist. Für das Jahr 1998 rechnen die Wirtschaftsforscher mit etwa 2,2 Prozent.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der Beschäftigung ist für mich eine zentrale Frage, wenn auch die Lage am Arbeitsmarkt in Österreich im internationalen Vergleich nach wie vor günstig ist. Aber die Menschen leben nicht im Vergleich, sie leben im Lande. Daher nützt es auch nichts, sich auf irgendwelche Daten auszureden, sondern es ist unsere Aufgabe – eingebettet in die Politik auch der Europäischen Union –, diese Frage als eine österreichische zu betrachten.

Wenn die Arbeitslosenrate im Jahr 1997 nach Prognosen der Wirtschaftsforscher bei 4,2 bis 4,3 Prozent und damit weit unter dem EU-Durchschnitt liegt, dann ist mir das eigentlich noch zuwenig. Selbst in den sogenannten neuen Wirtschaftswunderländern USA, Neuseeland, Niederlande oder Irland liegen die Arbeitslosenraten deutlich über jenen von Österreich. Das sollte man in der Diskussion nicht vergessen, wo diese Länder uns ja gerne als Beispiel vor Augen geführt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

In den USA beträgt die Arbeitslosenrate 5,5 Prozent, in den Niederlanden 6,5 Prozent, in Neuseeland 6 Prozent und in Irland noch immer über 11 Prozent. Nicht daß ich mich darüber freue,


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ich möchte nur darauf hinweisen, daß diese unsere Beschäftigungssituation nicht von allein kommt, sondern daß in diesem Lande Rahmenbedingungen geschaffen worden sind, die bewirken, daß Beschäftigung in einem weltweit anerkannten, fast einzigartigen Ausmaß vorhanden ist. Und darauf sollten wir alle, egal, welcher politischen Partei wir angehören, im Interesse der Bürger unseres Landes eigentlich stolz sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aber auch in diesem Zusammenhang sind Ziele zu artikulieren. Ich verweise diesbezüglich auf die Debatte, die wir auch in Amsterdam geführt haben, als wir uns sehr stark dafür gemacht haben, als eines der politischen Ziele der Europäischen Union die Vollbeschäftigung zum Ausdruck zu bringen und zu formulieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich weiß jeder, daß die Erreichung dieses ungeheuer großen Zieles nicht eine Angelegenheit ist, die von einem Tag auf den anderen bewältigt werden kann, aber ich glaube – und ich sage das in aller Deutlichkeit –, es ist das politische Ziel dieser Regierung, Maßnahmen zu setzen, mit deren Hilfe man der Vollbeschäftigung möglichst nahekommt. Und dieses Ziel ist genauso legitim, wie wir uns auch das Ziel des immerwährenden Friedens auf dieser Welt setzen, obwohl jeder weiß, daß das gar nicht leicht erreichbar ist. Das heißt, Vollbeschäftigung ist das Ziel dieser Bundesregierung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dazu wird es aber notwendig sein, außer österreichischen Maßnahmen auch auf allen anderen Ebenen, so auch auf der europäischen Ebene, neue Akzente zu setzen. Der EU-Gipfel von Amsterdam war ein erster großer Schritt in diese Richtung, und wir können es auch uns als Österreicher zugute schreiben, daß die Beschäftigung in der EU zum Thema Nummer eins geworden ist.

Ich weiß schon, mit keiner Resolution kann man einen Arbeitsplatz schaffen. Ich gehöre jetzt wenige Monate dem ECOFIN-Rat an, aber ich habe bemerkt, daß sich die Themenstellung in der Debatte verändert hat. Die Finanzminister Europas diskutieren über dieses Problem, und das ist zunächst einmal schon sehr viel, weil man ja eigentlich von Finanzministern erwartet, daß sie sich im Hinblick auf Budgetkonsolidierung und sonstige Strukturmaßnahmen bis in das letzte Detail verlieben, aber die Position der Beschäftigung dann den Arbeitsministern überlassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern fand in Brüssel die erste Sitzung des ECOFIN unter luxemburgischer Präsidentschaft statt, und der luxemburgische Ministerpräsident und Finanzminister hat klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er alle Möglichkeiten für den Luxemburger Gipfel im November ausschöpfen wird, auch hinsichtlich der inhaltlichen Frage: Was kann eigentlich Europa zur Forcierung der Beschäftigung beitragen? Und da, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es nicht alleine um ein Mehr an Geld, es geht um viele Dinge, die die wirtschaftliche Entwicklung behindern und die letztendlich entfernt werden müssen.

Daneben werden wir aber eine massive Koordinierung der nationalen Beschäftigungsprogramme anzustreben haben, denn Beschäftigung ist eine Frage – und so soll es auch bleiben – der nationalen Staaten, denn – und ich sage das auch hier in aller Öffentlichkeit – es kann nicht die Philosophie eines Nettozahlerlandes sein, die EU-Beiträge zu erhöhen, um Arbeitsprogramme europäischer Natur zu finanzieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Aber wir haben dazu beizutragen, alle Maßnahmen zu setzen, die auch eine Koordination der nationalen Beschäftigungsprogramme ermöglichen. Wir haben Überlegungen anzustellen, wie wir etwa eine gemeinsame Außenhandelspolitik formulieren und exekutieren könnten. Wir haben zu überlegen, welche Funktion die Europäische Investitionsbank und der Europäische Investitionsfonds künftighin wahrzunehmen haben und ob sie alle ihre Maßnahmen ausschöpfen. Wir haben die Steuerharmonisierung als einen ganz wichtigen Aspekt zu sehen, um nämlich unlauteren Wettbewerb durch die Schaffung von Steuernischen hintanzuhalten. Und ich glaube, daß gerade im Hinblick auf die finanzielle Vorschau in der Europäischen Union, die ab dem Jahr 2000 neu strukturiert werden muß, die Frage der Strukturfonds, aber auch die Frage der Finanzierung der europäischen Agrarpolitik neu zu überlegen ist.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zwischen 1992 und 1995 – ich möchte damit auch auf die aktuellere Diskussion eingehen – ist das Finanzierungsdefizit aller öffentlichen Haushalte in Relation zum Bruttoinlandsprodukt in Österreich von 1,9 Prozent auf 5,3 Prozent gestiegen. Das heißt, wir hätten mit vielen Kriterien, die uns heute noch beschäftigen, aber in der Zwischenzeit bewältigt sind, 1992 keine Probleme gehabt. In dieser Zeit erhöhte sich auch die Verschuldensquote von 58 auf 69,4 Prozent, und ohne Gegensteuern hätte sich das Defizit der öffentlichen Haushalte inzwischen auf etwa 8 Prozent des BIP erhöht.

Ich möchte die Ursachen der Verschlechterung der Lage nur skizzieren. Mitverantwortlich dafür war sicher eine weniger dynamische Wirtschaftsentwicklung in den neunziger Jahren – 1992 etwa bis 1995 –, als sie zu Beginn des Jahrzehntes erwartet worden ist. Wir haben in Österreich sehr überlegt und durchaus motiviert im Bereich der Sozialleistungen zugelegt. Wir haben die Pflegeversicherung, Pensionsrechte für Frauen und ähnliches verbessert. Steuerliche Entlastungen im Zuge der Steuerreform 1994 spielten ebenfalls eine Rolle; sie haben gerade im betrieblichen Bereich – Minister Farnleitner hat darauf hingewiesen – sehr positive Effekte, und zwar auch Investitionseffekte, für unser Land bewirkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube daher, daß jene Überlegungen, die die Konsolidierung dieser Budgets in den Jahren 1996 und 1997 eingeleitet haben, sozial verträglich waren, daß sie notwendig waren und daß sie uns vor allem eines brachten: Wir haben innerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion künftighin auch den eigenen Haushalt so strukturiert, daß er wieder seine Handlungsfähigkeit erreicht.

Eine Reihe von Faktoren machen allerdings auch noch heuer und in den nächsten beiden Jahren einen restriktiven Budgetvollzug und zum Teil auch einnahmenseitige Maßnahmen erforderlich. Wir sind aber schon sehr weit, und wenn ich den Diskussionen unter den europäischen Finanzministern lausche oder daran teilnehme, dann, muß ich sagen, möchte ich eigentlich kaum mit einem tauschen.

Wir wollen – und darauf möchte ich ganz klar hinweisen – eine Politik vollziehen, die der österreichischen Bevölkerung kein drittes Sparpaket beschert. Und es wird auch keinen Eingriff in bestehende Pensionen geben, wie dies manche behaupten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Was wir aber heute schon tun müssen, ist, die Weichen zu stellen, damit dieses beste Pensionssystem der Welt – denn das haben wir in Österreich, und darauf sollten wir stolz sein – auch in Zukunft gesichert ist und die Pensionen auch in Zukunft ausbezahlt werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es muß in den nächsten Jahren vor allem gelingen, daß der Schuldenstand nachhaltig zurückgeht, denn fast jeder siebente Budgetschilling wird auch heuer für die Zinsen der Staatsschulden ausgegeben, und das ist eindeutig zuviel. Jeder Schilling, der nicht für Zinsen, sondern etwa für Investitionen aufgewendet werden kann, ist ein gewonnener Schilling, und ein wesentlicher Schritt dazu ist die Verringerung der Neuverschuldung. Niemand kann es sich ewig leisten, viel mehr auszugeben, als er einnimmt. Unser mittelfristiges Budgetziel muß es daher auch sein, das Defizit des Bundes gemäß den Stabilitäts- und Konvergenzkriterien weiter zu verringern.

Die Gespräche und Verhandlungen für die Budgeterstellung 1998 und 1999 sind im Gange, und ich bin zuversichtlich, daß wir dem Parlament planmäßig gute Haushaltsentwürfe vorlegen können. Um das zu erreichen, werden die einzelnen Aufgabenbereiche auch in den nächsten beiden Jahren mit den Mitteln, die ihnen heute zur Verfügung stehen, das Auslangen finden müssen. Wir gehen davon aus, daß es keine Ausgabensteigerungen geben wird. Der Aufwand für neue Ausgaben muß durch Rücknahme bei anderen bisherigen Ausgaben kompensiert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und den Maßnahmen zur Rückführung der öffentlichen Verschuldensquote ist auch eine wesentliche Verbesserung und Voraussetzung für die Teilnahme Österreichs an der dritten Stufe der WWU geschaffen worden. Ich gehe davon aus – und das haben die Diskussionen gestern in Brüssel auch gezeigt –, daß wir mit der Schaffung der WWU mit 1. Jänner 1999 rechnen können. Ich


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halte das auch für notwendig, denn jede andere Form, jede Verschiebung würde das Projekt gefährden. Und was hätte es dann eigentlich für einen Sinn gehabt, in ganz Europa zum Teil schmerzhaft zu sparen und zu konsolidieren, um dann durch eine Verschiebung jener WWU, die auf der anderen Seite ein Mehr an Wachstumschancen bringen wird, an dem positiven Effekt der nationalen Vorleistungen, die überall, und so auch in Österreich, entstanden sind, zu rütteln?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus einer Vielzahl von Gründen ist Österreich, wie ich glaube, prädestiniert, die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft als Chance zu sehen. Wir haben eine gut ausgebildete, fleißige Bevölkerung mit hoher Qualifikation und hohem Arbeitswillen. Wir haben im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – durch unsere Geschichte und durch unsere Institutionen – ein hohes Ausmaß an sozialem Konsens und Zusammenhalt, und ich glaube, das ist etwas ganz Wichtiges. Die Menschen haben die Gewißheit, daß sie durch wirtschaftliche und soziale Veränderungen nicht aus der Gesellschaft hinauskatapultiert, in den Abgrund geworfen werden oder in Hoffnungslosigkeit versinken. Österreich ist ein soziales Land, und Österreich wird ein soziales Land bleiben.

Die Bundesregierung hat in den letzten Monaten zahlreiche Programme zukunftsweisender Natur vorgestellt – Bundesminister Farnleitner ist zum Teil darauf eingegangen –, deren Ziel ist, zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes, zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, zur Sicherung des Wohlstandes und zur verstärkten Teilhabe Österreichs an den Vorteilen der Europäischen Integration beizutragen. Ich nenne etwa die Export- und Technologieoffensive, von der bereits gesprochen wurde.

Qualität, meine Damen und Herren, ist das, was wir zu entwickeln haben, und ich möchte dazu ein paar Bemerkungen machen. Qualität ist auch das Ziel unserer Lehrlingsoffensive. Wir müssen es in einer gemeinsamen Kraftanstrengung – öffentliche Gebietskörperschaften und Privatwirtschaft – schaffen, unserem anerkannten Berufsausbildungssystem neue Impulse zu geben.

Wenn unsere Wirtschaft im Export erfolgreich sein will, wenn sie durch Forschung und Entwicklung ihre Wettbewerbskraft verbessern will, dann folgt daraus unweigerlich die Notwendigkeit, auch in die Ausbildung der Beschäftigten zu investieren und neue, weiter gehende Ziele zu erreichen, wie etwa die Möglichkeit, über die Berufsreifeprüfung bis zum Hochschulstudium zu gelangen. Ich glaube, diese Durchlässigkeit ist es, die dem Ziel des permanenten Lernens überhaupt Sinn und Inhalt gibt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anknüpfend an den Bericht und die Ausführungen des Herrn Wirtschaftsministers habe ich versucht, einen groben Überblick über die Änderungen der Rahmenbedingungen für Österreichs Wirtschaft und über die Strategien, Aktivitäten und Maßnahmen der Bundesregierung zu geben. Bei all dem steht der Gedanke im Vordergrund, daß wir dies alles nicht als Selbstzweck tun, sondern für die Menschen in diesem Lande.

Die erfolgreiche Bewältigung des Strukturwandels erfordert nicht nur Flexibilisierung, Liberalisierung, zum Teil Privatisierung und Innovation, sondern auch eine soziale Absicherung für jene, die im Zuge des Wandels ihren Arbeitsplatz verlieren.

Eine neue Technologieoffensive erfordert primär nicht mehr Geld, sondern vor allem eine optimale Organisationsstruktur, eine Aufwertung der technologischen Infrastruktur und eine Konzentration der strategischen Kompetenzen. Eine Exportoffensive, meine Damen und Herren, erfordert primär nicht weitere Steuererleichterungen, sondern die Herstellung eines Angebotes an jene Dienstleistungen, welche es vor allem den Klein- und Mittelbetrieben ermöglichen, in das risikoreiche Exportgeschäft einzusteigen.

Eine erfolgreiche Wirtschafts- und Währungspolitik der EU erfordert nicht nur geld- und fiskalpolitische Stabilität sowie die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, sondern auch die verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und einen gemeinsamen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in Europa.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik erfordert nicht nur Maßnahmen zur Arbeitsplatzbeschaffung, sondern eine optimale Abstimmung und Koordinierung zwischen Makropolitik und Strukturpolitik, sowohl auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene.

Nicht zuletzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, äußert sich eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik nicht nur in hohen Wachstumszahlen und einem Höhenflug der Finanzmärkte, sondern vor allem in der Sicherung und Entwicklung des Wohlstandes und der Einkommen der Bürgerinnen und Bürger eines Landes, in der erfolgreichen Sicherung von Beschäftigung sowie in Erfolgen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hochgeschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich steht wie die meisten Industrieländer vor großen Herausforderungen, die auf verschiedenen Gebieten strukturelle Veränderungen erfordern. Die kontroverse öffentliche Diskussion über Reformprogramme verdeckt mitunter die Tatsache, daß unser Land eine gesunde ökonomische Basis hat. Dies betrifft nicht nur die monetäre Stabilität, sondern auch die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte, das sogenannte Humankapital wie auch die Leistungsfähigkeit der vorwiegend klein- und mittelständischen Betriebe.

Unser sozialökonomisches System – gestatten Sie mir diese Bemerkung – der Leistungsgesellschaft wird vom Motor des Produktivitätsfortschrittes sozusagen angetrieben. Aber wir werden diesem Prozeß weder die Lebensqualität opfern, noch werden wir die soziale Komponente über Bord werfen. Österreich ist hinsichtlich seiner Interessengruppen – und dafür werden wir von vielen beneidet – durch eine vergleichsweise hohe Organisationsdichte gekennzeichnet. Dieses Gerüst ist ein erheblicher Vorteil, wenn es um Lösungen komplexer gesellschaftlicher Fragen geht.

Allerdings bedarf es einer Voraussetzung, die nicht oft genug betont werden kann: Wir müssen uns die konsensorientierte Problemlösungskultur erhalten, die auch in den vergangenen Jahrzehnten das Markenzeichen der österreichischen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik gewesen ist. In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, legen wir den Wirtschaftsbericht vor. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Ausführungen.

Wir kommen nun zur Debatte über beide Erklärungen.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn das Wort. – Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten angegeben.

13.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minister! Hohes Haus! Herr Wirtschaftsminister Farnleitner hat hier Ausführungen gemacht, die für eine Gutenachtsendung für meine beiden kleinen Töchter sehr geeignet gewesen wären. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber sie sind sicherlich nicht dazu geeignet, etwas gegen die schlaflosen Nächte der Arbeitslosen, Pensionisten und der Vertreter der Wirtschaft zu tun. (Abg. Schwarzenberger: Arbeitslose Pensionisten?!)

Auch der Herr Finanzminister hat mit seinen großartigen Ankündigungen die internationale Finanzpolitik unterlaufen. Ich werde dann gleich sagen, warum, aber lassen Sie mich zuerst zur Ursache des Übels kommen: Die Ursache des Übels liegt letztlich in mehr als 25 Jahren sozialistischer kameralistischer Wirtschafts- und Finanzpolitik, und dafür sind Sie als Kurzzeitminister nicht verantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der Zeit des kalten Krieges konnten wir uns viel Geld sparen und in deficit spending, in unsinnige Staatsverwaltung investieren; dort war die Beschäftigung, und unter diesen Strukturen leiden wir heute noch. Wir haben diese Zeit nicht genützt, um Strukturreformen in unserem Land herbeizuführen. Jetzt, in den neunziger Jahren, ist es nicht die Konjunktur, die uns trifft, sondern


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die Versäumnisse der siebziger und achtziger Jahre, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In seiner Antrittsrede im Jahr 1996 hat Herr Minister Farnleitner etwas sehr Ehrliches gesagt: Wir brauchen die Internationalisierung, uns fehlt die politische Kraft in Österreich für Liberalisierung und Deregulierung. – Ich habe es extra noch nachgelesen: Sehr ehrliche Worte hat er damals gesagt, aber diese Kraft ist auch in der Zwischenzeit nicht entstanden.

Wenn der Herr Wirtschaftsminister einmal im freien Wettbewerb gearbeitet hätte, dann hätte er sich vielleicht diese Kraft und diese Ressourcen holen können. Aber dasselbe trifft auch auf den Herrn Finanzminister zu. Wenn Sie vom internationalen Wettbewerb reden und hier Vergleiche anstellen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sie reden von einem anderen Land! Sie haben es heute schon zitiert. Hier können Sie die Zahlen von 1997 für Österreich lesen, hier können Sie sehen, wo wir im internationalen Wettbewerb stehen (der Redner zeigt einen Bericht): Wir sind wieder zurückgefallen vom elften auf den 16. Platz, und jetzt sind wir auf dem 20. Platz. (Abg. Dr. Nowotny: Nach welchen Kriterien?) Nahezu alle EU-Länder haben uns, Herr Wirtschaftsdoktrinär, überholt!

Wir sind Schlußlicht in der EU, nicht nur im Wachstum, sondern auch in den anderen Wettbewerbsfaktoren. Das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen!

Der Bericht ist zwar noch in Englisch, aber er wird ins Deutsche übersetzt, Herr Minister, und dann wird er für Sie vielleicht leichter zu lesen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Marizzi: Das haben Sie wieder notwendig gehabt!)

Meine Herren, hören Sie auf, dieses Land mit Halbwahrheiten in etwas hineinzutheatern – was heute früh in der Aktuellen Stunde schon eindrücklich den Herrn Außenminister ereilt hat. Hören Sie auf, dieses Land in etwas hineinzutheatern. Sie theatern uns hinein mit Statistiken, die in Wirklichkeit vom Österreichischen Statistischen Zentralamt sind und von EUROSTAT nicht einmal mehr übernommen werden. Halbwahrheiten sind letztlich auch Unwahrheiten. Und glauben Sie mir: Darin sind wir Weltmeister, und das geht einfach nicht mehr!

Kommen wir gleich zur Nummer eins, der Arbeitslosigkeit, kommen wir zu Ihren Arbeitslosenzahlen. – In Österreich haben wir 6 Prozent Arbeitslose gemessen an den Erwerbstätigen; Deutschland hat 9 Prozent Arbeitslose gemessen an den Erwerbstätigen. Wenn Sie jetzt – was in Österreich unbestritten ist – Teile der Frühpensionisten und der Bezieher von Invaliditätspensionen dazurechnen, dann kommen Sie auf eine Zahl von jeweils plus 3 Prozent aus beiden Titeln – das ist beim IHS nachzulesen, das ist beim Wifo nachzulesen –, das heißt, Sie kommen auf einmal von 6 Prozent Arbeitslosen gemessen an den Erwerbstätigen in Österreich auf sage und schreibe 12. Das sind um 3 Prozent mehr als in Deutschland, und das geht natürlich alles zu Lasten der Pensionisten. Wenn Sie heute Pensionsgarantien abgeben, dann sind diese soviel wert wie die des Herrn Vizekanzlers und die des Herrn Kanzlers Vranitzky im Jahr 1995: nämlich nichts. Sie können keine abgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Struktur der Beschäftigten – das können Sie auch in diesem Bericht nachlesen – ist nicht nur wegen der Telekom- und der Energiewirtschaft, sondern auch wegen anderen Bereichen in Österreich schlechter und ist auch ein Schlußlicht in Europa.

Und die Lehrlingsinitiative – wo bleibt sie denn, bitte? Wo sind die Ergebnisse Ihrer Lehrlingsinitiative? – Der Präsident des Industriellenverbandes muß ein Rundschreiben an die österreichische Industrie richten: Nehmt Lehrlinge, weil die Regierung in der Lehrlingsfrage säumig geblieben ist. – Das ist die Unterstützung, die sie bekommen. Ein paar Lehrlinge wurden dort eingestellt – das ist letztlich Ihre Lehrlingsinitiative.

Unsere Anträge zur Attraktivierung des Lehrberufes, um den Lehrberuf endlich dem AHS-Beruf auch in finanzieller Hinsicht – was die Belastungen betrifft – ungefähr gleichzustellen, haben Sie alle abgelehnt. Der Lehrberuf war das Aschenbrödel in diesem Land, und das ist er geblieben.


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Für Sie aber ist die Welt heil. Das verstehe ich, denn die Politikerprivilegien haben Sie hervorragend verteidigt: Die Entfernungszulagen für die Nationalräte sind gestiegen – statt 100 000 S habe ich jetzt 108 000 S –, gleichzeitig haben Sie die Pendlerpauschalen gestrichen. Das ist die Realität! Sie sprechen von einem anderen Land, wenn Sie von Wirtschaftspolitik reden, Sie reden nicht von den Aktualitäten in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber in einem Land, in dem Altbundeskanzler Vranitzky 5 Millionen Schilling Pension der Bank Austria bezieht und jetzt noch ein paar Millionen von der WestLB dazubekommen wird, damit er die CA-Osttöchter der WestLB einverleibt, ist mir um die Pensionen bang – nämlich um die Pensionen derer, die heute schon Mindestpensionen beziehen, nicht derer, die im geschützten Bereich sind; dazu zählen Sie beide genauso wie Herr Bundeskanzler Klima. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber schon kommt das nächste Belastungspaket auf leisen Sohlen: die Valorisierung der Abgaben. Es werden die öffentlichen Abgaben valorisiert. Nicht daß Sie glauben, die Pensionen werden valorisiert – nein, die öffentlichen Abgaben werden valorisiert, genau das, was Sie den Pensionisten streitig machen. Ob das jetzt Stempelsteuer heißt oder wie Sie es sonst nennen werden: Es ist das Belastungspaket Nummer 3, nachdem Herr Finanzminister Lacina, in Folge Herr Finanzminister Klima und jetzt Herr Finanzminister Edlinger am Werk waren beziehungsweise sind. 25 Jahre Sozialismus zeigen eben ihre Wirkung.

Ich kann Ihnen sagen: Auch die Lohnnebenkosten, die in diesem Land zu reduzieren Sie angetreten sind, um den Wettbewerbsstandort Österreich zu verbessern, sind seither nur gestiegen. Sie sind sogar seit Ihrer letzten Ankündigung, daß wir sie senken werden, gestiegen! Und was machen Sie? – Sie holen sich natürlich Liquiditätsspritzen aus der Wirtschaft, letztlich von den Steuerzahlern ins Budget, um sich damit wieder drüberzumogeln, um mit Liquidität Ihre schlechte Bilanz für die Maastricht-Kriterien aufzubessern. Und unsere Kinder werden in der Zukunft dafür zu bezahlen haben, was Sie heute machen.

Die Sozialversicherungsbeiträge in Österreich sind, wie eine Wettbewerbsstudie zeigt, die höchsten in ganz Europa. Wir haben die höchsten Sozialversicherungsbeiträge – lesen Sie es, hier steht es drinnen! – sowohl von Arbeitgeber- wie von Arbeitnehmerseite. (Abg. Dietachmayr: Aber auch die höchsten Leistungen!) Und ich sage Ihnen, auch das schadet letztlich dem Wirtschaftsstandort Österreich, erhöht unsere Arbeitskosten erheblich und bringt leider Gottes dem einzelnen Arbeitnehmer gar nichts – es fließt alles für Ihre berühmten 400 Milliarden Schilling Quersubvention, wie es der Herr Bundeskanzler nennt, in andere Kanäle.

Wenn Sie sagen, Sie gehen jetzt die Strukturreformen an, und es gibt nur noch auf dem Telekom- und dem Energiesektor einen kleinen Handlungsbedarf, dann muß ich Ihnen sagen: Diesen Handlungsbedarf hätte es schon vor zehn Jahren gegeben. Aber was wurde gemacht? – Zum Schutz des staatlichen Monopols wurden die Wirtschaft und die Konsumenten geschröpft, auf dem Telekom-Sektor um -zig Milliarden! – Heute bezahlen sie die Rechnung. Sie haben auf dem Energiesektor genau dasselbe gemacht: Sie haben die Bevölkerung geschröpft! Und was ist jetzt? – Vergleicht man die österreichischen Strompreise mit jenen in der EU, so sieht man, daß wir sowohl bei den Preisen für den Konsumenten, für den kleinen Tarifabnehmer, als auch bei jenen für die Wirtschaft im obersten Drittel liegen, in manchen Bereichen sogar ganz oben.

Es ist offensichtlich schwierig für Sie, das zuzugeben. Das Energieorganisationsgesetz ist nach wie vor nicht beschlossen, das Telekom-Gesetz ist eigentlich alles andere als das, was wir uns erwartet haben. Der Kapitalmarkt liegt nach wie vor brach, die Börse ist im Besitz der verstaatlichten Banken. Sie haben in all diesen wesentlichen Bereichen nichts anderes erreicht, als daß Österreich überall Schlußlicht ist. Und dieser Bericht ist kein "F"-Buch, das ist ein Buch, das die EU, die OECD, das internationale Institute herausgeben: Dort sind wir Schlußlicht. Nennen Sie endlich einmal das Kind beim Namen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch einige Worte zur Technologiepolitik: Sie haben gesagt, Sie seien so stolz auf Ihre Technologiepolitik, Herr Minister Edlinger. Der österreichische Staat zahlt der Wirtschaft nur ein Drittel dessen, was EU-Schnitt ist. Sagen Sie nicht immer, es ginge alles ohne indirekte Steuererleich


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terungen: Wenn alle unsere Wettbewerbsländer sie haben, dann werden wir sie auch brauchen, die anderen werden schon darüber nachgedacht haben. Wenn man heute Betriebsvergleiche hinsichtlich der Ergebnisse macht, dann sieht man immer wieder in den wesentlichen Positionen – Kapitalkosten, Energiekosten, Telekom – Abweichungen der österreichischen Industrie und Wirtschaft, die in die -zig Milliarden gehen, was aber von Ihnen ständig bagatellisiert wird.

Wir Freiheitlichen haben daher schon lange ein Wirtschaftsprogramm und auch ein Bündnis für Arbeit ausgearbeitet, worin Sie das alles lesen können: unsere Maßnahmen, wie wir uns letztlich eine Steuerreform vorstellen, wie wir uns ein Arbeitsbeschaffungsprogramm vorstellen. Sie sind uns bei vielen Dingen im letzten Jahr ansatzweise gefolgt, das gebe ich zu; Sie sind aber auf halbem Weg steckengeblieben, bei der Gewerbereform genauso wie beim Telekom-Gesetz, und Sie werden beim Energieordnungsgesetz nicht einmal den halben Weg gehen können.

Ich sage Ihnen nur: Wenn Sie nicht jetzt – und mit "jetzt" meine ich heute! – beginnen, den Österreichern die Wahrheit zu sagen, zuzugeben, wo wir stehen, und uns weiter Tranquilizer, Schlafmittel eingeben, damit wir nur ja nicht die Realität erkennen, die für die Umstrukturierung so wichtig ist, dann machen Sie sich schuldig wie in einem Fall der fahrlässigen Krida. Das sollten Sie unseren Kindern, unseren Pensionisten, den Arbeitslosen nicht antun. Ich ermahne Sie noch einmal und fordere Sie auf, bis zum Herbst etwas anderes vorzulegen als die Erklärung, die Sie uns heute präsentiert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. Gleichfalls 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.39

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Die Berichte der Bundesregierung und die erste Reaktion der Opposition machen deutlich, daß wir in zwei politischen Welten leben. Die eine ist die Welt der Schwarzseher und Schwarzmaler, die immer mit erhobenem Zeigefinger erklären, was man falsch macht – die andere ist die Welt, die diese große, vielleicht die größte Herausforderung seit 1945 aufzeigt. – Meine Damen und Herren, diese Herausforderungen erfordern Optimismus, Zukunftsbejahung und Unternehmergeist – das sind die Voraussetzungen dafür. (Abg. Dietachmayr: Graumaler!)

Es ist sicher nicht einfach, meine Damen und Herren, diese Herausforderungen entsprechend aufzunehmen, aber wir haben uns eben mit Optimismus darum zu bemühen. Es gibt sicherlich auch Rückschläge, keine Frage, aber trotz alledem wurden gerade in letzter Zeit richtige Schritte in die richtige Richtung getan.

Die Ausgangslage für die notwendigen Anpassungen und Veränderungen ist in Österreich, so meine ich, noch gut. Beide Minister haben auf die niedrige Inflation, das geringe Zinsniveau, die stabile Währung, die relativ geringe Arbeitslosigkeit hingewiesen, und ich kann ihnen in diesen Bereichen nur beipflichten. (Beifall bei der ÖVP.)

Das sind Voraussetzungen, auf die man eine positive Stimmung aufbauen kann. Daß aber zur Vollbeschäftigung und zur Sicherung unseres sozialen Standards sicherlich noch mehr gehört und diesbezüglich auch in der Zukunft viel zu tun ist, haben uns die Berichte ebenfalls bestätigt. Es ist erkannt worden, was notwendig ist und was zu tun ist, und das ist ja in den Berichten auch angeklungen.

Hohes Haus! Es wird nicht genügen, daß wir uns einfach zurücklehnen und warten, bis die Regierung von alleine tätig wird. Wir alle sind aufgefordert, mit anzupacken, die Sozialpartner ebenso wie alle politischen Kräfte, die es diesem Land gut meinen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen alle Energien zur Schaffung von mehr Eigenkapital, zur Forcierung von Forschung und Entwicklung und der Technologiepolitik. Wir brauchen das Zusammenwirken aller Kräfte zur weiteren Exportsteigerung, für die Stabilisierung des Budgets,


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für die Zurückdrängung der Bürokratie und für die dauerhafte Sicherung der Pensionen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bewältigung all dieser Aufgaben ist die Voraussetzung für die Sicherung der Beschäftigung in unserem Land. Lassen Sie mich aus aktuellem Anlaß ein Wort zur Sicherung der Pensionen sagen. Auch da muß man die Dinge realistisch sehen. Wer unser Sozialsystem auf hohem Niveau erhalten will – und das wollen wir, glaube ich, alle –, der muß auch zur Veränderung bereit sein, wenn es notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Man muß einmal klar und deutlich sagen, daß alle heute ein Pensionssystem finanzieren, das als das teuerste Pensionssystem der Welt bezeichnet werden kann, wenn es auch vielleicht das beste sein mag, ohne die Gewißheit zu haben – das betrifft vor allem die Jungen –, daß sie ab dem Jahre 2030 auch in den Genuß einer gesicherten Altersversorgung kommen können. Das muß man hier auch deutlich festhalten, daher muß man jetzt Reformen angehen. Es muß fürs erste zunächst zu kostensparenden Reformen im geschützten Sektor kommen, ob man dies hören will oder nicht, aber das ist einfach notwendig, und das darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Es ist jedenfalls Handlungsbedarf gegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich halte nichts davon, wenn der ÖGB in diesem Zusammenhang von überhasteten Reformschritten redet. Mit diesem Hinweis wurden seit geraumer Zeit, seit Jahren notwendige Reformschritte verhindert. Was wir brauchen, sind Taten und nicht Worte, und wir brauchen sie jetzt, wie auch die Studie des Herrn Professor Rürup deutlich aufzeigt. (Beifall bei der ÖVP.) Daran ändert auch die Kritik an jenen nichts, die diese Probleme aufzeigen und Lösungsansätze einbringen wollen.

Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin gesagt, wir brauchen das Zusammenwirken aller Kräfte zur Forcierung von Forschung und Entwicklung, zur Förderung der Exportwirtschaft und der Technologiepolitik. Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt bekanntlich von der Außenwirtschaft ab. Die Exportoffensive ist daher zu begrüßen und ist ein nationales Anliegen, was es für die österreichische Wirtschaft und für die Vertretung der Wirtschaft schon immer war. Die Arbeit unserer Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich war bisher durchaus erfolgreich. Ich darf die Zahlen nennen: Immerhin stiegen die österreichischen Exporte von 512 Milliarden Schilling im Jahre 1994 auf 580 Milliarden Schilling im Jahre 1995 und haben im Vorjahr bereits 612 Milliarden Schilling erreicht.

Aber das ist noch zuwenig, wie wir wissen, da auch die Importe steigen. Derart große Steigerungen, als die man sie durchaus bezeichnen kann, waren nur möglich, weil wir ganz bewußt in den letzten Jahren die Klein- und Mittelbetriebe mit Hilfe eines weltweiten Außenhandelsstellennetzes zum Export ermuntert haben. Vor allem haben wir auch versucht, klarzumachen, daß man auch in weit entfernte Märkte gehen muß, wie das heute auch deutlich aus den Berichten hervorgegangen ist, weil wir dort die großen Wachstumsmärkte haben. Wir brauchen eine neue Exportgesinnung, wir brauchen gemeinsame Kraftanstrengungen, ein Zusammenwirken aller Kräfte, die zur Exportsteigerung etwas beitragen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen auch vom Staat konkrete Hilfe in der Erstphase. Unsere Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Export, nämlich Bereitstellung von Risikokapital zur Exportförderung und Förderungsmitteln für Forschung und Entwicklung, wurden in das Regierungsprogramm eingearbeitet. Die Bundesregierung hat versprochen, dieses auch rasch umzusetzen, und erste Schritte in diese Richtung sind durchaus erkennbar.

Meine Damen und Herren! Nicht konform gehe ich mit der Meinung jener, die meinen, daß die Technologiefrage keine finanzielle Frage wäre. Dagegen sprechen allein die Zahlen, nämlich der gewaltige Nachholbedarf Österreichs bei der Forschung und Entwicklung. In diesem Bereich haben wir leider viele Jahre etwas versäumt – das muß man auch feststellen –, daher ist die notwendige Anstrengung noch viel größer. Gelänge es, über Förderung von Forschung und Entwicklung und über Export- und Technologieoffensive die Exportquote um 3 Prozentpunkte zu steigern, dann würde dies, wie wir wissen, zusätzlich etwa 36 000 Arbeitsplätze bringen. Das


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wäre natürlich im Sinne der Sicherung der Arbeitsplätze und der Schaffung von Arbeitsplätzen äußerst wertvoll. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich auch ein Wort zur Zurückdrängung der Bürokratie sagen. Das ist ein Thema, das uns wirklich schon lange beschäftigt und wo wir noch nicht das erreicht haben, was wir wollten. Es gab einige Schritte, aber es ist noch viel zuwenig geschehen. Der Herr Finanzminister hat in diesem Zusammenhang von der Umorientierung der Arbeitsweisen in der Staatsverwaltung gesprochen. Das ist durchaus erfreulich. Ich finde es positiv, daß er dabei auch vom Kundennutzen gesprochen hat, weil das natürlich wichtig ist. Es hat sich in letzter Zeit in diese Richtung auch etwas getan. Ich freue mich jedenfalls, daß wir auf einem guten Weg sind, wie ich glaube, weil von allen erkannt wird, daß man in diesem Bereich etwas tun muß, um der Wirtschaft zu helfen und damit für die Arbeitsplatzsicherung etwas Positives zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir auch schon manches erreicht haben, so müssen wir doch bedenken, daß andere Länder längst schon zusätzliche notwendige Maßnahmen gesetzt haben und sich damit einen bedeutenden Wettbewerbsvorsprung gesichert haben.

Wir sollten uns gemeinsam anstrengen, Schritte zu setzen, die es uns möglich machen, die Wirtschaft in Österreich auch weiterhin stark zu halten. Ich weiß, daß das nicht einfach ist, aber wenn uns wir gemeinsam bemühen, notwendige Reformen zu setzen, bin ich überzeugt davon, daß es uns gelingen wird, auch in der Zukunft zu jenen zu gehören, die in der europäischen Wirtschaft und in der Weltwirtschaft mitreden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme damit auch schon zum Schluß. Packen wir mit Mut die Themen Pensionen, Export, Technologie, Abbau von Bürokratie, Eigenkapitalstärkung und Stabilisierung des Budgets an, und wir werden dazu beitragen, daß Österreich auch in Zukunft an vorderster Stelle mitmischen wird. Das ist wesentlich, weil wir uns damit auch einen Staat erhalten, der sich in sozialer Sicherheit und in einem guten wirtschaftlichen Klima weiter entwickeln kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

13.49

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Kollege Prinzhorn die Berichte der beiden Minister als Gutenachtgeschichten qualifiziert hat, hat er gleich anschließend den Weltuntergang verkündet. Ich gebe schon zu, es gibt eine Vielzahl von Dingen an der Wirtschaftspolitik und an der wirtschaftlichen Lage zu kritisieren. Nur eines müssen wir uns erhalten: das ist eine positive Stimmung.

Ich glaube nicht, Herr Kollege Maderthaner, daß es nur zwei politische Welten gibt. Sie haben gewissermaßen schon recht damit, es gibt aber drei. Die einen sind die Schwarzmaler – die haben wir eben gehört –, die zweite Gruppe sind diejenigen, die die Herausforderungen aufzeigen – darum haben Sie sich in Ihrer Rede ja redlich bemüht –, und die dritte Gruppe sind die, die die Reformen behindern. Vielleicht reden wir auch einmal über sie.

Wer sind denn die in unserer Gesellschaft, die immer wissen, wie es nicht geht, je nachdem, wie die Situation ist? Wo ist denn die Isolierschicht der Funktionäre in Österreich, die diese Reformen und echten Reformansätze behindert? Ich überlasse es Ihnen heute noch einmal, die Antwort darauf selbst zu suchen.

Da liegt nämlich das Problem: Der Wandel dieser Welt vollzieht sich, ganz schnell, und wir in unserem Land sind sehr selten bereit, den Wandel vorweg wirklich zu antizipieren. Wir sind nur dann bereit, zu handeln und Reformen durchzuführen, wenn die "Herdplatte" schon so heiß ist, daß wir nicht mehr darauf stehen können.


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Herr Wirtschaftsminister und auch Herr Finanzminister! Sie haben hier die Lage unseres Landes geschildert, der soweit zuzustimmen ist. Nur, Sie haben sehr wenige – und das bedauere ich – Blicke in die Zukunft geworfen, in die Zukunft, die viel schneller kommt, als wir alle glauben. Sie haben nicht unterschieden nach den unterschiedlichen Sektoren unserer Wirtschaft. Ich gebe Ihnen recht: Die Industrie ist wieder mehr denn je das Rückgrat unserer Wirtschaft, sie ist die Primärwertschöpfung. Und was die österreichische Exportindustrie in den letzten zwei, drei Jahren geleistet hat, ist wirklich grandios. Der Strukturwandel in diesem Bereich ist in der ersten Phase abgeschlossen, aber er wird in der zweiten Phase noch mindestens 30 Prozent der dort Beschäftigten freisetzen. Das ist ein Problem, dem wir uns zu stellen haben. Der tertiäre Sektor, der diese Beschäftigten aufnehmen sollte, die vielen Tausenden Klein- und Mittelbetriebe im tertiären Sektor können diese nicht aufnehmen, denn der begrenzende Faktor sind ohne Zweifel in Österreich die Arbeitskosten. Der begrenzende Faktor sind nicht die Bruttolöhne – ich beeile mich, das immer wieder hinzuzufügen –, der begrenzende Faktor sind die Arbeitskosten insgesamt, die wir in Österreich haben; es sind die dritthöchsten in der Europäischen Union.

Es hilft uns die Ausrede nichts, daß alle Länder, deren Arbeitskosten zu den zehnthöchsten in der Welt zählen, alle in Europa liegen. Das ist ja gerade die Eurosklerose. Das heißt jetzt nicht, gleichzeitig dem amerikanischen System das Wort zu reden, sondern das heißt, daß untersucht werden muß, was von den Arbeitskosten über den Produktionsfaktor Arbeit finanziert werden muß und was davon in anderen Bereichen aufgebracht werden kann.

Es ist überhaupt nicht hilfreich, wenn jetzt wieder der Klassenkampf beginnt. Herr Kollege Nürnberger! Das ist sicher nicht von Ihnen, das ist vom ÖGB, PBA Linz-Land/Urfahr: "3. Stauzeitung". (Der Redner zeigt diese Zeitung.) Also so einen klassenkämpferischen Schwachsinn, meine Damen und Herren, habe ich den letzten fünf, sechs Jahren nicht mehr in die Hand bekommen.

Hier steht wörtlich, bitte: Lohnnebenkosten kürzen bedeutet kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld mehr, keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit, keine Abfertigung, keine Unfallversicherung, keine Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung, keine Pflegefreistellung, keine bezahlte Freizeit bei Arztbesuch, Geburt, Übersiedlung, Begräbnis, Heirat. – Aber mehr Profit für Unternehmer!

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! So blöd kann man nicht sein. Das ist die Vergangenheit, hier grüßt die Vergangenheit, aber wir unterhalten uns über die Zukunft des Landes. Wir unterhalten uns darüber, wie wir Bruttolöhne sichern können. Wir unterhalten uns darüber, wie wir Arbeit schaffen können. Wir unterhalten uns darüber, wie wir in der Zukunft Menschen in Beschäftigung halten können – und die Antwort des ÖGB darauf ist: Lohnnebenkosten kürzen bedeutet mehr Profit für Unternehmer!

Es ist traurig. Es ist wirklich, wirklich traurig, und, Herr Nürnberger, ich fordere Sie höflich auf, Ihren Freunden und Mitgliedern im ÖGB-Linz zu sagen, daß das, was sie da tun, wirklich atemberaubend ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn also der sekundäre und auch der quartäre Sektor, Versicherungen, Banken et cetera, bis zu 30 Prozent ihrer Beschäftigten in den nächsten Jahren abbauen, müssen wir heute Antworten darauf finden. Die Antworten finden wir weitgehend in der persönlichen Dienstleistung, in der Deregulierung, die es zuläßt, neue Märkte zu erschließen, und zwar neue Märkte im Inland zu erschließen zur Steigerung der eigenen Lebensqualität.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Flexibilisierung, sind die Reformbehinderer – ich sprach bereits von dieser dritten politischen Welt –, die überholten Schutznormen, die doch letztlich die Arbeitsbesitzenden stärken und die Arbeitslosen der Hoffnungslosigkeit ausliefern. Das heißt natürlich nicht, es soll schutzlose Mitarbeiter geben, das ist ja unerträglich, es geht darum, überholte Schutznormen und falsche gesellschaftspolitische Tabus zu beseitigen.

Wieviel Beschäftigung im Bereich der persönlichen Dienstleistungen wäre zu realistischen Arbeitskosten in Österreich möglich, wenn man sie nur zulassen würde?


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Ich prognostiziere Ihnen eines, meine Damen und Herren, zur wirtschaftlichen Lage: Wir werden im kommenden Winter – und es schmerzt mich, das zu sagen – weit mehr als 300 000 Arbeitslose haben, und es wird eine große Diskussion losgehen, und es wird vielleicht eine Dringliche Anfrage dazu geben, aber dann ist alles wieder zu spät. Ich habe in Ihren Berichten, die die Lage geschildert haben, die Zukunftsperspektive vermißt, damit dieses Szenario von weit über 300 000 Arbeitslosen im kommenden Winter nicht Realität wird.

Eines muß uns klar sein, und das ist vor allem an den Herrn Finanzminister gerichtet: Die Budgetspielräume sind ausgeschöpft. Er hat es uns in seiner Rede ja auch selbst wissen lassen. Mit 1 800 Milliarden Schilling Staatsverschuldung und 100 Milliarden Schilling Zinsen im Jahr gibt es keine Spielräume mehr. Also wo liegt denn noch die Kraft in diesem Land? Die Kraft liegt in der Öffnung des Landes zu seinen Märkten, zu seinen Kunden, um damit Wertschöpfung ins Land zu ziehen und Beschäftigung zu schaffen. Diesbezüglich habe ich zuwenig in den beiden Berichten gehört, ich bedauere das.

Das Leistungsbilanzdefizit, Herr Wirtschaftsminister, haben Sie nicht angeschnitten. Es ist nicht so einfach, zu sagen, wir tauschen den Schilling gegen den Euro, und das Leistungsbilanzdefizit interessiert uns nicht mehr. Das wissen Sie als Ökonom sehr gut, daß das dann letztlich die regionale Wirtschaftskraft unseres Landes mißt und daß es sehr bald einen Effekt auf das Zinsniveau in Österreich haben wird, wenn wir dieses chronische Leistungsbilanzdefizit nicht eindämmen. Momentan wächst es noch mehr, als es uns lieb ist.

Auch bei der Steuer- und Abgabenquote hat der Finanzminister jeden Spielraum verloren. Es wurde nicht gesagt: Wir haben heute die höchste Steuer- und Abgabenquote in Österreich, die wir jemals in diesem Land hatten. Das bringt nicht ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Heindl. ) Es sind 45 Prozent, Herr Dr. Heindl, so hoch war die Abgabenquote noch nie. Unser bisheriger Rekord waren 43 Prozent. Sie dürfen nicht die Zahlen von 1995 hernehmen, sondern die von 1997 mit den Auswirkungen aller Sparpakete, die bereits beschlossen wurden.

Was mich noch betroffen macht, ist, daß wir bei allen Erfolgen, die wir in der Industrie zu verzeichnen haben, in zunehmendem Maß einen Frust bei kleinen und mittleren Unternehmen feststellen müssen. Diese "Stauzeitung" wird diesen Frust nicht unbedingt mindern, sie wird ihn eher noch erhöhen. Sie brauchen die kleinen und mittleren Unternehmer, denn Sie haben zuwenig Selbständige in diesem Land. Überlegen Sie doch einmal, warum Sie so wenige Selbständige haben! Welche Politik haben Sie zehn Jahre lang gemacht? Haben Sie wirklich die Selbständigkeit gefördert, oder haben Sie die Unselbständigkeit im Auge gehabt? Haben Sie vergessen, daß wir die Unternehmer brauchen, um Arbeitsplätze bereitstellen zu können?

Die entsprechende Politik ist aber ausgeblieben. Ich erfahre immer mehr in Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern, daß sie eigentlich die Nase voll haben, daß sie statt 12 Mitarbeiter nur mehr sechs beschäftigen wollen, weil sie sagen, die Kosten für einen zusätzlichen Meister, die Kosten für eine zusätzliche Partie, die ich einstelle, lassen sich nicht mehr hereinbringen.

Haben Sie sich überlegt, was es für jemanden heißt, ob er als Unselbständiger eine Million Schilling, vielleicht von der Großmutter geerbt, vielleicht hat er sie gespart, auf die Bank legt und sich 5 Prozent Zinsen minus 25 Prozent KESt holt oder ob er den unerhörten Wahnsinn besitzt, es in ein Unternehmen zu stecken, wo der Ertrag mit der Mindest-KöSt belastet wird und er darüber hinaus zumindest 50 Prozent Einkommensteuer zahlt?

Ja, meine Damen und Herren, haben Sie sich diese Gesetze überlegt? Sie haben nur 6,4 Prozent Selbständige in Österreich. Das ist der Auswuchs Ihrer Politik! Ändern Sie diese Politik! Es gibt tüchtige junge Leute in Österreich. Es gibt Frauen und Männer, die selbständig werden wollen, aber nicht unter den Rahmenbedingungen, vor allem im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe, die Sie ihnen anbieten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Pleiten werden untersucht. Die Pleiten werden analysiert. Wir werden in den nächsten Tagen ein Insolvenzrechtsänderungsgesetz beschließen, das in weiten Bereichen eine Verbesserung bringen wird. Aber, Herr Wirtschaftsminister, ich kann Ihnen nicht zustimmen – Branche


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hin, Branche her –, wenn Sie es sich so einfach machen und sagen, 80 Prozent der Pleitenfaktoren sind endogen und 20 Prozent sind exogen. Das waren ungefähr die Zahlen, die Sie genannt haben. So einfach ist es nicht.

Fehler werden ohne Zweifel in Unternehmungen genauso gemacht wie in der Verwaltung. In den Unternehmungen bestraft sie der Markt mit dem Konkurs. Nur wenn Sie die Kostenschraube so anziehen, gerade für Klein- und Mittelbetriebe, fällt ein immer größerer Teil aus dem Markt heraus. Wenn Sie Eigenkapitalbildung durch falsche Steuergesetzgebung behindern, nämlich durch die volle Besteuerung der nichtentnommenen Gewinne – denn wenn wir von Klein- und Mittelbetrieben reden, reden wir im wesentlichen von Personengesellschaften und Einzelfirmen –, wenn Sie solche Maßnahmen setzen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn mehr und mehr Klein- und Mittelbetriebe aus dem Markt herausfallen, weil sie unter diesen Kapitalbedingungen den Strukturwandel nicht schaffen können.

Ich glaube, es ist daher wesentlich zu kurz gegriffen, zu sagen – ich sage es jetzt ganz salopp –: 80 Prozent der Unternehmer sind schlicht und einfach zu deppert, ein Unternehmen zu führen. Die Frage ist: Welche Unternehmer holen wir uns dann, wenn 80 Prozent zu dumm sind? Jungunternehmerförderung wird bei dieser Form der Mindest-KöSt ohne Zweifel nicht funktionieren.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über die wirtschaftliche Lage dieses Landes diskutieren, dann müssen wir auch über die Kosten des Wirtschaftsstandorts Österreich insgesamt reden. Wir müssen darüber debattieren, was dieses Land kostet, was die internationalen Märkte letztlich dafür bereit sind zu bezahlen und was die Österreicherinnen und Österreicher selbst tun. Sie fahren ins Ausland einkaufen. 1995 waren es 31 Milliarden Schilling, für 1996 habe ich noch keinen Wert, er wird sicher darüber liegen, und 1997 wird er weiter steigen. Die Österreicherinnen und Österreicher, die ihren Urlaub im Ausland verbringen, fliehen nicht nur vor diesem miserablen Wetter, sondern sie fliehen auch vor dem teuren Dienstleistungsstandort Österreich. Sie fahren dorthin, wo die Gesamtkosten gegenüber dem Dienstleistungsland Österreich um ein Vielfaches geringer sind und wo sie eine ähnliche Leistung zu geringeren Kosten bekommen.

Wußten Sie, daß nur der Betriebsärzteteil des Arbeitnehmerschutzgesetzes die Betriebe bis 100 Mitarbeiter rund 1 Milliarde Schilling kosten wird? – Ja natürlich gibt es viele gute Argumente dafür. Haben Sie aber auch die Frage geprüft: Wer wird diese 1 Milliarde Schilling bezahlen, welche Märkte sind zusätzlich in der Lage, diese 1 Milliarde Schilling zu bezahlen?

Jeder von uns ist für perfekte Müllentsorgung und Mülldeponien. – Das ist gar keine Frage. Haben Sie sich aber gefragt, wer die Kosten dafür bezahlen wird? – Die Betriebe leiden heute darunter, daß die Gemeindegebühren für Müll, Kanal und Wasser derartig explodieren, daß sie sie in den Preisen ganz einfach nicht mehr unterbringen können. Und wenn man im Exportbereich tätig ist, dann sieht man, daß die Kaufkraft verlorengeht und in andere Länder abwandert.

Untersuchen wir doch, meine Damen und Herren, wenn wir über die wirtschaftliche Lage unseres Landes reden, die Kosten des Wirtschaftsstandorts insgesamt! Ich habe mit großem Interesse das Buch "SOS im Regelwald" gelesen. – Ein Werk, das ich allen Fraktionen empfehlen würde, weil es eigentlich darum geht, nicht immer nur die Kosten von Gesetzen abzuschätzen, also was sie die Verwaltung, die Gebietskörperschaften kosten, sondern darum, abzuschätzen, was denn die Gesetze die Normadressaten, die Haushalte, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande kosten. Das ist der Punkt, den Sie in den letzten Jahren nicht berücksichtigt haben. Das ist der Grund, warum der Wirtschaftsstandort Österreich so teuer geworden ist und zunehmend an Kundennachfrage und damit auch an Beschäftigung verliert.

Ich füge noch sicherheitshalber hinzu, damit Sie mich nicht mißverstehen: Dort, wo die Rationalisierung, die Produktivität gesteigert werden kann, können Sie steigende Kosten des Landes mit konkurrenzfähigen Lohnstückkosten umsetzen. Es sind vielleicht 500 000 Mitarbeiter in diesem Bereich beschäftigt, der im wesentlichen das exportorientierte Industriegewerbe umfaßt, aber die anderen zwei Millionen Menschen, wenn ich jetzt von den 600 000, 700 000 öffentlich Bediensteten absehe, sind in der Privatwirtschaft beschäftigt. Und dort geht es im wesentlichen nicht darum, die Produktivität so zu steigern, weil die Produktivitätssteigerung in diesem Bereich


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nicht darstellbar ist. Dort schlagen die Kosten immer auf den Endverkaufspreis durch, und wenn den der Markt nicht honoriert, dann schlagen sie direkt auf das Betriebsergebnis durch. Und dann müssen sie sich noch anhören, daß sie zu 80 Prozent zu dumm sind, einen Betrieb zu führen, weil es offensichtlich endogene Faktoren sind. So einfach, glaube ich, kann es sich die schulmeisterliche Politik nicht machen.

Ich bringe daher einen Selbständigen Antrag ein, den ich diesem Buch entnommen habe. Frau Dr. Fekter von der Österreichischen Volkspartei hat sich die Mühe gemacht, über die Kosten von Gesetzen nachzudenken. Sie hat den Antrag leider nicht selbst eingebracht. Sie weiß, daß ich ihren Antrag heute in leicht modifizierter Form einbringe, weil es meiner Meinung nach schade ist, solch einen Antrag nicht dem Hohen Haus zuzuführen. Es sollte Ihnen, meine Damen und Herren politische Mandatare, einmal ins Stammbuch geschrieben werden: Bevor Sie einen Antrag hier einbringen, prüfen Sie gefälligst, was das kostet, was Sie da verlangen! Und der Regierung sei ins Stammbuch geschrieben: Nicht nur die Kosten der Verwaltung sind bei einem Gesetz interessant, sondern auch die Kosten für die Unternehmungen und die Kosten für die Haushalte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir bitten Sie daher mit diesem Antrag, den wir im Wirtschaftsausschuß, Frau Vorsitzende, hoffentlich bald behandeln werden – ich hoffe, es ist nicht so wie bei der Gewerbeordnung, die Sie 14 Monate haben "schimmeln" lassen –, daß zu jedem Gesetz Erläuternde Bemerkungen gemacht werden, in denen festgehalten wird, was letztlich die Normadressaten dafür zu bezahlen haben, daß das Hohe Haus wieder einmal ein neues Gesetz husch, husch beschließt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einigen Überlegungen zum Budget abschließen. Eigentlich sollte die Gestaltung der öffentlichen Haushalte, des Budgets, nur einen geringen Einfluß auf die wirtschaftliche Lage in diesem Land haben, denn das Budget ist der kameralistische Teil. Es ist der Teil, der die Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt, es ist der öffentliche Konsum, der nur einen ganz kleinen öffentlichen Investitionsteil enthält. Die Wertschöpfung kommt aus der Wirtschaft dieses Landes. Die finanzielle Lage des Bundes ist aber so angespannt, daß wir in den betrieblichen Bereichen nur weitere Belastungen erwarten können. Diese weiteren Belastungen führen aber zu einem weiteren Verlust der Marktchancen und damit zu einem weiteren Verlust an Beschäftigung. Daher wird letztlich das Budget, Herr Finanzminister, zu einer zentralen Frage des Wirtschaftsstandorts.

Wenn es Ihnen tatsächlich nicht gelingt – Ihren Vorgängern ist es auch nicht gelungen, Sie haben ja in Ihrer Rede schonungslos ausgeführt, woran es gelegen ist, daß das Budget völlig aus den Rudern gelaufen ist –, durch echte Reformen die Ausgabentrends zu brechen und das Budget wieder zurückzuführen und eine Steuer- und Abgabenquote in der Größenordnung von 40 Prozent zu ermöglichen, dann wird der Wirtschaftsaufschwung, so wie er laut Daten möglich sein könnte, nicht stattfinden. Ich weiß heute schon, daß wir im Winter 1997/98 weit über 300 000 Arbeitslose haben werden. Ich nehme das Geschrei nicht vorweg, sondern ich fordere Sie auf, zu handeln, damit diese Vision nicht wahr wird. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.06

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich hätte an und für sich gehofft, daß der Bildungsurlaub des Abgeordneten Haider zu einer gewissen Versachlichung der Wirtschaftsdebatte beiträgt. Kollege Prinzhorn hat mich diesbezüglich leider enttäuscht, obwohl ich sicher bin, daß er es besser könnte, aber vielleicht durfte er nicht. (Abg. Haigermoser: Sollte das lustig sein, Herr Kollege?)

Auf jeden Fall bin ich ein Optimist, und ich habe mich auch sehr bemüht, unter diesem Wust an Polemik einige Argumente zu finden. Und da ich glaube, daß gerade in einer Wirtschaftsdebatte ein rationaler Austausch von Argumenten erfolgen sollte, werde ich mich bemühen, auf die Argumente des Kollegen Prinzhorn, soweit ich sie eben finden konnte, einzugehen. (Abg. Haigermoser: Wir hören!) Ich freue mich, wenn Sie mir hier gespannt zuhören. (Abg. Haigermoser:


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Deshalb sind wir ja da!) Sehr gut. Deshalb sind Sie da. Völlig einverstanden! (Abg. Haigermoser: Unter anderem!)

Erster Punkt des Kollegen Prinzhorn: Er hat hier gemeint, Österreich sei international zurückgefallen. Er hat aber nicht angegeben, worauf er sich hier bezieht und nach welchen Kriterien das festgelegt wird. Es gibt in der Tat in der letzten Zeit ein paar obskure Statistiken, die alles mögliche aufzeigen. Ich berufe mich hier lieber auf die jüngsten Daten der OECD – ich gebe meine Quelle an –, die gerade jetzt herausgekommen sind und die einen Vergleich der Pro-Kopf-Einkommen anstellen. Das wird in US-Dollar angegeben und bezieht sich auf das Jahr 1995. Wir haben in Österreich ein Pro-Kopf-Einkommen von 28 997 Dollar. Damit liegen wir höher als Australien, höher als Belgien, höher als Kanada, höher als Finnland, höher als Frankreich. Das Pro-Kopf-Einkommen Österreichs liegt knapp unter jenem von Deutschland und natürlich höher als jenes einer ganzen Reihe von Entwicklungsländern und höher als jenes der meisten Industriestaaten der OECD. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die Fakten. Und die Tatsache, daß Österreich heute eines der reichsten Länder der Welt ist, können Sie nicht leugnen, weil das die Statistik belegt, die internationale Statistik. Das ist eine Tatsache, die kein Zufall ist, sondern das ist das Ergebnis einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Sonst wäre es der Sache ja nicht dienlich gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt – ein nicht unwichtiges Argument –: Kollege Prinzhorn hat gemeint, die entscheidende Frage sind immer die Kostenentwicklungen. Angeführt hat er hier die Kapitalkosten, die Energiekosten und die Telekommunikationskosten, die immer wieder ein Wirtschaftshemmnis darstellen. Ich möchte hier wieder versuchen, darauf konkret einzugehen. Ich möchte vorausschicken – das gilt auch für Kollegen Peter –: Ich habe großen Respekt vor jeder unternehmerischen Tätigkeit, und ich habe auch großen Respekt vor jedem, der bereit ist, persönliche Risken einzugehen, und ich weiß, daß Sie das tun. Letztlich habe ich auch Respekt vor Ihrem persönlichen Handeln. Aber wenn ich das jetzt von der wirtschaftspolitischen Seite her sehe, dann muß ich sagen, es ist einfach gefährlich und zu eng gegriffen, Fragen der Standortvoraussetzungen nur auf die Kostenseite zu reduzieren. Es gibt noch eine Fülle von anderen Bereichen, denn es kommen auch noch Fragen der Strukturpolitik, Fragen der Technologiepolitik und so weiter dazu.

Sehen wir uns die Kostenseite an – ich gehe durchaus auf Ihre Argumente ein, weil ich heute versuchen möchte, doch ein bißchen einen anderen Stil einer Wirtschaftsdebatte in diesem Haus zu kreieren –, schauen wir uns die Zinssätze an. Ich habe hier – ich gebe meine Quellen immer an – die letzten Statistischen Monatshefte der Oesterreichischen Nationalbank, die besagen, daß der langfristige Zinssatz, also das, was für die Investitionsentwicklung relevant ist, in Österreich bei 5,79 Prozent liegt. Er liegt unter dem von Belgien, liegt etwa bei dem von Deutschland, liegt deutlich unter dem von Dänemark, deutlich unter dem von Frankreich und Großbritannien. Großbritannien hat zum Beispiel einen Vergleichswert von 7,25 Prozent. – Das heißt, wir haben in Österreich günstige Finanzierungsvoraussetzungen. Diese haben wir ja nicht zufällig, sondern deshalb, weil es uns gelungen ist (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner )  – ich komme sofort darauf zu sprechen, ich darf nur den Satz vollenden –, die Inflationsrate in Österreich so deutlich abzusenken, daß es sich auch auf die Zinskosten auswirkt. Das heißt, das ist ein Erfolg der Wirtschaftspolitik und ein Erfolg, der für die Investitionen entscheidend und wichtig ist.

Jetzt werden Sie – so nehme ich an, wenn ich Ihren Zwischenruf antizipiere – sagen: Das ist die Fremdkapitalfinanzierung, was ist mit der Eigenkapitalfinanzierung? Auf diesen Bereich komme ich noch. Auch die Eigenkapitalfinanzierung ist natürlich nicht unabhängig von der Frage: Wie hoch sind die Zinssätze, die wir zu berechnen haben? Und insofern hat das natürlich insgesamt eine positive Wirkung für die österreichische Wirtschaft, die nicht zu bestreiten ist.

Zweiter Bereich: Energiekosten. Auch da muß man fairerweise die Gesamtstruktur sehen. Wir haben – das ist richtig – für gewisse Industriebereiche in Österreich höhere Energiekosten. Wir haben allerdings für den Konsumentenbereich in Österreich deutlich niedrigere Energiekosten,


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als es in den meisten anderen Staaten der Fall ist. (Abg. Mag. Haupt: Nein!) Ich habe jetzt die Statistik nicht da, aber das ist auf jeden Fall so. Vergleichen Sie es mit Deutschland, vergleichen Sie es mit Frankreich, vergleichen Sie es mit Italien! Ich weiß nicht, was Sie vergleichen, aber wenn Sie es mit diesen Staaten vergleichen, dann werden Sie sehen, daß wir auf jeden Fall deutlich niedrigere Kosten haben. (Abg. Haigermoser: Welche Unterlage ist das? Wo ist die Unterlage?)

Ich lade Sie dazu ein, sich zum Beispiel die Ergebnisse in Großbritannien anzuschauen. (Abg. Haigermoser: Wo ist diese Unterlage? Beweisen Sie es!) Natürlich hat es in Großbritannien eine Deregulierung gegeben, die zu niedrigeren Strompreisen in der Industrie, aber zu deutlich höheren Strompreisen für die Konsumenten geführt hat. Das sind halt die Fakten.

Wir werden in Österreich bis zum Ende dieses Jahres ein Energieorganisationsgesetz machen. Ich warne nur vor leichtfertigen Versprechungen, indem man glaubt, man kann es sozusagen allen Leuten recht machen, und sagt, man senkt die Preise für die Industrie, auch für die Konsumenten werden sie gesenkt, und gleichzeitig wird man umweltpolitisch agieren und versuchen, daß kein Atomstrom nach Österreich kommt. Also all das zugleich wird nicht gehen, es wird gewisse Prioritätensetzungen geben, und zu denen muß man sich dann auch bekennen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe natürlich nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung, und nach mir kommen noch Kollegen, die andere Dinge aufzeigen möchten. Ich muß gestehen, bei der Rede des Kollegen Prinzhorn hat mir das Aufzeigen von Alternativen gefehlt. Da war er wirklich sehr zurückhaltend, würde ich sagen, er hat nur auf die Steuerpläne der FPÖ hingewiesen, die im Prinzip darin bestehen, daß man sagt, man solle die Steuern senken. Das klingt natürlich sehr schön, nur darf ich Ihnen schon folgendes sagen: Im letzten Papier haben Sie verlangt, daß die Steuerquote unmittelbar auf 40 Prozent gesenkt werden muß. Das bedeutet einen Steuerausfall von ungefähr 75 Milliarden Schilling. Angesichts dessen wäre es schon ganz gut, zu zeigen, wie man das finanzieren will, ob man in dem Ausmaß dann die Ausgaben des Staates – das sind dann natürlich notwendigerweise auch Investitionsausgaben – senken will und man damit tatsächlich eine rückläufige Entwicklung der Wirtschaft in Gang setzen will. Also so einfach geht es nicht, aber vielleicht können wir uns über dieses Thema beim nächsten Mal unterhalten. (Abg. Haigermoser: Das machen wir heute noch!)

Das würde mich sehr freuen, ich hoffe, daß Sie bis dahin etwas konkreter sind als Ihr Erstredner. (Abg. Haigermoser: Das ist Trattner!)

Insgesamt ist zu sagen, daß wir in dem Wirtschaftsbericht, den wir heute bekommen haben, ein sehr deutliches und auch erfolgreiches Konzept für die österreichische Wirtschaftspolitik sehen. Wir werden dieses Konzept aufnehmen, es wird von den beiden Koalitionsparteien ein Entschließungsantrag eingebracht werden, bei dem es darum geht, zu zeigen, in welchen Bereichen aus Sicht des Parlaments die Prioritäten für die nächste Zeit gesetzt werden sollen. Ich glaube, daß wir auf dem Weg sind, eine vernünftige, eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik zu machen, eine Wirtschaftspolitik – das ist sehr wichtig, und das ist heute von beiden Ministern gesagt worden –, die auch die soziale Komponente berücksichtigt.

Wenn hier von manchen die USA als das "Gelobte Land" im Hinblick auf die Wirtschaft gesehen werden, muß ich sehr deutlich sagen: Objektiv ist festzustellen: Die USA haben in den letzten Jahren ein deutliches Wachstum erreicht, aber sie haben es um einen Preis erreicht, den wir nicht bereit sind zu zahlen, nämlich um den Preis eines immer größeren Auseinanderklaffens der Einkommen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn. )

Schauen Sie, Herr Kollege, ich bin jemand, der gerne mit Fakten argumentiert. Ich habe dazu wieder eine OECD-Untersuchung, die sich auf die Jahre 1980 bis 1992 bezieht. In den USA ist für die untersten 10 Prozent der Einkommen das Realeinkommen – das sind durchschnittliche jährliche Veränderungsraten – um 1,2 Prozent gesunken. In Österreich ist es in etwa um 0,9 Prozent gestiegen. Das heißt, es geht schon auch darum, zu fragen: Wem kommt Wachstum zugute? Unsere Aufgabenstellung ist – so sehen wir Wirtschaftspolitik –, daß das Wirt


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schaftswachstum nicht nur dem obersten Drittel einer Gesellschaft zugute kommen soll, sondern Wirtschaftswachstum soll allen in einer Gesellschaft zugute kommen. Dafür kämpfen wir, und damit haben wir auch in der Vergangenheit Erfolge gehabt, für die wir uns in Österreich nicht schämen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist unsere Aufgabe, in diesem Sinne weiterzuarbeiten, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen, aber einen Fortschritt, der allen zugute kommt. Das ist unsere Politik! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.17

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Herrn Kollegen Nowotny werde ich nicht auf die Reden meiner Kollegen aus dem Plenum eingehen, sondern ich möchte mich auf die beiden Minister konzentrieren und da wiederum in erster Linie auf den Finanzminister. Vorausschicken möchte ich, daß man natürlich bei solchen Stellungnahmen zu Berichten nie ganz fair sein kann. Es wird viel Richtiges und Wichtiges gesagt, und naturgemäß nimmt man eher zu den Punkten Stellung, in denen man abweichender Meinung ist, aber zwischendurch gelingt es mir vielleicht, auch etwas zu sagen, wo ich mit Ihnen gleicher Meinung bin.

Herr Finanzminister! Zunächst zu Ihrer EU-Position. Ich stimme Ihnen völlig zu, daß es eine gewisse Bewegung – sage ich einmal vorsichtig – auf EU-Ebene gibt, was die Frage der Beschäftigung betrifft. Wir werden dann in Luxemburg sehen, ob hier wirklich etwas weitergeht oder nicht. Angesichts dessen, was Sie zur Steuerharmonisierung gesagt oder zumindest in Ihrer schriftlichen Erklärung stehen haben, nämlich daß Österreich bereits einen entscheidenden Vorstoß unternommen habe – das ist ein wörtliches Zitat –, möchte ich Sie schon an folgendes erinnern: Ich bin mit Ihnen einer Meinung, daß Steuerharmonisierung zumindest in einigen Bereichen, Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer, sehr wichtig und essentiell ist, aber ohne Änderung des Einstimmigkeitsprinzips im Ministerrat wird da auf absehbare Zeit nichts weitergehen. Die Konferenz in Amsterdam war in dieser Beziehung wie in vielen anderen Beziehungen auch ein Fiasko. Hier ist absolut nichts weitergegangen.

Zweitens zum Budget: Sie sagen, es wird kein drittes Sparpaket geben. In gewisser Hinsicht gebe ich Ihnen recht, denn die bisherigen Pakete habe ich auch nicht als Sparpakete bezeichnet, aber daß es ein Paket geben wird, das, glaube ich, ist doch vor allem aus den Äußerungen von Finanzminister Edlinger in den letzten zwei Monaten klar geworden. Nur stichwortartig: Heuer schon gibt es eine Sperre bei den Ermessensausgaben, es wird Gebührenerhöhungen geben, Änderungen beim Bausparen, die Freibeträge werden wieder sistiert werden, es wird höhere Einkommensteuervorauszahlungen geben. – Kurzfristige Maßnahmen, die längerfristig ohnedies nicht wirken, aber 1998/99 eine gewisse Beruhigung bringen können. Es wird nach wie vor erhebliche Umschichtungen von der Arbeitsmarktförderung in die Pensionsversicherung geben – und was weiß ich noch alles.

Nicht wir waren es, sondern aus dem Bereich des Finanzministeriums – aus dem Dunstkreis des Finanzministeriums jedenfalls – kamen diese Äußerungen in den letzten Wochen, die wohl die Aussage rechtfertigen, daß es ein kleines Paketchen geben wird, kein Sparpaket, ebensowenig wie die Pakete der Vergangenheit Sparpakete waren, aber jedenfalls einschneidende Maßnahmen sowohl bei den Ausgaben, aber noch viel mehr bei den Einnahmen.

Heute haben wir keine Budgetdebatte, daher vielleicht nur noch eines: In Ihrem schriftlichen Text und auch in Ihrer Rede kam die Aussage vor, daß der Schuldenstand Österreichs stabilisiert werden soll beziehungsweise daß es eine wesentliche Aufgabe ist, den Schuldenstand zu reduzieren. Er soll nachhaltig zurückgehen. Das kann wohl nicht richtig sein, denn das würde bedeuten, daß wir in den kommenden Jahren Budgetüberschüsse erzielen, und selbst Ihr ehrgeiziges Budgetprogramm ist darauf nicht abgestellt. Gemeint kann höchstens sein, daß die Schuldenquote stabilisiert wird, das heißt der Schuldenstand in Prozent des BIP.


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Noch etwas, weil es heute am späteren Nachmittag auch noch hier im Hause darum gehen wird: Herr Minister Edlinger! Sie haben gesagt, daß das strategische Eigentum in gewissen Schlüsselbereichen eine wirtschaftspolitisch wichtige Sache sei. Ich stimme Ihnen völlig zu. Die Grünen sind zum Beispiel immer dafür eingetreten, von weiteren Privatisierungen in der E-Wirtschaft abzusehen, solange nicht der Beschluß zur Re-Regulierung in diesem Bereich neu gefaßt wird, und das wird noch einige Zeit dauern.

Aber Sie erwähnen nicht nur die E-Wirtschaft, sondern auch die Banken, und im Bankwesen vermisse ich jedes Konzept in dieser Beziehung. Heute nachmittag werden Sie – nicht wir, aber Sie – ein Gesetz beschließen betreffend Abgabe der Bank-Austria-Anteile, die derzeit von der Post-Holding gehalten werden. Ich weiß schon, daß Sie das wider besseres Wissen tun und daß Sie damit keine Freude haben, aber Tatsache ist, es passiert.

Zum Hauptthema: Sie haben mit Recht – das hat uns Grünen natürlich gut gefallen – nach langer Zeit wieder einmal das Thema Vollbeschäftigung in den Mittelpunkt gestellt. Das ist für sich genommen erfreulich. Sie haben gesagt, das sei keine Utopie, sondern tatsächlich konkretes Ziel, das zu erreichen. Angesichts dessen fällt es einem schwerer, die Fakten mit dieser Aussage in Übereinstimmung zu bringen.

Es ist natürlich richtig, Österreich liegt nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt. Österreich wird auch bis auf weiteres noch unter dem EU-Durchschnitt liegen. Nur waren bisher vor allem zwei Effekte maßgeblich dafür, daß die Arbeitslosigkeit in Österreich geringer ist als in der EU. Das eine sind die massiven Frühpensionierungen, und das andere ist der Beschäftigungszuwachs im öffentlichen Sektor. Beides stößt jetzt an budgetäre Grenzen. Das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, das wissen Sie alle. Nur wenn man die Frühpensionen richtig in die Arbeitslosenrate mit einrechnen würde, dann hätten wir jetzt schon de facto eine um 3 bis 4 Prozent höhere Arbeitslosenrate. Wir wären zwar immer noch unter dem EU-Durchschnitt, aber nicht viel.

Zur Beschäftigung im öffentlichen Sektor: Da liegen wir an und für sich nicht schlecht, was den EU-Durchschnitt betrifft, aber nicht gut genug. Von den zusätzlich 600 000 Beschäftigten ab 1970 sind ungefähr 250 000 im privaten Sektor und 350 000 im öffentlichen Sektor beschäftigt. Ich meine, was den Vergleich mit der EU betrifft, ist das gar nicht so schlecht, weil dort in diesem Zeitraum, insgesamt betrachtet, neue Plätze im privaten Sektor überhaupt nicht entstanden sind und alle nur im öffentlichen Sektor waren. Insofern schneidet Österreich noch gut ab, aber das ist Vergangenheit. Niemand weiß besser als der Finanzminister, daß diese zwei Möglichkeiten, den Arbeitsmarkt zu entlasten, also die Frühpensionen und die Beschäftigung im öffentlichen Sektor, schlicht und einfach an eine budgetäre Grenze gestoßen sind.

Auch von der Konjunktur her wird es keine Entlastung geben. Die Wachstumsrate, die auch heute hier zitiert wurde, zwischen eineinhalb und zweieinhalb Prozent wird natürlich nicht ausreichen, um die Beschäftigung auch nur zu stabilisieren.

Ich habe heute die Arbeitsmarktdaten des Sozialministeriums mit – letzte Fassung von Ende Juni. Tatsächlich zeichnet sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, überall ab, daß sich die Arbeitsmarktlage verschlechtert. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen ist um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen, die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit ist um fünf Tage höher als im Vorjahr. Das sind "nur" fünf Tage, aber die Tendenz ist klar, die Langzeitarbeitslosigkeit steigt, und damit sinkt die Chance, diese Leute wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Einen Lichtblick gibt es immerhin darin: Bei jüngeren Personen, also Leuten zwischen 19 und 29 Jahren, ist die Arbeitslosigkeit geringfügig gesunken. Dafür ist sie bei den über 55jährigen um 30 Prozent gestiegen. Mit anderen Worten: Ob wir das wollen oder nicht, am altersmäßigen Ende des Arbeitsmarktes tut sich etwas auf, was wir so oder so budgetär finanzieren müssen, es bleibt uns gar nichts anderes übrig, ob das nun über die Arbeitslosenunterstützungen oder über die Frühpensionen geschieht. Das ist auf kurze Sicht nicht korrigierbar.

Sehr beunruhigend – beunruhigend, weil schon einige Maßnahmen getroffen wurden, die offensichtlich bisher nicht greifen – ist die Entwicklung auf dem Lehrstellensektor. Nach wie vor steigt


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die Anzahl der Lehrstellensuchenden und sinkt die Anzahl der verfügbaren Lehrplätze. Wahrscheinlich gibt es noch ein besonderes "Fit"-Problem, daß diejenigen, die bestimmte Stellen suchen, gerade diese nicht finden. Die Lücke zwischen Stellen und Suchenden wird größer – trotz der Maßnahmen, die wir hier schon beschlossen haben, trotz der vielbeschworenen Lehrlingsoffensiven.

Wenn der Leiter des AMS recht hat, dann könnte es sein, daß wir im September an die 12 000 Lehrstellensuchende ohne Platz haben, das ist der schlechteste Fall, im besten Fall wären es seiner Meinung nach 4 000. Irgendwo dazwischen liegt der wahrscheinliche Bereich, aber es zeichnet sich ab, daß es mehr sein werden, daß die Lücke größer sein wird als im September 1996 mit damals 6 000 fehlenden Plätzen. Ganz zu schweigen von der Lage in den einzelnen Bundesländern, die sehr unterschiedlich ist, beispielsweise relativ günstig in der Steiermark, aber sehr ungünstig in Tirol, Vorarlberg und Salzburg.

Herr Bundesminister! Mit anderen Worten: Für die Erreichung der Vollbeschäftigung muß uns rasch sehr viel mehr einfallen als das, was Sie heute angedeutet haben. Auch eine Verbesserung der Konjunkturlage würde an der Situation nichts ändern. Nach den letzten Schätzungen des IHS würde auch bei einer Verbesserung der Konjunktur nur einer von fünf Arbeitslosen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Vier von fünf würden auch bei einem Konjunkturaufschwung keinen Job finden.

Was müßte und könnte man in diesem Bereich denn noch tun? – Ich vermisse eine klare Prioritätensetzung, auch im Budget, zugunsten der Zukunftsinvestitionen, um es plakativ zu sagen. Das heißt, Vorrang für die Bildungsausgaben, von der Volksschule bis zu den Universitäten.

Herr Minister Farnleitner! Im schriftlichen Text weiter hinten gibt es die Überschrift "Zukunftsbereiche", und da wird chronologisch – vielleicht ist das nicht so gemeint, aber es ist so – an erster Stelle genannt: Investitionen im Hochbau und im Straßenbau. Das muß wohl ein Redaktionsversehen sein. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Nächste Seite!) Das traue ich Ihnen nicht zu, daß Sie das als die Zukunftsbereiche der österreichischen Wirtschaft bezeichnen.

Was fehlt, ist ein größeres Tempo bei der ökologischen Steuerreform. Alle sagen seit Jahren, daß die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen. Alle wissen, daß man Lohnnebenkosten nicht einfach senken kann, sondern daß in aller Regel ein fiskalischer Ersatz dafür geschaffen werden muß. Jetzt gilt als Zielgröße das Jahr 2000. Das hätten wir schon längst angehen können.

Herr Finanzminister! Wenn Vollbeschäftigung wirklich Ihr Ziel ist, wie können Sie dann zulassen – zumindest wird das laufend in den Zeitungen kolportiert –, daß nach wie vor Milliarden – 5 Milliarden, wenn ich nicht irre, wenn nicht mehr – vom AMS, also aus dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik, zu den Pensionsversicherungen umgeschichtet werden?

Bei allem Respekt vor der Sicherung der Pensionen, aber das kann nicht Ziel, das kann nicht Schwerpunkt der zukünftigen Politik sein, daß wir sozusagen die Investitionen, die tatsächlich die Zukunft betreffen, zugunsten des gegenwärtigen Konsums kürzen!

Noch zu Herrn Minister Farnleitner. Herr Minister Farnleitner! Sie haben schon einiges versucht, um die problematische Situation Österreichs bei den Neugründungen von Unternehmen zu korrigieren. Ich glaube nicht, daß das reicht, was Sie bis jetzt gemacht haben. Bei Neugründungen an letzter Stelle der EU zu sein, ist schon ein Phänomen. Da muß schon einiges zusammenkommen, damit so etwas eintritt. Zumindest nach einer Zeitungsmeldung vom Beginn dieses Jahres lag nur Norwegen betreffend die Zahl der Neugründungen von Unternehmungen hinter uns. Das scheint mir das Hauptproblem zu sein, daß Österreich in der Vergangenheit zwar eine ganz gute Maschinerie entwickelt hat, die jetzt zunehmend weniger wirkt, passiv Arbeitsplätze abzusichern; aber das, was die Dynamik in den USA ausmacht – unbeschadet aller Vorbehalte, die man haben kann –, das sind eben die Neugründungen von Unternehmungen, die Neugründungen von Firmen und auch neue Arbeitsplätze in alten Firmen, aber vor allem die Neugründungen von Unternehmungen.


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Herr Minister! Hier haben Sie ja etwas versucht, das möchte ich gar nicht abstreiten, und zwar zum Beispiel im Rahmen der sogenannten Liberalisierung der Gewerbeordnung. Aber ich betone schon: sogenannten. Wenn Sie einen boshaften Artikel dazu lesen wollen, dann schauen Sie in das letzte "Industriemagazin". Das ist kein grünes Blatt oder so etwas Ähnliches, auch nicht FPÖ-nahe, glaube ich. Im "österreichischen Industriemagazin" vom Juli/August 1997 gibt es einen Meinungsleitartikel mit der Überschrift "Kammer nix machen". Das ist ein zynischer Kommentar zu den Erfolglosigkeiten der letzten Gewerbeordnung.

"Damenkleidermacher dürfen etwa seit 1. Juli nebst femininer Mode auch Herrenhemden, ja sogar Wäschewaren erzeugen ... Ebenso ist es Gärtnern gestattet, auf völlig legalem Wege nicht nur Topfpflanzen, sondern auch Blumensträuße zu verkaufen."

Ich meine, das ist schon okay, aber das ist nicht die Liberalisierung der Gewerbeordnung (Abg. Dr. Schmidt: Das sind die Größenordnungen der Reformen!), die wir uns erhofft haben, sondern es ist natürlich nach wie vor so, daß wir zwar die Grenzen geöffnet haben – Stichwort Globalisierung, Internationalisierung, EU-Beitritt, Ostöffnung und all das, da ist wirklich viel über Österreich hereingebrochen, unerwartet und erwartet –, also nach außen hin die Grenzen geöffnet haben, aber im Inneren gibt es nach wie vor zahllose Markteintrittsbarrieren für hoffnungsvolle junge Leute, die sich selbständig machen wollen und hier an die Grenzen der Gewerbeordnung, aber nicht nur an diese, sondern natürlich auch an die Grenzen des Kapitalmarktes stoßen.

Herr Minister Farnleitner! Diese zwei Fonds, die Sie erwähnt haben, bezüglich Venture-Capital mit je 500 Millionen – ich glaube, so war das – sind in Ordnung, aber es wird nicht reichen. Ich habe mich über amerikanische Venture-capital-Fonds und sogenannte Venture-Kapitalisten informiert. Da geht es um weit mehr, als 500 Millionen oder 1 Milliarde zur Verfügung zu stellen – jetzt abgesehen einmal von den Größenordnungen –, sondern das ist eine ganz eigene Kultur, die es in Österreich nicht gibt, dieser Venture-Kapitalismus. Also viel Vergnügen! Das, was Sie hier vorhaben, wird noch nicht reichen. Da ist noch viel mehr zu tun.

Es gibt zumindest drei Bereiche, die in diesen Reden "conspicuously absent" waren, wie die Engländer sagen würden, also durch Verschweigen aufgefallen sind. Das eine hat Kollege Peter, glaube ich, schon erwähnt. Kein Wort über die Leistungsbilanz? Kein Problem mehr? Nur weil der Euro kommt? – Hoffentlich kommt er, aber das Problem verschwindet deswegen nicht.

Zweitens: Es mag sein, Herr Minister Edlinger, daß wir das beste Pensionssystem der Welt haben, wir haben mit Sicherheit das teuerste. Ich bin dagegen, das im Rahmen eines Budgetthemas zu besprechen, das ist eine langfristige Angelegenheit, und das andere ist eine eher kurzfristige Angelegenheit. Aber im Rahmen einer Wirtschaftsdebatte ist doch dieses Thema, das in den nächsten 20 Jahren, 30 Jahren eine riesige Rolle spielen wird, vielleicht doch mehr wert als nur die Aussage: Das ist das beste System, und das müssen wir erhalten!

Zu Herrn Minister Farnleitner: Ich habe es sehr bedauert, daß Sie eine für mich wichtige Quelle für wirtschaftliche Standortfragen, für Fragen zum Standort Österreich nicht herangezogen, aber jedenfalls nicht behandelt haben. Es gibt ein dickes Buch, herausgegeben vom Wirtschaftsministerium, über Standortfragen Österreichs. Das ist, glaube ich, letztes Jahr erschienen.

In diesem dicken Buch, das mir sehr gut gefällt und von einem Ihrer Sektionschefs herausgegeben wurde – es ist kein Zufall, daß es mir gut gefällt –, ist viel die Rede von Öko-Steuerreformen und von der Entlastung der Lohnnebenkosten beziehungsweise deren Finanzierung durch Öko-Steuerreformen. Dort ist ziemlich viel die Rede davon, daß Umweltschutz auch als positive Standortvoraussetzung interpretiert werden muß, nicht nur kann. Dort ist viel die Rede von der langfristigen Bedeutung des Sustainable development, also eines nachhaltigen Wirtschaftens, und natürlich auch von der Arbeitsplatzbedeutung von Öko-Industrien. Und es war ja niemand anderer als das Wirtschaftsministerium, das vor eineinhalb oder zwei Jahren beim Wifo ein großes Gutachten genau über diese Fragen bestellt hat, und das ist auch längst fertig. Alle diese Schnittpunkte zwischen Ökologie und Ökonomie haben bemerkenswert wenig Spuren in der Rede hinterlassen, was ich sehr bedauere.


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Abschließend: Selbstverständlich gibt es viele nützliche, richtige, wichtige Dinge in beiden Reden, das ist keine Frage. Aber bei zentralen Punkten wie beispielsweise der Pensionsversicherung, aber vor allem der Arbeitsmarktentwicklung herrscht das Prinzip Hoffnung. Und da erwarte ich mir ein bißchen mehr! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Abgeordneter Schwarzenberger. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.37

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Professor Van der Bellen hat als Oppositionsabgeordneter unserer Bundesregierung ein relativ gutes Zeugnis ausgestellt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Zwei!) Aus diesen Gründen sind auch seine geäußerten Sorgen ernst zu nehmen.

Arbeitslosigkeit ist auch unsere größte Sorge, und jeder, der arbeiten möchte und keine Arbeit hat, ist ein Einzelschicksal. Deshalb haben wir alle dazu beizutragen, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß auch in Österreich möglichst viel Arbeit geschaffen wird. Nicht mit Paragraphen kann man Arbeit schaffen, sondern Arbeit schaffen können wiederum nur Betriebe, die unter den gesetzten Rahmenbedingungen eine Chance sehen.

Darüber hinaus befindet sich auch die Landwirtschaft in einer sehr schwierigen Umstellungsphase. Aufgrund des WTO-Abkommens gibt es völlig veränderte Rahmenbedingungen, und aufgrund des EU-Beitritts gibt es auch in der Landwirtschaft einen europaweiten Wettbewerb. Wir haben derzeit besonders schlechte Marktbedingungen im Rinderbereich. Das heißt, die österreichischen Bauern brauchen eine Unterstützung durch die österreichischen Konsumenten. Wir Bauern sind bereit, höhere Umweltstandards auf uns zu nehmen, höhere Tierschutzstandards auf uns zu nehmen, das heißt aber, wir können dann nicht mit den vergleichbaren europäischen Preisen oder sogar mit niedrigeren Preisen auf Dauer konkurrieren.

In Österreich wirtschaften schon rund 10 Prozent aller Bauern biologisch, und wir bieten wesentlich mehr biologische Produkte an, als der Markt aufnehmen kann. Daher richte ich den Aufruf an die Konsumenten, vermehrt Bioprodukte zu kaufen. Man kann auch in einem Binnenmarkt Patriot sein und nach österreichischen Produkten greifen. Auch damit schafft man österreichische Arbeitsplätze. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. )

Österreich ist ein sehr schönes Land. Die Urlaubszeit steht vor der Tür. Sehr viele Gäste aus anderen Ländern kommen nach wie vor, trotz rückläufiger Nächtigungszahlen im Sommer, nach Österreich. Wir müssen aber feststellen, daß Österreicher zunehmend ins Ausland fahren, um dort ihren Urlaub zu verbringen. Auch dadurch kann man Arbeitsplätze schaffen, indem man das Urlaubsgeld in Österreich ausgibt.

Einen Vorschlag von Herrn Minister Farnleitner, der mir sehr gut gefallen hat, möchte ich unterstützen, und zwar betrifft das die Biomasse. In diesem Bereich sollte man aktiver ein Schwerpunktprojekt angehen, sodaß auch Stromerzeugung aus Biomasse versucht wird. Es gibt in Österreich einen Zuwachs an Biomasse beziehungsweise an Holz im Wald von etwa 30 Millionen Festmetern und eine Nutzung von 19 Millionen Festmetern. Das heißt, es gibt da große Reserven von mehr als einem Drittel des gesamten Zuwachses. Wenn man – grob überschlagen – feststellen kann, daß 1 Million Festmeter zusätzliche Nutzung etwa 5 000 Arbeitsplätze in der Weiterverarbeitung sichert – natürlich nicht nur in der Energieerzeugung, sondern auch in der Holzverarbeitung –, so wären das Reserven, die 40 000 bis 50 000 Arbeitsplätze in diesem Bereich schaffen würden.

In der Landwirtschaft gibt es – trotz einer schwierigen Situation – eine stark steigende Investitionsbereitschaft. Wir hatten im Jahre 1996 ein um 30 Prozent größeres Investitionsvolumen als im Jahre 1994, was heißt, daß nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitutes die Bauern aufgrund der Pauschalierung für Investitionen um mehr als 1 Milliarde Schilling mehr an Vorsteuern zahlen, als sie an eigener Mehrwertsteuer für ihre Produkte einnehmen. Diesbezüglich wurde im Europa-Übereinkommen festgehalten, daß nach zwei Jahren auch diese Vor


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steuerbelastung untersucht werden sollte. Es wäre wirklich höchste Zeit! Ich glaube nicht, daß wir damit bis zu einer Steuerreform warten können, da ansonsten all jene Bauern, die stärker investieren, gezwungen sind, wieder auf die Regelbesteuerung umzusteigen, um so die Mehrwertsteuer, die zuviel bezahlt wurde, zurückzubekommen. – Da die Lampe hier bereits aufleuchtet, möchte ich gleich zum Schluß kommen.

Unser Ziel muß es bleiben, möglichst Wohlstand und Arbeit für alle zu schaffen und die soziale Sicherheit langfristig abzusichern. Und das wird nur möglich sein, wenn auch in Zukunft eine gute Wirtschaftspolitik betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

14.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

14.42

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich jetzt nicht mit den Ausführungen meiner Vorredner, sondern in erster Linie mit dem Bericht des Herrn Finanzministers auseinandersetzen. Ich beginne einmal mit einem Zitat Ihrerseits, und zwar im Zusammenhang mit der Westeuropäischen Integration. Dazu sagen Sie: Laut einer Wifo-Studie gibt es eine Chance auf mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze. – Herr Finanzminister! Sie müssen aber diese Wifo-Studie weiterlesen, denn da steht nämlich: Diese Chancen sind nur dann gegeben, wenn es zu strukturellen Reformen kommt. – Genau das ist unser Kritikpunkt an Ihnen und an der Bundesregierung insgesamt.

Wir Freiheitlichen wollten vor vier Jahren, und zwar im Zuge der Debatte über den Beitritt zur Europäischen Union, die sogenannten Hausaufgaben diskutieren. Wir haben diese punktuell dargestellt, und wir haben gesagt, welche Reformmaßnahmen unbedingt notwendig sind. Diese Hausaufgaben wurden nicht erledigt, und deswegen wurde auch die Chance auf höheres Wirtschaftswachstum beziehungsweise die Chance auf ein Mehr an Beschäftigung nicht gewahrt. Diesbezüglich kann aber Kritik keineswegs auf die Oppositionsparteien gelenkt werden, denn diese Aufgaben sind von den Regierungsparteien zu leisten – und diesbezüglich haben Sie mindestens seit vier Jahren geschlafen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Auf Seite 5 Ihrer schriftlichen Unterlage gehen Sie vom "strategischen Eigentum" bei der österreichischen Energiewirtschaft beziehungsweise beim österreichischen Bankenwesen aus. Herr Finanzminister, wo waren Sie denn vor einem halben Jahr, als Sie als Verhandler – damals noch der Gemeinde Wien – im Zusammenhang mit der Bank Austria strategische Eigentumsverhältnisse und österreichische Interessen total außer acht gelassen haben? Sonst hätten Sie doch damals der WestLB kein Vorkaufsrecht, einer Bank, die ja nur einen Anteil von 10 Prozent an der Bank Austria hält, auf mehr als 50 Prozent geben können! Ja bitte, wo ist denn da eine Aufmerksamkeit für österreichische Interessen?!

Herr Finanzminister! Sie können nicht so handeln und hier in einem Papier etwas anderes schreiben! Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und damit können Sie das Hohe Haus wirklich nicht konfrontieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Sie gehen in Ihrem Papier auch auf die Wachstumschancen der österreichischen Wirtschaft ein und sagen, Österreich liegt in etwa im europäischen Durchschnitt. Sie wissen aber ganz genau, daß im Jahre 1996 Österreich ein reales Wachstum von 1 Prozent hatte, der EU-Durchschnitt bei 1,6 Prozent und der OECD-Durchschnitt bei 2,3 Prozent lag. Also da waren wir ganz weit weg. Laut einer Studie hätte Österreich im Jahre 1997 die Chance, ein reales Wachstum zwischen 1,4 und 1,5 Prozent zu realisieren, und weiters steht in dieser Studie, daß diese Annahmen in erster Linie auf einer sogenannten Exportoffensive aufgebaut sind, einer Exportoffensive, die sich aber in erster Linie auf die osteuropäischen Staaten richten wird, wo wir die Finanzierung zur Verfügung stellen und es für uns wieder sehr unsicher ist, ob wir dieses Geld jemals zurückbekommen. So sieht die "Exportoffensive" der österreichischen Bundesregierung aus!


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Die Importe werden naturgemäß zurückgehen, und zwar nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, daß infolge des Strukturanpassungsgesetzes beziehungsweise des Belastungspaketes die Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher so stark gesunken sind beziehungsweise noch mehr sinken werden, sodaß es keine Nachfrage mehr nach langfristigen Konsumgütern geben wird. Auch das steht in dieser Studie.

Herr Finanzminister! Sie sollten sich diese Studie genauer durchlesen und nicht immer nur irgendwelche Teilsätze oder Wortfetzen herausnehmen und das in Ihren Bericht hineinschreiben. In dieser Studie steht nämlich auch noch, daß eine generelle Haushaltssanierung nur durch eine Strukturbereinigung herbeizuführen ist. Wir sehen aber nichts von einer Strukturbereinigung! Sie werden selbst noch zu spüren bekommen, wie sich diese Strukturbereinigung und dieses Strukturanpassungsgesetz in Ihrem Budget 1998/99 niederschlagen werden. Da werden die Verlustvorträge realisiert, das wird zu verminderten Steuereinnahmen führen, und weiters werden Sie auch mit der Tatsache konfrontiert werden, daß die Bilanz 1996 des damaligen Finanzministers und jetzigen Bundeskanzlers Klima wahrscheinlich unrichtig ist, weil sehr viele Ausgaben, die bereits 1996 hätten getätigt werden müssen, erst im Jahre 1997 realisiert werden. Mit dieser Sachlage werden Sie sich konfrontiert sehen!

Herr Finanzminister! In dieser Studie steht auch noch, daß es in der Bauwirtschaft zu einem Nettorückgang in der Größenordnung von 0,7 Prozent kommen wird. Und genau in dieser Phase, in der es zu einem Rückgang der Bauleistung um 0,7 Prozent kommt, beginnen Sie eine Diskussion über die Kürzung von Bausparprämien. Damit schaffen Sie doch wieder Unsicherheit: bei den Bausparern, bei den Unternehmern, bei den Häuslbauern. Das, was Sie immer der Opposition vorwerfen, machen in Wirklichkeit Sie von der Regierung! Das ist der große Fehler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist noch nicht lange her, als wir hier im Hohen Haus die Budgetrede des damaligen Finanzministers Klima gehört haben, in der er dezidiert festgehalten hat: Im Konsolidierungspaket sind beschäftigungsrelevante Maßnahmen vorgesehen. Die Aufstockung der Wohnbauförderung und die Anhebung des Höchstbetrages beim Bausparen setzen zusätzliche Bauinvestitionen von etwa 2,25 Milliarden Schilling frei.

Vor einem Jahr sagte der damalige Finanzminister Klima: Wir müssen die Bausparer begünstigen! – Sie, Herr Finanzminister Edlinger, kommen da her und sagen: Nein, wir nehmen das den Sparern wieder weg! Das ist Ihr Optimismus, den Sie angeblich verbreiten wollen?

Deswegen bringen wir Freiheitlichen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Trattner, Mag. Firlinger und Kollegen betreffend die Verhinderung weiterer Kürzungen im Bereich der Bausparprämien

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, im Sinne der österreichischen Bevölkerung, zur Sicherung der Arbeitsplätze im Bereich der Bauwirtschaft sowie zur Vermeidung zusätzlicher Belastungen des österreichischen Wohnungsmarktes budgetäre Maßnahmen hintanzuhalten und die derzeit bestehenden Regelungen des Bausparens nicht anzutasten.

*****

Ich ersuche auch die Kollegen von den Regierungsfraktionen, diesen Antrag zu unterstützen.

Herr Finanzminister! Sie gehen in Ihrem Bericht auch auf die gemeinsame Währungspolitik ein, indem Sie sagen: Die Konvergenzkriterien müssen erreicht werden, es soll ein harter Euro werden. Ja wissen Sie eigentlich, mit welchen Tricks da gearbeitet wird? Da gibt es Länder, die Gold verkaufen, und ein Land wie Deutschland will die Goldreserven aufwerten. Forderungs


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verkäufe werden getätigt, Ausgliederungen finden statt, aber im Grunde genommen ändert sich an der budgetären Situation in Österreich überhaupt nichts. Es ändert sich überhaupt nichts! Und Sie, Herr Finanzminister, haben bereits jetzt wieder größte Probleme für das Budget und kommen nun selbst mit "besten" Ideen daher.

Eine dieser Ideen ist jene, daß die erhöhten Steuervorauszahlungen einfach nicht netto verrechnet werden, sondern diese 10 Milliarden Schilling an Mehraufkommen wollen Sie in das Budget 1997 einfließen lassen, und für Sie soll das erst 1998 relevant werden. Dabei handelt es sich doch nur um einen Budgettrick, das hat doch nichts mit einem harten Schilling zu tun!

Herr Finanzminister! Ihr Amtsvorgänger, der jetzige Bundeskanzler Klima, hat folgendes, und zwar dezidiert, bei der Budgetrede im März 1996 klargelegt: Diese Strukturanpassungsgesetze dienen einem Ziel, nämlich unter anderem der Glaubwürdigkeit der Politik und dem starken Schilling. – Schauen Sie sich doch bitte auch die Budgetreden Ihres Vorgängers an, bevor Sie hier Berichte im Hohen Haus geben, die unvollständig und zum Teil unrichtig sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Trattner vorgetragen hat, ist im Sinne der Geschäftsordnung ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

14.52

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bringe auch einen Entschließungsantrag ein, und zwar den der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Feurstein, Dr. Heindl, Schwarzenberger, Nürnberger, Ingrid Tichy-Schreder, Parnigoni und Genossen betreffend Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und beschäftigungspolitische Initiativen. Ich werde mich mit diesem Entschließungsantrag im Zuge meiner Ausführungen noch näher beschäftigen.

Wenn wir die Situation unserer Wirtschaft, unseres Marktes, betrachten, vor allem des Arbeitsmarktes, so dürfen wir das meiner Auffassung nach nicht losgelöst von der internationalen Entwicklung, insbesondere jener in der EU, tun. Wir sollten bei diesen Betrachtungen die aktuellen Daten nicht isoliert von längerfristigen Tendenzen bewerten. Wie im Bericht der Wirtschaftsinstitute dargelegt wird, war die internationale Entwicklung im Jahr 1996 vor allem von erheblichen Wachstumsunterschieden, und zwar sowohl regional als auch länderspezifisch, geprägt. Während sich das Wirtschaftswachstum weltweit gesehen stark belebte, blieben Europa, und hier besonders die EU – und da wiederum westeuropäische Länder – hinter den Wachstumserwartungen zurück. Im Durchschnitt sank in der EU die Wachstumsrate um nahezu einen Prozentpunkt auf 1,6 Prozent. Die nicht erfreuliche österreichische Entwicklung – das muß man sagen – kann und darf daher nur im Zusammenhang mit dieser globalen Entwicklung gesehen werden.

Was waren die Hauptursachen für diese Entwicklung? – Ausschlaggebend war ohne Zweifel in erster Linie die schwache Nachfrage bei einigen unserer wichtigsten Handelspartner, speziell in Deutschland, Italien und der Schweiz. Der in den letzten Monaten des Vorjahres und in den ersten Monaten des heurigen Jahres zu beobachtende und auch im Wirtschaftsbericht zum Ausdruck gebrachte moderate Konjunkturaufschwung, insbesondere der Industriekonjunktur, läßt eine Besserung erwarten. Die langsame Konjunkturbelebung in Europa hält an und damit auch die Nachfrage nach österreichischen Produkten. Die heimische Industriekonjunktur hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres weiter belebt und zeigt einen Aufwärtstrend. Viele Unternehmungen verzeichnen eine deutliche Verbesserung der Auftragslage, und manche reagieren auch bereits auf der Beschäftigungsseite.

Die Ausweitung der Produktion profitiert in erheblichem Maße vom Wachstum der Auslandsmärkte und – wie es das Wifo bezeichnet – von der "deutlichen Steigerung ihrer preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit durch die Wechselkursentwicklung des Schillings". Von der höheren


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Exportnachfrage profitiert unmittelbar die Industrie, deren Konjunktureinschätzung und Investitionsabsichten sich am deutlichsten gefestigt haben.

Ungünstig – ich stehe gar nicht an, Herr Kollege Peter, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen – ist die Entwicklung der Leistungsbilanz im ersten Quartal dieses Jahres. Dies ist – keine Frage – mit einem Defizit von knapp über 8 Milliarden Schilling keine Kleinigkeit. Noch 1996 war ein Überschuß in der gleichen Größenordnung erzielt worden. Diese deutliche Verschlechterung ist primär auf zwei ersichtliche Hauptursachen zurückzuführen, und zwar einerseits auf den Warenaußenhandel, minus 10 Milliarden Schilling, und weiters auf die Entwicklung der Reiseverkehrsbilanz. Das ist eindeutig feststellbar.

Trotzdem sehe ich in dieser Entwicklung keine wirtschaftspolitisch dramatische Situation, wenn man die wesentlichen Ursachen betrachtet, und diese habe ich mir genau angesehen. Es ist nämlich gerade in letzter Zeit, 1996, eindeutig gewesen – obwohl es da noch besser war –, daß das Zusammentreffen einer Reihe von Faktoren, die keinesfalls Zeichen einer wirtschaftlichen Schwäche sind, ausschlaggebend war. Das betrifft den Reiseverkehr, und dazu sage ich: Wenn man nicht viel Geld zur Verfügung hätte, könnten die Leute nicht reisen – so unangenehm das auch ist, da gebe ich Ihnen schon recht –, und das betrifft den EU-Beitritt und die Wechselkursentwicklung. Trotzdem – und da stimme ich durchaus mit Ihnen überein – müssen wir der Leistungsbilanz verstärkt Beachtung schenken, signalisiert doch eine dauerhaft defizitäre Leistungsbilanz strukturelle Schwächen. Es steht außer Diskussion, daß eine längerfristige Entwicklung dieser Art keine positive Entwicklungen bringen kann.

Wo sehe ich weiteren Handlungsbedarf? – Wir müssen das wirtschaftliche Umfeld für die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe, für Unternehmensneugründungen erheblich verbessern. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung waren, trotz aller Kritik, Herr Kollege Peter, die Gewerbeordnung – in diesem Zusammenhang kann einem das eine oder andere nicht passen – und insbesondere das sehr unternehmensfreundliche Anlagenrecht. Ich habe bis jetzt – Gott sei Dank! – niemanden gehört, der dieses kritisiert hätte.

Weiters scheinen mir die Verbesserung der Qualifikation des Arbeitskräfteangebotes – da stimme ich durchaus mit Kollegen Van der Bellen überein – bis zur Steigerung der Qualität österreichischer Produkte besonders wichtig zu sein. Gerade das Forcieren von Exportpotentialen im Bereich der Dienstleistungen, wo noch ein erheblicher Nachholbedarf gegeben ist, scheint mir besonders wichtig zu sein.

Die Exportwirtschaft wurde heute schon mehrfach erwähnt. Meine Damen und Herren! Unsere Exportwirtschaft ist – man kann das ruhig sagen – ein Spiegelbild der Entwicklung der Erfolgsbilanz unserer Wirtschaft. Seit dem Jahre 1970 haben sich die Exporte real vervierfacht und erreichen heuer bereits ein Volumen von über 610 Milliarden Schilling. Die Warenzahlungen sind im April 1997 kräftig angestiegen. Die Einnahmen aus dem Export waren deshalb mit 23 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die Importzahlungen. Trotzdem sind Maßnahmen zu einer weiteren Steigerung unbedingt notwendig. Die anhaltenden Defizite der Handelsbilanz können aufgrund der rückgängigen Einnahmen aus dem Fremdenverkehr immer weniger ausgeglichen werden. Ich bin ein Realist, und ich glaube daher nicht mehr, daß wir Entwicklungen wie vor zehn Jahren erreichen können; daher muß das Handelsbilanzdefizit anderweitig ausgeglichen werden.

Österreichs Exportquote ist mit seinen rund 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bei den Warenexporten niedriger als jene vergleichbarer europäischer Volkswirtschaften. Ich denke in diesem Zusammenhang etwa an Finnland, an Schweden oder an die Benelux-Staaten, die alle eine Exportquote von rund 30 Prozent aufweisen. Daher ist diese Exportoffensive der Bundesregierung meiner Auffassung nach so wichtig. Es muß uns gelingen – und nur so können wir sowohl leistungsbilanzmäßig als auch beschäftigungsorientiert vor allem im qualitativen Beschäftigungsbereich Verbesserungen erzielen –, die Exportquote um einige Prozentpunkte zu erhöhen. Ein Prozent mehr bringt einige tausend Beschäftigte mehr – abgesehen davon, daß die Wertschöpfung in diesem Bereich dann entsprechend höher ausfällt. Forschungs- und Entwicklungspolitik muß in Verbindung mit einer Exportoffensive betrieben werden, diesen Punkt habe ich


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auch in meinem Entschließungsantrag angesprochen. Dieser Teil des Entschließungsantrages ist übrigens bereits in Rust beschlossen worden und wird hoffentlich raschest umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Der Hauptgrund für den wirtschaftlichen Erfolg Österreichs lag und liegt in seinen qualifizierten und motivierten Arbeitskräften. Damit das hohe Ausbildungsniveau unserer Arbeitskräfte erhalten bleibt, muß sich unser Bildungssystem noch stärker an der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt orientieren. Das bedeutet, daß wir unsere Forschungs- und Entwicklungsquote an den OECD-Schnitt heranführen müssen, und zwar durch verstärkte Vermittlung ökonomischer Inhalte – auch für Lehrer –, das bedeutet Internationalisierung des Bildungswesens, weitere Steigerung der Attraktivität der Lehrlingsausbildung, weiteren Ausbau des Fachhochschulnetzes, Verkürzung der Studiendauer an den Universitäten sowie Aufwertung der Erwachsenenbildung.

Wissen ist entscheidend für den Produktions- und Standortfaktor in der Zukunft. Reformen im Ausbildungsbereich haben zweifellos prioritären Charakter zu haben.

Zuletzt wird es aber eine Mentalitätsfrage bleiben, ob der Wohlstand der letzten Jahrzehnte in Österreich beibehalten werden kann. Jeder einzelne – vor allem aber die jungen Menschen – muß sich bewußt werden, daß in unserer Zeit Flexibilität und Geschwindigkeit mehr denn je gefragt sind. Was Österreich im internationalen Wettbewerb anbieten kann und muß, sind Qualität – qualitätsvolle Produkte, qualitätsvolle Dienstleistungen – und das rasche und zielgerichtete Reagieren auf die entsprechende Nachfrage.

Daher stellen wir auch unseren Entschließungsantrag, durch den die Regierung aufgefordert wird, eine Exportoffensive umzusetzen, Technologie- und Forschungsförderung zu steigern sowie der Beschäftigungspolitik vor allem im Zusammenhang mit der Beschäftigung Jugendlicher absolute Priorität einzuräumen. Weiters: Initiativen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, Aktivität im Tourismusbereich, und der Wirtschaftsminister wird – das erscheint mir als sehr wichtig – aufgefordert, wie wir das bereits im Zusammenhang mit der Gewerbeordnung in einem Entschließungsantrag gefordert haben, ein einheitliches Anlagenrecht zu erarbeiten.

In diesem Sinne sind wir überzeugt davon, daß der Wirtschaftsbericht für diese weiteren Maßnahmen eine wichtige Diskussionsgrundlage darstellt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Heindl hat einen Entschließungsantrag vorgetragen, der auch schriftlich überreicht wurde und geschäftsordnungsgemäß unterstützt ist.

Ich habe im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung die Vervielfältigung und Verteilung dieses Textes veranlaßt. Der Antrag wird auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dr. Gottfried Feurstein, Dr. Kurt Heindl, Georg Schwarzenberger, Rudolf Nürnberger, Ingrid Tichy-Schreder, Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und beschäftigungspolitische Initiativen

Die Bundesregierung wird ersucht, alle Möglichkeiten zur Absicherung beziehungsweise Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich sowie zur Wiedererreichung der Vollbeschäftigung auszuschöpfen:

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Gredler gemeldet. – Bitte.

15.02

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im April gab es im "Kurier" die Schlagzeile: "Österreich lahmt im Wettbewerb." – Solche Schlagzeilen sind eigentlich sehr unangenehm. Es wurde in diesem Artikel die Studie des Schweizer Institutes für Managemententwicklung angeführt, wonach uns die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs für 1990 bis 1995 den Platz 11 eingebracht hat. 1995/96 waren wir bereits auf dem Platz 16, und jetzt, 1996 bis 1997, sind wir auf Platz 19 der Wettbewerbsfähigkeit abgerutscht. Wenn man nur die OECD-Länder heranzieht, erhält man die Werte 9, 12 und jetzt


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15. Offensichtlich sinkt also unsere Wettbewerbsfähigkeit. Unsere Aussichten sind daher nicht rosig, sondern sehr besorgniserregend. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Wirtschaftsforscher und Wirtschaftstreibende sind sich darin einig, daß dies nicht nur auf das geringe Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist, sondern auch auf die steigenden Lohnnebenkosten. Wie Sie wissen, erfahren in Österreich der Bereich der Lohnnebenkosten und auch der Bereich der hohen Infrastrukturkosten – das sind Wasserkosten, Telefonkosten und so weiter – eine Steigerung. Als Grund für das geringe Wirtschaftswachstum wird auch die lähmende Bürokratie angegeben.

Lähmende Bürokratie – was wäre sinnvoll dagegen? – Sinnvoll wäre es, Deregulierung in den Vordergrund zu stellen; eine Deregulierung, die auch von der Europäischen Kommission in ihrem Bericht zur Wirtschaftslage 1997 gewünscht wird. Ich werde später noch darauf zurückkommen.

Es ist so, daß wir als wesentlichen Faktor der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit auch noch eine stagnierende bis sinkende Forschungsquote haben. Das IHS sagte, daß Investitionen in Forschung und Ausbildungen zu verstärken sind. Würde nicht die Technologiemilliarde jetzt einige Verbesserungen bringen, wäre eine Absenkung der Forschungsquote in Österreich die Konsequenz. Nur: Das reicht nicht aus. Wir liegen derzeit – wir werden später am Abend noch darauf zu sprechen kommen – bei einer Forschungsquote von 1,5 Prozent des BIP; damit befinden wir uns im unteren Drittel der OECD-Nationen.

Um die Situation zu verbessern, müssen wir nicht nur eine Erhöhung dieser Quote anstreben, auch die Effizienz der akademischen Forschungssysteme muß gesteigert werden. Da befinden wir uns im Mittelfeld vergleichbarer Nationen. In dieser Beziehung wäre also noch viel zu tun.

Bezüglich Deregulierung: Wir mußten die Gewerbeordnung abändern, da offensichtlich auch der Regierung bekannt geworden war, daß diese zu Unbeweglichkeit und zur Einzementierung verschiedener Berufsstände geführt hat. Deswegen war es notwendig, eine gewisse Entlastung zu vollziehen. Eine Entlastung ist allerdings nicht komplett, sondern nur partiell erfolgt. Wir sind über diesen partiellen Erfolg zwar sehr glücklich, aber das reicht nicht aus. Es stellt sich die Frage, welche Regelungen wir überhaupt brauchen. Ich verstehe nicht, warum Sie den Überlegungen von Helmut Peter nicht beigepflichtet haben, der Regelungsbedarf für die Haftpflichtversicherung, aber nicht für andere Bereiche gesehen hat.

Die EU sagt: Die Last an Überreglementierungen behindert noch immer die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes. Was ist zu tun? – Nicht nur, daß es auf europäischer Ebene zu einer Änderung kommen sollte, sondern die Kommission sagt ausdrücklich, daß diese Hemmschuhe auf nationaler Ebene abzubauen sind.

Ende Juni 1997 waren 193 796 Personen als arbeitslos gemeldet. Im selben Zeitraum des letzten Jahres waren es 188 750 Personen. Das bedeutet, wir haben auch in diesem Bereich eine Steigerung.

Wenn wir schauen, was andere Länder tun, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, dann merken wir, daß Länder wie Finnland, die Niederlande und die USA die F-&-E-Ausgaben erhöht haben und sich bereits in die Spitzengruppe der Länder, was die Wettbewerbsfähigkeit anlangt, emporgearbeitet haben.

Finnland war 1994 auf Platz 14, Österreich auf Platz 9. 1995 war Finnland auf Platz 11; da war Österreich bereits auf Platz 12 abgerutscht. 1996 bis 1997 war Finnland auf Platz 2 und Österreich auf Platz 15.

Ich frage Sie: Warum machen wir nicht das, was eigentlich notwendig wäre, nämlich uns einzustellen auf den allgemeinen Trend und mit aller Kraft zu versuchen, auf allen Ebenen in Österreich neue Technologien einzuführen? – Das betrifft nicht nur die Lehrlingsproblematik, die gerade im Vordergrund gestanden ist und die Herrn Van der Bellen zu besorgniserregenden Äußerungen bewogen hat – die Grünen sind gerade nicht hier –, sondern es gibt auch andere


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Bereiche, die wichtig wären. Ich glaube, daß die Forschungsmilliarde, die wir heute abend noch debattieren werden, kein ausreichender Ansatz ist, sondern nur einen Tropfen auf dem heißen Stein bedeutet.

Herr Bundesminister! Ich wünsche mir, daß Sie in Zukunft auch andere Dinge innerhalb Österreichs bewerten. Mit einem durchschnittlichen realen Wachstum des BIP pro Kopf und Jahr von 2,7 beziehungsweise 2,1 Prozent dürften Niederösterreich und das Burgenland – vor der Steiermark und Oberösterreich – die höchste Wachstumsdynamik aufweisen. Für Wien wird eine reale Wachstumsrate von 1,2 Prozent pro Jahr erwartet. Und dann beginnt das Problem: Westösterreich sowie Kärnten werden aufgrund der Krise im Tourismus zurückbleiben. So wird für die Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg eine Wachstumsrate von lediglich 0,6 Prozent prognostiziert, für Kärnten eine von 0,5 Prozent.

Herr Bundesminister! Das ist auch eine Frage der Arbeitskosten, die mit diesem Sektor verbunden sind. Es ist das nicht nur eine Frage des Tourismus, sondern auch eine der Baubranche, des Baugewerbes und der Zulieferbetriebe. Da besteht eine große Differenz innerhalb Österreichs. Mich würde interessieren, welche konkreten Maßnahmen gesetzt werden – und nicht, daß irgendein Bericht fertig ist, in dem fromme Wünsche für den Bereich Tourismus und die Baubranche geäußert werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.09

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Gredler! Sie haben zutreffenderweise darauf hingewiesen, daß Österreich im internationalen Vergleich bedauerlicherweise abgerutscht ist. Aber wenn Sie den Vergleich mit Finnland anstellen, müssen Sie beachten, daß für Finnland eine andere Ausgangslage gegolten hat und daß trotz günstigerer Entwicklung die Arbeitslosenzahlen in Finnland noch immer weit höher als in Österreich sind.

Österreich steht vor der gleichen Herausforderung wie der gesamte europäische Kontinent. Dabei möchte ich von Kontinentaleuropa sprechen, weil die wirtschaftliche, sozial- und gesellschaftspolitische Entwicklung dort anders als in Großbritannien verlaufen ist. (Abg. Haigermoser: Dann können Sie gleich von der Weltkugel reden, nachdem die Menschheit auf dem Mars gelandet ist!)

Kontinentaleuropa, die westlichen Industriestaaten haben im Rahmen der Internationalisierung der Wirtschaft ein konjukturelles Problem. Gleichzeitig ist eine Umverteilung zwischen Entwicklungsländern, zweiter Welt und den sogenannten Industriestaaten feststellbar. Dieser Umverteilung müssen wir uns stellen.

Der Konsument – und damit die Wirtschaftsinstanz, die für den Wirtschaftstreibenden im Mittelpunkt des Interesses steht – hat deutlich sein Interesse daran erkennen lassen, qualitativ hochwertige Waren zu sehr günstigen Preisen zu erwerben. Dabei fällt ins Gewicht, daß – auch qualitativ hochwertige – Massenprodukte sehr günstig in anderen Staaten, zum Beispiel in Asien, erzeugt werden können. In diesen Staaten ist infolge der Massenproduktion ein gewisser bescheidener Wohlstand erreicht worden, und diese Entwicklung wird sich auch in der Zukunft fortsetzen, weil dort die zunehmende Ansiedlung von Produktionsstätten zu verstärkter Wirtschaftsbelebung führt.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es insbesondere zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendig, verstärkt das lebenslange oder lebensbegleitende Lernen zu fördern, von dem auch die Herren Bundesminister Farnleitner und Edlinger gesprochen haben. (Abg. Haigermoser: Das hat vorher schon unser Parteiobmann getan! Da hat es Sie noch nicht interessiert!)

Worum geht es dabei? – Die Arbeitslosigkeit junger Menschen ist zurückgegangen, bei älteren Erwerbstätigen ist die Arbeitslosigkeit jetzt länger anhaltend. Dabei stellt sich heraus, daß wir hinsichtlich unserer Bildungsstruktur umdenken müssen. Es geht darum, wofür die Kosten der


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Ausbildung eingesetzt werden. Heute fließen in Österreich noch immer 90 Prozent der Unterrichtsausgaben in die Erstausbildung und nur 10 Prozent in die Weiterbildung.

Vor einigen Jahren wurde mit der Ausbildung an Fachhochschulen begonnen, und jetzt kommen von dort die ersten Absolventen auf den Arbeitsmarkt. Das halte ich für den richtigen Weg, um kreative junge Menschen in den Wirtschaftsprozeß einzugliedern. Sie sind wichtig, um das Innovationspotential österreichischer Betriebe in Zukunft besser einzusetzen.

Die österreichische Wirtschaft sollte ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen. Denken Sie einige Jahre zurück: Die österreichische Autozulieferindustrie ist aus dem Nichts entstanden und fast über Nacht zu einer Größe angewachsen, daß der Wert ihrer exportierten Produkte genauso hoch ist wie der Wert der importierten fertigen Autos. Das ist das Verdienst der österreichischen Autozulieferindustrie und ihrer Mitarbeiter.

Daß die Entwicklung auf diesem Gebiet weitergeht, konnte ich anläßlich eines Besuches beim Forschungsförderungsfonds feststellen. Es ist der Forschungsabteilung der Firma Eybl gelungen, mit Unterstützung des Forschungsförderungsfonds völlig neue Autoteile zu entwickeln; es werden Karosserieteile im Verbund mit Teppichelementen hergestellt. Durch diese Innovation wird die Autoerzeugung beschleunigt und das Auto obendrein kostengünstiger. Auch daran zeigt sich, daß auf dem Ingenieursektor hochqualifizierte und sehr gut ausgebildete Mitarbeiter in den österreichischen Betrieben arbeiten. Das sollten wir für die Zukunft nützen und in dieser Richtung weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Nürnberger und Ing. Tychtl. )

Ein anderes Beispiel aus dem Ingenieursektor betrifft Entwicklungen für den Umweltschutz. Während eines Besuches in Barcelona stellte ich fest, daß dort – insbesondere für Abfallwirtschaft und Abfallvermeidung – jenes Umweltsystem als Vorbild genommen wird, das die Stadt Wien gemeinsam mit der Umweltindustrie entwickelt hat. Neuerlich zeigt sich, daß Ingenieurleistungen aus Österreich und österreichisches Know-how den österreichischen Betrieben gute Zukunftschancen eröffnen.

Mein drittes Beispiel für gute Ingenieurleistungen betrifft die Flugsicherungstechnik. Dort steht eine österreichische Firma europaweit an der Spitze, und es ist ihr Ziel, Weltspitze zu werden.

Wir haben daher Möglichkeiten und Chancen, Arbeitsplätze auch in Zukunft zu halten und zu schaffen, wenn wir in den Bereichen Forschung und Entwicklung besser koordinieren. Das ist die Absicht der Bundesregierung.

Eine weitere wichtige wirtschaftspolitische Maßnahme sind die in der Gewerbeordnung vorgesehenen Teilgewerbe. Sie werden aufgrund einer Verordnung des Herrn Bundesministers im Herbst wirksam werden und jungen Menschen die Möglichkeit bieten, sich durch die Gründung neuer Betriebe selbständig zu machen.

Herr Abgeordneter Peter! Wir müssen lernen, daß man Unternehmer nicht herbeireden kann. Unternehmerisches Denken und Handeln müssen in die Mentalität der Österreicher Eingang finden, und daher muß es an den Schulen einen entsprechenden Stellenwert bekommen. Wir müssen darauf hinarbeiten, den Anteil der Unternehmerschaft in Österreich anzuheben und an das europäische Niveau heranzuführen. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Abgeordneten Nürnberger und Ing. Tychtl. )

15.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser ist mit seinen Unterlagen beschäftigt.) – Herr Abgeordneter Haigermoser ist zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Ing. Tychtl: Er schläft! – Weitere Zwischenrufe. – Abg. Haigermoser  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es kostet ein bisserl Zeit!) – Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

15.17

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hat soeben über Europa gesprochen. Neuerdings könnte sie auch über die Weltkugel sprechen, da die Menschheit jetzt auf dem Mars gelandet ist.


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80. Sitzung / Seite 81

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Niemand will schwarzmalen, aber die ehrliche Sicht der Dinge ist ein Gebot der Stunde. Daher ist es interessant, einen Satz aus Ihrem Vortrag herauszugreifen – nicht, um ihn aus dem Zusammenhang zu reißen, sondern um ihn zu hinterfragen.

Herr Wirtschaftsminister! Sie haben gesagt: Die wirtschaftspolitischen Bemühungen der letzten Jahre haben Österreichs Unternehmen Rahmenbedingungen geschaffen, wie sie von Unternehmen und Interessenverbänden über Jahrzehnte gefordert wurden. – Ende des Zitats. Dann haben sie einiges aufgezählt.

Diesbezüglich gibt es einiges zu hinterfragen, und es geht vor allem darum, Sie nicht unter der Käseglocke des geschützten Bereiches verschwinden zu lassen, nach dem Motto: "Was dort draußen passiert, das interessiert uns eigentlich wenig!" oder "Wir verdrängen die Sorgen und Nöte der Unternehmer, der Wirtschaft und Arbeitnehmer!"

Faktum ist, Herr Bundesminister, daß Sie – wie auch der Finanzminister – Ihrer Verpflichtung nur am Rande nachgekommen sind. Als Beispiele nenne ich nur die Bürokratie und die hohen Lohnnebenkosten. Was haben Sie getan, um diese drängenden Sorgen hintanzuhalten? – Ich erinnere Sie an die Lehrlinge. Ich werde nicht müde werden, diesen Parade-Sündenfall der Koalition zur Sprache zu bringen: die Kommunalabgabe auf die Lehrlingsentschädigungen. Das war ein Sündenfall, und Sie sind nicht bereit, diesen Fehler zuzugeben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit kommen wir auf die Aussagen des Wirtschaftskammerpräsidenten Leo Maderthaner zu sprechen. Er hat gemeint, das Lehrlingsproblem dadurch lösen zu können, daß die Bezahlung der Berufsschulzeit für den Lehrling an das Arbeitsmarktservice delegiert wird. Mit einer solchen Vorgangsweise werden wir nie und nimmer einverstanden sein. Denn das ist ein Ruf nach mehr Staat, nach mehr Bürokratie, nach neuen Fonds. Wir wissen aber, daß ein Schilling, den wir über einen Fonds ausbezahlt bekommen, drei Schilling in der Verwaltung kostet, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Maderthaner: Sie reden wie in der Kammer!)

Ich wundere mich, daß Sie diesen Vorschlag gemacht haben, Kollege Maderthaner! (Abg. Ing. Maderthaner: Sie haben nicht zugehört! Das klingt wie in der Kammer!) – Richtig, in der Kammer habe ich das auch so gesagt. Ich rede nämlich draußen genauso wie hier, das unterscheidet mich von Ihnen, Herr Präsident Maderthaner! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich trete gern den Beweis dafür an. Wir sagen: Gebt den Betrieben das Geld, das sie brauchen, um ihren Bedürfnissen nachkommen zu können! Das gilt für die Steuerpolitik und so weiter. Wir sagen auch: Versichert die Lehrlinge bei den Erziehungsberechtigten! Das würde Entlastungen bringen und eine Gleichstellung mit Schülern und Studenten bedeuten. Gleiches Recht für alle! – Dieser Vorschlag erfordert wenig Bürokratie, wenig Verwaltungsaufwand, und es wird nicht wieder der Staat eingeschaltet, um ein zweifelsohne vorhandenes Problem zu lösen. (Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Sie aber sprechen auf zweierlei Art, je nachdem, ob Sie hier im Hause sprechen oder draußen. Es gibt den nicht unbekannten Herrn Reinhold Mitterlehner, Generalsekretär des Wirtschaftsbundes und Parteifreund des Herrn Farnleitner. Sein Chef, Maderthaner, sitzt hier. Herr Mitterlehner sagt in der neuesten Ausgabe des "WirtschaftsBlattes": Der Wirtschaft reicht’s. Proteste gegen die Bürokraten sind fällig. Immer mehr Unternehmer sind es leid, noch mehr für den Staat zu arbeiten. Sie wollen dem Staat ein Schnippchen schlagen, indem sie Beamtenpost ungeöffnet retournieren oder den Rollbalken stundenweise herunterlassen. – Also eine Art Generalstreikdrohung, meine Damen und Herren!

Dieser Wirtschaftsvertreter ist ein Sprachrohr desselben Maderthaner, der heute eine Lobeshymne auf die derzeitigen Zustände gesungen hat! Man geht sogar so weit, gegen den Arbeitnehmerschutz zu klagen: "Die Kammer stützt eine Klage vor den Höchstgerichten"! Hier im Parlament stimmt Maderthaner zu, aber draußen schickt er Unternehmer, die ihre eigenen Interessen zu vertreten haben, vor das Höchstgericht und sagt: Wir werden euch den Rechtsanwalt finanzieren, damit ihr klagen könnt!


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80. Sitzung / Seite 82

Meine Damen und Herren! Das ist doppelzüngige Politik, und dabei machen wir nicht mit! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Blünegger. )  – Es ließe sich noch vieles anfügen.

Herr Bundesminister! Ich muß Sie in die – unter Anführungszeichen – "Niederungen" der Tagespolitik herunterholen. Denn das sind die Probleme der Gewerbetreibenden, jener Gewerbetreibenden, über welche die Wirtschaftsauskunftei Creditreform GesmbH in einer Untersuchung sagt: Die Gewinnsituation ist die Achillessehne des Mittelstandes. In der immer noch schmalbrüstigen Konjunktur sieht es mit der Ertragslage schlecht aus. – Ich bitte Sie, Herr Finanzminister, das auch einmal nachzulesen.

Über die Arbeitsmarktsituation wird gesagt: Rund zwei Drittel aller Beschäftigten sind bei mittelständischen Unternehmen in Lohn und Brot. Doch viel Hoffnung für eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt kommt vom größten Arbeitgeber nicht. – Das ist die Botschaft, die wir hören.

Wir wollen nicht schwarzmalen, aber das Gesundbeten ist ebenfalls eine schlechte Angewohnheit. Meine Herren Bundesminister! Legen Sie die Wahrheit auf den Tisch! Wie sagte einst Herr Schüssel? – "Kassasturz ist angesagt." Der einzige Sturz, der daraufhin erfolgte, war jener des Herrn Johannes Ditz.

Meine Damen und Herren! Diesen Kassasturz mahnen wir auch in der Arbeitsmarktpolitik, Lehrlingspolitik, Wirtschaftspolitik ein. Sie machen ihn aber nicht! Sie haben heute nur salbungsvolle Reden gehalten. Ich hatte mehr Positives erwartet, denn im positiven Sinn wollen wir in diesem Lande wirtschaften. Daher hatte ich mir zumindest Lösungsansätze für die Probleme auf dem Strommarkt erwartet, meine Damen und Herren!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Bitte den Schlußsatz!

Abgeordneter Helmut Haigermoser (fortsetzend): Ein Zitat zum Schluß: Öffnen statt Scheitern/Strommarkt in Österreich – zersplittert, verpolitisiert, überbürokratisiert ... Doch die österreichische Stromwirtschaft ist überbürokratisiert, personell überbesetzt und sehr teuer. – Wo steht das? In einer freiheitlichen Aussendung? – Nein, sondern im Zentralorgan des Herrn Maderthaner, "Der Unternehmer". Dort steht das! (Abg. Mag. Stadler: Schau, schau!)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz, bitte!

Abgeordneter Helmut Haigermoser (fortsetzend): Daran wird offensichtlich, daß Sie mit zwei Wahrheiten arbeiten, Herr Kollege Maderthaner: mit einer hier herinnen und mit einer anderen, die Sie den Unternehmern draußen ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

15.24

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns ist das Erreichen von Vollbeschäftigung in Österreich keine Utopie, sondern ein politisches Ziel – das hat Herr Bundesminister Edlinger heute in seiner Erklärung wörtlich ausgeführt. Als Repräsentant der größten Arbeitergewerkschaft in diesem Lande – der Metallergewerkschaft – unterstütze ich selbstverständlich alle Bemühungen in dieser Richtung.

Gleichzeitig verspreche ich den Beschäftigten und den Menschen ohne Arbeit, sehr genau aufzupassen, wie diese Vollbeschäftigung erreicht werden soll. Wenn ich die Zurufe und Vorschläge der letzten Wochen Revue passieren lasse, sehe ich viele verkehrte Wege, um mehr Beschäftigung zu erreichen: Billigjobs, die unter Kollektivvertrag bezahlt werden, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich, wirtschaftspolitische Entscheidungen ohne Sozialpartner, Abschaffung von Feiertagen, maximale Flexibilisierung der Arbeitszeit.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind mit Sicherheit die falschen Rezepte für einen hochentwickelten Wirtschaftsstandort und gegen Arbeitslosigkeit. (Beifall des Abg. Dr. Nowotny. )

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung von Herrn Finanzminister Edlinger herausgreifen. Er sagte wörtlich: Es kann nicht nur darum gehen, den Betrieben bessere Arbeitsbedingungen zu verschaffen, auch die Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten, müssen gute Lebens- und Arbeitsbedingungen haben. – Darunter ist unter anderem sicher auch die Frage der Flexibilisierung zu verstehen.

Auch Herr Bundesminister Farnleitner hat im Zusammenhang mit der Frage der Flexibilisierung die Sozialpartner angesprochen, und da muß ich einiges richtigstellen. Herr Bundesminister! Sie haben wörtlich gesagt: Die Großen richten es sich – Sie haben BMW und Opel genannt –, und die Kleinen trauen sich nicht. Dazu darf ich sagen, daß BMW und Opel – "die Großen" – es sich nicht zu richten brauchen und es sich auch nicht gerichtet haben. Dort ist alles im Einvernehmen mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften geschehen, weil es auch Vorteile für die Arbeitnehmer gibt. Bei BMW gibt es eine generelle Arbeitszeitverkürzung auf 36 Stunden, aber das wird immer wieder schamhaft verschwiegen. Bei Opel gibt es ähnliche Vorteile.

Ich darf an die Zeit erinnern, bevor das Arbeitszeitgesetz beschlossen wurde – es trifft sich gut, daß Herr Präsident Maderthaner heute anwesend ist. Ich erinnere mich daran, daß wir stundenlang darüber verhandelten, wie wir zu einem Instrumentarium kommen, mit dem wir eine Gewerkschaft, die justament keinen Kollektivvertrag über Flexibilisierungsbestimmungen abschließen will, dazu bringen können. Ich habe diesem Problem nie so große Bedeutung beigemessen, weil ich mir keine Gewerkschaft in diesem Lande vorstellen kann, die nicht einen Kollektivvertrag abschließen wird, wenn es ein vernünftiges Flexibilisierungsmodell gibt.

Aber damit haben wir alle einen großen Fehler gemacht, lieber Herr Präsident Maderthaner! Wir haben uns stundenlang, tagelang den Kopf darüber zerbrochen, welches Druckmittel wir gegen eine "böse" Gewerkschaft schaffen, die keinen Kollektivvertrag abschließt. Eines aber fehlt uns wirklich, und dafür werde ich gleich den Nachweis erbringen: Wir haben kein Druckmittel gegen Arbeitgeber, die keinen Kollektivvertrag abschließen wollen.

Im Metallgewerbe hat man immer wieder gesagt, die Meister in den Zünften hätten nicht viel Ahnung von den großen Fragen. Trotzdem aber haben alle 85 Innungsmeister den Kollektivvertrag sofort unterschrieben, nachdem er vereinbart war, und sie können seit 1. März flexibel arbeiten. Wir wissen aus Rückmeldungen, daß beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, damit zufrieden sind.

In der Metallindustrie bilden acht Fachverbände eine Kollektivvertragsgemeinschaft, deren Zusammenhalt auch sinnvoll ist. Sieben von ihnen haben ein Flexibilisierungsmodell unterschrieben, in dem selbstverständlich auch Vorteile für die Arbeitnehmer wie Zeitzuschläge vorgesehen sind, aber es gibt eben einen achten Fachverband, der justament alles zum Nulltarif haben will. Er ist nicht bereit, diesen Kollektivvertrag zu unterschreiben und nimmt damit die sieben anderen in Geiselhaft. (Abg. Ing. Maderthaner: Für die sieben müssen wir es machen!)

Dagegen haben wir jetzt aber kein Instrument, geschätzter Herr Präsident Maderthaner! Die Gewerkschaft könnten wir zur Unterschrift zwingen, dafür gibt es ein Satzungsverfahren, aber wir haben überhaupt kein Instrument, mit dem wir einen Fachverband dazu zwingen könnten, einen Kollektivvertrag zu unterschreiben. Damit würde er sich doch nichts vergeben! (Abg. Ing. Maderthaner: Machen wir es für die sieben, der achte kommt dann eh dazu!)

Nein, das hat keinen Sinn, das werden wir nicht spielen, lieber Präsident! Erst muß mir jemand schlüssig erklären, warum Arbeitgeber einen Kollektivvertrag nicht unterschreiben, der ihnen – ich gestehe das ein – nachweislich die Lohn- und Gehaltskosten um etwa 1,5 Prozent reduziert und ihnen eine Fülle von Maßnahmen zur Verfügung stellt. Sie müssen nicht auf Punkt und Beistrich alles machen, wie es im Kollektivvertrag steht. Es ist, wie es immer wieder gefordert worden ist: Die beiden sollen es sich ausmachen, und sie können das auch, und wer gar nichts


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machen will, braucht auch nichts zu tun. Er braucht es nur bleiben zu lassen, mit seinem Betriebsrat eine Vereinbarung zu treffen.

Dieser Fachverband verliert daher nichts, wenn er unterschreibt. Aber offensichtlich steckt etwas anderes dahinter. Wahrscheinlich glaubt man, daß man alles und jedes zum Nulltarif bekommen wird. Aber dazu sage ich wieder mit aller Deutlichkeit: In dieser Hinsicht haben wir die Arbeitgeber nicht im unklaren gelassen! Wir sind bereit, flexibel zu arbeiten, weil das einfach notwendig ist.

Herr Präsident Maderthaner hat einen schönen Ausdruck verwendet: Wir sollen nicht Worte, sondern Taten setzen. – Lieber Herr Präsident! Ich unterstreiche das. Als Gewerkschafter fordere ich Sie auf, Taten zu setzen, daß Arbeitgeber einen ausverhandelten Kollektivvertrag über die Flexibilisierung unterschreiben. Die Menschen draußen wollen im Interesse des Standortes flexibel sein! (Beifall bei der SPÖ.)

15.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.30

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Diese Berichte erinnern tatsächlich stark an Jubelberichte und auch an die Berichte des vergangenen Jahres. In den Berichten des vergangenen Jahres kam das Wort "Frau" nicht einmal vor, und auch dieses Jahr gehen die Minister anscheinend einmal mehr von der Prämisse aus, daß Männer und Frauen in der Arbeitswelt, im wirtschaftlichen Leben gleichberechtigt sind und besondere Maßnahmen für Frauen in ihrer benachteiligten Situation nicht notwendig sind.

Kollege Prinzhorn – ich glaube, es war Kollege Prinzhorn – hat bereits darauf verwiesen, daß die unterdurchschnittlichen Arbeitslosenzahlen gar nicht der Realität entsprechen. Die hohe Zahl der Frühpensionistinnen und Frühpensionisten – es handelt sich um mehr als 200 000 – und vor allem auch die 70 000 Karenzgeldbezieherinnen wurden nicht berücksichtigt. Man kann sich dabei auf die weibliche Form beschränken, da Männer aufgrund mangelnder Impulse Karenzzeit nach wie vor nicht in Anspruch nehmen. Die Kürzung der Karenzzeit wird sich auf die Arbeitsmarktsituation massiv auswirken, die Rückkehr in das Erwerbsleben wird Frauen deutlich erschwert.

Die Arbeitslosenstatistiken sprechen bereits jetzt eine deutliche Sprache: Die Frauenarbeitslosigkeit stieg im Vergleichszeitraum gegenüber dem Vorjahr um immerhin 10,3 Prozent, während die Arbeitslosenrate bei den Männern – für die Männer selbstverständlich erfreulich – gesunken ist.

Darüber hinaus gelten 43 Prozent der Frauen, hingegen aber nur 17 Prozent der Männer, als schwer vermittelbar. Außerdem ist die Verweildauer der Frauen in der Arbeitslosigkeit mit 131 Tagen deutlich länger als jene der Männer mit nur 115 Tagen. Der Tupfen auf dem i ist überdies: Im Gegensatz zur europäischen Entwicklung ist die Frauenerwerbsquote in Österreich unterdurchschnittlich – sie sinkt. Bei uns liegt sie nur noch bei 61 Prozent, der europäische OECD-Durchschnitt beträgt immerhin noch 75 Prozent.

Der Herr Finanzminister hat in seinem Bericht gesagt, daß jeder Arbeitslose ein Arbeitsloser zuviel sei und es keinen Grund zum Krankjammern gebe. Er kann dabei nur von Männern gesprochen haben, da die prekäre Situation der Frauen in der Arbeitswelt nach wie vor ignoriert wird.

Im Bericht des Wirtschaftsministers ging es dann mit Jubelmeldungen weiter: niedrige Inflationsrate, hohe Preisstabilität, niedrige Unternehmenssteuern und so weiter und so fort. Nicht angesprochen hat er, daß die Arbeitskosten in Österreich überproportional hoch sind und durch überbordende Bürokratie noch zusätzlich belastet werden. Ich möchte die Koalition gerne daran erinnern, daß sie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz als doch sehr drastische Maßnahme in diesem Bereich beschlossen hat.


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Es war der Präsident der Tiroler Industriellenvereinigung Thöni, der erst kürzlich in den Medien festgestellt hat, daß die Arbeitskosten in der Industrie bereits bei über 50 Prozent liegen und im EU-Schnitt um immerhin 16 Prozent niedriger sind.

Der Herr Minister hat in seinem Bericht sehr stolz auf 700 neue Arbeitsplätze für das erste Halbjahr verwiesen. Ich darf dem entgegenhalten, daß allein in Tirol derzeit 600 Arbeitsplätze akut in Gefahr sind – die Insolvenzrate steigt österreichweit um 5,4 Prozent, während sie in Tirol deutlich höher steigt, nämlich auf ungefähr 34 Prozent – und es einen massiven Anstieg der Zahl von Konkursanträgen gibt, die noch dazu mangels Masse abgelehnt werden müssen. Es ist mir selbstverständlich klar, daß Tirol gerade aufgrund seiner Tourismussituation einen wesentlichen Anteil daran hat. Auch in Ihrem Bericht wurde ja auf die Situation des Tourismus verwiesen. In diesem Hause wird die Situation laufend beschönigt, und der Tourismuswirtschaft werden all jene Rahmenbedingungen konsequent verweigert, die mein Kollege Peter hier von dieser Stelle aus schon vielfach gefordert hat.

Sehr geehrter Herr Minister Farnleitner! Sie haben den guten Ausbildungsstand der österreichischen Facharbeiter und Facharbeiterinnen angesprochen und diesen als derzeitigen Wettbewerbsvorteil bezeichnet, daher muß ich Sie fragen: Wie lange eigentlich noch? – Das duale Ausbildungssystem, ein an und für sich gutes Ausbildungssystem, ist nicht mehr erfolgreich. Sie schreiben: Die krisenhaften Entwicklungen im Lehrlingswesen sind zurzeit unübersehbar. Ich sage Ihnen: Diese Entwicklung war seit Jahren vorhersehbar, aber die Verantwortlichen haben leider Augen und Ohren verschlossen und der kommenden Dinge untätig geharrt. Es sind zwar mit dem Berufsausbildungsgesetz und dem Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz neue Regelungen in Kraft getreten, Besserungen aber sind nicht zu erwarten, sogar das Gegenteil ist zu befürchten.

Herr Minister! Ich nehme nicht an, daß Sie Ihre Verbindungen zur Wirtschaftskammer zur Gänze abgebrochen haben, weshalb Sie eigentlich wissen müßten, daß zum Beispiel in Tirol die Innung der Bäcker die Ausbildung der Lehrlinge massiv einschränken wird und im Handel aufgrund der Bestimmungen des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes bereits Tausende Ausbildungsplätze in Gefahr sind.

Auch wenn Sie noch deutliche Hinweise erkennen mögen, daß es in Österreich starke Bemühungen gebe, das lebenslange Lernen zu verstärken, sage ich Ihnen, daß das lebensbegleitende Lernen noch nicht einmal Einzug ins österreichische Bildungssystem gehalten hat. Ich frage Sie: Welche Maßnahmen gibt es zum Beispiel in der Erstausbildung? Welche Maßnahmen gibt es, um das lebensbegleitende Lernen als tragende Säule im Bildungssystem zu verankern?

Ich glaube nicht, daß es ausreichen wird, daß Sie voll Stolz auf die Bildungseinrichtungen der Sozialpartner verweisen, solange sie nicht miteinander kooperieren, sie sich nicht miteinander und mit anderen Bildungseinrichtungen, genauso wie mit öffentlichen Schulen, vernetzen und sich nicht auf regionale Erfordernisse abstimmen. Ich halte es für eine Verschwendung von Ressourcen, wenn von den Wifis und Bfis Investitionen, und zwar gleichartige Investitionen, in Millionenhöhe propagiert werden, wenn solche Voraussetzungen im öffentlichen System, in den Schulen bereits gegeben sind.

Natürlich fehlt es auch an den notwendigen Mitteln, um im Bildungsbereich endlich die notwendigen Strukturmaßnahmen setzen zu können. In letzter Konsequenz werden diese Mittel bedauerlicherweise von den Gewerkschaften, um ihre Privilegien aufrechtzuerhalten, blockiert, weshalb wir jene Reformen, die notwendig wären, um auf die Problembereiche des raschen gesellschaftlichen Wandels und der Technologisierung Antworten zu finden, nicht durchführen können.

Auf Seite 13 seines schriftlichen Berichtes verweist der Herr Finanzminister – damit möchte ich schon zum Schluß kommen – darauf, daß wir das beste Pensionssystem der Welt hätten. Für mich ergeben sich in diesem Zusammenhang einige Fragen: Was ist denn so gut an einem Pensionssystem, das unterschiedliche Klassen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen


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kennt, das eine Gruppe reich mit Privilegien und Vorteilen ausstattet? Was ist denn so gut an einem Pensionssystem, dessen Unfinanzierbarkeit bereits seit Jahren feststeht und welches zuläßt, daß Frauen im Alter zumeist nicht oder nur unzureichend abgesichert sind, daß Altersarmut tatsächlich ganz eindeutig weiblich ist, daß die durchschnittliche Pension der Frauen in etwa nur halb so hoch ist wie jene der Männer, daß jede achte Pensionistin von ihrer Pension gar nicht leben könnte, weil sie unter dem Existenzminimum liegt, daß 72 Prozent der Ausgleichsbezieher Frauen sind, daß der Nachkauf von Pensionszeiten auf Basis der Höchstbemessungsgrundlage, die Frauen nur zu einem höchst geringen Anteil überhaupt erreichen, berechnet wird und daß geringfügig Beschäftigte – auch das sind großteils Frauen – von der Altersabsicherung überhaupt ausgeklammert sind?

Wenn noch etwas mehr Zeit zur Verfügung stünde, könnte ich noch mehr Fragen stellen.

Der Herr Finanzminister behauptet auf Seite 11 seines schriftlichen Berichtes, daß bei den bisherigen Sparpaketen sehr genau abgewogen worden sei, wo eine Ausgabenkürzung sozial vertretbar sei. Dazu muß ich sagen: Entweder funktioniert seine Waage nicht richtig, oder er hat vergessen, daß diese Sparpakete einseitig und unausgewogen die Frauen benachteiligt haben – Stichwörter "Pensionsnachkauf", "Karenzzeit" und viele andere mehr.

Wenn es Herr Minister Edlinger ernst damit meint, daß das Ziel erfolgreicher Wirtschaftspolitik die Sicherung und Weiterentwicklung des Wohlstandes und der Einkommen der Bürgerinnen und Bürger eines Landes sowie die erfolgreiche Sicherung von Beschäftigung sind, dann, muß ich sagen, hoffe ich sehr, daß er damit auch jene 52 Prozent der Bevölkerung gemeint hat, die die Bürgerinnen stellen. Die bisherigen Maßnahmen haben nämlich nichts in diese Richtung erkennen lassen, und das Vertrauen auf zukünftige Maßnahmen ist bei mir aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen leider nicht sehr stark ausgeprägt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

15.42

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich auf drei Bemerkungen zu den Berichten über die wirtschaftliche Lage beschränken und mit jenem Bereich, der mir besonders am Herzen liegt, nämlich der Jugendbeschäftigung, beginnen.

Der Herr Bundesminister hat heute etwas gesagt, was uns alle froh stimmen kann, nämlich daß aufgrund von geänderten Rahmenbedingungen noch in diesem Jahr bis zu 3 500 neue Lehrstellen zusätzlich zu erwarten sind. Das ist eine stolze Zahl, und das ist großartig! (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.  – Abg. Haigermoser: Alles gelöst! Kein Problem!)

Herr Kollege Haigermoser hat seine Rede mit einem Satz begonnen, der, glaube ich, wirklich nicht zu übertreffen ist. Herr Kollege Haigermoser! Sie haben zu Beginn gesagt, niemand wolle schwarzmalen. – In diesem Punkt stimme ich Ihnen völlig zu. (Abg. Haigermoser: Sie sollten die Parteibrille herunternehmen, Herr Kollege!) Allerdings war der Rest Ihrer Rede das genaue Gegenteil, Herr Kollege Haigermoser. Sie haben in Ihrer Rede nicht einen einzigen Vorschlag dahin gehend gemacht, wie man diesen Problemen tatsächlich begegnen kann. Und das ist zuwenig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte mich anders verhalten und diesem Problem ein wenig näherkommen, indem ich einen Vorschlag mache. (Abg. Haigermoser: Weihrauchkessel!)

Meine Damen und Herren! Wenngleich wir nun in diesem Jahr das Problem der Lehrlinge mit einer größeren Zahl von Lehrstellen ein wenig entschärfen können, dürfen wir über ein anderes Problem – Sie haben das, Herr Bundesminister, heute bereits angesprochen – nicht hinwegsehen: Die Schulabgänger, die die AHS, die BHS, die Universität absolviert haben, werden natürlich auch in diesem Jahr große Probleme haben, auf dem Arbeitsmarkt einen Job zu finden. (Abg. Haigermoser: Lassen Sie doch das Schwarzmalen!)


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Ich glaube daher, daß wir uns überlegen müssen, was wir tun können, um – sollten wir nächstes Jahr wirklich mit einer stärkeren Konjunktur rechnen können – zumindest in diesem Jahr zu helfen. Unser Vorschlag dazu lautet, ein System zu entwickeln, das wir "Startjobs für Schulabgänger" nennen.

Meine Damen und Herren! Was meinen wir damit? – Wir meinen damit, daß Unternehmen, die über das Jahr hinweg eine sehr unterschiedliche Auftragslage haben, zwar vielleicht nicht bereit sind, jemanden dauerhaft anzustellen, sehr wohl aber jemanden für einige Monate aufnehmen möchten, um Auftragsspitzen zu bewältigen. Ein Verein, finanziert über das AMS, über die Länder, über den Bund (Abg. Haigermoser: Ein Fonds wäre zu gründen!), könnte durchaus in der Lage sein, für solch junge Schulabgänger eine Art Trainee-Programm für ein Jahr zu vermitteln.

Wir werden das in Niederösterreich ausprobieren. Es wurde bereits ein Verein gegründet – er heißt "Job up" –, durch den wir versuchen werden, einige hundert Schulabgänger in den Arbeitsprozeß zu integrieren. Das bedeutet für sie ein Jahr, das zählt, in dem sie angestellt sind, ein Jahr, das ihnen etwas bringt! Learning by doing ist immer noch besser als nichts zu tun, und es wird letztlich ein Jahr sein, in dem sie auch die Möglichkeit haben, ihre Talente zu prüfen und vielleicht bei dem einen oder anderen Unternehmen "hängenzubleiben".

Meine Damen und Herren! Das ist für mich eine Politik, durch die man Schulabgängern tatsächlich einen Startjob vermitteln kann, und ich halte das für sehr gut. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte einen zweiten Punkt anschneiden, der die Forschung und Entwicklung betrifft. Wir haben zwar gut ausgebildete Mitarbeiter, die das Forschen jedoch nicht an der Universität, sondern erst in der Praxis erlernen. Daher halte ich industrienahe Forschung und die Projekte, die mit den Technologiemilliarden finanziert werden, für den richtigen Weg.

Wir dürfen uns aber über eines nicht hinwegtäuschen: Industrienahe Forschung heißt nicht, daß ein Projekt nur dann eingereicht werden kann, wenn es durch einen Auftrag, den ein Unternehmen gibt, voll finanziert ist, sondern wir werden bei Forschungseinrichtungen nach wie vor einen gewissen Grundbetrag fördern müssen. Internationale Beispiele zeigen, daß das notwendig ist, denn große Forschungseinrichtungen, wie etwa Seibersdorf, können nicht von heute auf morgen abgeschoben werden. Das Gegenteil ist der Fall. Wir brauchen, um solche Vorhaben durchführen zu können, Forschungseinrichtungen auf Dauer.

Lassen Sie mich noch kurz einen dritten Punkt erwähnen, der die sozialen Dienste betrifft. Diesen Sektor halte ich für einen Wachstumssektor. Wenn jene 21 Milliarden Schilling, die der Bund jährlich an Pflegegeld auszahlt, tatsächlich in diesen Sektor gelenkt werden, etwa durch den – nach wie vor fehlenden – flächendeckenden Ausbau mobiler Dienste, könnten wir auf diese Art und Weise auch zu mehr Jobs kommen. Ich halte das für einen Sektor, in dem durch Geld des Bundes unmittelbar Arbeitsstellen entstehen können.

Ich ersuche Sie, darüber nachzudenken und diesbezüglich sehr kreativ zu sein. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Schreiner vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

15.47

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich in meiner Wortmeldung auf die Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur wirtschaftlichen Lage.

Herr Bundesminister! Bei Ihrem Bericht und der Kritik meines Vorredners ist mir folgendes aufgefallen: Dieser Bericht beinhaltet zwar eine Analyse, aber keine Lösung, nicht einmal Lösungs


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ansätze. Sollen wir von der Opposition Ihnen auch noch die Lösungsansätze liefern?! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wechseln wir einmal die Plätze! (Abg. Nürnberger: Das wäre schön!) Sie gehen auf die Oppositionsbänke und wir auf die Regierungsbank, dann werden Sie sehen, wie freiheitliche Lösungen und Lösungsansätze ausschauen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte nur eine Bemerkung zu diesem Bericht machen, zu etwas, was mir beim Durchlesen Ihres schriftlichen Berichtes aufgefallen ist. Der Herr Bundesminister für Finanzen schreibt, daß die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft eine der größten Herausforderungen sei. – Nun gut, das stimmt! Die Frage ist, welche Antworten man darauf hat.

Ein Staat wie Österreich sollte eigentlich folgende Antworten darauf geben: weniger Abgabenbelastung, geringere Lohnnebenkosten, bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, leistungsbereite Menschen, leistungsbereite Betriebe, kreative Produkte, mehr Marktchancen. – Haben wir das alles, zum Beispiel, Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, in der Steuerpolitik? Haben wir in der Frage der Steuerharmonisierung mit der Europäischen Union in den letzten zwei Jahren tatsächlich etwas weitergebracht?

Wir haben noch immer eine in Europa einzigartige Steuer, nämlich die Getränkesteuer. Wir haben gegenüber unserem deutschen Nachbarn eine doppelte Biersteuer und noch einige andere Steuern, über die internationale Steuerexperten wirklich lachen. Es gibt zum Beispiel für Landwirte eine Steuer in Höhe von 80 S pro Quartal, deren Einhebung mittels Zahlschein und das Handling 300 S kosten. (Abg. Haigermoser: Bürokratieabbau!) Da frage ich mich wirklich, ob wir in Österreich die Steuerreform auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, nämlich auf einen Tag jenseits der Jahrtausendwende, verschieben können.

Herr Bundesminister! Da lobe ich mir ja den niederösterreichischen Landtag, wo anläßlich der Budgetdebatte über den Landesvoranschlag ein Vier-Parteien-Antrag, den auch die ÖVP, selbstverständlich die SPÖ, die Liberalen, die da nur eine Ein-Mann-Fraktion stellen, und wir Freiheitliche mitgetragen haben, eingebracht wurde, in welchem die Landesregierung aufgefordert wird, im Sinne der Antragsbegründung bei der Bundesregierung mit dem Ziel tätig zu werden, daß aus den Unternehmen nicht entnommene Gewinne steuerlich begünstigt werden. – Hört! Hört!

Ein gleichlautender Antrag wird jedesmal – meistens von den Sozialisten – im Rahmen unserer umfassenden Darstellung der steuerlichen Maßnahmen mit der Begründung, das koste Milliarden Schilling, abgetan.

Vor kurzem habe ich aus dem Mund des Herrn Klubobmanns Kostelka vernommen, 200 Milliarden bis 250 Milliarden Schilling würden alle von uns gemachten steuerlichen Vorschläge kosten. Herr Klubobmann Kostelka! Ich glaube, man sollte zuerst eins und eins zusammenzählen können, bevor man beurteilt, was Vorschläge der Freiheitlichen zur Steuerpolitik kosten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines muß ich dazusagen: Man wird nicht sagen können: Globalisierung der Weltwirtschaft, gute Analyse – wir schlafen leider in der Pendeluhr! Man wird nicht sagen können: Wir sind in der Europäischen Union, die Steuerharmonisierung wäre wichtig, das bemerken wir, aber tun wir nichts dergleichen!

Der Herr Bundesminister für Finanzen ist jetzt im ECOFIN-Rat, er wird ein halbes Jahr auch Vorsitzender des ECOFIN-Rates sein, nämlich exakt vom 1. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998, und ich bin sehr neugierig darauf, ob in dieser Zeit eines der dringenden Probleme der Harmonisierung des Binnenmarktes wirklich gelöst wird oder ob das verlorene sechs Monate sein werden. Ich befürchte letzteres, und zwar deswegen, weil es für den Finanzminister sicher schwierig sein wird, seine Ideen seinen Kollegen verbal zu verdeutlichen. Das wird die erste Schwierigkeit sein.

Die zweite Schwierigkeit wird im folgenden bestehen: Steuerharmonisierung kann man auch dadurch betreiben, daß man das, was in anderen Ländern gang und gäbe ist und wo wir selbst


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Ausreißer haben, ganz einfach angleicht, indem man einen Blick über die Grenze wirft. Aber auch das haben der Bundesminister für Finanzen und der Wirtschaftsminister bis jetzt nicht geschafft.

Es ist daher dieser Bericht eine traurige Analyse. Die Lösungen dazu haben Sie nicht geliefert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben vorgebrachte Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der vom Abgeordneten Mag. Schreiner eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich insbesondere im Hinblick auf eine Eindämmung des Kaufkraftabflusses in das benachbarte Ausland hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Interesse der österreichischen Bevölkerung und der heimischen Wirtschaft dringend Maßnahmen zur Eindämmung des Kaufkraftabflusses sowie zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich unter anderem durch Abschaffung steuerlicher österreichischer Besonderheiten, wie zum Beispiel der Getränkesteuer, sowie durch besondere Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlich schwachen Grenzregionen umzusetzen."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Eder vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.53

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie einige meiner Vorredner schon betont haben, ist die konjunkturelle Lage in Europa sowie in Österreich von gedämpftem Optimismus gekennzeichnet. Die Aufschwungphase kann auch von professionellen Nörglern nicht geleugnet werden, wenngleich deutliche Unterschiede zu vergangenen Konjunkturbelebungen bestehen. So gehen günstige Impulse vor allem von der Auslandsnachfrage aus, und zwar je nach Verflechtungsgrad mit der nordamerikanischen Wirtschaft. Im Bereich der Investitionen ist die Situation aber noch immer nicht zufriedenstellend. Das betrifft unter anderem die Bauwirtschaft, die insbesondere auch mit dem Problem der bestehenden Überkapazitäten in Europa zu kämpfen hat. Wir haben ja erst heute wieder in den Zeitungen über die Bauwirtschaft aus professionellem Munde hören können, wie es um sie bestellt ist.

Meine Damen und Herren! Wie wir wissen, ist vor allem auch die subjektive Einschätzung der Wirtschaftslage konjunkturell bedeutsam.

In diesem Lichte ist etwa der jüngste Wifo-EU-Konjunkturtest zu sehen, der insgesamt eine wesentliche Verbesserung der Stimmungslage der heimischen Unternehmen widerspiegelt. So wird etwa der Auftragsbestand in der Industrie netto noch immer als zu niedrig beurteilt. Die negativen Rückantworten haben sich aber seit Anfang des Jahres fast halbiert. Dazu hat sicher auch das Bekenntnis der Regierung beigetragen, trotz erforderlichem restriktivem Budgetkurs der Arbeitsmarktlage und damit der Wirtschaft besonderes Augenmerk zu schenken. Export und Technologieoffensive zum Beispiel sind zwei wichtige Punkte, die in den letzten Wochen ja auch das Parlament beschäftigt haben.


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Die rasche und grundlegende Reform des Anlagenrechts und der Gewerbeordnung haben überdies die Problemlösungsfähigkeit der Koalition deutlich unter Beweis gestellt und werden das Ihre dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes entsprechend zu stärken.

Gleichzeitig stehen wir jedoch vor der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt nicht so reagiert, wie wir Sozialdemokraten dies für erforderlich halten, und das trotz einer moderaten Tariflohnentwicklung.

Auch die heimische Wirtschaft bleibt von strukturellen Änderungen, die zum Teil mit dem Schlagwort "Globalisierung" umschrieben werden, ohne allerdings immer etwas damit zu tun zu haben, nicht verschont. Dies ist aber nicht nur als Bedrohung, sondern in manchen Bereichen auch als Herausforderung und Chance zu sehen.

Österreichs Policy-Mix hat sich im internationalen Maßstab bewährt. Selbst in von manchen heute gern zitierten Ländern wie den USA oder den Niederlanden liegt die Arbeitslosigkeit deutlich über jener unseres Landes. Dies darf uns aber nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Letztlich ist jeder einzelne Arbeitslose genau einer zuviel.

Die Aufnahme eines Abschnitts über Beschäftigungspolitik in den Maastricht-II-Vertrag ist ein nicht unwesentliches Signal. Österreich hat sich immer dafür eingesetzt und damit letztlich auch recht behalten. Aber auch dies darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß es im Grunde genommen eben nur ein Signal ist. Aber vielleicht wird damit wirklich eine Haltungsänderung auf europäischer Ebene bewirkt, wozu auch verschiedene in den letzten Monaten abgehaltene Wahlen beigetragen haben. Vielleicht wäre auch die Einführung von Sanktionen beim Überschreiten einer bestimmten Zahl von Arbeitslosen angebracht.

Bei aller Wichtigkeit von gesamteuropäischen Überlegungen zur Schaffung von qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und dem langsamen, aber sicheren Prozeß des Erkennens, daß die Erreichung der bisherigen Maastricht-Kriterien vielleicht doch nicht das Alleinseligmachende sind, bleibt Beschäftigungspolitik aber doch in erster Linie eine nationale Angelegenheit, und zwar eine nationale Angelegenheit, die angesichts von Budgetbeschränkungen und immer weiter fortschreitender außenwirtschaftlicher Verflechtung einer Vielzahl von Maßnahmen und Aktivitäten bedarf.

Die Zeit eindimensionaler wirtschaftspolitischer Ansätze ist, sofern es sie überhaupt jemals gegeben hat, endgültig vorbei. Aussagen wie "Keynes ist tot" mögen zwar einen gewissen physischen Wahrheitsgehalt haben, zeugen aber sonst nicht gerade von besonderem Weitblick. Das gleiche gilt dann, wenn einerseits der Vorzug des Privaten gegenüber dem Staat propagiert wird, etwa dann, wenn es um offensichtlich mehr politisch als ökonomisch motivierte Privatisierungen geht, bei betriebs- oder volkswirtschaftlichen Problemen privater Unternehmen oder Wirtschaftszweige aber umgekehrt sofort der Staat verantwortlich gemacht und in die Pflicht genommen wird. Förderungen, Garantien, Haftungsübernahmen, Export- und Technologiestützungen werden da selbstverständlich gefordert.

Die Eindimensionalität politischer Argumentation wird somit schon in der praktischen Umsetzung nicht gehalten und führt sich daher selbst ad absurdum. Kurt Mayer hält uns dies etwa in einem vorzüglichen Kommentar, der vor kurzem im "Standard" erschienen ist, vor Augen und spricht zu Recht von dogmatischen Vernebelungen und Halbwahrheiten.

So entpuppt sich etwa die von manchen als Vorbild hervorgehobene Beschäftigungspolitik der USA als für 4,5 Millionen Menschen zu unfreiwilliger Teilzeitbeschäftigung führende Politik. Weitere mehr als 10 Millionen Menschen haben dort einen Job auf Abruf und mehr als 8 Millionen Menschen sind sogenannte "Selbständige" – unter Anführungszeichen –, die nur phasenweise Arbeit haben. In Summe kommen also zu den in den offiziellen Statistiken ausgewiesenen Arbeitslosen weitere 28 Prozent Unterbeschäftigte, deren Schicksal wohl alle hier Anwesenden für sich selbst entrüstet zurückweisen würden. Man sollte daher nicht für andere etwas fordern, was man selbst in Kauf zu nehmen nicht bereit ist.


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An einer sozialpolitischen Absicherung des Wohlfahrtsstaates, den die Menschen in diesem Land erkämpft haben, führt kein Weg vorbei. Ich darf wiederum Amerika anführen: Das untere Drittel der Einkommensbezieher erhält dort um 25 Prozent weniger Lohn als 20 Jahre zuvor. Dies, meine Damen und Herren, kann uns wohl nicht als Vorbild dienen.

Verschiedene Wege sind zu beschreiten und verschiedene wirtschaftspolitische Ansätze zu kombinieren. Kurt Mayer meint dazu völlig richtig, daß die Suche nach einem intelligenten Maßnahmenpaket mehr Sinn macht als der wiederholte Versuch, die Glaubenssätze einer neoliberalen Politik pseudoanalytisch nachzubeten.

Beschäftigungspolitische Überlegungen und Instrumente haben daher ihre volle Berechtigung, auch wenn sie keynesianistische Züge tragen. Die Kombination von öffentlichen Investitionen, wie sie etwa über die neugeschaffene ASFINAG im Straßenbaubereich möglich werden, mit entsprechender Unterstützung durch Export- und Technologiestärkungsprogramme sowie die Schaffung wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen gehören ebenso zu verantwortungsvoller Wirtschaftspolitik wie die soziale Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch die für die Wirtschaft letztlich unabdingbare Erhaltung der Kaufkraft der unselbständig Beschäftigten. Wer dies leugnet oder nicht wahrhaben will, der belügt sich selbst.

Somit sind einer zügellosen Deregulierungs- und Liberalisierungspolitik um jeden Preis klare sozialpolitische Grenzen zu setzen. Ordnungspolitische Überlegungen sind nicht nur legitim, sondern strikt erforderlich. Es kann nicht angehen, im ungehemmten Wettbewerb die Gewinner zu feiern und die Verlierer einfach zu vergessen. An die Mobilität von Menschen etwa dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Mobilität des Kapitals, wäre zutiefst unsozial, letztlich auch menschenverachtend. Zwar darf dies nicht zu wettbewerbsfeindlichen Verkrustungen und zur Strukturkonservierung führen, es muß aber immer im zentralen Brennpunkt der Politik bleiben.

Es ist zum Beispiel nicht egal, wo Forschungsergebnisse und Technologieentwicklungen umgesetzt werden. Es ist nicht unerheblich, wie die beschäftigungswirksamen Mittel des ERP-Fonds eingesetzt werden. Es ist auch nicht ohne Bedeutung, wo strategische Headquarters angesiedelt werden. Schließlich ist es auch nicht nebensächlich, ob und von wem strategische Beteiligungen gehalten werden.

Der internationale Standortwettbewerb bedeutet eine enorme Herausforderung für die nationale Wirtschaftspolitik, zumal die Versuchung groß sein könnte, sich einer Politik hinzugeben, unter der Ausrede der Standortsicherung in die nach unten führende Spirale des Liberalisierungswettbewerbes einzutreten. Abbau sozialer Errungenschaften, Abbau von Umweltstandards, ein ungehemmter Steuerwettbewerb, der sich schließlich funktional zu Lasten des Faktors Arbeit auswirken wird, um den Faktor Kapital zu halten, würden die Folge sein.

Sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen, ist für die Politik mit Sicherheit nicht leicht und wird punktuell immer wieder zu Fehlentscheidungen und Anpassungsbedarf führen. Österreich hat aber in den letzten Jahrzehnten bewiesen, daß es in der Lage ist, sich in diesem Spannungsfeld zu bewähren, und wenn daher nun etwa im Rahmen der Budgetkonsolidierung gewisse Korrekturen vorgenommen werden müssen, kann daraus nicht abgeleitet werden, daß die Gesamtstrategie falsch war. Lebensstandard und Lebensqualität in unserem Land, meine Damen und Herren, beweisen das Gegenteil. Wir müssen aber auch weiterhin – vielleicht noch stärker als bisher – danach trachten, daß auch alle daran teilhaben können. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte, Herr Abgeordneter. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

16.03

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es dürfte wohl eine Novität im Hohen Hause sein – und das zeigt, daß sich die Regierung in einer Vertrauenskrise befindet –, daß sozialdemokratische und ÖVP-Abgeordnete hergehen und einen Entschließungsantrag einbringen, in dem sie die Regierungsmitglieder zur Arbeit auffordern. Das dürfte einmalig in der Geschichte dieses Parla


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ments sein. In diesem Entschließungsantrag wird in zehn Punkten gefordert – und das ist schon eigenartig –, daß die Ausgaben für Forschung und Entwicklung erhöht werden, daß Maßnahmen zur Beschäftigungspolitik absolute Priorität haben sollen, daß die Jugendbeschäftigung gefördert wird und ähnliches mehr. Das kann doch nur bedeuten – und das sage ich ganz deutlich –, daß es zwischen Parlament und Bundesregierung eine Vertrauenskrise gibt. Die Sozialpartner schreien in Form eines Entschließungsantrages auf, statt sich mit ihren Ministern zusammenzusetzen und endlich einmal ein Programm für Österreich zu erstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Bei den beiden Erklärungen, die heute vom Wirtschaftsminister und vom Finanzminister abgegeben wurden, muß man sich zunächst einmal fragen, wozu es zwei Erklärungen gibt, wenn beide Minister die gleiche Meinung haben. Da muß man sich doch sagen, daß eine überflüssig ist. Wahrscheinlich haben Sie, Herr Bundesminister Farnleitner, Ihre Wortmeldung mit der des Herrn Finanzministers Edlinger akkordiert, damit das Ganze schön in eine Richtung geht.

Aber die Erklärungen von Ihnen und Ihrem Kollegen gehen an der Realität vorbei. Sie verschließen die Augen vor der Realität. Trotz Sparpaket, trotz Flexibilisierung der Arbeitszeit, trotz Sonntagsarbeit, trotz Nullohnrunden, trotz Streichung der Sonderausgaben und so weiter gehen die wirtschaftliche und auch die budgetäre Talfahrt weiter.

In Rust ist der nächste Raubzug beschlossen worden: Kürzung der Bausparprämien, Erhöhung der Gebühren, Pensionskürzungen, Anhebung der Höchstbemessungsgrundlage und so weiter. Das heißt, Sie planen eine allgemeine Verschlechterung der Einkommens- und Lebensstandardsituation der Österreicher. Sie gefährden mit Ihrer Schönfärberei auf Dauer den sozialen Frieden. Sie sollten einmal einen Textilhandel aufmachen, der ohnehin in Nöten ist, denn dort würde man Schönfärber vielleicht brauchen – aber nicht in der Regierung! Sie färben in Ihren Ausführungen schön, wissen aber ganz genau, daß die Realität eine andere ist.

Wir haben in Österreich eine hohe Arbeitslosigkeit, die zum Teil eine Jugendarbeitslosigkeit ist. Mit Ihrer Politik gefährden Sie auch die Existenz der Bauern, die Existenz der Arbeitnehmer und die Existenz der Gewerbetreibenden in immer erheblicherem Ausmaß. Sie betreiben ausschließlich Shareholder-Value-Politik. Jüngstes Beispiel: Die Einsetzung der Herren Hochleitner und Schmidt zur Erarbeitung eines Forschungskonzepts. Bevor das Ergebnis endgültig auf dem Tisch liegt, wird es schon zerpflückt, weil sich der ERP-Fonds zu Recht darüber aufregt und sagt: Warum sollen die Mittel weggenommen, aufgelöst werden?, während eine Politik zugunsten von Siemens an und für sich Ihr Ziel wäre.

Ähnlich verhält es sich in der Frage der alternativen Energien. Die alternativen Energien sind ein wichtiges Thema. Aber Sie haben es verabsäumt, jene Mittel, die Sie mit der Energiesteuer einheben, tatsächlich für alternative Energien zu verwenden, sondern Sie haben sie in das allgemeine schlechte Budget eingebracht. In Amerika gibt es sicher viele Schattenseiten, aber bei uns sehe ich überhaupt nur Schatten. Daher wäre es vielleicht einmal lohnenswert, über jene Vorteile, die auch der Nobelpreisträger Becker in seinen Ausführungen erwähnt hat und die Sie selbst in Ihrer Rede aufgezählt haben, nachzudenken und sie einzubringen.

Sie haben in Wirklichkeit zehn Sünden begangen. Die Pensionsfrage ist ungelöst, Die Lehrlingssituation ist ungelöst. Die Probleme der Sozialversicherungsanstalten sind ungelöst. Der Insolvenzfonds hat einen Schuldenberg von 5,2 Milliarden Schilling. Die Wirtschaftsentwicklung sieht schlecht aus: Wir haben über 112 Milliarden Schilling Handelsbilanzdefizit. Aber hier herinnen werden Sonntagsreden gehalten. Hier herinnen gibt es von Herrn Bundesminister für Finanzen und von Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Sonntagsreden!

Meine Damen und Herren! Auch die Beamtensituation ist Ihnen entglitten. In der NATO-Frage wird weiter gestritten. Das nächste Thema wird das Gesundheitswesen in Österreich sein.

Ihr System, das Sie nach wie vor verteidigen, ist brüchig geworden. Ich erwarte mir von einem Minister dieser Republik eine Zukunftsorientierung und vor allem eine soziale Sicherheit für die Bevölkerung in diesem Lande! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.08


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler. – Bitte, Herr Abgeordneter. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

16.08

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ob ich will oder nicht, ich muß einfach auf meine Vorredner von den "F" replizieren. (Ruf bei den Freiheitlichen: Solch ein Pech! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir haben nichts anderes erwartet!) Tatsächlich! Ich wünsche mir einmal andere Vorredner, damit ich nicht immer auf die Oberflächlichkeiten der "F" replizieren muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist ja im großen und ganzen himmeltraurig, wenn sich ein Herr Mag. Schreiner, von dem ich eigentlich viel halte, von dem ich weiß, daß er ganz gute Ideen hat (Abg. Dr. Graf: Eigene Ideen!) , da herausstellt und dem Wirtschaftsbericht jedwede Zukunftsorientierung abspricht, so als hätte er dieses Papier, das Herr Bundesminister Farnleitner uns zur Verfügung gestellt hat, überhaupt noch nicht gesehen. Ich glaube, es ist sinnlos, darauf hinzuweisen, daß die Zukunftsperspektiven auf mehreren Seiten dezidiert dargelegt werden, denn ihr wollt es einfach nicht hören und nicht wahrnehmen (Zwischenruf des Abg. Blünegger ) , weil nicht sein darf, was von euch nicht gewollt wird. So schaut nämlich die Welt aus!

Es wird unter anderem auch zur wirtschaftlichen Lage und zur Steuerharmonisierung Stellung genommen. Dabei ist aber bitte eines, liebe Kolleginnen und Kollegen von den "F", zu bedenken: Steuerharmonisierung ist recht und gut, aber ich glaube nicht, daß Österreich als eines der kleinsten EU-Mitgliedsländer tatsächlich in der Lage sein wird, die Steuerharmonisierung von uns aus europaweit zu betreiben. Das ist doch eine Verkennung der Größenordnung. Wenn man es aber nur des Schalles wegen gesagt hat, dann ist schade um die Zeit. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )

Ein nächstes, Herr Kollege Gaugg. – Ich glaube, Kollege Gaugg ist hinausgegangen, um sich nicht der Diskussion stellen zu müssen. – Es ist einfach erschütternd, wenn schlechthin alles und jedes, was es in Österreich an Positivem gibt, negiert wird. Hat Kollege Gaugg denn übersehen, daß die Arbeitslosenrate in Österreich beispielsweise beträchtlich geringer ist als im von ihm so oft gelobten und vielzitierten Amerika? Hat er auch übersehen, daß bei uns die Inflationsrate um vieles geringer ist? Oder hat er auch übersehen, daß beispielsweise die steuerliche Gesamtbelastung bei uns geringer ist als in den Vereinigten Staaten?

Die österreichischen Eckdaten sind ohne Zweifel herzeigbar! Sie lassen auch tatsächlich das Wirtschaften, das Unternehmertum zu, und zwar eines mit besonderer Qualität, das steht doch außer Frage. Es bringt in der Diskussion überhaupt nichts, wenn über jedes Faktum einfach nur polemisiert wird und keine realistischen Beiträge zur Problemlösung geleistet werden. (Abg. Haigermoser: Wie steht es denn mit deinen Beiträgen, Kollege Mühlbachler? Ich warte, ich habe den Bleistift schon gezückt!)

Ich meine, das sollte einmal festgehalten werden. Von freiheitlicher Seite wird immer wieder alles nur schlechtgemacht, nur skandalisiert, und zwar besonders dort, wo die Diskussionen tatsächlich ansetzen sollten. Das bringt ihr aber nicht zusammen, weil es einfach nicht in euer Konzept paßt und weil man damit ja auch tatsächlich in die parlamentarische Arbeit einsteigen müßte. (Abg. Haigermoser, der seine Armbanduhr abnimmt und sie in Richtung Redner hält: Mühlbachler! Deine Redezeit ist um!) Kollege Haigermoser! Der Herr Präsident bestimmt Gott sei Dank die Redezeit, nicht du.

Abschließend möchte ich folgendes sagen: Meine sehr geehrten Damen und Herren, und da nehme ich auch die Oppositionsparteien mit ins Gebet! Ich glaube, daß die österreichischen Eckdaten ganz gut sind. (Abg. Dr. Graf: Sie sollten wissen, nicht glauben!) Wir sollten allerdings tatsächlich das Wirtschaften etwas erleichtern, indem wir uns redlich bemühen, in Richtung einer wirklichen Entbürokratisierung zu gehen. Das liegt vor allem an uns selbst.


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Wir haben sehr viele Bereiche verändert und reformiert, haben allerdings im Zuge dieser Reformen auch eine neue Art von Bürokratie geschaffen, und genau dort haben wir Handlungsbedarf. Zumindest sehe ich als Bürgermeister das so, wenn ich in vielen Gesprächen mit jungen Unternehmern erkennen muß, daß sie ihr Handwerk zwar hervorragend verstehen, daß sie aber durch die Auflagen, die ihnen in bürokratischer Art und Weise vorgegeben werden, häufig von ihrer eigentlichen unternehmerischen Arbeit abgehalten werden. Dort sollte ein Ansatz gefunden werden, unter anderem natürlich auch, um die wirtschaftliche Lage unserer Unternehmen etwas zu erleichtern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Blünegger: Zehn Jahre lang hättet ihr das schon machen können! Zehn Jahre!)

16.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

16.14

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich gleich bei den Regierungsparteien dafür entschuldigen, daß ich mich nicht hierherstellen und sagen kann: Es ist alles super! Denn ich kann der Argumentation, wie sie in diesem Bericht steht, nichts abgewinnen, etwa, daß beispielsweise die Arbeitslosigkeit bei uns besser ist als in Neuseeland, daß unser Pensionssystem weltweit das beste ist – ich weiß, daß es unfinanzierbar ist – oder daß die Wirtschaftsforscher mit einer Wachstumsbeschleunigung rechnen. Auch daran kann ich nicht glauben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie es der Wirtschaft wirklich geht, das sieht man ja ganz eindeutig, wenn man zum Beispiel durch die Straßen Wiens geht. In keinem Block werden Sie eine Geschäftsreihe finden, die voll belegt ist, sondern Sie finden in jedem Block Geschäfte, die schon seit langem zum Vermieten ausgeschrieben sind. Niemand hat mehr ein Interesse daran, Wirtschaft zu betreiben, und zwar deshalb, weil es den Unternehmern so schlecht geht. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Alle Uhren in der Wirtschafts- und in der Sozialpolitik zeigen, daß es bereits fünf Minuten vor zwölf ist. Und was tun Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, gemeinsam mit der Regierung? – Sie lehnen sich zurück, Sie beweihräuchern sich und sehen überhaupt keinen Handlungsbedarf!

Herr Kollege Mühlbachler! Sie haben gesagt, man soll realistisch debattieren. – Aber wir wollen ja realistisch debattieren! Wir wollen ja, daß der Bevölkerung endlich einmal reiner Wein eingeschenkt wird! Tatsächlich ist es aber so, daß von den Regierungsparteien nur Schönfärberei betrieben wird (die Rednerin hält Unterlagen in die Höhe) , wie aus diesen beiden Berichten ersichtlich ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen auch anhand eines Beispieles darstellen, wie hier Sozial- und Wirtschaftspolitik betrieben wird. Seit Jahren weiß jeder, daß das "weltweit beste Pensionssystem" nicht mehr zu finanzieren ist. (Abg. Mag. Stadler: Das teuerste!) S eit Jahren redet und diskutiert man darüber, aber außer kleinen Retuschen wird nichts gemacht.

Vor drei Jahren hat es geheißen: Bis zur Jahrtausendwende wird diese Reform die Pensionen für alle Menschen sichern. – Genau drei Jahre sind vergangen, und nach diesen drei Jahren mußten wir erkennen, daß es nicht weitergeht, daß wieder eine Reform notwendig ist. Sie betreiben nichts anderes als Kosmetik von einem Tag bis zum anderen.

Wie kurzsichtig man gerade bei der Pensionsfrage ist, möchte ich Ihnen anhand eines Beispieles erzählen. Ich war bei einer Diskussion, bei der es um das Pensionsrecht gegangen ist und bei der auch ein Vertreter des Sozialministeriums anwesend war. Dieser Sektionschef hat gesagt: "Na, is’ bisher g’gangen, dann wird’s auch in Zukunft gehen!" – Gemeint war das Pensionsrecht. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein österreichischer Sektionschef! "Da könnt’ ja ein jeder kommen!") – Das ist der "Weitblick" eines Sektionschefs, nämlich desjenigen, der für die Pensionsregelung verantwortlich ist!


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Diesen Sektionschef hat man übrigens auch in der Sendung "Zur Sache" gesehen, wo er sich sofort bemüßigt gefühlt hat, das Gutachten von Herrn Professor Rürup, das ja wirklich eine sehr realistische Darstellung unseres Pensionssystems und dessen Finanzierung gibt, schnell wieder zu verniedlichen. Man hat gleich wieder versucht, zu sagen: Es ist eh nicht so arg, ihr Österreicher könnt eh weiter so leben, es wird schon irgendwie gehen. (Abg. Ing. Reichhold: Und zwar von Rot und Schwarz!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren und sehr geehrter Herr Minister! Sie sollten eigentlich auch wissen, daß Präsident Richard Leutner vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger das Problem wirklich auf den Punkt gebracht hat. Er hat nämlich gesagt: Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen ist vor der Pension arbeitslos. – Das heißt, wenn Sie schon sagen, wir haben eine niedrigere Arbeitslosenquote als in Neuseeland, dann muß man auch dazusagen, daß Sie diese niedrige Arbeitslosenquote nur dadurch halten, daß Sie den Menschen die Möglichkeit geben, in Frühpension zu gehen. (Abg. Mag. Stadler: So ist es!)

Der Herr Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sagt: Nur noch jeder dritte Arbeiter geht vom Erwerbsleben direkt in die Pension, zwei Drittel hingegen gehen aus der Arbeitslosigkeit in die Pension. – Sie können uns nicht verargen, daß uns bei dieser Betrachtungsweise auf der einen Seite und angesichts der Untätigkeit der Regierung in einer solchen Situation auf der anderen Seite angst und bang wird! Und wir werden nicht müde werden, die Bevölkerung vor einer derartigen Regierung zu warnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.18


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.18

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Haigermoser hat gemeint, niemand wolle schwarzmalen. So ist es, Herr Kollege Haigermoser! Aber Sie haben vergessen, zu sagen, daß sich die Welt gewandelt hat und daß sie sich auch weiter wandeln wird. Wir stehen ganz einfach vor einer doppelten Herausforderung, nämlich der steigenden Innovationsgeschwindigkeit und der zunehmenden Globalisierung. Das heißt, es ist und bleibt Aufgabe der Politik, für eine ordnende und begleitende Gestaltung des Wirtschaftslebens einzutreten. Das heißt, daß Rahmenbedingungen auch seitens der Regierung geschaffen werden müssen, unter denen Wirtschaft und Arbeitnehmer in sozialer Fairneß miteinander leben können. Dem Prinzip der Share-holder-Philosophie, nämlich der Gewinnmaximierung, ist sehr wohl entgegenzutreten, denn über den Zahlen hat noch immer der Mensch zu stehen!

Wir wissen, daß Innovation für den Standort Europa unerläßlich ist, wissen aber auch, daß zur Selbstverwirklichung jedes Menschen gehört, daß jeder, der Arbeit sucht, auch Arbeit findet. Wir wissen außerdem sehr genau, daß Wachstumsimpulse für unsere Wirtschaft vor allem aus dem Exportbereich kommen, und darüber hinaus: Wer die Jugend hat, der hat das Land. Das heißt, daß wir sowohl in die Ausbildung von Jugendlichen, in die Weiterbildung von Beschäftigten als auch in die Umschulung von Arbeitslosen investieren müssen.

Das heißt, wir müssen Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten zum Beispiel in Form von Job-Rotationen schaffen, die zeitlich begrenzt und mit Aufenthalten in anderssprachigen Ländern verbunden sind, mit dem Ziel, die Kenntnis der Fremdsprache, die Kenntnis von Arbeitsabläufen zu vermitteln, neue wirtschaftliche sowie auch persönliche Kontakte zu knüpfen und damit vielleicht in kleinen Bereichen die Exporte zu steigern.

Bis dato haben wir durch den hohen Ausbildungsgrad unserer Arbeitskräfte international bestens reüssieren können. Wir haben Rücksicht auf Fakten zu nehmen, die alle Menschen betreffen, und Rücksichtnahme auf jene Fakten bedeutet kein Bremsen des Fortschritts, sondern verhindert Unsicherheit und Ablehnung. Gerade die Wirtschafts- und Währungsunion muß als Hilfsgemeinschaft gegen die vermeintlichen Gefahren der Globalisierung wie auch als soziales Projekt betrachtet werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Rossmann vor. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

16.22

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Es freut mich ganz besonders, daß heute der Herr Finanzminister zugegen ist und uns so lange zuhört, denn die Erklärung, die von meinem Kollegen heute bereits als Gutenachtgeschichte bezeichnet wurde, bezeichne ich als totale Ignoranz, nämlich als Ignoranz hinsichtlich des österreichischen Tourismus. Als Tourismussprecherin komme ich ganz besonders auf die Ignoranz hinsichtlich der Probleme des Tourismus zu sprechen. Auch deshalb, Herr Finanzminister, bin ich sehr froh darüber, daß Sie sich das heute wenigstens 4 Minuten lang anhören können. (Zwischenrufe und Widerspruch bei der SPÖ.)

Wir befinden uns in der katastrophalsten Sommersaison, die Österreich je hatte. Der für den Tourismus zuständige Minister Farnleitner wird Ihnen das vielleicht bestätigen. Im Bericht wird von exogenen und endogenen Faktoren gesprochen sowie auch von den familiären Problemen, die ich nicht abstreiten will. Aber ich unterstelle Ihnen nicht Unwissenheit, sondern pure Absicht und Ignoranz (Abg. Schieder: Und die Sonne lassen Sie auch nicht scheinen!) , da Sie einfach in keiner Weise und mit keiner Silbe die schlechten gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Hauptgrund für die schlechte Situation darstellen, erwähnt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde es nahezu schizophren, wenn ich dann etwa in der Erklärung des Herrn Wirtschaftsministers lese, daß die österreichische Politik bei internationalen Ursachen und so weiter, also auf die exogenen Faktoren keinen Einfluß nehmen kann, aber sehr wohl müsse sie in den beeinflußbaren Bereichen entscheidende Schritte setzen. – Das steht hier in Ihrer Erklärung.

Da frage ich mich schon, werter Herr Finanzminister: Wo war dieser Einfluß bei der Einführung der Energiesteuer? – Sie wissen ganz genau, daß die Energiesteuer für Tourismusbetriebe eine massive Belastung darstellt: 200 000 S Mehrbelastung für Betriebe mit Hallenbad und Sauna. Herr Minister! Das ist eine Verschlechterung der ohnehin schon gefährlich dünnen Eigenkapitaldecke! Die Betriebe können diese Belastung nicht weitergeben, man kann sie nicht mehr auf den Zimmerpreis aufschlagen. Es werden kostenlose Nebenleistungen verlangt.

Wo war Ihr Einfluß, von dem Sie im Bericht sprechen, zum Beispiel auch am 1. Juli, als man die Zinsen für BÜRGES-Kredite erhöht hat? – Der Bund als Haupteigentümer der Bürges erhöht die Zinsen für BÜRGES-Kredite! Wo ist da die Jungunternehmerförderung? – Das ist Ihr Verantwortungsbereich!

Wo ist Ihr Einfluß bei der Getränkesteuer, Herr Finanzminister? – Sie wissen ganz genau, daß die Getränkesteuer in nächster Zeit fallen wird. Was Sie hier machen, ist pure Vogel-Strauß-Politik. 5 Milliarden Schilling werden Sie in nächster Zeit den Gemeinden irgendwie zukommen lassen müssen, weil die Betriebe in ganz Österreich bereits dabei sind, meinem Beispiel zu folgen und sich bezüglich der Getränkesteuer an den Europäischen Gerichtshof zu wenden. – Das ist Ihre Verantwortung!

Wo ist Ihre Verantwortung bezüglich des 13. Umsatzsteuertermins? – Es hat einmal geheißen, er wird nur einmal eingeschoben. Wissen Sie, was das für Wintersaisonbetriebe bedeutet? – Sie müssen am 15. Dezember einen Kredit aufnehmen, um die Steuer für Dezember und die Vorauszahlung für den Jänner abzuliefern, quasi als zinsenfreies Darlehen an den Staat. – Das ist Ihr Verantwortungsbereich. Kein Wort wurde darüber verloren! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

Kollege Puttinger – er geht gerade hinaus – hat einmal den Mut gefaßt und in einer Aussendung in den letzten Tagen ein wahres Wort gesprochen: Er hat Sie, Herr Finanzminister, als Umfaller bezeichnet. Diesmal war nicht Minister Farnleitner der Umfaller, sondern Sie. Von seiten der ÖVP und von uns Freiheitlichen sehr massiv kam nämlich die Forderung, den Bustourismus zu entlasten. Wissen Sie, was die derzeitige Vignetten-Regelung zum Beispiel für einen Busveranstalter aus Deutschland mit einem Fuhrpark von über 100 Bussen bedeutet? – Er muß für jeden


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einzelnen Bus eine Busvignette kaufen! Sie sind nicht bereit, ihm mit irgendeiner Lösung entgegenzukommen. Mittlerweile machen die Busveranstalter bereits einen weiten Bogen um Österreich und fahren eben nicht mehr nach Österreich, denn sie sind nicht gewillt, für jeden Bus eine Vignette zu lösen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Schwimmer und Dr. Maitz. ) Sie wissen ganz genau, daß Sie den Busunternehmern auch nicht hinsichtlich einer Lösung entgegengekommen sind, die es den Fahrern wenigstens ermöglicht hätte, auf der ersten Autobahnabfahrt in Österreich die Autobahn zu verlassen und eine Vignette zu kaufen. Übrigens ist es auch für private PKWs ein furchtbarer Aufwand, sich schon vor der Reise nach Österreich eine Vignette besorgen zu müssen, besonders, weil man sie nicht überall bekommt. – All das ist Ihr Verantwortungsbereich, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund bringen wir Freiheitlichen folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mares Rossmann und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen taugliche Gesetzentwürfe vorzulegen, durch welche folgende Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft realisiert werden können:

Grundlegende Entbürokratisierung im Bereich des Tourismus,

Entpolitisierung der Österreich-Werbung,

Entwicklung von Initiativen zur Saisonverlängerung,

Koordinierung der österreichischen und europäischen Ferientermine,

Abschaffung der Getränkesteuer sowie der Kommunalabgabe bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmenausfälle bei den Gemeinden,

Senkung der Umsatzsteuer auf das Niveau der Konkurrenzländer,

Stärkung der Eigenkapitalquote und

Senkung der Lohnnebenkosten.

*****

Herr Minister! Ich ersuche Sie, die Problematik der Tourismuswirtschaft endlich ernst zu nehmen und darnach zu handeln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.27

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Diskussionsredner haben in der heutigen Debatte betont, welche Bedeutung es für den Wirtschaftsstandort Österreich hat, viele oder wenige bürokratische Belastungen für die Betriebe zu haben. Ich gehöre zu jenen, die der Auffassung sind, daß der Bereich der bürokratischen Belastungen für die Betriebe ein sehr wesent


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licher Standortfaktor ist, und ich darf darauf verweisen, daß die EU beim letzten Gipfel in Amsterdam entschieden hat, eine eigene Task Force mit der Zielsetzung der bürokratischen Entlastung der Betriebe einzurichten.

In diesem Sinne bringe ich einen Entschließungsantrag ein, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Kurt Heindl, Dr. Günter Stummvoll und Kollegen betreffend Statistik-Entlastungsoffensive

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Bundeskanzler wird ersucht, im Einvernehmen mit den zuständigen Bundesministern die vom Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen vorgelegten Reformvorschläge rasch umzusetzen. Besonders vordringlich ist die Schaffung der Voraussetzung des Zuganges zu administrativen Daten durch die Novellierung des Bundesstatistikgesetzes.

2. Der Bundeskanzler wird ersucht, das Österreichische Statistische Zentralamt zu beauftragen, an die zuständigen Bundesminister heranzutreten und gemeinsam mit diesen bis spätestens Ende 1997 ein detailliertes Programm zur Reduzierung der administrativen Belastungen der Betriebe, verbunden mit einem Zeitplan zur Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen, auszuarbeiten. Maßnahmen, die im unmittelbaren Einflußbereich des Amtes liegen, wären sofort zu setzen.

3. Der Bundeskanzler wird ersucht, die Rationalisierungsvorschläge der derzeit im Österreichischen Statistischen Zentralamt tätigen Unternehmungsberatungsfirma so rasch wie möglich umzusetzen.

4. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft werden ersucht, im Lichte der Erfahrungen und der geänderten EU-Normen durch eine Novellierung der Verordnung, BGBl. Nr. 826/1995, mit der statistische Erhebungen über die konjunkturelle Entwicklung des Bergbaues, der Gewinnung von Steinen und Erden, der Sachgütererzeugung, der Energie- und Wasserversorgung sowie des Bauwesens angeordnet werden, die Voraussetzung für weitere Entlastungen zu schaffen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soweit dieser gemeinsame Entschließungsantrag Kopf, Heindl, Stummvoll. Es geht dabei, wie ich meine, wirklich darum, alles zu tun, um es den Betrieben zu ermöglichen, die Hände für produktive Arbeit frei zu haben, und darum, unnötige bürokratische und statistische Belastungen von den Betrieben fernzuhalten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist gleichfalls ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen, und wir treten in das Abstimmungsverfahren ein.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, zu diesem Zweck jeweils ihren Platz einzunehmen, und die Mitarbeiter bitte ich, die Gänge zwischen den Sitzreihen zu verlassen.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Trattner und Genossen betreffend Verhinderung weiterer Kürzungen im Bereich der Bausparprämien. Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Feurstein und Genossen betreffend Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und beschäftigungspolitische Initiativen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen. (E 66.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schreiner und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, insbesondere im Hinblick auf eine Eindämmung des Kaufkraftabflusses in das benachbarte Ausland.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rossmann und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Heindl, Dr. Stummvoll und Genossen betreffend Statistik-Entlastungsoffensive.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (E 67.)

2. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (698 der Beilagen): Infrastrukturfinanzierungsgesetz 1997 sowie über die Regierungsvorlage (765 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (828 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 227/A (E) der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Auflösung der beiden noch bestehenden Straßenbausondergesellschaften (829 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 431/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (830 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 379/A (E) der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen betreffend Bericht über das Chaos um das Mautpickerl (831 der Beilagen)


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6. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 333/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Zunahme des Transitverkehrs durch den Bau der Umfahrung Abfaltersbach als Teil der Alemagna (832 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Firlinger vor. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

16.34

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn heute die Mehrheit des Hohen Hauses das Infrastrukturfinanzierungsgesetz und die darin aufgenommene Novelle zur Bundesstraßenfinanzierung beschließt, so ist dieser Beschluß meiner Meinung nach nichts anderes als das Eingeständnis eines schlechten Kompromisses und die amtliche Legitimierung eines Budget- und Staatsschuldenschwindels. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

7,8 Milliarden Schilling an Bundesschulden werden aus dem Bundesbudget ausgegliedert und in drei verschiedene Gesellschaften eingebracht, der größte Teil davon in die ASFINAG, ASFINAG-neu.

Meine Damen und Herren! Jeder weiß, daß damit kein einziger Schilling an Verbindlichkeiten der Republik Österreich getilgt wird. Jeder, der sich mit der Materie auch nur oberflächlich auseinandergesetzt hat, weiß, daß nicht das Ziel verfolgt wird, mit diesem Gesetz eine leistungsfähige Straßenerrichtungs- und Finanzierungsgesellschaft zu gründen, sondern daß es ausschließlich darum geht, die Verschuldungsquote auf dem Papier – ich sage dezidiert und explizit: auf dem Papier – von derzeit 72 Prozent auf knapp unter 70 Prozent zu drücken. Was ist das anderes als ein Schwindel, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun kann man das schon machen. Man kann alles mögliche machen, und die Republik Österreich, Herr Bundesminister, hat sich ja bei anderen EU-Mitgliedstaaten schon einiges abgeschaut, wie man da und dort das eine oder andere Kunststück vorführt und tief in die Trickkiste hineingreift, nur finanzpolitisch und budgetpolitisch wird außer Optik nirgendwo etwas erreicht. Ich verweise nur darauf, was Deutschland diesbezüglich alles unternommen hat, wie unglaubwürdig Finanzminister Waigel geworden ist, als er sich anschickte, in die Gold- und Devisenreserven hineinzugreifen im Zuge einer Neubewertung. Das, was Sie vorhaben, gemeinsam mit dem Finanzminister, Herr Bundesminister, ist letztlich auch nichts anderes. Es ist die österreichische Version. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie genau hinter die Zahlen schauen, Herr Bundesminister, dann werden Sie eingestehen müssen, daß damit nicht einmal das zweite Maastricht-Kriterium erreicht wird, denn bekanntlich liegt das Kriterium bei 60 Prozent des BIP, nicht bei 69 Prozent und auch nicht bei 70 Prozent. Das ist für mich ein schlüssiger Beweis, daß weder die EU-Institutionen noch die Bundesregierung selbst diese berühmten Maastricht-Kriterien sonderlich ernst nehmen, denn sonst würde sie es ja eigentlich nicht tun. Es geht ausschließlich darum, den EU-Behörden, der EU-Kommission, dem EU-Rat zu zeigen, daß ein wenig Bewegung aufkommt und daß die Rate tendenziell, aber nur auf dem Papier, nach unten geht.

Herr Bundesminister! Glauben Sie, was Sie wollen, Sie haben ja im Ausschuß einiges an oberflächlichen Argumentationen, die nicht wirklich Argumentationen waren, geliefert – aber glauben Sie bitte nicht, daß das ein Bravourstück ist. Es ist alles andere, aber ein Bravourstück ist es nicht. Der ASFINAG-Budgettrick ist letzten Endes genausowenig rühmlich wie das, was Waigel und andere, in Frankreich beispielsweise die Regierung, vorexerziert haben.


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Wenn Sie schon eine Reorganisation des Bundesstraßenbaus im Auge haben, dann füllen Sie – das wäre meine Bitte, das wäre unser Anliegen – dieses Gebilde wenigstens mit Inhalten. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, beide Straßensondergesellschaften, nämlich die ÖSAG und die ASG, aufzulösen und deren Aktivitäten in die neue ASFINAG einzubringen; eine Fusion also, die jede Menge an Einsparungen gebracht und auch Synergieeffekte nach sich gezogen hätte. Sie hätten das argumentieren können, so aber sind Sie im Ausschuß gesessen und haben bedauert, daß Ihnen die Länder nicht gefolgt sind. Mit Bedauern allein, Herr Bundesminister, wird man aber nicht weiterkommen, Lösungen sind gefragt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es grenzt schon an eine Verhöhnung des Steuerzahlers, wenn Sie mehrfach die Behauptung aufstellen, Herr Bundesminister, die Personalkosten würden sich jetzt im Zuge dieser Neukonstruktion nicht erhöhen. Ich sage Ihnen, genau das Gegenteil ist der Fall, und darf Ihnen auch kurz in Erinnerung rufen, was Ihnen die Finanzprokuratur zu diesem Thema schreibt. Hier heißt es nämlich unter Punkt 3:

"Die im Vorblatt aufgestellte Behauptung, zusätzlicher Personal- und Sachaufwand sei nicht zu erwarten, ist offensichtlich unzutreffend, da die ASFINAG nunmehr von einer reellen Finanzierungsgesellschaft zu einer Bundesstraßenplanungs- und -baugesellschaft werden soll. Neben den bisher nur zwei nebenberuflichen Vorstandsposten wird es dort nunmehr mindestens zwei zusätzliche Vorstandsposten (hauptamtliche Vorstandsposten) und zahlreiche weitere Mitarbeiter geben müssen, da es weltfremd ist, anzunehmen, daß die Mitarbeiter der ÖSAG (Sitz Salzburg) und Alpenstraßen-AG (Sitz Innsbruck) nach Wien (in welche kostenlosen Räumlichkeiten?) übersiedelt werden." – Gezeichnet: der Präsident der Finanzprokuratur Dr. Kubiczek.

Herr Bundesminister! Damit wird das ganz klar widerlegt.

Aber es geht noch weiter. Ich habe ein vertrauliches Protokoll zugespielt bekommen, und da wird ganz offen darüber gesprochen, daß schon drei neue Vorstandsdirektoren kolportiert werden. Auch hier darf ich Ihnen vorlesen, damit Sie mir glauben, daß das keine freiheitliche Erfindung ist, hier heißt es: "Für die neue Gesellschaft ist ein Dreiervorstand vorgesehen, wobei mit großer Wahrscheinlichkeit in den Vorstand berufen werden" – hört, hört! – "Dipl.-Ing. Schedl, SPÖ Wien, Dipl.-Ing. Engleder, SPÖ Wien, Arbeiterkammer." Dann ein Absatz, und dann heißt es weiter: "Der dritte Vorstand ist zurzeit noch nicht sicher, möglich Schragl – ÖVP Wien."

Herr Bundesminister! Es stellt sich die Frage, so heißt es weiter in diesem Protokoll, ob nicht die Bundesländer versuchen sollten, einen Bundesländerkandidaten durchzusetzen, dies insbesondere im Hinblick auf den Umstand, daß ein solcher Kandidat die Regelung der Erhaltung mit den Bundesländern sicher im positiven Sinne beeinflussen kann und wird.

Meine Damen und Herren! So schaut es hinter den Kulissen aus, und wir werden als stärkste Opposition nicht müde werden, diese Postenpackelei schonungslos aufzudecken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mein Kollege Hofmann wird sich dann mit dieser Auflösung noch im Detail auseinandersetzen. Aber Sie haben gesehen, es geht wirklich nicht um Reorganisation, es geht um Posten.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Werkvertragsregelung, die jetzt angestrebt wird zwischen ASFINAG, Straßensondergesellschaften und den Ländern. Um dieses Vertragswerk wurde bis zum Schluß heftig gerungen. Während der Ausschußberatungen war noch gar nicht klar, wann der Vertrag unterschriftsreif wird, aber Sie haben so getan, als wäre das alles kein Problem. Ich sage Ihnen: Es hat hier ein heftiger Streit getobt, und die Ländern haben insbesondere den im Vertrag vorgesehenen Kostenersatzanteil, die Kostenklausel gesehen.

Meine Damen und Herren! Das hat dazu geführt, daß es im Ausschuß zu einer Reihe von belanglosen, inhaltsleeren Ausschußfeststellungen gekommen ist, die aber das Problem nicht lösen, die in Wirklichkeit nur verbale Beruhigungspillen sind.


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Ich brauche nicht näher auf den Vertrag einzugehen. Herr Bundesminister! Ich habe diesen Vertrag erhalten, weil viele Dinge, die die Leute in diesem Land bewegen, systematisch und regelmäßig bei uns landen.

Herr Bundesminister, abschließend: Für Budgetschwindel und Scheinreformen stehen wir Freiheitlichen nicht zur Verfügung. Ich fordere Sie auf, eine ASFINAG-Lösung zu präsentieren, bei welcher Altschulden nicht nur verschoben, sondern auch getilgt werden. Ich fordere Sie auf, den sich abzeichnenden Postenschacher in Ihrem Verantwortungsbereich zu unterbinden, und ich fordere Sie auf, endlich dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Privatwirtschaft für die Staatswirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

16.43

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, liegt es bei meinem Vorredner an der Uhrzeit oder vielleicht an unterschiedlichen Autoren, vielleicht liegt es aber auch daran, daß für Redner an diesem Pult eine andere Immunität von der Verfassung vorgegeben ist als für Aussendungen, jedenfalls unterscheidet sich die Aussendung über seine Ausführungen, die um 12.25 Uhr über die APA "getickert" ist, von dem, was der Altliberale und Neofreiheitliche Firlinger hier wiedergegeben hat.

Die Kraftausdrücke ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) – Na sicher Altliberaler! War er dort oder nicht? Ist er übergewechselt oder nicht, Herr Stadler?

Die Kraftausdrücke, die er an diesem Rednerpult gebraucht hat, wie "Schwindel" und dergleichen, kommen in der Aussendung nicht vor. Es werden in der Aussendung auch andere Ausdrücke verwendet für das, was er hier als "vertrauliches Protokoll" bezeichnet hat, was offensichtlich nicht stimmt, was vielleicht von irgendeiner FPÖ-Bezirksorganisation stammt. (Abg. Mag. Stadler: Herr Schwimmer, Sie sind doch CVer? Wie geht es Ihrem CV-Bruder?) In der Aussendung sagt er nämlich noch, das, was er hier behauptet hat, werde kolportiert. Hier am Rednerpult wird es zum "vertraulichen Protokoll". Was kann ich jetzt glauben von dem, was Herr Firlinger gesagt hat? Mit der Wahrheit nimmt es Herr Firlinger offensichtlich nicht allzu genau. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Sie waren doch CVer?)

Herr Stadler, Sie haben einfach keine Ahnung. Sie sagen nicht die Wahrheit! Auch das stimmt nicht, was Sie jetzt sagen. Sie nehmen es mit der Wahrheit überhaupt nicht so genau. (Abg. Mag. Stadler: Sie waren doch CVer?) Herr Stadler! Sie stehen auf Kriegsfuß mit der Wahrheit, daher ist es besser, Sie sind jetzt ruhig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Der CV hat den Schwimmer nicht aufgenommen!)

Im Gegensatz zum Herrn Firlinger möchte ich mich sachlich mit dem Inhalt des Infrastrukturfinanzierungsgesetzes beschäftigen. Und hier sehen Sie den Unterschied zur FPÖ: Herr Firlinger hat hier ein Plädoyer zur Zerstörung von funktionierenden Gesellschaften gehalten, nämlich der Alpenstraßen AG und der ÖSAG. Die Tiroler FPÖ ist zum Beispiel bei der Alpenstraßen AG durchaus anderer Meinung. Die ist nicht dafür, daß das Land Tirol dort enteignet wird und eine funktionierende Gesellschaft zerschlagen wird. (Abg. Mag. Stadler: Für die Enteignung wird ja wohl niemand sein! Sind Sie für die Enteignung?)

Im Gegensatz zu dieser freiheitlichen Zerstörungs- und Zerschlagungspolitik wird mit diesem Gesetz ein für die Zukunft funktionierender Konzern ASFINAG, Alpenstraßen AG und ÖSAG geschaffen, dem die Finanzierung, Planung, Bau und Erhaltung des mautpflichtigen Bundesstraßennetzes, die Einhebung von Mauten und Benützungsentgelten sowie die Bedienung der bestehenden Verbindlichkeiten der ASFINAG aus dem Straßenbau übertragen werden, also der gesamte Geschäftsbereich und alle Aufgaben des Straßenbaus. Das zu sagen ist wichtig, weil Herr Firlinger gemeint hat, hier würde nur ein Budget- und Staatsschuldenschwindel betrieben.


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In Wahrheit wird der Steuerzahler von 78 Milliarden Schilling Schulden entlastet, und zwar rechtlich und finanziell einwandfrei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Verschoben!)

Herr Firlinger! Entlastet, weil diese ASFINAG dem Bund für das Fruchtgenußrecht, das ihr an den Bundesstraßen A und S und an den bemauteten Bundesstraßen B übertragen wird, für die nächsten 50 Jahre ein Entgelt in der Höhe von diesen 78 Milliarden Schilling zu bezahlen hat. Damit ist eine rechtlich, finanziell und wirtschaftlich einwandfreie Lösung getroffen.

Daß das Ganze funktionieren kann, möchte Herr Firlinger zwar nicht zur Kenntnis nehmen, aber das kann man bereits etwa aus den ersten Erfahrungsberichten auch zur Bemautung, zur Vignette sehen. Im ersten Quartal ist beim Vignettenverkauf mit mehr als 2 Milliarden Schilling bereits fast das ganze für 1997 prognostizierte Ergebnis erzielt worden, also das Ergebnis wird mit Sicherheit im Jahresdurchschnitt übertroffen werden, ja mehr als das. Nach Steuern und nach Abfuhr der Einnahmen aus der LKW-Maut an das Finanzministerium werden aus den Einnahmen des ersten Quartals 1997 bereits 1,3 Milliarden Schilling aus den Mauteinnahmen für Lückenschlüsse und Ausbauten im Autobahn- und Schnellstraßennetz zweckgewidmet verwendet werden können. Spatenstich ist im März und April 1997 für den Lückenschluß Völkermarkt-West – Klagenfurt-Ost auf der A 2, Ausbau der Anschlußteile Selzthal der A 9, Semmering-Sondierstollen S 6. Die ersten Bauprojekte, die aus den Vignetteneinnahmen finanziert werden, sind also bereits im Gange.

Mit dem Baubeginn der Strecken Schön – St. Pankraz, A 9, Sondierstollen –Tunnelkette Klaus und St. Martin – Oberpullendorf, S 31, werden jetzt im Juli des Jahres zwei weitere Projekte in Angriff genommen.

Sie haben alles verteufeln wollen. Es funktioniert aber, und die Menschen sehen es. Es wird für sie etwas getan mit diesen Mauteinnahmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Das funktioniert nicht, sonst würde nicht so viel Material bei uns landen, Herr Kollege!)

Die Menschen akzeptieren es auch im Gegensatz zur FPÖ. 3,1 Millionen Stück Jahresvignetten sind im ersten Quartal verkauft worden. Das heißt, Österreich hat einen 90prozentigen Versorgungsgrad. 96 Prozent der österreichischen PKW sind bei Kontrollzählungen mit der Vignette angetroffen worden. Es ist also eindeutig, daß es funktioniert. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist ein fundamentaler Irrtum!)

Es gibt sicher noch ein paar Dinge, die man verbessern kann. Eine Verbesserung wird mit diesem Gesetz vorgenommen. Es wird die sogenannte Wochenvignette – es war eine Zehntagesvignette – flexibilisiert, das heißt, sie gilt nicht mehr von Freitag bis zum darauffolgenden Wochenende, sondern sie wird in Zukunft vom Benützer praktisch selbst entwertet und gilt dann die vorgesehene Laufzeit. (Abg. Böhacker: Das hätten wir aber schon im Mai gebraucht!)

Für die Behinderten kommt es zu einer wesentlichen Erleichterung dadurch, daß sie sich nicht das Geld erst zurückholen müssen, sondern gleich mit dem Behindertenpaß eine kostenlose Vignette bekommen.

Mit einer gemeinsamen Entschließung wollen wir auch das sensible und heikle Grenzproblem in den Griff bekommen. Die Minister werden ersucht, im Hinblick auf das Schengener Abkommen, durch welches die Grenzkontrollen wegfallen sollen, wodurch auch die den Zollbeamten übertragene Kontrolle der Vignette an der Grenze nicht wahrgenommen werden kann, eine Schengen-konforme Lösung zu erarbeiten, die meiner Ansicht nach auch dazu genützt werden kann, sensible Grenzübergänge wie Kufstein und Bregenz besser, praxisgerechter zu regeln. (Abg. Böhacker: Was ist mit Salzburg?)

Das ist eine sinnvolle Politik, das ist eine bürgernahe Politik, dafür treten wir ein. – Zu einer freiheitlichen Zerstörungspolitik sagen wir eindeutig nein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.51


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Kiss: Helmut, was sagst du zu deinem alten Freund Firlinger und seiner Rede? Das würde mich besonders interessieren!)

16.52

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Man kann es eben von zwei Seiten sehen: Man kann so wie Herr Schwimmer den Huldigungshofrat spielen, oder man kann es überkritisch beurteilen. Lassen Sie mich den Weg in der Mitte gehen.

Herr Bundesminister! Ich möchte nicht "Staatsschuldenschwindel" sagen – wir alle wissen, daß diese Dinge unter den Begriff "kreative Buchhaltung" fallen. Diese strukturelle Maßnahme ist sicher wichtig, um die Basis dafür zu schaffen, daß die Straßen und ihre Verwaltung in einer gemeinsamen Gesellschaft angesiedelt sind.

Sie wissen, daß wir der Frage Mautpickerl kritisch gegenüberstehen. Ich glaube, daß eine fahrleistungsabhängige, eine verbrauchsabhängige Bemautung der Straßen und überhaupt des gesamten Straßennetzes viel sinnvoller wäre. Aber darauf werde ich später eingehen.

Das, was mich am meisten an der Lösung stört, ist nicht, daß Sie das ausgliedern – so wie es alle anderen EU-Staaten auch machen –, sondern daß es nicht gelungen ist, die Landesstraßenverwaltungen in einem Zug ebenfalls auszugliedern – kein Mensch kann mir erklären, warum das Organe der Länder sein müssen –, das so zu trennen, daß die Straßen, die in den Bereich der ASFINAG fallen, von dieser selbst betreut werden können.

Faktum ist eben, daß man jetzt Werkverträge mit den Ländern abschließt, die mehr oder weniger vorschreiben können, was sie wollen, weil die ASFINAG ja keinen Marktpartner hat. Sie hat ja keine Alternative dazu. Sie kann die Aufträge ausschreiben, aber wenn die Landesstraßenverwaltung von Vorarlberg, von Tirol, von Salzburg oder von wo auch immer überhöhte Entgelte verlangt, wird sie eben wenig Alternativen haben. Wir wissen ja, daß es schon bisher ein beliebtes Spiel war, diese Kosten, die dem Bund verrechnet wurden, möglichst hoch anzusetzen.

Diese ganze Verflechtung mit den Ländern scheint mir in diesem Fall gar nicht notwendig zu sein. Es wäre viel gescheiter, zu sagen, daß die Länder das machen sollen, was sinnvoll ist, und endlich einmal ihre Landesstraßenverwaltungen zu eigenen Gesellschaften ausgliedern sollen oder die Arbeiten ausschreiben und privat machen lassen sollen. Die ASFINAG soll ihr hochrangiges Straßennetz ohne Bundesländergrenzen – diese sind dabei nämlich völlig egal; ob ich in Amstetten in Niederösterreich oder in Traun in Oberösterreich Schnee räume, kann ja nicht das Thema sein – betreuen. Wir müssen in diesem Bereich versuchen – der Föderalismus bringt viele positive Dinge mit sich, aber auch negative –, die bürokratietreibenden Dinge abzubauen.

Ich bedauere also, daß im Zuge dieser Ausgliederung nur der Schritt der Schuldenausgliederung geglückt ist, nicht aber die weitere organisatorische Reform.

Zu den weiteren Anträgen, die sich mit der Frage der Mautbefreiung und der freien Wählbarkeit der Gültigkeit der Wochenvignette beschäftigen: Es handelt sich dabei um Verbesserungen eines Systems, das wir Liberale aus prinzipiellen Gründen in der Form, wie es durchgeführt wurde, abgelehnt haben.

Ich meine, daß wir, daß unsere Gesellschaft wirklich einmal darüber nachdenken muß, daß sie bedenken muß, Herr Bundesminister, Hohes Haus, daß Verkehr nicht beliebig vermehrbar ist. Und wenn Verkehr nicht beliebig vermehrbar ist, dann kann man ihn nur entweder über Reglementierungen – das machen wir heute über Öko-Punkte und dergleichen – oder über die Kosten des Verkehrs selbst – das ist eine marktwirtschaftliche Regelung, die ich als solche nicht mehr zu kontrollieren brauche, weil sie sich selbst kontrolliert – einschränken. Ich vermisse in Österreich eine wirklich prinzipielle Diskussion darüber. Wir reden immer nur darüber, ob wir Road-


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Pricing im Alleingang einführen wollen, ob wir es überhaupt nicht haben wollen, ob wir es nur für PKWs oder nur für den Schwerverkehr haben wollen, aber die prinzipielle Diskussion führen wir nicht.

Hohes Haus! Der Verkehr ist ohne Zweifel ein Faktor, der die wirtschaftliche Entwicklung, aber auch die Arbeitsteiligkeit einer Wirtschaft in ihrer regionalen, nationalen und internationalen Prägung bestimmt. Wir sollten uns im Hohen Haus im Rahmen einer Enquete wirklich die ganz konkrete Frage stellen, wie es mit dem immer mehr steigenden Verkehr weitergeht. Er kann ja nicht bis zur Grenze XY ansteigen, und eine mehr als dreispurige West Autobahn werden wir ja wohl nicht bauen – wir bauen sie ja nicht vier- oder fünfspurig.

Die Frage lautet daher: Was können wir in Österreich, was können wir im Rahmen der Europäischen Union tun, um zu einer fahrleistungs-, verbrauchsabhängigen Bemautung zu kommen? Und da hat dann das Mautpickerl keinen Platz mehr. Es kann maximal eine gutgemeinte Übergangslösung darstellen. Aber die wirkliche Auseinandersetzung mit den Kosten des Verkehrs und der davon abhängigen Arbeitsteiligkeit der nationalen und der Weltwirtschaft ist etwas, was nicht diskutiert wird. Vielleicht kann die heutige Debatte ein Anlaß dazu sein, sich zu diesem Punkt zu äußern.

Der Antrag des Abgeordneten Prinzhorn, der mit den beiden Gesellschaften das Gegenteil dessen machen wollte, was Sie jetzt tun, ist damit wohl überholt.

Zuzustimmen ist dem Antrag der Frau Kollegin Haller, weil ja wirklich nicht einzusehen ist, daß die Leute, die nach Kitzbühel wollen, wenn sie aus Rosenheim kommen, durch die Stadt Kufstein fahren müssen, um sich nicht für 3 Kilometer ein Pickerl kaufen zu müssen. Ich weiß nicht, warum die Koalitionsparteien dem nicht zustimmen – Ditz hat es versprochen, Farnleitner hat das Ditz-Versprechen erneuert, aber jetzt stimmen Sie nicht zu, wie ich dem Ausschußbericht entnehme; ich verstehe das eigentlich nicht.

Wollen Sie wirklich, daß jeder, der einen Wochenendausflug nach Kitzbühel macht, durch die Stadt Kufstein fährt, weil er sich die Autobahnmaut für die 3 Kilometer ersparen will? – Ich meine doch, daß es sich lohnen würde, darüber nachzudenken, wo die vernünftigsten Punkte für den Beginn der Maut sind; es muß ja nicht die Grenze sein – Schwimmer ist darauf bereits eingegangen.

Die Einführung des Mautpickerls war ja wirklich, Herr Bundesminister, Mister Vignettenman, kein großer Erfolg. Daß das Parlament darüber einen Bericht haben möchte, finde ich fair und gut. Ich werde dem Antrag des Herrn Schreiner zustimmen.

Ich meine, der Schaden, der durch die Art und Weise, wie wir die Maut eingeführt haben, angerichtet wurde, ist viel größer als jener durch die Einführung der Maut selbst. Ich weiß schon, in Paris ist sie teurer und in Bozen ist sie auch teurer – das weiß ich schon –, aber wir haben uns damit europaweit der Lächerlichkeit preisgegeben. Das wäre nicht notwendig gewesen! Daß das Parlament einen Bericht darüber verlangt, finde ich gut und richtig; dem stimme ich zu.

Abgeordneter Anschober hat einen Antrag gestellt, weil er schon wieder die Alemagna quer durch Osttirol ziehen sieht. Die Mitglieder meines Klubs werden dem Antrag des Herrn Anschober zustimmen, ich werde das nicht tun, weil ich weiß, was es bedeutet, wenn 5 000 bis 6 000 Autos pro Tag durch einen Ort fahren. Das ist eine Beeinträchtigung der Lebensqualität der Menschen, die nahezu unerträglich ist. Mir geht es jetzt nicht darum, ein Stückchen Alemagna zu bauen, sondern ich möchte den Menschen in Abfaltersbach die Möglichkeit geben, in ihrem Ort vernünftig leben zu können, und darum werde ich dem Antrag des Herrn Anschober nicht zustimmen. Ich glaube, daß Ortsumfahrungen etwas sehr Vernünftiges sind und bei einer Frequenz von 5 000 bis 6 000 Kfz am Tag die Berechtigung dafür gegeben ist. Ich verstehe aber auch die Position meiner Kollegen im Klub, die gemeint haben, sie werden dem Antrag des Abgeordneten Anschober zustimmen, um zu verhindern, daß es eine Alemagna gibt.

Ich halte die Alemagna auch nicht für sinnvoll und meine, wir sollten uns prinzipiell – und da wiederhole ich mich – über die Kosten des Verkehrs unterhalten, meine Damen und Herren des


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80. Sitzung / Seite 106

Hohen Hauses, denn die einzige Begrenzung für den Verkehr müssen seine Kosten sein, und diese darzustellen ist eine politische Aufgabe, die national diskutiert und international umgesetzt werden muß. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.59

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde heute an dieser Stelle lieber davon ausgehen, daß mit dem zur Beschlußfassung anstehenden Infrastrukturfinanzierungsgesetz die unendliche Geschichte um die Straßenbausondergesellschaften endlich ihren Abschluß findet. Aber um es gleich vorwegzunehmen: Obgleich mit den vorgesehenen Maßnahmen hier ein wichtiger weiterer Schritt gesetzt wird, dem meine Fraktion selbstverständlich zustimmen wird, haben doch einige engstirnige Partikularinteressen den durchaus möglichen letzten großen Wurf, den wir gerne gehabt hätten, verhindert.

Im Vordergrund dieses Gesetzesvorhabens steht die Ausgliederung der ASFINAG-Straßenschulden aus dem öffentlichen Bereich. Dazu müssen einige Kriterien erfüllt werden, wie etwa jenes, daß die neue Gesellschaft mindestens 50 Prozent ihrer Kosten aus eigenen Einnahmen decken kann. Berechnungen zeigen, daß dies im Hinblick auf die bestehenden Mauten, so die Vignetten-Einnahmen – Kollege Schwimmer hat ja darauf hingewiesen –, die nunmehr zur Gänze der ASFINAG zugerechnet werden, möglich ist. Weiters ist es aber erforderlich – das wurde von EU-Experten eindeutig festgehalten –, daß die neue Gesellschaft alle strategischen Entscheidungsprozesse selbst steuern kann, da ansonsten praktisch eine bloße Umgehungshandlung angenommen werden müßte.

Obwohl dies von Anfang an immer wieder von Straßenbau- und Finanzierungsspezialisten betont wurde, beharrten einige Bundesländer auf der Auffassung, die bestehende Auftragsverwaltung müsse beibehalten werden. Damit wäre der ASFINAG-Neu aber mit der Erhaltung ein wesentlicher Gestaltungsbereich entzogen gewesen, und die Europäische Union hätte die Ausgliederung höchstwahrscheinlich nicht anerkannt. Erst relativ spät haben die Ländervertreter dies zur Kenntnis genommen, wodurch sie den nunmehr bestehenden Zeitdruck zu einem erheblichen Teil mitzuverantworten haben. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte nur darauf verweisen, daß die Verhandlungen auf Beamtenebene bezüglich des Abschlusses von Werkverträgen zwischen der ASFINAG und den Bundesländern bereits Anfang dieses Jahres, als sie unterbrochen werden mußten, relativ weit gediehen waren. Es ist nun vorgesehen, daß die Länder im Rahmen von Werkverträgen auch weiterhin die bisher im Rahmen der Auftragsverwaltung von ihnen am Mautstreckennetz erfüllten Aufgaben besorgen. Diese Verträge sind für die Länder – das muß hier sehr deutlich gesagt werden, meine Damen und Herren – ziemlich vorteilhaft gestaltet. So kann die ASFINAG die Verträge frühestens in zehn Jahren beenden, und es wird von den derzeitigen Normkosten ausgegangen, die valorisiert werden und lediglich eine einprozentige Rationalisierungskomponente enthalten.

Wäre die Auftragsverwaltung beibehalten worden, hätte es wohl stärkere Einsparungen in diesem Bereich gegeben. Die Werkverträge – das ist an die Adresse des Kollegen Firlinger gerichtet – wurden bereits am 23. Juni 1997 von seiten der ASFINAG unterschrieben und den Ländern zugesandt. Das war also schon lange, bevor wir die Ausschußsitzung hatten! (Abg. Mag. Firlinger: Welche Variante war das: die fünfte, sechste oder siebente?) Alle Punkte, die in den Verhandlungen des Bundes mit dem von den Ländern nominierten Verhandlungsteam vereinbart wurden, sind in den Verträgen erfüllt worden. Auch wurde der nachträglichen Forderung entsprochen, das Gesetz im Parlament erst dann zu verabschieden, wenn die Werkverträge zuvor von Bundesseite unterzeichnet wurden. Und das ist bis zum heutigen Tag geschehen. (Abg. Mag. Firlinger: Haben die Länder auch schon unterschrieben?)  – Ich komme gleich dazu, Herr Kollege, warten Sie ein bißchen!


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Obwohl sich also der Bund an alle Vereinbarungen gehalten hat, hört man nun von manchen Ländern – und das höre ich auch –, man sei bestrebt, das Gesetz im Bundesrat unter Umständen aufzuhalten oder zu blockieren. Um das klarzustellen: Dies bedeutet das Scheitern der Ausgliederung, da damit bestimmte Fristen einfach nicht mehr eingehalten werden können. Die Folge wäre unter anderem, daß Österreich im Bereich des Konvergenzkriteriums der sinkenden Verschuldung in ernste Bedrängnis geraten würde. Da durch die privatrechtliche Gestaltung der neuen Gesellschaft überdies das Budget in Milliardenhöhe entlastet werden kann, hätten die Länder im Falle des Scheiterns der Ausgliederung außerdem Abgabenerhöhungen oder die Kürzung von Sozialleistungen in Milliardenhöhe zu verantworten, was wohl bei der Bevölkerung – und das zu Recht – nicht auf besondere Gegenliebe stoßen würde. Dies alles für die nachträglich erhobene Forderung der Länder, eine Schadloshaltung der Bundesländer für Schäden, die derzeit niemand benennen kann, in das Gesetz aufzunehmen. Sogar Vertreter jener Länder, die sich da besonders hervortun, haben allerdings zugegeben, daß sie nicht wüßten, wie eine derartige Schadloshaltung legistisch formuliert werden könnte.

Meine Damen und Herren! Man muß somit den Eindruck gewinnen, daß unter Umständen eine Justamenthaltung eingenommen wird, über deren Motivation ich hier nicht weiter spekulieren möchte. Trotzdem hat der Bautenausschuß eine umfangreiche Ausschußbemerkung beschlossen, um die Länder über das erwähnte Verhandlungsergebnis hinaus abzusichern. Ich bin daher überzeugt davon, daß von seiten des Bundes mehr getan wurde, als eigentlich erforderlich gewesen wäre.

Ich möchte aber noch auf einen weiteren Aspekt der Umstrukturierung der ASFINAG eingehen, der mir als Bautensprecher der Sozialdemokraten besonders wichtig zu sein scheint. Als wir hier im Nationalrat vor einigen Jahren die Zusammenführung der Straßenbausondergesellschaften in die ÖSAG und die ASAG beschlossen haben, wurde von vielen betont, daß dies der erste Schritt sei, dem bald die Fusionierung als zweiter und letzter Schritt folgen sollte. Diese Fusionierung unter Einbindung der ASFINAG wäre ohne Zweifel die sinnvollste Lösung gewesen. Aber auch jetzt wurde diese Lösung, so wie damals, von einigen Bundesländern verhindert.

Unabhängig von den bereits erwähnten Ausgliederungsmotiven geht es nämlich auch um eine tragfähige Neustrukturierung der Bewirtschaftung des hochrangigen Straßennetzes in Österreich. Dazu wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Unternehmensgegenstand der ASFINAG dahin gehend geändert, als er nunmehr Finanzierung, Planung, Bau und Erhaltung des mautpflichtigen Bundesstraßennetzes, die Einhebung von Mauten und Benützungsentgelten sowie die Bedienung der bestehenden Verbindlichkeiten der ASFINAG aus dem Straßenbau umfaßt. Die vorgesehene Holdinglösung ist zwar durchaus gangbar, gegenüber der Fusionierung der ASFINAG mit ÖSAG und ASAG aber eben nur eine Second-best-Variante.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe daher, daß die Gesellschaften in Zukunft zusammenwachsen werden und letztlich doch die Fusionierung auch von den Ländern nicht mehr blockiert wird. In diesem Zusammenhang möchte ich mich ausdrücklich bei der Belegschaft der Straßenbausondergesellschaften und deren Vertretern bedanken, die die Umstrukturierung ihrer Gesellschaften nicht nur mitgetragen, sondern im Diskussionsprozeß auch wertvolle Vorschläge unterbreitet haben. Es ist daher nur fair, daß der Bautenausschuß in einer entsprechenden Ausschußbemerkung, die auf Initiative meiner Fraktion eingebracht wurde, eine kollektivvertragliche Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorsieht, für deren Umsetzung der Wirtschaftsminister als neuer Eigentümervertreter Sorge zu tragen hat. Im Ausschuß hat er ja extra betont, daß er das auch gerne entsprechend vollziehen wird.

Meine Damen und Herren! Interessant war aber insbesondere auch da die Haltung der FPÖ, die angeblich die Arbeitnehmer so gerne vertreten möchte. Die FPÖ hat nämlich im Ausschuß gegen diese Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestimmt. (Abg. Koppler: Das ist typisch!) So klaffen also politische Wahrheit und Dichtung doch ein bißchen auseinander!

Ein abschließendes Wort noch zum LKW-Road-Pricing, das ja untrennbar mit der AFINAG-Neu verknüpft ist. Eine wesentliche Aufgabe der ASFINAG wird es nämlich sein, den Lückenschluß


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im hochrangigen Straßennetz so schnell wie möglich zu realisieren, und dies ist ohne die Einnahmen des LKW-Road-Pricing schlichtweg unmöglich. (Ruf bei den Freiheitlichen: Hört! Hört!) Der Lückenschluß ist aber nicht nur gegenüber den Autofahrern erforderlich, die so neben der Erhaltung der bestehenden Strecken eine weitere konkrete Gegenleistung erhalten, auf die sie ein Anrecht haben, denn immerhin belastet der LKW-Verkehr die Straßen um ein Vielfaches mehr als die PKW, sondern auch für den heimischen Arbeitsmarkt ist dieser Lückenschluß von eminenter Bedeutung.

Gerade in der vorhergehenden Debatte zur Wirtschaftslage ist die Wichtigkeit von beschäftigungswirksamen Maßnahmen im besonderen unterstrichen worden. Ich brauche hier wohl nicht näher zu erläutern, was der Lückenschluß im hochrangigen Straßennetz für den österreichischen Arbeitsmarkt bedeutet. Das Argument, die technische Entwicklung sei noch nicht ausgereift genug, wird durch ausländische Beispiele wie auch insbesondere durch die Aussagen der heimischen Elektronikindustrie eindeutig widerlegt. Ich appelliere daher nochmals an alle Beteiligten, die Umsetzung des Road-Pricing für LKW unverzüglich in die Wege zu leiten! – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. Er hat das Wort.

17.09

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Schwimmer hat uns von einer "Erfolgsgeschichte" berichtet, von einer Erfolgsgeschichte der großen Reformen im Baubereich in Österreich, die der Bautenausschuß vergangene Woche beschlossen hat und der Nationalrat – so hofft Kollege Schwimmer, und ich glaube, er ist an und für sich zu Recht optimistisch, daß das verwirklicht wird – heute beschließen wird. Diese "Erfolgsgeschichte" betrifft erstens vor allem die sogenannte ASFINAG-Neu und stellt zweitens die sogenannte Reform der Straßenbausondergesellschaften dar.

Im Gegensatz zu dieser – unter Anführungszeichen – "Erfolgsgeschichte", die Kollege Schwimmer dargestellt hat, stand eigentlich die Haltung des Herrn Wirtschaftsministers im Ausschuß. Der Wirtschaftsminister war in seiner positiv geradlinigen Art ja sichtlich körperlich gezeichnet von den Kompromißnotwendigkeiten, die sich in diesem Bereich ergeben haben. Und ich kann ihn verstehen.

Da gibt es Konzepte, wie Reformen ausschauen sollen, da gibt es vernünftige Vorschläge des Wirtschaftsministeriums, und dann gibt es ein Laufen im Kreis: Länderinteressen, Partikularinteressen in den Sondergesellschaften, Interessen von einzelnen Baulobbyisten und und und. In Summe ergibt das ein Stückwerk, das Kollege Eder jetzt sehr zutreffend beschrieben hat. Da war von der "Erfolgsgeschichte", wie sie vom Koalitionspartner, von Schwimmer, dargestellt wurde, eigentlich nichts mehr zu hören. Das, was Kollege Eder bezüglich der ASFINAG-Neu und der Kritik an dieser ASFINAG-Neu und der Problemfelder, die nicht bewältigt und nicht reformiert wurden, dargestellt hat, kann ich nur vollinhaltlich unterstreichen. Das ist die Realität.

Der große Wurf, der notwendig gewesen wäre und den eigentlich seit Jahren alle anstreben – von den Kammern bis hin zum Rechnungshof etwa –, ist mit Sicherheit nicht gelungen, aus welchen Gründen auch immer. Das muß man eindeutig unterstreichen. Ich glaube, es war nicht der fehlende Wille seitens des Wirtschaftsministeriums, es war nicht der fehlende Wille seitens der Arbeiterkammer zum Beispiel, sondern es ist ganz woanders gescheitert. Am Rande der Sitzung des Bautenausschusses am Donnerstag haben wir ja sehr genau mitverfolgen können, woran es scheiterte. Da sind die Zettel hereingekommen: Landesrat – Kollege Eder rasch raus zum Telefon! Herr Landeshauptmann Schausberger ist wieder mit einem Beistrich nicht einverstanden. – Ich überzeichne jetzt leicht, aber nicht allzusehr, glaube ich, Kollege Eder. Es ist da wirklich um die Wortwahl bei Detailformulierungen in Bereichen gegangen, wo ich mich frage: Ist da Politik noch irgendwie handlungsfähig, wenn man sich selbst derart in fehlende Reformmachbarkeiten verwickelt?


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Zu den Sondergesellschaften ist bereits einiges gesagt worden. Auch da besteht die gleiche Situation wie bei diesem Stückwerk ASFINAG-Neu, wo man ja im wesentlichen die Konvergenzkriterien im Hinterkopf hatte und wo ich als einzigen positiven Effekt die Ankündigung des Wirtschaftsministers werte, daß er, was die Refinanzierung dieses Schuldenberges von 78 Milliarden Schilling betrifft, für geschlossene Rechenkreisläufe eintritt und daher tatsächlich anstrebt, daß in Richtung des Verursachers die Refinanzierung gelingt. Das ist grundsätzlich ein positiver und richtiger Schritt, den wir eigentlich immer eingefordert haben.

Was die Sondergesellschaften betrifft: Es handelt sich auch hier um ein Stückwerk. Wir hatten zwar die Reduktion von sechs auf zwei Gesellschaften angestrebt, wahr ist aber – und auch das ist kein Geheimnis – eine ganz andere Lösung. Man wird in Österreich mittelfristig den gesamten Infrastrukturbereich überdenken müssen, man wird überlegen müssen, ob es mittelfristig haltbar und sinnvoll ist, den Bereich des öffentlichen Verkehrs, den Bahninfrastrukturbereich und die Restbereiche des Straßenbaus auf organisatorisch und auch inhaltlich völlig getrennten Wegen abzuwickeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gesamte Debatte in der vergangenen Sitzung des Bautenausschusses und die heutigen Ausführungen des Kollegen Eder haben im wesentlichen einen weiteren Kernpunkt betroffen, und zwar die Frage: Kostenwahrheit durch Road-Pricing im LKW-Bereich, ja oder nein? Das halte ich für den zentralen Punkt der Debatte, und damit wird diese Bautendebatte auch zu einer zentralen verkehrspolitischen Debatte. Es werden hier die Geschicke der Umweltpolitik, die Geschicke der Verkehrspolitik und Schlüsselstellungen im wirtschaftspolitischen Bereich geregelt.

Ich möchte Ihnen kurz eine Graphik zeigen, die ich heute anfertigen ließ. (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.) Wenn Sie sich hier die Entwicklung des Straßengütertransits im EU-Bereich anschauen, also alle ökopunktepflichtigen LKW-Transitfahrten durch Österreich, dann sehen Sie, daß wir seit dem EU-Beitritt eine drastische Steigerung der Fahrtenanzahl um rund 19 Prozent und gleichzeitig einen noch viel dramatischeren Verfall der Kosten für den LKW-Transit um rund 67 Prozent haben. Rund 67 Prozent!

Ich kann mich noch sehr gut an das Versprechen erinnern, das in den letzten Diskussionen vor der Volksabstimmung über den EU-Beitritt von beiden Koalitionsparteien gegeben wurde, nämlich daß es zu keinerlei Verbilligung und damit Attraktivierung des LKW-Transits durch Österreich kommen werde. – Die Realität kennen wir alle: 67 Prozent Verbilligung des LKW-Gütertransits durch Österreich. Damit wird die Konkurrenzsituation für die Schiene beinahe unerträglich und chancenlos, und damit haben wir Umweltzerstörung und Reduktion der Lebensqualität zum Dumpingpreis.

In dieser Situation es nicht zu schaffen, ein Besteuerungssystem für den LKW einzuführen, das zumindest diesen Preisverfall ausgleicht – es geht jetzt gar nicht sosehr um eine Zusatzbesteuerung, sondern es geht um einen Ausgleich, damit es gerechte, faire Preise gibt, damit es keine Quersubventionierung des LKW-Verkehrs durch den PKW-Verkehr gibt, denn auch das ist ja derzeit Realität –, diese Unfähigkeit der derzeitigen Regierung, einen tatsächlichen Ausgleichsfaktor zu realisieren, halte ich für untragbar. Und das wird natürlich dazu führen, daß die Kosten weiter explodieren.

Kollege Eder – und da verstehe ich mittlerweile die ÖVP intern nicht mehr – hat ja einen richtigen und wichtigen Punkt zusätzlich angesprochen, nämlich daß nur dann, wenn wir die Regelungen von ASFINAG-Neu mit der 50-Prozent-Klausel et cetera bedenken, das von den meisten ÖVP-Landeshauptleuten geforderte Straßenbaupaket finanzierbar sein wird, wenn es zu diesem LKW-Road-Pricing kommt. Das ist die absurde Situation dieser gesamten Diskussion. Da gibt es einerseits die ÖVP-Landeshauptleute, die 35 Milliarden Schilling für neue Straßenverbindungen, die sogenannten Lückenschlüsse, fordern, und da gibt es gleichzeitig Teile der ÖVP im Schulterschluß mit dem ÖAMTC, die sich seit Monaten – trotz eines entsprechenden Parlamentsbeschlusses, der von ÖVP und SPÖ gemeinsam getragen wurde – vehement dagegen wehren, daß die Finanzierungsvoraussetzungen für diese Wünsche


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geschaffen werden und das LKW-Road-Pricing durchgezogen wird. Das ist das Absurde an dieser Situation!

Wir haben drittens einen Wirtschaftsminister, der im Bautenausschuß gesagt hat, im September werde man weitersehen, wenn der Zwischenbericht der Verhandlungskommission vorliegt, und der auf meine Frage, ob er als Wirtschaftsminister keine Prioritäten habe, gemeint hat, das Haus habe keine Prioritäten zu haben, sondern es solle einmal verhandeln und schauen, was machbar ist und was die Studien und Erhebungen ergeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man müßte die Abteilungsleute im Wirtschaftsministerium im Detail befragen, denn sie kennen diese traurige Geschichte seit langer Zeit. Herr Wirtschaftsminister! Ich glaube, es wird seit einem Jahrzehnt oder seit einem Dutzend von Jahren im Wirtschaftsministerium penibel und sauber an Studien gearbeitet, es werden korrekte Vorschläge vorgelegt. Nur: Warum passiert nichts? – Es passiert nichts, weil die Politik in diesem Themenbereich aus populistischen Gründen nicht handlungsfähig ist.

Ich wiederhole noch einmal: Es geht jetzt gar nicht um das PKW-Road-Pricing, sondern es geht ausschließlich um den Ausgleich des Preisverfalls bei den LKWs, die natürlich einen enormen Kostenfaktor für die Volkswirtschaft insgesamt darstellen, denn die Schäden an den Straßen, die Schäden am Wald und die reduzierte Lebensqualität muß jeder einzelne Staatsbürger aus der eigenen Kasse berappen.

Das ist die absurde Situation, und da muß man aufhorchen, wenn man Aussagen wie jene des Porr-Chefs Pöchhacker in der Öffentlichkeit hört, der klar und eindeutig sagte: Wenn das 35-Milliarden-Paket, das von den Ländern gewünscht und vom Wirtschaftsministerium ja auch ausverhandelt wird, umgesetzt werden soll und man gleichzeitig das LKW-Road-Pricing nicht realisiert, dann muß man den Vignettenpreis vervielfachen.

Herr Wirtschaftsminister! Da besteht heute schon ein wesentlicher Aufklärungsbedarf. Ich erwarte mir von Ihnen, daß Sie in dieser Diskussion klären: Ist diese Aussage des Porr-Generaldirektors und -Vizechefs korrekt, und wenn ja, wie wird konkret diese Vervielfachung der Vignettenpreise aussehen? Da müssen Sie der Öffentlichkeit reinen Wein einschenken, denn es geht nicht an, nur immer um ein paar Monate zu verzögern und zu sagen, im September gibt es dann die Kommission. (Ruf bei den Freiheitlichen: Pöchhacker sitzt nicht in der Regierung!) – Ich weiß schon, er ist nicht der Wirtschaftsminister.

Es ist für einen Wirtschaftsminister nicht angenehm, mit Wahrheiten an die Öffentlichkeit treten zu müssen, wie sie das LKW-Road-Pricing oder eine andere fahrleistungsabhängige Maut darstellen würde, die natürlich Teilbereiche betroffener Lobbies beeinträchtigen und deren Unwillen hervorrufen würde.

Und jetzt macht man die "österreichische Lösung": Der Verkehrsminister sagt nichts mehr zu dem Thema, der Wirtschaftsminister sagt nichts mehr zu dem Thema, wir schaffen eine große Kommission, da sind wir alle drinnen, sie wird immer um drei, vier Monate verschoben, es gibt einen neuen Kommissionstermin. Und was in der Zwischenzeit auf der Strecke bleibt, ist die Lebensqualität der Anrainer von Transitstrecken und sind die ÖBB. – Das ist der zweite Punkt.

Und der dritte Punkt ist das öffentliche Budget in diesem Land, denn die Öffentlichkeit muß ja dann trotzdem die Erhaltung der malträtierten Verkehrswege berappen, obwohl die Verursacher nicht dafür zahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein solches geradezu klassisches Beispiel möchte ich jetzt auch noch als Antrag einbringen. Es handelt sich um ein Faktum, das vor wenigen Wochen vom österreichischen Transitforum enthüllt wurde.

Wir haben im Nationalrat, und zwar am 16. November 1995, bei der Neuregelung – bei der grundsätzlich sehr positiven Neuregelung – der Mautgebühren am Brenner unter Punkt 2 festgelegt – ich zitiere wörtlich –:


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"Sowohl lärm- als auch schadstoffarme Lastkraftwagen erhalten den oben genannten, aus ökologischen Gründen ermäßigten Tarif der Kategorie F nur im Kartenvorverkauf, wobei diese Tarife nur fahrzeuggebunden gegen die entsprechenden Nachweise abgegeben werden dürfen. Als schadstoffarm wird derzeit ein Lastkraftwagen mit einem COP-Wert von maximal 9 definiert; nach Inkrafttreten der Euro 2-Norm ist dieser COP-Grenzwert auf 7 abzusenken."

Die Euro 2-Norm ist seit 1. Oktober 1996 in Kraft. Seit damals müßte es zur Absenkung, wie in dieser Entschließung des Nationalrats festgelegt, gekommen sein. Das heißt, seit damals müßte es erhöhte Tarife für die betroffenen LKW-Gruppen geben, und trotzdem wird seit diesem 1. Oktober 1996 seitens der Republik Österreich großzügig auf diese erhöhten Tarife verzichtet. Der Schaden, der daraus pro Tag nach den Berechnungen aus dem Umfeld des Landes Tirol und des Österreichischen Transitforums, vor allem auch von Fritz Gurgiser, der hinter diesen Enthüllungen gestanden ist, entsteht, beläuft sich auf 1 Million Schilling. – 1 Million Schilling an entfallenen Mauttarifen! Und das in einer Situation, in der die Transit-LKW-Preise sowieso schon im Keller sind. Da noch großzügig auch angesichts dieses Budgets zu sagen: Na gut, diese Million ist geschenkt, diese Million ist uns das Anziehen des Transits nach Österreich schon wert, das verstehe ich nicht, und ich glaube, das ist auch inakzeptabel. Wir stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde betreffend Entgang von Mauteinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe; Absenkung des COP-Grenzwertes für ermäßigte LKW-Mauttarife

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, die Entschließung des Nationalrates vom 16. November 1995 umgehend umzusetzen und den COP-Grenzwert für LKW als Voraussetzung zum Bezug des ermäßigten Mauttarifs auf 7 abzusenken."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, das ist ein absolut realistischer Vorschlag. Das ist genau das, was dieses Haus ja bereits beschlossen hat. Das würde verhindern, daß weiterhin ein täglicher Verdienstentgang von rund 1 Million Schilling für diese Republik eintritt.

Herr Minister! Ich würde mir wünschen, daß Sie kurz zu diesem Antrag Stellung beziehen und uns aufklären, warum Ihrer Meinung nach, falls dazu eine Detailinformation vorliegt, diese Million nicht vollzogen wird, denn eine Million mehr in diesem Bundeshaushaltssäckel wäre ja durchaus etwas Positives, vor allem wenn sie pro Tag kommt.

Der letzte Punkt betrifft den Antrag Abfaltersbach. Auch dieser ist aus dem Baubereich, und trotzdem betrifft er einen klassischen Transitverkehrsbereich. Sie kennen die Debatte bereits, vor allem in Tirol. Sie wurde in diesem Haus – auch im zuständigen Ausschuß – bereits mehrfach geführt.

Auf die Alemagna-Autobahn von Italien über Österreich nach Deutschland wird ja mittlerweile offiziell verzichtet. Unsere Befürchtung ist, daß durch eine Aneinanderreihung von äußerst großzügigen Umfahrungsstrecken, die in vielen Bereichen zumindest in dieser Dimension nicht notwendig sind, die Situation entsteht, daß Umfahrung für Umfahrung aneinandergekettet auch eine Schnellstraße beziehungsweise Autobahn ergeben und auch zu einer massiven Attraktivierung des Transitverkehrs führen werden.

Unser Entschließungsantrag, der heute hier zur Debatte steht, sieht deswegen vor, daß sowohl der Wirtschaftsminister als auch der Finanzminister aufgefordert werden, die Umfahrung Abfaltersbach nicht zu bauen beziehungsweise für den Bau keine Gelder zur Verfügung zu stellen.


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Das heißt: kein weiteres Anheizen des Transitverkehrs, auch nicht durch Detailprojekte, die vordergründig in der Öffentlichkeit ganz anders zu verkaufen versucht werden.

Herr Kollege Schwimmer, noch einmal zum Abschluß der Debatte: Meiner Ansicht nach kann von einer "Erfolgsstory" Österreichs in diesem Baubereich keine Rede sein, so wie es zu Beginn von Ihnen skizziert wurde. Die konkreten Auswirkungen im Transitverkehr aufgrund der Unfähigkeit dieser Regierung, konkrete Schritte in Richtung Kostenwahrheit in bezug auf den LKW zu realisieren, lassen sich mit dieser Graphik deutlich dokumentieren (der Redner zeigt eine Graphfik) : der LKW-Verkehr in den letzten drei Jahren: plus 19 Prozent, der Preis, der Kostenfaktor für den LKW dagegen: minus 67 Prozent. Das heißt, wir sind da eindeutig auf dem falschen Weg unterwegs. Das ist keine "Erfolgsstory", sondern eine Geschichte des Mißerfolges. Unserer Meinung nach ist es höchste Zeit, diese zu korrigieren. Vielen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen.)

17.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der verlesene Entschließungsantrag wird in die Beratungen miteinbezogen, und über ihn wird am Ende dieses Tagesordnungspunktes abgestimmt werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte sehr.

17.27

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! "Österreich schafft die Hürde zum Euro locker" titelte der "Kurier" am Freitag, dem 4. Juli, also vergangenen Freitag.  Der Internationale Währungsfonds hat bei seiner aktuellen Prüfung Österreichs das heurige Staatsdefizit mit 2,5 Prozent errechnet. Dies ist sicherlich erfreulich.

Diese Feststellung sagt aber nichts aus zu unserem eigentlichen Problem, den Altschulden. Wir zahlen heuer etwa 92 Milliarden Schilling an Zinsen für diese Schulden. Das ist bereits fast jeder siebente Schilling unseres Budgets. Jeder Schilling, der da gespart werden kann und für sinnvolle Investitionen eingesetzt wird, verbessert die Wettbewerbsfähigkeit und somit den Wirtschafts- beziehungsweise Arbeitsplatzstandort Österreich. Es zeigt sich somit, daß Sparen und Schaffen von Arbeit eng zusammenhängen können.

Das vor der Einführung vielkritisierte System der zeitabhängigen Maut bewährt sich. Es schafft wieder Spielraum für dringend notwendige Investitionen in die Straßeninfrastruktur, Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen und sichern. Die ASFINAG als bisherige Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG wird zur ASFINAG-Neu. Sie wird als Holding mit den bisherigen Bundesstraßengesellschaften einen Konzern bilden, der für Planung, Bau und Erhaltung sowie Bewirtschaftung des mautpflichtigen Bundesstraßennetzes zuständig sein wird. Die Schulden werden ausgelagert.

Aber es geht um mehr als diesen Schritt. Es geht auch und vor allem um eine funktionierende Verwaltung und um ein leichteres Managen dieses Bereiches, der sich mit der Planung von Straßen, mit der Erhaltung, jetzt auch mit der Bewirtschaftung dieser Straßen beschäftigen wird.

Das Infrastrukturfinanzierungsgesetz setzt diese Schritte um. Im Artikel I des ASFINAG-Ermächtigungsgesetzes sind es 77,9 Milliarden Schilling, die mit der Unterzeichnung des Fruchtgenußvertrages fällig werden und die der ausgewiesenen Forderung gegen den Bund vom 31. 12. 1996 in gleicher Höhe gegengerechnet werden. Im Artikel II wird der Unternehmensgegenstand, die Finanzierung, die Planung, der Bau und die Erhaltung von Autobahnen, Bundesstraßen und Schnellstraßen, festgeschrieben. Artikel III bringt eine Änderung des BIG-Gesetzes und rechnet Forderungen von 5 Milliarden Schilling dem Fruchtgenußrecht entgegen. In Artikel IV geht es schließlich um die Änderung des Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetzes.

Mit dem gegenständlichen Infrastrukturfinanzierungsgesetz beschließen wir auch die Änderung des Bundesimmobiliengesetzes. Bisher vom Bund verwaltete Gebäude und Liegenschaften


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werden in Hinkunft von der BIG verwaltet. Dies ist in vielen Bereichen sinnvoll, weil es dazu beiträgt, die Verwaltungskosten zu senken. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Bundesminister Dr. Farnleitner dafür, daß er die Verwaltung der Keppler-Universität in Linz nicht ausgegliedert hat. Das Land Oberösterreich und die Stadt Linz haben in den letzten Jahrzehnten viel in die Universität Linz investiert. Oberösterreich ist der Motor der Linzer Uni – und soll es auch bleiben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

Zu Artikel VIII findet sich im Ausschußbericht eine wichtige Ausschußfeststellung zu den Werkverträgen der ASFINAG mit den Bundesländern. Die ASFINAG wird ja bekanntlich die Werkverträge mit den Bundesländern auf unbestimmte Zeit abschließen. Seitens der ASFINAG kann der Vertrag erstmals zum 31. Dezember 2006 durch eine ordentliche Kündigung beendet werden. Sollte den Ländern durch die Umstrukturierung der ASFINAG ein nachweisbarer, derzeit nicht absehbarer Schaden entstehen, stellt der Ausschuß klar, daß sofort Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zur Bereinigung dieser Problematik aufzunehmen sind.

Nun noch einige Worte aus der Sicht des Tourismus zu den Vignetten: Die Einführung der flexiblen Wochenvignetten, wie sie jetzt im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz verankert wird, ist ein notwendiger Schritt, um die Urlaubsgäste nicht über Gebühr mit Mauttarifen zu belasten. Auch die Zurverfügungstellung einer kostenlosen Jahresvignette an Behinderte, die an den Besitz eines Behindertenpasses gebunden ist, enthält diese Gesetzesvorlage, und das wird von uns begrüßt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. ) Meine Fraktion wird daher dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung gewähren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

17.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte sehr.

17.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich kann man jedes Ding, jede Sache von zwei Seiten betrachten. Es gibt einen entsprechenden Antrag des Kollegen Prinzhorn, der eine andere Sichtweise und einen anderen Zugang, als ihn so mancher Vorredner hier dargestellt hat, zum Thema Straßenbausondergesellschaften hat.

Lassen Sie mich einen Blick zurückwerfen: In der Vergangenheit gab es sechs Straßenbau-sondergesellschaften, deren Zahl unter Wirtschaftsminister Schüssel auf zwei reduziert wurde, zwei, die genau dem System entsprechen, das in Österreich typisch ist: eine rote Gesellschaft und eine schwarze Gesellschaft. Das heißt, nicht nur auf Ost und West aufgeteilt, sondern auch auf Rot und Schwarz, wie dies in vielen Bereichen in unserer Republik der Fall ist.

Das ist eine Proporzaufteilung, ein Versorgungsbereich, wie ich meine, für Politgünstlinge. Diese Sondergesellschaften haben auch besondere Wesensmerkmale, die sich folgendermaßen darstellen – ich erinnere Sie nur an die Pyhrn Autobahn, an die A 4 –: Es geht ein gewisses, ja großes Maß an Skandalgefährdung von diesen Gesellschaften aus. Die Korruptionsanfälligkeit läßt sich nicht leugnen, kurz gesagt: Im Zusammenhang mit diesen Sondergesellschaften ist von Ineffizienz zu sprechen, sie sind schlichtweg teuer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aufgrund der Tatsache, daß das hochrangige Straßennetz nahezu fertiggestellt ist, ist der Aufgabenbereich, der diesen Gesellschaften zugeordnet wird, die Erhaltung beziehungsweise die Reparatur des Straßennetzes, eine Bewirtschaftung, die stattzufinden hat. Wir sind der Meinung – und deswegen stellen wir diesen Antrag –, daß auch diese Organisationsform, die man für diesen Aufgabenbereich einmal gewählt hat, verzichtbar ist. Diese Straßenbausondergesellschaften sind aufzulösen. Bisherige Konzepte, um zu einer größeren Effizienz und zu einer Transparenz zu kommen, sind gescheitert. Wir fordern, daß die Aufgaben, die jetzt von diesen Sondergesellschaften zu tätigen sind, den Ländern übertragen werden, daß ihnen selbstverständlich entsprechende Mittel auf dem Wege des Finanzausgleiches zur Verfügung gestellt werden. Objektive Kriterien zur Bemessung dieses Ausgleiches sind sicherlich nicht das


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Problem, die sind zu erstellen, und zwar von der Fahrstreifenlänge bis hin zum Verkehrsaufkommen auf diesen Straßen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die verbleibende Kompetenz der Straßenbausondergesellschaften ist in die Bundesstraßenverwaltung zu integrieren. Herr Bundesminister, ich ersuche Sie, sich diesen Argumenten, die ich auch im Ausschuß angesprochen habe – und die Zahlen sprechen für sich –, nicht zu verschließen. Das würde auch im Sinne der Budgetwahrheit etwas sehr, sehr Positives bewirken. Ich werde Ihnen auch die Zahlen nennen: Die Erhaltung von einem Kilometer Fahrstreifen Autobahn durch die Bundesstraßenverwaltung kostet 227 833 S; bei den Sondergesellschaften kostet ein Kilometer 543 294 S. Diese Zahlen sprechen für sich. Wenn man bedenkt, daß es sich um über 1 208 Kilometer handelt, die im Bereich der Sondergesellschaften liegen, so stellt man fest, dies ergibt eine jährliche Einsparung von 467 Millionen Schilling. Ich meine, daß die Zahlen tatsächlich für sich sprechen.

Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuß erklärt, daß speziell die Bergstraßen für diese Differenz sorgen würden und der große Unterschied im Aufkommen zur Bewirtschaftung dieser Straßen damit zu begründen wäre. Ich sage Ihnen, daß dies nicht der Fall ist. Stellen Sie einen Vergleich an, beispielsweise zwischen dem Karawankentunnel und dem Tauerntunnel, bezogen auf einen Kilometer Fahrstreifen, dann werden Sie zu dem Schluß kommen, daß diese Begründung letztlich haltlos ist.

Sehr geehrter Herr Minister! Ich darf Sie dazu auffordern, daß Sie in Zeiten des Raubzuges, der nun nach Rust wieder geplant ist, darangehen, bestehende Strukturen zu verändern. Es geht nicht darum, nur im Sinne einer Budgetschönung, einer Budgetkosmetik Maßnahmen zu setzen, die in Wirklichkeit dem Bürger, dem Steuerzahler wiederum etwas auferlegen, es wird ihm wiederum in die Tasche gegriffen. Es ist nicht anständig, dies zu tun – und zwar nur zum Zweck des Machterhaltes, weil ja in dieser Republik offensichtlich alles aufgeteilt sein muß, sodaß diese geschützten Bereiche erhalten bleiben. Das kann nicht sein, und das findet daher nicht unsere Unterstützung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.39

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß mir ein weiterer Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorliegt, und zwar haben die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen gemäß § 33 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuß zur Untersuchung der politischen und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten für das Versagen der Justiz bei den gerichtlichen Ermittlungen rund um die überhöhte Abrechnung der Karawanken Autobahn einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten geschäftsordnungskonform gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Da ich bereits bekanntgegeben habe, daß eine Debatte über den Antrag des Liberalen Forums auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Erledigung der Tagesordnung anberaumt wird, werden Debatte und Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Erledigung der Debatte und Abstimmung über den Antrag Dr. Schmidt und Fraktion stattfinden.

*****

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Marizzi. – Bitte.

17.40

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Der Herr Kollege Anschober kommt jetzt herein. Herr Kollege Anschober, Sie haben über die Umfahrungen in Osttirol gesprochen. Ich habe mich mit meiner Kollegin


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Tegischer unterhalten. Sie hat mit den Leuten dort geredet und gesagt, die Leute wollen natürlich eine "sanfte" Umfahrung haben.

Für Sie ist wieder so typisch dieses großartige Gründenken: Wir sind gegen diese Umfahrungen!, aber wenn Sie einmal dorthin fahren und mit den Leuten reden, wie das ist, wenn 5 000 bis 6 000 PKW und LKW durch die Ortschaften donnern, dann können Sie nicht von Oberösterreich aus in Osttirol Landtagswahlkampf machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese heutigen Gesetze und Änderungen haben aus meiner Sicht drei Hauptziele: finanztechnische, organisatorische und wirtschaftspolitische Ziele.

Herr Kollege Firlinger! Diese ASFINAG-Schulden werden aus einem öffentlichen Bereich in einen nichtöffentlichen Bereich gebracht, natürlich auch unter Berücksichtigung der Konvergenzkriterien. Dadurch, Herr Firlinger, entstehen eigene Rechnungskreise, wodurch auch eine bessere Zuordnung gegeben ist. (Abg. Mag. Firlinger: Aber verschwunden sind sie nicht!)

Ich weiß schon, daß Ihnen das nicht paßt, was der Herr Bundesminister und die Koalition da vorschlagen, aber es ist der Schritt in Richtung eines Konzerns, und der Herr Bundesminister –ich muß das auch hier sagen – hat hervorragend gearbeitet, denn all diese Länderinteressen unter einen Hut zu bringen und eine Harmonie herzustellen – wir wissen das alle, denn wir alle haben im Ausschuß bemerkt, was da an Interventionen hereingekommen ist –, das ist nicht so einfach. Die Quadratur des Kreises können auch Sie nicht erfinden, Herr Kollege Firlinger. Vielleicht wird es beim Personal, bei den Dienstnehmerrechten und bei den Kollektivverträgen besser gehen, diese unter einen Hut zu bringen.

Aber es geht noch um einen zweiten Punkt, und der ist wesentlich: Mit diesen Gesetzen, mit diesen Änderungen werden auch Investitionen für den Wirtschaftsstandort Österreich ausgelöst. So zum Beispiel kann der S 6-Semmeringtunnel gebaut werden, Investitionen auf der A 2 wie die Umfahrung Klagenfurt sind möglich; vieles andere wurde heute schon erwähnt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wenn ich mir diesen "Presse"-Artikel von heute ansehe: "Düstere Aussicht für die Baubranche, massiver Rückgang beim Wohnbau", dann ersieht man daraus, glaube ich, daß das notwendig ist. Der Porr-Generaldirektor schreibt, die West Autobahn zerbröselt den Autofahrern unter den Reifen. Da, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es sinnvoll, eine Gesellschaft zu errichten, die den Auftrag hat, ein Konzern zu sein, und die neu und operativ für diesen Wirtschaftsstandort Österreich agiert. (Abg. Mag. Firlinger: Aber dazu brauchen wir keine Straßenbausondergesellschaft!) – Über die Werkverträge hat Kollege Eder schon gesprochen.

Ich möchte auch einige kritische Anmerkungen machen. Alleine den Namen zu ändern und die Schulden in eine neue AG zu verlagern, ist zuwenig. Und auch der nicht gerade ruhmreiche Start der Vignette ist aus meiner Sicht, Herr Bundesminister, ein klarer Auftrag für die neue Gesellschaft. Vielleicht kommen wir weg von dem Kirchturmdenken. Mehr Service für die Autofahrer – das sind ja die Steuerzahler – und ein besseres Baustellenmanagement sind gefragt.

Ich könnte Ihnen jetzt Geschichten aus den letzten sechs Wochen erzählen, was sich da auf der Süd Autobahn alles abgespielt hat. Sie fahren ja selbst jeden Tag hin und her, Sie wissen es.

Mich freut es auch, Herr Bundesminister, daß Sie relativ schnell und hart durchgegriffen haben. Dieser klare Auftrag für diese Gesellschaft soll auch ein neues Image für die Gesellschaft bedeuten, und ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg.

Ich habe schon gesagt, die Vignette hatte einen schwierigen Start, aber im großen und ganzen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich jetzt vieles beruhigt, und ich freue mich besonders, daß es für behinderte Menschen eine sehr akzeptable Regelung gibt, die herzeigbar ist. Da kann man sagen, daß die Bundesministerien für Wirtschaft beziehungsweise Soziales sehr effizient und rasch gearbeitet haben.


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Die zweite wichtige Lösung – das hat Herr Kollege Peter zwar gesagt, aber er ist nicht einverstanden damit – ist die Flexibilität in bezug auf die Wochenvignette, für die der Gültigkeitsbeginn frei gewählt werden kann. Ich meine, das ist auch für den Tourismus in Österreich ein wichtiger Punkt.

Der letzte Punkt: Wir alle wissen, daß der PKW-Verkehr in Wirklichkeit – das sage ich sehr salopp – den LKW-Verkehr subventioniert. Herr Anschober hat heute eine Statistik aufgezeigt –ich glaube ihm, er hätte ja keinen Grund, uns hier etwas anderes zu erzählen –, da geistern die Milliarden nur so herum. Manche reden von 10, andere von 30 Milliarden Schilling. In einer Zeitung von heute heißt es: "Wirtschaftskrach über den Beschluß gegen das Road-Pricing"; in einer anderen vom Samstag oder Sonntag heißt es: "Kammer startet Kampf gegen Road-Pricing".

Dazu wiederhole ich das, was ich hier schon einmal gesagt habe: Ich war immer gegen das Road-Pricing für PKW, weil ich meine, daß, wenn durch die Vignette 2 Milliarden Schilling hereinkommen und durch ein PKW-Road-Pricing 11 Milliarden Schilling, das eine zu große Belastung für die Autofahrer wäre. Das würde politisch nur den Grünen helfen. Wir würden es beschließen, und uns würde es politisch schaden. Das sage ich hier ganz offen.

Aber wenn der Autofahrer alle LKW-Sünden bezahlen muß und sich dann die Kammer via "Standard" aufregt, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß ich sagen, bin ich froh, daß im Herbst der Bericht der Herren Bundesminister Farnleitner und Einem vorliegen wird, um einmal klar zu sehen, wie es mit dieser LKW-Sache und einer Gerechtigkeit auf den österreichischen Straßen wirklich weitergeht.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Es ist das ein wichtiger Reformschub für die Benützer, es ist behindertenfreundlich und benutzerfreundlich. Daher gebe ich diesem Gesetzesvorschlag, diesen Änderungen sehr gerne meine Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Edith Haller. Sie hat das Wort.

17.46

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Herr Kollege Elmecker hat so schön vom Blatt gelesen (Abg. Marizzi: Elmecker?) , daß er mit der Vignettenregelung zufrieden ist und daß sie gut funktioniert. – Ich kann nur sagen: Wir haben uns mit der Einführung der Vignette lächerlich gemacht. Es wurde stümperhaft ausgeschrieben, es wurde schlampig vollzogen, und nicht nur bei uns, sondern auch in Deutschland sind die Wogen hochgegangen.

Nicht nur das: Wir sind dabei, uns ein weiteres Mal ... (Abg. Marizzi: Der Elmecker ist gar nicht mehr im Nationalrat!) Ellmauer. (Abg. Marizzi: "Elmecker" haben Sie gesagt!) Entschuldigung! Ellmauer.

Nicht nur das. Wir sind ein weiteres Mal dabei, uns lächerlich zu machen, und zwar wenn es um die Mautfreiheit in der Grenzstadt Kufstein geht, die ja wiederum hauptsächlich deutsche Gäste betrifft. Es ist dies eine geographisch und verkehrstechnisch besonders sensible Situation, für die eine Ausnahmeregelung einfach notwendig ist. Das wird ja auch nicht bestritten. Bundesminister Ditz hat sie versprochen, sie wurde aber nicht gesetzlich geregelt, es wurde einfach nicht kontrolliert, nur stillschweigend geduldet. Aber auf deutschem Staatsgebiet wird diese Mautfreiheit auf einer riesigen Tafel groß angekündigt, und alle Touristiker Tirols bis hin nach Osttirol werben in ihren Prospekten mit dieser Mautfreiheit. – Diese Prospekte können sie wegschmeißen, oder?

Trotzdem: Wir Freiheitlichen haben bereits dreimal einen Versuch gemacht, zu einer haltbaren und ordentlichen gesetzlichen Regelung zu kommen, aber wir sind bei ÖVP und SPÖ nie auf Zustimmung gestoßen, und heute scheint es ein viertes Mal zu passieren mit unserem Antrag 431/A – und das, obwohl es einen einstimmigen Tiroler Landtagsbeschluß von ÖVP,


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SPÖ, Freiheitlichen und Grünen gibt, daß man eine gesetzliche Regelung in dieser Sache haben will.

Nun, wir Freiheitlichen sind es ja gewohnt, daß unsere Anträge grundsätzlich keine Zustimmung der Regierungsparteien bekommen (Abg. Murauer: Weil das keine Anträge zum Annehmen sind!) , ganz egal, wie gravierend die Auswirkungen dann für die Bevölkerung sind. Wir sind es auch gewohnt, meine lieben Herren Kollegen von der ÖVP, daß dann im Ausschuß verwaschene Entschließungsanträge der Regierungsparteien kommen, die sogar Bundesminister Farnleitner vorausschickend als "Wunsch an das Christkind" bezeichnet hat.

Aber der derzeitige Hochmut und die Arroganz gegenüber den Hilfeschreien der Kufsteiner Bevölkerung gehen ja noch weiter. Da bemüht sich die ÖVP-Abgeordnete Kathi Horngacher wirklich um Schadensbegrenzung. Sie versucht, die Notbremse zu ziehen und einen Allparteienantrag zu formulieren. Der Antrag ist sinngemäß gleich wie jener der Freiheitlichen, er ist nur anders formuliert und anders positioniert.

Natürlich hätte dieser Antrag auch die Unterstützung von uns Freiheitlichen gefunden, aber nun ist dieses Ansinnen von Frau Abgeordneter Horngacher zur Koalitionsfrage geworden: Sie darf diesen Antrag nicht einbringen, denn wir hätten ja auch mit vier Parteien, ohne die SPÖ, die Chance auf eine Mehrheitsbildung und somit endlich eine gesetzliche Regelung für Kufstein gehabt.

Und wenn dann die Kathi nach mir da heruntergehen wird und sich womöglich über die SPÖ beklagt, dann muß ich halt sagen: Auch die Tiroler ... (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie ein schlechtes Gewissen?) Nein, wir nicht, das müßt schon ihr haben. Auch die Tiroler ÖVP-Abgeordneten sind freiwillig in diese Koalition hineingegangen, in diese Koalition, die für die österreichische Bevölkerung schon seit langem (Abg. Dr. Maitz: ... ausgezeichnet arbeitet!) aber wirklich nichts Gutes mehr bringt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich fordere Sie alle, die Sie hier sitzen, auf, Ihr freies Mandat auszuüben und den freiheitlichen Anträgen zuzustimmen. Ich bitte um Ihre Zustimmung, denn wir werden heute noch etwas machen: Wir werden den Antrag der Kathi Horngacher hier im Plenum einbringen (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) , denn für uns ist das Ganze nicht eine Sache der Formulierung, sondern uns geht es um die Sache selbst, und es wäre ganz gleich, welcher Antrag dann die Zustimmung finden würde. Wir werden auch eine namentliche Abstimmung dazu verlangen. (Abg. Schuster: Das ist gut!)

Ich glaube, das ist im Sinne der Sache, denn mich beschleicht ein wirklich ungutes Gefühl dabei, daß hier auf dem Rücken der Tiroler Bevölkerung und gegen die Interessen des gesamten Tiroler Landtages einfach eine weitere Demontage der ÖVP in dieser Koalitionsregierung stattfindet. Und das ist für ganz Österreich nicht gut.

Ich verlese jetzt noch einmal diesen Abänderungsantrag, der von Frau Abgeordneter Kathi Horngacher formuliert wurde und von uns jetzt eingebracht wird.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Edith Haller und Kollegen zum Punkt 2 der Tagesordnung

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 in der Fassung des Ausschußberichtes (828 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

In Artikel V Z 8 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes wird im § 7 Abs. 1 folgender Satz angefügt:

"Kraftfahrzeuglenker, die nur die A 12 Inntal Autobahn zwischen Staatsgrenze und Anschlußstelle Kufstein/Süd benutzen, sind von der Mautpflicht ausgenommen."

*****


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Ich ersuche Sie noch einmal eindringlich um Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag der Frau Abgeordneten Haller ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ebenso ist das Verlangen auf namentliche Abstimmung ausreichend unterstützt. Es wird also am Ende dieses Tagesordnungspunktes die verlangte namentliche Abstimmung voraussichtlich durch Aufruf der Abgeordneten stattfinden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Freund. Er hat das Wort.

17.53

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Durch das Infrastrukturfinanzierungsgesetz wird auch ein Fruchtgenußvertrag zwischen dem Bund und der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft abgeschlossen. Dieser Vertrag besagt, daß der Bund, also die Republik Österreich, Eigentümer und Nutzungsberechtigter von zirka 1 200 Kilometern Bundesautobahn und Bundesstraßen sowie Brücken, Tunnels und Gebirgspässen ist.

Mit Wirkung 1. Jänner 1997 wird an die ASFINAG das Recht des Fruchtgenusses an allen Grundflächen, baulichem Zubehör und Einrichtungen, die gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 Bestandteil dieser Bundesstraßen sind, übertragen. Auch die Liegenschaften des Straßenerhaltungsdienstes und der Autobahnmeistereien fallen darunter.

Die ASFINAG bleibt zu 100 Prozent im Bundesbesitz und wird nach der Ausgliederung statt wie bisher vom Finanzministerium schwerpunktmäßig vom Wirtschaftsministerium vertreten.

Der Bund räumt der ASFINAG insbesondere das Recht ein, die Einhebung von Benützungsgebühren und Mauten von sämtlichen Nutzern der übertragenen Straßen vorzunehmen.

Hier im Nationalrat wurde beschlossen, für alle PKW und LKW eine fahrleistungsabhängige Abgabe pro Kilometer auf Autobahnen, das sogenannte Road-Pricing, einzuführen. Dagegen regt sich in der Bevölkerung größter Widerstand (Abg. Haller: Mit Recht!) , dem ich mich anschließe. Kostenwahrheit ist aber anzustreben. Die Vignette als Abgabeform hat sich bewährt. Es ist nicht so, wie von Frau Haller gemeint wird, es wäre viel schiefgelaufen. Sie hat übrigens in ihrem Debattenbeitrag nicht gesagt, wie man ihrer Ansicht nach die Autobahnen finanzieren und die notwendigen Sanierungen vorantreiben soll (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Durch die Mineralölsteuer! – Abg. Meisinger: Mineralölsteuer!) , denn je nachdem, mit welchem System man ein Road-Pricing installiert (weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) – ich habe aber nichts darüber gehört von der Frau Kollegin –, werden unterschiedliche Kosten genannt. (Abg. Haller: Ich habe das das letzte Mal schon ausgeführt!) Ein vollelektronisches Mautsystem hätte Investitionskosten von mindestens 3,6 Milliarden Schilling und jährliche Betriebskosten von 1,3 Milliarden Schilling zur Folge, und das bei einem jährlichen Ertrag von 3,2 Milliarden Schilling. Der ÖAMTC spricht sogar von rund 10 Milliarden Schilling für Investitionen und einem Betrag von 1,5 Milliarden Schilling für den jährlichen Betrieb.

Bisher kann auch niemand die Frage beantworten, wie denn der Datenschutz in einem solchen System gewährleistet werden soll. Laut ÖAMTC würde es alleine auf der Südosttangente in Wien jährlich 50 000 Fehlbuchungen geben, die jemand korrigieren müßte. Und seien wir doch ehrlich: Wenn die Infrastruktur einmal steht, dann haben wir in wenigen Jahren wieder die Diskussion um das Road-Pricing für den PKW, eine Diskussion, die uns sicherlich nicht weiterbringt.

Bei der LKW-Road-Pricing-Lösung wäre mit einer massiven Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Bundesstraßen zu rechnen. Dieser Umstand ist nämlich jetzt schon zu beklagen, so zum Beispiel auf der Innviertler Fernstraße B 137 zwischen Wels und Schärding. Insbesondere ausländische LKW weichen auf diese Bundesstraße aus, da die Grenzkontrollen bei Schärding-


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Neuhaus nicht so rigoros sind wie beim Autobahngrenzübergang Suben und dort mit langen Stehzeiten zu rechnen ist.

Die Verkehrssicherheit würde darunter sicherlich sehr leiden. Darauf muß der Herr Verkehrsminister eine Antwort geben, denn mit einer Zunahme von Opfern aufgrund der Verlagerung des Schwerverkehrs von der Autobahn auf die Bundesstraße wäre zu rechnen, das würde sicherlich unfallträchtiger sein als die sicheren oder doch relativ sicheren Autobahnen. Ohne begleitende Maßnahmen wäre also mit dem LKW-Road-Pricing die Situation auf den Bundesstraßen katastrophal. Ich fordere jetzt schon ein Fahrverbot für LKW im Durchzugsverkehr auf der B 137.

Der Wirtschaftsminister berichtete im Bautenausschuß von den Einnahmen aus der Mautvignette, die bisher 1,3 Milliarden Schilling betrugen und für Autobahnlückenschließungen eingesetzt werden konnten, insbesondere auch für wichtige Sanierungen auf unseren Autobahnen. Vermehrte Geldmittel müssen auch in Zukunft Verwendung für Sanierungen und Autobahnlückenschließungen finden.

Mit dem neuen Gesetz, meine sehr geschätzten Damen und Herren, hat der Wirtschaftsminister das Recht, Zielvorgaben zu setzen und eine begleitende Kontrolle durchzuführen. Die Erlassung der anzuwendenden Vorschriften bleibt ihm vorbehalten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Lückenschluß der Autobahnen und die Erhaltung unseres Bundesstraßensystems kosten viel Geld; Geld, das für die Sicherung von Arbeitsplätzen und für die Verbesserung der Infrastruktur Österreichs gut angelegt ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kaipel. Er hat das Wort.

17.58

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Erfahrungen mit dem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 haben uns dazu veranlaßt, eine weitere Novelle vorzubereiten, die wir heute beschließen wollen. Im wesentlichen haben wir heute schon gehört, welche Neuerungen es geben wird. Ich darf sie kurz wiederholen.

Die wichtigsten Inhalte werden sein: die Umstellung der Gültigkeitsdauer der Wochenvignette, die Verbesserung der Ausnahmeregelung für Behinderte, die Änderung bei Überwachung und Strafe beziehungsweise die Befreiung für Beiwagen bei einspurigen Kraftfahrzeugen.

Ab 1998 wird es die flexible Wochenvignette geben. Damit wurde auch dem Wunsch der Tourismuswirtschaft entsprochen. Erlösveränderungen daraus wird es keine geben. Ich glaube aber, daß sich die Akzeptanz für dieses Pickerl durch diese Änderung doch verbessern wird.

Ein weiterer Schwerpunkt gilt den Behinderten: Für diese wird es die Vignette kostenlos geben. Der Bezug wird an den Behindertenpaß gebunden sein. Es wird damit zweifellos ein erhöhter administrativer Aufwand für unsere Sozialämter entstehen, jedoch ein geringerer Aufwand für die Bundesstraßengesellschaften.

Zur ursprünglich geplanten Ein-Monats-Vignette wird es mangels vernünftiger Kostengestaltung nun nicht mehr kommen, sodaß es bei der Zwei-Monate-Vignette bleiben wird.

Auch die Grenzregelung wurde, wie schon gehört, gestrichen. Der Herr Bundesminister wurde durch eine Entschließung aufgefordert, eine verfassungskonforme und schengenkonforme Regelung vorzubereiten.

Die Frage Road-Pricing konnte leider bis jetzt nicht geklärt werden. Es wird eine Lösung bis zum Herbst angestrebt, eine Lösung auch im Hinblick auf die durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Passagen. Bekanntlich ermächtigt die jetzige Bestimmung den Wirtschaftsminister, festzulegen, welche Straßen bemautet werden sollen. Für den Verfassungsgerichtshof ist zu wenig klar geregelt, nach welchen Kriterien dies geschehen soll.


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Meine Damen und Herren! Die SPÖ tritt dafür ein, daß diesen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nähergetreten wird und Veränderungen vorgenommen werden. Gleichzeitig treten wir aber auch dafür ein, daß das Road-Pricing für PKW, das noch im Gesetz verankert ist, daraus gestrichen wird. Ich glaube und hoffe, daß mit dieser Maßnahme die Verunsicherung unserer Pendler endgültig beendet werden kann.

Allerdings, meine Damen und Herren, werden wir weiterhin am Road-Pricing für LKW, wie im Übereinkommen festgeschrieben, festhalten, aus Gründen der Kostenwahrheit, aber auch aus Gründen der Eindämmung des Schwerverkehrs auf Österreichs Straßen auf ein möglichst erträgliches Maß. Es ist notwendig, in Österreich die gleiche Belastung pro gefahrenen Kilometer wie in den umliegenden Ländern einzuführen, um eine damit zweifellos zusammenhängende, für Österreich negative Sogwirkung zu verhindern.

Die Wegekostenrichtlinie, die wir mit dem Beitritt zur Europäischen Union zu übernehmen hatten, hat eine wesentliche Kostenersparnis für den LKW gebracht, sodaß diese Maßnahmen auch gerechtfertigt sind. Ich glaube, es steht außer Streit, daß der Hauptverursacher von Straßenschäden der Schwerverkehr ist.

Herr Bundesminister! Ich darf Sie einladen, die Tradition des Verschiebens zu beenden und die Vorbereitungen zu beschleunigen. Zum einen geht es um die Verantwortung für unnötige Belastungen von Umwelt und Bevölkerung, zum anderen sind die Einnahmen unbedingt für die Erhaltung und den Ausbau unserer Straßen notwendig. Darüber hinaus haben wir auch die Chance, einigen tausend Menschen Arbeitsplätze zu verschaffen.

Obwohl wir heute, meine Damen und Herren, mehr oder weniger kleine, aber dennoch wichtige Verbesserungen der Vignettenregelung beschließen werden, bitte ich Sie, die Absicht zu verfolgen, im Herbst so rasch wie möglich die kilometerabhängige Maut für LKW unter Dach und Fach zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Katharina Horngacher. – Bitte.

18.04

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Vignettengeschichte von Kufstein ist eine langwierige, und ich habe gehofft, daß es hier und heute zu einer guten Lösung kommen wird. Es handelt sich um ein Teilstück der Autobahn vom Grenzübergang bei Kufstein, wobei die erste Abfahrt gleich beim Grenzübergang liegt; die zweite Abfahrt, Kufstein Süd, ist vier Kilometer weiter. Von der zweiten Abfahrt weg geht der Verkehr in das Schigebiet Söll, Ellmau, Scheffau und in das Brixental. Wegen dieser vier Kilometer wird naturgemäß keiner eine Vignette kaufen, und dadurch entsteht der Ausweichverkehr, der durch die Dörfer der Unteren Schramme (xxx vgl.) und durch die Stadt Kufstein geht.

Mit Einführung der Vignettenpflicht hat der damalige Wirtschaftsminister Ditz, nachdem er sich in Kufstein selbst von der Situation überzeugt hat, eine faktische Ausnahmeregelung zugesagt. Minister Farnleitner hat die Zusage von Ditz weiter genehmigt. Bisher hat die Sache gehalten, und es ist, soviel ich weiß, niemand in diesem Teilstück bestraft worden. Es wurde die Tafel mit der Vignettenankündigung eben erst bei der Abfahrt Süd aufgestellt.

Es ist also auch ohne eigenes Gesetz für die vier Kilometer gelaufen, nun aber hat Finanzminister Edlinger diese vernünftige, einfache Ausnahme plötzlich in Frage gestellt. (Abg. Dr. Krammer: Er wird schon einen Grund gehabt haben!) Daraufhin wurde in der letzten Woche im Tiroler Landtag ein Vierparteienantrag einstimmig beschlossen, der alle Tiroler Nationalräte auffordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu setzen und diese kleine Ausnahme gesetzlich zu verankern.

Heute wollten wir einen Abänderungsantrag einbringen, der gelautet hätte: Kraftfahrzeuglenker, die nur die A 12 Inntal Autobahn zwischen Staatsgrenze und Anschlußstelle Kufstein Süd benut


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zen, sind von der Mautpflicht ausgenommen. – Damit wäre dem einstimmigen Wunsch des Tiroler Landtages nachgekommen worden.

Leider sind nun die Sozialdemokraten zum Unterschied von den Sozialdemokraten in Tirol nicht bereit, mit uns diesen Antrag einzubringen. Für mich als Kufsteinerin ist dies unverständlich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wenn man die Verkehrsszene in Österreich nicht aus der Sicht der Statistiker und nicht als selbsternannter oder auch anerkannter Fachmann betrachtet, sondern als normaler Konsument, als sogenannter Otto Normalverbraucher, dann muß man folgendes sehen:

Die West Autobahn ist restlos überfüllt. Die PKW-Fahrer können kaum noch ihre Spur in Anspruch nehmen. Es ist zu manchen Zeiten ein Spießrutenlauf, wenn man von Wels nach Wien fahren will. Die Brummis liefern einander Wettkämpfe, wer wen am langsamsten überholen kann, und das Fahren wird schön langsam lebensgefährlich, so wie es mir vorige Woche passiert ist, als es einem rumänischen LKW einen Reifen zerrissen hat und ich mit knapper Mühe noch bremsen konnte.

Die Autobahnen sind also, wenn nichts geschieht, am Rande des Verkehrsinfarktes, und diese Entwicklung geht auch in Richtung Bundesstraßen weiter. Da wird es ganz besonders prekär, denn diese führen meistens auch durch Anrainergemeinden, durch verbautes Gebiet, durch Wohngebiet.

Meine Damen und Herren! Es gibt keine Patentlösungen, es gibt keine So-oder-so-Lösungen, es gibt keine Entweder-oder-Lösungen, sondern nur Sowohl-als-auch-Lösungen. Wir müssen uns, um den Verkehr dorthin zu bringen, wo er hingehört, intelligente Lösungen einfallen lassen: Straße, Schiene, Wasser als Alternativen, Transparenz der Kosten und Kostenwahrheit. Es gibt europaweit verschiedene Modelle und Vorschläge, aus denen man sich sozusagen die Rosinen herausnehmen kann. Aber eines ist sicher: Wir können nicht auf dem Status quo beharren und sagen, wir geben uns mit dem Straßensystem, das wir derzeit haben, zufrieden.

Wir brauchen einen weiteren Ausbau, wir brauchen eine weitere Verbesserung des Straßensystems, um den LKW-Verkehr flüssig zu machen, um den Individualverkehr flüssig zu erhalten. Wir müssen Lösungsvorschläge erarbeiten, damit der Straßenverkehr geregelt, geordnet und erträglich gemacht wird. Da soll eben diese Umgliederung, die ASFINAG-neu mithelfen, um besonders neuralgische Stellen in Österreich kurzfristig zu entfernen und eine langfristige Strategie im Ausbau des Straßenverkehrs zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere nur an zwei Projekte in Oberösterreich: an die Pyhrn Autobahn und an die Westtangente in Wels, die einer dringenden Fertigstellung bedürfen.

Meine Damen und Herren! Auch der Wunsch, die Mineralölsteuer zu erhöhen, kann nur bedingt berücksichtigt werden. Denn wir wissen genau, wenn wir zuviel Steuern einheben, weichen die Konsumenten auf Alternativen aus. Und heute ist bei einem LKW der Tank oft bereits größer als die Ladefläche. Warum? – Man tankt billig im Osten und kann so wahrscheinlich monatelang mit einer Tankfüllung fahren.

Das kann nicht die Lösung sein. Wir müssen andere Lösungen anbieten. Und da, meine ich, ist jeder gefragt, entsprechende Lösungen auch auszuarbeiten: keine Entweder-oder-Lösungen, sondern Sowohl-als-auch-Lösungen.

Herr Bundesminister! Ich komme auf ein Problem zu sprechen, das auch mein Kollege und Freund Karl Freund bereits erwähnt hat, das ist das Ausweichen des Transitverkehrs von dafür


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vorgesehenen Autobahnen und Schnellstraßen auf Bundesstraßen. Momentan erfolgt es in Oberösterreich im Bereich der Innkreis Autobahn, weil die Abfertigungen an der Autobahnstelle in Suben rigoroser und genauer durchgeführt werden als auf der Bundesstraße. Wenn es aber zum Road-Pricing für LKWs kommen sollte, dann wird diese Tendenz wahrscheinlich noch viel stärker werden, daher müssen unbedingt begleitende Maßnahmen getroffen werden, um ein Abweichen oder Ausweichen des LKW-Verkehrs auf begleitende Bundesstraßen zu verhindern.

Abgesehen von vermehrter Gefahr, die da eine Rolle spielt, ist auch die gesundheitliche Belastung, die der LKW-Verkehr verursacht, wenn er als Transitverkehr durch das Ortsgebiet rollt, gewaltig. Ich habe hier eine Expertise des Kinderprimars am Krankenhaus Grieskirchen, die er mir gestern gegeben hat und worin er feststellt, daß die Zahl der Patienten mit Asthmaerkrankungen und Allergien durch den Schwerverkehr, der auch durch Grieskirchen rollt, enorm ansteigt. Es gibt Resolutionen der Anrainergemeinden, die dahin gehen, diesen Schwerverkehr exemplarisch von der Bundesstraße B 137 auf die Innkreis Autobahn zu verlegen. Und so etwas wird nicht nur bei uns in Tirol gefordert, sondern das wird, wie ich annehme, in ganz Österreich der Fall sein.

Wenn wir das Road-Pricing einführen, müssen wir unbedingt begleitende Maßnahmen beschließen, damit es nicht zu einem Ausweichen auf billigere Verkehrsrouten kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

18.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Eder. Zweite Wortmeldung. – Bitte sehr.

18.12

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf den Abänderungsantrag der Abgeordneten Haller zu sprechen kommen und sage hier klar und deutlich namens meiner Fraktion, daß dieser Abänderungsantrag natürlich sehr ernst genommen wird. Wir haben diesen Abänderungsantrag im Bautenausschuß auch entsprechend diskutiert.

Ich verstehe die Situation der Bevölkerung in Kufstein sehr gut, möchte aber gleichzeitig darauf aufmerksam machen, daß wir, als wir das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz im April 1996 beschlossen haben, gleichzeitig einem Entschließungsantrag, der damals schon in diese Richtung gegangen ist, die Zustimmung gegeben haben, aus dem hervorgeht, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht wird, im Zusammenhang mit der Einführung der Vignette für das hochrangige Straßennetz in Österreich eine Untersuchung der Verkehrsauswirkungen auf besonders sensible Strecken, insbesondere eine Erhebung über den Ausweichverkehr auf das niederrangige Straßennetz et cetera, durchzuführen. Zu dieser Erhebung liegen noch keine endgültigen Ergebnisse vor, aber es gibt bereits Vorergebnisse, die besagen, daß es kaum zu Ausweichmanövern kommt und daß die meisten, die eine Vignette haben, diese auch entsprechend nutzen.

Weiters, meine Damen und Herren, gibt es auch andere Regionen, in denen, wenn das Schengener Abkommen zum Tragen kommt, solche Situationen entstehen könnten. Ich denke hier nur zum Beispiel an die A 14 Rheintal Autobahn, wo es zu einer ähnlichen Situation zwischen der Staatsgrenze und der Anschlußstelle Bregenz kommen könnte.

Es wäre, glaube ich, daher heute sinnvoll und vernünftig, wenn wir heute nicht einzelne Ausnahmen, sei es auch mit namentlicher Abstimmung, hier beschließen, sondern den Herrn Bundesminister ersuchen, bis zum Herbst alle Stellen zu prüfen, die aufgrund des Schengener Abkommens in Betracht gezogen werden könnten, entsprechend begründet als Ausnahme definiert zu werden. Des weiteren würde ich ersuchen, daß wir, wenn diese Studie über die Umfahrungen, die durch die Vignetteneinführung entstanden sind, endgültig auf dem Tisch liegt, in einem Bautenausschuß darüber diskutieren und noch einmal vernünftig überlegen, was wir hier tun können.


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Ich verhehle gar nicht, daß es sehr schwierig sein wird, wenn man in einzelnen Bereichen in dieser Form Ausnahmen macht, dann auch in Wien zu erklären, warum ein Autofahrer, der vom 3. in den 11. Bezirk einen oder zwei Kilometer über die Südosttangente fährt, eine Vignette braucht und andere nicht. Auf der Tangente, meine Damen und Herren, fahren täglich immerhin 120 000 Autos, und das ist eine andere Verkehrsbelastung als jene, von der hier oft gesprochen wird. Ich kann daher nur empfehlen, heute den Abänderungsantrag der Kollegin Haller aufgrund dieser Überlegungen und Gesichtspunkte abzulehnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

18.16

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin von Damen und Herren Abgeordneten zu einigen Punkten befragt worden, worauf ich kurz antworten möchte.

Zum ersten: Die jetzige ASFINAG-Lösung ist für mich in einem Punkt ein großer Fortschritt: Es wird aus der ASFINAG eine Reihe von Schulden ausgeklammert, die mit dem reinen Straßenbau nichts zu tun hatten, sodaß wir bei jeder Entscheidung, die wir für die Zukunft auch in Richtung Schuldenbedienung, Schuldenrückzahlung treffen müssen, leichter eine Verursacherzuordnung durchführen können.

Zum zweiten: Die Werkverträge, die hier mehrmals angesprochen wurden, sind zum Teil der Versuch, die heute noch von Landesbediensteten durchgeführten Servicearbeiten auch tatsächlich in diesem Kreis zu behalten. Es wird in einer späteren Phase mittels einer Ausschreibung – und das wird frühestens etwa im Jahr 2006 der Fall sein – abzuchecken sein, ob das auch die günstigste Lösung im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts ist.

Dritter Punkt: Ich habe vorgehabt, in der Regierungsvorlage sämtliche Grenzübergänge bis zur ersten Abfahrt freizugeben, Kufstein bis zur zweiten, aus Gründen der §§ 7 und 7a des Bundesstraßengesetzes, ebenso im Fall Bregenz. Ich glaube, daß nach den Beratungen im Ausschuß und den verständlichen Schwierigkeiten, die es da und dort gegeben hat, der Antrag, eine schengenkonforme Lösung vorzulegen, vernünftig ist. Ich werde diesen Antrag dem Parlament über den Ministerrat im Frühherbst zuleiten. Wir werden dann auch die Ergebnisse der Umgehungsuntersuchung von mehreren Grenzübergängen vorliegen haben, sodaß wir mit besserer Begründung operieren können.

Der vierte Punkt betrifft das Road-Pricing. Hohes Haus! Es gibt einen Ministerratsbeschluß, der bis zum September einen Bericht von einer Gruppe unter Minister Einem und mir erwartet. Dieser Bericht wird ordnungsgemäß fertiggestellt und rechtzeitig vorgelegt werden.

Zum Schluß zur Frage, die Herr Abgeordneter Hofmann an mich gerichtet hat. Es besteht die Grundsatzdifferenz, daß wir beim Erhaltungsdienst in der Auftragsverwaltung etwa einen Tunnelanteil von 3 Prozent und einen Brückenanteil von 8 Prozent haben, während wir bei den Sondergesellschaften einen solchen von 11 und 15 Prozent haben. Das macht doch eine erhebliche Differenz hinsichtlich der Kosten aus. Insgesamt werden wir aber darangehen müssen, durch stetiges Überzeugen herbeizuführen, daß eine Überzahl von Organisationen – auch im Bereich rund um den ASFINAG-Konzern – soweit und so rasch als möglich reduziert werden kann. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haller. Zweite Wortmeldung. – Bitte.

18.18

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Eine kurze Replik auf die Worte des Herrn Kollegen Eder: Seine Rede zeigte vor allem eines: nämlich erstens, daß er die Situation in Kufstein


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überhaupt nicht kennt, und zweitens, daß die von ihm erwähnte Überprüfungsmöglichkeit und auch der Verweis auf eine schengenkonforme Lösung wieder nur Ausflüchte sind, um die Sache hinauszuschieben. (Abg. Marizzi: Wieso?)

Bitte, Herr Kollege Marizzi, erklären Sie mir, wie man die Auswirkungen auf ein untergeordnetes Straßennetz überprüfen soll, wenn dieser Abfluß auf das untergeordnete Straßennetz derzeit nicht stattfindet. Wie wollen Sie denn das überprüfen, Herr Kollege Marizzi? Erklären Sie mir das, bitte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwimmer. Zweite Wortmeldung. – Bitte.

18.19

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ein klares Wort: Selbstverständlich gibt es für die Situation Kufstein volles Verständnis: Allerdings ist Kufstein nicht der einzige Grenzübergang, der derartige Probleme mit der Autobahnmaut hat. Mit dem gleichen Recht können die Vorarlberger kommen mit dem Autobahngrenzübergang Bregenz, können die Salzburger kommen.

Es ist eine Gesamtlösung notwendig. Ich verspreche namens meiner Fraktion, wir werden dafür eintreten, daß im Sinne des gemeinsamen Entschließungsantrages von SPÖ und ÖVP diese Gesamtlösung im Herbst beschlossen werden wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr liegen mir weitere Wortmeldungen nicht mehr vor. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 828 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haller und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht. Es liegt außerdem ein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor, das ausreichend unterstützt ist.

Ich lasse daher zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil in namentlicher Abstimmung und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Frau Abgeordnete Haller hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel V Ziffer 8 § 7 Abs. 1 bezieht.

Wie bereits erwähnt, findet eine namentliche Abstimmung statt, die ich in der Weise durchführen werde, daß die Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen werden und die Stimmabgabe vom Abgeordnetenplatz aus mündlich erfolgt.

Zum Zwecke der Stimmabgabe bitte ich, die Plätze einzunehmen und nach Namensaufruf laut und deutlich zu antworten. Jene Abgeordneten, die für den Antrag der Frau Abgeordneten Haller stimmen, ersuche ich, ausschließlich mit "Ja", jene, die dagegen stimmen, ausschließlich mit "Nein" zu antworten.

Durch Wiederholung des Stimmverhaltens des aufgerufenen Abgeordneten wird zusätzlich Klarheit über das Abstimmungsverhalten geschaffen werden. Ist ein Abgeordneter nicht anwesend, wird dies gleichfalls festgehalten.

Ich beginne nunmehr mit dem Namensaufruf.


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Stenographisches Protokoll
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(Über Namensaufruf durch Präsidenten Dr. Fischer geben die Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten bekannt.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses unterbreche ich nun für einige Minuten die Sitzung.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.30 Uhr unterbrochen und um 18.34 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis wie folgt bekannt:

Es wurden 160 Stimmen abgegeben, davon "Ja"-Stimmen: 53, "Nein"-Stimmen: 107.

Damit ist der Abänderungsantrag der Frau Abgeordneten Haller betreffend Artikel V Ziffer 8 § 7 abgelehnt .

Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck, Aumayr;

Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Gaugg, Graf, Gredler, Grollitsch;

Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haupt, Hofmann, Horngacher;

Jung;

Koller;

Lafer, Langthaler, Lukesch;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Moser Hans Helmut, Moser Sonja, Motter;

Nußbaumer;

Ofner;

Peter, Petrovic, Platter, Povysil, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Trattner;

Van der Bellen;

Wabl, Wenitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;


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Stenographisches Protokoll
80. Sitzung / Seite 126

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr;

Eder, Edler, Ellmauer;

Fekter, Freund, Frieser, Fuchs;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Hlavac, Höchtl, Hums;

Jäger, Jarolim, Kaipel, Kammerlander, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer;

Lackner, Leikam, Leiner, Löschnak;

Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Posch;

Rada, Rasinger, Reitsamer, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefl, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die der Fassung des Gesetzes im Sinne des Ausschußberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich darf auch hier im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest: Die Beschlußfassung erfolgt in zweiter Lesung mit Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


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80. Sitzung / Seite 127

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Anschober betreffend Entgang von Mauteinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe, Absenkung des COP-Grenzwertes für ermäßigte LKW-Mauttarife.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag Anschober zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entschließungsantrag hat nicht die Mehrheit, er ist daher abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht in 829 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Berichtes des Bautenausschusses stimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen.

Ebenso stimmen wir ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 830 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich gegebenenfalls um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht in 830 der Beilagen ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir kommen als nächstes zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 830 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Die Entschließung, die dem Bericht 830 der Beilagen beigedruckt ist, wurde soeben mit Mehrheit angenommen. (E 68.)

Wir stimmen ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 831 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Bericht 831 der Beilagen ist zur Kenntnis genommen.

Zuletzt stimmen wir ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 832 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich gegebenenfalls um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Der Bericht des Bautenausschusses in 832 der Beilagen ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Damit sind diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 486/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Ewald Nowotny und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von Aktien der Bank Austria Aktiengesellschaft (814 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 487/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nullkuponfondsgesetz geändert wird (815 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (736 der Beilagen): Privatisierungsgesetz (818 der Beilagen)


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10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 204/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Novellierung des Bundesgesetzes vom 26. März 1947 (2. Verstaatlichungsgesetz), BGBl. Nr. 81/1947 (816 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 293/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend die rasche Privatisierung von noch in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen (817 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 7 bis 11. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Berichterstatter ist mir keiner namhaft gemacht worden, daher entfällt die Berichterstattung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Die Redezeit ist auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.39

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um eine anstehende Privatisierung der Bundesanteile an der Bank Austria in der Größenordnung von 18,87 Prozent. Da muß man ein bißchen auf die Vorgeschichte eingehen, und zwar insofern, als es Ende 1996 hier im Nationalrat einen Beschluß gegeben hat, daß die Bundesanteile an der Bank Austria an die Postbeteiligungs-Holding verkauft werden, weil man uns glaubhaft machen wollte, daß diese Institution geradezu prädestiniert ist, dieses Aktienpaket breitgestreut zu veräußern.

Am 12. Jänner gab es im Zuge der Auseinandersetzung um den Verkauf der CA-Anteile an die Bank Austria eine Sitzung zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der Österreichischen Volkspartei. Dabei wurde festgemacht, daß eben dieser Bundesanteil, dieses Aktienpaket, das bei der Postbeteiligungs-Verwaltung zur Verwertung zwischengeparkt oder eingeparkt ist, bis 31. 12. 1997 veräußert werden soll.

Am 14. 1. gab es hier im Plenum den Beschluß hinsichtlich der raschen Veräußerung bis zum 31. 12. 1997. Jetzt haben wir Juli 1997! Ein halbes Jahr ist vergangen, und es wurde überhaupt nichts gemacht, es ist überhaupt nichts geschehen. Jetzt kommt man darauf, daß diese Postbeteiligungs-Verwaltung offensichtlich nicht das geeignete Instrument ist, dieses Aktienpaket zu veräußern, es soll dieses Aktienpaket wieder an ein Konsortium veräußert werden, ein Konsortium, das aus Banken, privaten Investoren und so weiter bestehen kann. Ein halbes Jahr ist nichts passiert, und jetzt soll es rasch unter Zeitzwang veräußert werden!

Hier tun sich zwei Dinge auf: Das erste ist der Zeitzwang bis 31. 12. 1997. Zu diesem Zeitzwang gab es einen Abänderungsantrag im Ausschuß, in dem man mit Zustimmung der Bundesregierung eine sogenannte Fristerstreckung bis zum 31. 3. 1997 gebilligt hat. Herr Kollege Nowotny! Ich weiß nicht, gibt es jetzt wieder einen Abänderungsantrag? Sie sagen laut "Kurier" von heute, bis Ende März müßte der Verkauf nicht abgewickelt, sondern in die Wege geleitet sein. Gibt es jetzt wieder einen Abänderungsantrag zum Abänderungsantrag im Ausschuß? Wie ist die jetzige Vorgangsweise? – In die Wege leiten, das kann viel bedeuten. In die Wege leiten kann auch heißen, daß ich einen Prospekt drucke, um das auf den Markt zu bringen. Aber das kann ja nicht die Vorgangsweise sein!

Weiters steht auch in diesem Antrag nichts darüber drin, zu welchem Preis veräußert wird. Jetzt wird es zu einem Preis veräußert, zu dem damals die Postholding-Beteiligungsgesellschaft das Aktienpaket vom Bund gekauft hat, nämlich um 4,5 Milliarden Schilling. Das wird jetzt zum gleichen Preis an das Konsortium weiterveräußert, und das Konsortium ist dann verpflichtet oder auch nicht verpflichtet, diese Aktien bestmöglich zu veräußern; dem Bund kommt dabei ein

 


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sogenannter "Besserungsschein" zugute. Jetzt legt man wieder eine sogenannte "Zwischenstation" ein. Herr Kollege Nowotny! Das haben auch Sie im Ausschuß kritisiert, indem Sie gesagt haben, das kann zusätzliche Kosten in Höhe von 300 Millionen Schilling verursachen.

Allein die Transaktion von der Postbeteiligungsgesellschaft wieder an das Konsortium wird Kosten verursachen – ich gebe Ihnen völlig recht! In der Zwischenzeit mußte die Postbeteiligungsholding dieses Aktienpaket fremdfinanzieren, wobei auch wieder Fremdfinanzierungskosten in dreistelliger Millionenhöhe angefallen sind beziehungsweise noch anfallen werden. Und angesichts dessen wollen Sie hier glaubhaft machen, daß diese Postbeteiligungsgesellschaft das entscheidende und richtige Instrument ist, um eine solche Privatisierung durchzuziehen. Dies wollte uns auch der damalige Finanzminister Klima im Ausschuß beziehungsweise hier im Hohen Hause glaubhaft machen.

Das ist eine Vorgangsweise, die völlig unausgegoren ist. Hier werden überhaupt keine Transaktionskosten offengelegt: Man weiß nicht einmal, wie hoch die Finanzierungskosten sind. Jene, die im Ausschuß genannt worden sind, glaube ich eher nicht, die sind, so meine ich, zu niedrig angesetzt. Es kann aber noch etwas passieren: Das Konsortium ist nicht verpflichtet, diese Aktien zu einem bestimmten Preis weiterzuveräußern, sondern das Konsortium kann sagen, wir sind auch nicht in der Lage, dieses Aktienpaket weiterzuverkaufen, wir verkaufen es zum gleichen Preis weiter, wie wir es vom Bund beziehungsweise von der Postbeteiligungsholding erhalten haben. Das andere Konsortium ist aber nicht mehr verpflichtet, einen Besserungsschein dem Bund gegenüber abzugeben.

Das ist keine Vorgangsweise! Was ist hier geplant? Wer soll das Aktienpaket kaufen? Gibt es bereits Verkaufsverhandlungen? Gibt es bereits Interessenten? Gibt es in dem Sinne ein österreichisches Interesse, oder steckt da in etwa wieder die WestLB dahinter, die dieses Aktienpaket kaufen will? Und wenn einer das gesamte Paket kaufen will, dann frage ich mich: Gibt es einen Paketzuschlag oder gibt es den nicht? Ist es beabsichtigt, das bestmöglich über die Börse zu veräußern, oder nicht? Das sind Dinge, die hier endlich einmal klargelegt werden müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie mit dieser Vorgangsweise glücklich sind. Sie werden mit dieser Vorgangsweise deshalb nicht glücklich sein, weil Sie wahrscheinlich einen sehr geringen Ertrag erzielen werden, weil Sie es nicht steuern können, zu welchem Preis diese Aktien im Endeffekt wirklich verkauft werden. Sie werden nicht überprüfen beziehungsweise nicht beeinflussen können – überprüfen schon, aber nicht beeinflussen –, wie hoch die Transaktionskosten sein werden, und Sie werden natürlich nicht in der Lage sein, Einfluß auf die Höhe der Finanzierungskosten seitens der Postbeteiligungsholding zu nehmen, denn diesen Einfluß, wie das refinanziert worden ist, haben Sie nicht. Ist es über Barerlag, ist es über Fremdwährung finanziert worden, gibt es da ein Kursrisiko, ja oder nein?

Daher kommt unsere Kritik! Privatisierung ja, aber unter jenen Voraussetzungen, unter welchen Sie Privatisierungen durchführen wollen, fügen Sie unter Umständen dem österreichischen Bundeshaushalt und gerade Ihrem Budget, das Sie zu verantworten haben, einen Schaden in Millionenhöhe zu. Sie wollen jetzt hergehen und sagen, wir verzichten eher auf ein paar hundert Millionen Schilling, aber dafür kürzen wir die Bausparprämien. Das ist keine Vorgangsweise! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

18.47

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Politik ist für die heutige Gesetzesvorlage von manchen Medien heftig gescholten worden, ich muß leider zugeben, zum Teil auch zu Recht! (Abg. Haigermoser: Im wahrsten Sinne des Wortes: gescholten!) Ausgangspunkt ist eine politische Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Verkauf der CA, wonach bis zum Ende des Jahres 1997 der Bundesanteil an der CA, wie es dort heißt, breitgestreut über die Börse verkauft werden soll. Nun hat sich gezeigt, daß es ökonomisch nicht möglich ist, in diesem relativ kurzen Zeitraum dieses doch relativ große


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Aktienpaket bis zu diesem Termin über die Börse zu einem adäquaten Kurs zu verkaufen, weil wir an der Börse in diesem Jahr oder im kommenden Halbjahr noch eine ganze Reihe großer Transaktionen zu erwarten haben, nicht zuletzt etwa auch im Zusammenhang mit der Ersten Österreichischen und der Girozentrale.

Das Klügste wäre nun gewesen, zu sagen: Wir stehen zu der ursprünglichen Vereinbarung, aber der Termin als solcher wird entsprechend angepaßt. Das war – ich sage das hier ganz offen – leider politisch nicht durchsetzbar, sodaß jetzt vereinbart wurde, innerhalb eines bestimmten Termines diese Bundesanteile an der Bank Austria, sofern sie von der Postholding nicht verkauft werden können, einer anderen Holding oder einem anderen Träger zu übertragen, der dann diese Aktien wieder weiterverkaufen muß. Damit sind natürlich Kosten und auch gewisse Risken verbunden, das ist objektiv nicht zu leugnen. Wir haben das auch diskutiert und – ich sage auch das ganz offen – nicht leichten Herzens dann letztlich doch diesen Antrag unterschrieben, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens war es auf diese Weise doch möglich, gewisse Verbesserungen gegenüber der ursprünglichen Fassung zu erreichen, das heißt, eine gewisse größere Flexibilität zu erreichen. Ich möchte hier auch ausdrücklich hervorheben, daß das auch in Kooperation mit Kollegen Stummvoll geschehen ist, der ein wirtschaftsnäheres Denken an den Tag gelegt hat als vielleicht manche andere.

Zum zweiten geht es uns – ich glaube, darum sollte es uns eigentlich allen gehen – darum, daß wir endlich die Bank Austria und damit die österreichische Kreditwirtschaft, damit den österreichischen Kapitalmarkt aus dem tagespolitischen Geschehen herausbringen. Und auch das war für uns ein Grund, daß wir diesem Antrag zugestimmt haben, weil wir glauben, daß es für die gesamte österreichische Wirtschaft schlecht ist, wenn in relativ kurzen Abständen immer wieder politische Diskussionen darüber aufflammen.

Hohes Haus! Ich möchte abschließend noch etwas hinzufügen. Die Tatsache, daß es nicht möglich ist, alle Bank-Austria-Aktien bis zum Ende dieses Jahres durch die Postholding zu verkaufen, und zwar breit gestreut zu verkaufen, sollte nicht ausschließen, daß sich die Postholding bemüht, eben doch soviel als möglich in diesem Zeitraum weiterzugeben, und erst für den Rest, der nicht auf diese Weise verkauft werden kann, soll oder muß der teurere Weg über das zweite Konsortium gewählt werden.

Ich glaube, gerade hier sollte die Chance genutzt werden, die ja jetzt um ein weiteres Quartal 1998 erweitert worden ist, wobei dem Willen des Gesetzgebers durchaus entsprochen wird, wenn es gelingt, in diesem ersten Quartal bindende, feste Vereinbarungen zu treffen. Es muß noch nicht die praktische, technische Durchführung erfolgt sein. Jedenfalls sollten die ersten Bemühungen um einen sinnvollen und breitgestreuten, auf Österreich bezogenen Verkauf weiterhin von der Postholding ausgehen, und, wie gesagt, nur in dem Maß, in dem das eben nicht möglich ist, sollte der heute beschlossene zweite Weg dann zur Geltung kommen.

In diesem Sinn stellt die heutige Vorlage sicherlich nicht die beste Lösung dar, aber es ist eben ein Kompromiß, den wir getroffen haben, und ich habe auch die Gründe erklärt, warum wir zu diesem Kompromiß in dieser jetzigen Form stehen. Ich möchte aber doch hinzufügen, daß ich sehr hoffe, daß wir bald diesen Bereich politisch motivierter Fixierungen hinter uns lassen und gerade in diesem sehr sensiblen Bereich der Geld- und Kreditwirtschaft dann tatsächlich sachbezogen vorgehen können. Ich hoffe, daß wir diesen Weg in Zukunft beschreiten können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Er hat das Wort.

18.52

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es war alles so schön vom Strategen im Hintergrunde, dem ehemaligen Vizebürgermeister Mayr, geplant: Wir bauen rund um die Gemeinde Wien, die immer


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rot sein muß, weil das schon fast eine Gewohnheit ist, einen großen Wirtschaftskonzern, auf den wir dann immer Einfluß haben.

Auf einmal kommen die Dinge in Bewegung, und auf einmal wird das, was man als Machtzentrum entwickelt hat, zur Belastung. Heute sind wir so weit, daß uns der wirklich durch und durch rot in der Wolle gefärbte Professor Nowotny sagt, wir müssen die Bank Austria aus dem tagespolitischen Geschehen herausbringen.

Lieber Professor Nowotny! Haben Sie jetzt endlich kapiert, daß der Staat für eine Bank der allerschlechteste aller möglichen Eigentümer ist?! Denn sobald der Staat der Eigentümer ist, redet die Politik hinein, und genau das ist der Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Nowotny: Nur der Staat ist nicht der Eigentümer von der Bank Austria!)  – Ja, ja, Sie können jetzt lange darüber diskutieren. (Abg. Dr. Nowotny: Das sind die Fakten! Darüber kann man nicht diskutieren! Das sind die Fakten! Ich bitte Sie, die Fakten zu sehen!)

Gut. Ich sehe die Fakten: Der AVZ gehören immer noch an die 40 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Das weiß ich schon, aber das ist der politische Einfluß. (Abg. Dr. Nowotny: Das ist ein Sondervermögen!) Sie wissen doch, was ich meine. – Er will meine Haare spalten. Es sind wenige da, Herr Professor! Da gibt es nichts zu spalten. (Abg. Dr. Nowotny: Deshalb mache ich es lieber nicht! – Abg. Dr. Fekter: Spät dazugelernt, Herr Kollege Peter! Sehr spät!) Wer hat spät dazugelernt, Frau Dr. Fekter? (Abg. Dr. Fekter: Ihr wart dafür, daß dieses Instrument ...!)

Wir waren der Ansicht, daß die Bank Austria genauso in private Hand gehört wie die CA. Die Zusammenführung dieser beiden Institute ist ohne Zweifel ein richtiger Schritt gewesen, aber es sollte sich nicht zu einem sozialdemokratischen neuen Machtzentrum entwickeln, sondern zu einem Wirtschaftskörper, zu einer Bank, die sich in privater wirtschaftlicher Hand befindet, bei der sich der Generaldirektor (Abg. Dr. Nowotny: Österreichisch, bitte nicht vergessen!) nicht pausenlos überlegen muß, warum sich die Politik in sein Geschäft einmischt. Das ist der eigentliche Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht halt immer wieder darum: Dort, wo die Schwarzen Einfluß haben, lassen sie die Finger nicht heraus, und dort, wo die Roten ihn haben, lassen sie die Finger nicht heraus. Lassen Sie die Finger aus der Wirtschaft! Konzentrieren Sie sich darauf, für die Wirtschaft Rahmenbedingungen zu setzen, aber mauscheln Sie nicht immer mit! Das ist das Problem. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dort, wo die Schwarzen die Möglichkeit haben – ein paar Möglichkeiten habt ihr ja noch –, lassen sie die Zügel nicht aus. Vielleicht kann man doch noch jemanden hinsetzen, ein Amt politisch besetzen, und die Roten machen es ganz genauso. Und heute sagt Professor Nowotny, die Bank muß aus dem tagespolitischen Geschehen herausgehalten werden. Sie ist dann herauszuhalten, wenn man sie zum richtigen Zeitpunkt privatisiert, aber nicht unter Zeitdruck. Es ist Unsinn, sie unter Zeitdruck zu privatisieren. (Abg. Dr. Nowotny: Sie soll österreichisch sein! Das ist der entscheidende Punkt!)

Wissen Sie, sie soll europäisch sein. Denn wenn wir einen europäischen Binnenmarkt haben, wenn wir einen europäischen Kapitalmarkt haben, wenn wir eine europäische Wirtschaft haben, wenn wir eine europäische Finanzpolitik haben, dann geht es um europäisches Kapital. Hören Sie doch endlich einmal auf mit Ihren Grenzen, mit Ihren Scheuklappen, die Sie vor dem Hirn haben! (Abg. Dr. Nowotny: Die Scheuklappen sind die Arbeitsplätze für Österreich, die nehme ich sehr gerne!)

Wissen Sie, Kapital hat kein Mascherl, und Arbeitsplätze hat man dann, wenn man einem guten Wirtschaftsstandort gute Erträge anbieten kann. Aber man kann Arbeitsplätze nicht herbeibeten, wie Sie es tun. Arbeitsplätze kann man durch Leistung, durch gute Rahmenbedingungen und einen kompetitiven Wirtschaftsstandort schaffen, aber nicht durch parlamentarische Sprüche. (Abg. Dr. Nowotny: Da haben Sie völlig recht, deshalb habe ich das auch gesagt! Das Argument ist gut geführt, das werden Sie wohl zugeben!)

Wir haben also mit einem Wort eines der skurrilsten Gesetze überhaupt vor uns liegen, das darauf fußt, daß zwei Parteien zusammenarbeiten, die sich gegenseitig offenbar schon so


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mißtrauen, daß sie sich gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen. Sie wollen jetzt ernsthaft ein Unternehmen, ein ökonomisches Unternehmen von immerhin fast einem Fünftel der Anteile an der größten Bank Österreichs im Hinblick auf die Privatisierung unter Zeitdruck stellen und es mit allen möglichen Kautelen versehen. Sie vergessen dabei aber eines: Unter je mehr Kautelen ich Privatisierung stelle, desto schwieriger wird es für den potentiellen Eigentümer, das zu erwerben. Je schneller das gehen muß, desto geringer ist der Preis. Sie vernichten schlicht und ergreifend Volksvermögen. Das heißt, der Erlös des bisherigen Eigentums des Staates wird durch dilettantische Privatisierung geschmälert. Das ist der Punkt, und das ist bedauerlich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wofür wir in Österreich alles Gesetze beschließen, darüber lachen die Ökonomen anderer zivilisierter Staaten nur laut auf und sagen, das gibt es ja gar nicht, was in diesem österreichischen Parlament beschlossen wird. Wir machen uns auf den internationalen Finanzmärkten mit den Gesetzen, die Sie hier vorlegen, lächerlich. Ich weiß schon, daß Herr Stummvoll Sie dazu getrieben und getreten hat. Freiwillig hat er es nicht gemacht. Herr Stummvoll! Geben Sie es doch zu! (Abg. Dr. Stummvoll: Geh bitte!) Ich weiß, daß ein Christ lügen darf, weil Gott auch gütig ist, man schließlich beichten kann, wie uns Frau Klasnic wissen läßt. Aber trotzdem: Das ist doch der Punkt, um den es hier geht. (Abg. Rosemarie Bauer: Getreten, getrieben, was sind das für Formulierungen?)

Frau Bauer! Genauso ist es leider, weil sonst könnte solcher Schwachsinn nicht ins Parlament kommen. Es ist eine Schande, was hier im Parlament beschlossen wird. (Abg. Rosemarie Bauer: Was ist das für ein Vokabular?)

Der zweite Punkt ist das Privatisierungsgesetz. Hier geht es um etwas ganz Ähnliches. Das ist das Gesetz des Mißtrauens zwischen den Koalitionsparteien, die sich eigentlich nicht mehr über den Weg trauen und bei Privatisierungen Einfluß nehmen wollen. Zuerst muß die Bundesregierung zustimmen, dann haben wir einen Abänderungsantrag, die Bundesregierung muß nicht mehr zustimmen, es genügen der Finanzminister und der Wirtschaftsminister, weil die beiden dann schon aufpassen werden. Es ist dies der Weg einer Bundesregierung, die sich gegenseitig nicht traut. Unter diesem Gesichtspunkt staatliches Eigentum zu privatisieren, wird zu schlechteren Erfolgen und schlechteren Erlösen führen.

Sie haben eigentlich ein Instrument in der Hand, die ÖIAG, die sich in den letzten Jahren ganz phantastisch bewährt hat. Ich hoffe, sie wird dadurch in ihrer Wirksamkeit nicht eingeschränkt werden. Der Verkauf von Saline hat funktioniert, von Tabak Austria soll auch funktionieren. Ich hoffe, das Gesetz wird sich nicht zu negativ darauf auswirken.

Wenige Bemerkungen zum Nullkuponfondsgesetz. Dem Herrn Finanzminister ist heute bei seinen Budgetproblemen um vieles leichter geworden. Zuerst hat er die ASFINAG ausgegliedert, jetzt kommt der zweite Teil der kreativen Buchhaltung. Ich weiß, die EU schreibt es Ihnen vor, Sie tun es ja so gerne, weil es Ihnen die EU vorschreibt. (Bundesminister Edlinger: Das ist ja kein Nachteil! Besser als Steuern erhöhen!) Nein, nein, das sage ich ja auch nicht.

Ich halte nur den Weg zur Kameralistik weg von einer nachvollziehbaren staatlichen Ertragsrechnung und Erfolgsrechnung für bedauerlich. Es ist eine EU-Vorschrift, der wir uns durch Harmonisierung beugen müssen, weil sonst die Werte innerhalb der Staaten nicht vergleichbar sind. Ich werde diesem Punkt zustimmen und die anderen Punkte mit wirklichem Bedauern ablehnen – mit dem Bedauern, daß so etwas überhaupt ins österreichische Parlament kommen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Er hat das Wort für 8 Minuten.

19.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Kürze drei Punkte: Der erste Punkt zu meinem Vorredner, Herrn Kollegen Peter.


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Herr Kollege Peter! Sie wissen, daß ich Sie als erfolgreichen und tüchtigen Hotelier überaus schätze. Ich gebe gerne zu, auch als Politiker haben Sie schon bessere Reden gehalten als die jetzige. Ich möchte nur auf einen Punkt im Sinne der historischen Wahrheit der letzten Monate eingehen.

Sie und das Liberale Forum haben hier in diesem Hohen Haus noch im Jänner zugestimmt, daß die teilverstaatlichte größte Bank des Landes die teilverstaatlichte zweitgrößte Bank des Landes kauft. (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Heute aber gehen Sie hier her und erklären locker: Na klar, wenn der Staat irgendwo Eigentümer ist, ist das Verpolitisierung. – Sie haben mit Ihrer Stimme im Jänner dazu beigetragen, daß es zu dieser Machtzusammenballung kommt, Herr Kollege Peter! (Beifall bei der ÖVP.)

Es war wirklich ein beachtlicher Salto, den Sie heute hier geschlagen haben, aber noch einmal (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter ): Ich respektiere Sie als erfolgreichen Hotelier, und als Politiker wünsche ich Ihnen, daß Ihre nächsten Reden wieder besser werden. Sie haben schon bessere Reden hier gehalten. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Ich stimme mit meinem Kollegen Nowotny und Ihnen – da sind wir wieder einer Meinung, Herr Kollege Peter, nur haben Sie halt im Jänner anders gehandelt, und das müssen Sie sich vorhalten lassen – darin überein, daß die heutige Beschlußfassung ein wichtiger Schritt dafür ist, die größte Bank des Landes aus den negativen politischen Schlagzeilen herauszubringen. Denn es ist durchaus richtig: Sobald der Staat Eigentümer ist, stellt sich die Frage, wer die Eigentümerrechte des Staates ausübt, und die Gefahr der Verpolitisierung ist dann natürlich ständig immanent. (Abg. Dr. Nowotny: Muß es nicht, aber wenn man es will! Verantwortungsvolle Politik macht es nicht!)  – Es muß nicht sein, aber es ist immanent, Herr Kollege Nowotny.

Daher bin ich froh darüber, daß die größte Bank des Landes mit diesem Schritt, den wir heute setzen, dieser Zielsetzung, heraus aus den politischen Schlagzeilen, ein Stück näher rückt. Das ist auch für den gesamten Geld- und Kreditapparat in Österreich ein sehr wichtiger Schritt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zur Konstruktion selbst: Ich gebe gerne zu, daß die ordnungspolitischen Zielsetzungen, die wir mit diesem Gesetz verfolgt haben – erstens: Privatisierung; zweitens: zu einem bestimmten Zeitpunkt, da es bereits im Koalitionspakt, im CA-Pakt stand und im März 1988 die halbe Legislaturperiode um ist, besteht Zeitdruck, das gebe ich gerne zu; drittens: zu einem bestimmten Mindestpreis; viertens: mit der Auflage einer möglichst breiten Streuung an der Börse; fünftens: mit möglichst viel Ertrag für den Bund –, fast die Quadratur des Kreises sind. Es wäre auch der Post-Holding – das ist der entscheidende Punkt – nicht möglich gewesen, diese fünf Punkte tatsächlich zu erfüllen, Mindestpreis, Zeitpunkt und und und. Daher haben wir diese Konstruktion wählen müssen, ein Zwei-Phasen-Modell.

Die Post-Holding – ich glaube, das ist realistisch – kann das Ziel erfüllen, bis Ende des Jahres oder, wenn die Bundesregierung zustimmt, bis Ende März zu einem bestimmten Kaufpreis ein Konsortium oder ein Geld- und Kreditinstitut zu finden, das das Aktienpaket übernimmt. Dieser Übernehmer ist dann in der zweiten Phase aufgerufen – dafür gibt es keine zeitliche Befristung –, für eine möglichst breite Streuung an der Börse zu sorgen, natürlich auch unter Beobachtung des Marktes; daher dieses Zwei-Phasen-Modell.

Das ist durchaus richtig. Aber ich gebe gerne zu, daß die Einschaltung eines Konsortiums oder eines Geld- und Kreditinstitutes, das diese Funktion übernimmt, selbstverständlich etwas kostet. In der Wirtschaft übernimmt niemand eine Funktion, ohne sich diese Funktion zahlen zu lassen. Aber mir ist lieber, Herr Kollege Peter, wir bezahlen für diese Funktion und erreichen dafür die fünf Ziele, die ich vorhin genannt habe, nämlich Privatisierung zu einem konkreten Termin und einem möglichst hohen Preis, ein Mindestpreis für die Post-Holding, eine möglichst breite Streuung an der Börse und einen hohen Ertrag für den Bund, der allenfalls sogar an den Bund rückzuerstatten ist.


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80. Sitzung / Seite 134

Das, meine Damen und Herren, war der Sinn dieser Konstruktion. (Abg. Böhacker: Also die Quadratur des Preises! – Abg. Ing. Trattner: Das glauben Sie doch selbst nicht mehr!) Das ist eine Vorgangsweise, die in der Wirtschaft, im Geld- und Kreditwesen durchaus üblich ist, Herr Kollege! Schauen Sie sich ein bißchen um! Wenn Sie die genannten Zielsetzungen erreichen wollen, müssen Sie eine Konstruktion wie diese wählen. Im Grunde gab es zu dieser Konstruktion keine Alternative, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muß so realistisch sein, das anzuerkennen.

Aber noch einmal: Der große Fortschritt besteht heute darin – und davon bin ich überzeugt –, daß wir die größte Bank des Landes und damit unser gesamtes Geld- und Kreditwesen immer mehr aus der politischen Tagesdiskussion herausbringen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

19.05

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Stummvoll! Wie sich schon im Ausschuß angekündigt hat, bin ich heute einmal absolut nicht Ihrer Meinung. Wir haben hier drei Vorlagen – zwei Initiativanträge, eine Regierungsvorlage –, von denen wir eine so dringend wie einen Kropf brauchen – das ist jene betreffend den Verkauf der Bank Austria –, eine Vorlage geht in Ordnung – das ist das Nullkuponfondsgesetz –, und die dritte segelt unter einem falschen Namen: Statt Privatisierungsgesetz sollte man es "Absurditätsgesetz" oder so ähnlich nennen; ich komme dann noch darauf zurück. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was die Bank Austria betrifft – um es kurz zu machen, es sind ja schon viele Argumente gefallen –: Ich denke, die Frist ist unsinnig, egal, ob das der 31. 12. oder der 31. März ist, das ändert daran wenig.

Zweitens: Die Vergabe an ein Konsortium bewirkt nichts außer Kosten. Wir haben schon ein Special-purpose-Vehikel, wie es der damalige Finanzminister und jetzige Bundeskanzler Klima genannt hat: die Post-Holding. Alles, was dieses Konsortium machen kann, kann die Post-Holding auch. Sie ist personell identisch mit der ÖIAG-Gesellschaft, die derartige Transaktionen oft genug zufriedenstellend über die Bühne gebracht hat. Wir brauchen das Konsortium nicht. Dieser Teil läuft auf ein Investmentbank-Förderungsgesetz hinaus, und wir werden mit Sorgfalt beobachten, ob das Konsortium ein aus Rot und Schwarz zusammengesetztes sein wird. (Abg. Mag. Peter: Davon gehe ich aus!)  – Ich gehe davon aus, daß es rot-schwarz zusammengesetzt sein wird, ja. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. )

Drittens: Ich kann mich nur wundern, daß das Ziel der Privatisierung für sich so wichtig genommen wird und daß völlig Wurscht ist, an wen dieses Konsortium verkaufen wird. Mir persönlich ist nicht gleichgültig, wer der Eigentümer oder die Eigentümer an der größten Bank Österreichs schließlich sein werden.

Speziell die Haltung der ÖVP ist mir in diesem Zusammenhang völlig unverständlich. Eben noch haben Sie mit Recht – ich betone: mit Recht – die undurchsichtige Eigentümerstruktur der Bank Austria beklagt, nämlich die AVZ – eine Struktur, die dem Aktienrecht im wesentlichen hohnspricht.

Eben noch haben Sie das Vorkaufsrecht der Westdeutschen Landesbank beklagt. Eben noch haben Sie die Machtfülle des Generaldirektors Randa beklagt und sogar dessen Rücktritt verlangt – Sie, die ÖVP, nicht die Grünen oder sonst irgend jemand. Und jetzt nehmen Sie in Kauf, daß durch eine breite Privatisierung über die Börse selbstverständlich das geschieht, was immer bei Publikumsgesellschaften geschieht, nämlich daß der Vorstand des Unternehmens mehr Macht hat als zuvor, als er mit Kernaktionären konfrontiert war. Ich finde, Sie verzichten leichtfertig auf den letzten klaren Eigentümer, den die Bank Austria noch hat. Das ist halt, wenn Sie es aus liberaler Sicht so wollen, leider der Bund. Ich persönlich verzichte auf "leider". Ich


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sage, das ist der letzte klare Eigentümer, den die Bank Austria noch hat, und den möchte ich behalten, solang die AVZ-Struktur so unklar ist, wie sie es derzeit ist. (Beifall bei den Grünen.)

Richtig wäre es daher, dieses Gesetz, das heute vorliegt, ersatzlos zu streichen und alle Anstrengungen auf die Bereinigung der AVZ-Struktur zu richten. Ich weiß schon, das ist sehr kompliziert. Es ist rechtlich in keiner Weise klar, wie das überhaupt geregelt werden soll. Das dauert, aber dorthin sollten die Anstrengungen gerichtet werden – Stichwort: politische Besetzung des Sparkassen-Rates, Stichwort: Identität zwischen Bank-Austria-Vorstand und AVZ-Vorstand, Stichwort: Vetorechte des Betriebsrats und schließlich natürlich, wie und vor allem an wen diese Anteile dann verkauft werden sollen.

Ich hätte mir gedacht, daß all das doch Themen sind, die Sozialdemokraten doch im Grunde ihres Herzens berühren. Wegen dieser leidigen Vereinbarung vom Jänner 1997 haben sie halt schweren Herzens und zähneknirschend zugestimmt, wobei ich sagen muß: Ich kann mir vorstellen, wie solche Verhandlungen ablaufen und damals im Jänner abgelaufen sind. Da sitzt man bis fünf Uhr früh und ist heilfroh, wenn man irgend etwas zustande bringt, und dann wird die Unterschrift druntergesetzt. Aber mittlerweile sind fünf Monate vergangen, und in diesen hätte man gescheiter werden können. (Abg. Dr. Stummvoll: Würden Sie Vereinbarungen nicht einhalten?)  – Schon. Aber man kann einvernehmlich gescheiter werden – einvernehmlich. Sie haben darauf beharrt, daß dieser Unsinn durchgezogen wird.

Zweitens: Die Änderung des Nullkuponfondsgesetzes geht in Ordnung.

Drittens: Privatisierungsgesetz – das ist noch viel schlimmer als das Bank-Austria-Gesetz. Dieses Privatisierungsgesetz ist wirklich einmalig. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß in diesem Hause schon ein Gesetz vorgelegen wäre, das bar jedes materiellen Inhalts ist. Dieses Gesetz hat überhaupt kein materielles Substrat. Es würde mich interessieren, was unsere Präsidenten dazu sagen, ob so etwas überhaupt eine Gesetzesmaterie sein kann.

Es handelt sich ausschließlich um Verfahrensvorschriften, wenn Sie so wollen, um eine Art Geschäftsordnung, die sich die Bundesregierung gibt. Bitte, soll sie sich diese Geschäftsordnung geben, aber warum die kostbare Zeit der Abgeordneten damit verschwenden? Es hindert sie ja niemand daran, nach solchen Prinzipien zu verfahren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. ) Warum brauchen wir dazu ein Gesetz? – Ich möchte das jetzt nicht im Detail ausführen, aber nett ist es schon, wie man sich in Zukunft Politik vorstellt.

Zum Beispiel im Artikel III betreffend die Post. Zuerst muß der Vorstand ein Privatisierungskonzept erstellen, dann muß er seinen Aufsichtsrat damit befassen, na sicher, dann, so möchte man meinen, geht er damit in die Generalversammlung – weit gefehlt. Vorher muß der Finanzminister die Zustimmung der Bundesregierung zu diesem Konzept einholen, dann kann er damit in die Generalversammlung gehen. Die Generalversammlung ist ja niemand anderer als der Finanzminister selbst – in diesem Fall, nicht so in anderen Fällen. In anderen Fällen ist die Generalversammlung nämlich anders zusammengesetzt.

Bevor dann schließlich der Zuschlag an einen Bieter erfolgt, sofern es nicht über die Börse erfolgt, muß wieder die Bundesregierung zustimmen. So stand es im alten Gesetz, aber das ist im Zuge der "Flexibilität" rechtzeitig geändert worden. Jetzt ist dafür wieder nur die Generalversammlung zuständig, die sich in diesem Fall aber aus Finanzminister und Wirtschaftsminister zusammensetzt. Gnade uns Gott, wenn diese beiden Minister eines Tages nicht gerade rot und schwarz sein sollten, denn dann müßten wir nämlich dieses Geschäftsordnungsgesetz wieder ändern.

Wenn Sie das schon unbedingt beschließen wollen, dann würde ich der Ehrlichkeit halber vorschlagen, dieses Gesetz anders zu nennen. Statt "Privatisierungsgesetz" – die Auswahl stelle ich Ihnen frei, ich verzichte auch auf einen formalen Antrag in dieser Angelegenheit – würde mir beispielsweise "Selbstblockadegesetz" gefallen, Selbstblockade nämlich zwischen SPÖ und ÖVP. Gefallen würde mir auch "Politikverhinderungsgesetz". Schön wäre auch "Je-länger-etwas-braucht,-desto-besser-ist-es-Gesetz"; eine Kurzformel dafür zu finden, überlasse ich Ihnen.


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Dann ist mir noch etwas eingefallen, was auch sehr zutreffend wäre: Gesetz über die Beschwichtigung der Wut und Selbstanklage der ÖVP, den Finanzminister zur Veräußerung der CA ermächtigt zu haben. – Da wir alle wissen, daß solche Titel zu lang sind, bekommt dieses Gesetz eine Kurzbezeichnung, und diese ist "Wut- und Selbstanklagegesetz", denn das ist ja der Hintergrund des Ganzen. (Beifall und Heiterkeit bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Schließlich wäre das, was Kollege Peter schon angedeutet hat, auch ausgezeichnet: nämlich "Mißtrauensdeklarationsgesetz", denn das ist der Hintergrund – das Einander-Mißtrauen der Regierungsparteien, der Regierungspartner, die daher nicht darauf verzichten können, sich vom Nationalrat eine gesetzliche Basis für ihre Verfahrensvorschriften geben zu lassen.

Verehrte Kollegen! Im Grunde genommen halte ich es für einen Mißbrauch des Parlaments, das Parlament mit derartigen Geschäftsordnungsfragen innerhalb der Bundesregierung zu befassen. Denn wenn das Schule macht, daß man jetzt sozusagen wegen jeder Eierspeis ein Gesetz einbringt, mit dem sich die Abgeordneten befassen müssen, nämlich damit, wann wer wie warum zustimmen muß und wie viele, dann hört sich der Spaß auf! Dann würde die Absurdität, das Absurde dieses sogenannten Privatisierungsgesetzes sofort klar werden.

Deswegen mein letzter Vorschlag für einen Titel für dieses Gesetz: "Bundesgesetz über die Befassung des Nationalrates mit Absurditäten (Absurditätsgesetz)". – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

19.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.15

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf das Privatisierungsgesetz. Alternative Titel sind jetzt mehrere vorgeschlagen worden, aber wie immer man auch dieses Gesetz nennen möge: In der Tat geht es darum, ein Verfahren festzulegen; ein Verfahren, wie Privatisierung in dieser Bundesregierung und im Zusammenspiel mit dem Nationalrat abgewickelt werden soll. Man wird damit weder Privatisierungen erzwingen können, noch wird man mit diesem Gesetz Privatisierungen verhindern können. Es ist das eben ein Gesetz, das ein Verfahren festlegt.

Wenn wir nun ein Gesetz beschließen, das ein Verfahren für diese Privatisierung exakt definiert, so sollte das für uns auch Anlaß sein, über die Ziele dieser Privatisierung und möglicherweise auch über die Ziele und unsere Vorstellungen betreffend die Eigentumsstruktur der österreichischen Wirtschaft und der österreichischen Industrie und Bankenlandschaft zu diskutieren.

Wir sollten einmal festhalten, daß wir darüber hinweg sind, daß Privatisierung immer gut oder immer schlecht ist. Herr Abgeordneter Peter – er hat dann den Saal verlassen – ist offensichtlich noch nicht darüber hinweg, er ist eigentlich derjenige, der die Scheuklappen auf hat. Denn er ist der Meinung, Privatisierung sei immer gut, und sieht überhaupt nicht ein, daß öffentliches Eigentum in vielen Fällen – das zeigen auch ausländische Beispiele – sehr nützlich sein kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gredler: Warum privatisieren Sie dann? – Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. ) – Ich werde das jetzt ausführen.

Ich glaube, unsere Wirtschaft braucht eine Eigentumsstruktur, die prinzipiell auch das Eigentum – egal, ob privat oder öffentlich – kennt, das langfristige Interessen wahrnimmt, denn es kann nicht so sein, daß wir nur eine Unternehmenssteuerung von Kleinaktionären und Kleinstaktionären, von Streubesitz, von Investmentfonds und Pensionskassen haben. Das würde dazu führen, daß ausschließlich kurzfristige Interessen zum Tragen kommen. Wir brauchen den strategisch denkenden Unternehmer – egal, ob privat oder öffentlich –, der langfristige Interessen wahrnimmt. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Im nächsten Schritt – hören Sie doch zu, ich versuche, das schön langsam zu entwickeln – müssen wir, wenn wir eine solche Unternehmerfunktion wollen, sagen: Es ist sinnvoll und besser, wenn diese Unternehmerfunktion im Inland wahrgenommen wird. Denn wir wissen aus


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Untersuchungen, daß wertschöpfungsintensive Unternehmensteile mit hoher Entscheidungs- und hoher Investitionsverantwortung meistens in jenen Ländern zu finden sind, in denen auch der Mutterkonzern sitzt, und daß damit auch viele Zulieferungen, industrielle Dienstleistungen, Rechtsanwaltsleistungen, Wirtschaftsprüferleistungen et cetera verbunden sind.

Letztlich sollten wir auch erkennen, daß es nicht nur darum geht, strategisches Eigentum zu haben, daß es nicht nur darum geht, daß strategisches Eigentum teilweise in genügendem Umfang auch im Inland ansässig ist, sondern daß es auch darum geht, daß dieses strategische Eigentum in manchen Fällen von der öffentlichen Hand wahrgenommen wird. Ich nenne in diesem Zusammenhang die Energiewirtschaft, Infrastrukturfirmen, Banken, den Telekom-Bereich und andere wichtige Industriebereiche.

Wenn wir das so erkennen, müssen wir fragen, welches Instrument wir einsetzen, damit wir auch zu dieser strategischen Eigentumsbildung kommen, und wie die öffentliche Hand dazu kommt. Ich nenne in dieser Diskussion kurz zwei Beispiele.

Wir sollten bei der Diskussion um die ÖIAG mehr und mehr davon ausgehen, daß die ÖIAG nicht nur eine Privatisierungs- und Finanz-Holding ist, sondern immer mehr auch eine Beteiligungsgesellschaft wird, die längerfristige Eigentumsinteressen wahrnimmt, insbesondere an wichtigen Industriekonzernen, die sie jetzt schon innehat, wie die VA-Tech, VA-Stahl, OMV, Böhler-Uddeholm.

Wir sollten uns auch überlegen, ob nicht etwa, dem deutschen Beispiel folgend, Bundesländer mit ihren Instrumentarien, über Hypos, über andere Gesellschaften, die in den Bundesländern beheimatet sind, auch strategisches Eigentum an manchen Industriebetrieben der Länder wahrnehmen können.

Ich gehe also in meiner Konzeption davon aus, daß es nicht ein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-Als-auch gibt.

Selbstverständlich wollen wir neben dem strategischen Eigentum auch immer mehr Risikokapital über Streubesitz, Investmentfonds, Pensionsfonds und dergleichen in die Wirtschaft bringen. Aber es ergänzt sich auch: Je mehr Risikokapital von Kleinstanlegern sich in der Wirtschaft befindet, umso weniger groß müßten auch die Anteile jener sein, die strategisches Eigentum wahrnehmen wollen.

Letztlich sollten wir auch lernen, darüber zu diskutieren, inwieweit wir Modelle der Mitarbeiterbeteiligung, bei denen eben Mitarbeiter am Eigentum der Firma beteiligt werden und auch insofern strategisch mitwirken können, als Instrumentarium mehr als bisher einsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich beziehe mich nun noch einmal auf das Gesetz bezüglich der Veräußerung von Aktien der Bank Austria. Es ist für mich schwer einsichtig, daß es im Interesse der Erzielung eines maximalen Kauferlöses denkbar ist, daß man eine sehr knappe Frist setzt, und daß diese sehr knappe Frist sinnvoll ist. Ich gehe aber von folgendem aus: Wenn wir schon eine Frist mit Ende des ersten Quartals 1998 setzen, so kann das doch nur bedeuten, daß dieser Verkauf verbindlich in die Wege geleitet ist, daß er aber weder formal noch technisch fertig abgewickelt sein muß.

Abschließend möchte ich folgendes sagen: Wir brauchen ein Nebeneinander von großen Anteilseignern, die langfristig strategisches Eigentum wahrnehmen, die sowohl öffentlich als auch privat sein können, und Anteilseignern, die sehr kurzfristige Interessen wahrnehmen, die über Streubesitz verfügen, die Investmentfonds einkaufen oder sich an Pensionskassen beteiligen, und einem dritten Modell, das bei uns sicher noch in den Kinderschuhen steckt, nämlich der Mitarbeiterbeteiligung.

Voraussetzung für diese Diskussion ist, daß wir keine Scheuklappen haben, daß wir wegkommen von der Ideologie: Privat ist immer gut, öffentlich ist immer schlecht. Manche in diesem Hohen Haus stecken aber noch sehr tief in dieser Ideologie, weil sie meinen – wie zum Beispiel der Abgeordnete Peter –, privat sei immer gut, öffentlich sei immer schlecht. So ist es nicht. Wir


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sollten an die Lösung dieser Fragen sehr offen, sehr objektiv und vor allem ohne Scheuklappen herangehen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.22

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der "Kurier" titelt in seiner Ausgabe vom 6. Juli 1997, und zwar auf Seite 2: "Regierung ist säumig beim Umsetzen von EU-Recht. Exakt 153 EU-Richtlinien und Verordnungen muß diese Regierung noch in innerstaatliches Recht umsetzen. Darüber hinaus sind in 17 Fällen Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen die Republik Österreich anhängig."

Der Hinweis auf diese Meldung soll nicht bedeuten, daß ich einem blinden vorauseilenden Gehorsam bei der Umsetzung von EU-Richtlinien das Wort rede – ganz im Gegenteil. Aber, meine Damen und Herren, es ist schon irgendwie bemerkenswert, wenn einerseits die österreichische Bundesregierung in der Umsetzung säumig ist, andererseits aber, wenn die EU ein Feigenblatt für Maßnahmen der "kreativen Buchhaltung", der Budgetschönung, der Verlagerung von Budgetausgaben auf Folgejahre liefert, eine verdächtige Eile an den Tag legt. Da schließt sich der Kreis zu einer Thematik, die wir heute behandeln, nämlich zur Novelle des Nullkuponfondsgesetzes. Am 13. Dezember 1985 wurde unter Franz Vranitzky ein Bundesgesetz beschlossen, und zwar aus finanzpolitischen Gründen, mit dem Inhalt, daß die jährlich anfallenden Zinsen für die sogenannten Nullkupon-Finanzschulden aus dem Budget dotiert und einem Fonds zugemittelt werden. Dieser Fonds wiederum hat diese Beträge bestmöglich veranlagt – mit dem Ergebnis, daß nicht nur die für den Staat anfallenden Zinsen erwirtschaftet, sondern darüber hinaus sogar noch Mehrerträge lukriert werden konnten. Das ist ein absolut positiver Ansatz, entspricht dem Prinzip der periodenreinen Abgrenzung und der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes.

Nun sagt EUROSTAT, daß hiebei eine andere Vorgangsweise zu wählen wäre. Wiederum mit verdächtiger Eile geht die Bundesregierung daran, dieses Nullkuponfondsgesetz zu novellieren und die in diesem Fonds liegenden Mittel aufzulösen. Der Herr Finanzminister hat uns erklärt, daß es derzeit 5,7 Milliarden Schilling sind, wovon 2,4 Milliarden im Jahr 1998 dem Budget zufließen sollen. (Bundesminister Edlinger: 1997!) Entschuldigung, 1997.

Herr Bundesminister! Können Sie uns hier vielleicht erklären, wohin der restliche Betrag zwischen 5,7 Milliarden und 2,4 Milliarden kommt? (Abg. Auer: 1998 ins Budget!) Oder wird dieser Betrag für die im Jahr 1998 fällig werdende Nullkupon-Anleihe verwendet werden? (Abg. Auer: Hättest aufgepaßt! Das ist ganz legal!)

Herr Kollege! Ich komme noch einmal darauf zurück: Es ist verdächtig. Überall dort, wo sich nur ein kleiner Ansatzpunkt dafür ergibt, "kreative Buchführung" und Budgetschönung zu betreiben, werden diese Bundesregierung und die Parlamentsfraktionen der Regierungsparteien tätig. Das ist ja kein Einzelfall. Ich erinnere etwa an den 13. Umsatzsteuertermin, der willkürlich eingeführt wurde, an die Sondervorauszahlungen für den IFB, der künftige Budgets belastet, an den 5prozentigen Sonderzuschlag bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer – wieder ein Vorgriff auf künftige Budgets – und – jüngsten Datums – an die Diskussion im Zusammenhang mit den Bausparprämien.

Herr Finanzminister! Ich muß sagen: Sie haben das taktisch hervorragend gemacht. Sie haben eine starke Reduzierung der Bausparprämie in den Raum gestellt, mit dem Ergebnis, daß es österreichweit zu großem Protest gekommen ist. Danach haben Sie ein bißchen etwas von dieser Maßnahme zurückgenommen, haben aber mit den Bausparkassen ausverhandelt, daß es zu einer Verschiebung des Fälligkeitstermines der Bausparprämie kommt. Das heißt, Sie zahlen 1,8 Milliarden Schilling an Bausparprämie aus dem Jahre 1997 erst im Februar 1998. Auf diese Art und Weise haben Sie das Budget 1997, was sich auf das Jahr 1998 auswirken wird,


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wiederum geschönt. Und Sie greifen immer weiter vor. Aber irgendwann, Herr Bundesminister, wird auch Sie die Wahrheit einholen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man könnte diese Liste beliebig fortsetzen: Sistierung der Freibetragsbescheide, Abzugsverbot für Verlustvorträge in den Jahren 1996 und 1997 – all das sind nur Verschiebungen, um das Budget 1997 zu retten.

Herr Bundesminister Edlinger! Mit dieser Art der "kreativen Buchführung", mit diesen Budgettricks werden Sie den österreichischen Bundeshaushalt nie nachhaltig sanieren können. Ganz im Gegenteil: Sie werden zukünftige Generationen belasten – mit dem Ergebnis, daß es zu weiteren Belastungspaketen kommen wird.

Auch wenn Sie heute hier in einem Zwischenruf erklärt haben, Sie lösten lieber den Nullkuponfonds auf, als Steuern zu erhöhen, muß ich Ihnen sagen: Sie sind ja drauf und dran, immer wieder Steuern, Abgaben und Gebühren zu erhöhen. Tun Sie doch nicht so, als ob die Erhöhung der Stempelgebühren von 120 S auf 180 S keine Gebührenerhöhung wäre! Sie führen die österreichische Bevölkerung in die Irre. Wir Freiheitlichen werden weder dieser Vorgangsweise noch der Novelle zum Nullkuponfondsgesetz unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Höchtl gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.29

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man sieht an der Besetzung des Nationalrats-Sitzungssaales, daß derzeit wichtige Fernsehnachrichten laufen. In Anbetracht dessen möchte ich versuchen, die Diskussion nicht nur über den Inhalt dieser Gesetzesvorlagen zu führen, sondern einen Aspekt herausgreifen, der meines Erachtens die Grundlage der Weiterentwicklung unseres gesamten Finanzmarktes, unseres Privatisierungskapitals darstellt.

Wir konnten in den letzten Tagen lesen beziehungsweise haben auch einige Äußerungen dahin gehend gehört, daß eine Quasiüberfrachtung unseres Marktes vorhanden wäre, wenn wir nun einerseits Erste und Giro auf den Börsenmarkt brächten, andererseits die Bank Austria beziehungsweise deren Bundesanteile und die ATW. Fragen wir uns aber eigentlich auch, warum das möglicherweise eine Überfrachtung bedeuten könnte? Haben wir nicht in der Vergangenheit manches unterlassen, was eine Belebung des Marktes hätte darstellen können?

Ich möchte hiezu einige Gedanken bringen, weil Kollege Kaufmann diese Diskussion begonnen hat; eine parlamentarische Debatte soll ja ein Eingehen auf Argumente sein.

Wenn wir im Jahre 1984 rund 1500 Milliarden Schilling an Geldvermögen in Österreich hatten und sich dieses in etwas mehr als einem Jahrzehnt auf über 3500/3600 Milliarden Schilling erhöht hat, so ist das eine enorme Steigerung; insgesamt gesehen ist das wirklich ein beachtliches Vermögen.

Was andererseits allerdings jenen Markt anlangt, der mit Emissionen an der Börse notiert, ist das Vermögen im Vergleich zu verschiedenen internationalen Entwicklungen sehr gering. Ich stelle daher die These auf, daß es ohne weiteres möglich wäre, daß man, wenn eine Belebung dieses Marktes stattfände und wenn man größtes Interesse daran hätte, im Jahr rund 50 Milliarden Schilling an derartigem Risikokapital an der Börse plazieren könnte.

Das bedeutet, daß zwei wesentliche Aspekte zu forcieren sind: einerseits der direkte Aspekt, das ist das Interesse des einzelnen Haushalts, der Einzelperson am Aktienerwerb, weil wir auch als Mitglied der Europäischen Union einen riesigen Aufholbedarf haben. Derzeit besitzen 4 bis 5 Prozent aller österreichischen Haushalte Aktien, während in der EU rund 18 Prozent der Haushalte Aktien besitzen. (Abg. Böhacker: Warum ist das so?)


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Ich sage ja: Es ist das ein total unterentwickelter Bereich; es wurde diesbezüglich keine Bewußtseinsbildung vorgenommen. Deswegen ist es ja eine Möglichkeit, gemeinsam in diese Richtung zu arbeiten. Es wäre eine große Chance, wenn wir diesbezüglich in den nächsten Jahren halbwegs an den EU-Durchschnitt herankommen könnten.

Der zweite Aspekt ist die bereits angeschnittene Mitarbeiterbeteiligung. In Österreich sind rund 1,5 Prozent aller Arbeitnehmer an der Substanz jener Unternehmungen beteiligt, in denen sie tätig sind. Beispiele aus Frankreich, Großbritannien, aber auch aus der Bundesrepublik Deutschland zeigen, daß wir diesbezüglich enorm großen Nachholbedarf haben. Das heißt – um meine Redezeit einzuhalten –, wenn wir uns gemeinsam entschließen, diese Bewußtseinsbildung in Richtung eines Ja zu einer breiten Streuung des Eigentums, eines Ja zum Aktienbesitz, eines Ja zur Beteiligung des einzelnen Mitarbeiters an der Substanz des Unternehmens vorzunehmen, dann werden wir nicht in die Verlegenheit kommen, zu viele Plazierungen von größeren österreichischen, aber auch kleineren Unternehmungen an der Börse vorzunehmen.

Meiner Ansicht nach ist das der Auftrag, den wir aufgrund der Diskussion, die im Zusammenhang mit diesen Gesetzesvorlagen stattgefunden hat, übernehmen sollten. Das bedeutet: Ein Ja dazu, vielleicht auch eine "Vision eines Volkes von Eigentümern" zu verwirklichen. Das sollten wir als Lehre, als Konsequenz aus der Diskussion der letzten Tage ziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich Frau Abgeordnete Dr. Gredler gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.34

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das, was ich das letzte Mal als Erfahrung aus dem Finanzausschuß mitnehmen konnte, ist wirklich interessant. Normalerweise bin ich ja nicht in diesem Ausschuß, aber ich war ein klein wenig neugierig gemacht worden, wie es hinsichtlich der Übereinstimmung der Koalitionsparteien steht.

Zuerst möchte ich aber Herrn Mag. Kaufmann antworten. Er hat in seiner Rede sozusagen einen Gegensatz aufgebaut in dem Sinne, daß langfristige Interessen von der öffentlichen Hand gewahrt werden, von Privaten hingegen eher kurzfristige Interessen. (Abg. Mag. Kaufmann: Das habe ich nicht gesagt!) Ich muß sagen: Jene Unternehmer, die ich kenne, haben alle langfristig orientierte Visionen, und zwar schon allein deswegen, weil sie ja ihr Unternehmen behalten wollen. Es ist eine Unterstellung, zu sagen, daß das Geld bei Unternehmen wesentlich unsicherer und bei der öffentlichen Hand wesentlich sicherer sei. (Abg. Mag. Kaufmann: Das habe ich aber auch nicht gesagt!) Ich nehme an, daß Sie den Weg der verstaatlichten Industrie genau verfolgt und wohl auch gemerkt haben, welche Schlüsse die öffentliche Hand daraus zu ziehen hat.

Es geht bei dieser Gesetzesvorlage, bei der Veräußerung der Bank-Austria-Aktien, eigentlich um einiges Verwunderliches. Man möchte versuchen, innerhalb sehr kurzer Zeit sehr viele Aktien loszuwerden, was selbstverständlich zu einer Überschwemmung beziehungsweise zu einer Überforderung der Börse führen wird, weil die Wiener Börse nicht in der Lage ist, solche Volumina korrekt abzuwickeln, beziehungsweise sie ja ein klein wenig im Tiefschlaf liegt.

Ich möchte an dieser Stelle einen Artikel von Reinhard Göllweil zitieren, der heute zu lesen war, einen Artikel, in dem er folgendes Beispiel bringt:

Die ÖIAG-Privatisierungen zeigten, daß die Aufnahmefähigkeit von Aktionären bei etwa zwei bis drei Milliarden pro Unternehmen lag. Der überwiegende Rest wurde im Ausland plaziert. – Zitatende.

Es ist das also, wenn man die Streuung in Österreich als Ziel hat, ein wenig zu viel, wenn nicht sogar ein Übermaß, das angeboten wird.


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Gleichzeitig aber ließen uns die Erste und die Giro wissen, daß auch sie zu diesem Zeitpunkt an die Börse wollen. – Ein Emissionsvolumen von zwei Banken im Ausmaß von 20 Milliarden Schilling hätte desaströse Auswirkungen. – So der Autor Göllweil.

Ich muß schon sagen: Wenn Sie mit Ende des Jahres terminisieren beziehungsweise noch eine Verlängerungsfrist von drei Monaten – mit Zustimmung der Bundesregierung – einräumen, dann erreichen Sie gar nichts. Sie erreichen weder, daß es zu einer Streuung kommt, noch daß man Kursschwankungen berücksichtigen kann, um behutsam vorzugehen, um ein Maximum des Erlöses zu lukrieren. Noch dazu verursachen Sie dadurch, daß man jemand anderen plazieren läßt, Plazierungskosten, und zwar sind solche im Ausmaß von 600 Millionen Schilling errechnet worden. Herr Bundesminister! 600 Millionen Schilling – diese Größenordnung ist nicht ganz uninteressant – gehen Ihnen dadurch bei dieser Gelegenheit auch durch die Lappen.

Es wird aufgrund des Zeitdrucks zu einem Problem kommen. Zeitdruck ist meiner Meinung nach aber nur deswegen entstanden, weil es Mißtrauen einer Regierungspartei gegenüber der anderen Regierungspartei gibt. Was ich an dieser Ausschußsitzung besonders pikant fand, ist die Tatsache, daß es eine Sitzungsunterbrechung gab. Ich weiß nicht, ob das der Grund war, aber plötzlich habe ich Herrn Klubobmann Kostelka dort gesehen (Abg. Dr. Kostelka: Das ist ein interessanter Ausschuß gewesen!)  – und dann ging die Sitzung wieder weiter.  Mirakel! Sie sind ein Heiliger! Sie haben damals offensichtlich die Koalition gerettet, anders kann ich es mir nicht erklären, daß Ihre Erscheinung, Herr Dr. Kostelka, plötzlich zu einem Sitzungsfortgang geführt hat. (Abg. Schieder: Er ist gut! Aber übertreiben Sie nicht!) Aber es ist schön, das zu wissen. Sollte es in Zukunft Schwierigkeiten geben, so bin auch ich der Meinung, daß man Sie rufen sollte, Herr Dr. Kostelka. Ich habe daraus gelernt, Herr Klubobmann. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Kostelka: Wenn ich bei Ihnen Frieden stiften kann, tue ich es gern!)

19.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte die beiden Anträge des Kollegen Prinzhorn zur Privatisierung von Staatsunternehmen dazu nützen, um einmal grundsätzlich zur Frage "Privat versus Staat", zur Frage also, ob denn Staat und Wirtschaft beziehungsweise Wirtschaftlichkeit Gegensätze sein müssen, Stellung zu nehmen. (Abg. Mag. Stadler: Erfahrungsgemäß sind sie das!) – Herr Kollege Stadler! In letzter Zeit ist das doch bei vielem eindrucksvoll widerlegt worden. So kann man das wohl sagen.

Ich lese in den Anträgen sinngemäß, daß die Interessen der Konsumenten und der gesamten österreichischen Volkswirtschaft durch Deregulierung und Privatisierung am besten gewahrt bleiben. – Lassen Sie mich Ihnen folgendes sagen: So ist es sicher nicht; im Gegenteil. Ich möchte Ihnen von dieser Stelle aus und in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, nur zwei von einigen Gründen nennen, die dafür sprechen:

Erstens: Der Staat hat meiner Ansicht nach – entgegen der neoliberalen Theorie, die in den dreißiger Jahren in die Weltwirtschaftskrise und heute in die globale Arbeitslosigkeit geführt hat – die Aufgabe, lenkend und ordnend in die Wirtschaft einzugreifen, und zwar auch und insbesondere mit den Mitteln der Wirtschaft selbst. Der Staat würde sich jeder wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeit berauben, würde er sich nicht mehr als Akteur auf dem wirtschaftspolitischen Parkett präsentieren. Ich denke in diesem Zusammenhang insbesondere an die strategische Beteiligung des Staates in den Bereichen ÖIAG, E-Wirtschaft und natürlich auch Geldwirtschaft.

Zweitens: Ein weiteres Argument, das gegen Ihre Privatisierungseuphorie spricht, ist die Nachhaltigkeit. Eine Privatisierung bringt viel Geld, das ist richtig! Aber sie bringt es in der Regel nur in einem einzigen Jahr – und dann nie mehr. Unternehmen, die Gewinne beziehungsweise gute Renditen erwirtschaften – gerade diese wollen Sie privatisieren; dabei denke ich an die E-Wirtschaft, die Casinos Austria, die OMV, die Austria Tabak, um nur einige zu nennen –, zu privatisieren, ist sicher keine Kunst und wahrlich kein wirtschaftspolitischer Geniestreich.


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Ein weiteres Argument ist meiner Ansicht nach, daß der Staat nicht nur dort, wo es um die Rettung von Arbeitsplätzen geht, ein gern gesehener Gast in der Wirtschaft sein darf. Daher – und das sage ich in aller Deutlichkeit – soll er für sich das Recht in Anspruch nehmen dürfen, in der Wirtschaft auch präsent zu sein, wenn es um strategische Beteiligungen und Ziele geht. Es geht schlicht und einfach nicht an, gewinnträchtige Betriebe zu privatisieren oder an Private zu übertragen, die Verlustbringer aber dem Staat zuzuschanzen.

Daher sollten wir künftig bei Privatisierungen genauestens prüfen, ob und wie eine solche vonstatten gehen soll und ob es nicht auch in Zukunft zumindest gewisse strategische Beteiligungen des Staates geben soll. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In Wirklichkeit geht es doch nicht um irgendein Dogma: Staat oder Privat? Sagen Sie es doch ganz ehrlich: Es geht Ihnen um Proporz und um Ihre eigenen Pfründe. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Nennen Sie das doch einmal beim Namen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß Ihnen schon sagen: Hört man Wirtschaftspolitik vom Herrn Farnleitner, dann kommt eben der Milchwirtschaftsfonds heraus, und hört man Ihre Wirtschaftspolitik (in Richtung der SPÖ-Abgeordneten gewandt)  – ich meine jetzt nicht Ihre persönliche, sondern jene der Abgeordneten Lackner und Kaufmann –, so merkt man, daß da so richtig der Staatssozialismus herauskommt, der Glaube an das, was Stalingrad überwunden hat, kommt da bei Ihnen wieder zum Vorschein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Geh’n S’, hör’n S’ auf!

Ich sage Ihnen: Auch die Sozialisten Frankreichs und Englands wollen schon lange nicht mehr verstaatlichen. Sie sind ganz froh darüber, daß ihnen letztlich die Privatwirtschaft die heißen Kartoffeln aus dem Feuer geholt hat – und nicht die Staatswirtschaft! (Abg. Dr. Kostelka und Abg. Schieder: Was meinen Sie damit? Was meinen Sie mit "Stalingrad"?)

Wenn Sie heute die ÖIAG preisen, Herr Abgeordneter, die ÖIAG, die Hunderte Milliarden Schilling an Verlusten gemacht hat, kann ich Sie nur fragen: Was heißt denn das? Hunderte Milliarden Verlust – und jetzt eine schlechte Rendite! Was soll denn das? Sagen Sie mir das einmal!

Vielleicht sollen auch noch die Landesgesellschaften des Energiesektors oder der Banken mit der ÖIAG fusioniert werden, die ÖIAG sollte den Energiebereich dazunehmen, und die Banken müssen ja dringendst "strategisch" verstaatlicht bleiben! – Das ist eine Wirtschaftspolitik, die meinem Verständnis wirklich nicht entspricht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der Bank Austria ist alles rot, soweit das Auge reicht (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel ), und bei der CA war alles schwarz, soweit das Auge reicht. Bei der P.S.K. hingegen ist es schön aufgeteilt: ein Roter und ein Schwarzer. In der ÖIK haben Sie es auch schön aufgeteilt: ein Roter und ein Schwarzer, und bei der OeKB haben wir wieder dasselbe. All das sind politische Besetzungen, die Sie erhalten wollen – und um nichts anderes geht es Ihnen doch!

Wenn Herr Abgeordneter Kaufmann meint, die Bank Austria brauche einen strategischen Partner und dieser müsse der Staat sein – ich habe Sie so verstanden –, dann muß ich Ihnen auch in diesem Fall wieder sagen: Ganz Europa geht einen anderen Weg – aber Österreich ist anders! Die Bank Austria verdient schlecht genug, denn solch magere Renditen gibt es kaum in Europa. Aber natürlich: Wenn dort die Politik das Sagen hat, dann ist das eben so. Herr Abgeordneter Kaufmann, daß Sie ein gestörtes Verhältnis zur Privatwirtschaft haben, habe ich heute nicht zum ersten Mal bemerkt.


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Abgeordneter Stummvoll sagt, wir hätten keine Alternativen. Warum gibt es denn keine? – Weil die ÖVP so lange gezaudert hat und selbst nicht privatisieren wollte, sodaß sie nun mit dem Rücken zur Wand steht. Daher muß die ÖVP jetzt etwas bringen, was zumindest nach einer Scheinlösung aussieht. Und das ist eine Scheinlösung! Solang die AVZ dort vertreten ist und jemand die Sperrminorität hält – und wenn es nur 10 Prozent sind – und das die öffentliche Hand ist, wird diese weiterhin das Sagen haben. Um das geht es Ihnen doch. Herr Sellitsch, der Präsident des Aufsichtsrates, hat angekündigt, er wolle jetzt nach den 18 Prozent greifen, und das würde heißen: Das ist wieder in sicherer sozialistischer Hand. Darum geht es Ihnen: um Macht, Privilegien, um letztlich von der öffentlichen Hand abzusaugen, was möglich ist, und um den Wettbewerb zu untergraben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Österreichischer Einfluß ist schön und gut, nur muß ich Ihnen sagen, mit den strategischen Partnern ist das so eine Sache. Sie meinen, die Börse besitze überhaupt keine Funktion mehr im Sinne von Marktwirtschaft, breite Aktienverteilung besetze ein Management nicht so gut wie ein strategischer Partner, aber da gibt es natürlich auch genügend Gegenbeispiele. Sosehr ich Sie in vielen Sachen unterstütze, aber zur Marktwirtschaft haben Sie doch eine etwas andere Sicht der Dinge, eine, die eigentlich gar nicht der Praxis und auch nicht der Internationalisierung der Märkte entspricht, aber das ist nun einmal so.

Diese Pattsituation entspricht dem Ganzen: Rot da, Schwarz dort. Was Sie wollen, ist, in der Erstarrung bleiben und weiter im geschützten Bereich abzocken – und nichts anderes!

Ehrlich gesagt: Mir gehen diese "strategisch denkenden" öffentlichen Unternehmen ab. Ich frage mich, wo sie sind. Ich frage: Warum hat die ÖIAG heute eine Kapitalrendite von mageren 8 Prozent, wenn man strategisch gedacht hat? Wo ist die "strategische Denkweise" der ÖIAG? – Ich kann strategische Denkweisen durch den Partner ÖIAG weder bei der VOEST-ALPINE noch anderswo entdecken.

Aber wenn Sie das Ganze in die WestLB hineinbringen werden, wenn Sie dort die strategische Partnerschaft ... (Abg. Koppler: Das haben Sie erst vor kurzem da geredet! – Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) – Ich habe gesagt, daß die VOEST-ALPINE zumindest aus den Verlusten herausgekommen ist, aber den strategischen Partner Staat können Sie mir nicht vorführen, den müssen Sie mir erst zeigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) "Strategisch" schon, aber im Sinne der Pensionsverträge und der Privilegien, die überall im geschützten Bereich – Herr Abgeordneter Koppler, auch bei Ihnen – fröhliche Urständ feiern, und das jeden Tag, das sehe ich schon. Da muß natürlich der Telekom-Bereich beim Staat bleiben, weil er ja einträglich ist. Da kommt ja auch ein bißchen etwas, das verstehe ich schon. Es ist wirklich immer dasselbe!

Schauen Sie sich das EU-Recht an, das, was wir von dort an Auflagen in Richtung Privatisierung bekommen. Österreich ist jenes Land der EU, das nach Portugal den höchsten Staatsanteil, die höchste Staatsquote und das höchste Privatisierungspotential hat. (Abg. Dr. Nowotny: Sie müssen ein Ergebnis vorzeigen! Wir wollen österreichische Lösungen!) Herr Nowotny! Sagen Sie es, wenn Sie bei Ihrem Kurs bleiben wollen, die Wirtschaft weiter zu verstaatlichen, und sich dem Wettbewerb nicht stellen wollen und weiterhin schlechte Ergebnisse bei der Post und bei der Energiewirtschaft schreiben wollen! – Auch die Energiewirtschaft ist die Gewinne auf dem liberalisierten Markt bald los! Das ist ganz besonders an die Adresse der ÖVP gerichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Abschließend: Die Sparvolumen in Österreich reichen auf jeden Fall aus, um die Börse schrittweise zu beleben. Hören Sie auf, ständig "Die Katze beißt sich in den Schwanz" zu spielen und zu sagen: Weil wir keine Börse haben, können wir nicht privatisieren, und weil wir nicht privatisieren können, können wir keine Börse haben! Hören Sie auf, ständig diesen Eiertanz aufzuführen! Das ist so vordergründig und geht heute international weder mit dem EU-Vertrag noch mit dem Wettbewerb konform.

An Ihre Adresse, Herr Volkswirtschaftsprofessor Nowotny – Sie sind ja für Ihre Verstaatlichtenpolitik bekannt –: Hören Sie auf mit dieser Politik! (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. )


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Am Ende wird es aus dem Budget finanziert. Wir brauchen das Budget aber für Pensionen, für Strukturreformen, für den Technologiebereich und nicht für Ihre Proporzspiele! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte hat sich Herr Abgeordneter Auer zu Wort gemeldet. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 5 Minuten. – Bitte.

19.51

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesem Dreierpaket, mit dem wir die Veräußerung von Aktien der Bank Austria, das Privatisierungsgesetz und die Auflösung des Nullkuponfonds beschließen werden, gehe ich davon aus, daß nicht erläutert werden muß, was damit gemeint ist. Ich habe mich nur ein wenig über die Äußerungen des Kollegen Böhacker gewundert, dem man ja sonst Fachwissen nicht absprechen kann. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Nullkuponfonds wird mit 1. September 1997, also definitiv in diesem Jahr aufgelöst; die Abwicklung übernimmt die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur. Herr Kollege Böhacker! Ich gebe ganz offen zu, daß auf diese Art ein gewisser Vorteil für die Budgets 1997 und 1998 gegeben ist. (Abg. Böhacker: Kurzfristig!) Das hat ja auch der Herr Bundesminister für Finanzen weder im Ausschuß noch hier bestritten, sondern er hat vielmehr offen dargelegt, was damit geschehen wird. Daher ist der Vorwurf, daß er hier getrickst hätte, zurückzuweisen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Klar ist, daß durch die Auflösung dieses Fonds ein weiterer Schritt zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien ermöglicht wird. Sonst wird immer gefordert, daß man sich den EU-Richtlinien anzupassen hat. (Abg. Böhacker: Aber ich nicht!) Österreich wird als letztes Land seine Nullkupon-Anleihen auflösen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es ist das die Umsetzung einer EU-Richtlinie mit dem angenehmen Nebeneffekt, daß die 3prozentige Neuverschuldungsquote eingehalten wird, denn ein Scheitern des Euro-Projektes hätte dramatische Auswirkungen für Österreichs Wirtschaft.

Es ist ja unbestritten – die österreichische Außenhandelsstatistik aus dem Jahre 1995 bestätigt das –, daß zwei Drittel aller österreichischen Warenexporte in andere EU-Länder gehen und unsere Importe sogar zu 70 Prozent aus diesen Ländern stammen. Meine Damen und Herren! Daher ist es notwendig, daß wir dem Projekt Euro offen und dynamisch gegenüberstehen.

Ich möchte ein weiteres Argument bringen, um die Gemüter zu beruhigen: Selbst wenn viele europäische Bürger, darunter auch die österreichischen, dem Euro skeptisch gegenüberstehen: Etwas Neues und Sensationelles ist diese Währungsunion nicht. Der Wechsel zum Euro bringt zwar die größte, aber nicht die erste Währungsunion. So zum Beispiel haben die USA die Währungen der 13 Gründerstaaten auf einmal vereinheitlicht, und die Schweiz hat die Einzelwährungen ihrer 23 Kantone zum Schweizer Franken zusammengeführt. (Abg. Dr. Ofner: Das ist ja durchaus "vergleichbar"!) Und letztlich, sehr geehrter Kollege Ofner, werden wohl selbst Sie nicht bestreiten, daß der Schweizer Franken und der US-Dollar zu den besten Währungen gehören. Der Euro wird in Zukunft ein gleichwertiges Zahlungsmittel gegenüber diesen Währungen sein, und daher beschließen wir mit Freude diese Gesetze. (Beifall bei der ÖVP.)

19.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt. – Ich bitte Sie jetzt, Ihre Plätze einzunehmen.

Wir kommen zu mehreren Abstimmungen und stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab.


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Als erstes kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 814 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 815 der Beilagen ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch in dritter Lesung ist dieser Entwurf mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 818 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf in 818 der Beilagen ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch in dritter Lesung ist dieser Entwurf mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 816 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen, ab.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 817 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (740 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Abschluß von Kooperationsvereinbarungen mit internationalen Finanzinstitutionen geändert wird (819 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (744 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (820 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (745 der Beilagen): Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zum Verzicht auf Darlehensforderungen aus der bila


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teralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber Entwicklungsländern (821 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte in einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Mag. Schreiner das Wort. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 6 Minuten. – Bitte.

19.58

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem Bericht des Finanzausschusses, und zwar mit einer Ermächtigung, die im Finanzausschuß mit 1 Milliarde Schilling angegeben war und deren Inhalt es ist, zugunsten der ärmsten und höchstverschuldeten Entwicklungsländer einen 100prozentigen Forderungsverzicht von Entwicklungshilfekrediten vorzunehmen. Im Finanzausschuß kam es zu einem Vierparteienantrag, diese Summe – die ja mit 1 Milliarde Schilling nicht zu knapp war –, auf 1,7 Milliarden Schilling zu erhöhen.

Hohes Haus! Wir Freiheitlichen sagen zu dieser Vorgehensweise dreimal nein! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir sagen deswegen dreimal nein, weil es erstens unklug, zweitens unprofessionell und drittens eine Zumutung für den österreichischen Steuerzahler ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich möchte alle drei Nein begründen, Frau Kollegin.

Es ist unklug, wenn man jemandem zu 100 Prozent Kredite erläßt – es handelt sich dabei nicht um Entwicklungshilfe, die gewährt worden ist, von der man ohnehin nichts zurückbekommen will –, ohne daß ihm beim Übergang vom Entwicklungsland in ein entwickeltes Land eigentlich klar wird, daß er irgendwann einmal die auf dem internationalen Kreditmarkt aufgenommenen Verbindlichkeiten auch wieder zurückzahlen muß. Es ist notwendig, den betroffenen Ländern zu signalisieren, daß ihnen ihre Schulden nicht ad infinitum zu 100 Prozent erlassen werden können.

Das zweite Argument ist gravierender, nämlich die Frage der unprofessionellen Vorgangsweise. Aus einem Bericht des Europäischen Rechnungshofes geht hervor, daß für Geldflüsse an Entwicklungsländer aus der Gruppe der Lomé-Staaten eine Treffsicherheit von nicht mehr als 8 Prozent angenommen werden kann. Das heißt für den österreichischen Steuerbürger: Wenn er 1 Million Schilling dorthin schickt, kommen 80 000 S an, 920 000 S aber versickern in irgendwelchen Kanälen.

Das dritte ist die Frage der Zumutung gegenüber dem österreichischen Steuerbürger. Wir haben zwei Belastungspakete hinter uns, und ein drittes steht uns möglicherweise bevor. Unter diesen Voraussetzungen 1,7 Milliarden Schilling an Entwicklungshilfekrediten schlicht und einfach zu streichen, spricht der jetzigen Lage hohn.

Ich sehe keinen Grund dafür, Österreich in eine Staatengruppe einzureihen, die mit dieser Entschuldungsaktion vielleicht ganz andere Interessen verfolgt. Zu dieser Staatengruppe, die sich im Jahr 1991 zum "Pariser Klub" zusammengefunden hat, gehören Länder wie die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Deutschland und die Schweiz. Alle diese Staaten verkaufen in großen Mengen Rüstungsmaterial an Entwicklungsländer. Mir ist völlig klar, daß diese Länder sehr gern einen Schuldenerlaß gewähren. Denn damit können sie im Geschäft bleiben.

Das geht auch aus aufschlußreichen Diskussionen zwischen Ihrem Ministerium, Herr Bundesminister für Finanzen, und dem Außenministerium hervor. Zunächst war nur die Ermächtigung für einen Schuldenerlaß in der Höhe von maximal 1 Milliarde Schilling geplant, dagegen verlangte das Außenministerium von Anfang an 1,7 Milliarden. Nach schwierigen Diskussionen


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zwischen den zwei Ministerien wurde der Rahmen im Ausschuß auf 1,7 Milliarden Schilling erweitert.

Zusammenfassend muß ich Ihnen sagen: Solange es nicht möglich ist, Entwicklungshilfekredite professionell, mit begleitender Kontrolle und nachvollziehbar dort einzusetzen, wo sie wirklich den Ärmsten der Armen zugute kommen, werden Sie die Zustimmung zum Krediterlaß – und damit zum Erlaß österreichischer Steuermittel – von uns nicht bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.03

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem Herr Abgeordneter Schreiner ein dreifaches Nein verkündet hat, möchte ich dem ein mehrfaches Ja entgegenstellen, und zwar aus sachlichen Erwägungen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das haben wir ja nicht anders erwartet! – Abg. Dr. Graf: Da sind wir sehr überrascht!) Frau Abgeordnete, hören Sie zuerst zu! Später haben Sie Gelegenheit genug, überrascht zu sein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Ihnen zugehört, als Sie im Ausschuß ...!) Ich bin inhaltlich auf das Thema noch überhaupt nicht eingegangen. Haben Sie die Güte, einmal inhaltlich auf ein Argument zu reagieren, statt daß Sie sich vorher bereits exaltieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Ihnen schon früher zugehört!)

Es handelt sich bei diesem Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zum Verzicht auf die Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber den Entwicklungsländern um die Einlösung eines Versprechens, das Österreich im Rahmen des Weltsozialgipfels in Kopenhagen als eine Maßnahme zur Bekämpfung der Armut in der Welt abgegeben hat. (Abg. Dr. Graf: Nicht Österreich!) Wenn man sich anhand des neuen Berichts über die menschliche Entwicklung des United Nations Development Program mit der Armut in der Welt auseinandersetzt, stellt man fest, daß die 41 ärmsten und höchstverschuldeten Länder der Erde im Jahr 1980 Auslandsschulden in der Höhe von 55 Milliarden hatten, im Jahr 1990 183 Milliarden und im Jahr 1995 215 Milliarden.

Heute besteht nicht nur beim United Nations Development Program, sondern inzwischen auch bei der Weltbank und beim Internationalen Währungsfonds die Auffassung, daß es nur dann eine Chance auf Entwicklung und Überwindung der Armut in diesen Ländern geben kann, wenn sie von ihrer enormen Schuldenlast befreit werden. Sie haben keine Entwicklungsperspektive, wenn sie weiterhin mehr als 50 Prozent ihrer gesamten Exporterlöse für die Abtragung der Schulden der Vergangenheit aufwenden müssen. Wenn man die Überwindung der Armut will, wenn man möchte, daß Armut weltweit zurückgedrängt wird, ist dieser Schuldenerlaß eine entscheidende Voraussetzung dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entwicklungsländer haben unterschiedliche Arten von Schulden: Sie haben Kredite bei internationalen Finanzinstitutionen, Kredite aus der Exportförderung, Kredite aus der sogenannten Entwicklungshilfe. Wie wir alle wissen, sind das sogenannte weiche Kredite, Kredite, die in aller Regel kaum zurückbezahlt werden, weil diese Art von Krediten auch von den Geberstaaten eigentlich als Entwicklungshilfe angesehen wird. Wenn Sie die Liste, die der Regierungsvorlage beiliegt, genau durchsehen, werden Sie merken, daß es sich nahezu ausschließlich um zurückliegende Projekte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit handelt, für welche Kredite fällig gestellt wurden.

Ist das Ausmaß dieser 1,7 Milliarden Schilling wirklich so dramatisch? – Es handelt sich dabei um die Summe aller Kreditrückzahlungen bis zum Jahr 2042, das heißt, nahezu für die nächsten 50 Jahre. Ein Großteil dieser Stundungen oder Nichtrückzahlungen wird erst in einigen Jahren wirksam werden. Die fiktive jährliche Budgetbelastung ist daher außerordentlich gering. Man muß offen zugeben, daß diese Maßnahme materiell nicht gerade gigantische Ausmaße hat. Aber es ist eine Maßnahme mit großer Symbolwirkung, weil Österreich damit ein Zeichen setzt, daß es einen Beitrag zur Entschuldung leistet, und zwar zu einer Entschuldung, die nicht mehr


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nur bilateral von den einzelnen Geberstaaten, sondern erstmals auch von der Weltbank selbst im Rahmen ihrer HIPC-Initiative zugunsten der ärmsten Entwicklungsländer durchgeführt wird.

Ich freue mich, daß wir im Finanzausschuß und darüber hinaus auch im Entwicklungspolitischen Unterausschuß weitestgehenden Konsens darüber erzielen konnten, es im Falle eines Schuldennachlasses nicht bei einer Milliarde zu belassen, sondern alle Kredite der genannten Länder in der Gesamthöhe von 1,7 Milliarden Schilling einzubeziehen. Wenn Sie die Regierungsvorlage genau lesen, dann werden Sie feststellen, daß international empfohlen wird, nicht nur die eine Milliarde zu erlassen, sondern sämtliche Entwicklungshilfekredite der betroffenen Länder miteinzubeziehen. (Abg. Dr. Graf: Nicht einmal damit wird der Finanzminister seine Freude haben!)

Ich kann Ihnen sagen, wie diese Entschuldung funktionieren wird. Mit diesen Dingen sollten Sie sich konkret befassen, wenn Sie daran so massiv Kritik üben wollen! – Das Finanzministerium und das Außenministerium werden mit den betroffenen Ländern Abkommen über die Entschuldung schließen. Selbstverständlich wird es ein Ziel sein, einzelne dieser Länder dort, wo es möglich ist, zu motivieren, einen Teil des ersparten Geldes für soziale Maßnahmen zugunsten der Ärmsten der Bevölkerung einzusetzen.

Es handelt sich dabei um sogenannte Gegenwertfonds. Solche Fonds hat zum Beispiel die Schweiz im Zuge ihrer Entschuldungsmaßnahmen eingerichtet. Allerdings hatte diese Entschuldung ein weit größeres Ausmaß als die von uns geplante. Die Schweiz hat die Erfahrung gemacht, daß nicht alle Empfängerländer linear einem Gegenwertmodell unterworfen werden können. Es stellte sich heraus, daß manchmal nur ein kleiner Teil des erlassenen Geldes einem anderen Zweck gewidmet werden kann. Außerdem muß man sagen, daß die Motivation für Gegenwertfonds bedeutend größer wäre, wenn es um den Erlaß von sogenannten harten Krediten ginge.

Nichtsdestotrotz werden wir versuchen, auch mit diesem Gesetz die Zielsetzungen zu verwirklichen, die wir anläßlich des Kopenhagener Sozialgipfels mitunterzeichnet haben, nämlich Entwicklungsländer mit Schuldenerlässen dazu zu motivieren, mehr für die Überwindung der Armut zu tun. Gemäß diesem Gesetz wird der Finanzminister den einzelnen Ländern selbstverständlich keine Carte blanche ausstellen können.

Wenn Sie möchten, kann ich gerne weiter ins Detail gehen. Es geht auch darum, die einzelnen Länder zu vernünftigem Verhalten zu motivieren. Ich kenne Beispiele für einzelne Entwicklungsländer, die ihren Teil der Projekte noch nicht eingebracht haben und nun glauben, über eine Entschuldung des alten Teiles Schulden für einen neuen Teil machen zu können, den sie eigentlich selbst erbringen müßten. In einem solchen Fall wird Österreich mit einer Entschuldung sehr zurückhaltend sein, eben weil wir die betroffenen Staaten zu einer vernünftigen Handlungsweise motivieren wollen. (Abg. Dr. Graf: Was heißt "zurückhaltend"?)

Das heißt, die Ermächtigung an den Finanzminister beruht auf sehr vernünftigen entwicklungspolitischen Grundlagen, und wir waren im Unterausschuß der Ansicht, daß es möglich sein wird, vernünftige Abkommen schließen zu können. Deshalb halte ich das Bundesgesetz in der vorliegenden Formulierung für eine geeignete Grundlage, dieses Vorhaben über die Bühne zu bringen. Österreich setzt damit international ein sehr positives Signal.

Aber der Nationalrat setzt, wenn er dieses Gesetz heute beschließt, auch innenpolitisch ein positives Signal. Ich erinnere an die "Initiative 96", die sich in Österreich für eine umfassende Entschuldung der Entwicklungsländer eingesetzt, viele Diskussionen durchgeführt und dem Parlament eine Petition mit zigtausend Unterschriften übergeben hat. Eine der Forderungen dieser "Initiative 96" war zum Beispiel die Entschuldung in der vollen Höhe von 1,7 Milliarden. Ich halte es für ein positives Zeichen, daß wir im Parlament bereit sind, uns auf diese Debatte einzulassen. Eines der Ergebnisse dieser Debatte ist, daß die genannte Forderung durch den heutigen Gesetzesbeschluß erfüllt wird.

Ich glaube, daß darin die neue Zusammenarbeit zwischen Regierung, Parlament und Nicht-Regierungsorganisationen in Fragen der Entwicklungspolitik positiv zum Ausdruck kommt. Deren Verhältnis war in der Vergangenheit sehr oft gespannt und von vielen Hahnenkämpfen


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gekennzeichnet, es hat aber meinem Eindruck nach im letzten Jahr eine konstruktive Grundlage bekommen, was zu einer neuen Qualität der Entwicklungszusammenarbeit führen wird. Denn wir sind vor die Herausforderung gestellt, in einer Zeit der Konsolidierungsbudgets und der Einsparungen mit dem wenigen Geld, das wir für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung haben – es ist meiner Ansicht nach zu wenig –, eine bessere Qualität der Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd, aber auch eine bessere Qualität der Zusammenarbeit im eigenen Land und zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu erreichen.

Ich meine, daß dieses Gesetz in der Form des Berichtes des Finanzausschusses ein sehr guter und wertvoller Schritt in diese Richtung ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten.

20.14

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns seit jeher zur Entwicklungshilfe und zur Entwicklungszusammenarbeit. Kollege Gusenbauer hat Ihnen die Sache sehr ausführlich und profund dargelegt. Dem ist an sich nichts hinzuzufügen.

Aus der Geschichte unseres Wiederaufbaues wissen wir selbst am allerbesten, von welch existentieller Bedeutung gezielter Mittelzuschuß von reichen Industriestaaten sein kann – zum einen für das Überleben, zum anderen für den Aufbau einer tragfähigen Infrastruktur. Meine Damen und Herren! Österreich zählt – Gott sei Dank – zu den reichsten Industrienationen, wenngleich auch im eigenen Land immer noch Menschen in Armut leben. Dieser Gruppe muß effizient geholfen werden.

Heute aber geht es darum, den Ärmsten dieser Welt eine faire Möglichkeit zur Entwicklungszusammenarbeit zu bieten. "Fair" bedeutet für mich erstens, eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Die Industrienationen haben jahrzehntelang die Ressourcen ausgebeutet, sowohl im Bereich der Rohstoffe als auch der Arbeitskräfte. So gesehen sind unsere Maßnahmen nicht einmal eine Abschlagszahlung, damit können wir uns nicht einmal das sogenannte Spenderg’wandl umhängen.

"Fair" heißt für mich zweitens, internationale Versprechen einzuhalten. Auch darauf hat Gusenbauer bereits hingewiesen.

"Fair" bedeutet drittens, konkrete, zielgerichtete Entschuldungsaktionen zu ermöglichen, wie wir es heute tun.

All diejenigen, die in diesem Beitrag Österreichs immer noch eine Gefährdung unseres Budgets sehen, seien abschließend auf den wirtschaftlichen Aspekt der Entwicklungszusammenarbeit verwiesen. Letztlich sind wir es selbst, die an sich entwickelnden Wirtschaftspartnern Interesse haben, und wir haben solche Vorteile zumeist zu nutzen gewußt. Daher, meine Damen und Herren, werden wir – im Unterschied zur FPÖ – gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Herr Abgeordneter, Ihrem Klub stehen als Restredezeit von der Blockredezeit noch 17 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

20.17

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Danke, aber ich werde diese 17 Minuten nicht ganz in Anspruch nehmen. – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, daß wir heute zur Beschlußfassung über ein Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für


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landwirtschaftliche Entwicklung sowie ein Bundesgesetz über die Entschuldung und den Verzicht auf Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfe des Bundes gegenüber Entwicklungsländern gelangen.

Für mich ist die Tatsache, daß es darüber sehr breiten politischen Konsens gibt, tatsächlich der Ausdruck einer neuen Qualität der Zusammenarbeit im entwicklungspolitischen Unterausschuß sowie einer neuen Qualität der Zusammenarbeit mit den Nicht-Regierungsorganisationen in diesem Lande, aber auch einer neuen Qualität der Politik der Entwicklungszusammenarbeit schlechthin, meine Damen und Herren! Das stimmt mich froh und positiv. Wir Liberale werden daher diesen drei Gesetzesvorlagen unsere Zustimmung geben. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich halte es für schäbig, wenn man versucht, aus dieser heutigen Debatte und Beschlußfassung politisches Kleingeld zu schlagen, aufgrund der Hilfe für die Ärmsten der Armen sozusagen die politische Diskussion in unserem Lande anzuheizen. Kollege Schreiner hat drei Gründe angegeben, warum man dagegenstimmen müsse: weil es unklug, unprofessionell und eine Zumutung gegenüber den österreichischen Steuerzahlern sei.

Meine Damen und Herren! Das sind drei Gründe, die sich selbst richten. Denn unklug – wie Kollege Scheibner, nein, Kollege Schreiner gesagt hat – ist eher seine Argumentation ... (Abg. Scheibner: Was habe ich schon wieder gesagt?) Ich habe mich versprochen und Kollegen Schreiner gemeint. – Unklug ist es eher, wenn er die Sache so hinzustellen versucht, als hätten mit diesem heutigen Gesetzesbeschluß erzieherische Maßnahmen gegenüber den Ländern der Dritten Welt verbunden zu sein.

Lieber Kollege Schreiner! Genau das ist ein Verhalten gegenüber den Ländern der Dritten Welt, gegen das wir massiv auftreten sollten: ein Schulmeistern seitens Vertretern der Industrienationen gegenüber den Ländern der Dritten Welt – das, glaube ich, haben wir nicht nötig.

Zur Frage der Unprofessionalität. – Lieber Erich! Die Ergebnisse der Studie, die hier zitiert worden ist, stimmen einfach nicht. Ich glaube, daß es notwendig ist, daß wir uns hier im Parlament mit unseren Erfahrungen hinsichtlich der Treffsicherheit der Entwicklungspolitik auseinandersetzen. Eine Parlamentarierdelegation hat zu diesem Zweck unter anderem drei Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit bereist. Wir haben uns im Entwicklungspolitischen Unterausschuß eine Evaluierung der Projekte der Entwicklungszusammenarbeit vorgenommen. Darunter sind auch Vertreter der Freiheitlichen Partei.

Meine Damen und Herren! Leider waren die Vertreter der Freiheitlichen und der Grünen nicht mit im Ausland. Sie hätten sich dort ein Bild davon machen können, daß die Projekte der Entwicklungszusammenarbeit sehr wohl greifen, daß die NGOs sehr wohl gute Arbeit leisten und daß die Gelder der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit gut angelegt sind.

Schreiner meinte weiters, dies sei eine Zumutung dem österreichischen Steuerzahler gegenüber. Ich glaube, es gibt größere Zumutungen bei Beschlüssen in diesem Hohen Haus, als es da der Fall ist. Kollege Erich Schreiner! Du warst im Finanzausschuß und Kollege Ofner war im Entwicklungspolitischen Unterausschuß mit dabei, als wir diese Problematik besprochen und die Information bekommen haben, daß das Budget jährlich mit 23 bis 60 Millionen Schilling belastet wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schreiner. )

Meine Damen und Herren! Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das ist eine Summe, die absolut vertretbar ist. Es ist, glaube ich, schon wichtig, daß wir uns auch in diesem Hohen Haus damit auseinandersetzen, worum es wirklich geht, vor allem, wenn man bedenkt, daß die Schuldnerländer einen Schuldenstand von rund 2 000 Milliarden Dollar gegenüber den reichen Industrieländern haben. Wenn man weiß, daß zum Beispiel die Länder südlich der Sahara 1994 212 Milliarden Dollar an Außenständen gehabt haben und daß dieser Betrag die Erträge aus ihren Exporten um das Zweihundert- bis Tausendfache übersteigt, dann ist klar, daß, wenn man das zurückverlangt, diesen Ländern jede Möglichkeit einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung genommen wird.


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Ich sehe es als eine unserer wesentlichen humanitären Aufgaben und Verpflichtungen, diesen Staaten, diesen Nationen zu helfen, damit sie ihre Volkswirtschaft entsprechend aufbauen, und zwar nachhaltig aufbauen können, indem sie die Mittel, die sie nicht an die reichen Industrienationen zurückzahlen müssen, auch für Bildungsprojekte und für Projekte der Entwicklung der Demokratie verwenden können. Dafür sollten wir eintreten.

Ich glaube, daß die Entschuldung eine gute Sache ist und der Steuerzahler auch Verständnis dafür haben wird, daß das Parlament heute diesen Beschluß fassen wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Mag. Kammerlander vor. – Bitte.

20.24

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Auch wir freuen uns, daß diese Initiative, die dahin gegangen ist, die Summe von 1 Milliarde Schilling auf jene Höhe anzuheben, die die Summe der Entwicklungshilfekredite ausmacht, eine Initiative, die sehr stark auch von der grünen Fraktion ausgegangen und von ihr getragen worden ist, ihren Niederschlag in einem Vierparteienantrag gefunden hat. Ich möchte noch einiges dazu ausführen, vor allem weil die Debatte, wie sie die freiheitliche Fraktion führt, sehr oberflächlich und populistisch ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie machen einen Fehler: Sie versuchen, das Problem der Verschuldung so darzustellen, als gäbe es so etwas wie Schuld dabei. Sie ordnen dann den Faktor der Schuld natürlich jenen Ländern zu, die verschuldet sind. Sie übersehen dabei nur eines, nämlich daß dem nicht so ist. Sie vergessen dabei – und Ihre Wirtschaftssprecher werden Ihnen das durchaus auch sagen und Sie eines Besseren belehren können –, daß es bei dem Problem der Verschuldung nicht um Schuld, sondern um ungerechte Wirtschafts- und Handelsbeziehungen geht, deren Ursprung in der Vergangenheit liegt.

Deren Ursprung liegt in den sechziger oder siebziger Jahren, als die Zinsen sehr, sehr niedrig waren, als eine große Nachfrage in unseren Ländern auch nach Produkten aus Entwicklungsländern bestand und daher die Terms of trade, wie man im Fachjargon so schön sagt, ganz andere waren. Erst mit der Rezession in den siebziger Jahren hat sich die Situation verschärft. Die Zinsen sind dramatisch gestiegen, die Nachfrage in den Ländern des Nordens hat nachgelassen, es hat Handelsbeschränkungen und Importbeschränkungen für Produkte aus Entwicklungsländern gegeben. Das hat eine Verschärfung der Situation und ein rapides Ansteigen der Schulden mit sich gebracht.

Wenn Sie sich die Vorlage angeschaut haben, wenn Sie sich in den Erläuterungen angeschaut haben, um welche Kredite aus welchen Jahren es sich handelt, dann haben Sie gesehen, daß es sich ganz klassisch um jene handelt, die in den achtziger Jahren unter dem Titel "Strukturanpassung" vergeben wurden. Damals haben die Weltbank und der IWF diesen Ländern Programme, eben Strukturanpassungsprogramme, verpaßt, und zwar im Glauben und in der Meinung, daß mit jenem Rezept, das da oder dort auch in den Industrieländern angewendet wurde und zu einem kurzfristigen Erfolg geführt hat, auch in den Entwicklungsländern Erfolge erzielt werden könnten.

Wir wissen heute, es hilft nicht, es paßt nicht. Wir wissen heute, dies hat die Verschuldung noch weiter in die Höhe getrieben, weil mit Maßnahmen der Strukturanpassung und der Errichtung von Infrastruktur ohne Beachtung der wirtschaftlichen Konditionen vor Ort, der wirtschaftlichen Bedingungen in einem Land, eben diese Verschuldung nur noch vergrößert wird. Wir wissen heute – der letzte Bericht des UNDP, der entwicklungspolitschen Abteilung der UNO, wurde heute schon zitiert –, daß eine der vordringlichsten Maßnahmen zur Reduzierung von Armut und Verarmung die Entschuldung ist. Es ist ganz sicher nicht die einzige Maßnahme – da gebe ich Ihnen recht, aber nur in diesem Punkt –, es müßten dem noch eine ganze Reihe von Maßnahmen folgen, durchaus auch in Österreich angesetzt und angesiedelt.


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Ich möchte noch auf jene Punkte zu sprechen kommen, die auch von der Plattform Entschuldung formuliert wurden, im vorigen Jahr von einer Reihe entwicklungspolitischer Organisationen – es waren über hundert Organisationen – mitgetragen wurden und die es meiner Meinung nach wert sind, noch einmal erwähnt zu werden. Das ist neben dem Schuldenerlaß die Transparenz bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln für die Länder des Südens, und zwar vor allem auch die Transparenz bei den Exportkrediten. Es geht nicht nur um die Kredite aus der Entwicklungshilfe, sondern es geht auch um die Exportkredite, und zwar vor allem deswegen, weil diese Kredite aus ganz anderen Gründen vergeben werden. Ihr Ziel ist es primär, der heimischen Industrie, den Exporteuren und nicht den Menschen vor Ort zu helfen. Das steht auch oft in einem Widerspruch, in einer Inkohärenz, in einer Nichtvereinbarkeit mit Entwicklungspolitik.

Diese Vergaben sind in keiner Weise transparent. Wir haben die Debatte in den vergangenen Wochen ja einen anderen Strang entlang geführt, nämlich im Zusammenhang mit der Kontrollbank. Wir fordern auch da erstens die Transparenz dieser Mittel und zweitens einen ganz klaren Kriterienkatalog für die Vergabe dieser Mittel. Soziale und Umweltkriterien müssen eingeführt werden, wenn es um die Anrechenbarkeit solcher Kredite und Mittel – auch im Bereich der Entwicklungsländer – geht.

Schlußendlich geht es auch – das wurde schon angeschnitten – um den Bereich des fairen Handels. Es geht darum, einen fairen Handel auch in Österreich zu ermöglichen, und sei es nur step by step, also Schritt für Schritt, sei es nur in kleinen Bereichen, bei kleinen Anlässen, die aber ganz Wesentliches mit sich bringen.

Es geht um eine Reihe von Maßnahmen, die wir unter anderem auch im Hauptausschuß immer wieder behandeln, sei es in der Frage der Schokoladeverordnung oder in anderen Bereichen. Dort können Sie sehr wohl Maßnahmen setzen, die – über die Entschuldung hinaus – genau zum Ziel führen, nämlich nicht nur zu einem gerechten Handel, zu einem fairen Handel, sondern auch zu Wirtschaftsbedingungen vor Ort, also in den Entwicklungsländern, die den Aufbau einer Industrie, einer Wirtschaft ermöglichen, die den Ländern adäquat und auf die Interessen der Länder gerichtet ist und nicht ausschließlich auf den Export nach Europa abzielt, der, wie wir wissen, in der Vergangenheit zum Schaden dieser Länder war.

Wir begrüßen diese Vorlage. Wir hoffen, daß es nicht der einzige Schritt ist, den Österreich im Sinne dieser umfassenden Entwicklungspolitik setzt, und daß es auch weitere Vierparteienanträge in diesem Haus geben kann und geben wird, die in diese Richtung gehen. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter verzichtet auf ein Schlußwort.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen.

Wir stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst stimmen wir über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 740 der Beilagen ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen worden. Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 744 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 821 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist in zweiter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Wir stimmen jetzt in dritter Lesung ab.

Wer dafür ist, den bitte ich um Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

15. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 488/A der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen betreffend Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – BÜG 1997 (782 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr kommen wir zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Abgeordneten Mentil. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

20.33

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man das Geschehen um die Technologiemilliarde näher betrachtet beziehungsweise wenn man diese Milliarde durchleuchtet, kommt man darauf, daß zwar ein riesiges Medienspektakel um diese Milliarde veranstaltet wurde – Sie haben der Bevölkerung lang und breit über diese Milliarde berichtet, man könnte fast sagen, Sie haben geblufft –, Sie haben aber nicht dazugesagt, daß selbst der Bundeskanzler diese Milliarde unverzüglich reduziert hat, indem er behauptet hat, daß 393 Millionen davon für die Exportförderung verwendet werden sollen. Ich glaube nicht, daß man das als Technologieförderung bezeichnen kann.

Sie haben lediglich 600 Millionen Schilling zur Verfügung. 600 Millionen Schilling sind nicht nur wenig Mittel, sondern es gibt auch kein Konzept für die Verteilung und Einsetzung dieser 600 Millionen Schilling. Das werde ich Ihnen später noch beweisen. Ich habe anschauliches Beweismaterial, das die Tragödie des Einsatzes dieser 600 Millionen Schilling aufzeigt.

Sie erwecken immer wieder Hoffnung bei den Bürgern, enttäuschen sie aber postwendend (Beifall bei den Freiheitlichen) , sodaß einem wirklich schön langsam die Tränen kommen, wenn man sieht, wie Sie mit diesen Ihren Versprechungen umgehen.

Ich bin davon überzeugt, daß das sogenannte Hochleitner-Schmidt-Konzept nicht das Konzept ist, welches die Klein- und Mittelbetriebe forciert beziehungsweise deren Technologieentwicklung fördert. Wir wissen aber, daß die Klein- und Mittelbetriebe eigentlich jene sind, die Arbeitsplätze in Österreich garantieren. Gerade die Konzerne sind ja Weltmeister im Auslagern von Arbeitsplätzen, nachdem ihre Entwicklung wirksam mit österreichischen Steuermitteln gefördert worden ist.

Sie haben es weiters bis dato leider verabsäumt, endlich die sogenannten Arbeitskosten, die Lohnkosten zu entlasten, denn Sie könnten weit wirksamer fördern, weit mehr fördern, wenn Sie

 


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die Lohnkosten senken würden. Sie könnten mit einer echten Milliarde eine viel größere Wirkung erzielen, als dies so möglich ist.

Für eines haben Sie klarerweise bei den 600 Millionen Schilling, die verblieben sind, gesorgt: Die Kompetenzaufteilung findet wieder im rot-schwarzen Proporzstil statt – phänomenal für Sie und für Ihr bürokratisches Denken und Handhaben dieser Dinge. Sie beschäftigen wieder zwei Ministerien, um die Technologieförderung zu erledigen. Wenn ich mir vorstelle, daß Sie für 600 Millionen Schilling Förderungsvolumen Minister Einem und Minister Farnleitner brauchen – also zwei Minister, die sich einigen müssen, wo sie die 600 Millionen Schilling hinfließen lassen –, dann muß man wirklich die Befürchtung haben, daß die Bürokratie mehr kostet, als an Förderungsmitteln übrigbleibt. Das heißt, das Salz ist aller Wahrscheinlichkeit nach teurer als die Suppe. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen ob Ihrer Unfähigkeit und als Beweis dafür, daß das stimmt, was ich behauptet habe, einen herrlichen Beitrag zeigen: Das "WirtschaftsBlatt" vom Samstag, dem 5. Juli, stellt eine wirklich hervorragende, eine weltweit anerkannte und meines Erachtens historische Erfindung vor: eine Solarzelle aus Kunststoff, entwickelt von einem Linzer Forscher, einem Linzer Unternehmen. Welche Wege muß das Linzer Unternehmen gehen, um zu Forschungsgeldern zu gelangen, weil die österreichischen Repräsentanten auf der Regierungsbank beziehungsweise das Parlament nicht in der Lage sind, das Problem zu lösen? – Dieser Linzer Forscher, dieses Linzer Unternehmen muß sich an das holländische Wirtschaftsministerium wenden, um die Forschung an dieser Solarzelle nicht abbrechen zu müssen. – Es ist eine Schande, es ist wirklich ein Trauerspiel, was Sie hier in diesem Parlament und von dieser Regierungsbank aus liefern und der Bevölkerung antun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

20.39

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, daß die Solarzelle, die an der Uni Linz von einem Universitätsprofessor entwickelt wird, im wesentlichen durch österreichische Gelder finanziert wird, weil ja an den Universitäten üblicherweise mit österreichischen Forschungsgeldern gearbeitet wird. Wenn es darüber hinaus großes Interesse vieler privater Investoren gibt, sich an diesem Projekt zu beteiligen, so ist das an sich logisch und klar.

Ich glaube aber, daß es so, wie es heute im "WirtschaftsBlatt" dargestellt war – ich habe diesen Artikel auch gelesen –, nicht verstanden werden kann, weil der Redakteur, der diesen Artikel geschrieben hat, offenbar die österreichische Universitätsfinanzierung nicht versteht.

Grundsätzlich haben wir ja nicht erwartet, daß die freiheitliche Fraktion sagt: Das ist eine tolle Geschichte, es gibt während des Jahres, unterjährig, eine zusätzliche Milliarde für Forschung und Technologiepolitik, für Exportförderungsmaßnahmen technologieorientierter Aktivitäten. Wir haben nicht damit gerechnet. Ich meine, daß es nichtsdestotrotz eine sehr engagierte Aktivität des Parlaments, des Finanzministers und der Bundesregierung darstellt, wenn wir in Zeiten des Sparpaketes tatsächlich eine Milliarde zusätzlich für derartige Aktivitäten zur Verfügung stellen.

Ich bin auch überzeugt, daß eine Milliarde – immerhin tausend Millionen – nicht so abgetan werden kann, wie es Kollege Mentil gemacht hat, indem er gesagt hat, das Salz in der Suppe sei teurer als die Suppe selbst. Eine Milliarde ist immerhin eine Milliarde. Manchmal spricht die Freiheitliche Partei bei einer Milliarde von einer katastrophalen Situation, in anderen Fällen, wenn diese für positive Zwecke und für Innovationen verwendet wird, von einer vernachlässigbaren Größe. (Abg. Mag. Stadler: Das ist immer so mit den Milliarden! Eine Milliarde kann gut sein, eine Milliarde kann schlecht sein!) Ja, aber ich glaube, sie ist diesmal gut, und das läßt sich nicht wegdiskutieren.


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Diese Milliarde ist gut und positiv, und man weiß, daß gerade die Zuteilung an die großen Fonds, nämlich FWF und FFF, eine wesentliche Verbesserung der Situation dieser Fonds bringen wird. Derzeit müssen 38 Prozent der Anträge an den FWF abgelehnt werden, andere können nicht sofort erledigt werden. Mit diesen zusätzlichen Mitteln wird es dem FFF wie dem FWF wesentlich besser gehen.

Es wird aber darüber hinaus für den Wirtschaftsminister, der selbstverständlich auch für einen Teil dieser Politik zuständig ist – in diesem Land ist nicht einer für alles zuständig –, möglich sein, im Bereich der Exportförderungsmaßnahmen zusätzliche Aktivitäten zu setzen, die wir dringend brauchen. Er hat aber auch die Möglichkeit, in anderen Segmenten an der Schraube zu drehen und die Effizienz zu steigern.

Ich glaube, wir können uns in Summe wirklich darüber freuen, daß es gelungen ist, diese Milliarde zusätzlich zu aktivieren, denn bis gestern oder bis vorige Woche haben unsere Oppositionspolitiker heftig abgestritten, daß es diese Milliarde jemals geben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit beträgt maximal 5 Minuten.

20.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Jetzt ist sie geboren, die Technologiemilliarde – nach einer langen Schwangerschaft eine schwere Geburt. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber ein schönes Kind!) Ein hoffentlich schönes Kind! Aber wenn sie nicht geboren worden wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann wäre das so – wieder ein Vergleich aus der Medizin –, als wenn man einem Schwerkranken die Medizin vorenthalten würde, auch wenn es nur eine homöopathische Dosis wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben sie vor einem Jahr mit Pauken und Trompeten angekündigt. Sie haben gesagt: Jetzt reißen wir endlich den Technologiekarren aus dem Dreck! Eine Milliarde ist natürlich viel Geld, aber wenn wir den Rückstand, den wir in Österreich haben, betrachten, dann, muß ich sagen, ist dies ein winziger Betrag. Sie erhöhen damit den Anteil der Ausgaben für Forschung und Wicklung am BIP um 0,4 Promille – das ist jetzt keine vorgezogene Alko-Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren! –, also von 1,49 auf 1,54 Prozent des BIP. Der Durchschnitt liegt bei 2,2 Prozent. Das ist wirklich mager, aber wir gönnen es den Unternehmern.

Als Sie das angekündigt haben, sind die Technologieakteure schon bereitgestanden. Man hat sich richtig Sorgen darum gemacht, ob Programme in ausreichender Zahl vorhanden sein werden. Die Fonds haben Aktionslinien erarbeitet, Programme und Prospekte sind gedruckt worden, blumenreiche Ankündigungen hat es gegeben. Jetzt aber ist sie endlich geboren, und da ist der Koalitionspartner nicht mehr dabei. Laut heutiger Zeitung sagt unter der Überschrift "Gerecht handeln – mutig entscheiden" der Bundeskanzler: Abgehakt: Technologieoffensive, Sonderprogramm. – Ich weiß nicht, ob es vielleicht in einer anderen Zeitung die gleiche Annonce mit einem anderen Hintergrund gibt, weil Sie ja schließlich und endlich auch mitgewirkt haben. Für uns ist es zu wenig.

Bundeskanzler Klima hat die Technologie zur Chefsache erklärt, Hochleitner und Schmidt haben ein Programm vorgelegt, das unserer Meinung nach in einer neuen Schöpfung von Bürokratie, in der Schöpfung von neuen Büros gipfelt und letztlich für die Technologiepolitik etwas wenig übrigläßt. Das System wurde nicht reformiert. Es gibt keinen Ansatz zur Verbesserung der Grundlagenforschung, die Akademie der Wissenschaften stöhnt, es gibt keine Ansätze zur Behandlung der außeruniversitären Forschung, die im ACR zusammengeschlossen ist. Die Zusammenarbeit Uni – Wirtschaft ist also auch nicht geregelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Letztlich ist es ein Tropfen auf dem sprichwörtlichen heißen Stein.


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Ich persönlich werde zustimmen, weil ich diese homöopathische Dosis den notleidenden technologiepolitischen Akteuren nicht vorenthalten möchte. Aber wir werden sehen, wie ernst es Ihnen bei den Budgetverhandlungen damit ist und ob Sie alles daransetzen werden, um in Zukunft die sprichwörtliche rote Laterne im Bereich der Forschung und Entwicklung loszuwerden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 8 Minuten. – Bitte.

20.47

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist richtig, daß diese eine Milliarde ganz sicherlich kein Quantensprung ist, aber immerhin – so meine ich – ein tauglicher Anfang. Ich möchte dazu sagen, daß ich aus praktischer Erfahrung spreche, weil wir in Freistadt ein Technologiezentrum ins Leben gerufen beziehungsweise zu diesem Zweck eine Gesellschaft gegründet haben und feststellen konnten, daß die öffentlichen Förderungen, so wie sie derzeit gelagert sind, für viele junge Unternehmer wirklich attraktiv genug sind, um in die Hochtechnologie einzusteigen.

Wenn von 30 Millionen immerhin etwas mehr als 20 Millionen öffentlich gefördert werden, dann ist, wie ich meine, diese öffentliche Förderung schon respektabel, dann ist das Risiko für junge Unternehmer, die sich im technologischen Anwendungsbereich etablieren wollen, minimiert, und ich denke, daß daraus allerhand entstehen wird. Es geht nicht nur darum, einfach Geld auf den Tisch zu legen, sondern auch darum, daß diese Strukturen sukzessive entwickelt werden.

Ich bin zuversichtlich, daß diese eine Milliarde tatsächlich österreichweit zumindest Impulse bringen wird, und zwar in der Hinsicht, daß wir junge Unternehmer für hochtechnologische Berufe, für Unternehmertum in hochtechnologischen Bereichen interessieren können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte. Die Redezeit Ihres Klubs beträgt noch 11 Minuten.

20.49

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie dürfen bald eine rauchen, es dauert nicht mehr lange. (Abg. Mag. Haupt: Wieder ein paar Groschen Tabaksteuer!) Er schaut so leidend aus! Ich muß schon sagen, manchmal tun mir Bundesminister ja leid, wenn sie Süchte nicht ausleben dürfen. (Abg. Mag. Stadler: Ich weiß nicht, ob das an den Zigaretten liegt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich würde es nicht darauf beziehen!)

Ich entnehme einem Artikel der "Presse" von morgen: "Einem will die Leitung der Technologieoffensive". – Interessant!

Dann kommt Einem offensichtlich darauf, daß das, was vorgesehen ist, daß nämlich der ERP-Fonds dazu verwendet wird, um daraus ein kleinwenig, ein paar Millionen, abzuzweigen, was einen Gesamtwert von 30 Milliarden bedeutet, gar nicht so funktioniert. Also er will es nicht.

Es funktioniert deswegen nicht, weil das ein Fonds ist, den wir im Jahre 1963 gemeinsam mit den Amerikanern etabliert haben. Wenn wir daher etwas ändern wollen, dann müssen wir die Amerikaner fragen. Ich habe im Ausschuß gefragt, was denn die Behörden in Amerika dazu sagen, daß wir einfach diese 30 Milliarden verwenden wollen. Da wurde mir ausgerichtet: Wahrscheinlich werden sie einverstanden sein. – Dem ist offensichtlich nicht so. Das ist mittlerweile auch Herrn Bundesminister Einem ausgerichtet worden, und deswegen verzichtet er auf den ERP-Fonds. – Entzückend!

Aber nichtsdestotrotz ist wirklich interessant, was vor kurzem der Rat für Wissenschaft und Forschung gesagt hat, nämlich daß die Budgetpolitik den Forschungsbereich betreffend das


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Ergebnis einer fatalen Fehleinschätzung sei. Der Rat für Wissenschaft und Forschung wird leider nicht von den Liberalen, sondern von anderen beschickt. Wenn man dort sagt, daß das das Ergebnis von fatalen Fehleinschätzungen sei, dann sieht man, wo wir in Österreich sind und daß wir wirklich Akzente brauchen. Nur das bewegt uns dazu, diesem Budgetüberschreitungsgesetz zuzustimmen, nicht die Tatsache, daß wir mit der Art und Weise, wie Sie das verteilen wollen, einverstanden wären.

Das Problem ist, daß wir bis heute nur ein Papier von Bundesminister Farnleitner haben, auf dem das Ganze basiert. Mittlerweile gibt es eine Ruster Erklärung, die ein völlig anderes Technologiekonzept in den Raum stellt. Es wird aber von der Bundesregierung nur zur Kenntnis genommen, diskutiert wird es erst im Herbst. Wir verteilen jetzt die Gelder, deren Verwendung erst im Herbst ausgestaltet werden wird. Ich halte das für eine Umkehrung dessen, was logisch ist. Logisch wäre es, zuerst das Konzept dafür zu haben, wie Technologiepolitik in Österreich durchgeführt werden soll, und erst dann die Milliarde aufzuteilen und auszugeben. Man macht das in der Bundesregierung offensichtlich anders. Man verteilt, und dann überlegt man sich, wie die Effizienz am größten sein könnte. – Bitte, ich nehme das zur Kenntnis.

Nicht nur, daß der Rat für Wissenschaft und Forschung eine fatale Fehleinschätzung abgibt, sondern er sagt auch, daß ohne diese Technologiemilliarde die Forschungsquote zurückgehen würde. Wir brauchen die Technologiemilliarde nicht nur, um vom unteren OECD-Drittel ins Mittelfeld zu kommen, sondern wir brauchen sie deswegen, weil es sonst aufgrund der budgetären Situation zu einer effektiven Kürzung dieser Gelder kommen würde. – Sehr gut!

Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter tun mir leid, die in dieser Situation überhaupt noch in Österreich bleiben müssen oder wollen. Ich kann jeden verstehen, der sich einen Job im Ausland sucht, auch wenn er dann als fahnenflüchtig, als in Österreich ausgebildet und dann die Intelligenz woanders zur Verfügung stellend apostrophiert wird. Das ist diesen Wissenschaftlern gegenüber wirklich unfair. Aber wenn man in diesem Rahmen in Österreich forschen will, befindet man sich in einem Korsett und weiß nicht, ob man im nächsten Jahr überhaupt die Mittel zur Verfügung haben wird, um seine Arbeit fertigstellen zu können. – Das halte ich für den falschen Weg. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es gibt bezüglich des Verhältnisses der staatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu den privaten Mitteln, die zur Verfügung gestellt werden, eine echte Diskrepanz, eine Diskrepanz, die ungesund ist. 48 Prozent werden aus staatlichen Mitteln zur Verfügung gestellt. Ein gesundes Verhältnis wäre: ein Drittel öffentlich und zwei Drittel privat. Das wäre das, was wir uns vorstellen und was international gefordert wird. Nur fehlt die Motivation der Klein- und Mittelbetriebe, sich in der Forschung tatsächlich zu positionieren. Es gibt viel zu wenig steuerliche Anreize. Für Arbeitsplätze, die für Forscherinnen und Forscher vorgesehen sind, gibt es keine echten Schutzbestimmungen. Es ist auch für junge Menschen nicht interessant, in die Industrie zu gehen und nach einem Jahr unter Umständen wieder freigesetzt zu werden, weil die Mittel fehlen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Was sehr wichtig ist: In der gesamten Forschung gibt es kaum Frauen. Ich frage mich, ob Frauen nicht so kreativ sind wie Männer. Wenn ich in der Zeitung lese, daß zum Beispiel das Projekt der Marsmission federführend von einer Frau gestaltet wurde, dann muß ich feststellen, daß Frauen zumindest im Ausland sehr wohl unterstützt werden. Offensichtlich ist man in Österreich nicht daran interessiert, die Kreativität der Forscherinnen adäquat zu unterstützen.

Herr Bundesminister! Sie könnten sich überlegen, wenn Sie schon zusätzliches Geld zur Verfügung haben, inwieweit dieses Geld nicht dazu verwendet werden könnte, Frauen in diesem Bereich zu unterstützen, damit sie endlich eine Entwicklung erfahren und nicht nur für die Routinearbeiten sämtlicher Institutionen der Universität herhalten müssen und sich nicht dahin gehend entwickeln können, ihre Forschungsergebnisse auch im Ausland zu präsentieren, weil immer männliche Kollegen vorgezogen werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Das ist keine Erfindung von mir, sondern das können Ihnen viele Wissenschafterinnen aus eigenen Erlebnissen bestätigen, weshalb ich mir diesbezüglich eine Änderung wünschen würde.

Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen: Wir sollten in bezug auf Forschung und Technologie, so wie das einige Experten verlangen, differenzierter vorgehen. Forschung, eine hochentwickelte Produktion und Technologie auf dem letzten Stand sind die wesentlichen Bedingungen globaler Wettbewerbsfähigkeit.

Warum glauben Sie denn, daß plötzlich, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft, Finnland von Platz 14 auf Platz 2 hinaufgerutscht ist? – Nur weil Finnland die Forschung in diesen neuen Technologien intensiviert hat. Das ist der Grund, warum Finnland so erfolgreich ist. Finnland geht den richtigen Weg, weil diese Arbeitsplätze auch in Zukunft gesichert sind. Zum Argument, das von sozialdemokratischer Seite gefallen ist, daß die Arbeitslosigkeit in Finnland zurzeit hoch ist: Sie wird geringer! Die Verringerung der Arbeitslosenzahlen liegt nicht im 0,01-Prozentbereich, sondern im Prozentbereich.

Nur wenn auch wir diesen Weg die neuen Technologien betreffend beschreiten würden – die Niederlande machen genau dasselbe –, wenn wir versuchen würden, Attraktivität zu erreichen, könnten wir Arbeitsplätze schaffen, könnten wir Ergebnisse vorweisen, wie sie Bill Clinton mit den Millionen von ihm geschaffenen Arbeitsplätzen in Amerika vorgewiesen hat. Das sind nicht Arbeitsplätze, die nur in der Dienstleistung angesiedelt sind. Das sind zu einem wesentlich Teil, nämlich zu 50 Prozent, die neuen Technologien. – Genau in diesem Bereich schlafen wir gemütlich vor uns hin.

Ich wünsche mir, daß wir uns aufwecken lassen. Der Druck dazu kommt von außen, vielleicht registrieren wir das auch noch von innen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. Die Redezeit Ihres Klubs beträgt noch 19 Minuten. 

20.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Abgeordneten der Grünen werden diesem Budgetüberschreitungsgesetz, diese Technologiemilliarde beinhaltend, zustimmen. Natürlich sind wir nach wie vor skeptisch, inwieweit diese längst versprochene, immer wieder in Aussicht gestellte Technologiemilliarde tatsächlich fließen wird. Noch skeptischer sind wir, was die Verwaltung der Mittel und vor allem die Fähigkeit der Bundesregierung, sich über die Art des Mitteleinsatzes und der Mittelverwaltung zu einigen, betrifft. Wir sind aber im Interesse der österreichischen Forschung bereit, eine Art Vertrauensvorschuß zu geben, obwohl ich mir schon die Frage stelle, wie berechtigt dieser Vorschuß an Vertrauen ist.

Daß es nicht nur die Grünen sind, die in diesem Zusammenhang skeptisch in die Zukunft blicken, beweist mir die "Presse" von morgen, in welcher es unter der Überschrift "High-Tech-Dschungel" im Zusammenhang mit dem heutigen Gesetz heißt: "Die Regierung hat schnell reagiert." Dann folgt aber sofort Kritik: "Zuerst wurde die Finanzierung des neuen Forschungsbüros in Frage gestellt. Dann begann der Streit um die künftige Oberaufsicht beim Büro für Forschung und Technologie – und schon wußte der Österreicher wieder, wo sein Zuhause ist."- So lauten Pressemeinungen zu diesem Thema.

Mein Kollege Van der Bellen hat vorhin schon neue Titel für das sogenannte Privatisierungsgesetz vorgeschlagen, und auch ich denke mir, daß wir hier bald ein Gesetz beraten könnten, das die Regierungsparteien brauchen, um potentielle Kompetenzstreitigkeiten das Büro für Forschung und Technologie betreffend beizulegen, also eine Art Forschungs- und Technologie-Regierungsstreitvermeidungs- und -beilegungsgesetz. Ich appelliere daher an die zuständigen Ministerien und Ressortleiter, dafür zu sorgen, daß es nicht soweit kommt.

Ich appelliere auch an Sie – und das ist eigentlich der für mich wichtigste Punkt –, rasch daranzugehen, die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung in Österreich kritisch zu


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durchleuchten. Natürlich ist es wichtig, daß mehr Geld in die Forschung fließt, und ich glaube, daß es durchaus auch Sinn macht, dann stärker in eine anwendungsorientierte, praxisnahe Forschung zu investieren, wenn es auf der anderen Seite eine Bestandsgarantie für kritische, nichttechnologische Forschungen gibt – ich nenne jetzt einmal die Schlagworte Risikofolgenabschätzung, Technologiefolgenabschätzung –, damit die Geistes- und Sozialwissenschaften die Garantie erhalten, daß diese Bereiche nicht ausgedünnt werden. Dann ist, glaube ich, eine starke Praxisorientierung der technologischen Forschung durchaus angesagt und sinnvoll. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Zu allerletzt noch zu diesen von mir angesprochenen Rahmenumständen des Forschens: Herr Bundesminister! Auch Milliardenbeträge sind letztlich nur Anreize für die Forscherinnen und Forscher und für die Industrie in Österreich zu einer besseren Verbindung zwischen Hochschulen, Forschungsförderungsfonds und der Praxis. Diese Anreize werden nur dann aufgegriffen werden, und sie werden auch nur dann zu wirklich ins Gewicht fallenden Veränderungen und Verbesserungen führen – letztlich auch betreffend die Arbeitsplatzsituation in Form von Aufträgen an österreichische Unternehmungen –, wenn sich das, was entwickelt werden soll, auch lohnt, wenn sich die Entwicklungen und technologischen Neuerungen auf dem Markt auch rechnen.

Das heißt noch einmal – und ich weiß nicht, zum wievielten Mal das von Rednerinnen und Rednern der Grünen hier gesagt wird –: Wir brauchen rasch eine wirklich in die Tiefe gehende ökologische Steuerreform. Das ist der wichtigste Punkt überhaupt. Gerade im Energiesektor, im Verkehrssektor, im Bereich der baulichen Investitionen sind gewaltige Investitionen denkbar und sind auch noch gewaltige technologische Verbesserungspotentiale auszuschöpfen. Hiebei geht es auch darum, welcher europäische Staat die Nase voran haben wird, ob es österreichische Unternehmungen sind oder andere. All diese Investitionen – vom Energiesektor über den Verkehrssektor bis zur Baubranche – haben, wie gesagt, mit den besten Anreizen der Forschungspolitik nur dann eine Chance auf Bewährung in der Praxis, wenn sie sich in der täglichen Anwendung rechnen. Solange daher der Einsatz fossiler Energien, also anderer Energien, noch immer nicht unter dem Prinzip der Kostenwahrheit steht, solange die wirklich umweltfreundlichen Technologien steuerlich nicht echt begünstigt sind, solange es also keine wirkliche Anreize im System gibt, so lange können die bestgemeinten Forschungsmittel immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein.

In diesem Sinne hoffe und wünsche ich, daß die Arbeiten der Steuerreformkommission rasch voran schreiten und daß dann auch der politische Mut vorhanden ist, die Erkenntnisse, die gewonnen wurden, rasch in die Praxis umzusetzen. Das soll nicht zu zusätzlichen Belastungen für die Betriebe oder die Haushalte im Durchschnitt führen; das wird aber ohne gravierende Systemänderungen mit Sicherheit nicht abgehen. Erst vor diesem Hintergrund wird sich die "Technologiemilliarde", wie ich meine, in der Art und Weise bewähren, daß Multiplikatorwirkungen eintreten und daß wir schon bald von vielen "Technologiemilliarden" sprechen können. Ich denke, daß das in Österreich dringend notwendig ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

21.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.06

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute kann man nicht von einem Tropfen oder gar von einem Tröpfchen auf dem heißen Stein sprechen: Es ist dies vielmehr ein bedeutsamer Tag für die österreichische Forschungs- und Technologiepolitik. In einer Zeit, in der in den anderen Staaten in diesen Bereichen nicht erhöht wird, sondern zum Teil tatsächlich drastische Einschränkungen vorgenommen werden, investieren wir eine zusätzliche Milliarde in diesen Bereich. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. ) Das, so glaube ich, anerkennen auch die anderen Parteien dadurch, daß sie dieser Gesetzesvorlage zustimmen wollen, und wir sind froh darüber, daß sie sich konstruktiv an diesem Projekt beteiligen.


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Die lange Diskussion – es wurde die lange Dauer kritisiert, aber in etwa ein halbes Jahr, um eine Milliarde auf die Beine zu stellen, ist eigentlich nicht so lange! – hatte jedenfalls zum Inhalt, daß an den Universitäten, bei den Forschungseinrichtungen und in den Betrieben ein sehr starkes Bewußtsein für diesen neuen Schwung entstanden ist und daß wir in den nächsten Wochen und Monaten darauf aufbauen können.

Es gibt bereits ein technologiepolitisches Konzept der Bundesregierung, es gibt das neue Papier "Forschung und Wettbewerb". Und wenn Kollegin Petrovic gemeint hat, daß die "Presse" das gleich wieder kritisiert, dann möchte ich doch sagen, daß diese Kritik von morgen wahrscheinlich übermorgen schon überholt sein wird. Denn in der "Presse" vom 18. Juni, die ich zufällig mitgenommen habe – das ist auch noch nicht so lange her, noch nicht einmal einen Monat! –, heißt es: "Technologieoffensive verzögert sich bis 1998." – Und was geschieht heute? Heute wird diese "Technologiemilliarde" beschlossen! Sie sehen also: Nicht alles, was hier aus der "Presse" zitiert wird, muß stimmen; und diese Kritik stimmt, glaube ich, schon gar nicht. Wir werden beweisen, daß sie nicht stimmt!

Es gibt in diesem neuen, schon erwähnten Papier von Hochleitner und Schmidt eine Reihe von guten Analysen, die zeigen, wo anzusetzen ist. Ich möchte jetzt nicht im Detail darauf eingehen, sondern greife nur ein paar Punkte heraus, etwa daß wir speziell bei den Fachhochschulen auch die Forschungsachse verstärken müssen, daß es insgesamt zu einer Bündelung der Forschungsausgaben kommen muß und daß wir – das ist ein zentraler Punkt künftiger Forschungspolitik – dafür sorgen, daß wir nicht auf einmal vor einem Nichts stehen und sagen: Wie vergeben wir diese Gelder, die wir jetzt auf einmal haben? Wir haben ja durchaus funktionierende Fonds, die diese Mittel sehr gut, zielgerichtet und nach sehr guten Qualitätskriterien vergeben werden.

Es wird sicherlich notwendig sein, bei diesen Projekten speziell darauf zu achten, daß auch die betrieblichen Forschungsleistungen forciert werden und daß wir speziell unsere klein- und mittelbetriebliche Struktur berücksichtigen, weil dort das Forschungsbewußtsein und vielleicht auch die Forschungsmittel nicht in der Weise vorhanden sind, wie das etwa im gerade erwähnten Fall Holland ist, wo sehr viele große Betriebe mit großen Forschungsabteilungen tätig sind.

Kollegin Gredler hat in diesem Zusammenhang ein paar Länder erwähnt. Finnland und die Niederlande sind sicherlich sehr interessante Beispiele, ebenso wie die Schweiz.

Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sehr zügig daran gehen, die Forschungslandschaft neu zu gestalten. Der Wissenschaftsausschuß hat auch einen Unterausschuß eingerichtet, der nicht nur den Forschungsbericht diskutieren, sondern der sehr wohl auch Überlegungen anstellen wird, wie die Papiere, die hier vorliegen, sehr rasch umgesetzt werden können. Der Industrieausschuß hat das mit dem technologiepolitischen Konzept schon seit einiger Zeit getan.

Wir sind, wie ich meine, mit dieser "Technologiemilliarde" auf einem guten Weg. Wir haben sicherlich noch einen weiten Weg vor uns. Die Steigerung des Anteiles am BIP von den 1,5 Prozent, die schon erwähnt worden sind, auf 2 Prozent, ist noch ein gutes Stück Weges, dieses Ziel müssen wir erreichen. Ich denke aber, daß dieser heutige erste Schritt ein sehr wichtiger Schritt ist und daß wir in den nächsten Jahren Österreichs Forschung weiterhin nach vorne bringen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Dr. Stummvoll vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.11

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf unmittelbar an die Ausführungen meines Vorredners anschließen. Er hat darauf hingewiesen, daß ein größeres Stück des Weges noch vor uns liegt.


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Meine Damen und Herren! Ich möchte das in Zahlen ausdrücken: Der Unterschied zwischen 1,5 oder 2 Prozent Forschungs- und Entwicklungsquote beträgt jährlich 12 Milliarden Schilling. Die heutigen 1,5 Prozent sind 36 Milliarden Schilling, daher sind nach Adam Riese 2 Prozent 48 Milliarden Schilling. Das zeigt in der Quantifizierung die gewaltige Herausforderung, die in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Insgesamt sind wir aber sehr froh darüber, daß bei dieser Bundesregierung die Forschungs-, Entwicklungs- und Technologiepolitik einen hohen Stellenwert hat. Wir sehen das an der heutigen Beschlußfassung über die Verteilung dieser ersten "Technologiemilliarde", wir sehen das am Konzept der Bundesregierung für Forschungs- und Entwicklungspolitik, und wir haben es an der Einsetzung des Projektteams Hochleitner/Schmidt gesehen.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich vor allem deshalb zu Wort gemeldet, weil ich betonen will – ich bin sehr froh darüber, daß einige Vorredner und auch Kollege Niederwieser das betont haben –, daß wir, was die Wirtschaft betrifft, sehr darauf achten werden, daß mit dieser Neuorganisation der Technologiepolitik mehr verbunden ist als das Zeichnen neuer Organigramme oder neuer "Kasterln", wie ich manchmal sage.

Es ist erstens notwendig – ich habe das mit dem Rechenbeispiel genannt –, mehr Geld in die Hand zu nehmen. In diesem Punkt stimme ich völlig mit jenen Ausführungen in der Resolution "Wachstum und Beschäftigung" des EU-Gipfels in Amsterdam überein, die besagen, daß es zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der europäischen Industrie unter anderem erforderlich ist, die öffentlichen Budgets umzuschichten, um Investitionen in Forschung und Entwicklung, Technologie, Humankapital und Infrastruktur entsprechend anzureizen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, wobei ich weiß, Herr Finanzminister, wie schwierig das bei der jetzigen Budgetlage ist. Aber wenn wir zukunftsorientierte Strategien entwickeln wollen, dann müssen wir dieser Empfehlung von Amsterdam Rechnung tragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir insgesamt folgende Bemerkung: Ich glaube, wir müssen generell – da ist jeder von uns gefordert – den Bürgern aufzeigen, daß wir in der heutigen Zeit zuviel konsumieren und zuwenig in die Zukunft investieren. Ich glaube, an der Forschungs- und Technologiefront wird sich wahrscheinlich in den nächsten Jahren und nach der Jahrtausendwende in hohem Maße entscheiden, welche Länder als Wirtschaftsstandorte attraktiv oder nicht attraktiv sind.

Zweitens: Viele Vorredner haben auch betont, daß wir bei all dem die Klein- und Mittelbetriebe nicht vergessen sollen. Ich schließe mich diesem Appell an, denn es ist für mich manchmal sensationell und die größte Motivation für meine eigenen Arbeit als Interessenvertreter, zu sehen, welch tolle unternehmerischen Leistungen Klein- und Mittelbetriebe erbringen. Ich kenne Betriebe mit rund 40 Mitarbeitern, die auf ihrem Gebiet Weltspitze sind, etwa einen Betrieb im Waldviertel, der mit 40 Mitarbeitern im Bereich der Lasergeschwindigkeitsmessung Weltspitze ist. Das ist, glaube ich, sensationell.

Meine Damen und Herren! Wir möchten erreichen, daß im Zuge dieser Umorganisation und Neustrukturierung die Klein- und Mittelbetriebe nicht untergehen, sondern eine faire Chance erhalten, ihre Kreativität und ihren Innovationsgeist letztlich in Arbeitsplätze umzusetzen.

Ein dritter Punkt noch: Wir haben einen sehr praxisbezogenen Fonds, den sogenannten FFF, den Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft unter Vorsitz von Generaldirektor Frantsits. Ich glaube, wir sollten alles tun, daß dieser bis jetzt sehr gut funktionierende Fonds im Zuge der Neustrukturierung nicht unter die Räder kommt. Die Hilferufe von Frantsits haben wir in den letzten Tagen gehört. Ich glaube, wir wären schlecht beraten, im Zuge dieser Neustrukturierung einen heute gut funktionierenden Fonds allzusehr umzugestalten.

In diesem Sinne freut es mich, daß wir heute den ersten Schritt in Richtung "Technologiemilliarde" setzen. Aber ich stimme mit meinen Vorrednern überein, daß dies nur ein erster Schritt ist. Die Herausforderung für die nächsten Jahre ist auch finanziell gesehen eine gewaltige! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.15


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.15

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Die neuen Bedingungen für den weltwirtschaftlichen Wettbewerb, die schon heute gelten, in Zukunft aber noch in viel stärkerem Maße gelten werden, erfordern vielfach geänderte organisatorische Voraussetzungen. Eine Technologieoffensive und eine Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung ist unabdingbar, darüber sind wir uns alle einig.

Es gilt, auf der Ebene der Volkswirtschaft ein grundsätzlich fortschrittliches und vor allem innovatives Klima zu schaffen, die nötige Flexibilität und Mobilität zu sichern und bildungsmäßige Infrastrukturen bereitzustellen. Etwas dürfen wir aber nie vergessen: Fortschritt bedeutet auch neue Wege der sozialen Absicherung. Der Gesamtanteil privater und öffentlicher Forschungsausgaben am BIP ist heute schon mehrmals genannt worden: Er liegt in Österreich seit einigen Jahren verhältnismäßig konstant bei etwa 1,5 Prozent. Damit liegt Österreich zwar deutlich unter dem internationalen Durchschnitt, es ist aber unsere Zielvorstellung, im Jahre 2002 bei 2 Prozent anzulangen. Deswegen hat die Bundesregierung mit einer Forschungs- und Technologiemilliarde im Jahr 1997 ein kräftiges Signal in diese Richtung gesetzt. (Zwischenruf des Abg. Mentil. )

Herr Abgeordneter Mentil, es gibt sehr wohl Konzepte! Denn es sollen Ziele wie zum Beispiel die Stärkung der Forschungs- und Transferkapazität für Fachhochschulen erreicht werden, wobei Erkenntnisse aus diesem Bereich praxisnah in die Klein- und Mittelbetriebe einfließen sollen. Dazu brauchen wir aber natürlich auch die dafür notwendigen Informations- und Kommunikationstechniken, die diese Zusammenarbeit letztlich erleichtern sollen. Ebenso ist dabei der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur angesprochen, wobei vor allem der Ausbau der Bahn und der damit verbundenen Verkehrslogistik gemeint ist.

Meine Damen und Herren! Neben den direkten Förderungen wird es noch zusätzliche steuerliche Förderungen geben müssen, beispielsweise eine Erhöhung des Forschungsfreibetrages und Förderungen für die zusätzliche Beschäftigung von wissenschaftlichem und technischem Personal. Aber auch steuerliche Anreize für die innerbetriebliche Aus- und Weiterbildung werden zu prüfen sein. In diesem Zusammenhang ist die Steuerreformkommission gefordert, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Obwohl Österreich hochqualifizierte Arbeitskräfte besitzt, die im internationalen Vergleich sehr erfolgreich sind, muß die Aus- und Weiterbildung ein Schwerpunkt – und das ist sie auch im vorliegenden Regierungsprogramm! – bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreichs Wirtschaft braucht eine Technologieoffensive, um in Zukunft im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, und daher kann es nur ein klares Ja zum vorliegenden Bericht des Budgetausschusses geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.19

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Es ist das Privileg des Erstredners einer jeden Partei, daß er vor vollen Rängen sprechen kann. Und es ist der Vorteil des letzten Redners, daß er vor einer Abstimmung ebenfalls vor vollen Rängen sprechen kann. (Abg. Leikam : Dann muß er aber etwas Gescheites sagen!)

Natürlich kann man über diese "Technologiemilliarde" unterschiedlicher Meinung sein. Man kann als Maßstab das Bruttoinlandsprodukt heranziehen: Im Vergleich beträgt der Anteil in Österreich 1,5 Prozent, in Schweden 3,1 Prozent oder in Frankreich 2,4 Prozent. Natürlich kann man


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von einem Tropfen auf dem heißen Stein sprechen. Günter Stummvoll hat es schon betont: Für die Erhöhung auf 2 Prozent fehlen jährlich weitere 12 Milliarden Schilling.

Trotzdem: Erstens ist dies ein richtiger Schritt, zweitens ist dies ein wichtiges Signal für unsere Betriebe, und drittens handelt es sich hiebei letztendlich um wichtige Maßnahmen zur Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft, zur Standortfestigung und zu einer Exportoffensive. Jeder zusätzliche Forschungsschilling bringt 8 bis 10 Umsatzschillinge, und das ist eine Basis für die Schaffung von qualifizierten, hochwertigen Arbeitsplätzen. Daher ein Ja zu dieser "Forschungsmilliarde". – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Dr. Grollitsch vor. Restredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.21

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kurz gesagt: Über dieses Technologiemilliarden-Ei wurde sehr lange im Vorfeld gegackert, und es wurden viele Hoffnungen geweckt. Es wurde auch in meiner Region, in Leoben, die Hoffnung geweckt, daß Großforschung über diese Milliarde gefördert wird und daß das Projekt von Eurocryst dieser Region neue Hoffnung geben kann.

Leider konnte sich die Regierung über die Frage Großforschung noch nicht grundsätzlich einigen. Auch über die Entscheidung Austroton oder Eurocryst gibt es bis dato – trotz Ankündigung – keine Entscheidung. Schlußendlich ist damit zu rechnen, daß nach der Vergabe dieser Milliarde auch diese Hoffnung für die Region vorüber ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das gilt aber auch für die im Zuge des Vorgegackers betreffend Seibersdorf geweckte Hoffnung. Prompt folgt bezüglich Kündigungen und bezüglich Flucht aus Seibersdorf in der morgigen Zeitung die Klage jener Forschungseinrichtung, auf die wir uns bisher gestützt haben. Warum man diese ausgelassen, neue Flausen entwickelt hat und das Bestehende aushungern läßt, ist für uns nicht einsichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Summe sind wir selbstverständlich für die Förderung der Forschung, und wir sind selbstverständlich dafür, daß diese Milliarde in die Forschung investiert wird, aber wir können nicht dafür sein, daß diese politisch quasi freihändig ohne ein vorgeschaltetes Begutachtungsverfahren vergeben wird. Wir werden darauf achten, daß es in Zukunft eine Begutachtung gibt und ein Mitreden der Fachleute zugelassen wird und das nicht von oben als Chefsache nach unten verordnet wird.

Prinzipiell ist von unserer Seite Zustimmung zu dieser Milliarde signalisiert worden. Ich habe aber durchaus Verständnis für Kollegen in unserem Kreis, die gegen diese Form der Durchführung und Zuteilung sind, die, wie gesagt, zur hochpolitischen "Chefsache" gemacht wurde. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. Zu diesem Zweck bitte ich die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 782 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt mehrheitlich. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzesantrag auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls mehrheitlich. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz, sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Ghaderi, Abdul-Rahman Ghassemlou und Fadel Rasoul am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtiger, die trotz vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten.

Der Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Schmidt, Hans Helmut Moser, Partnerinnen und Partner auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Ghaderi, Abdul-Rahman Ghassemlou und Fadel Rasoul am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtiger, die trotz vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, ist zu prüfen."

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

Gemäß § 33 Abs. GOG wird die Durchführung einer Debatte beantragt.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gehen in die Debatte ein. Ich verweise auf die Bestimmungen des § 57a der Geschäftsordnung.

Das Wort erhält zunächst Frau Dr. Schmidt als Antragstellerin. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.25

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Kostelka fragt mich, ob es etwas Neues gibt. – Ich halte die Beantwortung dieser Frage deswegen für nicht wichtig, weil die alten Dinge noch nicht geklärt sind, sondern einer Klärung harren.


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Das ist auch der Grund, warum wir neuerlich einen Antrag gestellt haben, einen Untersuchungsausschuß im Zusammenhang mit der Aufklärung der Morde an drei Kurden einzusetzen. Denn wir sind der festen Überzeugung, daß die Frage der politischen Verantwortung nur durch einen Untersuchungsausschuß geklärt werden kann.

Ich weiß, daß Sie gerne nach dem Motto vorgehen – die ÖVP hat uns das heute im Zusammenhang mit den Verbalinjurien des Außenministers wunderbar demonstriert –: Reden wir doch über etwas anderes; wir haben wichtigere Probleme! – Meine Sorge ist, daß es zu einem politischen Prinzip werden könnte, daß man von den wesentlichen Dingen ablenkt, indem man auf scheinbar noch wesentlichere verweist. Es kann aber doch nicht die Aufgabe eines Parlaments sein, einfach zur Tagesordnung überzugehen, wenn man weiß, daß es in einem gewissen Zusammenhang um Menschenleben auf der einen Seite und um die außenpolitische Linie eines Landes auf der anderen Seite geht!

Es hat interne Berichte von drei Ministerien gegeben, wobei es bezeichnend ist, daß sich das Außenministerium in der letzten Minute gerade noch herbeigelassen hat, einen solchen Bericht vorzulegen, und weil es auch bezeichnend ist, daß gerade der Bericht dieses Ministeriums als der wohl oberflächlichste bezeichnet werden muß, haben wir über die Qualität dieser Berichte von diesem Pult aus schon öfters gesprochen. Ich will daher die Zeit nicht damit verbringen, das zu wiederholen.

Seit der letzten Plenarsitzung ist jedoch ein Aktenkonvolut vorgelegt worden, und es ist übrigens interessant zu wissen, daß dieses Aktenkonvolut erst bei den Journalisten gelandet ist und dann im Parlament. Das Außenministerium hat eine sehr eigenwillige Art und Weise, mit Journalisten umzugehen. Ich will das jetzt aber nicht näher qualifizieren. Jedenfalls war es eine parlamentsfeindliche Vorgangsweise, die aufgrund einer parlamentarischen Anfrage angeforderten Unterlagen erst einmal den Journalisten zu geben. Vielleicht hat man sich davon etwas erwartet! Wir sehen aber, daß das nicht ganz funktioniert hat.

Tatsache ist, daß dieses Aktenkonvolut nicht zur Aufklärung der Vorgänge beigetragen hat. Ganz im Gegenteil: Wenn man sich diese Unterlagen anschaut, dann stellt man fest: Die Mordfälle haben sich, wie Sie wissen, am 13. Juli 1989 ereignet. Am 22. Juli ist, wie Sie ebenfalls wissen, einer der Hauptverdächtigen ausgereist. Und aus dem Aide-mémoire, jener Note der USA, die bereits am 22. August verfaßt wurde, als sich immerhin noch ein Verdächtiger bei uns im Lande befunden hat, nämlich Bozorgian, ist erkennbar, daß die USA ganz eindeutig davon ausgehen, daß die drei Verdächtigen die Täter sind. Und Österreich wird darin in der Diplomatensprache, aber dennoch unmißverständlich aufgefordert, endlich Handlungen zu setzen.

Zu diesem Zeitpunkt ist der damalige Justizminister Foregger noch davon ausgegangen, daß man den Haftbefehl gegen den in Österreich befindlichen Bozorgian aufheben sollte. Da frage ich mich: Wie kommt der österreichische Justizminister – und das zu einem Zeitpunkt, in dem in einer Note klare Verdachtsmomente erhoben, definiert werden, zu der Meinung, daß es nicht notwendig ist, sich gegen diese drei beziehungsweise zumindest gegen den einen, der zu diesem Zeitpunkt sicher noch im Lande war, zu wenden beziehungsweise einen Haftbefehl gegen ihn zu erlassen?

Was noch charakteristisch ist, ist die Sprache, die zu diesem Zeitpunkt verwendet wird. Es ist für mich sehr eigenartig, daß in einem Bericht eines österreichischen Beamten – es ist nicht klar erkennbar, aber ich gehe davon aus, daß es der Botschafter bei den Vereinten Nationen war – an das Außenamt über ein Treffen des iranischen Außenministers Velayati mit dem österreichischen Außenminister Mock berichtet wird, das im Oktober 1989 stattgefunden hat.

Es werden die Morde darin als "Vorfall" bezeichnet – eine sehr eigenartige Ausdrucksweise, noch dazu, wenn sie aus österreichischem Munde kommt – und alle Register gezogen, um die diplomatischen Beziehungen "trotz dieses Vorfalles", wie es so schön umschrieben wird, wieder zu normalisieren.


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Dritter Punkt: Die Kontakte zwischen dem damaligen Generalsekretär Klestil, dem damaligen Innenminister Löschnak und der iranischen Botschaft wegen der Bewachung der Botschaft zeigen, wie intensiv die Gespräche geführt wurden. Am 5. Dezember 1989 rief der damalige Generalsekretär Klestil, der heutige Bundespräsident, den Innenminister an. Dieser teilte ihm mit, er habe ohnehin bereits angeordnet, die Bewachung der Botschaft zu reduzieren.

Dazu muß ich folgendes sagen: Ich habe – wie alle drei Oppositionsparteien – zu einem Zeitpunkt, als die Akten bereits auf dem Tisch lagen, ein Gespräch mit dem Bundespräsidenten geführt. Nach Meinung des Bundespräsidenten würden genau diese Unterlagen bestätigen, daß er mit dieser Angelegenheit direkt nichts zu tun gehabt habe. – Ich sehe das anders und habe das dem Herrn Bundespräsidenten auch gesagt.

Meiner Ansicht nach wäre es das mindeste an politischer Verantwortung gewesen, daß sich der Generalsekretär, wenn der Innenminister sagt, die Bewachung sei schon gelockert worden, erstens nach der Begründung für diesen Schritt erkundigt, zweitens seinen Minister davon verständigt und sich drittens sein eigenes Bild darüber macht, ob eine solche Lockerung der Bewachung der Botschaft auch in Ordnung ist.

Geschehenlassen und Sich-Zurücklehnen bedeutet meiner Meinung nach auch Mitverantwortung, und daher bedarf die Rolle sowohl des Generalsekretärs als auch des damaligen Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten einer Untersuchung, durch die auch zu klären wäre, welche Vorstellung von politischer Verantwortung sie in diesem Zusammenhang an den Tag gelegt haben.

Mit einem Satz: Jene Fragen, von denen wir schon bisher gesprochen haben, sind weiter offen geblieben; es sind dies Fragen, die das Innenministerium, das Justizministerium und das Außenamt sowie konkret handelnde Personen betreffen.

Zum Innenministerium: Welche Informationen hatte dieses Ministerium bereits vor den Morden über die Treffen zwischen den Kurden und Iranern? – Diese Frage ist aufklärungswürdig, denn es geht darum, was man bereits damals hätte verhindern können. Es ist zu klären, welche Rolle der damalige Stapo-Chef Schulz gespielt hat, der laut Unterlagen höchstpersönlich interveniert hat, um keine Haftbefehle auszustellen, da dies die diplomatischen Beziehungen belasten könnte; er hat davor gewarnt. Aus welchem Grund hat Generaldirektor Danzinger die Bewachung der Botschaft im November 1989, also zu einem Zeitpunkt, als man durchaus noch glauben konnte, Bozorgian befinde sich in der Botschaft, gelockert? – All das sind Fragen, die kein Gericht klären kann. Es handelt sich dabei wahrscheinlich nicht um Amtsmißbrauch oder ähnliches, sondern um Dinge, die der politischen Verantwortung unterliegen.

Zum Justizministerium: Aus welchem Grund hat das Justizministerium keinen Haftbefehl gegen Sahraroodi, der im Juli 1989 ausgereist ist, ausgestellt, obwohl das Innenministerium zu diesem Zeitpunkt bereits acht ganz konkrete Verdachtsmomente aufgelistet hatte? Warum hat die Erstellung des gerichtsmedizinischen Gutachtens so lange, nämlich bis zum November 1989, gedauert? Und warum – das interessiert mich sehr, auch wenn er nicht mehr amtierender Justizminister ist – hat Foregger bis dahin in allen Kontakten, sei es mit der Presse, mit dem Außenministerium oder – und das müßte dieses Haus interessieren – mit dem Parlament, eisern an der Unschuld der drei Täter festgehalten?

Zum Außenministerium: Hat diese ständige Weitergabe der Drohungen des Iran einen Einfluß gehabt, wurde so Druck ausgeübt, um die Verfahren einzustellen? Inwieweit war das Außenministerium daran beteiligt, daß die Bewachung der Botschaft gelockert wurde?

Und letztlich – das scheint sehr wichtig zu sein –: Welche Rolle hat der damalige Generalsekretär Klestil, der heute Bundespräsident ist, bei all diesen Dingen gespielt?

Ich halte einen Untersuchungsausschuß für notwendig, um die Vorgangsweisen, die wir in Zukunft zu erwarten haben, einschätzen zu können. Er könnte aber vor allem dazu beitragen, festzustellen, wie wir uns in Zukunft gegenüber dem Iran verhalten werden, ob Österreich


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gegenüber einem solchen Regime wieder einen aufrechten Gang findet. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Anschober. Ab nun beträgt die Redezeit pro Abgeordnetem 5 Minuten. 

Bevor ich dem Herrn Abgeordneten das Wort erteile, möchte ich doch um etwas mehr Aufmerksamkeit auch bei jenen bitten, die zwischen den Sitzreihen plaziert sind. – Meine Damen und Herren! Ich bitte um Aufmerksamkeit!

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

21.36

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Danke, Herr Präsident! – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch jene zwischen den Sitzreihen! Es gibt heute eine ganz andere Form der Diskussion über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als bei der letzten Debatte über diese Causa. Es gibt heute kein Gebrüll und kein Geschrei (Abg. Dr. Mertel: Kommt darauf an, was Sie sagen!), sondern eher die zweite Form, nämlich ein Thema "stillzukriegen", im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich durch Passivität und demonstratives Desinteresse. (Abg. Leikam: Ihnen kann man aber auch gar nichts recht machen!) – Gut. Genau das wollte ich, Herr Kollege, nämlich daß ein bißchen Stimmung und Interesse aufkommt und wir etwas intensiver über diese Angelegenheit diskutieren.

Die Diskussion über dieses Thema läuft nun schon fast drei Monate lang! (Abg. Schwarzenberger: Und immer die gleichen Argumente!) Rückblickend muß ich sagen: Es hat sich in einigen wesentlichen Bereichen tatsächlich ausgezahlt. Ich glaube, es war sehr wichtig, diese Diskussion zu führen, und es wird sehr wichtig sein, diese Diskussion auch weiterhin zu führen – aus mehreren Gründen.

In der Diskussion der letzten Wochen wurde deutlich, welche Rolle Österreich, aber auch andere Staaten – auch das muß man sehr klar und deutlich sagen – in den Jahren 1987 und danach im Umgang mit einem Terrorregime gespielt haben. Die Kurden-Morde von Wien sind zwei von insgesamt 32 politischen Hinrichtungen, die auf Anweisung des iranischen Regimes geschehen sind. Der Umgang mit diesem Faktum, mit diesem Phänomen, das allen Staatsträgern in Europa bekannt war, ist ein Zeichen dafür, wie es um die Menschenrechtspolitik und um eine couragierte und engagierte solidarische Außenpolitik in diesem Europa steht. – Ich habe das Gefühl, daß sich in dieser Beziehung relativ wenig geändert hat.

Diese Debatte bot gleichzeitig auch die Möglichkeit, den Verdacht einer staatlich organisierten Fluchthilfe zu thematisieren. In vielen Bereichen ist dieser Verdacht – darin gebe ich meiner Vorrednerin vollinhaltlich recht – noch nicht aufgeklärt und nicht dokumentiert, und darum ist noch kein abschließendes Urteil möglich.

Bei drei Personen – damit komme ich zu den negativen Aspekten – sind entscheidende Fragen noch völlig offen. Diese Personen sind der damalige Außenminister, der damalige Wirtschaftsminister und der damalige Generalsekretär im Außenamt.

Hinsichtlich des damaligen Außenministers wissen wir mittlerweile, daß er dazu beigetragen hat, Außenminister Velayati, der laut "Mykonos"-Urteil eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung über die politischen Terrorakte gespielt hat, salonfähig zu machen; Österreich und Außenminister Mock haben sehr massiv und intensiv dazu beigetragen, diesen Politiker salonfähig zu machen.

Wie bereits kurz angesprochen, wurde bei einem Treffen zwischen Velayati und Mock am Rande der UNO-Generalversammlung ein zweifacher politischer Mord als störender "Vorfall" – "Vorfall" unter Anführungszeichen – bezeichnet, der die politischen Beziehungen leider störe. Es wurde nicht klargestellt, daß das höchst aufklärungsbedürftig sei, sondern in diesem Aktenvermerk – Ihnen allen liegt dieser Aktenvermerk vor – wurde angeführt, daß man diesen "Vor


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fall" – unter Anführungszeichen – bedauere, ihn möglichst hintanstellen müsse und er die Beziehungen nicht stören dürfe.

Zweitens: Der damalige Wirtschafts- und jetzige Außenminister hat diesem Parlament, diplomatisch formuliert, zumindest eine Falschinformation gegeben, als er bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage des Liberalen Forums vor wenigen Wochen gemeint hat, es habe gegen den Ersttäter, gegen Sahraroodi, bei seiner Ausreise kein Tatverdacht bestanden. Das war nachweislich falsch! Das war nicht die Wahrheit, wie durch die Akten dokumentiert ist.

Drittens: Der damalige Generalsekretär im Außenamt, Dr. Klestil, hat – das ist ein interessantes Faktum im neuen Aktenkonvolut des Außenamtes – am 13. Juli 1989 bei der ersten interministeriellen Besprechung die Sprachregelung ausgegeben, es habe damals keinen Druck des Iran auf Österreich gegeben. Herr Dr. Löschnak! Sie haben diese Sprachregelung dann nach Hinweis des ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Den Schlußsatz, bitte!

Abgeordneter Rudolf Anschober (fortsetzend):  ... in der Pressekonferenz auch vertreten.

In Summe sind das Vorgänge, die im positiven Fall einen Kniefall der Politik vor dem Druck eines Terrorregimes bedeuten, bei negativer Interpretation aber in höchstem Maße aufklärungsbedürftig sind, da der dringende Verdacht besteht, daß das, was viele Medien seit Tagen und Wochen schreiben, nämlich daß es sich in diesem Fall um eine staatlich organisierte Fluchthilfe durch höchste österreichische Regierungskreise gehandelt hat, nicht aufgeklärt, aber auch nicht dementiert wird. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

21.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.  – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihren jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

*****

Wir gelangen weiters zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der politischen und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten für das Versagen der Justiz bei den gerichtlichen Ermittlungen rund um die überhöhte Abrechnung der Karawanken Autobahn.

Auch dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Ing. Mathias Reichhold, Ute Apfelbeck und Genossen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG zur Untersuchung der Mängel und Verzögerungen bei den gerichtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Bau der Karawanken Autobahn

Der Nationalrat wolle beschließen:


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80. Sitzung / Seite 169

"Zur Untersuchung der politischen und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten für das Versagen der Justiz bei den gerichtlichen Ermittlungen rund um die überhöhte Abrechnung der Karawanken Autobahn wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum und 1 Grüne besteht."

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Abs. 2 GOG die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gehen in die Debatte ein. Ich verweise auf die Bestimmungen des § 57a der Geschäftsordnung.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Mag. Haupt. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.43

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Causa Karawanken Autobahn scheint eine unendliche Geschichte der Zweiten Republik zu werden. Geboren aus einem Staatsvertrag des Jahres 1977, ist sie heute, nahezu auf den Tag genau 20 Jahre später, noch immer in allen Medien zu finden, nun jedoch nicht mehr nur als Bauwerk, das endlich den Lückenschluß zwischen unserem Nachbarland Slowenien, der Tauern Autobahn und der Süd Autobahn vollzogen hat, sondern vielmehr als Anlaß für Frustration, Malversation und Versagen.

Der Bau der Karawanken Autobahn wurde vom Rechnungshof untersucht, und im Februar dieses Jahres hat sich der Rechnungshofausschuß mit dem entsprechenden, vom Rechnungshof vorgelegten Bericht befaßt.

In der Zwischenzeit sind nicht nur fünf Monate ins Land gezogen, sondern in Kärnten hat auch der Untersuchungsausschuß seine damals unterbrochene Arbeit wiederaufgenommen. Die Beamten des Rechnungshofes haben diesem Ausschuß mitgeteilt, daß bereits seit 1995, und zwar seit dem 7. Juni 1995, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt liegt, die Verbrechen, die im Zusammenhang mit der Errichtung der Karawanken Autobahn offensichtlich begangen wurden, zu untersuchen und die Schuldigen dingfest zu machen.

Die Chronologie der Ereignisse ist eindeutig. Die Geschehnisse zwischen dem 7. Juni 1995 und dem 13. Juni 1997, also jenem Tag, als Abgeordneter Dr. Haider moniert hat, warum die Geständnisse der Bautechniker im Zusammenhang mit dem Rechnungshofbericht nie erwähnt worden sind und warum das Amt der Kärntner Landesregierung über die Ausdehnung des Strafverfahrens von ehemals drei auf nunmehr sechs Angeklagte bis zum Beginn dieser neuerlichen Untersuchung nicht verständigt worden ist, haben eine Dimension entwickelt, die den Verdacht nahelegt, daß es sich dabei um einen Skandal erster Ordnung handelt, nämlich einerseits im Bundesministerium für Bauten und Wirtschaft und im dortigen Staatssekretariat, aber auch in der damaligen diesem unterstellten weisungsgebundenen ÖSAG und andererseits im Bereich des Landesgerichtes Klagenfurt und des Justizministeriums, wo Bremser zu finden waren, wie der Rechnungshofbeamte Dr. Eckel in seinen Aussagen vor dem Kärntner Untersuchungsausschuß, festgehalten in Kärntner, aber auch in anderen österreichischen Medien – wie etwa in der "Kleinen Zeitung" vom 3. Juli 1997 – deutlich formuliert und festgestellt hat.

Was war geschehen? – Der Rechnungshof wurde im Jahre 1994 von der ÖSAG eingeschalten, um die offensichtlichen Ungereimtheiten bei der Abrechnung der Baulose "Winkl" und "Rosegg" zu untersuchen und festzustellen, welcher Schaden wem aufgrund unkorrekter Vorgangsweisen durch wen zugefügt worden ist. Im März 1995 waren die Schlußbesprechungen mit dem Land Kärnten und der ÖSAG, der veranlassenden Stelle, an und für sich abgeschlossen. Lediglich ein Detailbereich aus dem Baulos "Rosegg" war noch offen.


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In diesem Zusammenhang meldeten sich zwei Bautechniker bei den untersuchenden Rechnungshofbeamten und gaben am 30. Mai 1995 in einer protokollarischen Einvernahme vor den Rechnungshofbeamten bekannt, daß sie von ihren Vorgesetzten zu, wie sie es formulierten, "firmenfreundlichen Abrechnungen" genötigt worden seien. In einigen Fällen hatten sie sich entschlossen, die Abrechnungen trotzdem zu unterschreiben, in anderen jedoch hatten sie ihre Unterschrift verweigert.

Tatsache ist, daß aufgrund der damaligen Aussagen zwischen dem Rechnungshof einerseits und der ÖSAG andererseits vereinbart wurde, die Untersuchungen im eigenen Bereich weiter fortzuführen, die Protokolle, die am 30. Mai 1995 aufgenommen wurden, am 2. Juni 1995 von den Beamten gegenzeichnen zu lassen und die Beweisunterlagen, von denen den damaligen erhebenden Rechnungshofbeamten noch bekannt war, wo sie aufbewahrt und zu finden waren, sicherzustellen.

Entgegen dieser Absprache zwischen der ÖSAG und dem Rechnungshof kam es aber nach einer Rücksprache am 2. Juni 1995 zwischen dem Ministerium und dem Rechnungshof, in der sich das Ministerium über diese neuerlichen Untersuchungen nach der Schlußbesprechung beunruhigt gezeigt hatte, am 6. Juni 1995 zu einer Anzeige durch die ÖSAG und das Wirtschaftsministerium und gleichzeitig auch zur Veröffentlichung dieser Tatsache.

Diese Veröffentlichung führte dazu, daß das Beweismaterial durch die Rechnungshofbeamten nicht mehr sichergestellt werden konnte, daß das – nach den Aussagen des Prüfungsleiters Dr. Eckel vor dem Untersuchungsausschuß des Landes Kärnten – nicht mehr zielführend war, sodaß sich auch der Rechnungshof dann an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt wandte.

Der Rechnungshofbeamte Dr. Eckel führte wortwörtlich aus: Damals hatte ich den Glauben an die Justiz noch nicht verloren.

Was geschah mit dieser Anzeige des Jahres 1995 in Klagenfurt? – Sie wurde zunächst der zuständigen Untersuchungsrichterin zugewiesen, und von dieser wurde – nach ihren Angaben – ein Ersuchen um Durchführung einer Hausdurchsuchung bei der Baufirma Universale an die Kriminalbehörde des Landes Kärnten übermittelt.

Die Beamten der Kriminalabteilung Klagenfurt haben vor dem Untersuchungsausschuß des Kärntner Landtages eindeutig und klar festgehalten, daß dieses Vorhaben der Untersuchungsrichterin nie bei der Kriminalabteilung eingetroffen ist. Zur Verwunderung der Kriminalabteilung hat sich jedoch die zu untersuchende Firma am 7. Juni mit der Frage gemeldet, wann denn endlich die Hausdurchsuchung stattfinden werde, da – dies haben die etwa zwei Monate dauernden Erhebungen der Kriminalabteilung Klagenfurt ergeben – die Baufirma mit Einschreibe- oder RSb-Brief von den Justizbehörden über die Hausdurchsuchung in ihrem Bereich vorinformiert worden war.

Man müßte nunmehr annehmen, daß diese Ungereimtheiten unter höchstem Druck aufgeklärt worden sind. Es wurde zwar in einer Besprechung am 17. Juli 1995 festgehalten, neben einem bereits im ersten Verfahrensschritt festgehaltenen Sachverständigen für das Bauingenieurwesen auch einen EDV-Sachverständigen einzubinden, da, wie auch im Rechnungsbericht festgehalten ist, die Bauabrechnung über ein neu eingeführtes EDV-System erfolgte; dieser Sachverständige ist aber, zumindest bis zu Beginn dieser Woche, noch immer nicht eingesetzt.

Auch eine Untersuchung der Computerabrechnungen hat noch nicht stattgefunden. Im Gegenteil: Mehr als ein Jahr lang blieb das Gericht in Klagenfurt untätig. Die Untersuchungsrichterin wartete auf die Durchführung der Hausdurchsuchung, und die Kriminalabteilung wartete auf eine Gegendarstellung der Untersuchungsrichterin.

Da nunmehr in der Öffentlichkeit aufgrund der Aussage von Dr. Haider vom 13. Juni dieses Jahres bekannt wurde, daß es im Justiz- oder im Kriminalbereich Versäumnisse gegeben haben könnte, und durch die Aussagen der Beamten der Kriminalabteilung und jener des Rechnungshofes vor dem Ausschuß klar ist, daß das Versagen eindeutig nur im Justizbereich zu


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finden ist, erhebt sich die Frage, wer die Bremser waren, die in dieser Sache zusammengespielt haben.

Was haben die ÖSAG und das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten unter dem damaligen Wirtschaftsminister Schüssel und seiner Staatssekretärin veranlaßt, entgegen der Absprache mit dem Rechnungshof weitere Untersuchungen zu unterbinden und durch die Veröffentlichung der eingeleiteten Schritte allfällige Täter zu warnen und die Beseitigung der Unterlagen zu ermöglichen? – Zum Teil befanden sich diese Unterlagen sicher im Computer und wären somit nicht einfach zu beseitigen gewesen, da dadurch auch andere Abrechnungsunterlagen für Bauvorhaben in Millionenhöhe verlorengegangen wären.

Die Justizbehörden haben – angefangen von den kleinen Behörden in Klagenfurt bis zum Ministerium nachvollziehbar – den Weg der Berichterstattung genau eingehalten. Aus welchem Grund hat das Ministerium nie gefragt, warum nichts weitergeht und einen Stillstand von einem Jahr geduldet? Warum hat man das Amt der Kärntner Landesregierung nicht darüber informiert, daß es zumindest nach Ansicht der Kriminalabteilung mehr als die ursprünglichen drei Tatverdächtigen, nämlich nunmehr sechs Verdächtige aus dem Kreis der Amtsträger, gibt? Warum hat man auf diese Weise den weiteren Tatverdächtigen die Möglichkeit gegeben, weitere zwei Jahre in ihrer Amtsfunktion tätig zu bleiben – in Kontrollfunktionen für die Bauwirtschaft? Wer hat in diesem Zusammenhang Interesse, die Aufklärung erstens zu unterbinden, zweitens zu verschleppen und drittens vielleicht nie in entsprechender Form zu beenden?

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß die Nicht-Fertigstellung des Berichtes, der Untersuchungen der Unzulänglichkeiten durch den "Karawanken-Ausschusses" und ... (Abg. Dr. Maitz: Redezeit!)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): ... die Fortführung und Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eine dringende Angelegenheit dieses Parlaments sind.

Unser Hilfsorgan, der Rechnungshof, ist in dieser Angelegenheit an seinen Grenzen angelangt. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß hat andere Möglichkeiten, welche aus unserer Sicht zielführend sind, weshalb er sofort einzusetzen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Leikam. Ab jetzt beträgt die Redezeit pro Abgeordnetem 5 Minuten. – Bitte.

21.54

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Freiheitlichen Partei betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der Frage Karawankentunnel ist in der Tat, was die Vorgänge in der Justiz betrifft, keine alltägliche Angelegenheit. (Rufe bei den Freiheitlichen: Dann stimmen Sie zu!)

Dieser Antrag hat meiner Meinung nach jedoch einen argen Schönheitsfehler: Ein Untersuchungsausschuß hat oder sollte zum Inhalt haben, festzustellen, wo die politische Verantwortung für bestimmte Vorkommnisse liegt. Und es ist klar festzustellen, daß, bis auf eine ganz kurze Zeit, durchwegs freiheitliche Straßenbaureferenten für den Straßenbau in Kärnten verantwortlich waren. (Abg. Dr. Ofner: Umso leichter wird es euch fallen, zuzustimmen! – Abg. Mag. Stadler: Stimmen Sie zu!)

Diesen Antrag sehe ich als Flucht nach vorne. (Abg. Dr. Ofner: Dann stimmt dafür! Ganz einfach!) Es soll von der politischen Verantwortung, die in diesem Fall, wie ganz klar zu sehen ist, auf der Seite der Freiheitlichen Partei liegt, abgelenkt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben am 14. Februar dieses Jahres im Rechnungshofausschuß sehr ausführlich über den Bericht des Rechnungshofes betreffend den Bau der Karawanken Autobahn diskutiert. Aufgrund meines Antrages sind die Beratungen im Rechnungs


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hofausschuß vertagt worden, und zwar mit der Begründung, die Ergebnisse der Ermittlungen der Justiz abzuwarten. – Das ist nach wie vor der Stand der Dinge.

In der Zwischenzeit hat der Untersuchungsausschuß des Kärntner Landtages die Arbeit wiederaufgenommen. Dabei sind durch die Aussagen von Beamten der Kärntner Straßenbauverwaltung, aber auch eines Beamten des Rechnungshofes Umstände zutage getreten, die in ihrer Art wirklich einmalig sind.

Es ist bedenklich, daß ausgerechnet der Obmann der Freiheitlichen Partei, der in dieser Zeit als Straßenbaureferent gemeinsam mit dem Kollegen Mathias Reichhold Mitverantwortung getragen hat, anscheinend als erster ein solches Protokoll in Händen hat. (Abg. Dr. Ofner: Dann macht einen Untersuchungsausschuß! – Rufe bei den Freiheitlichen: Untersuchungsausschuß!) Wir werden im Rechnungshofausschuß, wo ich hoffe, ... (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie konnten selbst miterleben, daß im Untersuchungsausschuß im Kärntner Landtag Beamte mit dem Hinweis auf das gerichtliche Verfahren keine Aussagen gemacht haben. (Abg. Mag. Stadler: Sie sind etwas glücklos! Das sind Phrasen!)

Wozu soll ein solcher Untersuchungsausschuß gut sein? – Wir werden im Rechnungshofausschuß einige Fragen zu stellen haben. (Abg. Mag. Stadler: Machen Sie einen Untersuchungsausschuß!) Ich hoffe, daß der Rechnungshofausschuß seine Beratungen bald wiederaufnimmt. Es wäre nämlich sinnlos, wenn uns der Rechnungshof einen Bericht vorlegt, in dem zwar alles mögliche enthalten ist, aber die wesentlichsten Aussagen von Beamten der Landesstraßenverwaltung fehlen. (Abg. Mag. Stadler: Untersuchungsausschuß!)

Es wird zwar nach zwei Jahren klar festgestellt, daß der zuständige Beamte des Rechnungshofes gewußt hat, daß die Beamten genötigt worden sind, Protokolle zu unterschreiben, aber diese Aussagen werden vom Rechnungshof in seinem Bericht nicht festgehalten. Es wird über alles mögliche berichtet – aber über das, was zu berichten war, nicht.

Wir wissen, daß dem Herrn Rechnungshofpräsidenten Rohberichte der erhebenden Beamten vorgelegt werden (Abg. Mag. Stadler: Ihr wollt ja nur ablenken!) , und was im Endbericht enthalten ist, entscheidet letztlich der Rechnungshofpräsident. Und dieses Protokoll war zumindest zu dem Zeitpunkt, zu dem wir die Beratungen im Ausschuß hatten, auch dem Herrn Rechnungshofpräsidenten bekannt. Da ein solches Protokoll vor wenigen Wochen Parteiobmann Haider in die Hände gespielt wurde, der es seinerseits den Medien weitergegeben hat, kann man klar erkennen, welches Spiel da läuft. Wir werden im Rechnungshofausschuß diese Frage zu klären haben, Herr Vorsitzender! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das, was hier drinsteht, sind liebe, nette Worte, gehen aber an der Situation vorbei! So kann es nicht sein!

Herr Anschober hat dieses Protokoll anscheinend zum selben Zeitpunkt bekommen – der Vorsitzende des Rechnungshofausschusses ist auch bekannt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Untersuchungsausschuß!) Da wird ein Spielchen getrieben, und damit werden wir uns nicht zufriedengeben, sondern wir werden die Zusammenhänge aufzeigen! (Abg. Anschober: Was wollen Sie eigentlich?)

Meine Damen und Herren! Die Verantwortung werden letztendlich die Referenten zu tragen haben, auch darauf werden wir hinweisen!


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Anton Leikam (fortsetzend): Denn das, was Kollegin Apfelbeck beim Bau der Pyhrn Autobahn für die Steiermark verlangt hat, nämlich daß der zuständige Referent auch dann, wenn er nichts gewußt hat, die Verantwortung zu tragen hat, gilt auch für Kärnten. (Beifall bei der SPÖ.)

21.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.00

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Stadler, ich möchte von Ihnen einmal wissen, woher Sie den Hochmut nehmen, den Sie hier an den Tag legen! Sie haben dort, wo Sie selbst politische Verantwortung getragen haben, noch nie eine Wahl gewonnen! Sie sind nichts anderes als ein Trittbrettfahrer des Dr. Haider! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Die Suppe ist zu dünn! – Abg. Mag. Stadler: Sie sind der nächste, der uns daran erinnert, daß wir keinen Untersuchungsausschuß brauchen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Volkspartei wird den vorliegenden Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ablehnen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Für uns gibt es drei gute Gründe, warum wir das tun. (Abg. Mag. Stadler: Untersuchungsausschuß! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Zum ersten gibt es seit 22. Juni ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. Bitte dies zu respektieren! – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Georg Wurmitzer (fortsetzend): Zum ersten gibt es einen Ausschuß auf Landesebene seit dem 22. Juni 1995, der bisher tadellos gearbeitet hat und alle wesentlichen Fakten – auch jene, über die Sie verfügen – bis heute ans Tageslicht gebracht hat. (Abg. Mag. Stadler: Der Leikam hat das anders dargestellt!)

Zum zweiten gibt es einen Rechnungshofbericht. Der Rechnungshofausschuß hat diesen Bericht noch nicht abgeschlossen, aber wir sind jederzeit bereit, die Verhandlungen im Ausschuß wiederaufzunehmen und aufgrund der neuen Fakten auch neue Auskunftspersonen zu laden. (Abg. Mag. Haupt: Das ist gut!)

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Drittens liegt die Kompetenz eindeutig beim Land. Der Rechnungshofpräsident hat vor dem Ausschuß erklärt – ich zitiere aus meiner persönlichen Mitschrift (Abg. Ing. Reichhold: Oje! – Abg. Scheibner: Oje!) – : Kompetenzverschleierung halte ich für unzulässig. Sie waren also – wahrscheinlich – dabei! Und weiters: Der Fehler lag in bei der Bauabrechnung, und das zu prüfen, ist Aufgabe des Amtes der Kärntner Landesregierung.

Auch Herr Hofrat Tautschnig, der höchste Beamte in Kärnten, hat erklärt – ich zitiere –: Im Prinzip war dieser Vertrag eine Rückführung des Baues an die Mannschaft des Landes.

Meine Damen und Herren! Nunmehr treffe ich folgende Feststellung: Hätten die freiheitlichen Referenten ihre Pflicht ernst genommen, dann bräuchten wir heute weder einen Rechnungshof noch eine Justiz. Das ist Faktum! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Die Justiz werden wir immer brauchen!)

Weiters: Die Feststellungen in Ihrer Begründung zum Antrag sind reihenweise falsch. Sie trafen die Behauptung – ich zitiere –: "Im Zuge der Schlußrechnungslegung wurde dieser Verdacht durch das Land Kärnten und die ÖSAG erhärtet." – Das ist falsch! Es wurde vom Land Kärnten überhaupt nichts erhärtet, sondern das Land hat die Rechnung geprüft und an die ÖSAG mit der Forderung weitergeleitet, das Geld zu überweisen. Die ÖSAG hat von sich aus Verdacht geschöpft und Dr. Heu hat persönlich Kontrollen durchgeführt. Erst aufgrund dieser Feststellung der ÖSAG wurden die Zahlungen eingestellt und wurde der Verdacht erhärtet. Jawohl, den gibt es! (Abg. Mag. Stadler: Also: Untersuchungsausschuß!)

Außerdem haben Sie festgestellt, daß am 30. Mai ein Protokoll aufgenommen wurde, aber erst Anfang Juni die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden wäre. (Abg. Mag. Stadler: Das schreit nach einem Untersuchungsausschuß!) Auch das ist falsch: Die Staatsanwaltschaft wurde auf


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Auftrag von Minister Dr. Ditz am 22. Mai eingeschaltet! Sie kennen die wesentlichen Fakten nicht! (Abg. Dr. Ofner: Dann muß man untersuchen!)

Sie stellen auch fest, daß die Einschaltung der Staatsanwaltschaft die Untersuchungen des Rechnungshofes behindert hätten. – Auch diese Feststellung ist falsch! Man kann, wenn man Ihr Papier anschaut, feststellen: Genauso falsch wie die Anfangsbemerkungen sind die weiteren Berichte: Und deswegen können Sie nicht erwarten, daß wir mit Ihnen mitgehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Reichhold. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.04

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine beiden Vorredner haben versucht, dafür die politische Verantwortung den Freiheitlichen zuzuschanzen. (Zwischenruf des Abg. Leikam. )

Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Hohes Haus, das tun wollen, dann dürfte einer Zustimmung zu unserem Antrag eigentlich nichts mehr im Wege stehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie uns hier erst anschütten, aber dann dagegen stimmen, lieber Kollege Leikam, lieber Kollege Wurmitzer, dann ist das schlicht und einfach charakterlos! Das können wir nicht zulassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Stimmen Sie unserem Antrag zu! (Abg. Leikam:  Wir brauchen keinen Untersuchungsausschuß! Es ist doch ohnedies alles bekannt!) Lieber Anton Leikam! Du hast hier eine sehr interessante Aussage getroffen, denn du hast gemeint, ein Beamter des Rechnungshofes habe vor dem Untersuchungsausschuß im Kärntner Landtag eine sehr interessante Aussage gemacht. (Abg. Leikam:  Nötigung!) Du hast aber nicht dazugesagt, welche Aussage er gemacht hat! – Die Aussage des Rechnungshofbeamten – ich kann mich hiebei auf die Protokolle beziehen, die auch in der "Kleinen Zeitung" abgedruckt worden sind – war, daß die ÖSAG beziehungsweise das Wirtschaftsministerium die Flucht nach vorne angetreten hätten, dies sei an die Öffentlichkeit gegangen, dadurch seien die Firmen gewarnt worden und dadurch wurden – wörtliches Zitat – "die Erhebungen des Rechnungshofes massiv behindert". (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha!) So schaut es aus! Warum sagen Sie das nicht? Es ist sehr einfach, den Freiheitlichen die Schuld zuzuschanzen, während man Angst davor hat, daß in einem Untersuchungsausschuß alles aufgedeckt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Autobahn ist eine Bundesstraße, und Ihnen wird es nicht gelingen, aus einem Bundesskandal einen Landesskandal in Kärnten zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren ! Was man im Plenum noch sagen sollte: Im Mai 1995 erfolgte die Strafanzeige. 13 Monate später erfolgte der erste Hausdurchsuchungsbefehl der Justiz. Einen Tag später wurde die zu durchsuchende Firma vorgewarnt, und zwar vom Gericht selbst – vom Gericht selbst! – mit einem eingeschriebenen Brief mit einer Durchschrift des Hausdurchsuchungsbefehles. Allerdings war dieser Hausdurchsuchungsbefehl noch nicht unterzeichnet! Das geschah einen Tag, nachdem das vom Gericht angeordnet worden war!

Eine Woche später schreibt die Kriminalabteilung, daß eine Hausdurchsuchung aufgrund der Vorwarnung eigentlich gar keinen Sinn mehr hat, weil die Unterlagen verräumt sein würden. (Abg. Mag. Stadler: Was sagt Wurmitzer dazu?) Und jetzt kommt es: Neun Monate danach – nicht einen Tag oder eine Woche danach, sondern neun Monate danach! – fordert die zuständige Untersuchungsrichterin den Bericht von der Hausdurchsuchung an, die gar nicht stattgefunden hat. Die Kriminalabteilung schreibt dann zurück und sagt: Sehr verehrte Frau Untersuchungsrichterin! Wir wollten eigentlich, daß Experten und Sachverständige bei der Hausdurchsuchung dabei sind. – Und erst aufgrund dieser Vorgänge wurde von Dr. Haider der Skandal in einer Zeitung aufgedeckt.


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In einer Art Panikreaktion ordnete die Untersuchungsrichterin dann, acht Tage darauf, wiederum einen Hausdurchsuchungsbefehl an, allerdings ohne Sachverständige. – Da sagt selbst Ihr eigener Landeshauptmann, Herr Kollege Wurmitzer, daß da eine für ihn nicht erklärbare Fehlleistung der Justiz vorliegt. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Justizskandal!) Das bestätigt auch der Justizminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist nicht nur ein Straßenbau-Skandal, sondern das ist ein eindeutiger Justizskandal! Deshalb wollen wir diese Vorfälle untersuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird auch zu untersuchen sein, wer die Bremser sind. Ich zitiere den Zweiten Präsidenten des Kärntner Landtages, Herrn Abgeordneten Wutte von der ÖVP, der im Untersuchungsausschuß des Kärntner Landtages sagte, daß er aufgrund der jüngsten Aussagen der Beamten vermutet, daß die Bremser bei den Firmen und bei der Justiz sitzen. – Das sagt Ihr Parteikollege, Herr Kollege Wurmitzer!

Es ist auch interessant, daß jene Beamten, die heute unter dem Verdacht stehen, sozusagen Untergebene unter Druck gesetzt beziehungsweise genötigt zu haben, Abrechnungen zu unterschreiben, heute bereits bei Straßenbaufirmen tätig und ausgekauft sind. – Diese Vorkommnisse möchten wir untersuchen, und zwar im Rahmen eines Untersuchungsausschusses.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir möchten wissen: Stimmt es, was der Rechnungshofbeamte vor dem Kärntner Untersuchungsausschuß zu Protokoll gab, daß das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten unter dem damaligen Wirtschaftsminister Schüssel die Erhebungen massivst behindert hat? (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha! Hört! Hört!) Wir möchten wissen, ob es da tatsächlich um einen Justizskandal geht.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Schlußsatz lautet: Wir möchten auch wissen, wo die Bremser sitzen. – Ich hoffe, nicht hier in diesem Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe nun bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 506/A bis 513/A eingebracht wurden. Ferner sind die Anfragen 2651/J bis 2691/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 9. Juli 1997, für 9 Uhr ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Zur Geschäftsbehandlung gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

22.11

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Ich erhebe Einwendung gegen die Tagesordnung vom 9. Juli 1997. Ich beantrage die Absetzung


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des Tagesordnungspunktes 11: Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz und das Gehaltsgesetz geändert werden.

Ich ersuche um Durchführung einer Debatte.

21.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Sie haben die Einwendung gehört.

Ich trete dieser Einwendung nicht bei. Es hat daher das Hohe Haus zu entscheiden.

In der nun gemäß § 50 der Geschäftsordnung stattzufindenden Debatte beschränke ich die Anzahl der Redner gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung auf drei.

Die Maximalredezeit pro Redner beschränke ich auf 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter. Maximale Redezeit: 5 Minuten.

22.13

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist für uns Freiheitliche untragbar, wie die Regierungskoalition aufgrund von Säumigkeit, Uneinigkeit und Fehlerhaftigkeit immer wieder versucht, die Geschäftsordnung zu mißbrauchen.

Im Verkehrsausschuß wurde ein §-27-Antrag gestellt, mit welchen das Beamten-Dienstrechtsgesetz und das Gehaltsgesetz geändert werden sollen. Es geht hiebei inhaltlich nur um Dinge, die die Post betreffen. Dieser Antrag steht in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Telekommunikationsgesetz, das im Verkehrsausschuß auf der Tagesordnung war.

Was war der Grund für diesen Antrag? – Der Regierungskoalition ist eingefallen, daß es einige Änderungen geben soll, die nun rückwirkend mit 1. Juli beschlossen werden sollen.

Es war auch sehr bezeichnend, wie diese Verhandlungen im Verkehrsausschuß stattgefunden haben: Innerhalb der letzten halben Stunde des letzten Tages wurden im Verkehrsausschuß drei verschiedene Anträge vorgelegt. Es wurde ein Antrag vorgelegt und zurückgezogen, dann wurde der zweite Antrag vorgelegt und zurückgezogen, bis man zirka 15 Minuten vor Ende des Verkehrsausschusses endlich den dritten Antrag beisammen hatte, der dann auch abgestimmt wurde.

Wie Sie aber wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß ein §-27-Antrag in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt stehen, der gerade in Verhandlung ist. Ein loser Zusammenhang genügt nicht: Es muß ein eindeutiger inhaltlicher Zusammenhang vorliegen.

Wenn man sich nun dieses Dienstrechtsgesetz und das Gehaltsgesetz und die Änderungen anschaut, dann wird klar, daß es darum geht, daß bei der Post Dienstzulagengruppen geändert und Verwendungsgruppen neu eingeführt oder geändert werden sollen; auch andere Definitivstellungserfordernisse werden in diesem Antrag behandelt. Das steht aber in keinem Zusammenhang mit dem Telekommunikationsgesetz!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erwarte mir, daß sich zumindest die Ausschußmitglieder der Regierungskoalition den Inhalt dieses Telekommunikationsgesetzes angeschaut haben. Wenn sie das gemacht haben, dann müssen sie draufkommen, daß es in keinem der Abschnitte in irgendeiner Form um Dienstrecht, um Verwendungsgruppen oder ähnliches geht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Herr Kollege Kukacka! Als Fraktionsführer Ihrer Partei sollten Sie wissen, daß im Telekommunikationsgesetz in 15 Abschnitten und 128 Paragraphen das neue Telekommunikationsgesetz behandelt wird, daß es aber in keinem der Paragraphen in irgendeiner Form um


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Dienstrecht, um Verwendungsgruppen oder ähnliches geht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin daher der festen Überzeugung, daß es sich hiebei wirklich um einen einmaligen Mißbrauch der Geschäftsordnung handelt. Ich verwende das Wort "einmalig" in diesem Zusammenhang nicht mit der Bedeutung, daß Sie so etwas noch nie gemacht hätten, Herr Kollege Parnigoni, sondern ich meine, daß Ihr diesbezügliches Verhalten einmalig in seiner Sinnwidrigkeit ist. Denn es gibt nicht einmal einen losen Zusammenhang, außer daß sie sagen können, daß die Post eventuell etwas mit Telekommunikation zu tun hat. Aber Verwendungsgruppen, Definitivstellungen und irgendwelche anderen Gehaltsregelungen haben sicherlich nichts mit diesem Gesetz zu tun! (Abg. Parnigoni: Sie sehen das falsch!)

Herr Kollege Parnigoni! Ich sehe das nicht falsch, sondern Sie alle beschäftigen sich nicht mit Gesetzen, die wir beschließen! Das ist leider dein Problem als Ausschußvorsitzender: Du hast nicht einmal eine Erwiderung auf meine Vorhalte gemacht! Du hast nur gesagt: Ich nehme das trotzdem zur Kenntnis. Du warst als Ausschußvorsitzender nicht einmal in der Lage, meine Vorhaltungen im Ausschuß in irgendeiner Form zu widerlegen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das zeigt deutlich, daß ich vollkommen recht habe: Dieser §-27-Antrag ist geschäftsordnungswidrig!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie die Geschäftsordnung ernst nehmen, wenn wir einander in diesem Haus noch ein wenig ernst nehmen und wenn wir unsere Ausschußverhandlungen nicht ad absurdum führen wollen, dann möchte ich Sie wirklich bitten, diesen Tagesordnungspunkt von der morgigen Tagesordnung abzusetzen, damit wir geschäftsordnungsgemäß handeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sankt Florian zurück!)

22.18

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meinem Vorredner möchte ich in einem Punkt recht geben: Abänderungsanträge werden oft sehr kurzfristig eingebracht, die Zeit ist manchmal so knapp, daß es fast unerträglich ist. Das geschieht unabhängig von den Ministerien, aber man wird eben manchmal, weil die Geschäfte so sind, wie sie sind, mit den Verhandlungen nicht fertig. Ich glaube, daß wir alle ein Interesse daran haben müßten – und ich bemühe mich, diesem Interesse gerecht zu werden –, daß vor allem die Oppositionsfraktionen die Anträge nicht erst in den Ausschüssen, sondern schon vorher bekommen. Ich bemühe mich darum, aber – ultra posse nemo tenetur – manchmal liegt es außerhalb der Einflußsphäre, die ein Klubobmann hat.

Meine Damen und Herren! Im gegenständlichen Fall wurde dieser §-27-Antrag notwendig, damit die Post ihre Umstrukturierung zeitgerecht im Herbst vornehmen kann. Es sollen Profit Centers geschaffen werden, und es war eine Güterabwägung notwendig, ob man die Zuordnung der Dienstposten jetzt vornimmt oder sagt: Das ist dem Ausschuß zu spät zugekommen, wir können das erst im September oder im Oktober machen. – In Anbetracht dieser Abwägung bitte ich um Ihr Verständnis, daß wir der Meinung sind, daß wir der Post die Möglichkeit geben müssen, diese Umstrukturierungsmaßnahmen, die ja den österreichischen Steuerzahler entlasten sollen, auch zu treffen. Wir werden daher Ihren Einwendungen nicht beitreten.

Meine Damen und Herren! Der §-27-Antrag ist natürlich das schärfste Mittel, welches das Parlament hat, weil wir auf diese Weise Gesetzesanträge in verwandten Materien stellen können. Ich meine, daß das ein Mittel ist, das wir alle eifersüchtig hüten sollten. Daß es im Zusammenhang damit immer wieder Abgrenzungsprobleme gibt, liegt auf der Hand. Es ist dies eine Frage der Entscheidung durch den Vorsitzenden. Vorsitzender war in diesem Fall Kollege Parnigoni. – Ich gehe davon aus, daß die Entscheidung, daß Zuordnungsverordnungen im Post-


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und Telekombereich einen inneren Zusammenhang mit dem Telekomgesetz haben, in welchem die volle Privatisierung und der Wettbewerb auf diesem Gebiet hergestellt werden.

Wir treten Ihren Einwendungen also nicht bei. Ich bitte aber, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir Verständnis dafür haben, und ich werde mich darum bemühen, daß derartige kurzfristige Anträge nicht mehr gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Kostelka. – Bitte, Herr Klubobmann.

22 20

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wesentlichste wurde bereits gesagt. Das Telekommunikationsgesetz stellt die rechtliche Grundlage für die künftige Tätigkeit aller Anbieter im Telekommunikationsbereich dar. Die Post ist der größte Anbieter, und sie muß, um diesen Aufgaben gerecht werden zu können, auch ihre eigene Betriebsstruktur sehr wesentlich ändern. Dazu sind organisatorische Maßnahmen notwendig, aber auch Maßnahmen dienstrechtlicher Art.

Das stellt auch den wesentlichen inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Telekommunikationsgesetz auf der einen Seite und der Beamten-Dienstrechts- und Gehaltsgesetznovelle auf der anderen Seite dar. Der inhaltliche, sachliche Zusammenhang ist in diesem Zusammenhang also einwandfrei gegeben.

Herr Kollege Rosenstingl! Starke Worte machen noch keine sicheren Fakten. Wenn Sie in diesem Zusammenhang Mißbrauch der Geschäftsordnung vorwerfen, dann bitte ich Sie: Halten Sie in Zukunft bei solchen Vorwürfen ein bißchen inne! (Abg. Haigermoser: Das ist eine Beugung der Geschäftsordnung!)

Sie haben diesen Antrag im Entwurf am 2. Juli bekommen. Am 3. Juli in der Präsidialkonferenz um 8.30 Uhr – hier habe ich das Protokoll! – haben Ihr Dritter Präsident und Ihr Klubobmann Stadler zugestimmt. Lesen Sie bitte auf Seite sechs dieses Protokolls nach. Als Tagesordnungspunkt 11 wird dort angeführt: "Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (825 der Beilagen)."

Dies wurde am Tag davor von den Klubdirektoren unter Beteiligung des Ihren vereinbart. Meine Damen und Herren! Wenn Sie dann hier sagen, Sie hätten erst eine halbe Stunde vor Ausschußbeginn von diesem Antrag überhaupt erfahren, es liege eine eklatanter Mißbrauch der Geschäftsordnung vor, dann ist das eine Argumentation, die eines Attributes bedürfen würde, das ordnungsruffähig wäre, und daher unterlasse ich es, dieses zu nennen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Mag. Stadler vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.23

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist immer ein besonderes Problem, wenn das Reinigungsmittel, das eingesetzt wird, unklarer ist als das, was man zu reinigen versucht wird. Damit kübelt man nämlich gleichzeitig auch noch den Herr Präsidenten an!

Herr Kollege Kostelka! Sie haben jetzt die Beratungen der Präsidialkonferenz völlig falsch wiedergegeben. Herr Präsident! Ich bitte Sie, jetzt Zeuge zu sein! Zum Zeitpunkt der Beratungen der Präsidialkonferenz ist das Arbeitspapier der Klubdirektoren vorgelegen. Ich habe es da! Darin taucht diese Vorlage überhaupt nicht auf. Es gibt nur einen allgemeinen Zusatz, daß die Tagesordnung im Wege der Rundlaufpräsidiale ergänzt werden kann; ausgenommen davon sind allfällige §-27-Anträge im Verkehrsausschuß. (Abg. Dr. Kostelka: Von welchen Sie


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Stenographisches Protokoll
80. Sitzung / Seite 179

wußten! – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.) Nein! Das war nicht fünf Minuten und auch nicht eine halbe Minute Gegenstand der Debatte. Wir sind davon ausgegangen, daß der § 27 auch eingehalten wird, Herr Kollege Kostelka!

Jetzt sagt Kollege Khol hier beim Rednerpult – zugegebenermaßen zerknirscht, aber wahrheitsgemäß –, daß es um eine politische Güterabwägung ging. Einen solchen Standpunkt kann man einnehmen. Aber unterstellen Sie uns nicht, wir hätten in der Präsidiale zu etwas die Zustimmung gegeben, was wir jetzt kritisieren, Herr Kollege Kostelka! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Schämen Sie sich dieser Unterstellung gegenüber dem Herrn Präsidenten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie so etwas mir unterstellen, dann habe ich noch politisches Verständnis dafür! Aber gegenüber dem Herrn Präsidenten Brauneder, der jetzt den Vorsitz führt und sich nicht wehren kann, sollten Sie von einer dermaßen untergriffigen Unterstellung Abstand nehmen! Das können Sie jetzt einmal als Leitfaden für Ihre Klubtätigkeit betrachten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kostelka! Wenn Sie schon so gescheit sind: § 27 sieht einen eindeutigen inhaltlichen Zusammenhang vor. Und dieser inhaltliche Zusammenhang – das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen – ist nicht gegeben, sondern wurde von Ihrem Herrn Ausschußvorsitzenden Parnigoni lediglich kraft eigener "Machtvollkommenheit" hergestellt, und zwar mutwillig. Das werden wir in der nächsten Präsidiale, Herr Präsident, hoffentlich noch klären können!

Denn wenn man die Geschäftsordnung so beugt ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) Kollege Khol hat es zugegeben. Er sprach von politischen Erwägungen. Das ist in Ordnung. Aber wenn dann die politischen Erwägungen dazu führen, daß man die Geschäftsordnung bewußt beugt, um ein koalitionäres Versäumnis oder Regierungsversäumnisse nachzuholen und Regierungspannen zu reparieren, und Ihnen die Geschäftsordnung nur als Alibi dient und nicht mehr eingehalten wird, dann können wir uns dafür wirklich nicht hergeben!

Das heißt: Der Vorwurf bleibt aufrecht, daß Ihre Vorgangsweise eklatant geschäftsordnungswidrig ist. Sie können sich mit all Ihren Konstrukten, die wahrheitswidrig sind, nicht von diesem Vorwurf exkulpieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Warum haben Sie das Präsidialprotokoll nicht beeinsprucht?) Sie haben heute so ziemlich das Letzte aufgeboten, um zu kaschieren, wie Ihr Herr Ausschußvorsitzender – augenscheinlich im Auftrag der Koalition – die Geschäftsordnung gebeugt hat!

Herr Kollege Khol! Ich drücke Ihnen ob Ihrer Ehrlichkeit meinen Respekt aus! Ich bin Ihnen dafür dankbar. Aber wenn man den "Verfassungsbogen" bei jeder Gelegenheit strapaziert, dann soll man zumindest dann, wenn es darum geht, die Gesetze einzuhalten ... (Abg. Dr. Khol: § 27 der Geschäftsordnung hat damit nichts zu tun!) Ich weiß, daß Sie es nicht so ernst meinen mit dem Einhalten von Gesetzen! Sie können mir Ihr Triefauge gerne deuten, Herr Kollege Khol! Ich weiß, daß Sie das nicht so wollen. Ich weiß eh, daß Sie es nicht so ernst meinen mit dem Einhalten von Gesetzen! Sie strapazieren bei jeder Gelegenheit den "Verfassungsbogen"; der "arco constitutionale" ist ja Ihr Lieblingskonstrukt. Und im Lichte dessen gehen Sie heraus und sagen: Wir haben zwar das Gesetz gebrochen, aber das war eine politische Erwägung! (Abg. Dr. Khol: Ihre Argumentation ist sehr dünn!)

Natürlich haben Sie das Gesetz gebrochen. (Abg. Dr. Khol: Natürlich nicht!) Der inhaltliche Zusammenhang ist nicht vorhanden. (Abg. Dr. Khol: Den habe ich Ihnen bewiesen!) Man hat also § 27 des Geschäftsordnungsgesetzes schlicht und einfach mißachtet. Der "Verfassungsbogen" wird immer nur dann herangezogen, wenn man ein bißchen Ausgrenzung spielen möchte und wenn man keine besseren Argumente mehr hat, aber das Gesetz selbst hält man deswegen noch lange nicht ein.

Herr Kollege Khol! Das sei auch in Ihre Richtung gesagt: Wer Reinigungsmittel sein will, der sollte zumindest auch in dieser Frage clean bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.27


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Stenographisches Protokoll
80. Sitzung / Seite 180

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.  – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, zu diesem Zweck wieder jeweils ihren Platz einzunehmen.

Ich ersuche nun jene Damen und Herren Abgeordneten, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen, das heißt, die für die Absetzung des Punktes 11 der ausgegebenen Tagesordnung eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies geschieht durch die Minderheit.

Es bleibt somit bei der ausgegebenen Tagesordnung für die nächste Sitzung. Diese wird mit einer Fragestunde eingeleitet.

Diese Sitzung ist geschlossen .

Schluß der Sitzung: 22.28 Uhr

Berichtigung

Im Protokoll der 77. Sitzung hat es auf Seite 256, letzter Absatz, 2. Zeile, statt "0,06 Prozent" richtig zu lauten: "0,06 Milligramm" sowie in der 6. beziehungsweise 7. Zeile statt "10 Millionen Hektoliter": "10 Millionen Kubikmeter".