Stenographisches Protokoll

12. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 1. März 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

12. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 1. März 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 1. März 2000: 9.01 – 21.46 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 85/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und andere Bundesgesetze geändert werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000)

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Anerkennung der Massaker an der armenischen Bevölkerung 1915 bis 1917 im Osmanischen Reich als Völkermord

4. Punkt: Gesetzliches Budgetprovisorium 2000

5. Punkt: Bericht über den Antrag 64/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2000)

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 45/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend das militärische Vorgehen russischer Truppen in Tschetschenien

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 27/1999, geändert wird (55/A)

8. Punkt: Bericht über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 8812/99, Hv 5345/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Franz Morak 12

Angelobung der Abgeordneten Edeltraud Lentsch 12


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12. Sitzung / Seite 2

Personalien

Verhinderung 12

Ordnungsrufe 38, 39, 153, 153, 153, 159, 164, 179, 179, 181

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfrage-beantwortung 231/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 31

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 101

Redner:

Karl Öllinger 101, 107

Annemarie Reitsamer 104

Reinhart Gaugg 105

Mag. Dr. Josef Trinkl 106

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 107, 109

Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 26/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 20. März 2000 zu setzen 31

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 31

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger 109

DDr. Erwin Niederwieser 111

Anton Wattaul 112

Mag. Helmut Kukacka 113

Dr. Gabriela Moser 114

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 115

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 31

Wortmeldung des Abgeordneten Peter Schieder betreffend die geschäftsordnungsmäßigen Bestimmungen hinsichtlich der tatsächlichen Berichtigung sowie der Wortmeldung von Regierungsmitgliedern 52

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol im Zusammenhang mit der tatsächlichen Berichtigung des Abgeordneten Dr. Peter Pilz 52

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Vorsitzführung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Verlangen auf Einberufung einer Präsidiale 52

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung sowie Handhabung der Geschäftsordnung durch den Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 53

Unterbrechungen der Sitzung 53, 131, 135, 149, 173


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12. Sitzung / Seite 3

Mitteilung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn betreffend das Ergebnis der Beratungen in der Präsidiale 53

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 131, 134, 172

Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen – Annahme (Auszählung der Stimmen) 149, 149

Verlangen des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, die Sitzung zu unterbrechen 149

Feststellung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn betreffend die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Dr. Peter Pilz im Zuge der Verhandlungen zu Tagesordnungspunkt 1 152

Aktuelle Stunde (4.)

Thema: "Wirtschaftsstandort Österreich"


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12. Sitzung / Seite 4

Redner:

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 13

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 15

Kurt Eder 18

Reinhart Gaugg 20

Georg Schwarzenberger 21

Dr. Kurt Grünewald 22

Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid 23

Günter Kiermaier 25

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 26

Mag. Walter Tancsits 27

Dr. Eva Glawischnig 29

Bundesregierung

Schreiben des Bundespräsidenten betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Justiz Dr. Michael Krüger sowie Ernennung von Dieter Böhmdorfer zum Bundesminister für Justiz 12

Ausschüsse

Zuweisungen 30, 144, 187

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 85/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und andere Bundesgesetze geändert werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000) (42 d. B.) 32

2. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (43 d. B.) 32

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 32

Mag. Gilbert Trattner 34

Dr. Alexander Van der Bellen 37

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 39

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 41, 51

Mag. Barbara Prammer 44

Dr. Martin Graf 46

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 48

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigungen) 50, 54

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigungen) 51, 126

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (tatsächliche Berichtigung) 53

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 54

Karl Donabauer 54

Staatssekretär Franz Morak 57, 89

Rudolf Nürnberger 58

Reinhart Gaugg 61

Karl Öllinger 62

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 64

Wolfgang Großruck 66

Dr. Ilse Mertel 68

Theresia Zierler 76

Dr. Eva Glawischnig 78

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 79

Peter Schieder 81

Mag. Karl Schweitzer 83

Dr. Gabriela Moser 85

Edith Haller 86

Otto Pendl 88

Ing. Wilhelm Weinmeier 90

Dr. Kurt Grünewald 92

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 94

Dr. Günther Kräuter 96

Dr. Alois Pumberger 98

Rudolf Parnigoni 100, 116

Patrick Ortlieb 117

Beate Schasching 117

Ing. Herbert L. Graf 119

Mag. Christine Muttonen 120

Dr. Josef Cap 121, 125

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 123

Mag. Herbert Haupt 124

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 126

Mag. Karl Schlögl (tatsächliche Berichtigung) 127

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 128

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 129

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) 129

Beate Schasching (tatsächliche Berichtigung) 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Fraueninteressen wahr-nimmt – Ablehnung 48, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das


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12. Sitzung / Seite 5

vorrangig beziehungsweise ausschließlich Umweltinteressen wahrnimmt – Ablehnung 78, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Erhaltung einer eigenständigen Sozial-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Organisation der Bundesministerien – Ablehnung 79, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Neuerlassung des Bundesministeriengesetzes – Ablehnung 82, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Maßnahmen, die der fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "KonsumentInnenpolitik und -schutz" entgegenwirken – Ablehnung 93, 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Bericht zum internationalen Boykott der österreichischen Forschung – Ablehnung 93, 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Maßnahmen, die der fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "Wissenschaft und Forschung" entgegenwirken – Ablehnung 94, 138

Annahme der Gesetzentwürfe in 42 (namentliche Abstimmungen) und 43 d. B. 130

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Anerkennung der Massaker an der armenischen Bevölkerung 1915 bis 1917 im Osmanischen Reich als Völkermord (44 d. B.) 139

Redner:

Inge Jäger 139

Dr. Martin Graf 140

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 141

Mag. Walter Posch 143

Matthias Ellmauer 144

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 44 d. B. 144

Zuweisung des Entschließungsantrages 50/A (E) an den Ausschuss für Menschenrechte 144

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (40 d. B.): Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2000) (45 d. B.) 144

5. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 64/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2000) (46 d. B.) 145

Redner:

Ing. Kurt Gartlehner 145

Hermann Böhacker 147

Ing. Kurt Gartlehner (tatsächliche Berichtigung) 150


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12. Sitzung / Seite 6

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 150, 159

Dr. Evelin Lichtenberger 151

Karlheinz Kopf (tatsächliche Berichtigung) 153

Johann Kurzbauer 153

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 155

Rainer Wimmer 155

Anna Elisabeth Aumayr 157

Dr. Peter Pilz 158

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 160

Ernst Fink 161

Marianne Hagenhofer 162

Mag. Reinhard Firlinger 164

Mag. Ulrike Lunacek 165

Josef Edler 168

Karl Öllinger 170

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 171

Peter Schieder (tatsächliche Berichtigung) 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch und Genossen betreffend Belastungspaket – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 156, 172

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend 1. die Garantie und Auszahlung von vertraglich vereinbarten beziehungsweise mündlich versprochenen Finanzierungs-zusagen der Frauenministerin für das Jahr 2000 an Frauenberatungsstellen und -projekte, 2. die positive Erledigung von Finanzierungsansuchen für das Jahr 2000 von Frauenberatungsstellen und -projekten durch die Rechts-nachfolgerin der Frauenministerin, 3. die längerfristige finanzielle Absicherung von Frauenprojekten und -beratungsstellen – Ablehnung 166, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Vorlage eines Finanzplanes zur Einhaltung der Verpflichtungen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit – Ablehnung 167, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Förderung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für MigrantInnen, AsylwerberInnen und Schubhäftlinge im Jahr 2000 – Ablehnung 168, 175

Annahme des Gesetzentwurfes in 45 d. B. 172

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 46 d. B. 175

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 45/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend das militärische Vorgehen russischer Truppen in Tschetschenien (26 d. B.) 175

Redner:

Inge Jäger 175

Wolfgang Jung 176

Dr. Michael Spindelegger 177

Mag. Ulrike Lunacek 178

Bundesministerin Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner 179

Harald Fischl 181

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 26 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Lage in Tschetschenien (E 3) 182


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12. Sitzung / Seite 7

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 26 d. B. 182

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 27/1999, geändert wird (55/A) 182

Redner:

Dr. Gabriela Moser 183

Rudolf Parnigoni 183

Mag. Reinhard Firlinger 184

Mag. Helmut Kukacka 185

Edith Haller 186

Zuweisung des Antrages 55/A an den Verkehrsausschuss 187

8. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 8812/99, Hv 5345/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (41 d. B.) 187

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 187

Annahme des Ausschussantrages 188

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 30

31: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Erklärungen der Republik Österreich

Bericht 31

III-29: Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 1997–1998 samt Anhang; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Modell einer zentralen Qualitätssicherung und -kontrolle (92/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Weiterentwicklung des Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplans (ÖKAP/GGP) (93/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Verbesserung der Qualitäts-kontrolle in Krankenanstalten (94/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Neuregelung der gesetzlichen Bestimmungen zur Sterilisation minderjähriger, geistig behinderter oder psychisch kranker Frauen (95/A) (E)

Anton Leikam und Genossen betreffend zusätzliche 1 000 Planposten für die Sicherheitsexekutive (96/A) (E)


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12. Sitzung / Seite 8

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (97/A)

Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalratswahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz, die Europawahl-ordnung, das Volksbegehrengesetz, das Volksabstimmungsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz geändert werden (98/A)

Inge Jäger und Genossen betreffend Absicherung der finanziellen Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit (99/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Alkohol in Lebensmitteln (392/J)

Günter Kiermaier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die personelle Situation bei der Gendarmerie im Bezirk Amstetten (393/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Umsetzung der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (so genannte Preisangabe-Richtlinie) (394/J)

Annemarie Reitsamer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Umsetzung der unsozialen Pensionspläne der FPÖVP Bundesregierung (395/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Verunsicherung der Bevölkerung durch die unsozialen Anschläge auf die Geldbörsen kranker Menschen im FPÖVP Belastungspaket (396/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die autoritäre Wende in der Arbeitsmarktpolitik und die damit einhergehende Gefährdung der Weiterführung des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung (NAP) (397/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die personelle Situation bei der Gendarmerie und Polizeidirektion der Landes-hauptstadt im Bezirk St. Pölten (398/J)

Franz Riepl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Umsetzung der Angleichung der Rechte der Arbeiter an die Rechte der Angestellten "Aktion Fairness" (399/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ersatz der solidarischen Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht (400/J)

Franz Riepl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend mehr Ausbildungsplätze für Lehrlinge (401/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kultur – Boykott und finanzieller Kahlschlag in der österreichischen Kulturpolitik (402/J)

Anton Gaál und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Auswirkungen des Sparpakets im Bereich des Zivildienstwesens (403/J)


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12. Sitzung / Seite 9

Dr. Peter Wittmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die personelle Situation bei der Gendarmerie in den Bezirken Wiener Neustadt und Neunkirchen und der Polizeidirektion der Stadt Wr. Neustadt (404/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend finanzielle Aushöhlung der österreichischen Städte (405/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verzicht auf ein Frauenministerium (406/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Initiative Qualität" (407/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Stromimporte aus Tschechien (408/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Veröffentlichung eines NS-verharmlosenden und holocaustleugnenden Artikels in der Wochenzeitung "Zur Zeit" (409/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Publikationsliste der Abteilung für Bildungsökonomie und Schulstatistik des BMUK (410/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Semmering-Basistunnel (411/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Einführung der neuen Verwaltungssoftware (412/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Autobahnauffahrt Innsbruck-Mitte (413/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Geschenke für SchulleiterInnen (414/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Reserveflächen für den Ausbau der Inntal Autobahn (415/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ausbaupläne Bundesstraßennetz (416/J)

Karl Dobnigg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalmangel der Gendarmerie im Bezirk Leoben (417/J)

Anton Leikam und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Personalentwicklung in der österreichischen Exekutive (418/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kultur – Boykott und finanzieller Kahlschlag in der österreichischen Kulturpolitik (419/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Sortenzulassung gentechnisch veränderter Pflanzen auf EU-Ebene (420/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Kompetenzen für die Gentechnik-Angelegenheiten) betreffend ein Importverbot für den gentechnisch veränderten Mais der Firma AgrEvo (T25) (421/J)


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12. Sitzung / Seite 10

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend 60 000 S-Wertgrenze (422/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend 60 000 S-Wertgrenze (423/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung (424/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung (425/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Werbeaktion der Firma Kleider-Bauer (426/J)

Anna Huber und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Kompetenzneuverteilung im Bereich Konsumentenschutz (427/J)

Anna Huber und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Kompetenzneuverteilung im Bereich Konsumentenschutz (428/J)

Anna Huber und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umsetzung der e-commerce-Richtlinie (429/J)

Anna Huber und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kompetenzneuverteilung im Bereich Konsumentenschutz (430/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (431/J)


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12. Sitzung / Seite 11

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesminis-teriengesetz (432/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (433/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (434/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (435/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (436/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (437/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (438/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (439/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (440/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Auswirkungen der Novelle zum Bundesministeriengesetz (441/J)

Franz Riepl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit und Soziales betreffend mehr Ausbildungsplätze für Lehrlinge (442/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (235/AB zu 233/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (236/AB zu 242/J)


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12. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie alle sehr herzlich begrüßen und bitten, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 12. Sitzung des Nationalrates.

Ich gebe bekannt, dass das Amtliche Protokoll der 11. Sitzung vom 24. Februar 2000 in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben ist. Es gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Herr Abgeordneter Franz Morak auf die Ausübung seines Mandates beziehungsweise auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Frau Edeltraud Lentsch in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein der Genannten vorliegt und die Frau Abgeordnete im Hause anwesend ist, schlage ich vor, dass die Angelobung sogleich vorgenommen wird. Ich bitte Sie, sich hiezu von den Sitzen zu erheben.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Frau Schriftführerin wird die neue Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" leisten.

Ich bitte die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Haller, um die Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Edith Haller: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die neue Kollegin herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf bekannt geben, dass folgendes Schreiben des Herrn Bundespräsidenten an den Präsidenten des Nationalrates eingelangt ist:

"Ich beehre mich mitzuteilen, dass ich gemäß Artikel 70 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes auf Vorschlag von Bundeskanzler Dr. Schüssel den Bundesminister für Justiz Dr. Michael Krüger mit heutigem Tage vom Amt enthoben habe.

Gleichzeitig habe ich auf Vorschlag des Bundeskanzlers gemäß Artikel 70 Absatz 1 der Bundesverfassung Herrn Dr. Dieter Böhmdorfer zum Bundesminister für Justiz ernannt."

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Es ist mir bekannt, dass es zwischen den vier Fraktionen Übereinstimmung dahin gehend gibt, von der Möglichkeit, darüber eine Debatte durchzuführen, Gebrauch zu machen, und zwar in der morgigen Sitzung, voraussichtlich als ersten Punkt der Tagesordnung.

Die diesbezügliche formale Mitteilung wird am Ende der heutigen Plenarsitzung bei Verkündung der Tagesordnung für die morgige Sitzung nach vorangehender Beratung in der Präsidialkonferenz erfolgen.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Wirtschaftsstandort Österreich"

Als Begründer dieser Aktuellen Stunde gelangt Herr Abgeordneter Puttinger zu Wort. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: ... Redewahlrede!)

9.04

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierungsbank! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Abschiedsrede!) Hohes Haus! In einer Zeit, die von Worten wie Globalisierung, Neoliberalismus, E-Mail, World Wide Web, E-Commerce, Virtuelle Gesellschaft geprägt ist, ist es, so glaube ich, umso notwendiger, eine Betrachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich sehr nüchtern durchzuführen.

Österreich hat sich, wie alle internationalen Rankings zeigen, im vergangenen Jahr im verschärften internationalen Wettbewerb als Investitionsregion der europäischen Spitzenklasse behauptet.

Trotz aller Unkenrufe, trotz aller Versuche, das Ansehen Österreichs im Ausland zu schmälern – denken wir etwa an die Auftritte kommunistischer Gruppen bei den Demonstrationen der letzten Tage oder an die Auftritte und Interventionen einzelner Grüner und Sozialdemokraten im Ausland –, genießt Österreichs Wirtschaft grundsätzlich sehr hohes Ansehen, wie eine Studie der amerikanischen Fachzeitschrift "Institutional Investors" eindrucksvoll bestätigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Laut dieser Studie liegt Österreich unter 135 untersuchten Staaten auf Platz 10. Mit der geringsten Streikdauer innerhalb der EU, der höchsten Rechtssicherheit auf der Welt – zehn von zehn möglichen Punkten wurden erreicht – und einer Produktivität, die vor Japan liegt, können wir Spitzenwerte aufweisen. Last but not least gehört Österreich auch zu den Steueroasen dieser Welt.

Nach Großbritannien und den Niederlanden liegt Österreich mit 4,48 von sieben möglichen Punkten im Global Competitive Report an prominenter Stelle – noch vor den USA! Weit abgeschlagen liegt Deutschland, das nur 2,22 Punkte von den möglichen sieben Punkten erreicht hat. Das alles konnte ... (Abg. Schwemlein: Was glaubst du, was ...?)  – Herr Kollege, verwenden Sie diese Unterlagen, um nach außen hin, für ganz Europa darzustellen, wie gut Österreich ist! (Abg. Schwemlein: ... da ist nicht unsere Politik schuld!) Quatschen Sie hier nicht dauernd dazwischen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das konnte durch das Einfordern einer vernünftigen Wirtschaftspolitik vom Regierungspartner in den letzten Jahren erreicht werden. Und trotz all dieser positiven Daten dürfen wir uns nicht in Sicherheit wiegen. Österreich ist ein exportorientiertes Land, und unsere Wirtschaft steht im internationalen Konkurrenzkampf. Diesbezüglich beklagen die Manager führender Unternehmen dieses Landes generell eine Überregulierung. Sie fordern effiziente Genehmigungsverfahren und warnen vor dem Ansteigen der Arbeitskosten. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten mit unserem Partner, der FPÖ, im Bereiche der Haushaltspolitik die Staatsausgaben unter Kontrolle halten, veranschlagte


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Defizite nicht überschreiten und auch die Schuldenquote deutlich nach unten drücken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiters werden wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf dem Gebiet der Produkt- und Kapitalmärkte den Deregulierungsprozess bei den Versorgungsunternehmen sicherlich beschleunigen. Wir werden die Unternehmensgründungen fördern. Wir werden den Wagniskapitalmarkt stärken und vieles andere mehr. Und wir werden im Bereiche des Arbeitsmarktes mit unserem Partner, der FPÖ, selbstverständlich auch den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung erfüllen. Wir werden so viele ältere Arbeitnehmer wie möglich im Arbeitsprozess halten, wir werden den Niedriglohn-Empfängern und den gering qualifizierten Arbeitskräften besondere Aufmerksamkeit widmen, und wir werden auch die Regelungen für die Teilzeitarbeit und die Flexibilisierung der Arbeitszeiten weiter vorantreiben. Auch wenn Sie das nicht glauben: Wir werden es Ihnen beweisen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Um den Wirtschaftsstandort zu sichern, hoffe ich aber auf und bitte Sie um Ihre Mitarbeit. Ich rufe die Opposition auf, dabei zu sein, wenn es darum geht, das Anlagenrecht zu reformieren, wenn es darum geht, für Industriebetriebe, für Klein- und Mittelbetriebe, aber auch letzten Endes für den "Häuslbauer" eine Anlaufstelle zu schaffen, also eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen, wie wir uns das vorstellen. (Abg. Oberhaidinger: Warum haben Sie es 14 Jahre lang verhindert?) Wir hoffen, dass auch Sie von der Opposition mitmachen, wenn es darum geht, eine Kapitalmarktoffensive zu starten (Abg. Haigermoser: Oberhaidinger, ruhig, sonst sage ich es ...!) , und zwar nicht nur in Form von Kooperation mit deutschen Börsen, sondern in unserem Land selbst eine entsprechende Börse zu schaffen, sodass österreichische Unternehmen nicht gezwungen sind, nach London oder Frankfurt auszuweichen. Seien wir doch froh, wenn sie in Österreich bleiben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Ich bitte Sie, dabei mitzumachen, uns zu unterstützen! (Abg. Dr. Jarolim: Schauen Sie sich das ÖIAG-Gesetz an, wenn Sie ernst genommen werden wollen!)  – Sie müssen ja nicht ununterbrochen destruktive Arbeit leisten, Sie dürfen ruhig auch einmal produktiv arbeiten, das steht Ihnen genauso zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich hoffe, dass Sie mitmachen, wenn es um die Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes geht. Sie reden immer nur groß davon. Wir werden es umsetzen! Wir werden es schaffen, niedrige Preise für Gewerbe und auch für die Haushalte zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genauso wichtig ist es weiters – das ist auch eine wesentliche Entscheidung der Bundesregierung –, die Lohnnebenkosten nachhaltig zu senken. Dieses Vorhaben beinhaltet zahlreiche Maßnahmen wie die Aliquotierung des Urlaubes, die Senkung der Unfall- und Arbeitslosenversicherung und die Senkung der Beiträge für den Insolvenzfonds. (Abg. Sophie Bauer: ... Sozialabbau!) Es ist jedoch zu betonen, dass wir garantieren, dass die Leistungen aufrecht erhalten werden. Das haben Sie nie getan, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

All diese Maßnahmen schaffen Arbeit, all diese Maßnahmen sichern die Arbeitsplätze. Das macht uns auch konkurrenzfähig im internationalen Wettbewerb.

Nicht vergessen dürfen wir aber die Förderung der praxisbezogenen Fachhochschulen sowie die Ausbildung generell. Sie stellt einen wichtigen Knotenpunkt, eine wichtige Verbindung zwischen dem Wirtschaftsstandort Österreich und dem gesamten Wirtschaftsleben dar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Um die Qualität des Wirtschaftsstandortes Österreich auszubauen, brauchen wir die Mithilfe und Mitarbeit aller , meine sehr verehrten Damen und Herren, aller, die Wohlstand wollen, die Arbeitsplätze wollen (Abg. Dr. Jarolim: Mit einer neuen Regierung können wir einmal anfangen!)  – wollen Sie das nicht? (Ruf bei der SPÖ: Oh ja!)  –, die Ausbildung wollen, die aber auch einen Generationenvertrag wollen. Niemand in diesem Land, weder die Arbeitnehmer noch die Arbeitgeber, hätte Verständnis dafür, wenn – und das sei an Ihre Adresse gerichtet – Sie


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Fundamental-Opposition nur um ihrer selbst Willen betreiben. (Abg. Dr. Petrovic: Was soll das jetzt?) Das ist nicht der Sinn eines Parlamentes, und das ist nicht die Aufgabe der Menschen, die hier in diesem Hohen Hause sitzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich lade daher Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und von den Sozialdemokraten, ein, ich lade alle Interessenverbände ein, ich lade die Gewerkschaften ein, auch weiterhin das Unternehmen Österreich gemeinsam im internationalen Spitzenfeld zu positionieren. (Abg. Dr. Jarolim: Das können Sie nicht ernst meinen!)

Wir fordern aber auch das Ausland auf, den Wirtschaftsstandort Österreich als wichtige Schnittstelle zwischen Ost und West nicht leichtfertig zu gefährden. Man möge sich daran erinnern, dass in den dreißiger Jahren durch die Tausend-Mark-Sperre der Versuch unternommen wurde, die damalige Wiener Regierung und damit Österreich mit wirtschaftlichen Mitteln politisch gefügig zu machen. Hüten wir uns davor, solche Mittel der wirtschaftlichen Isolation oder des wirtschaftlichen Druckes in einer europäischen Wertegemeinschaft anzuwenden! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man in einzelnen Staaten der EU glaubt, dass bei uns Wert verletzende Dinge, wie sie zum Beispiel – und sicher – im Tschetschenien-Krieg geschehen sind, passiert sind, dann soll man diese Vorkommnisse sorgfältig prüfen und eine angemessene Reaktion setzen, wie das auch der Chefdiplomat der EU selbst, Solana, gesagt hat. Was Österreich betrifft, wurde aber – das wissen Sie, glaube ich, genauso gut wie wir – weder die Tätigkeit der Regierung und des Parlaments einer sorgfältigen Prüfung unterzogen, noch wurde Österreich die Chance gegeben, die Ordnungsmäßigkeit seiner Handlungen zu beweisen, und letzten Endes wurde auch die Angemessenheit der Mittel nicht verwirklicht. (Abg. Oberhaidinger: Das ist schon ein bisschen mühselig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All diese Dinge sind aber auch wesentliche Faktoren für den Wirtschaftsstandort. Daher fordern wir sie ein für eine zukünftige wirtschaftsfreundliche Kooperation mit der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Zwecke der Abgabe einer Stellungnahme zum Thema dieser Aktuellen Stunde erteile ich Herrn Bundesminister Bartenstein das Wort. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

9.15

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin Herrn Abgeordneten Puttinger sehr dankbar für die beeindruckende Darstellung vieler Kennzahlen, die ausweisen, wie gut der Wirtschaftsstandort Österreich, wie gut das Unternehmen Österreich, dessen Mitarbeiter wir ja alle sind, für den internationalen Wettbewerb gerüstet ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edler: Und wer hat das geschaffen?)

Ich stehe nicht eine Minute an zu sagen, dass die Ausgangslage, die wir heute vorfinden, natürlich auch das Verdienst der abgetretenen Bundesregierung ist, genauso wie ich zu den vehementen Kritikern gehört habe, als wir in der Sondersitzung des Nationalrates in der Vorwoche die äußerst problematische Situation des dieser Bundesregierung hinterlassenen Haushaltes besprochen und diskutiert haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Angaben der in Österreich maßgebenden Wirtschaftsforscher wird sich das Wachstum in unserem Lande beschleunigen. Von dem an sich schon recht befriedigenden Wert von 2,4 Prozent im Jahre 1999 können wir für die Jahre 2000 und 2001 von Wachstumsraten in der Höhe von jeweils 2,8 Prozent, also fast 3 Prozent ausgehen.


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Auch in Bezug auf die Inflation – fast weigere ich mich, das Wort "Inflationsrate" in den Mund zu nehmen, es handelt sich dabei eher um die Stabilität des Geldwertes, den wir erreicht haben – liegt Österreich im unteren Drittel Europas. Nach fast historisch niedrigen 0,6 Prozent im letzten Jahr werden wir in den Jahren 2000 und 2001 mit Werten von 1,1 respektive 1,0 Prozent zu rechnen haben. Die derzeitige Inflationsrate im Zwölfmonatswert von 1,4 Prozent ist bedingt durch die stark gestiegenen Rohölpreise. Dafür können wir nichts. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, das ist – jedenfalls kurzfristig – nicht zu ändern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Besonders erfreulich ist aber – das sage ich jetzt auch als neuer Arbeitsminister – die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind im Jahre 1999 mit einer Arbeitslosenrate von 4,3 Prozent im EU-Vergleich schon erfreulich niedrig gelegen, es war dies einer der größten Rückgänge der Arbeitslosenrate in den letzten Jahrzehnten! Im Vergleich zu unserem Wert von 4,3 Prozent liegt jener der Europäischen Union insgesamt bei mehr als dem Doppelten, nämlich bei 9,2 Prozent.

Ich konnte gestern gemeinsam mit meiner Kollegin Sickl der Bundesregierung und unserem Bundeskanzler Schüssel im Ministerrat die Datenlage für den Monat Februar vorlegen, die diese positive Entwicklung noch unterstreicht: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahresabstand minus 10,8 Prozent Arbeitslose, minus 32 000 Jobsuchende – das ist ein ermutigender Start für die neue Regierung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Um Zwischenrufen von der sozialdemokratischen Opposition vorzubeugen: Auch diesbezüglich bedanke ich mich ausdrücklich bei meiner Vorgängerin Lore Hostasch für das gute Erbe, das sie mir hinterlassen hat. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie gehen mit Lore Hostasch so gut um, wie ich das immer getan habe. Sie hat sich hier große Verdienste erworben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Es zieht sich diese positive Entwicklung am Arbeitsmarkt erfreulicherweise durch alle Bundesländer, durch alle Branchen und erfasst – Gott sei Dank! – nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen und die Jugend in diesem Lande. Wenn wir sagen können, dass die prinzipielle Trendwende am Arbeitsmarkt schon im Laufe des Jahres 1999 erreicht worden ist, so kann ich jetzt sagen, dass wir auch bei den älteren Arbeitslosen, bei den über 50-Jährigen, ja sogar bei den über 55-Jährigen die Trendwende in den letzten Monaten geschafft haben, und darauf können wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, gemeinsam stolz sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nicht nur die Leichtathletin Steffi Graf wurde Europameisterin, sondern auch Österreich ist Europameister in einem Feld, auf einem Gebiet, das für uns alle ein besonderes Herzensanliegen ist, nämlich auf dem Gebiet der Jugendarbeitslosigkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit 5,8 Prozent Jugendarbeitslosigkeit sind wir in Österreich bei weitem die Besten im Vergleich zum europäischen Durchschnittswert von 18 Prozent. Auch darauf sollten wir stolz sein, und wir sollten alles dazu tun, dass junge Menschen, die eine gute Ausbildung absolviert haben und bereit sind, in den Arbeitsmarkt einzusteigen, auch in Zukunft einen Job bekommen. Wir stehen dafür, und wir garantieren das! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wiederum an die Adresse der Opposition: Eines verstehe ich nicht, nämlich wie man angesichts solcher Arbeitsmarktdaten trotzdem die Prophezeiung wagen kann – ich zitiere Herrn Präsidenten Tumpel, zu lesen in einigen heutigen Zeitungen –, dass dieses Regierungsprogramm zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen würde. Dagegen war selbst Kassandra in der griechischen Mythologie noch eine vornehme Dame. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung beziehungsweise die Regierung Schüssel ruht sich aber nicht auf den Erfolgen aus, die eingefahren wurden, sondern wir wollen den Wirtschaftsstandort Österreich verbessern, wir wollen die Voraussetzungen für die


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Menschen in diesem Land, im internationalen Wettbewerb zu bestehen und den Wohlstand und auch die soziale Sicherheit zu sichern, weiter ausbauen. Wir wollen eine Standortpolitik betreiben, die sich sehen lassen kann. Deswegen war es Bundeskanzler Schüssel, der ausdrücklich in das 100-Tage-Programm der Bundesregierung bis zum Sommer eine Reihe von standortrelevanten Faktoren eingebaut hat, und ich möchte die drei wichtigsten referieren.

Zum einem – darauf hat Herr Abgeordneter Günter Puttinger schon hingewiesen –: die Notwendigkeit der Senkung von Lohnnebenkosten. Es versteht niemand, warum es in diesem Zusammenhang Zwischenrufe in Richtung Sozialabbau geben kann; das muss man uns erst einmal erklären, aber vor allem den Bürgern in Österreich, denn die wissen das nämlich besser. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bereich der Lohnnebenkosten liegen wir nämlich nicht gut, da liegen wir in Europa, von hinten angefangen, an der drittschlechtesten Stelle. Dagegen müssen wir etwas tun. Deswegen ist es wichtig, bis zum Jahre 2003 die Lohnnebenkosten um 15 Milliarden Schilling zu senken; weswegen ich überhaupt nicht verstehe, warum Sie dazwischenrufen und opponieren: Genau diese 15 Milliarden Schilling an Lohnnebenkostensenkung haben wir in unserem gemeinsam ausgearbeiteten und dann von Ihnen unterschriebenen Programm auch enthalten gehabt. Sie werden sich doch noch daran erinnern können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesen ersten 100 Tagen unserer Regierungsarbeit das Thema Urlaubsaliquotierung und das Thema Entfall des Postensuchtages bei Selbstkündigung umsetzen. Zum Urlaubsanspruch möchte ich, um auch da Missverständnissen vorzubeugen, sagen: Es bleibt beim Urlaubsanspruch wie bisher. (Abg. Sophie Bauer: Aha!) Lediglich das, was an Urlaub nicht verbraucht ist, lediglich das, was Arbeitnehmer an Urlaub nicht verbraucht haben, soll im Trennungsfalle in Zukunft aliquot abgerechnet werden. Es wird keine Zurückzahlung von bereits in Anspruch genommenen Urlauben geben, mit Ausnahme von Entlassung und ungerechtfertigtem Austritt, aber Sie werden doch wohl anerkennen, dass das in diesem Fall angemessen und gerechtfertigt ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Zusammenhang damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen wir einen ganz wesentlichen Schritt setzen und mit einem Anachronismus, den es nur in Österreich gibt, aufräumen, nämlich mit der Unterschiedlichkeit von Arbeitern und Angestellten. Es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit am Arbeitsplatz, Arbeiter und Angestellte gleichzusetzen, und ich hoffe, dass Sie wenigstens da mitgehen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, denn das war eine jahrzehntealte Forderung gerade des ÖGB, Herr Präsident Verzetnitsch, und ich bin sicher, dass die Erfüllung dieser Ihrer Forderung durch die neue Bundesregierung auf Ihre Zustimmung stoßen wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dabei möchte ich die Regierungsfraktionen beruhigen und sagen: Es wird keinen Automatismus geben, dass diese Bundesregierung alle Forderungen des ÖGB in Zukunft erfüllen wird, aber diese eine sehr gerne. (Heiterkeit bei der ÖVP sowie des Abg. Verzetnitsch. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gleichstellung von Arbeitern mit Angestellten im Krankheitsfall wird in diesen 100 Tagen umgesetzt werden, und ich bin zuversichtlich, dass das, was da noch fehlt, nämlich die Anpassung der Kündigungsfristen, von den Sozialpartnern in bewährter Manier abgearbeitet werden kann.

Wir werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesen 100 Tagen auch entscheidende Schritte zur Verbesserung des Anlagenrechtes – auch das trägt zur Standortsicherheit und zur Standortattraktivität bei – setzen. Wir werden – das ist längst fällig, aber wir müssen das noch tun – nicht nur die drei EU-Richtlinien IPPC, UVP und Seveso umsetzen, sondern wir werden bis zum Sommer auch einen Begutachtungsentwurf ausarbeiten, der im Rahmen eines Anlagenverfahrensgesetzes klarstellt, dass es in Zukunft die Bezirkshauptmannschaft sein wird,


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zu der Unternehmer, zu der Investoren hingehen, wenn sie ihre Anlagen, wenn sie ihre Standorte genehmigt haben wollen.

Last but not least werden wir – ich habe Ihnen drei Punkte aus diesem 100-Tage-Programm versprochen; Abgeordneter Puttinger hat das schon erwähnt – auch eine Strategie vorlegen, wie wir in den nächsten Monaten zu einer Vollliberalisierung bei Strom und Gas kommen. Auch das ist ein Beitrag zur Standortsicherheit, weil die Vollliberalisierung natürlich günstigere Strom- und Gaspreise für die Wirtschaft, vor allem für die mittelständische Wirtschaft bringen wird. Aber ich sage gleich dazu: Es ist uns mindestens genauso wichtig, dass diese Vollliberalisierung im Laufe des Jahres 2001 auch entscheidende Preisvorteile für Österreichs Bürgerhaushalte und Konsumenten bringen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Jeder Redner hat 5 Minuten Redezeit.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Kurt Eder zu Wort. – Bitte.

9.26

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eigentlich unglaublich, was hier von meinen beiden Vorrednern so locker in das Mikrophon hineingesagt wurde – von dem einen besonders laut, aber inhaltlich noch schwächer als vom zweiten. (Beifall bei der SPÖ.) Aber eines, meine Damen und Herren, lassen wir uns sicherlich nicht nehmen: Ich gebe Ihnen Recht, Herr Bundesminister, wenn Sie sagen, dass Österreich unter sozialdemokratischer Führung einen beachtlichen wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg geschafft hat. In diesem Punkt gebe ich Ihnen Recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben bis zur Angelobung der neuen Regierung in Österreich wirklich höchstes Maß an Beschäftigung gehabt, wir haben höchstes Maß an sozialem Frieden gehabt, wir haben in Österreich Stabilität gehabt (Abg.


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Schwarzenberger: Jetzt ist die Beschäftigung noch höher!), wir haben in Österreich einen hohen Wohlstand gehabt, wir haben in Österreich eine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gehabt, und wir haben vor allem – meine sehr verehrten Damen und Herren, hören Sie sich das an! – Ansehen im Ausland gehabt. Wir haben Ansehen im Ausland gehabt, und das hat Österreich ausgezeichnet. (Abg. Schwarzenberger: Das versucht ja ihr zu zerstören!) Doch Sie leben jetzt bei all Ihren Aussagen, die Sie treffen, von der Leistung der Regierung Klima. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Wo ist Klima? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Innerhalb von wenigen Tagen hat diese neue Regierung wichtige Positionen für Österreich, für unser Land und für die von Ihnen so genannten wichtigen kleinen, anständigen Österreicher verspielt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie haben nicht nur diese Position verspielt, sondern Sie haben die Zweite Republik, meine Damen und Herren, in eine beispiellose Krise mit noch nicht abschätzbaren sozialen und wirtschaftlichen Folgen geführt. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie hier sagen, Herr Bundesminister, der Herr Präsident der Arbeiterkammer meint, dass die Beschäftigtenzahlen zurückgehen werden, dann muss ich Ihnen erwidern: Das sind nicht jene Zahlen, die Sie genannt haben, Herr Bundesminister, denn die von Ihnen genannten Zahlen stammen noch aus der Regierung Klima. Kollege Tumpel meint die Zahlen betreffend die Zukunft und macht sich Sorgen um die Arbeitsplätze in Österreich angesichts dieser Regierung, und damit hat er Recht.

Meine Damen und Herren! Es tut mir wirklich Leid, dass wir uns, anstatt heute hier im Parlament über positive wirtschaftliche Weiterentwicklungen, über Standortsicherung, über Investitionspolitik die Diskussion zu führen (Abg. Dr. Puttinger: Darüber habe ich gesprochen!), ununterbrochen mit der Begrenzung des Schadens beschäftigen, den diese Regierung im Ausland für Österreich verursacht. (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Ihr macht das! Ihr redet den Schaden herbei! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Herr Kollege Puttinger, hören Sie zu! (Abg. Dr. Stummvoll: Ihr macht alles schlecht!) Herr Kollege Stummvoll, Sie brauchen gar nicht so zu lachen, Sie haben nämlich in der nächsten Zeit nichts zu lachen. In der Wirtschaftskammer und auch in der Industriellenvereinigung schlagen die ÖVP-Experten – Ihre Experten! – Alarm. Vor allem die Tourismusbetriebe – weil hier Frau Kollegin Rossmann sitzt, möchte ich das auch erwähnen – schlagen Alarm. (Abg. Dr. Stummvoll: Es wird dauernd demonstriert!) Und die Konsumgüterindustrie hat bereits Angst vor dem Zeichen "Ja zu A". Das ist Ihre Politik, dass ist das, was Sie verursacht haben! Nicht die Freiheitliche Partei, sondern die Österreichische Volkspartei trägt die volle Verantwortung für das, was in Zukunft in Österreich geschehen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die ersten Beispiele liegen ja auf dem Tisch. Warum, Herr Kollege Stummvoll, beten Sie denn das alles gesund? – Die ersten Stornos für Fahrzeuge aus Steyr sind in Österreich eingegangen. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der österreichischen Großindustrie flattern unentwegt die Aufträge davon. Ich weiß das, denn ich arbeite in der Großindustrie, Sie ja nicht, Sie sind ewig in der Wirtschaftskammer Funktionär gewesen, Herr Puttinger. Ich hingegen komme aus der Industrie und aus der Wirtschaft. Ich komme nicht aus einem Wirtshaus, sondern ich komme aus der Industrie und mache Industriepolitik auch in diesem Haus. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, dass eine Menge Projekte, die vor wenigen Monaten noch gesichert waren, abgelehnt wurden. Seit Sie in der Regierung sind, bekommen wir laufend Absagen. Die Tourismuswirtschaft hat, Frau Staatssekretärin, alleine seit dem Amtsantritt der neuen Regierung Tausende, Zehntausende Stornierungen von Nächtigungen bei Kongressen hinzunehmen. (Abg. Schwarzenberger: Das ist von euch herbeigebeten worden! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn das nicht stimmt, dann frage ich Sie, Herr Kollege: Wer ist denn die Industriellenvereinigung Niederösterreich? (Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wer ist denn das?

Dort befürchtet man negative Folgen. Es heißt, mit durchaus ernst zu nehmenden Schäden sei zu rechnen. Wer ist denn das, die Industriellenvereinigung Niederösterreich? (Abg. Dr. Puttinger: Haben Sie ein positives Wort für Österreich?)

Oder: Drei Projekte in Österreich gestoppt. – Antwort: Gehen wir darüber hinweg! (Abg. Mag. Trattner: Das ist eine Lüge! Du bist ein Nestbeschmutzer, weißt du das?!)

Oder: Absagen im Bereich des Tourismus, Frau Kollegin Fekter!

Oder – ja es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre –: Selbst der Export des Grünen Veltliners nach Amerika ist gefährdet – und damit die Weinbauern. Hier steht, dass ein Exportpotential in der Höhe von 300 und mehr Millionen Schilling alleine beim Wein wegen Ihrer Regierungsform gefährdet ist. (Abg. Steibl: Was soll das?) Das sind die Fakten und Zahlen, meine Damen und Herren, und diese wollen Sie ganz einfach nicht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

So darf ich auch sagen, dass ja einerseits die ÖVP glaubt, ...


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Abgeordneter! Bitte um den Schlusssatz! Redezeit beachten!

Abgeordneter Kurt Eder (fortsetzend) : Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie – trotz des Chaos, trotz dieser Situation – auf, der Einladung des Klubobmannes Gusenbauer zu folgen, mit den Oppositionsparteien gemeinsam an einem Tisch mit den Botschaftern der Europäischen Union für unser Land einen Weg zu suchen, aus diesem Chaos herauszukommen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

9.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Alle Standpunkte werden zu Gehör kommen. Jetzt war ein Oppositionsredner am Wort, dann kommt wieder ein Regierungsredner zu Wort, dann kommt wieder ein Oppositionsredner, dann kommt wieder ein Regierungsredner an die Reihe, und es ist besser, wenn wir uns das gegenseitig anhören.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaugg. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

9.31

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Man gewinnt beinahe den Eindruck, als würde sich die SPÖ als größere Oppositionspartei hier in diesem Hause darüber freuen, dass es international wirtschaftliche Schwierigkeiten für Österreich gibt. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie es sind, die den sozialen Frieden in unserem Land gefährden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie sind es, die das Haus Europa angezündet haben. Sie sind es, die Demonstranten kaufen. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.) Sie sind es, angefangen vom ehemaligen Bundeskanzler Klima, der mit Trillerpfeife am Ballhausplatz spazieren geht und über seine eigene, schlechte Politik der Vergangenheit philosophiert.

Wenn man sich heute Ihre Interessenvertretungen, die Sie alle in den letzten 30 Jahren vereinnahmt haben – den ÖGB, die Arbeiterkammern; alle die sind von Ihnen als Ihr persönliches Refugium betrachtet worden –, anschaut, dann muss man sagen: Es ist schon erstaunlich, wie in den vergangenen Jahren das große Schweigen der Lämmer – anders ist es nicht zu bezeichnen – stattgefunden hat.

Da hat es gegen keines der Belastungspakete der damaligen Regierung nur einen einzigen Ton gegeben. Der Herr Verzetnitsch hat ja nicht einmal einen Huster herausgebracht. (Abg. Edlinger: Was bringen Sie heraus?) Jetzt muss ich Ihnen Folgendes sagen: Dass Sie diese Situation heraufbeschwören, ist unverantwortlich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ihr macht ein Belastungspaket ...!)

Herr Kollege Edlinger! Dass Sie diese Situation heraufbeschwören, ist unverantwortlich! (Abg. Eder: Haben Sie dem Bartenstein zugehört?) Auch der Herr Gusenbauer, der zwar jetzt nicht in diesem Hohen Hause ist, um über die allgemeine Situation, den Wirtschaftsstandort Österreich zu diskutieren, war bei den Demonstrationen dabei.

Ich sage Ihnen von der SPÖ eines, auch wenn es Ihnen noch so wehtut: Wir werden Ihnen mit solider Wirtschafts- und Arbeitnehmerpolitik beweisen, dass wir es besser können als Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Sie wissen gar nicht, was das ist!) Lassen Sie uns endlich einmal arbeiten! Sie sind es, die in Österreich eine Zweiklassengesellschaft eingeführt haben: die Funktionärskassierer und die leistende, arbeitende Bevölkerung in diesem Land. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Sie sind ein Hetzer!)

Das beginnt damit, wie sich der ÖGB verhält und wie er sich für seine Funktionäre bedient. Es gibt in Österreich Hunderttausende Arbeitnehmer, die keinen Abfertigungsanspruch haben, weil Sie versagt haben, aber die ÖGB-Mitarbeiter haben den doppelten gesetzlichen Anspruch auf eine Abfertigung. Das ist der wahre Skandal! Von der Höhe rede ich noch gar nicht, Herr Verzetnitsch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie genießen ein wohlbestalltes Dasein eines Großmoguls im 1. Wiener Gemeindebezirk, in einem Penthouse, das die BAWAG für Sie bezahlt. Das ist die Realität! (Abg. Eder: Bitte! Das hörten wir schon Hunderte Male!) Sie haben ja jeden Kern verloren, der nur den Ansatz eines verantwortungsvollen Gewerkschaftsfunktionärs hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Wo wohnt denn der Vertreter des "kleinen" Mannes? Denken Sie ein bisschen nach, bevor Sie etwas sagen!) Umso mehr kann ich Ihnen sagen, dass ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger. )


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Ich weiß schon, dass es wehtut, aber es ist so, dass Sie ... (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Herr Minister außer Dienst Edlinger, ich höre Sie nicht! (Abg. Edlinger: ... Denken Sie ein bisschen nach, was Sie sagen!)

Herr Edlinger! Sie waren ein paar Jahre lang Finanzminister und haben nicht nachgedacht. Sie haben einen Schuldenberg hinterlassen, den Sie bis zum Wahltag verschwiegen haben. (Abg. Edlinger: Und ihr tut ihn aufbauen!) Das ist Ihre Arbeit, die Sie für diese Republik geleistet haben! Das ist Ihre Leistung in Ihrer Funktion als Finanzminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie beschwören ja die Situation herauf! In erster Linie Ihretwegen haben wir einen Sanierungsbedarf! Wir werden sanieren und aufbauen. Wir werden die Interessen der Arbeitnehmer und der Wirtschaftstreibenden nachhaltig verbessern, und zwar mit einer Politik, die Sie in Ihrem Verhalten beschämen wird. Das kann ich Ihnen hier und heute versprechen.

Eines freut mich besonders, das will ich Ihnen noch mit auf den Weg geben und einfach zum Nachdenken anregen: Das Haus Europa ist durch die Verantwortungslosigkeit der Sozialistischen Internationale in einen Zustand hoher Unzufriedenheit geraten. Umso erfreulicher ist es, dass der deutsche Arbeitsminister sein Feriendomizil in unserer Republik Österreich, im schönen Bundesland Kärnten errichten wird. Das ist eine Freude! Das ist übrigens die Wahrheit. Offiziell eine andere Sprache, als es tatsächlich stattfindet. Das, meine lieben Freunde, ist nämlich die wahre Sozialdemokratie, wie sie gelebt wird: einerseits für die ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Redezeit einhalten! Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Herr Präsident! Ich komme schon zu meinem Schlusssatz: Diese neue Regierung hat nicht einmal hundert Sekunden Schonfrist gehabt. Aber ich kann Ihnen sagen: Messen Sie uns an den Leistungen, die wir erbringen werden – im Interesse dieser Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.37

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten sind die Wirtschaftsdaten in Österreich erfreulich: Die Inflationsrate ist niedrig, die Arbeitslosenrate sinkend und das Wirtschaftswachstum steigend. Das Problem in Österreich liegt hauptsächlich bei den Budgetdaten: 25 Jahre ÖVP-Finanzminister in der Aufbauphase, von 1945 bis 1970, haben einen Gesamtschuldenstand von 47 Milliarden Schilling erreicht. 30 Jahre SPÖ-Finanzminister, vom Jahre 1970 bis zum Jahre 2000, haben mehr als 1 600 Milliarden Schilling Schulden erreicht. Und das sind unsere derzeitigen Probleme, mit denen wir uns auseinander setzen müssen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Verstehst du das nicht, dass man die Zahlen miteinander nicht vergleichen kann?)

In den letzten 30 Jahren gab es immer sozialistische beziehungsweise sozialdemokratische Finanzminister. Und Kreisky hat schon gesagt: Einige Milliarden Staatsschulden mehr stören ihn weniger als ein paar tausend Arbeitslose. – Jetzt haben Sie sozusagen beides erreicht. Wir haben da wieder Stabilität hineinzubringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Unser Leitbild für eine Sozial- und Wirtschaftsordnung im 21. Jahrhundert ist das Konzept der sozialen Marktwirtschaft, ergänzt durch das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung wird sie zur ökosozialen Marktwirtschaft. Auch die Land- und Forstwirtschaft ist ein wesentlicher Teil des produzierenden Sektors. Die Land- und Forstwirtschaft ist Einkäufer und Investor zugleich und trägt damit vor allem im ländlichen Raum zur erheblichen Verstärkung der Sicherung der Arbeitsplätze bei.

Mehr als 30 Prozent der Gemeinden in Österreich hängen hinsichtlich ihrer Arbeitsplätzekapazität zu mehr als 30 Prozent von der Land- und Forstwirtschaft ab. Obwohl die Land- und


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Forstwirtschaft in den letzten Jahren selbst unter großen Druck geraten ist, kann man davon ausgehen, dass jeder landwirtschaftliche Arbeitsplatz insgesamt drei weitere Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich sichert. Die Bauern haben in den vergangenen Jahren jährlich 30 Milliarden Schilling investiert. Und jeder Schilling, der – sei es als Tierprämien (Abg. Schwemlein: Und wie viel haben Sie an Förderungen bekommen?), Flächenprämien für das Umweltprogramm, Investitionsförderung – von der EU an die Bauern geflossen ist, ist von den Bauern verdoppelt und sofort wieder investiert worden. Dadurch wurden sehr viele Arbeitsplätze geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Laut einer Studie von Professor Schneider vom Wirtschaftsforschungsinstitut sind in der Land- und Forstwirtschaft und in den vor- und nachgelagerten Bereichen 660 000 Arbeitsplätze vorhanden. Das sind immerhin 20 Prozent aller Arbeitskräfte in Österreich. (Abg. Gradwohl: Da ist aber jeder Konsument mitgezählt!) In volkswirtschaftlicher Hinsicht erbringt der gesamte Agrarkomplex inklusive der Lebensmittel- und der Holzverarbeitung eine Wertschöpfung in der Höhe von 330 Milliarden Schilling pro Jahr. Es ist daher von großer wirtschaftlicher Bedeutung, welche offensiven Projekte wir gemeinsam für eine gute wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Regionen zustande bringen. (Zwischenrufe des Abg. Gradwohl. ) – Ich habe nur wenige Minuten Redezeit zur Verfügung, daher lasse ich mich nicht durch Zwischenrufer unterbrechen. (Abg. Schwemlein: Wir sagen nie mehr etwas!)

Die EU-Regionalprogramme und insbesondere die Maßnahmen für die ländliche Entwicklung bieten uns Möglichkeiten, mit dieser Aktion einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! "Das Land muss Leben" ist eine gemeinsame Aktion zwischen Bauernbund und Wirtschaftsbund. Wir sind überzeugt davon, dass wirtschaftlich gesunde bäuerliche Familienbetriebe in Form des Voll-, Zu- und Nebenerwerbs eine Grundvoraussetzung für einen funktionierenden ländlichen Raum darstellen. (Abg. Schwemlein: Und warum sperrt einer nach dem anderen zu?)

Umgekehrt gilt aber, dass auch die Landwirtschaft von einer guten Infrastruktur (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), vom Dienstleistungsangebot, von der Nahversorgung, von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinden abhängig ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (fortsetzend): Diese Punkte zeigen, dass wir die neuen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen annehmen für eine gute Zukunft in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

9.43

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! 1982 – Jahre nach dem Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie – stellt uns diese Bundesregierung das vorerst letzte Programm einer Modernisierung vor: ein neuer schlanker Staat als Ziehmutter für eine mächtige Wirtschaft mit fetten Gewinnen. – So weit, so gut, könnte man meinen, nur: Neu ist das nicht, und es werden Erinnerungen wach. Diese möchte ich Ihnen jetzt aus dem Vokabelheft der Bundesregierung und ihrer Parteien zitieren: Keine starke Wirtschaft ohne starke Forschung! Die Konkurrenzfähigkeit Österreichs braucht eine neue Forschungspolitik und die Vernetzung von Industrie und Universitäten. Forschungsgestützte Technologien bringen unsere Wirtschaft auf die Überholspur. Mobilität und internationale Kontakte unserer WissenschafterInnen sind zu verbessern. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Wer mir das geschrieben hat? – Sie nicht, das wissen Sie! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Entweder langweile ich Sie, oder es ist Ihnen peinlich, daran erinnert zu werden.

Daher mache ich es kurz und bringe Ihre Aussagen auf einen Nenner: Unsere Wirtschaft wird nur dann innovative und zukunftsträchtige Märkte gewinnen und auf diesen bestehen, wenn die


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österreichische Forschungslandschaft maximal gefördert wird. Programme werden aber nicht allein deshalb modern, weil man sie auf einem PC schreibt! Und so fehlt mir und anderen im Rückblick auf die letzten Wochen Ihrer Bundesregierung jeder Anlass und jede Motivation zu einem fröhlichen oder – auf diese Seite hin – markigen Hurra.

Eine Schlagzeile aus unserem Bildungsministerium lautet: "Von der Wiege bis zur Bahre ..." – das erinnert mich wirklich mehr an Untergang und Windeln als an ermutigende Konzepte für Forschung und Wirtschaft.

Wer bekommt im Bereich der Forschung das schönste und wer das größte Stück? Wer wird bestraft und wer belohnt? – Die Forschungsförderung wird filetiert, auf drei Ministerien aufgeteilt – ein "Niemand-wird-gewinnen-Spiel" der Regierungsverhandlungen. An den Universitäten ist vielen das Lachen vergangen, aber den Meistersängern der Verdrängung wird das egal sein. (Abg. Böhacker: Haben Sie etwas Positives auch?) – Ja, die Wahrheit ist immer positiv. (Abg. Böhacker: Nein, Sie jammern nur!)

Haben Sie mit Vertretern der Wirtschaft darüber diskutiert, dass Österreich mit 3,4 ForscherInnen pro tausend Erwerbstätigen in der OECD-Statistik nahezu letztrangig liegt verglichen mit Finnland mit einer Quote von 8,3 Forschern oder Forscherinnen pro tausend Erwerbstätigen? (Abg. Böhacker: Wer hat das geschrieben?) – Das steht in den OECD-Berichten, die Ihnen nicht bekannt sein dürften.

Wissen Sie, dass der fiskalische Nutzen tertiärer Bildungseinrichtungen einen netto-fiskalischen Effekt von 6 bis 10 Prozent hat und Budget und Produktivität erhöht? Was machen Sie dafür?

Anscheinend darf man "Modernisierung" und "Flexibilität" nicht in Schachtelsätzen verpacken, damit diese Begriffe für Sie zur Pilgerstätte werden. Der vielleicht verwirrendste Aspekt der Flexibilität ist die Auswirkung auf den Charakter, scheint mir. Es werden Zeiten kommen, da wird sich die Wirtschaft an dieses Zitat erinnern.

Sie wissen, dass die Zeit des Eisenbiegens, der Sensenschmiede und des Wurzelschnitzens vorbei ist. Eine andere, eine moderne Wirtschaft braucht eine starke Forschung. Auch das wissen Sie. (Abg. Dr. Fekter: Ja!) Ist es Ihnen aber unbekannt, dass durch Ihre Bundesregierung massive Defizite und massive Probleme in der universitären und in der Forschungslandschaft Österreichs ausgelöst wurden, die die Wirtschaft treffen werden? (Abg. Dr. Fekter: Ganz im Gegenteil!) Soll sich unsere Textilindustrie wirklich auf Häschen-Krawatten konzentrieren und die Wirtschaft auf die Herstellung von Reiseandenkenartikeln? Das hat keinen Sinn. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Ich glaube, Sie leiden absolut an einer Verkennung der Wirklichkeit und können die Ausmaße der Reduktion internationaler wissenschaftlicher Kontakte nicht abschätzen. Anders ist es für mich nicht denkbar, eine derartige Vogel-Strauss-Politik von Ihnen beobachten zu müssen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

In der Forschung gelingen keine Experimente, wenn man Augen und Ohren schließt. Ich glaube, mehr zu wissen, um mehr tun zu können und um mehr zu sein, ist ein Prinzip eines guten Forschers. Ich will daran glauben, dass dieses Mehr-zu-Wissen, Mehr-zu-Sehen und Mehr-zu- Hören auch für Sie eine Anleitung sein sollte für eine bessere und ehrlichere Politik, die ich bislang vermisst habe. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet im Zuge der Debatte hat sich Herr Bundesminister Schmid. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

9.48

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen von der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich nutze diese Gelegenheit – ich wurde ja jetzt auch unmittelbar angesprochen –, in der Kürze einige Vorstellungen, die ich in meine neue politische Tätigkeit einbringen möchte, hier darzulegen.


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Ich bin etwas verwundert darüber, dass bereits vor solch einem Redebeitrag festgestellt wurde, dass Forschungspolitik nicht stattfindet. Ich glaube, dass man nicht innerhalb von drei Wochen, die wir jetzt tätig sind, den Nachholbedarf letzter Jahre decken kann, wobei ich gar nicht Schuldzuweisungen vornehmen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich stelle einfach realistisch und sachlich fest, dass der Bereich der Dotation der Forschung ein allemal zu verbessernder ist. Ich glaube, das haben alle in diesem Haus erkannt, nicht nur Sie, Herr Abgeordneter, der Sie jetzt in der Hoffnung leben, dass im Bereich der Forschung wirklich nichts passieren wird. Sie werden, wenn positive Aspekte gesetzt worden sind, Gewissenserforschung dahin gehend betreiben müssen, was Sie hier heute von sich gegeben haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das von mir geführte Ressort beinhaltet sehr wesentliche Bereiche, die zur Standortqualität der Wirtschaft beitragen, den Standort Österreich mit bestimmen, aber natürlich unter Beachtung der vielen Standorte in diesem Land.

Es ist für mich sicherlich von Vorteil, dass ich in den letzten acht Jahren vor Ort sehr hautnah die Dinge beobachten konnte und gesehen habe, wie sehr Infrastruktur die Entwicklung eines Landes, die Entwicklung von Regionen beeinflusst. Ich denke, dass die Zusammenführung der Infrastrukturbereiche von Vorteil sein kann und von Vorteil sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte die Wichtigkeit dieser infrastrukturellen Maßnahmen – ob Schiene, Straße, Wasser, Luft, wie auch immer – herausstreichen und an einigen Beispielen aus meinem Bundesland sehr einfach darstellen. Wir haben auf der einen Seite die gute Entwicklung im Zentralraum Graz – in anderen Bundesländern ist die Entwicklung ähnlich –, aber auf der anderen Seite einen Rückgang in Regionen wie Köflach-Voitsberg, wo die Autobahn anders geführt wurde, oder im Oberen Ennstal, wo wir im Aufschließungsbereich sicher viel Nachholbedarf haben – es gäbe auch noch andere Beispiele.

Für mich gilt es – und das ist von allergrößter Bedeutung – zuerst einmal zu erkennen – vor allem zu erkennen! –, unter welchem Druck die Infrastruktur heute in dieser kurzlebigen Wirtschaftszeit steht. Wir können nicht Hand in Hand mit wirtschaftlichen Entwicklungen die erforderliche Infrastruktur schaffen, wir können sie auch nicht nur auf Basis des derzeitigen Standards verbessern, sondern wir brauchen einen vorauseilenden Gehorsam, wenn Sie so wollen.

Was möchte ich damit sagen? – Das ist, so denke ich, eine Botschaft, auf die Sie vielleicht warten. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Ich stehe nicht dafür zur Verfügung, alle Projekte, die bereits im Laufen sind, angesichts des Drucks, den wir haben – hören Sie zu, Sie werden mir sicher Recht geben! –, wieder in Frage zu stellen und damit die weitere Entwicklung zu stoppen. Ich bin absolut der Meinung, dass wir uns darauf konzentrieren müssen, weitere Maßnahmen, weitere Projekte durchzuführen und die laufenden Infrastrukturinvestitionen rasch voranzutreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt im Klartext: Ich werde mich der lange betriebenen Sportart – selbst als sehr sportlicher Mensch – nicht anschließen, nämlich: ein neuer Minister – wir beginnen wieder von vorne, diskutieren alles. Der Sport "Zurück an den Start!" ist nicht mein Sport!

Wir werden das vorantreiben, und ich meine, dass wir damit Gutes tun – wenn damit vielleicht auch die Hoffnung des einen oder anderen Abgeordneten zerschlagen wird, dass er bestimmte regionale Interessen neu aufrollen kann. Das wird nicht der Fall sein.

Zum Bereich der Erschließung der Zentralräume Folgendes – damit ja nicht der falsche Eindruck entsteht, dass ich für eine Kopflastigkeit der Zentralräume wäre –: Für mich ist ein Zentralraum quasi die Herz-Lungen-Maschine einer Region, der dezentralen Bereiche, des Hinter


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landes, und es wird sehr notwendig sein, dass wir die Adern – die infrastrukturellen Maßnahmen – von dieser Herz-Lungen-Maschine in die fernab liegenden Bereiche führen, um dort auch weiterhin (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) die Qualität des Lebensraumes aufrechtzuerhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Huber. )

Frau Abgeordnete! Sie werden froh sein, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Minister!

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid (fortsetzend): Zur Zusammenführung – in einem Schlusssatz –: Es ist gut für die österreichische Politik, dass diese Gegenüberstellung von "schwarzen" Straßen und "roten" Schienen nicht mehr gegeben ist. Wir werden für die Bürger in unserem Lande, unabhängig von der parteipolitischen Landschaft, Straßen und Schienen betreuen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

9.54

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Der Wohlstand in unserem Land resultiert in erster Linie daraus, dass hier seit 1945 ein beispielhafter sozialer Friede geherrscht hat. Wurde in anderen Ländern gestreikt, so wurde bei uns verhandelt. (Abg. Dr. Puttinger: Richtig!) Die Sozialpartner waren und sind ein Instrumentarium, das kein Selbstzweck ist, sondern das eine ausgesprochen dienende Funktion in diesem Land und für unser Volk hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese bewährte Tradition ist seit dem 3. Oktober etwas erschüttert, meine Damen und Herren. Die derzeitige Regierung ist kein Garant dafür, scheint mir, dass wie bisher dieser Geist der Fairness und der Vernunft weiter betrieben wird. (Abg. Schwarzenberger: Die Regierung schon, aber nicht die Opposition! – Abg. Mag. Schweitzer: Warum? Warum?) Das Wort "Partnerschaft" ist ein Synonym dafür, dass einer auf den anderen Rücksicht nimmt und keiner übervorteilt wird. Doch jetzt hat die ÖVP einen Partner, der von dieser guten Tradition nicht sehr viel hält und die Kammern ständig beschimpft hat und beschimpft.

Kollege Puttinger! Heute haben wir es ja wieder gehört, auch von dir: Du hast uns den Vorwurf gemacht, destruktiv zu sein. Ich möchte dich fragen und erinnern: Wie oft haben die Herrschaften auf dieser Seite hier (der Redner wendet sich in Richtung Freiheitliche) von "Zwangskammern", von "Zwangsmitgliedschaft", von den "Kammerbonzen" gesprochen? Ist das vergessen? (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Ich bin im Zusammenhang mit der Abstempelung als "Kammerbonzen", von denen Sie immer geredet haben, neugierig: Wie werden Sie denn jetzt reagieren, wenn ein neuer Kammerpräsident kommt, ist der dann der Oberbonze vom Oberbonzenverein – oder wie geht das eigentlich weiter? (Abg. Dr. Puttinger: Das hast jetzt aber du gesagt!)  – Sie werden sich da, so glaube ich, etwas überlegen müssen, aber das ist ja für die FPÖ keine große Schwierigkeit, denn sie ändert ihre Aussagen jeden Tag und trommelt sie anders. Das geht sehr, sehr rasch, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Viel Glück werden wir brauchen, um den im Ausland entstandenen wirtschaftlichen und kulturellen Schaden zu beheben, wie heute schon mein Kollege Eder gesagt hat. Es ist ungeheuerlich, dass sich gerade Herr Abgeordneter Gaugg hier herstellt und Vorwürfe in Richtung SPÖ macht, nämlich dahin gehend, dass das Ansehen Österreichs im Ausland gelitten habe. (Abg. Haigermoser: Durch die "Internationale"!)  – Wer denn sonst als er mit seiner unseligen Buchstabiererei hat denn mit diesen Dingen begonnen, meine Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Oder: Haben Sie all die anderen Meldungen Ihres Parteiobmannes über die Arbeitsmarktpolitik und so weiter vergessen? Glauben Sie allen Ernstes, dass sich das Ausland ununterbrochen so anschütten lässt? Glauben Sie allen Ernstes, die lassen sich das gefallen, was Sie hier bei uns gemacht haben?

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Können Sie sich noch daran erinnern, als der ehemalige FPÖ-Klubobmann Stadler hierher gegangen ist und die beiden "Fraktionen der Nehmer" in diesem Haus begrüßt hat? (Abg. Haigermoser: Du bist Vizepräsident der Wirtschaftskammer!) Haben Sie all das vergessen? – Das macht doch kein gutes Bild, meine Damen und Herren! Das ist eine echte Katastrophe! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist auch eine sehr interessante Sache, dass gerade jetzt dieser ehemalige Klubobmann Kronzeuge in einem Prozess in Niederösterreich ist, im Prozess des ehemaligen Vorsitzenden des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich in diesem Zusammenhang: Wer wird diese hohen Prozesskosten zahlen? – Ich weiß es nicht.

Aber genug davon, ich möchte mich auch auf die Zukunft beziehen – vor allem auf die Zukunft beziehen! – und festhalten, dass wir Sozialdemokraten und der Freie Wirtschaftsverband dafür kämpfen werden, dass die "Kleinen" – die wirklich "Kleinen"! – in diesem Land, die von Ihnen immer so apostrophiert wurden, tatsächlich zu ihrem Recht kommen und auch eine entsprechende Chance haben, in dieser schwierigen Zeit zu bestehen.

Wir werden uns sehr, sehr bemühen, dass wieder ein neuer Geist aufkommt und dass gerade die Sozialpartnerschaft, die wir nun einmal als einen Garanten für die weitere Entwicklung unseres Landes betrachten, nicht durch Sie zerstört wird!

Sie können sich sicher sein: Dieses Land und seine Menschen werden sich mehr als nur bemühen, den Wirtschaftsstandort Österreich so zu bewahren, wie ihn die vorige Regierung aufgebaut hat. Wir werden auch in Zukunft beweisen, dass gerade Österreich (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), egal, wer immer hier dagegen arbeitet, eine gute Leistung erbringen wird. – Darauf können Sie Gift nehmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Er hat das Wort. (Ruf bei der ÖVP: "Schüssel und Haider an die Wand", das passt dazu, Herr Kollege! – Abg. Mag. Schweitzer: Der sozialdemokratische Klub ist dünn!)

10.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Einige Worte zu den Ausführungen des Kollegen Kiermaier: Kollege Kiermaier sagte hier, seit 1945 wurde deswegen dieser Lebensstandard in unserem Lande möglich, weil verhandelt wurde. – Genau das ist es, Herr Kollege Kiermaier, was ich Ihnen sagen will: Sie werden wahrscheinlich davon abkommen müssen, die Straße aufzusuchen – so wie Sie es jetzt tun, mit Ihren Organisationen und mit Unterstützung der SPÖ –, und dazu zurückkehren müssen, hier zu verhandeln. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist bedenklich, wenn Parlamentarier, beispielsweise der Klubobmann der SPÖ oder der EU-Abgeordnete Swoboda, in einer Pressekonferenz zu allen Mitteln aufrufen, selbstverständlich auch Demonstrationen beschwören und – als Parlamentarier! – nicht den Verhandlungsweg suchen. Wir haben nichts gegen das Verhandeln. Das sollten Sie sich überlegen.

Ich darf Sie, sehr geehrter Herr Kollege Kiermaier, zu Ihrem Langzeit-Gedächtnis beglückwünschen, was Reinhart Gaugg und das, was er vor vielen Jahren gesagt hat, anlangt. Aber ich kann den Zusammenhang mit dem Ausland nicht herstellen: dass das das Ansehen im Ausland schädigen würde. (Abg. Schwemlein: Das ist ja das Traurige!) Wohl aber stelle ich fest: Wenn


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Parlamentarier hier – wie es in der letzten Sitzung passiert ist – Täfelchen verwenden und darauf "Portugal" mit zwei L geschrieben wird, dann kann ich mir vorstellen, dass das Auswirkungen im Ausland hat, was das Ansehen der Parlamentarier anbelangt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Globalisierung ist etwas Wesentliches. Es sind steigende Anforderungen und immer schnellere Veränderungen in der Wirtschaft festzustellen. Es geht um die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft. Hier gibt es für diese Bundesregierung eine ganze Menge zu tun. Wir haben eine Überregulierung, die zurückzunehmen ist. Wir haben seit Jahren eine Verwaltungsreform angekündigt, die nicht erfolgt ist und somit durchzuführen ist. Es ist eine Budgetsanierung vonnöten. Es ist eine Senkung der Lohnnebenkosten erforderlich. Wir müssen Strukturen modern und neuzeitlich gestalten. Die neue Bundesregierung hat eine Fülle von Aufgaben, und – diese Zuversicht habe ich – sie wird diese Aufgaben gut erfüllen. Es geht darum, im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.

Wenn Herr Kollege Eder sagt, dass diese Bundesregierung das Ansehen im Ausland gefährdet, dass die soziale Stabilität gefährdet ist und dass die positiven Wirtschaftsdaten gefährdet sind, so muss ich dazu sagen: Er hat mit diesen positiven Wirtschaftsdaten ja mit Sicherheit nicht das Budget gemeint, denn damit sind wir das Schlusslicht in der Europäischen Union. Wir dürfen sanieren, das haben Sie uns überlassen, sehr geehrte Damen und Herren! Nach 30-jähriger sozialistischer Budget- und Finanzgestaltung haben Sie – wenn es so weitergegangen wäre – jegliche Chance für die Zukunft aufs Spiel gesetzt. Sie hätten die Chancen für unsere Jugend vertan! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer Verantwortung trägt, der muss rechtzeitig Veränderungen vornehmen, um auch in Zukunft bestehen zu können und um dem internationalen Wettbewerb gewachsen zu sein. Vor 25 Tagen wurde diese Bundesregierung angelobt. Ich spreche nicht von den 100 Tagen so genannter Schonzeit, die Sie ja nicht zugestanden haben. (Zwischenruf des Abg. Brix. ) Es ist offensichtlich auch keine Zeit dafür, weil es ja genügend zu tun gibt – nach dem, was Sie hinterlassen haben! Aber Sie sollten diese 100 Tage für sich in Anspruch nehmen: 100 Tage der Besinnung, 100 Tage, um Ihren Schmerz zu lindern, den Schmerz des Verlustes der Macht! Das ist das eigentliche Problem, aber nicht diese moderne, neue Bundesregierung, die tatsächlich für das Land arbeitet und ihr Bestes gibt! (Ironische Heiterkeit des Abg. Edlinger.  – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser  – in Richtung Abg. Edlinger –: Rudi Ratlos! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da hier gesagt wird, dass der Bereich Forschung und Entwicklung keinerlei Veränderungen aufzuweisen hat, stelle ich fest: Gemessen wird an den Taten, gemessen wird daran, ob das, was im Regierungsprogramm und Koalitionsabkommen vereinbart ist, auch tatsächlich umgesetzt wird. Sie haben es in den Jahren Ihrer sozialistischen Misswirtschaft verabsäumt, zum Beispiel Privatisierungserlöse dem Bereich Forschung und Entwicklung zuzuführen. Daher sind wir in diesem Bereich das Schlusslicht in Europa.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (fortsetzend): Ich bin jedoch sehr zuversichtlich und wünsche dieser Bundesregierung alles Gute! Ich bin überzeugt davon, dass sie es schaffen wird, Österreich wieder zu einem modernen Land zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Minderheitenvertreter ...!)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Was ist denn heute für ein Tierchen auf der Krawatte? – Eine Blindschleiche? Oder ein Grottenwurm, weil Sie so blass sind?)

10.05

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Einige Vorredner haben auf den Zeitpunkt der Angelobung der


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amtierenden Bundesregierung Bezug genommen. Ich möchte das auch tun. Bei aller Anerkennung der Vorleistungen in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik stelle ich doch fest, dass in diesen wenigen Tagen sowohl die Wachstumsprognose nach oben revidiert werden musste als auch die reale Beschäftigungssituation. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das können Sie nicht wegdiskutieren. (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer. ) Ich halte auch den Versuch, das wegzudiskutieren, für perfid und zynisch gegenüber jenen Menschen, denen es bereits gelungen ist, wieder Arbeit zu finden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie können auch versuchen, das über den Umweg über das Ausland in Misskredit zu bringen und dann anzubieten, gemeinsam den Brand zu löschen. Einige der hier befindlichen medizinisch gebildeten Kollegen wissen ja, dass es zum Krankheitsbild der Pyromanie gehört, dass die Brandstifter oft bei den Feuerlöschern zu finden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Hier ist die Tätersuche einfacher, weil die Brandstifter ja durch ihre Pickerl, die sie auch im Ausland eifrig verteilt haben, eindeutig zu identifizieren sind. (Beifall und Bravo!-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Einer hervorragenden wirtschaftlichen und Arbeitsmarktsituation steht das beinahe makabre Kunststück der leeren öffentlichen Kassen im Budget und in den Sozialversicherungsträgern, insbesondere in den Krankenkassen, gegenüber. Das liegt daran, dass dort eine sozialdemokratisch bestimmte Ausgabenpolitik so vorgegangen ist: Wir geben aus, was auszugeben ist, und nachher erhöhen wir Steuern oder Beiträge. – Mit dieser Politik bei der Sanierung der öffentlichen Kassen wird Schluss sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden hier sanieren. (Abg. Edlinger: Das wird eine Hetz werden! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir werden mit sozialem Augenmaß sanieren, und wir werden gerade für die Erwerbstätigen in diesem Land, nämlich die Arbeiter und Angestellten, Verbesserungen bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Auch wenn es Sie noch so ärgert: Was Sie jahrzehntelang nicht zusammengebracht haben, die Gleichstellung der Arbeiter im Krankheitsfall, eine Verbesserung des Abfertigungsrechts mit der Möglichkeit einer Zusatzpension (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), und, meine Damen und Herren, was Herr Tumpel noch vor wenigen Wochen gefordert hat, nämlich die Wiedereinführung des vollen zweiten Karenzjahrs, wird auf diesem Weg geschehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bitte Sie dabei nur, gerade im Interesse der kleinen Leute in diesem Land: Hören Sie auf, Angst und Schrecken zu verbreiten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edler: Christliche Gewerkschafter treten aus, fühlen sich nicht mehr wohl in der ÖVP!) Der Pensionistenbrief des Jahres 1995 war ja noch hinzunehmen und klarzustellen. Aber wenn Sie heute behaupten, es wird Selbstbehalte geben, das Kopfweh wird Tausende Schilling kosten, die Pensionen werden gekürzt, dann ist das unverantwortlich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Christliche Gewerkschafter suchen eine neue Heimat! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren gerade von der sozialdemokratischen Fraktion! Ich bekenne mich dazu, dass diese Sanierung der öffentlichen Kassen auch zu Umverteilungseffekten führt, nämlich zur Umverteilung zugunsten der aktiven Generation, zur Umverteilung zugunsten der Erwerbstätigen und zur Umverteilung zugunsten der Familien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden eine derartige Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik machen (Abg. Edler: Mit Sozialabbau!), dass die Erwerbstätigen, die Arbeiter und Angestellten in diesem Land die Früchte ihrer Arbeit genießen können (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) und


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ihnen nicht alles weggesteuert und mittels Beiträgen weggenommen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: "Brandstifter"! – Abg. Steibl: ... "Brandstifter"! – Abg. Gaugg: Schöne Grüße aus Kärnten!)

10.11

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik, das sind nicht nur "One-Stop-Shop", Anlagenrecht, Unternehmungsgründung und Straßenbau, sondern da geht es vorwiegend um Zukunftsressourcen. Zukunftsressourcen – das ist ganz einfach – sind einerseits Investitionen in Wissen – unsere Gesellschaft ist in erster Linie eine Wissensgesellschaft – und zweitens in Kreativität, in kreatives Potential in Österreich. Das sind zentrale Lebensnerven einer modernen Industriegesellschaft.

Was ich heute gehört habe und was ich dem Regierungsprogramm entnommen habe, das sind Konzepte, die sich wie eine Politik der sechziger und siebziger Jahre darstellen. Ich habe jetzt sehr wenig wirklich Zukunftsorientiertes gehört und möchte das auch belegen: Auf den Anwurf von Kurt Grünewald, dass im Wissenschafts- und Forschungsbereich nicht investiert wird – als Zukunftsressource-Investition –, zu antworten, dass man Zentralräume erschließt und in den Straßenbau investiert, das ist wirklich von vorgestern! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt – kreatives Potential: Kunst- und Kulturförderung in Österreich sind für diesen Bereich ein zentraler Lebensnerv. Ich glaube, das kann niemand abstreiten. Wenn man sich jetzt die Rahmenbedingungen anschaut, sieht man einerseits die EU-Isolation: Österreichische Künstler haben im Ausland Schwierigkeiten, Absagen von Künstlern aus dem Ausland, erschwerte Präsentationsmöglichkeiten von Institutionen und Einrichtungen im EU-Ausland, Schwierigkeiten für länderübergreifende Projekte und die Finanzierung von länderübergreifenden Projekten, Einbußen von Publikum bei Festivals. Wo die Kulturnation Österreich in der Vergangenheit die Basis für Tourismus erwirtschaftet und genutzt hat, soll jetzt so etwas wie ein schwarzes Loch in der Gegenwartskunst produziert werden. Die Rahmenbedingungen durch die EU-Isolation, in die uns diese Regierung gebracht hat, für die kreative Ressource, sind für dieses Potential verheerend.

Nächster Punkt: eine Kulturnation, die, wie gesagt, maßgebliche Teile ihres Bruttoinlandsproduktes auf dem Tourismus aufbaut, der wiederum maßgeblich auf dieser kreativen Ressource, auf Kunst und Kultur in diesem Land aufbaut, eine Kulturnation, die zeitgenössisches Schaffen ausradieren will, nicht haben will und ignoriert. Nur als kurzen Vergleich: Die Musikindustrie in Österreich erwirtschaftet mehr als die Stahlindustrie. Vorzeigemodelle – wie zum Beispiel elektronische Musik –, die international wirklich als Erfolgsmodelle gelten, aus eigener Kraft, nicht wegen der Politik, sondern trotz der Politik, werden völlig ignoriert.

Das europaweite Wachstum in diesem Bereich an Arbeitsplätzen ist wirklich beeindruckend. Wenn man sich als Kulturnation nicht darauf versteht, zeitgenössisches Schaffen zu fördern, dann ist das keine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Warum funktioniert sie dann nicht?)

Dritter Punkt: Der Kahlschlag, der jetzt in diesem Bereich schon zu verzeichnen ist, lässt sich heute im "Standard" nachlesen: Rennen um jeden Schilling. Bereits jetzt sind es 77 Millionen, die weniger für diesen kreativen Bereich, für dieses kreative Potential in der österreichischen Kunst- und Kulturszene zur Verfügung stehen. – Ich glaube nicht, dass Sie wollen, dass die Zukunft des 21. Jahrhunderts der Kunst so aussieht: schwarze Seiten. (Die Rednerin hebt eine Broschüre in die Höhe und blättert eine Reihe schwarzer Seiten mit der Überschrift "Österreich 2000" auf. – Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat das gefördert?) Danke auch an Jörg Schlick, der das für "Camera Austria" gestaltet hat.

Dieser Kahlschlag, der jetzt schon zu verzeichnen ist – renommierte Institute, die zusperren müssen, wie T-Junction, Music Information Center, alle diese Einrichtungen –, ich glaube nicht,


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dass Sie das wirklich wollen oder dass Sie die Chancen bewusst missachten wollen, die in diesem kreativen Bereich zu verzeichnen sind.

Ich frage Sie jetzt, Herr Bundeskanzler, ich frage jetzt den Wirtschaftsminister und den Finanzminister: Wie wollen Sie gewährleisten, dass durch diese EU-weite Isolation die massiven Nachteile für das österreichische Kunst- und Kulturschaffen verhindert werden? Wie wollen Sie verhindern, dass die Nachteile durch diese EU-weite Isolation für Präsentationen von österreichischen Projekten im Ausland verhindert werden? Wie wollen Sie den Kahlschlag in der österreichischen Szene verhindern, wenn Sie in Ihrem Regierungsprogramm von massiven und nachhaltigen Kürzungen der Ermessensausgaben sprechen? – Die FPÖ hat sogar eine 50-prozentige Kürzung angedroht. Wie wollen Sie diese dramatische Situation für das kreative Potential, für den Wirtschaftsstandort Österreich, für Zukunftsressourcen mit diesem Programm und dieser Politik verhindern? (Abg. Böhacker: Was plappern Sie da nach?)

Ich könnte Ihnen wirklich einen Beitrag ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Eine Dame "plappert" nicht. Ich bitte: So geht es nicht! – Bitte setzen Sie fort! (Abg. Haigermoser hält in Richtung Präsident Dr. Fischer eine Armbanduhr in die Höhe.)

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Klar belegt: Sie sagen, ich "plappere". (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde es sehr, sehr schade, dass Sie nicht begreifen, was wirklich zukunftsorientierte Investitionspolitik ist und nicht Siebziger-Jahre-Konzepte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Allein die Vorstellung, 20 Milliarden Schilling rund um Wien in den Straßenbau zu investieren und einfach etwas niederzubetonieren: das hat mit Wirtschaftspolitik absolut nichts zu tun, absolut gar nichts, wirklich nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Redezeit! Bitte um den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Kreatives Potential in Österreich muss gefördert werden. Wir wollen nicht, dass das in Zukunft leere schwarze Seiten sind. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre die Aktuelle Stunde für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 392/J bis 394/J.

2. Anfragebeantwortungen: 235/AB und 236/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Justizausschuss:

Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Erklärungen der Republik Österreich (31 der Beilagen);


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Verkehrsausschuss:

Antrag 89/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen betreffend die Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Erhöhung der Griffigkeit österreichischer Straßen;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gleichbehandlungsausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 1997–1998 samt Anhang (III-29 der Beilagen).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 231/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich bekannt, dass das gemäß § 92 GOG gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 231/AB zur Anfrage 234/J der Abgeordneten Öllinger und Fraktion betreffend den geplanten Verkauf der Immobilie Weihburggasse 30 durch die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales abzuhalten.

Diese Kurzdebatte wird deshalb um 15 Uhr aufgerufen werden, weil ein Verlangen auf Dringliche Anfrage nicht vorliegt.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger beantragt hat, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 26/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung geändert wird, eine Frist bis zum 20. März dieses Jahres zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch das nach § 43 Abs. 3 gestellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte zu dieser Fristsetzung durchzuführen.

Die Kurzdebatte wird im Anschluss an die vorhin angekündigte Debatte über die Anfragebeantwortung stattfinden. Die Abstimmung wird nach Durchführung der Debatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die heute Tagesordnung betrifft, liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 und 2 sowie über die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialsitzung wurde folgender Vorschlag erarbeitet: eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden", die an Redezeiten für die SPÖ 156 Minuten, für Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten und für Grüne 92 Minuten ergeben würde.

Die Entscheidung liegt beim Hohen Haus.


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Gibt es gegen diesen Vorschlag Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 85/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und andere Bundesgesetze geändert werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000) (42 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (43 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Verlangen nach Berichterstattung liegt nicht vor. Daher können wir darauf verzichten. Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Er hat das Wort.

10.20

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Wir sollten über Kompetenz reden, aber nicht nur darüber, wer formal für etwas zuständig ist, sondern auch darüber, wer für den Zustand unseres Landes verantwortlich ist und wer die Kompetenz hat, unser Land zu regieren. Denn diese Regierung zeigt uns jeden Tag, dass sie diese Kompetenz nicht hat, niemals gehabt hat und auch niemals wieder gewinnen wird! (Abg. Mag. Trattner: An dem Zustand seid ihr schuld! – Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diese Regierung ist voll verantwortlich dafür, dass Österreich nach außen isoliert (Abg. Rosemarie Bauer: Das haben wir schon gehört!) und nach innen gespalten ist, dass sowohl Außenpolitik als auch Innenpolitik immer mehr im Chaos versinken und dass nicht Reformen auf der Tagesordnung stehen, sondern Selbstlähmung und Selbstblockaden der Regierungsparteien. Der Ton und der Takt der Regierungspolitik nach innen und nach außen werden nach wie vor vom Kärntner Landeshauptmann und nicht vom Bundeskanzler bestimmt! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir machen uns Sorgen um unser Land, wenn Jörg Haider es zur großen Spielwiese seines Egotrips machen kann. Wir machen uns Sorgen um unser Land, wenn Minister nach kurzer Zeit wie Marionetten im Kasperltheater ausgetauscht werden. Wir machen uns Sorgen um unser Land, wenn der Bundeskanzler der Republik zum obersten Schönredner und zum Vollzugsbeamten des Kärntner Landeshauptmannes wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Es schadet Österreich, wenn die Regierung statt klarer Vorschläge immer mehr Chaos in den eigenen Reihen produziert. Es schadet Österreich, wenn die innere Zerrissenheit zum Stillstand der Regierungsarbeit führt, und es schadet Österreich, wenn der soziale Zusammenhalt unserer Gesellschaft durch Belastungspakete für Arbeitnehmer und sozial Schwache gefährdet wird! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Haigermoser. )

Nicht die Regierung regiert, denn sie hat sich selbst gelähmt. Es regiert Jörg Haider, und damit regiert das Chaos! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt in unserer Gesellschaft natürliche Interessengegensätze, für die bisher ein vernünftiger Ausgleich geschaffen wurde. Frauenpolitik ist eben nicht gleich Familienpolitik, Umweltpolitik ist nicht gleich Landwirtschaftspolitik (Beifall bei der SPÖ), und Arbeitnehmerpolitik ist nicht gleich Wirtschaftspolitik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Sie versuchen, diese


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Interessengegensätze zu vernebeln. Sie versuchen nicht, Politik zu gestalten, sondern Sie schaffen einzelne Politikbereiche einfach ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die Frauenpolitik abgeschafft, genauso wie Sie die Umweltpolitik abgeschafft haben und wie Sie die eigenständige Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sowie die unabhängige Justiz abschaffen wollen. Das ist Ihr Kurs! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist Besorgnis erregend, wenn einem Großindustriellen Wirtschaft und Arbeit gemeinsam in die Hand gegeben werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Und es ist unerträglich, wenn der unabhängigen Justiz nach 15 Jahren Amtsführung durch einen unabhängigen Justizminister jetzt ein Parteianwalt der FPÖ vorstehen soll! (Abg. Dr. Ofner: Über das reden wir morgen noch! – Beifall bei der SPÖ.)

Es ist Besorgnis erregend, wenn die Familie der Frau Vizekanzlerin – wie heute die Medien berichten – persönlich und finanziell vom neuen Justizminister abhängig ist. Das ist ein Sittenbild, das für unser Land unerträglich ist! (Beifall bei der SPÖ.) Chaos, Zerrissenheit sowie persönliche und parteipolitische Interessen dominieren. (Abg. Dr. Ofner: Das würde euch so passen!) Nicht unser Land und das Schicksal unseres Landes stehen im Vordergrund, sondern kleinkarierte persönliche Vorteile, und das schadet uns! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu welchem Schaden führt das Chaos auf den verschiedenen Ebenen? – Was zum Beispiel den Ausverkauf österreichischer Interessen in der ÖIAG betrifft, so herrscht in den letzten Wochen ein absolut schlechtes Krisenmanagement. Das führt dazu, dass nicht nur strategische österreichische Interessen gefährdet sind, sondern es führt auch zu einem massiven Verlust von österreichischen Werten. Allein die bisherige Tätigkeit des neuen Finanzministers auf diesem Sektor hat dazu geführt, dass der österreichische Aktienindex in den letzten Wochen 40 Milliarden Schilling eingebüßt hat – ich wiederhole: 40 Milliarden Schilling! –, während der deutsche Aktienindex im gleichen Zeitraum um 13 Prozent gestiegen ist. Das ist das Ergebnis der völlig verfehlten Industriepolitik dieser neuen Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Wie schaut es in der Wall Street aus? – Die ist überhaupt im Keller!)

Dieses Chaos setzt sich auf der Ebene der Gesundheitspolitik fort. Dort geht es etwa um den 20-prozentigen Selbstbehalt für Arbeitnehmer, wobei nicht klar ist, ob er für Arztbesuche, Ambulanzbesuche oder für weitere Maßnahmen gilt. Es ist auch nicht klar, ob die Krankenscheingebühr 50 S oder 80 S betragen soll. Herr Stummvoll richtet den verantwortlichen Regierungsmitgliedern aus, dass sie zum Regierungsabkommen zurückkehren sollen, weil sie sich offensichtlich bereits davon verabschiedet haben. Es ist ein absolutes Chaos auch in der Gesundheitspolitik, das diese neue Regierung verursacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei den Pensionen gibt es das gleiche Chaos. Zuerst schreibt die Regierung in ihrem Pakt fest, dass es unverantwortlich hohe Abschläge im Fall von Frühpensionierungen geben soll, dann stellt sich die Frau Sozialministerin und Gutsherrin bei ihrer Antrittspressekonferenz hin und sagt, das sei nicht fix, während die Bundeswirtschaftskammer als Antwort darauf wiederum durchdrücken will, was im Regierungsabkommen steht. Was gilt nun? – Ihr Wort, Herr Stummvoll, oder das der neuen Sozialministerin? Das ist ein Chaos auf allen Ebenen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Außenpolitik und Europapolitik wurde schon vielfach besprochen. Es ist "lamentabel", absolut "lamentabel", welches Bild da erzeugt wird! Die Frau Staatssekretärin stellt sich in Brüssel händeringend hin und sagt: Nehmt Haider nicht ernst, er ist nur ein Provinzpolitiker in Kärnten! Und der Herr Bundeskanzler antwortet darauf: Nein, Haider muss in die tägliche Regierungsarbeit mit einbezogen werden! Während Haider seine antieuropäischen Provokationen fortsetzt, sagt der Herr Bundeskanzler, er ist verantwortungsvoller geworden, er ist geläutert. – Was ist das für eine Außenpolitik und für eine Sprachregelung?! Mit einer solchen Strategie kann und wird man Österreich nicht aus der Isolation führen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle fest, dass angesichts des Chaos, das hier herrscht, die Aussage des Bundeskanzlers, dass etwas weitergeht, als gefährliche Drohung


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empfunden werden muss, denn das, was hier offensichtlich weitergeht, ist das Chaos und nicht die Stabilität, die unser Land braucht! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist in dieser Situation auch erstaunlich, dass die blau-schwarze Regierung bisher alle Kooperationsangebote der Opposition, das Land gemeinsam aus der außenpolitischen Krise zu führen, abgelehnt hat. Das ist ein Zeichen von Ignoranz und Engstirnigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich stelle fest, dass diese Regierung nicht im Stande ist, die Herausforderungen der Zukunft anzugehen. Sie kann keine Probleme lösen, weil sie selbst das Problem ist! Sie hatten einen erbärmlichen Start, den erbärmlichsten, den jemals eine Bundesregierung in der Geschichte der Zweiten Republik hatte. Sie schlittern immer tiefer in das selbst geschaffene Chaos. Sie kommen nicht mehr vom Fleck, und das bedeutet Stillstand und Rückschritt für unser Land. Sie haben schon heute Ihre Zukunft hinter sich. (Abg. Dr. Ofner: Alfred! Sprich doch frei! Du bist doch ein guter Redner! Du brauchst nicht alles runterlesen!) Tun Sie unserem Land einen großen Gefallen: Machen Sie den Weg frei für eine Regierung unseres Landes, die Zukunft hat! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung – ist mir gesagt worden – 10 Minuten. – Bitte.

10.31

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Herr Kollege Gusenbauer! Ihre Rede hat für uns schon auch etwas Beruhigendes gehabt. (Abg. Mag. Haupt: Das war das Gleiche wie vor 14 Tagen!) Etwas haben wir jetzt erkannt, und ich glaube, das haben viele hier erkannt: Die SPÖ hat ihren Kanzleranspruch unter Ihrer Obmannschaft für die nächsten zehn Jahre abgemeldet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Natürlich greifen Sie auch bewusst in die unterste Lade. Das hat Ihr Vorgänger, Herr Klubobmann Kostelka, nie gemacht, dass er sich hier herausgestellt und gesagt hätte, die Frau Vizekanzlerin ist finanziell abhängig vom neuen Justizminister (Abg. Dr. Gusenbauer  – ein Exemplar der "Kronen Zeitung" in die Höhe haltend –: Seite 3 heutige "Kronen Zeitung": Stimmt das oder stimmt das nicht?)  – hören Sie ein bisschen zu! –, in Kenntnis der Tatsache, dass die SPÖ in ihrem Rechenschaftsbericht beziehungsweise in ihrer Bilanz mindestens 300 Millionen Schilling Schulden aufweist. Von wem sind denn Sie abhängig? – Von der BAWAG und von der Bank Austria! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer  – die "Kronen Zeitung" in die Höhe haltend – und Abg. Dr. Kostelka: Geben Sie das zu?)

Wahrscheinlich haben Sie aber mehr Schulden als diese 300 Millionen Schilling. Sie haben dort etwas vorgefunden, das ist das größte Chaos überhaupt. Damit haben Sie auch gezeigt: Sie können nicht einmal die Finanzen in Ihrer eigenen Partei in Ordnung halten. Das hat man auch an der Budgetpolitik des Bundes gesehen. Da haben wir das Gleiche miterlebt, aber leider zu Lasten der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich finde Ihre Behauptung unverfroren, Herr Kollege Gusenbauer, Sie machten sich Sorgen um unser Land. (Die Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Kostelka: Wäre das ein Wunder?) Wenn Sie sich Sorgen um unser Land machen, wenn das ein ehrliches Bekenntnis ist, wäre das schon in Ordnung. Aber früher haben Sie sich nur Sorgen um Ihre Regierungsämter gemacht. Diese Sorge können Sie jetzt für die nächsten Jahre vergessen. Aber Sie sind derjenige, der sich hier heraußen als jemand aufspielt, der sich Sorgen um unser Land macht, aber andererseits sind Sie diejenigen gewesen, die hinausgegangen sind, die Häuser angezündet und dann die Feuerwehr gerufen haben. Das ist Ihre Politik, und das ist abzulehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das ist eine infame Unterstellung! – Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist ja unerhört! Ordnungsruf! – Abg. Parnigoni: Das ist eine Frechheit!)


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Herr Kollege Edlinger! Halten Sie sich ein bisschen zurück! Stattdessen könnten Sie ruhig einmal hier zum Rednerpult gehen und einen Bericht über Ihre Schuldenpolitik der letzten Jahre machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber kommen wir einmal zu den konkreten Dingen! Dieses Bundesministeriengesetz wurde erstmals unter der Voraussetzung erstellt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Trattner! Darf ich Sie eine Sekunde unterbrechen. Alle haben gesehen, ich habe zwei Worte mit dem Herrn Bundeskanzler gewechselt. Jetzt wird mir gesagt, dass Sie eine Formulierung verwendet haben, die "Häuser anzünden" oder ähnlich gelautet hat. Ich würde Sie bitten, stellen Sie das klar, damit da nicht irgendetwas übrig bleibt, was man nicht sagen kann. Ich muss mich entschuldigen, ich habe es selber nicht gehört. – Bitte, Sie haben das Wort.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe einen Vergleich gebracht, und zwar: Herr Kollege Gusenbauer ist herausgegangen und hat gesagt, er mache sich Sorgen um das Land. Und ich habe hier den Vergleich angestellt: Das kommt mir genauso vor, wie wenn man hinausgeht, Häuser anzündet und dann die Feuerwehr holt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das stimmt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist nur ein Vergleich gewesen und sonst gar nichts! Sie können das ja im Protokoll nachlesen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was Sie an der ganzen Sache so ärgert, ist die Tatsache, dass diesmal endlich eine Kompetenzverteilung bei den einzelnen Ministerien stattgefunden hat, die alle ideologischen Erbpachten hintangestellt hat. Stattdessen ist es einfach darum gegangen, wie man sachlich, fachlich die Kompetenzen in einzelnen Ministerien zusammenführen kann. Dieses Vorhaben ist mit diesem Bundesministeriengesetz sehr gut gelungen. (Abg. Edlinger: Ein Kabarettprogramm ist das!)

Ich sage Ihnen eines: Sie kritisieren zum Beispiel immer wieder in Bezug auf das Frauenministerium: Es gibt keine Frauenministerin mehr. Aber wie war denn das bisher mit dem Frauenministerium? – Das Frauenministerium kommt im Bundesvoranschlag 1999 in keinem einzigen Kapitel dezidiert und gesondert als Ministerium vor. Dieses Frauenministerium wurde im Bundeskanzleramt angesiedelt, Kompetenz null, Budget minimalst. Das alles nur, damit Sie draußen plakativ auftreten können: Wir haben eine Frauenministerin! Sie haben eine Frauenministerin gehabt, aber die hat für die Frauen in Österreich sehr wenig bis gar nichts getan. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das zweite Beispiel, das Sie betrifft, ist das Kapitel Kunst/Kultur mit dem Staatssekretär im Bundeskanzleramt zuständig für Kunst und Kultur. Welche Kompetenzen hat denn dieser Staatssekretär gehabt? – Die einzige Funktion, die dieser Staatssekretär erfüllen musste, war: Wenn der Regen auf den Herrn Sonnenkönig Klima eingeprasselt ist, hat sich der Herr Staatssekretär ohne Schirm hinausstellen und sich nass machen lassen müssen. Das war alles, das war Ihr Kulturminister!

Wir dagegen haben in unserer Regierungsvereinbarung etwas für die Künstler und Kulturschaffenden gemacht, was Sie den Künstlern und der kulturinteressierten Bevölkerung lange Zeit nur versprochen haben, nämlich dass es eine Sozialversicherung für die Künstler geben soll. Die zweite Maßnahme in diesem Bereich ist, dass wir im Einkommensteuergesetz eine steuerliche Begünstigung für den Ankauf von Kulturgegenständen sichergestellt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auf diese Art haben Sie einfach immer nur plakativ aufgezeigt, dass Sie irgendwelche Ministerien haben, aber getan haben Sie im Grunde genommen für die Bevölkerung beziehungsweise für Betroffene, Interessierte eher wenig.

Wir haben ein Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport geschaffen, damit die Verwaltungsreform endlich vorangetrieben werden kann, und zwar in der Richtung, dass man


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eben mit einem behutsamen Abbau von Personalstellen, mit einem behutsamen Abbau der Aufgaben- und Ausgabenkompetenz des Bundes eine umfassende Ausgaben- und Aufgabenreform in Gang setzt, damit hier endlich einmal begonnen wird, effizient zu arbeiten und praktisch das Budget zu entlasten und trotzdem den Bürgern Leistungen seitens der öffentlichen Hand zukommen zu lassen.

Das Nächste: Wir wollen ein Kompetenzzentrum für Personal-, Budget- und Finanz-Controlling schaffen. Es ist auch etwas ganz Großartiges gelungen, und zwar dass endlich einmal ein Bildungsministerium geschaffen worden ist, das, solange Sie in der Regierung waren, einfach nicht möglich war, und zwar aus dem einfachen Grund, dass Sie immer gesagt haben, es sei Ihre ideologische Erbpacht. Die SPÖ muss immer für die Wissenschaft zuständig sein, und die ÖVP soll sich um die Schulen kümmern. Wir haben jetzt diese Dinge hintangestellt und haben ein Kompetenzzentrum in Form eines Bildungsministeriums eingerichtet, das praktisch von der Volkshochschule bis zur Fachhochschule und zur Universität reicht. Wir stellen uns mit diesem Bildungsministerium unter Führung von Frau Elisabeth Gehrer, die eine sehr erfahrene Ministerin ist, den Erfordernissen des dritten Jahrtausends. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Zusammenführung aller wesentlichen Forschungseinrichtungen, sodass sämtliche Angelegenheiten der wirtschaftlich-technischen Forschung, seien sie nun dem Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft, dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung oder dem Innovationstechnologiefonds zuzurechnen, praktisch in einem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie konzentriert werden. Das ist sinnvoll. Das wird eine Effizienzsteigerung hervorrufen und ist für Österreich, das gerade im Bereich Technologie und Forschung großen Nachholbedarf hat, zusammen mit der in der Regierungserklärung vereinbarten Steigerung der Forschungsausgaben bis zum Jahr 2005 auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Wir haben auch eine Zusammenführung gemacht, die bei Ihnen große Kritik hervorruft, und zwar von Wirtschaft und Arbeit. Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen: Sie sehen das offenbar immer noch so, dass Wirtschaft, Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Gegnerschaft darstellen, und sehen immer noch nicht ein, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Partnerschaft bilden, weil beide voneinander abhängig sind. Wenn es beiden gut geht, dann befruchtet das die wirtschaftliche Lage in Österreich. In diesem Punkt sind Sie nach wie vor auf dem ideologischen Holzweg. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich muss ihnen ganz ehrlich sagen: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Kollegen in Schweden. Dort ist eine sozialdemokratische Regierung an der Macht. Auch in Schweden gab es eine Zusammenführung der Ressorts Arbeit und Wirtschaft, ist eine partnerschaftliche Verbindung eingegangen worden. Ich glaube, das Ganze funktioniert dort recht gut.

Wir haben auch etwas gemacht, wozu Sie früher immer nur ein Lippenbekenntnis abgegeben haben: Wir haben auch ein Staatssekretariat für Tourismus geschaffen, und zwar deshalb, weil wir es einfach satt gehabt haben, dass wir immer nur in Sonntagsreden davon gehört haben, dass für die Tourismuswirtschaft etwas getan werden soll. (Abg. Parnigoni: Von der ÖVP immer verhindert! Das kann die Frau Rossmann bestätigen! Das hat der Puttinger immer verhindert!)

Wir haben jetzt eine erfahrene Staatssekretärin, die sich auskennt, die praktische Erfahrung und auch parlamentarische Erfahrung hat. Sie war Abgeordnete hier im Hohen Haus und auch Mitglied des Gemeinderates in Graz, sie hat dort bereits ihre ersten Meriten verdient. Man kennt sie, sie ist eine Frau, die Dinge in Angriff nimmt. Und das, was sie anpackt, hat Hand und Fuß. Ich glaube, da gibt es gute Aussichten dahin gehend, dass es in nächster Zeit der Tourismuswirtschaft Österreichs um einiges besser gehen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Weiters haben wir es auch für sinnvoll gehalten, die Agenden der Landwirtschaft und der Umwelt zusammenzuführen beziehungsweise auch ein so genanntes Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zu schaffen, also praktisch von der Wiege bis zur Bahre alles zusammenzufassen. Ich glaube, es handelt sich um vernünftige Ansätze, um ein vernünftiges Bundesministeriengesetz, in dessen Rahmen die Kompetenzen vernünftig zusammengelegt worden sind, wodurch die Bundesregierung die Möglichkeit bekommt – vorausgesetzt, sie erhält das entsprechende Budget –, eine gute Arbeit für dieses Land in den nächsten Jahren zu leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.41

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren hier im Raum! Nach vier Wochen Regierungsbildung liegt uns nun das Bundesministeriengesetz als Grundlage für die neue Arbeitsaufteilung zwischen Blau und Schwarz vor. Dieses Gesetz erfordert nur eine einfache Mehrheit im Parlament, die Opposition kann die Beschlussfassung über dieses Gesetz also nicht verhindern. (Abg. Mag. Trattner: Sie können auch mitstimmen! Diese Möglichkeit haben Sie ja!) Wir werden schon mitstimmen, aber gegen und nicht für das Gesetz stimmen. (Abg. Dr. Ofner: Ein Scherz!)

Für das Protokoll halte ich nun einmal die wesentlichen Punkte fest, die uns an diesem neuen Bundesministeriengesetz absolut nicht gefallen. (Abg. Böhacker: Ende ist ja nie damit, dass Ihnen etwas nicht gefällt!)

Mein erster Kritikpunkt sind in erster Linie die Signale, die von diesem Bundesministeriengesetz ausgehen, die Signale, die Sie vor allem einmal im Bereich der Umweltpolitik und der Frauenpolitik aussenden. Das haben wir schon oft gesagt, ich wiederhole es hier noch einmal: Die Abschaffung eines eigenen Umweltministeriums und die Angliederung dieser Agenden an das Landwirtschaftsministerium halten wir für ganz falsch. (Abg. Böhacker: Sie haben nicht zugehört, Herr Professor! Einmal gesagt, immer gesagt!) Es gibt Interessengegensätze zwischen der Landwirtschaftspolitik und der Umweltpolitik. Es gibt auch einige gemeinsame Punkte. Aber das soll man nicht vermengen. (Abg. Böhacker: Die Landwirtschaft ist umweltfeindlich!)

Was die Frauenpolitik betrifft, stimme ich Herrn Kollegen Trattner in einem Punkt zu. Er hat nämlich gesagt, dass es in der Vergangenheit zwar ein Frauenministerium gegeben hat, aber wir Grünen immer wieder beklagt haben, dass dieses Frauenministerium zu wenig Kompetenzen hat, dass zu viel auf dem Papier steht, aber in der Praxis mit einer Frauenpolitik, die diesen Namen auch verdienen würde, nichts weitergeht. Aber da hört die Gemeinsamkeit auch schon auf, Herr Kollege Trattner. (Beifall bei den Grünen.)

Was Sie jetzt machen, ist Folgendes: Sie übersiedeln die Frauenpolitik ins Sozialministerium und vermischen sie dort mit Familienangelegenheiten. Die Message, die Botschaft, die ich dem entnehme, ist: Frauen sind Sozialfälle und nur im Rahmen der Familienpolitik zu behandeln. Das finde ich politisch verheerend. Aber Sie müssen das verantworten, nicht wir. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Trattner: Das hat mit dem überhaupt nichts zu tun! – Abg. Böhacker: Das ist ein unzulässiger Schluss, den Sie daraus ziehen!)

Weiters: Über das, was man mit dem Sozialministerium vorhat, habe ich mich schon vor einigen Wochen echauffiert, und ich muss das noch einmal wiederholen: Ein eigenständiges Sozialministerium wird mit diesem Bundesministeriengesetz de facto aufgelöst, es wird filetiert. Die wichtigen Agenden gehen allesamt ins Wirtschaftsministerium. Ins Wirtschaftsministerium geht die Sektion Arbeitsmarktpolitik, gehen die Angelegenheiten des Arbeitsrechts, des Arbeitnehmerschutzes, die Agenden des Arbeitsinspektorats und der Arbeitslosenversicherung. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, geht ins Wirtschaftsministerium auch noch die Aufsicht über die Arbeiterkammer. – Es ist ungeheuerlich, was Sie da vorhaben! (Abg. Mag. Trattner: Wieso ist das ungeheuerlich?) Na sicher, weil es klare Interessengegensätze zwischen Arbeit


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nehmerschutz und Wirtschaftspolitik gibt. Bevor man diese löst, müssen sie zuerst auf den Tisch. (Abg. Mag. Trattner: Verlassen Sie einmal Ihre Ideologie, und denken Sie einmal wie ein Wissenschaftler!) Und über das Aufsichtsrecht in der Arbeiterkammer kann das Wirtschaftsministerium, wie Sie genau wissen, tatsächlich Einfluss nehmen auf die Politik der Arbeiterkammer. Das sind Bereiche, die auseinander gehören. Die Interessen muss man zuerst definieren. Erst dann kann man darüber reden, ob man sie auf einen gemeinsamen Nenner bringt oder nicht. (Abg. Mag. Trattner: Sie wollen immer Gegner aufbauen: da die Arbeitnehmer – dort die Arbeitgeber! Das ist Ihre Politik!) Das, was Sie hier vorhaben, erinnert mich persönlich tatsächlich an das, was in den dreißiger Jahren unter dem Titel "Ständestaat" gemacht wurde: Zudecken von Interessenkonflikten, statt sie offen beim Namen zu nennen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Last but not least möchte ich erwähnen, dass allen Ihren Lippenbekenntnissen zum Trotz in der Wissenschaft und Forschung keinerlei Signale erkennbar sind, wie Sie das organisatorisch bewältigen wollen. Wissenschaft und Forschung einschließlich der Universitäten gehen in einem Riesenministerium, nämlich dem "Gehrer-Ministerium", auf. Und die Interessen der Universitäten werden gegenüber jenen der Schulen zurückzustehen haben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Unabhängiger müssen sie werden, was sich die Universitäten wünschen!)

Die gesamte vergangene Legislaturperiode hindurch haben wir uns darüber unterhalten, unter anderem im zuständigen Ausschuss, dass die Kompetenzen der Forschungs- und Technologiepolitik zusammengelegt gehören. Die Kompetenzen in der Forschungspolitik waren vorher auf zwei Ministerien aufgeteilt, in Zukunft werden es drei Ministerien sein. Bravo! Das ist wirklich ein Signal für die künftige Forschungspolitik. (Abg. Haigermoser: Ist das alles, was Sie zu bieten haben, Herr Professor?) Nein, Herr Böhacker, Herr Haigermoser, pardon – ich wollte Herrn Böhacker nicht kränken –, das ist nicht alles, was ich zu sagen habe, sondern ich werde noch zwei Minuten über das Gesamtbild dieser Regierung verlieren, das ohnedies sattsam bekannt ist, nur vielleicht Ihnen nicht, Herr Haigermoser. (Abg. Haigermoser: Sie und der Herr Joschka Fischer, da haben Sie einen ordentlichen Freund! Ich würde mich genieren! Joschka Fischer mit seiner Vergangenheit!) Ich komme auf Herrn Joschka Fischer zurück.

Österreich hat eine isolierte Bundesregierung, die täglich isolierter wird. Das Einzige, was noch fehlt, ist Herr Haigermoser in der Bundesregierung. (Heiterkeit.) Aber so viel schlimmer würde es dann auch nicht werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben gerade eine Posse um den Justizminister erlebt. Das, was der FPÖ im Hinblick auf eine Beendigung dieser Posse einfällt, ist, den persönlichen Anwalt von Jörg Haider und den Anwalt der FPÖ zum Justizminister zu ernennen. (Abg. Haigermoser: Das ist ein geistiger Terrorismus! – Abg. Dr. Ofner: Über das sprechen wir noch!) Das ist wirklich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Haigermoser! Für das Wort "geistiger Terrorist" erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Haigermoser: Das habe ich nicht gesagt! Das ist Manipulation!) – "Geistiger Terrorist", nein, das geht nicht!

So, Herr Abgeordneter Van der Bellen, Sie sind jetzt am Wort.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Diese Worte von Herrn Haigermoser sind im Zusammenhang mit meinen Bemerkungen zum Justizminister gefallen. Das ist interessant. Er beharrt darauf, es ist "geistiger Terrorismus", was ich hier am Rednerpult ... (Abg. Edler: Was ist das für eine Sprache? Wo haben Sie das her? – Weitere Zwischenrufe.)

Die Antwort dieser Bundesregierung war vorläufig: leugnen, verdrängen, Realität nicht zur Kenntnis nehmen, den Kopf in den Sand stecken, und zwar von Anfang an. (Abg. Dr. Ofner: Realität nicht zur Kenntnis nehmen! Das würde ich mir gut überlegen! Ihr wollt die Realität nicht zur Kenntnis nehmen!) Das Außenministerium hat nichts gewusst von den Reaktionen unserer Partner in der Europäischen Union. Die ÖVP hat nichts gewusst von der Situation des Budgetdefizits. Niemals hat irgendjemand etwas von dieser Entwicklung gewusst oder hätte dies wissen können.


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Ich hätte es nie für möglich gehalten, Herr Kollege Khol, dass der Vogel Strauß das Parteisymbol der ÖVP werden könnte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Es sind immer die anderen Schuld, und die ÖVP und die FPÖ sind das Opfer. Von der FPÖ sind wir das schon gewöhnt. Aber ich muss trotzdem sagen, dass es bemerkenswert ist, wenn ich heute Früh im Radio höre – ich nehme an, der ORF zitiert korrekt –, dass Jörg Haider den deutschen Außenminister als ehemaligen oder immer noch – ich kann mich nicht genau entsinnen, wie das Zitat war –, nehmen wir einmal an, als ehemaligen "RAF-Sympathisanten" bezeichnet hat. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Stimmt ja! – Abg. Haigermoser: Eine Manipulation vom Rednerpult!) Als ehemaligen RAF-Sympathisanten! Das ist er heute noch, sagt Ihr Regierungspartner. Das ist er heute noch! – Das kommt von Ihrem Regierungspartner, Herr Kollege Khol und Herr Bundeskanzler, der Sie hinter mir sitzen. (Abg. Dr. Ofner: Was ist wirklich mit ihm? Ich möchte wissen, wie das mit dem Joschka Fischer ist! Sie müssen es ja wissen! Sie kennen ihn ja lange!)

Was werden Sie denn nun melden in Berlin? Was werden Sie denn sagen, was Ihr Regierungspartner über den deutschen Außenminister sagt?

Und ist das nur die alte FPÖ-Politik beziehungsweise die neue FPÖ-Politik?

Herr Kollege Khol! Herr Bundeskanzler! Wie war das denn in der Bundesratssitzung vom 18. Februar dieses Jahres? – Da spricht Herr Bundesrat Ludwig Bieringer von der ÖVP Salzburg: ... (Ruf bei der ÖVP: Bürgermeister und guter Mann!) "Bürgermeister und guter Mann" höre ich aus den Reihen der ÖVP. (Abg. Schwarzenberger: Das stimmt tatsächlich!) Ich zitiere wörtlich:

"Ich bin kein Freund ... von Dr. Haider ..., aber eines muss ich schon sagen, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich hoffe sehr, es kann der deutsche Außenminister Joschka Fischer von sich genau so behaupten, wie dies Jörg Haider tun kann, dass er niemals einen Molotowcocktail geworfen hat. Und ich hoffe sehr" ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das gefällt Ihnen gut? – Das war ein Zwischenruf. Ich setze fort mit dem Zitat: "Und ich hoffe sehr, es wird der deutsche Innenminister Schily von sich aus genau so behaupten können wie Jörg Haider, dass er niemals Pflastersteine gegen eine ausländische Vertretung geworfen hat." – (Abg. Kiss: Das waren bemerkenswerte Sätze! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ihre Sympathie für Pflastersteinwerfer ist bekannt! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gut, diese Bundesregierung will österreichische Interessen vertreten (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen), diese Bundesregierung behauptet, nicht in außenpolitischer Isolation zu sein. Und mit diesen Äußerungen – nicht nur von FPÖ-Politikern, sondern von ÖVP-Politikern – behaupten Sie, österreichische Interessen wahrzunehmen.

Ich erwarte mir, dass der Bundeskanzler und die Vizekanzlerin zu diesen Äußerungen Stellung nehmen.

Dass das eine Radau-Partie ist, das weiß ich schon. Aber die ÖVP? Wie steht die ÖVP dazu? (Beifall bei den Grünen.  – Abg. Haigermoser: Sie wagen das zu sagen?! "Radau-Partie"! "Radau-Partie"! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Van der Bellen! Wenn das letzte Wort "Radau-Partie" gelautet hat, wenn Sie das zugeben, dann erteile ich Ihnen dafür einen Ordnungsruf.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer. – Bitte. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.52

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Ich möchte heute zur Novellierung des Bundesministeriengesetzes Stellung nehmen, meine Ausführungen


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diesem widmen und eigentlich nicht zur allgemeinen Parteipolitik sprechen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nach einem Regierungswechsel ist es üblich und auch logisch, über eine Novelle zum Bundesministeriengesetz zu beraten und diese zu beschließen. Diese Novelle liegt heute vor und ist, gemessen an den umfangreichen Änderungen, unüblich rasch zustande gekommen.

Ich konnte den Ausführungen des Herrn Klubobmannes Gusenbauer leider nicht entnehmen, was er zum Bundesministeriengesetz sagt, daher gehe ich davon aus, dass er diesem zustimmt. Das freut mich sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer. )

Diese Regierung ist als Reformpartnerschaft angetreten, und der vorliegende Gesetzesantrag trägt dem auch Rechnung. Noch nie ist eine so umfassende Zuständigkeitsänderung und Kompetenzbereinigung vorgelegt worden. So hat – erstaunlicherweise für bisherige Gepflogenheiten – der Bundeskanzler auch Kompetenzen abgegeben, sinnvollerweise abgegeben, wie zum Beispiel die EU-Koordination und die Osthilfe an das Außenministerium, den Innovations- und Technologiefonds an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.

Wir haben nun, meine Damen und Herren, ein Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen. Dort ist all das zusammengefasst, was in gewisser Weise der besonderen Aufmerksamkeit und auch des Schutzes der Gesellschaft bedarf: die Kinder und Jugendlichen, die Frauen, die Familien, die Senioren und die Kranken. Es wird nun eine Frage der inhaltlichen Arbeit sein, mit diesen sensiblen Materien umzugehen. Und da habe ich keine Befürchtungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das halte ich besonders der in meinen Augen überzogenen Kritik an der so genannten Abschaffung der Frauenministerin entgegen. Es komme zum Ende der Frauenpolitik, habe ich gelesen. – Kein Mensch redet vom Ende der Familienpolitik, nur weil es kein Familienministerium mehr gibt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die letzte Frauenministerin hat ihre Rolle als Frauenministerin dahin gehend verstanden, Vertreterin der Frauen zu sein, sich in andere Bereiche einzubringen und darauf zu achten, dass politische Entscheidungen nicht zu Lasten der Frauen gehen. – Nachzuhören im ORF 1997. – Dafür, meine Damen und Herren, brauche ich kein Frauenministerium. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jede Frau, die politisch tätig ist, hat darauf zu achten, dass politische Entscheidungen nicht zu Lasten der Frauen gehen. Da müssen alle Frauen solidarisch zusammenstehen. Und so einfach kann man es sich in der Frauenpolitik nicht machen, dass man meint, dass das Vorhandensein eines Frauenministeriums bereits Frauenpolitik ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ja, so ist es!)

Konkret wichtig ist unter anderem, dass die versprochenen Frauenförderungsprogramme umgesetzt werden, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt. Und dabei mitzumachen, meine ich, ist durchaus auch die Gewerkschaft berufen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wichtig ist auch, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen im öffentlichen Leben haben. Und da, meine Damen und Herren, bin ich mit dieser Bundesregierung sehr zufrieden, denn das erste Mal hat Österreich eine Vizekanzlerin und eine Außenministerin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Damit sind Schlüsselressorts der Bundesregierung mit Frauen besetzt. Das, meine Damen und Herren, ist mir allemal lieber als eine kompetenzlose Frauenministerin. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Jawohl!)

Eine weitere großzügige und von allen dringend erwartete Kompetenzbereinigung ist die Schaffung eines Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie einerseits und eines Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur andererseits. Ich erinnere an die lange Diskussion 1997. Bereits damals ist ein Anlauf genommen worden, vernünftigerweise die Straßenagenden


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aus dem Wirtschaftsressort zum Verkehrsressort zu geben und dafür ein Bildungsressort Schule und Universitäten zu schaffen. Nach langer, fruchtloser Diskussion hat man letztendlich alles beim Alten gelassen.

Jetzt sind sinnvollerweise die Verkehrsangelegenheiten gebündelt – Schiene und Straße zusammen mit Innovation und Technologie –, und die Vision eines Bildungsministeriums ist Wirklichkeit geworden. Bildung ist mehr als Schule und Universitäten, Bildung und Lernen müssen ein ganzes Leben lang stattfinden. Ein Ressort, das sich einem gesamtheitlichen Bildungsanspruch verpflichtet fühlt und dafür arbeitet, ist daher ein großer Gewinn für das Land, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung ist dazu angetreten, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen. Ein großer Teil des Einsparpotentials liegt in der Verwaltung. Seit Jahren spricht man von Verwaltungsreform, jetzt bekennt man sich dazu, dass Verwaltung natürlich auch Leistung ist und sein muss. Ein eigenes Ressort, dessen sich sogar die Vizekanzlerin angenommen hat, befasst sich daher mit der öffentlichen Leistung – ein Schritt vom Verwaltungs- zum Leistungsstaat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Einige kurze Bemerkungen zum Generalsekretär. Bisher war, wie Sie alle wissen, in nur drei Bundesministerien ein Generalsekretär vorgesehen. Auch diesbezüglich bringt diese Novelle einen Fortschritt: Jedes Ressort kann nunmehr einen Generalsekretär bestellen. (Abg. Dr. Mertel: Politkommissar!) Auch hier habe ich im Vorfeld Unkenrufe gehört, es käme ein "Politkommissar". – Wie man denkt, so redet man, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber in Zeiten der größten Sparsamkeit werden die Ressortchefs jemanden brauchen, der ihnen innerhalb der Verwaltung die Kommunikation erleichtert und zur Seite steht bei den dringend notwendigen Einsparmaßnahmen. Bisher haben bereits Generalsekretäre im Außen-, Innen- und Verteidigungsministerium ihre Notwendigkeit bewiesen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Das Bundesministeriengesetz umschreibt die Organisation, in der die Arbeit zu erledigen ist – nicht mehr und nicht weniger. Ich sage dies deshalb, weil im Vorfeld der Beschlussfassung dieses Gesetzes und auch heute über die inhaltliche Arbeit der neuen Bundesregierung bereits vorweg Urteile gefällt wurden, und ich stelle fest, dass das offensichtlich ein durchaus üblicher Oppositionsreflex ist. Ich möchte hier auf diese Vorwürfe mit Herrn Abgeordnetem Cap antworten, der im Jänner 1997 bei der letzten Änderung der Kompetenzverteilung der Kritik der Opposition damit begegnete, dass er sagte – ich darf ihn zitieren –:

"Und das Entscheidende – und da ist die Opposition aufgerufen wie auch wir hier, wie auch die Öffentlichkeit – ist, die Ergebnisse zu kritisieren oder ihnen zu applaudieren und sie zu begrüßen – je nachdem, welche Ergebnisse dann auf dem Tisch liegen. So kann, meine ich" – nämlich Herr Abgeordneter Cap –, "eine konstruktive, sinnvolle politische Auseinandersetzung ablaufen." – Dem, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich eigentlich nur zustimmen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt der Herr Bundeskanzler. – Bitte.

11.00

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Nach dieser Rede habe ich es an sich leicht, aber erlauben Sie, dass ich trotzdem noch einige Worte vor allem zu den Argumenten der Opposition sage.

Wenn ich das ernst nehme, was Professor Van der Bellen so leichthin gesagt hat, nämlich dass Interessengegensätze niemals gemeinsam in ein Ministerium aufgenommen werden dürfen, dann muss ich eigentlich die Frage an Sie zurückgeben: Wieso haben Sie dann immer die Meinung vertreten, man soll Schiene und Straße in ein Infrastrukturministerium geben. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Das sind klare Interessengegensätze, und es ist richtig, es ist


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vollkommen richtig, dass man eben in einem ganzheitlichen Politikansatz solche scheinbaren oder echten Gegensätze von Lobbygruppen auflösen muss. Das ist unser moderner Politikansatz, und wir haben ihm mit diesem neuen und, wie ich glaube, wirklich mutigen Bundesministeriengesetz Rechnung getragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter! Es ist doch lächerlich, zu sagen, es sei ein Fehler, Hochschulen und Schulen in ein umfassendes Bildungsministerium aufzunehmen, weil dann die Universitäten hinter die Schulen gereiht seien. Die Faszination ist, dass zum ersten Mal seit 30 Jahren Bildung – und zwar lebenslange Bildung und nicht Kasterldenken – wieder umfassend in einem ganzheitlichen Ministerium verwirklicht werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und diese billige Polemik, dass man Frauen gegen Familie ausspielt! Natürlich ist Frauenpolitik nicht identisch mit Familienpolitik. Das hat aber auch bitte wirklich niemand behauptet. Schlimm wäre es allerdings, wenn man Frauenpolitik, moderne Frauenpolitik in einen Gegensatz zu moderner Familienpolitik setzte. Das lehnen wir ab! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich kann mich diesbezüglich wirklich nur dem anschließen, was Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer gesagt hat: Es ist doch viel spannender – und dazu habe ich nichts gehört von denen, die sonst immer die Anliegen der Frauen auf ihrer Zunge tragen –, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik eine Frau Vizekanzlerin ist. Ich gratuliere Ihnen (zur auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer gewendet) dazu, liebe Frau Doktor! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik haben wir eine Außenministerin, und es war ein bezeichnender Fehler, ein Lapsus Linguae, dass der Oppositionschef der SPÖ abschätzig von der "Staatssekretärin" gesprochen hat. Sie haben nicht wahrgenommen, dass Frau Dr. Benita Ferrero-Waldner mittlerweile die Außenministerin Österreichs geworden ist. Es spricht eigentlich für die Abwertung Ihrer Rolle, wie Sie hier geredet haben. Ich bin stolz auf sie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Bravo!)

Zum ersten Mal haben wir eine Bildungsministerin, die für die Jugend in Österreich umfassend Verantwortung trägt. Zusätzlich haben wir eine Sozialministerin und die erste Tourismus-Staatssekretärin in der Geschichte Österreichs. Und ich bin stolz auf diese moderne Lösung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es sind auch langjährige Forderungen verwirklicht worden. Endlich sind die Forschungsfonds in einer Hand vereint. (Abg. Dr. Khol: Sehr gut!) Das ist etwas, was sich Viktor Klima auch vorgenommen, nur gegen seine eigenen Beamten nie durchgesetzt hat. (Abg. Dr. Khol: Gegen den Einem nicht!) Ich habe es gemacht. Ich habe mich nicht gegen Einem und gegen meine eigenen Beamten durchsetzen müssen, ich habe den ITF und den Forschungsförderungsfonds gemeinsam in ein Ministerium für Innovation und Zukunft eingebracht. Das wird dem Standort Österreich gut tun! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geradezu absurd ist die Verweigerung der Realität, dass ein Ministerium für Wirtschaft und Arbeit eine spannende Geschichte ist. Das, Herr Professor, möchte Ihnen schon sagen. Der Rückgriff in die dreißiger Jahre und den Ständestaat – das ist nicht Ihr Niveau, Herr Professor Van der Bellen. Das möchte ich hier schon einmal deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Hier ist keine Regierung, die in die dreißiger Jahre zurückblickt, sondern eine, die ins 21. Jahrhundert nach vorne blickt und eine mutige und moderne Politik machen möchte. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie das schon kritisieren wollen, können Sie mir dann erklären, warum Irland, Großbritannien und Schweden haargenau die gleiche Kompetenzverteilung haben, denn auch dort sind Industrie, Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht in einer Hand? Ich finde, Wirtschaft und Arbeit und dazu noch ein Ministerium, das für die Sozialpartner – Wirtschaftskammer, also Aufsicht, und Arbeiterkammer – verantwortlich ist, ist doch faszinierend. Oder besteht für Sie Sozialpartnerschaft immer nur in gelebten Klassengegensätzen? – Dann lassen Sie bitte diese Vergangenheit und diese überholte Ideologie! Die ist nicht mehr zeitgemäß, Herr Professor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ausgezeichnet!)


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Wir haben zum ersten Mal einen Künstler an der Spitze des Kunststaatssekretariats und verantwortlich für die Medien. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. ) Ich bin stolz darauf, Herr Abgeordneter, dass Franz Morak diese Aufgabe mit größtmöglichem Engagement ausüben wird. Und er wird es wesentlich besser machen als sein Vorgänger. Das verspreche ich, denn ich stehe dahinter! (Bravo!-Rufe und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

Reden wir in einigen Wochen, in einigen Monaten weiter, wenn die uneingelösten Schecks der vergangenen Zusagen von uns umgesetzt und durchgesetzt werden. Denn Kunstpolitik und Kulturpolitik sind nicht nur Rhetorik, sind nicht nur Emotion und Befindlichkeit, sondern ganz konkrete Arbeit für das Kulturland Österreich. Das wird Franz Morak in seiner vollen Koordinationskompetenz besser als jeder andere hier machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Natürlich kann ich für jeden einzelnen Aufgabenbereich ein eigenes Ministerium fordern, nur erklären Sie mir dann, wie das mit dem Sparsamkeitsgebot vereinbar wäre. Wir haben es versucht, und wir haben es geschafft: Wir haben die kleinste Regierung in der Zweiten Republik gebildet. Zum ersten Mal gibt es nur zwölf Ministerien und dazu eine mutige Reform der Kompetenzverteilung. Ich glaube, das ist jedenfalls ein Versuch, der sich sehen lassen kann und der am Ende sehr gut funktionieren wird. – Das wird Sie nicht freuen, meine Damen und Herren von der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie machen sich ungeheure Sorgen, ob diese Regierung etwas zusammenbringen wird, ob das funktionieren wird und so weiter. Das ist Ihr gutes Recht, das ist sogar Ihre Aufgabe. Aber ich sage Ihnen: Versuchen Sie wenigstens auch, die Dinge nicht nur mit einem Auge, sondern, damit die Perspektive stimmt, auch mit dem zweiten Auge zu sehen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Denn – und ich meine, die Profis unter Ihnen wissen es ja – wenn Sie, Herr Abgeordneter Gusenbauer, schon die Börse zitieren, dann nehmen Sie bitte nicht nur den Zeitraum ab Jänner – da gab es nämlich noch einen sozialistischen Bundeskanzler und einen sozialistischen Finanzminister; damals haben wir 11 Prozent verloren –, nehmen Sie einmal den Vergleich seit dem Amtsantritt dieser Regierung, das ist der 4. Februar. Seit damals hat der ATX um 2 Prozent zugelegt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Was sagst du jetzt, Gusenbauer? – Abg. Dr. Khol: Na, Gusenbauer!)

Jetzt bin ich weit davon entfernt, zu sagen, das alles ist eins zu eins mit der Arbeit der neuen Bundesregierung zu verbinden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Der Dow hat 30 Prozent gewonnen!) Ja, in Ordnung, aber ich habe jetzt gerade das Beispiel Österreich gebracht, denn für mich sind die österreichischen Daten eigentlich viel wichtiger als alles andere. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage ja nicht, dass das nur die Arbeit der Bundesregierung ist, sonst würden ja möglicherweise in Belgien die Alarmglocken schrillen, denn die Brüsseler Börse ist seit Jänner um 18 Prozent gefallen. Ich meine ja nur! (Abg. Haigermoser: So schaut es aus! – Abg. Dr. Khol: So schaut es aus!) Aber dieser Vergleich ist auch nicht seriös, daher streichen wir ihn gleich wieder.

Was mich freut – und das ist wichtig, denn das ist Standortpolitik –: Wir haben in den wenigen Wochen, die wir gearbeitet haben, Dinge bewegt, die wichtig sind.

Wir haben in der ersten Woche ein Budgetprovisorium eingebracht, damit wir rechtlich abgesichert sind. Wir werden Ihnen in drei Wochen ein Budget, das den Stabilitätskriterien entspricht, hier in der Budgetrede im Hohen Haus präsentieren.

Wir haben Ihnen in der zweiten Woche nach unserem Amtsantritt ein mutiges Bundesministeriengesetz vorgelegt, das Sie heute dankenswerterweise beschließen werden.

Wir haben gleichzeitig Akzente für den Kapitalmarkt gesetzt. Wir haben die Spekulationssteuer ausgesetzt, denn sie hätte genau dem Wirtschaftsstandort Österreich in diesen Zeiten einen Schaden zugefügt.


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Wir sind die Restitutionsfragen, also Themen, die vorher verschleppt worden sind, in der dritten Woche angegangen. Maria Schaumayer hat ihre Arbeit bereits aufgenommen. Im März findet die erste Verhandlungsrunde statt, und ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr zu einem positiven Abschluss kommen.

Wir haben das lästige und heikle Thema der Anonymität der Sparguthaben auf Regierungsebene gelöst. Wir haben mit einem Bankengipfel außer Streit gestellt, dass wir den Kampf gegen die Geldwäsche ernst meinen, aber trotzdem das erstklassige Bankgeheimnis behalten wollen. Das ist ein ganz wichtiger Schritt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben gestern im Ministerrat das große ÖIAG-Reformpaket vorgelegt. (Abg. Dietachmayr: Ohne Begutachtung!) Ja sicher, das müssen wir machen, damit wir zügig jene Dinge, die von früheren Finanzministern verzögert worden sind, umsetzen. Immer noch sitzt der österreichische Steuerzahler auf einem Schuldenberg von 50 Milliarden Schilling, und das wollen wir ändern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wir nehmen die Entpolitisierung ernst, bitterernst. Es wird keine Proporzbestellungen mehr geben. Es müssen die absolut besten Profis in die Aufsichtsräte entsandt werden! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich verstehe ja Ihre Aufregung, meine Damen und Herren von der Opposition. Gestern haben wir einen Vorschlag gemacht, dass die neun Regierungsvertreter, die im ORF-Kuratorium die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens garantieren, nicht mehr, wie es früher bei der SPÖ gang und gäbe war, von Ministersekretären oder Pressereferenten, die besser intervenieren können, besetzt werden, sondern von unabhängigen, fachlich einwandfreien Persönlichkeiten. Nennen Sie diesen Unterschied in der Öffentlichkeit! (Beifall und Bravo!-Rufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden uns nächste Woche mit der Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, mit mehr sozialer Gerechtigkeit in der Arbeitswelt beschäftigen.

Wir werden übernächste Woche ein eigenes Wohnpaket vorlegen, wie wir die Wohn- und Betriebskosten verbilligen können. Das hätten Sie alles schon früher machen können – wir setzen es durch. Diese Regierung arbeitet, sie ist ein stabiler Anker in der jetzigen Zeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Also verbreiten Sie nicht Krisengerede, das ist nicht notwendig. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie verbreiten die Krise!) Ich freue mich, dass ich Ihnen heute sagen kann: Im Februar – in dem Monat, in dem wir die Arbeit aufgenommen haben – ist die Arbeitslosigkeit um 32 000 gesunken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben um 11 Prozent bessere Arbeitsmarktdaten, fast 11 Prozent weniger Arbeitslose, 5 000 Jugendliche, die mehr in Beschäftigung sind, 4 000 Arbeitslose weniger in der höchsten Altersgruppe. Damit nehmen wir den Kampf für den Standort in Österreich, für die Menschen, ganz gleich, wo sie sind, wie sie politisch stehen, ernst, und ich glaube, diese Regierung wird dem Land ganz gut tun. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.15

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Bundeskanzler! Wir haben uns immer bemüht, Ihnen einige Grundbegriffe der Frauenpolitik nahe zu bringen. Ich möchte es an dieser Stelle noch einmal versuchen: Frau sein ist kein Programm. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das sieht man an Ihnen!)

Wenn mir Frauen an der Spitze der Politik, vor allem von konservativer Seite, einfallen, dann fällt mir zum Beispiel der Name Margret Thatcher ein, die es geschafft hat, in Großbritannien


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eine Sozialpolitik dahin gehend zu machen, dass sie zwei Drittel der Leute bei Laune gehalten hat – auf dem Rücken und zu Lasten des dritten Drittels. Und das ist nicht Frauenpolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich würde meinen, Kabarett hat momentan Hochsaison in Österreich. Nicht, dass man darüber traurig sein müsste, wir haben Gott sei Dank sehr, sehr hervorragende Kabarettistinnen und Kabarettisten. Aber ich würde der österreichischen Bundesregierung doch den Vorschlag machen, einmal mit diesen Kabarettistinnen und Kabarettisten bezüglich einer Umsatzbeteiligung zu reden, denn immerhin ist es die Bundesregierung, die tagtäglich Stoff für neues Kabarett bietet. Dies geschieht nicht nur durch den Künstler Morak in der Bundesregierung, sondern vor allen Dingen durch diese Bundesregierung in ihrer Gesamtheit, meine Damen und Herren.

Wenn Jörg Haider mittlerweile einfaches Mitglied der Freiheitlichen Partei ist, fehlt mir ganz einfach die Vorstellung, wie es möglich ist, Stellvertreter und einfaches Mitglied zu sein. Das ist sehr, sehr schwer vorzustellen. Oder: in einem Koalitionsausschuss zu sitzen und einfaches Mitglied einer Partei zu sein. Oder: auf den Kanzlersessel zu warten und einfaches Mitglied einer Partei zu sein.

Die Chaostruppe gerade der Freiheitlichen macht sich tagtäglich ans Werk und liefert tagtäglich neue Argumente, warum Österreich im Inland ein derartiges Bild bietet, dass wir im Ausland nicht verstanden werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie sprechen von "Reform" und vom "anderen Geist". Heute haben Sie das Wort "faszinierend" besonders strapaziert, und ganz besonders hätte es mich erstaunt, wenn in Ihren Ausführungen das Wort "Mut" gefehlt hätte. Sie predigen den Mut in diesem Land: Mut, den Menschen weh zu tun (Abg. Oberhaidinger: Diese Regierung braucht eh Mut!) , Mut, wenige zu Gewinnern zu machen, Mut, den Rückschritt einzuläuten, Mut, blind zu sein nach allen Seiten (Beifall bei der SPÖ), Mut, Österreich eine äußerst unsichere Zukunft zu bescheren, und vor allen Dingen Mut, den Frauen jene Perspektive zu nehmen, die sie dringend brauchen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist schon sehr peinlich, wenn eine Frau Bundesministerin Sickl, die offensichtlich in Zukunft für die Frauen zuständig sein wird, noch nie etwas von Gleichbehandlungsgesetzen gehört hat, wenn sie angetreten ist, um eine Frauenbeauftragte als schmückendes Beiwerk dort oder da hinzusetzen. (Abg. Haller: Was haben denn Sie zuwege gebracht?) Meine Damen und Herren! Diese Gleichbehandlungsgesetze sind voriges Jahr 20 Jahre alt geworden, und wir sind stolz darauf, dass wir in Österreich moderne Gleichbehandlungsgesetze haben, trotz einer konservativen Politik auf der rechten Seite dieses Hauses. (Beifall bei der SPÖ.)

Was in Kärnten los ist, wissen wir ja auch. Da gibt es eine Frauenbeauftragte, und diese pariert offensichtlich nicht richtig und muss deswegen auch abgesetzt werden. Auf einen Schlag, mit einem Schnipper weg aus der Zuständigkeit innerhalb der Kärntner Landesregierung! Das ist offensichtlich die moderne, die neue, die mutige Art, Frauenpolitik zu machen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen kein Zurück an den blau-schwarzen Herd, nicht wir, auch nicht die Frauen, die Mehrheit der Frauen in diesem Lande. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist zwar auch – und das gestehe ich schon zu – der neuen Bundesregierung ein Anliegen, aber eben leider nur auf dem Papier. Die Gemeinden werden mit ein paar charmanten Formulierungen eingeladen, vielleicht auch ein paar Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. Konsequenzen, die wir immer wieder verlangt und gefordert haben und deren Umsetzung dank einer konservativen ÖVP in diesem Lande auch während der letzten 13 Jahre nicht möglich gewesen ist, werden auch in Zukunft nicht umgesetzt werden. Das ist amtlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung hat Verständnis für allein erziehende Mütter, meine Damen und Herren. Sie erwähnen sie zwar diskreterweise im Regierungsprogramm nicht, aber Sie haben doch Verständnis, denn – das ist ja auch Ihr Sprachjargon – Sie finden natürlich, dass das Leben manch


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mal sehr hart und sehr ungerecht sein kann. Wenigstens ein bisschen Mitleid mit den Alleinerzieherinnen wird offensichtlich dokumentiert, aber die entsprechenden Maßnahmen fehlen.

Meine Damen und Herren! Der Amsterdamer Vertrag dürfte an niemandem vorbeigegangen sein, und seit dem Amsterdamer Vertrag ist es klar, dass auf europäischer Ebene die Gleichstellungspolitik besonders im Mittelpunkt steht, dass ihr ganz Europa nachzukommen hat und dass es in deren Rahmen eigene Institutionen auf allen europäischen Ebenen gibt. In Österreich wird das genau mit dem Gegenteiligen bedacht, indem es keine klaren Zuständigkeiten für die Frauenanliegen mehr gibt.

Meine Damen und Herren! Da geht es nicht darum, dass jede einzelne Person, die in der Politik aktiv ist, Frauenanliegen natürlich mittragen und mit umsetzen muss. Da geht es darum, wer den Weg aufzeigt und wer schlussendlich auch immer wieder sehr deutlich dort ein klares Wort spricht, wo es um die Interessen der Frauen geht.

Meine Damen und Herren! Noch ein kurzes Beispiel: Das Landwirtschaftsministerium ist nicht abgeschafft worden. – 4 Prozent der Bevölkerung! 52 Prozent der Bevölkerung, Frauen, finden in dieser Bundesregierung keinen Niederschlag, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: 100 Prozent der Lebensmittelversorgung!)

Den Erfolg der Bundesregierung zu kommentieren in diesem einen ... (Abg. Schwarzenberger: Danke für das Argument! Das können wir bei den Bauern gut gebrauchen!)  – Jawohl! Hoffentlich auch bei den Frauen! Das wünsche ich Ihnen, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, von Herzen. (Abg. Schwarzenberger: Auch Bäuerinnen sind Frauen, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen!) – Den Erfolg der Bundesregierung zu kommentieren fällt mir schwer. Dazu fällt mir nur ein chinesisches Sprichwort ein: Es genügt nicht, zum Fluss zu kommen mit dem Wunsch, Fische zu fangen, du musst auch das Netz mitbringen. – Das Netz – nämlich die konkrete Frauenpolitik – fehlt in diesem Bundesministeriengesetz, fehlt auch in diesem Regierungsprogramm. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Graf gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.23

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die heutige Debatte ist eigentlich bezeichnend für den Stil der neuen Opposition, und ich habe schon im Ausschuss gesagt – aber das werden Sie nicht wissen, weil Sie alle von der Opposition, die Sie bis jetzt gesprochen haben, bei den Verhandlungen im Ausschuss nicht dabei waren (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) und daher nicht wissen, wie es eigentlich tatsächlich ausschaut – und sage es auch heute: Sie werden das Handwerk der Opposition auch noch lernen. Das hat sich heute wieder deutlich gezeigt.

Ich meine, die Qualität der Regierung und dieses Bundesministeriengesetzes – das bis jetzt in keiner einzigen Rede eines Vertreters der Opposition erwähnt wurde; bis jetzt wurde ja nur die Diskussion der Vorwoche über das Regierungsprogramm fortgesetzt – spiegelt sich wider in den Persönlichkeiten, die Repräsentanten dieser Bundesregierung sind. Es gibt auch einen Quantensprung in der Qualität. Das merkte man, wenn man den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Morak in der Diskussion im Ausschuss folgen konnte. Das war tatsächlich ein Quantensprung in der Qualität gegenüber den Ausführungen seines Vorgängers, Staatssekretärs Wittmann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Der Quantensprung bestand darin, dass jede Frage erschöpfend beantwortet wurde, und das tut Ihnen weh.

Ich möchte eines noch vorwegschicken: Die Bundesregierung, die heute hier ihre Anliegen in diesem Bereich vertritt, ist qualitativ besser besetzt als die letzte. Sie ist kleiner – das wurde schon gesagt –, und sie ist vor allem weiblicher, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, tut Ihnen auch weh. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Wenn man sich die Qualität der bisherigen Regierung ansieht – und man soll ja immer Gleiches mit Gleichem vergleichen –, muss man schon einen Vergleich ziehen: Wenn bis dato, Frau Kollegin Prammer, Frauen gemeinsam mit Veterinärangelegenheiten ressortierten, nämlich bei Ihnen, war das für Sie kein Grund, das zu beanstanden. Wenn jetzt die Frauenpolitik im Generationenministerium stattfindet, dann kommt der große Aufschrei Ihrerseits. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist, gelinde gesagt, der falsche Ansatz.

Ich glaube, die Frauenpolitik ist besser im Generationenministerium als im Veterinärministerium aufgehoben. Das müssen Sie mir wahrscheinlich zugestehen. Aber ich komme noch genau zu Ihrer "Erfolgsbilanz" aus der Vergangenheit.

Wenn ich Revue passieren lasse, was Sie in den letzten Jahren getan haben, möchte ich gleich einmal an den Hormonskandal erinnern, bei dem Sie Tausenden und Abertausenden Österreichern einen Millionenschaden zugefügt haben, bei dem Sie Konsequenzen angekündigt haben, die Sie bis heute nicht gezogen haben. Hunderte Millionen Schilling Schaden! (Abg. Dr. Gusenbauer: Meinen Sie die Hormone vom Herrn Prinzhorn?) Stattdessen haben Sie sich Hunderte Millionen Schilling für eine Werbekampagne genehmigt! Das ist Ihre "Erfolgspolitik" gewesen. Da ist es mir schon lieber, wenn die Frauenangelegenheiten dort sind, wo sie jetzt sind, nämlich im Generationenministerium. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie führen das Wort "Frauenpolitik" immer nur auf den Lippen, wir aber tragen die Frauenpolitik im Herzen. Das ist der Unterschied. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Und genau das ist es, was der Wähler in verstärktem Maße erkennt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie haben es als oberösterreichische Landesrätin abgelehnt, Frauenlandesrätin zu werden. (Heiterkeit der Abg. Mag. Prammer. ) Warum, frage ich Sie. War Ihnen der Posten nicht angenehm genug? Sie haben in diesem Amt nicht sehr viel zustande gebracht. Sie messen immer mit zweierlei Maß. (Abg. Parnigoni: Herr Graf, Sie sind wirklich das Letzte!)

Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Gusenbauer zurückkommen, als er auf den Beruf eines Ministers, der gestern angelobt worden ist, reflektiert hat. Wenn Sie einem österreichischen Bürger eine politische Gesinnung vorwerfen, die ihn für ein Ministeramt disqualifizieren soll, dann messen Sie bitte nicht mit zweierlei Maß! Niemand von Ihnen hat aufgeschrieen, als ein roter Anwalt Kulturstaatssekretär wurde, nämlich Herr Dr. Wittmann. Das ist die Wirklichkeit. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist doch etwas anderes!) Niemand von Ihnen hat sich mokiert, als der RAF-Terroristenanwalt Schily in Deutschland Innenminister wurde. Niemand! Das ist die Falschheit der Politik, die Sie betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie werfen den Menschen in Österreich politische Gesinnung vor. Nehmen Sie Stellung zum RAF-Anwalt Schily in Deutschland!

Wo waren Sie, Frau Kollegin Prammer, bei der Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens? – Nirgends!

Und niemand wirft letztlich dem Justizsprecher Jarolim von der SPÖ vor, dass er ein roter Anwalt war und ist. Aber das ist ja ein Anwalt des "kleinen" Mannes, wie man in der Rechtsanwaltskammerbroschüre nachlesen kann, der als Spezialgebiete Luftfahrtrecht und internationale Flugzeugfinanzierung anführt, die "klassischen" sozialistischen Themen. Er vertritt die Angelegenheiten des "kleinen" Mannes! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir machen das nicht so wie Sie, das sage ich Ihnen. Und das ist der Unterschied.

Aber viel schlimmer war es im Ausschuss, und die Kollegin Petrovic hat als nächste Rednerin ja die Möglichkeit, ihren wirklich unsagbaren Fabriksjargon ein bisschen zu verbessern und sich dafür zu entschuldigen, dass sie im Ausschuss ... (Abg. Dr. Lichtenberger: In was für einem Jargon, bitte?) Sie hat im Ausschuss, als es um Frauenangelegenheiten gegangen ist, gesagt, "gerade Frauen tragen am meisten zur Reproduktionstätigkeit im Lande bei" und werden jetzt zu kurz kommen. Das haben Sie gesagt! Das ist ein längst vergessener Fabriksjargon aus einer längst vergessenen Zeit. Damit machen Sie indirekt die Frauen zu Maschinen, Kinder zu Produkten und Menschen zur Masse. Das ist Ihre Haltung zu Frauen (Beifall bei den Freiheitlichen


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und bei Abgeordneten der ÖVP), und ich hoffe, dass Sie sich heute hier für diesen Ausrutscher entschuldigen, Frauen zu Reproduktionsmaschinen zu degradieren.

Wir haben eine derartige Gesinnung nicht! Und wir verwahren uns dagegen. So etwas ist faschistisch, oder es ist sogar stalinistisch, aber das ist kein zeitgemäßer Ausdruck für Frauen und Frauenangelegenheiten, so wie Sie ihn im Ausschuss verwendet haben. Und Sie haben sich im Ausschuss auch nicht davon distanziert, sondern haben noch versucht, diesen Ausdruck wissenschaftlich zu begründen. Und das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Sie messen immer und überall mit zweierlei Maß. Haben Sie die Schneid, und entschuldigen Sie sich für diesen Ausdruck im Ausschuss! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.31

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! – Herr Präsident! Ich ersuche um Durchsicht des Protokolls im Hinblick auf die verwendete Wortwahl und entsprechende Konsequenzen beziehungsweise Thematisierung in der Präsidiale.

Ich bringe zunächst einen Entschließungsantrag ein betreffend Einrichtung eines Frauenressorts beziehungsweise Etablierung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Fraueninteressen wahrnimmt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Mag. Lunacek, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Monats einen Gesetzentwurf zuzuleiten, in dem ein eigenständiges Frauenministerium, ausgestattet mit entsprechenden Budgetmitteln (etwa in der Größenordnung der Mittel des Landesverteidigungsministeriums), vorgesehen ist."

*****

(Heiterkeit bei den Freiheitlichen, der ÖVP und des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Ich weiß nicht, was daran so lustig ist. Ich finde es auch nicht lustig, dass es kein eigenständiges Frauenressort gibt und dass die Mittel, die für Frauen vorgesehen ... (Abg. Schwarzenberger: Aber der Vergleich mit dem Landesverteidigungsministerium! – Zwischenruf der Abg. Steibl.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es scheint Sie fürchterlich aufzuregen. Es ist ein simpler Entschließungsantrag, Frau Kollegin. Ich finde es ja traurig, wenn Sie dem als Frau nicht zustimmen können (Abg. Steibl: Das ist uns zu wenig!), aber es offenbart Ihr Gesellschaftsbild. Es ist nicht das meine, und es ist nicht das der Grünen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Es ist ein politischer Offenbarungseid, den Sie hier mit Ihren Zwischenrufen leisten.

Meine Damen und Herren! In der Sache könnte man natürlich über Neuordnungen im Kompetenzbereich reden. Auch die Grünen haben oftmals geänderte Kompetenzen in vielen Bereichen verlangt. Das hier von der Regierungsbank aus festzustellen, ist, so glaube ich, weder zynisch noch hämisch, sondern es ist eine Tatsache, dass es in vielen Bereichen dringend notwendiger Verbesserungen bedurft hätte. Aber die Art und Weise, wie Sie das getan haben, nämlich ohne Begutachtungsverfahren, ohne Rücksichtnahme auf die Verfassung – darauf komme ich noch – und auf die einfachgesetzliche Situation in vielen Ressortbereichen und ohne den Dialog mit betroffenen Gruppen zu suchen, diese Vorgangsweise ist einerseits bemerkenswert und offenbart in meinen Augen ein sehr, sehr schlechtes Gewissen. Andererseits ist das Ganze in den Auswirkungen und auch in der Durchführung der Inhalte sehr bezeichnend


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für die Politik, die hier betrieben wird. Es steht nämlich im Zusammenhang auch mit den Bereichen, die jetzt budgetär aufgewertet werden, und denen, die eine Abwertung erfahren oder eingefroren werden, was de facto einer Abwertung gleichkommt.

Tatsache ist, dass in allen Bereichen, die dem klassischen Staatsbild des 19. Jahrhunderts entsprechen, im Bereich des repressiven Staates, eine Aufwertung erfolgt – Ausgaben für Militär, für Polizei werden gesteigert –, aber überall dort, wo es um den modernen, den leistenden, die Chancengleichheit verwirklichenden Staat geht, dort wird zusammengelegt, untergeordnet und abgewertet. Diese Politik lehnen wir ab! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es stellt sich die Frage, mit welcher Intention die Zusammenlegung erfolgt. Wenn es vor allem um das Frauenressort geht, dann wäre es die gesellschaftliche Hauptaufgabe heute, Chancengleichheit, Gleichstellung real umzusetzen. Auf dem Papier findet sich diese Forderung in nahezu allen europäischen Rechtsquellen, in der österreichischen Bundesverfassung und in vielen einfachen Gesetzen, im gesamten Gleichstellungsrecht. De facto erleben wir – und das ist leider auch eine Tatsache, nicht erst seit Amtsantritt dieser Koalition, sondern in etwa seit drei oder vier Jahren – eine Verschlechterung der Situation der Frauen, ein Größerwerden der Klüfte bei den Einkommen, bei den Pensionen, überall. Das heißt, die gesellschaftlichen Unterschiede, die Diskriminierungen der Frauen werden größer. Das mag damit zusammenhängen, dass schon bisher die Frauenpolitik nicht das gebührende Gewicht hatte. (Abg. Böhacker: Und das, obwohl wir ein Frauenministerium gehabt haben!)

Nein, da irren Sie! Wir hatten leider kein Frauenministerium. Wir hatten eine Kanzleramtsministerin, betraut mit den Frauenagenden. (Abg. Schwarzenberger: Die Prammer behauptet etwas anderes!) Es gab einen alten Antrag der Grünen – über den Sie immer nur gelacht haben; die Österreicherinnen werden darüber weniger lachen –, der verlangt hat, ein echtes Frauenressort mit einer nennenswerten Dotierung einzurichten. Das ist bisher vor allem am Widerstand der ÖVP gescheitert, deswegen gab es ausschließlich diese Kanzleramtsministerin ohne ein wirklich den anderen Ressorts gleichrangiges und gleichwertiges Ministerium.

Aber was Sie jetzt machen, ist genau das Gegenteil. Sie sagen, es hat bisher kein echtes Frauenressort gegeben, also können wir es gleich abschaffen. Es ist eine Tatsache, eine traurige Tatsache, dass Sie mit der Einbeziehung der Frauenpolitik in ein Generationenministerium ganz offenbar die gesellschaftliche Tatsache, dass Frauen einen überproportionalen Anteil an der gesellschaftlichen Reproduktionsarbeit leisten, nun auch in der Ressortgliederung einzementieren. Ich finde, das ist eine Schande für Österreich und für jeden modernen Staat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den Entgleisungen meines Vorredners möchte ich in diesem Umfang und in diesem Rahmen gar nicht Stellung nehmen. Ich komme aus der Wissenschaft, fühle mich dieser immer noch verpflichtet und möchte mich nicht auf diese Ebene begeben.

Meine Damen und Herren! Aber noch eines, nämlich zum Bereich der Arbeitsmarktkompetenzen und der Sozialkompetenzen. Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten! Ich behaupte nicht nur, dass eine Unterordnung der Arbeitsmarktagenden angestrebt ist – und das wird vor allem zu Lasten der Gruppen gehen, die heute schon benachteiligt und diskriminiert sind, insbesondere zu Lasten der Frauen –, sondern ich behaupte auch, es widerspricht auch den Intentionen der Bundesverfassung und zahlreichen einzelnen Gesetzen. Die Bundesverfassung hat im Artikel 10 sehr klar verschiedene, voneinander getrennte Kompetenztatbestände aufgelistet, so die wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Arbeitsmarktangelegenheiten, das Arbeits- und Sozialrecht, getrennt in die Ziffer 8 und die Ziffer 11.

Es war nicht intendiert, dass diese beiden Bereiche unter einem behandelt werden, und es entspricht auch nicht ausländischen Beispielen. Ich habe es sehr bedauert, dass im Ausschuss von Seiten der Regierung keine Vorbereitung geleistet wurde, uns entsprechend zu informieren. Ich habe mir zwischenzeitlich die ausländischen Vergleichsbeispiele, die Sie immer wieder zitieren, beschafft und bin draufgekommen, dass die Situation in Schweden eine ganz andere


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ist, denn dort gibt es zwei Minister, eine Ministerin und einen Minister. Die Kompetenzlage ist dort auch insofern ganz anders, als nirgendwo der ArbeitnehmerInnenschutz dem Wirtschaftsminister untergeordnet ist. Das ist eine traurige österreichische Besonderheit (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ – Abg. Dr. Fekter: Aber sicher doch!), eine sehr traurige, Frau Fekter. (Abg. Dr. Fekter: In Großbritannien, in Irland, in der Schweiz, einige Bundesländer in Deutschland! Informieren Sie sich doch!) Dass es Ihnen recht ist, das glaube ich schon. Das ist Ihre Lobby-Politik, die wir scharf ablehnen.

Meine Damen und Herren! Es kommt dann auch zu den gesetzlichen Skurrilitäten, dass jetzt etwa in den Fällen, wo das Gesetz paritätische Ausschüsse zwischen den Arbeiterkammern und den Wirtschaftskammern vorsieht, wo es zum Beispiel auch darum geht, welcher Kollektivvertrag anzuwenden ist, der teurere oder der billigere, die Oberbehörde immer der Wirtschaftsminister ist. Der kann mit sich Ausschüsse bilden, der kann seine Kammerbetriebe und auch die ArbeitnehmerInnen gleich in die richtige Klasse einteilen. Na bravo, sage ich, na bravo! Wenn man Interessengegensätze so behandelt, dann kommt ein Teil der Interessen unter die Räder, und das halte ich für falsch und schlecht für die österreichischen ArbeitnehmerInnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch eines: Wenn Sie immer die ausländischen Beispiele ansprechen, warum haben Sie dann den Ausschuss nicht informiert? Sie sind doch angetreten, Herr Bundeskanzler, und haben gesagt, Sie wollen arbeiten, Sie wollen im Parlament kommunizieren. Im Ausschuss habe ich davon nichts gemerkt. Ich habe gefragt: Haben Sie Unterlagen, haben Sie Material dazu? – Nein, hat Herr Staatssekretär Morak gesagt. Es war nichts da. Jetzt haben wir im Nachhinein etwas bekommen, und das zeigt sehr klar, dass genau in dieser sensiblen Kompetenz des Arbeitsrechtes und des Arbeitsmarktes eine neue Abweichung vom EU-Recht begründet worden ist, was die Ratszuständigkeiten betrifft, obwohl wir in der vergangenen Gesetzgebungsperiode immer gehört haben: Wir wollen uns ganz an Europa anpassen, wir wollen hier möglichst im Gleichklang agieren.

Also es stimmen Ihre Behauptungen mit dem Vergleich zu anderen Ländern nicht, es stimmen Ihre Behauptungen, dass Sie auf der europäischen Ebene einen Gleichklang suchen, ebenfalls nicht. Und was intendiert ist, das ist sehr klar.

Ich halte das für schlecht und würde mir wünschen, dass dieses Gesetz nicht zustande kommt. Ich zweifle zwar nicht, dass Sie hier entschlossen sind, das so durchzuziehen, aber Sie werden damit Interessengegensätze nicht einfach auflösen oder wegbringen, sondern Sie bilden damit die Grundlage, dass leider Interessen untergeordnet werden sollen, von deren Bedeutung ein moderner Staat eigentlich überzeugt sein sollte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Petrovic und Genossen ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. (Abg. Dr. Pilz: Tatsächliche Berichtigung!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Pilz gemeldet; danach kommt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Bitte.

11.42

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat erklärt, von Regierungsseite würden keine Pressesprecher ins ORF-Kuratorium entsandt werden.

Ich berichtige tatsächlich und zitiere eine APA-Aussendung vom 24. Februar: "Das Land Niederösterreich entsendet Peter Kirchweger, Pressesprecher von Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), ins ORF-Kuratorium." (Abg. Dr. Martin Graf: Ist das die Regierung? Das ist falsch! Falscher Sachverhalt! – Abg. Mag. Kukacka: Sie sind da nicht im Landtag! – Abg. Schwarzenberger: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Er redet von Niederösterreich, nicht von der Regierung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Der akute Gedächtnisschwund des Bundeskanzlers, der eine Falschinformation des Parlaments natürlich nicht rechtfertigt, kann auch durch noch so lautes Rufen von Seiten der Regierungsabgeordneten nicht aus der Welt geschafft werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Dort sind die Sozialisten in der Koalition! Das ist ja keine Berichtigung!)

11.43


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12. Sitzung / Seite 52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, die Geschäftsordnung zu beachten. Beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen!

11.44

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler – und da knüpfe ich nahtlos an die Worte meines Vorredners an – hat in seiner Rede behauptet, es würden keine (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Die neun Regierungsvertreter! Das war die Aussage! Von den neun Regierungsvertretern!) Pressesprecher von Seiten der Bundesregierung entsandt.

Ich stelle tatsächlich richtig: Nach einer Meldung der "Salzburger Nachrichten" wird Herr Georg Pammer, Manager einer Umwelttechnologie-Firma, entsandt. Herr Georg Pammer war – und das wissen Sie – für verschiedene Minister dieser Bundesregierung, nämlich ÖVP-Minister, tätig. (Abg. Gaugg: Ist das unanständig oder was? – Bundeskanzler Dr. Schüssel: Vor 100 Jahren, aber doch nicht jetzt!) Nein, nicht vor 100 Jahren, Herr Bundeskanzler! Das wäre in etwa so, wie wenn man hier festhalten würde, dass der Herr Strasser kein Partei-Mensch ist, sondern auch Manager einer Umwelttechnologie-Firma, der er ja auch war. (Abg. Mag. Kukacka: Da werden wir beim Herrn Öllinger auch einmal ein bisschen nachforschen!) Selbstverständlich sind der Herr Strasser und auch der Herr Pammer genauso Politfunktionäre, wie es andere auch sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Herr Präsident! Das war ein Missbrauch der Geschäftsordnung!)

11.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt der Herr Bundeskanzler. – Bitte.

11.45

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter Öllinger und Herr Abgeordneter Pilz! Wenn Sie etwas entgegnen oder berichtigen, dann bitte das zu berichtigen, was ich gesagt habe. (Abg. Schieder: Zur Geschäftsordnung!) Zum Unterschied von früher haben wir keinerlei Mitglieder aus den Ministerbüros, Pressereferenten oder Sekretäre, nominiert. Das war früher selbstverständlich. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn spricht mit dem beim Präsidium stehenden Abg. Dr. Martin Graf. – Rufe bei der SPÖ: Herr Präsident! Herr Präsident! Herr Präsident!) Bitte am Wort, wenn Sie erlauben, bin noch ich, das gehört auch zur Demokratie dazu. (Abg. Dr. Fekter: Ein Regierungsmitglied kann sich jederzeit zu Wort melden! Lesen Sie in der Geschäftsordnung nach!)

Ich möchte Ihnen das Argument schon sagen. Der frühere Bundeskanzler hat natürlich seinen Pressesprecher ins ORF-Kuratorium entsandt. Ich halte das für nicht richtig, das ist eine Vermengung, die ich auch als Vizekanzler und als Wirtschaftsminister für nicht richtig gehalten habe. Und an dieses Prinzip haben wir uns gemeinsam gehalten.

Daher: Die neun Regierungsvertreter, die wir jetzt gemeinsam entsandt haben, sind nicht nach irgendeinem Proporz aufgeteilt worden, und kein Mitglied eines heutigen Ministerbüros, kein Pressesprecher von heute ist darin vertreten. Das ist für mich ein Garant für einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen ORF. Und ich finde, das ist ein ganz wichtiger Unterschied zu früher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pilz: Tatsächliche Berichtigung!)

11.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor ich Frau Abgeordneter Fekter das Wort erteile, möchte ich Folgendes sagen: Herr Abgeordneter Pilz, Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt: Der Herr Bundeskanzler leide an "akutem Gedächtnisschwund". Ich werde mir das Protokoll kommen lassen und am Ende der Sitzung über einen Ordnungsruf entscheiden. (Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung! – Abg. Schieder: Herr Präsident!)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Khol gemeldet. (Abg. Schieder: Ich habe mich vorher gemeldet, Herr Präsident! Das ist nicht in Ordnung! – Abg. Grabner: Der Präsident passt ja überhaupt nicht auf! – Abg. Parnigoni: ... Sie sind ja unfähig! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nicht zur Geschäftsbehandlung.

Ich nehme das zurück: Herr Abgeordneter Schieder hat sich sehr wohl zur Geschäftsbehandlung gemeldet. Ich habe verstanden: zu einer tatsächlichen Berichtigung.

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

11.47

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir haben eine Bestimmung in der Geschäftsordnung dieses Hauses, wonach sich ein Abgeordneter nur unter ganz bestimmten Umständen zur Korrigierung einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort melden darf.

Wir haben andererseits die Bestimmung, dass sich ein Regierungsmitglied immer zu Wort melden darf. Ich glaube, logisch ist aber zu schließen, das Regierungsmitglied kann sich nicht zu Wort melden, um dieses Recht dahin gehend zu gebrauchen, dass er eine tatsächliche Erwiderung nochmals erwidert. Das ist nicht in Ordnung, Herr Präsident! (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Herr Präsident! Zur Geschäftsordnung!)

11.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Khol gemeldet. – Bitte.

11.48

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Pilz gehört, der etwas berichtigt hat, was nicht gesagt wurde.

Ich beantrage daher die Herbeischaffung des vorläufigen Protokolls, anhand dessen Sie feststellen können, Herr Präsident, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat. Dann bitte ich Sie, festzustellen, ob die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Pilz geschäftsordnungsmäßig war.

11.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich werde mir die Protokolle geben lassen und am Ende der Sitzung entscheiden. (Abg. Grabner  – in Richtung des Präsidiums –: Er hat ja nicht aufgepasst die ganze Zeit da oben!)

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petrovic. – Bitte.

11.49

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich bin erstaunt, weil Sie gerade eben den Eindruck erweckten, aus der Rede des Abgeordneten Pilz zu zitieren. Ich frage, woraus Sie zitieren, da Sie doch offenbar kein Protokoll haben, sondern es jetzt erst herbeischaffen lassen.

Ich frage auch nach der sachlichen Ausgewogenheit Ihrer Vorsitzführung, wenn Sie sofort nach Abschluss der Ausführungen des Abgeordneten Pilz darauf Bezug nehmen, während Sie zu meinem vom Rednerpult aus gestellten Verlangen einer Reaktion Ihrerseits auf den in abstruser


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Weise gegen mich geäußerten Faschismus-Vorwurf nicht annähernd so schnell Stellung genommen haben.

Und hinsichtlich der Ausführungen des Abgeordneten Schieder, die ich teile, verlange ich die sofortige Einberufung einer Präsidiale. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung, Herr Präsident!)

11.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Khol. – Bitte.

11.50

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verweise Frau Abgeordnete Petrovic und auch Herrn Kollegen Schieder auf § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung:

"Die Mitglieder der Bundesregierung sowie die Staatssekretäre können in Debatten des Nationalrats, seiner Ausschüsse und deren Unterausschüsse ... zu einem in Verhandlung stehenden Gegenstand auch wiederholte Male, jedoch ohne Unterbrechung eines Redners, das Wort nehmen."

Das heißt also, der Herr Präsident hat dem Herrn Bundeskanzler in Anwendung der Geschäftsordnung das Wort erteilt. Und ich wiederhole das, was ich bei der Vorsitzführung des Präsidenten Fischer in der letzten Sitzung gesagt habe: Meine Fraktion hat volles Vertrauen in die Handhabung der Geschäftsordnung durch den Präsidenten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Auf Grund der zahlreichen Anträge unterbreche ich die Sitzung und bitte die Klubobmänner zu einer Kurzpräsidiale zu mir.

(Die Sitzung wird um 11.51 Uhr unterbrochen und um 12.10 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe Folgendes bekannt: Die Wortmeldungen der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic und des Herrn Abgeordneten Dr. Graf waren von besonders lauten Tumulten begleitet. Es war mir daher nicht möglich, die inkriminierenden Passagen akustisch zu verstehen. Ich werde mir daher die Stenographischen Protokolle vorlegen lassen und unmittelbar am Ende der Sitzung darüber entscheiden.

Darüber hinaus werde ich mir betreffend die Wortmeldung des Abgeordneten Pilz das Protokoll kommen lassen, weil es in der Präsidiale die Einwendung gab, dass diese Wortmeldung nicht der Geschäftsordnung entsprochen hätte. Ich werde auch darüber später entscheiden.

Drittens: Wortmeldungen des Herrn Bundeskanzlers zur Sache sind jederzeit möglich. Trotzdem werde ich die Protokolle der angeblich den Usancen dieses Hauses widersprechenden Wortmeldungen in der nächsten Präsidiale des Hauses zur Sprache bringen.

Ich lege weiters darauf Wert, dass die Form hier im Plenum auch unter der neuen Regierungskonstellation zumindest eine gleichwertige sein sollte wie jene unter der letzten Regierungskonstellation. Ich setze damit die Sitzung fort.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter ... (Abg. Dr. Fekter: Tatsächliche Berichtigung!)  – Frau Abgeordnete Dr. Fekter hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, bitte halten Sie sich an die Geschäftsordnung.

12.11

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Ich nehme eine tatsächliche Berichtigung zur Rede der Frau Kollegin Petrovic vor. Sie hat in ihrer Rede behauptet, es gebe kein einziges EU-Land, in dem Wirtschaft und Arbeit in einem Ministerium zusammen seien. (Abg. Dr. Petrovic: Nein, das habe ich nicht behauptet!)


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12. Sitzung / Seite 54

Es gibt jedoch in England das Ministerium für Industrie und Employment. (Abg. Dr. Kostelka: Wo ist die tatsächliche Berichtigung? Das ist ein Missbrauch dieses Instruments!) Dort ist der Industrieminister auch für Arbeitsrecht zuständig. Ebenso gibt es in Irland ein Ministerium für Unternehmen, Handel und Beschäftigung. (Abg. Dr. Petrovic: Das habe ich nicht gesagt!) In der Schweiz ist ebenfalls ein Staatssekretariat für Wirtschaft und Arbeitsmarkt zuständig (Abg. Dr. Kostelka: Wo bleiben die Maßnahmen des Präsidiums?), und es gibt mehrere deutsche Bundesländer, in denen Wirtschaft und Arbeit in einem Ressort zusammengefasst sind. (Beifall bei der ÖVP.)

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Pilz zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, beginnen Sie bitte mit dem Sachverhalt, den Sie zu berichtigen wünschen.

12.12

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Der Herr Bundeskanzler hat erklärt, die Posten der ORF-Kuratoren würden von der Regierung nicht im Proporz vergeben.

Ich berichtige, beziehe mich dabei auf eine APA-Meldung vom 29. Februar dieses Jahres und zitiere: Die alten Kräfteverhältnisse bei den Regierungskuratoren sahen ein Verhältnis von fünf SPÖ zu vier ÖVP vor.

Nun hat die ÖVP das Vorschlagsrecht für sechs Vertreter, die FPÖ jenes für drei. Das ist der klassische Regierungsproporz. Das ist auch der Gegenstand meiner Berichtigung. Ob das jetzt ein weiterer Hinweis auf Gedächtnisschwund (Abg. Jung: Das hat nichts mit einer Berichtigung zu tun!) oder nur eine mangelnde Liebe zum Detail war, mag der Präsidiale und diesem Haus zur Beurteilung überlassen bleiben. – Danke schön.

12.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer Erwiderung hat sich Frau Abgeordnete Petrovic gemeldet.

12.13

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Frau Abgeordnete Fekter hat mir unterstellt, dass ich in meinem Redebeitrag dem Haus unrichtige Informationen gegeben hätte. Sie hat gesagt, ich hätte gesagt, dass in keinem EU-Land die Arbeitsmarktagenden mit den Wirtschaftsagenden zusammen in einem Ressort seien.

Ich ersuche, das Stenographische Protokoll herbeizuholen. Das habe ich nicht gesagt. Ich sprach vom ArbeitnehmerInnenschutzrecht. Ich weiß, wovon ich rede. Und im Übrigen möchte ich Frau Abgeordnete Fekter darauf aufmerksam machen, dass die Schweiz nicht wirklich ein EU-Land ist. (Abg. Rosemarie Bauer: Hat sie auch nicht gesagt! – Abg. Dr. Kostelka: O ja!)

12.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete! Wir werden uns das Stenographische Protokoll vorlegen lassen.

Ich setze damit in der Tagesordnung fort.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.14

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Hohes Haus! Diese Regierung hat am 9. Februar mit einer beeindruckenden Regierungserklärung durch unseren Herrn Bundeskanzler ihre Arbeit aufgenommen. Obwohl uns die Arbeit nicht leicht gemacht wird, haben wir diese bereits in vielen Bereichen begonnen und wichtige Entwicklungen eingeleitet. Positiv ist die Teamfähigkeit der Bundesregierung, der Arbeitswille, der Stil und ihr Engagement. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Die Opposition hat natürlich ihre besondere Befindlichkeit. Es ist überhaupt nicht zu erwarten – das wäre eine Illusion –, dass die Opposition eine Regierungsarbeit bejubeln würde, aber so wie Sie sich, meine Damen und Herren (in Richtung SPÖ), mit denen wir 14 Jahre ganz gut zusammengearbeitet (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger ) und auch viel bewegt und viel erreicht haben, jetzt benehmen, das ist manchmal bedenklich. Verdrängen Sie bitte Ihre Gruppenbezogenheit und denken Sie an Ihre Verantwortung, die Sie für dieses Land auch als Opposition haben! Zähmen Sie Ihr Gemüt und lassen Sie Ihren Aktionismus nicht weiterleben! Leben Sie mehr Patriotismus! Bekennen Sie sich zu diesem Land, für das Sie auch als Opposition Mitverantwortung tragen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unbedachte Worte – das kann sich auch Herr Dr. Pilz in sein Tagebuch oder Stammbuch schreiben – richten meistens großen Schaden an. Ich habe heute Morgen aus Ihren Reihen boshafte Äußerungen gehört; das zeugt wirklich nicht von Toleranz, das zeugt nicht von Sachlichkeit und zeugt auch nicht vom Willen, an einer konstruktiven Parlamentsarbeit mitzuwirken.

Nicht die Kompetenzstruktur macht die Qualität einer Regierung oder Regierungsarbeit aus. Dennoch: Die heutige Novelle zum Bundesministeriengesetz wird aus Anlass der Neubildung der Bundesregierung vorgelegt, diskutiert und aller Voraussicht nach auch beschlossen. Ich glaube, sie ist mutig, sie ist modern, und sie ist für unsere Zeit passend. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Neuverteilung der Ministerzuständigkeit ist deshalb notwendig, da erstens auf die großen Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft Bezug genommen werden muss und wir auch auf den EU-Beitritt, den wir bereits vor fünf Jahren vollzogen haben, reagieren müssen. Zweitens: Die bestehende Kompetenzverteilung ist zu wenig effizient. Eine moderne, bürgerorientierte ökonomische Verwaltung in dem Ausmaß, wie wir sie für richtig und notwendig erachten, braucht eben diesbezüglich eine Neuordnung.

Wir halten es für richtig und für wichtig, dass im Bundeskanzleramt Platz und Zeit ist, um zu regieren. Der Bundeskanzler ist nämlich gesamtverantwortlich für die Politik in diesem Land, und er soll sich nicht wie bisher in viele Detailbereiche verirren müssen. Diese Novelle trägt diesem Anliegen in vollem Umfang Rechnung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass Wirtschaft und Arbeit zwei wichtige Bereiche sind, die besser gemeinsam wahrgenommen werden sollen, um die Interessen der Arbeitnehmer und auch der Dienstgeber entsprechend zu koordinieren, ist, so glaube ich, auch Ihnen bekannt, sonst hätte (Zwischenruf des Abg. Schwemlein )  – Herr Schwemlein, ruhig bleiben! – nicht Ihr Herr Sallmutter in dieser schönen Broschüre geschrieben (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe), dass Arbeit und Wirtschaft eine gemeinsame Aufgabe sind. Herr Schwemlein! Hier haben Sie es! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde Ihnen auch Folgendes empfehlen: Befassen Sie sich mehr mit der Realpolitik und unterlassen Sie solche Memoranden, in denen Sie in der Vergangenheit herumwühlen und eigentlich zu Aktionismus auffordern, der uns nicht weiterbringt, sondern uns bestenfalls nur schaden kann! Wenn Sie glauben, dass die Zusammenführung dieser beiden Ressorts in ein Ministerium Ihre Tätigkeit in der Arbeiterkammer beeinflusst, meine Damen und Herren, dann bitte ich Sie: Denken Sie an das, was wichtiger ist, und nicht an das, was Sie vielleicht in einer schlaflosen Nacht träumen! (Abg. Edler  – ein weiteres Exemplar derselben Broschüre, die der Redner gezeigt hat, in die Höhe haltend –: Dinkhauser!)

Als bei der Regierungsbildung im Jahre 1995 das Monsterministerium Arbeit, Gesundheit und Soziales geschaffen wurde, haben auch viele von Ihnen Bedenken angemeldet – viele! –, und es hat sich auch gezeigt, dass es richtiger ist, hier eine Teilung durchzuführen. Herr Abgeordneter Öllinger hat in der abgelaufenen Legislaturperiode mehrmals davon gesprochen, dass die Verwaltung des AMS – darf ich es einmal so formulieren – nicht in der Ausgewogenheit, in


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der Qualität erfolgt ist, wie Sie, Herr Kollege, es sich erwartet hätten. Und ich konnte Sie diesbezüglich verstehen.

Diese Gesetzesnovelle bringt noch eine weitere Neuordnung: Das neue Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen, in dem auch Frauen-, Jugend- und Familienagenden eingebunden sind, hat seine bestimmte Aufgabe. Beschweren Sie sich also nicht darüber, dass hier nur Diskussionen über den Selbstbehalt stattfinden! Diese haben stattzufinden, wenn wir das gute Sozialsystem, das wir miteinander entwickelt haben, auch in Zukunft beibehalten wollen. Nehmen Sie auch Abschied davon, dass Sie sich Gedanken darüber machen, ob mit jedem Aspro tatsächlich eine Belastung des Bürgers verbunden ist! Das, bitte, sollten Sie nicht tun. (Beifall bei der ÖVP.)

In Anbetracht der vorgeschrittenen Redezeit möchte ich noch auf zwei Dinge Bezug nehmen. Ich verstehe Ihren Verbalrundschlag nicht, und ich verstehe auch nicht, dass Sie sich darüber ausweinen, dass Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und Umwelt nicht zusammenpassen. Bitte, Sie kennen unsere Zielsetzungen, die wir uns auch im Rahmen des ÖPUL gesetzt haben, sehr genau (Abg. Oberhaidinger: Nein, die kennen wir nicht! Wir erfahren nichts!), wobei die Landwirtschaft um die Erhaltung einer gesunden Umwelt und Natur bemüht ist. Denn nur so können wir auch das erbringen, was Sie und wir wollen und brauchen, nämlich gesunde Nahrungsmittel und eine intakte Umwelt. (Abg. Oberhaidinger: Ihr regiert nicht! Ihr seid eine erfolglose Regierung!)

Sie kennen die Wichtigkeit des Zusammenwirkens dieser Faktoren, damit wir auch im Katastrophenschutz erfolgreich tätig sein können. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )  – Jawohl, das sind Dinge, die wir in Zukunft ganz engagiert angehen werden, wobei wir nicht nur auf Nachhaltigkeit abzielen, sondern auch Arbeitsplätze sichern, viel für unsere Zukunft tun und auch die nachwachsenden Rohstoffe mit in unser Programm einbinden werden. Daran haben Sie uns am Schluss Ihrer Regierungstätigkeit gehindert. Das muss einmal sehr deutlich gesagt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Martin Graf und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses (42 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Bauten und Technik und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Behörden-Überleitungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesimmobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung und die Verfügung über bundeseigene Liegenschaften einschließlich Mietwohngebäuden (BIG-Gesetz) und mit dem das Bundesfinanzgesetz 1992 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, geändert und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 geändert wird sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz erlassen werden, und schließlich das Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1973 und das ÖIG-Gesetz geändert sowie damit zusammenhängende Bestimmungen über den Wirkungsbereich einzelner Bundesministerien getroffen werden, aufgehoben werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Gesetzesvorschlag des Verfassungsausschusses (42 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und andere Bundesgesetze geändert werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000), wird wie folgt geändert:


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In Art. 1 Z 4 der Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 (§ 17 Abs. 13 Z 2 des Bundesministeriengesetzes 1986) wird der Ausdruck "Land- und Forstwirtschaft, Gewässerschutz und Umwelt" durch den Ausdruck "Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft" ersetzt.

*****

Wir, meine Damen und Herren, Hohes Haus, werden unsere Aufgabe als Regierungspartei umfassend und mit großer Verantwortung wahrnehmen. Wir werden uns den Herausforderungen stellen und die notwendigen Veränderungen treffen. (Abg. Oberhaidinger: Warum habt ihr es 14 Jahre nicht gemacht?) Daran werden weder Sie, Herr Dr. Van der Bellen, noch Sie, Herr Dr. Gusenbauer, uns hindern können.

Herr Dr. Gusenbauer! Wenn Sie Ihre aggressiven Schübe weiterhin pflegen so wie bisher, dann kann es ohne weiteres sein, dass einmal ein Magazin oder eine Zeitung – vielleicht erst in zehn Jahren – nicht vom Dr. Gusenbauer schreiben wird, sondern vielleicht vom "Dr. Gruselbauer". (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Graf und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter! Nach § 58 der Geschäftsordnung steht es mir zu, diese tatsächlichen Berichtigungen spätestens nach Schluss der Debatte über den Verhandlungsgegenstand vornehmen zu lassen. Ich mache von diesem § 58 Gebrauch und bitte Sie am Schluss der Debatte um die tatsächliche Berichtigung. (Abg. Öllinger: Na super!)

Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Morak. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Hoffentlich kommt jetzt etwas Besseres! – Abg. Oberhaidinger: Wir werden uns zurückhalten!)

12.24

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mit meinem Redebeitrag auf meine Koordinationsfunktion eingehen, die ich im Rahmen der Bundesregierung übernommen habe, und zwar vorerst auf die Koordinationsfunktion im kulturellen Bereich. (Abg. Oberhaidinger: Steht er unter Naturschutz?)

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, sind die Kulturagenden der Bundesregierung auf drei verschiedene Ressorts aufgeteilt (Abg. Dr. Mertel: Warum hat man die nicht zusammengefasst?)  – darf ich darauf antworten? (Abg. Dr. Mertel: Bitte!)  –, und wir haben uns im Rahmen dieser Kompetenzbereinigung überlegt, diese unterschiedlich aufgeteilten Kompetenzen zusammenzufassen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir haben uns dann aus einigen Gründen, die ich Ihnen darstellen möchte, anders entschieden.

Trotz der meiner Meinung nach zu gering dotierten Mittel im Bereich der Auslandskulturpolitik !sind wir einerseits damit konfrontiert gewesen, dass es sehr organisch ist, wie sich die Auslandskulturinstitute in die Arbeit des Außenministeriums eingefügt haben, andererseits ist es uns bei der Ausgliederung der Bundesmuseen vordringlich gewesen, die Arbeit an dieser Ausgliederung in einer wichtigen Umstellungsphase voranschreiten zu lassen und diesen Bereich wegen der Kontinuität in der Ressortverantwortung zu belassen.

Schließlich stehen die zeitgenössische Kunst und die Kunstförderung im Rahmen des Bundeskanzleramtes; gerade im Hinblick auf die Europäische Union schien es uns sinnvoll zu sein – und auch im Hinblick auf die Debatten, die ich seinerzeit mit einigen Kollegen in meiner Laufbahn als Abgeordneter geführt habe –, diese Agenden der Kunst mit den Medien zusammenzufassen und zu verbinden. (Abg. Dr. Wittmann: Es wurde eine Chance vertan!)

Ich glaube, dass in der Vergangenheit die Kompetenzzuordnung von Kunst, Sport und Europa-Agenden nicht ideal war. Ich denke, es hätte einerseits unmenschlicher Arbeitsanstrengung


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bedurft, dieses Aufgabengebiet zu bewältigen, und andererseits haben viele Künstler auch darunter gelitten, weil sie gemeint haben, sie kämen bei dieser Herausforderung, die der ehemalige Staatssekretär auf sich genommen hatte, zu kurz. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Über diese Aufteilung der wesentlichen Kulturkompetenzen auf drei Ministerien wurde nun eine Koordinationskompetenz erstellt. Wenn Sie sich erinnern und in den Redebeiträgen nachlesen, die ich hier im Nationalrat abgegeben habe, dann werden Sie sehen, dass ich nie kritisiert habe, dass die Kunstkompetenzen im Bundeskanzleramt waren, sondern dass es mir in dieser Kritik eher immer um eine Koordination und den Wegfall von Doppelgleisigkeiten in den verschiedenen Ministerien, die sich mit ein und derselben Sache beschäftigt haben, ging.

Ein zukunftweisendes Modell scheint mir auch die Koordinationskompetenz im Telekommunikationsbereich zu sein. Aufbauend auf den bereits im Bundeskanzleramt bestehenden Agenden werden im Beirat für Internet und neue Medien unter der Leitung des Verfassungsdienstes verschiedenste Agenden, die momentan in unterschiedlichen Ressorts wahrgenommen werden, im Hinblick auf die rasante Entwicklung im Bereich der neuen Medien zusammenfassend wahrgenommen werden müssen.

Ich nenne in diesem Zusammenhang etwa den im Bundeskanzleramt angesiedelten Datenschutz, das in die Kompetenz des Justizministeriums fallende Urheberrecht und die beim Innenministerium liegende Strafverfolgung im Bereich der neuen Medien, den Jugendschutz im Generationenministerium, die Medienerziehung im Unterrichtsministerium. Wir meinen, dass unter Ausnützung des schon bestehenden Know-hows auf dieser Ebene eine einheitliche Linie der Bundesregierung entwickelt werden sollte.

Darüber hinaus soll auf der Ebene des Bundeskanzleramtes unter Einbindung der im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie angesiedelten Frequenzbehörde, die die entsprechenden technischen Möglichkeiten beisteuern wird, jene unabhängige Institution für Telekommunikation, Informationstechnologie und Medien eingerichtet werden, die unter dem Namen "Medienbehörde" der Tendenz des Zusammenwachsens unter dem Stichwort "Konvergenz", die im Augenblick nach dem Vorbild der Federal Communication Commission in den USA stattfindet, entgegenkommt.

Abschließend: Aus meiner Sicht ist das neue Bundesministeriengesetz ein wesentlicher Schritt vorwärts im Hinblick auf eine Kompetenzbereinigung im Bereich des Bundes. Es signalisiert, dass nach vielen Jahren der vergeblichen Bemühungen um eine Zusammenführung an sich nahe liegender Kompetenzen wie etwa Straße und Schiene – das ist heute schon angeklungen –, aber auch im sekundären und tertiären Bildungsbereich, ein neuer Ansatz gefunden wurde.

Ich erinnere nur daran, dass auch schon Mag. Viktor Klima immer wieder eine Kompetenzbereinigung ins Spiel gebracht hat. Als es dann im Rahmen der Koalitionsverhandlungen so weit war, hat sich da jedoch einiges mehr gespießt, als wir angenommen haben.

Umso mehr scheint es mir ein positives Signal zu sein, dass in der nunmehrigen Bundesregierung in einigen Bereichen wesentliche Zusammenführungen und Verbesserungen möglich geworden sind. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Nürnberger gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte.

12.30

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die von Herrn Abgeordnetem Donabauer als beeindruckend bezeichnete Regierungserklärung sowie das Regierungsprogramm wurden in den letzten Tagen und Wochen von den Experten der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer nach allen Richtungen hin analysiert und abgeklopft; Berechnungen wurden angestellt. Ich muss leider feststellen, diese Expertisen ergeben ein eindeutiges


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12. Sitzung / Seite 59

Bild: Dieser vorliegende FPÖ/ÖVP-Pakt ist ein massives Belastungspaket auf Kosten der Arbeitnehmer, und weil es unsozial ist, wird es von uns abgelehnt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Herr Abgeordneter Tancsits, seines Zeichens Generalsekretär des ÖAAB, hier in seiner Rede den Arbeitnehmern angekündigt hat, was da für großartige Reformen und gute Maßnahmen auf sie zukommen, möchte ich ihn fragen, ob er die Resolution der GÖD, der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, die in den letzten Tagen verfasst wurde – nicht von ihm, sie trägt die Unterschrift des Kollegen Neugebauer, der einmal Abgeordneter von der Österreichischen Volkspartei war –, kennt. In dieser Resolution wird dieses Belastungspaket auf das Schärfste abgelehnt und zurückgewiesen.

Ich möchte Herrn Generalsekretär Tancsits vom ÖAAB Folgendes empfehlen: ÖAAB steht ja für "Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund". Vielleicht ist es besser, das abzuändern und in Zukunft zu schreiben: "ÖAAB – Österreichische Arbeitnehmer, Achtung! Belastung!" Das wäre zielführender. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen in der Folge einige Beweise dafür bringen, dass dieses vorliegende Regierungspaket tatsächlich ein Belastungspaket für die arbeitenden Menschen darstellt.

Sie verschlechtern das Pensionssystem. – Lesen Sie bitte den gestern oder heute erschienenen "Gewinn", der hoffentlich nicht verdächtig ist, eine arbeitnehmerfreundliche Monatszeitschrift zu sein. Darin können Sie zwei Beispiele lesen: Ein Mann verliert in Zukunft monatlich von der Pension 1 215 S – multiplizieren Sie das mit 14, dann kommen Sie auf den Jahresverlust – und eine Frau 900 S pro Monat. So schauen Ihre für die Zukunft geplanten guten Gesetze für die Arbeitnehmer aus. Sie kürzen darüber hinaus die Mittel des Arbeitnehmerschutzes, Sie wollen Arbeitnehmerrechte beschneiden, und von Kranken wird in Zukunft ein Selbstbehalt eingeführt.

Der Gipfel der Demagogie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass sich der Herr Bundeskanzler hier herstellt und sich dessen rühmt, dass es, weil es seit 4. Oktober eine FPÖ-ÖVP-Regierung gibt (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Seit 4. Februar!), um 11 000 Arbeitsplätze mehr gibt. Er glaubt wirklich, dass Ihre Regierungsarbeit in diesen wenigen Wochen dafür verantwortlich ist. Dass wir heute eine so gute Arbeitsmarktsituation haben, ist das Verdienst der Frau Sozialministerin Lore Hostasch, die um jeden einzelnen Arbeitsplatz gekämpft hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bilanz über die Tätigkeit dieser blau-schwarzen Regierung werden wir heute in einem Jahr ziehen können, und dann werden Sie wahrscheinlich nicht so gut dastehen, denn Sie mit Ihrem Programm verlassen das Ziel der Vollbeschäftigung und gefährden Zehntausende Arbeitsplätze. – Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

In einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen, insbesondere im Infragestellen des Kollektivvertrages, wird klar: Die Entscheidungsverhältnisse in der Gesellschaft sollen zu Lasten der Arbeitnehmer und zu Gunsten der Arbeitgeber, der Unternehmer, verändert werden. Von den für die Arbeitnehmer wirklich wichtigen Reformen – vor allem Schutz der Arbeitnehmer in einer globalen Wirtschaft, dringend notwendige Verbesserungen der Mitbestimmung der Betriebsräte in der Arbeitsverfassung oder eine echte Verbesserung der Aus- und Weiterbildung – ist in Ihrem Programm überhaupt nichts zu sehen.

Der Herr Bundeskanzler hat hier großartig angekündigt, nächste Woche werde die Angleichung Arbeiter – Angestellte beschlossen werden, die Arbeitnehmer könnten sich schon freuen, welch großer Segen das für sie sei. Ich sage: Das ist eine gefährliche Drohung! Er muss mir erklären, wieso die Arbeitgeber jubeln sollen, wenn Sie sich durch diese Angleichung und durch die Aliquotierung des Urlaubes in Zukunft zweieinhalb Milliarden Schilling ersparen werden. Dieses Geld kommt doch aus den Taschen der Arbeitnehmer. Hier gibt es ein Körberlgeld von 2,5 Milliarden Schilling für die Arbeitgeber, und da werden wir sehr genau aufpassen, dass das nicht so Platz greift, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe schon gesagt: Die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft, vor allem in der Wirtschaft, werden verschoben, die Unternehmer werden gestärkt und die Arbeitnehmer werden eindeutig geschwächt. Ich werde versuchen, das hinsichtlich der neuen Ministeriumsstruktur anhand einiger Beispiele nachzuweisen. Frau Abgeordnete Fekter kann noch so oft hierher ans Rednerpult kommen und sagen, es gebe einige Länder, in denen Wirtschafts- und Arbeitnehmerinteressen von einem Ministerium verwaltet würden. Das mag in Teilbereichen der Fall sein, in zwei, drei Ländern, aber nicht mit jener Fülle an Kompetenz, wie sie unser Wirtschaftsminister in Zukunft haben wird.

Das Sozialministerium im herkömmlichen Sinn wird es ja nicht mehr geben, das ist filetiert. In Zukunft fallen das Arbeitsvertragsrecht, der Arbeitnehmerschutz und damit die Arbeitsinspektion in die Agenden des Wirtschaftsministeriums. Und jetzt stelle ich Ihnen die Frage: Was glauben Sie, auf welcher Seite dieser Minister, der Großindustrielle Bartenstein, sein wird, wenn sich Arbeitgeber über Arbeitsinspektoren beschweren? Diese Frage ist leicht zu beantworten, das ist eine Einserfrage, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht: Dazu gehören insbesondere auch gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, Angelegenheiten des Schlichtungswesens, Angelegenheiten der Betriebsvertretung. Mit Betriebsvertretung ist das Arbeitsverfassungsgesetz gemeint. – Eine weitere Einserfrage: Was, glauben Sie, wo dieser Minister, der Großindustrielle Bartenstein, stehen wird? Auf der Seite der großen und kleinen Stronachs oder auf der Seite der Kolleginnen, die einen Betriebsrat gründen wollen? Auch diese Frage können Sie sich selbst und leicht beantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann geht es noch weiter, etwa mit der kollektiven Rechtsgestaltung auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes. Dazu gehören insbesondere auch Rechte der Gesamtarbeitsverträge und die Festsetzung von Lohntarifen. Als Kollektivvertragsverhandler, der nach 20 Jahren Kollektivvertragsverhandlungen ein bisschen Erfahrung hat, weiß ich, dass wir in letzter Zeit sehr oft Kollektivverträge satzen mussten.

Nun stelle ich Ihnen wieder eine Einserfrage, sehr leicht zu beantworten: Was glauben Sie, wenn hier ein Antrag gestellt wird – Antragsteller: Gewerkschaft, Antragsgegner: Wirtschaftskammer –, auf welcher Seite der Wirtschaftsminister, der Großindustrielle Bartenstein, stehen wird? Der wird doch nicht auf der Seite der Gewerkschaft stehen! Sie werden rascher, als Sie glauben, diese Nagelprobe bestehen müssen, Herr Bundesminister. Ich hoffe, Sie haben alle diese Einserfragen beantworten können.

Diese Regierung – das geht aus dieser neuen Ministeriumsstruktur hervor – predigt uns Sparsamkeit. Ich bin neugierig, wer in Zukunft zu den Sitzungen der Arbeits- und Sozialminister im Rahmen der EU fahren wird? Wahrscheinlich werden beide hinfahren, dann haben sie wenigstens einen Gesprächspartner beim Mittagessen (Heiterkeit bei der SPÖ), denn von den Ministerkollegen spricht ohnehin niemand mit ihnen. – Und das, weil Sie Österreich und sich selbst isoliert haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen in meiner vollen Verantwortung Folgendes: Ich bekenne mich dazu, dass wir aus wirtschaftlicher Sicht gemeinsame Interessen haben. Ich habe auch den Ausspruch gepredigt: Wir sitzen beide im gleichen Boot! Aber für etwas sind wir nicht zu haben: dass die Arbeitnehmer rudern und die Arbeitgeber auf dem Sonnendeck liegen! Daher bin ich persönlich und auch meine Organisation, die ich vertrete, immer für Kompromissbereitschaft eingetreten. Aber wenn Sie glauben, dass durch ein neues Standortministerium die Arbeitnehmer in diesem Land zu Standortfaktoren werden, dann, das muss ich Ihnen sagen, haben Sie sich schwer getäuscht, meine Damen und Herren von Blau-Schwarz! (Beifall bei der SPÖ.)

12.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es ist verlangt worden, Herrn Abgeordnetem Nürnberger einen Ordnungsruf zu erteilen. Abgeordneter Nürnberger hat in seiner Rede zum Herrn Bundeskanzler gesagt: Das ist der "Gipfel der Demagogie". – Ich werde mir das Protokoll gemeinsam mit den anderen Protokollen vorlegen lassen und dann darüber entscheiden.


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12. Sitzung / Seite 61

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Eine Einserfrage an Herrn Nürnberger hätte ich noch gehabt, bevor er gelangweilt den Saal verlässt; die Arbeitnehmerinteressen interessieren ihn anscheinend überhaupt nicht mehr. Wenn Sie Herrn Minister Bartenstein mehr oder weniger seine Herkunft vorwerfen – Sie betonten immer das Wort "Großindustrieller" –, dann muss ich Ihnen schon auch eine Einserfrage stellen. Herr Finanzminister Edlinger in Ruhe war oder ist Ihr Parteikollege, SPÖ – und jetzt die Einserfrage: Wo in den letzten Jahren hatten die österreichischen Arbeitnehmer Vorteile daraus, dass er Finanzminister war? Diese Frage muss ich Ihnen wirklich einmal stellen, denn das ist geradezu abenteuerlich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Paket der Grauslichkeiten, das Sie und Ihre Partei den Arbeitnehmern in den letzten ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Abgeordneter Gaugg! – Bitte, setzen Sie fort, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): In Anbetracht des klassenkämpferischen Tons noch eine Einserfrage an den Obergewerkschafter Nürnberger, der während der letzten Jahre hier herinnen einen Winterschlaf gehalten hat: Warum hat er als Obergewerkschafter in der Vergangenheit immer geschwiegen? Wäre ihm das Vorbild seines künftigen Parteivorsitzenden lieber? – Im Ostblock hat es immer nur einen Großindustriellen gegeben, das war der Vater Staat. Und wo das geendet hat, wissen wir alle. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wo die Einflussnahme der SPÖ besonders groß war, das war beim "Konsum". – Großartig!, kann ich nur sagen. Zigtausende Mitarbeiter ohne Beschäftigung! (Abg. Dr. Keppelmüller: Rosenstingl!) Entschuldige, ich weiß schon, dass das wehtut. Es tut weh, an die russische Vergangenheit und Zukunft erinnert zu werden. Aber das gesamte Desaster in der Verstaatlichten, den Verrat an den Arbeitnehmern bei Post und ÖBB habt ihr verursacht, und jetzt versucht es der Herr Nürnberger mit der Zuckerltheorie: Alles Gute kommt von der SPÖ, alles Schlechte kommt von der Regierung! – Und das innerhalb von 14 Tagen! Es ist wirklich abenteuerlich und recht beachtlich.

Es ist schon erstaunlich und natürlich für die SPÖ unvorstellbar, dass es zu Veränderungen kommt. In jedem Management, in jedem Unternehmen, ja selbst in der SPÖ kommt es zu Veränderungen im Management. Da tritt der glücklose Klima ab, und es kommt der erfolglose Gusenbauer – aber eine Veränderung wurde durchgeführt! Warum? Warum eine Veränderung? Wozu, wenn ohnehin alles passt? Es passt im kleinen Denken ... (Abg. Hagenhofer: Warum ist der Haider gegangen? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Was ist denn los? Ich werde den Herrn Landeshauptmann Dr. Haider einmal bitten, dass er einen Fachvortrag innerhalb der SPÖ hält, wie man erfolgreich Politik macht. Vielleicht wird er Ihnen das im Rahmen einer derartigen Veranstaltung sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist aber schon schwer, und es tut weh, Veränderungen hinnehmen zu müssen, ohne mitbestimmen zu können. Wenn die Bereiche Wirtschaft und Arbeit in ein Ressort verlegt werden, so ist das für die SPÖ schon sittenwidrig. Allein schon der Gedankengang ist erstaunlich, denn eine gemeinsame Vorgangsweise im Interesse der Betroffenen sollte für einen Gewerkschafter selbstverständlich sein, vor allem wenn die Gewerkschaft selbst an Reformen arbeitet. Denn wie man hört, lautet das Geheimpapier des ÖGB: Derzeit haben wir 2 000 Mitarbeiter, im Jahre 2002 werden wir 700 haben, weil wir es uns nicht mehr leisten können. Nur trauen Sie sich das öffentlich vor den Arbeiterkammerwahlen nicht kundzutun. Interessanterweise wird man die 15 Einzelgewerkschaften auf drei reduzieren. Es finden also ständig Reformen statt. Aber wenn die neue Regierung das macht, um bessere Bedingungen für die Zukunft zu schaffen, dann ist das unanständig, ungeheuerlich, unvorstellbar.


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12. Sitzung / Seite 62

Würde diese Regierung, die am 4. Februar angelobt wurde, so weitermachen wie die Regierung unter Bundeskanzler Klima, dann wären das Budgetdesaster, die Arbeitslosigkeit, die schlechte Entlohnung der Arbeitnehmer und die Armutsfalle in dieser Republik noch schlimmer. Daher sind diese Veränderungen notwendig und werden von uns voll mitgetragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.45

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Wir debattieren die Zergliederung, Filetierung von Ministerien wie etwa jene des Sozialministeriums, und es ist schon in etlichen Debattenbeiträgen angeklungen, was das Problem dabei ist. Ich nehme nur eines dieser Probleme heraus: den Arbeitnehmerschutz. Herr Kollege Gaugg sieht kein Problem darin, dass das in einem Ressort zusammengefasst wird. Ich sehe ein Riesenproblem darin. Natürlich macht das den Freiheitlichen in ihrem Denken von Arbeitnehmern als Teil einer Betriebsgemeinschaft kein Problem. Darum geht man dann auch zu den Unternehmen hin und sagt: Spendet etwas für unsere Gewerkschaft!, weil das nämlich ein Ganzes ist. Aber da gibt es eben noch unterschiedliche Interessen (Abg. Gaugg: Wo war der Arbeitnehmerschutz für die öffentlich Bediensteten?), und, Herr Kollege Gaugg, ich werde versuchen, diese unterschiedlichen Interessen darzustellen.

Beispiel Arbeitnehmerschutz. – Wir haben immer kritisiert – die Kollegen von der freiheitlichen Fraktion wissen es –, dass in Österreich in diesem Bereich extrem wenig getan wurde, dass für Prävention, für Vorbeugung sehr, sehr wenig ausgegeben wurde. Erst in den letzten Jahren wurde etwas mehr Geld dafür ausgegeben. Das hat auch Konsequenzen gehabt, zumindest bei den Arbeitsunfällen. Herr Kollege Haupt weiß das aus den Debatten im Ausschuss.

Wenn aber die Mittel – und das hat nicht nur mit der Zergliederung der Ministerien zu tun – für die Unfallversicherung, so wie vorgesehen, um 0,4 Prozent gekürzt werden, wenn der Beitrag von 1,4 auf 1 Prozent gesenkt wird, also 3 Milliarden Schilling im Bereich Unfallversicherung eingespart werden, dann heißt das: Es gibt kein Geld mehr für Prävention. So ist das in dem Regierungsübereinkommen auch vorgesehen. Es gibt kein Geld mehr für Prävention. Wenn es daher in Zukunft wieder mehr Unfälle geben sollte, wenn die Unfallraten ansteigen sollten, dann müssen die Leute sich eben privat versichern. Das ist die Philosophie der Freiheitlichen in diesem Fall.

Das hat sehr wohl etwas damit zu tun, zu welchem Ressort Arbeitnehmerschutz, Arbeitnehmerpolitik gehört. (Beifall bei den Grünen.) Das ist ein eminentes Risiko, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, das Sie den Arbeitnehmern, den Beschäftigten in diesem Land aufbürden.

Aber es geht ja nicht nur um das Risiko im Bereich Arbeits- und Sozialministerium, sondern es geht um das Risiko, das diese Bundesregierung insgesamt darstellt. Es heißt in der "Neuen Zürcher Zeitung" von heute, die Sie ja sonst immer gerne zitieren, aber in diesem Fall werden Sie es wahrscheinlich nicht tun, darum mache ich es:

"Die blau-schwarze Regierung Österreichs, die in den wenigen Wochen ihrer Amtszeit noch kaum vom Fleck gekommen ist, hatte einen schlechten Start. Die EU-Länder haben Österreich mehr oder weniger politisch isoliert; die Regierung in Wien stößt weiterhin auf Misstrauen." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dieses Misstrauen, das man der Bundesregierung entgegenbringt, ist nicht zufällig. Ich zitiere aus der Zeitschrift "NEWS", die morgen erscheinen wird, und das betrifft einen weiteren Minister aus der Ministerriege von ÖVP und FPÖ. Ich zitiere aus der Zeitschrift "NEWS" betreffend den Herrn Finanzminister Grasser. Herr Kollege Haigermoser, der jetzt nicht im Saal ist, sollte gut aufpassen, denn er ist der Vorsitzende des Unvereinbarkeitsausschusses, dem der Herr Grasser als Finanzminister hätte melden müssen, dass er noch


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12. Sitzung / Seite 63

immer Geschäftsführer von zwei Firmen ist, noch immer Geschäftsführer von zwei Firmen aus dem Stronach-Konzern. (Abg. Mag. Schweitzer: Das stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren! Ich zitiere aus der Zeitschrift "NEWS". (Abg. Mag. Schweitzer: Wissend die Unwahrheit aus "NEWS" zitieren! Das ist unglaublich!) – Herr Präsident! Können Sie dafür sorgen, dass ich meine Rede ungestört fortsetzen darf – oder fällt das nicht in Ihre Kompetenz? (Abg. Schwarzenberger: Sie sollten nicht die Unwahrheit sagen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist Herr Abgeordneter Öllinger! (Abg. Mag. Schweitzer: Wissend die Unwahrheit zitieren! Das ist typisch!)

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ich zitiere aus der Zeitschrift "NEWS". (Abg. Mag. Schweitzer: Aus "NEWS" die Unwahrheit, wie immer!) Herr Finanzminister Grasser ist Geschäftsführer – noch immer Geschäftsführer – einer 100-prozentigen Magna-Tochter, die sich Sportwetten GmbH. nennt. Geschäftszweck sind Sportwetten und ein Wettkanal. (Abg. Fischl: Das gibt es gar nicht mehr!) Der Finanzminister Grasser ist noch immer Geschäftsführer einer Ges.m.b.H., die sich Sport-Management-International-G.m.b.H. nennt, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb einer Fernsehsendeanstalt ist. (Abg. Aumayr: Nicht ein Wort stimmt!) Grasser ist in beiden Firmen bis heute Geschäftsführer.

Am 9. September 1999 hat Herr Grasser in der einen Firma, nämlich SMI, Herrn Pichler in der Geschäftsführung ersetzt. (Zwischenruf der Abg. Haller. ) Ich frage Sie, meine Damen und Herren sowohl von der ÖVP als auch von der FPÖ (Abg. Schwarzenberger: Das macht jetzt Herr Rudas!): Ist das ein Fall von politischer Unvereinbarkeit? – Ja oder nein? (Abg. Haller: Das ist doch lächerlich! – Abg. Aumayr: 9. September!)

Meine Damen und Herren! Wir wollen es uns nicht leisten, dass die Republik mit einem Aufsichtsrat verwechselt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Was hat der Herr Bundeskanzler gesagt? – Der Herr Bundeskanzler hat davon gesprochen, es müssten die besten Profis in die Aufsichtsräte entsandt werden. Er hat offensichtlich nicht an Herrn Grasser gedacht, sondern an die Aufsichtsräte, in die man entsendet – darunter auch den ORF. Aber ich halte fest: Schon Herr Haider versteht sich jetzt als Aufsichtsrat dieser Regierung. Offensichtlich versteht sich Herr Grasser als Aufsichtsrat der Firma Magna in der Bundesregierung. Wir brauchen weder einen Lotteriekönig in der Bundesregierung noch einen Leasing-Minister von Gnaden der Firma Magna. Stellen wir das klar, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haller: So ein Schwachsinn!)

Herr Grasser hat offensichtlich seine Funktionen als Geschäftsführer bei zwei Gesellschaften nicht dem Unvereinbarkeitsausschuss, dem ausgerechnet Herr Haigermoser (Abg. Fischl: Reden Sie nicht so einen Blödsinn daher!), der sonst immer auf ganz groß macht, vorsteht, gemeldet.

Ich halte fest: Das ist ein klassischer Verstoß gegen die Unvereinbarkeitsbestimmungen, die wir für die Mitglieder der Bundesregierung haben. Wenn Herr Grasser noch immer eine dieser Funktionen innehat, wenn er sie noch nicht abgegeben hat, ja selbst dann, wenn er sie abgeben will, liegt ein Verstoß vor. (Abg. Dietachmayr: Das ist eine Verfassungsbestimmung!) Das Problem liegt aber nicht allein in dieser Unvereinbarkeit (Abg. Mag. Schweitzer: Du kannst aufhören, du bist überholt!), sondern das eigentliche Problem, meine Damen und Herren, ist, dass Herr Grasser und die Freiheitliche Partei – darum regen Sie sich auch so auf – das Geschäftsinteresse der Firma Magna im Koalitionsübereinkommen festgeschrieben haben. (Abg. Neudeck: Sie bewegen sich im Kreis!)

Im Koalitionsübereinkommen heißt es: Die Bemühungen zur Schaffung eines eigenen Sportkanals sollen mit dem Ziel unterstützt werden, auch weniger bekannten Sportarten eine Präsentationsplattform zu bieten. (Abg. Fischl: Ist das schlecht?) Und weiters heißt es: Die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Sportförderung durch Einbeziehung privater Wett


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büros ist Geschäftszweck der Bundesregierung. – Und das ist auch Geschäftszweck des Lotteriekönigs Grasser in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Herr Grasser ist nicht irgendjemand. Er ist ein Leasing-Minister von Seiten und von Gnaden der Firma Magna, und als solcher legt er die Tätigkeit in der Bundesregierung an. (Abg. Mag. Firlinger: So etwas kann nur im linken Gehirn entstehen!) Aufgrund dieser Geschäftszwecke, die in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben sind, ist Herr Grasser ertappt. Er hat seine Hand im schmutzigen Geschäft. Angesichts dessen ist es egal, ob er als Geschäftsführer mittlerweile zurückgetreten ist oder in Zukunft zurücktreten wird, wie auch immer. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie regen sich auf, Herr Bundesminister, aber es ist ein schmutziges Geschäft, wenn man als Bundesminister dieser Bundesregierung gleichzeitig die Interessen eines privaten Unternehmens vertritt. Darin sind wir uns doch wohl einig, sonst hätten wir nicht die Unvereinbarkeit festgelegt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haller: So eine Anschuldigung!)

Ist es so, meine Damen und Herren? – Oder wollen Sie in Zukunft auch die Unvereinbarkeitsbestimmungen aufheben? (Abg. Aumayr: Sie wissen ganz genau, dass Sie die Unwahrheit sprechen!)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Das ist der gravierendste Verstoß gegen die Unvereinbarkeitsbestimmungen, der bisher in diesem Haus vorgefallen ist, und ich würde doch ersuchen, dass Sie das zum Anlass nehmen, über die Funktion dieses Ihnen sehr vertrauten und offensichtlich sehr angenehmen Herrn Ministers – trotz seiner Debatte über die 60 000 S – nachzudenken. Ihr Bundesminister hat diesem Haus, hat dem Unvereinbarkeitsausschuss nicht die Wahrheit über seine Tätigkeit gesagt. Ich weiß es nicht, darum würde es mich interessieren, ob er das Herrn Haigermoser zumindest von Ohr zu Ohr geflüstert hat. Ich halte die Tätigkeit eines Ministers, der gleichzeitig Geschäftsführer von zwei privaten Ges.m.b.Hs. ist und offensichtlich die Geschäftsinteressen dieser zwei Ges.m.b.Hs. im Koalitionspakt festgehalten hat, hat niederschreiben lassen, mit Ihrer Hilfe hat niederschreiben lassen (Abg. Mag. Trattner: Wenn es so wäre, hätten Sie recht!), für unvereinbar. Das ist skandalös. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie betreiben die Geschäfte des Herrn Grasser auf politischer Ebene. Sie betreiben die Geschäfte des Herrn Stronach auf politischer Ebene – ausgerechnet Sie, die immer von der Zwei-Klassen-Gesellschaft in Österreich sprechen, von den einfachen Leuten und den Funktionären, die sich bereichern.

Meine Damen und Herren! Sie sollten in sich gehen und sich überlegen, ob es nicht eine dritte Klasse gibt, nämlich die der Super-Kassierer beziehungsweise die Klasse derjenigen, die diese Republik als ihren Privatgegenstand betrachten. (Beifall bei den Grünen.)

12.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Öllinger! Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt: Herr Bundesminister Grasser hat seine Hand in schmutzigen Geschäften. Ich werde mir das Protokoll geben lassen und dann über einen Ordnungsruf an Sie entscheiden.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Herr Abgeordneter! Nach § 58 GOG verlege ich die tatsächlichen Berichtigungen an das Ende dieser Debatte. (Abg. Mag. Schweitzer: Er kann die Unwahrheit sagen! Das ist unglaublich!)

Nun gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort. – Bitte.

12.58

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Namens der Bundesregierung sehe ich mich an dieser Stelle gezwungen, den Vorwurf des Abgeordneten Öllinger an ein Mitglied der Bundesregierung, nämlich an den amtierenden


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Finanzminister Grasser, er habe seine Hand in schmutzigen Geschäften, kategorisch zurückzuweisen. Ich halte diese Aussage nicht nur für unangemessen, sondern auch für schlimm. Da ich jetzt am Wort bin, fühle ich mich als Kollege von Minister Grasser zu dieser Stellungnahme berufen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Rufschädigend!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich melde mich vor allem deswegen kurz zu Wort, um auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Nürnberger zurückzukommen. Er ist leider nicht im Saal, aber ich bin sicher, er hört zu oder es wird ihm ausgerichtet werden.

Herr Kollege Nürnberger! Sie haben mich als Großindustriellen bezeichnet. Das ist zu viel der Ehre. (Abg. Edlinger: Keine Beschimpfung!) Selbst wenn ich noch Eigentümer meiner Unternehmungen wäre, was ich aufgrund der Unvereinbarkeitsbestimmung seit fünf Jahren nicht mehr bin – das sollten Sie wissen –, wäre das Mittelstand und nicht Großindustrie, und zwar jener Mittelstand, von dem Österreich lebt, im Rahmen dessen Österreichs Arbeitnehmer beschäftigt sind und auch die Beschäftigung weiter steigen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Mittelstand in Österreich!)

Aber um Ihnen die Unterscheidung zwischen Mittelstand und Großindustrie ein wenig zu erleichtern, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Dieses mittelständische Unternehmen hat etwa so viele Mitarbeiter wie die SPÖ in Millionen Schilling Schulden. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich weise außerdem Ihren Vorwurf zurück ... (Abg. Edlinger: Das ist Polemik von der Regierungsbank, Herr Bartenstein!) – Das mag schon sein, Herr Kollege Edlinger (Abg. Edlinger: Das ist Polemik von der Regierungsbank! – Abg. Dietachmayr: Sie machen das immer wieder!), aber etwas mehr Sachlichkeit eines Abgeordneten vom Rednerpult aus in Richtung Regierungsbank wäre wohl auch durchaus angemessen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Eine unintelligente Polemik von der Regierungsbank!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Nürnberger hat sich aber einmal mehr damit beschäftigt, dass für ihn ein Ministerium für Arbeit und Wirtschaft überhaupt das Schlimmste sei, was denkbar wäre. Ich möchte auch an dieser Stelle darauf verweisen, dass sozialdemokratisch regierte Länder, wie das Vereinigte Königreich, wie Schweden, aber auch durchaus vergleichbare Nachbarländer, wie die Schweiz, ähnlich strukturierte Ressorts haben. Ich glaube, es wird von Seiten meiner Fraktion noch näher darauf eingegangen werden. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Sie wissen aber auch, dass das Arbeitsrecht zu solchen Ministerien ressortiert, dass auch zum Beispiel das Thema "Arbeitnehmerschutz" unter dem Titel "Arbeitssicherheit" in der Schweiz im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement, im Staatssekretariat für Wirtschaft, sozusagen beheimatet ist. All das wissen Sie, daher gehe ich davon aus, dass Sie, Herr Kollege Nürnberger, all das, was Sie an Vorwürfen erhoben haben, wider besseres Wissen gesagt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Nürnberger hat den Verdacht in den Raum gestellt, es würden die Mittel für die Arbeitsmarktförderung gekürzt werden, und hat als Folge dessen vor steigender Arbeitslosigkeit gewarnt. Zum Ersten empfinde ich es als starkes Stück, wenn ein Spitzenvertreter des ÖGB steigende Arbeitslosenzahlen an die Wand malt, und zwar in einer Phase, in der die Arbeitslosigkeit in einem Ausmaß sinkt, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war. (Abg. Dietachmayr: Das ist nicht Ihr Verdienst!)

Ich habe heute schon an anderer Stelle darauf verwiesen, dass das natürlich auch ein Verdienst der früheren Bundesregierung und natürlich ein Verdienst von Frau Hostasch gewesen ist. Aber es kommt mir reichlich absurd vor, jetzt steigende Arbeitslosenzahlen an die Wand zu malen, wenn der Trend bei allen Bevölkerungsgruppen, in ganz Österreich und auch in allen Altersklassen Gott sei Dank genau in die Gegenrichtung geht. Das ist nun einmal Faktum! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )


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Herr Kollege Öllinger hat den Magna-Konzern so strapaziert. Da ist mir eingefallen, dass nicht nur Minister Grasser einige Jahre in leitender Stellung für Magna tätig war, sondern dass auch der vor kurzem noch im Amt befindliche Bundesgeschäftsführer der SPÖ jetzt dort tätig ist. Herr Rudas hat zu Magna gewechselt. (Abg. Schwarzenberger: Vranitzky auch!) Nachdem Herr Rudas gemeinsam mit den Spitzenvertretern der Gewerkschaft über viele Monate hinweg gerade diesen Konzern kritisiert hat, weil man dort an Stelle von Betriebsräten auf ein Vertrauensleute-System setzt, geht Ihr früherer Bundesgeschäftsführer nun dorthin. (Abg. Dietachmayr: Er ist nicht Minister! Was hat das damit zu tun? – Abg. Edlinger: Soll er arbeitslos sein?)

Auch das, Herr Kollege Edlinger, ist ein bisschen eine Frage der Glaubwürdigkeit. Wenn schon die Themen Magna und Stronach hier im Plenum vom Rednerpult aus angezogen werden, dann sollte man auch beide Seiten sehen, also nicht nur jene Seite, woher der amtierende Finanzminister kommt, sondern auch jene, wohin der frühere Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokratischen Partei gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass der frühere Bundeskanzler Vranitzky dort in führender Stellung, nämlich in einer Aufsichtsratsfunktion, tätig ist, das sei der Vollständigkeit halber hier auch noch erwähnt. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ist er Minister? Sehr schwach! Peinlich!)

13.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

13.03

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich komme wieder zum Bundesministeriengesetz zurück, denn Herr Minister Bartenstein hat mir das, was ich an und für sich zum früheren SPÖ-Geschäftsführer Rudas sagen wollte, direkt aus dem Mund genommen. Es ist interessant, dass auf einmal der Magna-Konzern sehr lieb und wert ist. Vorher bekriegt man ihn, dann schaut man, dass man dortselbst ein Platzerl bekommt, dann schlüpft man in den Maßanzug von Magna hinein (Abg. Mag. Posch: Es geht um die Unvereinbarkeit!), setzt ein Magna-Kapperl auf, und dann ist es völlig Wurscht, ob es dort Betriebsräte gibt oder nicht. So schnell kann man innerhalb von ein paar Wochen seine Meinung ändern! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Rudas macht das genauso wie Sie. Sie haben auch Ihre Meinung total geändert. Mit der Österreichischen Volkspartei haben Sie ein Kompendium ausgearbeitet, das sich fast im Maßstab von 1 : 1 mit dem deckt, was wir jetzt realisieren wollen. (Abg. Edlinger: Differenz von 15 Milliarden Schilling!) Sie gehen hier heraus, schreien Zeter und Mordio, steigen auf die Barrikaden, weil wir genau das machen, was Sie auch gemacht hätten, wenn Sie jetzt noch in der Regierung säßen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Eine Umbildung von unten nach oben! Sie haben Ihr Programm nicht gelesen!)

Meine Damen und Herren! So verhält es sich auch mit den Ministerien. Es wird jetzt endlich einmal das zusammengefügt, was zusammengehört, und das getrennt, was getrennt gehört. Wir wollten das mit Ihnen schon bei der letzten Regierungsbildung realisieren. Sie waren aber so einzementiert in Ihrem Machtstreben und Machtbewusstsein, dass es nicht möglich war, vernünftige Lösungen herbeizuführen, indem man die Ministerien, die zusammengehören, auch zusammenführt. Das wird jetzt gemacht. Dazu soll heute das Bundesministeriengesetz beschlossen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Beispiel dazu aus der Vergangenheit: Es hat das Ministerium für Verkehr und Wissenschaft gegeben. Meiner Meinung nach passt das nicht unbedingt zusammen. Wir hatten einen Wissenschaftsminister, der zugleich Verkehrsminister war. Herr Altminister Einem hat eines wissenschaftlich gemacht: Er hat die LKW reihenweise wegzaubern lassen – per Werbung natürlich, weil auf der Straße ist die Anzahl der LKW nicht geringer geworden. Er hat kilometerlange Staus bekämpft, die es jetzt aber auch noch gibt. Wir haben die LKW, wir haben die Staus. Aber eines haben wir nicht mehr: Minister Einem ist nicht mehr da. Und deshalb ist es möglich, dass wir die Ministerien auch zusammenlegen können.


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Er hat mit Millionenbeträgen einen Masterplan eingesetzt, der nur auf die Eisenbahn, also auf die Schiene, ausgerichtet war. Wir haben gefordert, dass der vom Herrn Wirtschaftsminister Farnleitner erstellte Bundeswegeplan mit dem Masterplan kombiniert und fusioniert werden soll, damit wir das Verkehrsproblem in Österreich entsprechend lösen können, also nicht nur die Schiene betreffend, sondern auch Straße, Wasser und gegebenenfalls Luft. Das ist jetzt möglich, weil mit dem neuen Ministeriengesetz ein Ministerium für Infrastruktur, nämlich Verkehr, Innovation und Technologie geschaffen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist ein positives, innovatives Beispiel, das zeigt, dass die neue Bundesregierung tatsächlich dazu bereit ist, Probleme zu lösen und auch alte Pfründe über Bord zu werfen, die bisher Tabus, die bisher fast Heiligtümer der Sozialisten waren. Deshalb kommt jetzt mehr Wind hinein, deshalb wird jetzt auch Innovation betrieben werden, sodass letzten Endes Österreich noch europareifer werden wird, als es ohnehin schon ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dasselbe ist auch im Finanzministerium der Fall. Neue Zuständigkeiten werden geschaffen. Es wird zum Beispiel ein Budget-, Personal- und Finanzcontrolling eingeführt, das wir immer gefordert haben. Hätte es das gegeben, müssten wir nicht in ein paar Wochen hier sitzen und beim Thema Budget darüber reden, wie wir die fehlenden beziehungsweise die nicht vorhandenen Milliarden kompensieren können. Es wird, ähnlich wie in der Privatwirtschaft, ein Controlling-Instrument geschaffen, das in Zukunft dafür sorgen wird, dass wir keine Sparbudgets mehr auf dem Rücken der Bürger zu schnüren brauchen. Das wird gemacht werden, und das kommt auch im neuen Bundesministeriengesetz zum Ausdruck. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Minister Schlögl und Herr Minister Edlinger haben es uns ganz leicht gemacht, denn wir müssen nicht nur ein neues Bundesministeriengesetz erlassen, sondern es mussten auch die einzelnen Ministerien ganz neu eingerichtet werden – wenn es stimmt. Ich nehme an, dass das, was in der Presse gestanden ist, stimmt. Es war notwendig, verschiedene Ministerien, die in einem desolaten Zustand zurückgelassen worden sind – ersparen Sie mir den Vergleich! –, neu einzurichten. (Abg. Murauer: Wieso neu einrichten?)

Deshalb die Frage an Sie, Herr Minister außer Dienst Schlögl: Haben Sie die Büros so ausgeräumt, dass nichts mehr vorhanden war? Wurden die Computer heruntergefahren? Wurden die Betriebssysteme zerstört? Wurden die Telefonanlagen außer Betrieb gesetzt? Wurden die Lautsprecher heruntergerissen? – All das wurde uns von den Ministern berichtet, die diese Büros so vorgefunden haben. Und das passierte zu einer Zeit, meine Damen und Herren, in der in Österreich mit Hilfe der ausländischen Anarchisten Demonstrationen stattgefunden haben, wobei der Innenminister im Interesse der Sicherheit Österreichs ein intaktes Ministerium hätte vorfinden sollen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Ist das eine Fragestunde? – Abg. Edlinger: Falsch! Sie sind von übergestern!) Sie haben bewusst – bewusst! – die Sicherheit über Bord geworfen!

Dasselbe war im Finanzministerium der Fall. Stimmt es, Herr Edlinger, dass Sie dasselbe gemacht haben? (Abg. Mag. Kogler: Die NASA hat den Flug auch verschieben müssen!) Stimmt es, dass Sie Ihrem Nachfolger nicht einmal das Amt übergeben haben? Stimmt es – die Presse hat noch nicht darüber berichtet –, dass man sich 14 Tage später mit einem Nachschlüssel Zutritt verschafft hat, wobei noch einmal das Betriebssystem im Finanzministerium zerstört worden sein soll? – All das ist während der Übergabe Ihrer Ministerien vorgekommen! Deshalb wundert es mich nicht, wenn Sie auch hier an vorderster Front gegen Österreich mobil machen. Es ist schon erwähnt worden, die Brandstifter und die Biedermänner sitzen in einem Boot. Auf der einen Seite beklagen Sie hier den Ruf Österreichs, und auf der anderen Seite machen Sie selbst bei allen möglichen und unmöglichen Situationen im Ausland Stimmung gegen das Land.

Die Presse – nicht nur die österreichische Presse, sondern die internationale Presse – schreibt darüber. Sie können nachlesen, was Sie alles unternommen haben, um den Ruf Österreichs "zu retten"! – ausgehend von Schweden, ausgehend von Dänemark –, wie Sie Ihre Freunde in der Sozialistischen Internationale beeinflussen und Gefälligkeitsgutachten gegen Österreich bestel


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len. – Das ist Ihre Haltung! Das ist Ihr Staatsbewusstsein! (Abg. Edlinger: Absolut nicht! – Abg. Dr. Mertel: Chirac!)

Deshalb appelliere ich an den neuen Parteivorsitzenden Gusenbauer, der gesagt hat, er möchte zur Deeskalation beitragen, er möchte wieder Frieden einkehren lassen: Zeigen Sie, wie es geht! Fahren Sie ins Ausland und sagen Sie: Österreich ist eine Republik, eine Demokratie, die sich den Gesetzen, die sich den Normen der EU verschrieben hat, die Menschenrechte wahrt, die Freiheiten wahrt und die Toleranz übt. Das ist Österreich! – Machen Sie in diesem Sinne Propaganda, dann werden auch die von Ihnen beklagten und von Ihnen bestellten Sanktionen gegen Österreich aufhören! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung haben sich die Abgeordneten Mag. Karl Schlögl und Rudolf Edlinger gemeldet.

Da Präsident Prinzhorn vor kurzer Zeit verfügt hat, dass tatsächliche Berichtigungen am Ende der Debatte stattfinden sollen, dass sie dorthin verlegt worden sind, setze ich das fort und ersuche Sie, die tatsächlichen Berichtigungen am Ende der Debatte durchzuführen. (Abg. Eder: Das ist ein Witz, das Ganze! – Abg. Mag. Schlögl: Das ist ein Witz!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

13.12

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Großruck hat voluminöse Worte gebraucht, aber warum kommt mir bei den Worten "Biedermann" und "Brandstifter" immer das Bild von Nihau Großruck in den Sinn? – Weil ich glaube, dass Sie das Bild eines Brandstifters und eines Biedermannes vollkommen erfüllen.

Dieses viel strapazierte Wort "Gelassenheit", das der Herr Bundeskanzler die ganze Zeit einfordert – wir hören es auf allen TV- und Radiokanälen: Gelassenheit. Ich bin voller Bewunderung für ihn, wie er gelassen bemerken kann, dass eine schwarz-blaue oder eine blau-schwarze Bundesregierung am Werk ist, die jedoch binnen Stunden ins Trudeln gekommen ist. Ein Unterzeichner dieses Programms hat sich einfach aus dem Staub gemacht – die wichtige Unterzeichnung der Präambel hat sich damit auch von selbst erledigt –, ein Minister ist abhanden gekommen – wohl nicht der letzte, wenn man das heutige "NEWS" liest und feststellt, dass ein Wettmanager Grasser, immerhin Inhaber von zwei Wettfirmen, in der Regierung sitzt. Daher stellt sich die Frage: Was gilt denn eigentlich noch?

Alles, was bleibt, ist ein Dompteur Schüssel, der Haider zähmen wollte, wie er gesagt hat, aber das ist, so scheint es, eine Fehleinschätzung gewesen. In Erinnerung bleibt uns auch ein nicht gekaufter Jaguar, ein Jaguar-Liebhaber, aber auch ein Missen-Liebhaber – so konnten wir im "profil" nachlesen. Die abschätzige Einstellung Frauen gegenüber hat Herr Minister Krüger somit eindeutig zum Ausdruck gebracht. In Erinnerung bleibt eine 60 000 S-Einkommensgrenze der FPÖ, die nicht mehr gilt, und übrig geblieben ist das Gift, das wir Gott sei Dank nicht genommen haben – trotz Empfehlung von Haider, dass wir es nehmen sollten, da diese 60 000 S-Grenze bleiben werde. (Beifall bei der SPÖ.)

Übrig bleibt eine Vizekanzlerin, die bald in den finanziellen Konkurs schlittern wird, und übrig bleibt eine instabile Bundesregierung. (Abg. Mag. Trattner: Was haben Sie jetzt gesagt? Was haben Sie jetzt gesagt?) Aber der Bundeskanzler und die Vizekanzlerin verkünden: Die Arbeit wird weitergehen wie bisher. – Das ist die Androhung des reinen Chaos. (Abg. Aumayr: "Das wäre eine Möglichkeit"! "Das wäre eine Möglichkeit"!)

Sie sagen immer: Messen Sie uns an unseren Worten, und messen Sie uns an unseren Taten! – Gut. Messen wir! Die Bundesregierung hat ab dem ersten Tag Versprechungen gebrochen.

Zur Neuordnung der Ministerien hat sie gesagt: Wir werden bei uns sparen, wir verpflichten uns zu einer schlanken und effizienten Verwaltung. – Dann die ersten Taten, an denen wir Sie


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messen sollen: Diese blau-schwarze Bundesregierung hat das Kunststück zustande gebracht, zwei Ministerien abzuschaffen – Familie, Umwelt und das Frauenministerium –, ohne jedoch gleichzeitig die Zahl der Regierungsmitglieder zu senken. (Beifall bei der SPÖ.) – So viel zum Thema Sparsamkeit.

Nun zum Thema Neuordnung: Der Begriff "Neuordnung" ist für dieses Bundesministeriengesetz einfach zu hoch gegriffen. Da fällt mir einfach nur der Kochlöffel der FPÖ ein, den Sie immer in Wahlkampfzeiten verteilen. Blau-Schwarz hat nämlich nicht neu geordnet, sondern Sie haben bestenfalls etwas herumgerührt – zum Leidwesen aller, in hochsensiblen Materien.

Was ist beim Herumrühren herausgekommen? – Sachthemen sind auf der einen Seite zu Ministerien aufgebläht worden – laut "Kleine Zeitung" –, und auf der anderen Seite gibt es aber ein nicht zu bewältigendes Riesen-Ressort: Familien-, Jugend-, Frauen-, Senioren-, Gesundheits- und Sozialministerium. Da ist es doch kein Wunder, dass Frau Sickl im Laufschritt Absetzbewegungen und Abtauchbestrebungen hat.

Dieses Riesen-Ressort, meine Damen und Herren von den Blauen, ist allenfalls eine Aufgabe für einen Experten, für eine Expertin ersten Ranges, dann könnte es bewältigt werden. Die Frau Ministerin hat aber gleich vorweg, gleich zu Beginn ihre Inkompetenz einbekannt, eingeräumt, Sie hat aber gesagt, sie verlässt sich lieber auf die Kompetenz ihrer Mitarbeiter, die in der Vergangenheit in hohem Maße vorhanden war. Sie meint aber dennoch, die Antworten auf bestimmte Fragen müssten erst in Enqueten und in Plattformen gefunden werden. Das heißt also nichts anderes, als dass die Arbeit dieses Bundesministeriums auf Enqueten ausgelagert wird.

Über die Kompetenzzusammenfassung und -aufteilung wurde schon berichtet. Das sind klassische Interessenkollisionen. Klassische Unvereinbarkeiten wurden hier geschaffen: die Umweltanliegen zum Landwirtschaftsministerium, die Agenden des Arbeitsrechtes, des Arbeitnehmerschutzes, der Arbeitsmarktpolitik hin zu Unternehmer-Minister Bartenstein.

Wir haben die Situation, dass sich die zuständigen Minister, frei nach Bartenstein – pardon, frei nach Nestroy selbstverständlich –, frei nach Nestroy fragen werden: "I oder i"? – Zum Unglück der Republik braucht man aber für den Kampf mit sich selbst Charakter.

Alle geplanten Neuregelungen haben eine klare politische Stoßrichtung: Verschlechterung der bisherigen Regelungen zum Nachteil der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, zum Nachteil der Arbeitslosen, zum Nachteil der Frauen, zur Schwächung der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und zur Schwächung des arbeitsrechtlichen Schutzes. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Offenbarung ist aber auch die Arbeitsweise dieser Chaos-Regierung. Reduziert ist diese Arbeitsweise auf schrille Töne und Pfeiftöne, auf Unwissenheit und Uneinigkeit. Da wird ein Staatssekretär von der Ressortleiterin zurückgepfiffen, weil er bei der Höchstbeitragsgrundlage etwas ändern will. Frau Sickl wird von Schüssel zurückgepfiffen, weil sie bei den Pensionsabschlägen noch etwas richten möchte. Schüssel und Riess-Passer pfeifen Grasser zurück, weil er die Familienbeihilfe für Reiche streichen will. (Abg. Schwemlein: Das ist eine Pfeiferei!) Aber die Spitzenleistung hat der Dritte Nationalratspräsident vollbracht: Fasslabend hat sich nämlich selbst zurückgepfiffen und Nachverhandlungen verlangt. (Abg. Aumayr: Die werden Ihnen um die Ohren pfeifen! Das kann ich Ihnen garantieren!) – Danke! Das war wieder typisch Aumayr: voller Niveau und Intelligenz! (Beifall bei der SPÖ.)

Vieles in dieser Bundesregierung entsteht durch Fehleinschätzungen, Zufall, Lust am Herumrühren und Ratlosigkeit, aber in einer Aktion ist die Grundhaltung der FPÖVP klar erkennbar – Herr Khol würde es "Orchideenthema" nennen, also leicht vernachlässigbar –, nämlich bei der Abschaffung des Frauenministeriums. Das ist ein Rückschritt, meine Damen, meine Frauen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner. ) – Sie phantasieren!

Der Hintergrund ist: Von Blau-Schwarz wurde nicht vergessen, dass maßgeblicher Widerstand vom Frauenministerium gegen Ihre Pläne, schwarz-blaue Pläne einer konservativen Mütterpolitik als Ersatz für eine moderne Familienpolitik kam. (Abg. Aumayr: Wären Sie gerne Frau


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enministerin geworden? – Abg. Mag. Trattner: Wie hoch war das Budget im Frauenministerium? Wie hoch war das Budget im Frauenministerium?)

Von der SPÖ, vom SPÖ-Klub, vom Frauenministerium wurde immer vertreten, dass eine moderne Familienpolitik mit den Zielen einer Frauenpolitik vereinbar sein muss! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Gab es dort ein Budget?)

Derzeit stehen wir aber vor einer ganz anderen Situation. Wir stehen vor der Situation, in der die Frauenpolitik nicht von einer Familienpolitik, sondern von einer einseitigen Mütterpolitik geschluckt werden soll (Abg. Aumayr: Was haben Sie gegen Mütter? Was haben Sie gegen Mütter?)  – von einer Mütterpolitik, die so einseitig ist, dass allein erziehende Mütter überhaupt nicht mehr vorkommen. Diese Art von Politik soll Realität werden. (Abg. Steibl: Kollegin Mertel! Das ist aber wirklich ein reiner Blödsinn! Entschuldigung!)

Bestätigung dessen, was Sie sich unter blau-schwarzer Frauenpolitik vorstellen, ist die Abberufung der Frauenbeauftragten des Landes Kärnten. Sie hat nur das gesagt, was auch ich hier in meiner Rede sage und viele andere sagen, nämlich dass es traurig ist, dass das Frauenministerium abgeschafft worden ist. Nichts anderes hat sie gesagt, und die Folge war: Sie wurde prompt verhört, sie wurde abberufen und versetzt. – Das ist Rache. (Abg. Steibl: Was hat die Landesrätin gemacht? Die Landesrätin ist schuld, nicht die Frauenbeauftragte!)

Das ist eine Strategie, die, Frau Steibl, in Zukunft noch größeren Schaden anrichten wird. Dass diese Strategie langfristig keine Zukunft hat, muss das Ziel aller vernünftigen und emanzipierten Kräfte in diesem Haus sein. Diese Strategie darf nicht aufgehen! Ich hoffe, ich kann da mit Ihnen rechnen, Frau Steibl! (Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Wir von der SPÖ-Fraktion bringen daher den Abänderungsantrag ein, der bereits verteilt worden ist. Er beinhaltet unter anderem folgende Punkte:

Beibehaltung des Frauenressorts,

keine Eingliederung der Angelegenheiten der Arbeit unselbständig beschäftigter Menschen in das Wirtschaftsressort,

keine Eingliederung der Angelegenheiten betreffend Umwelt in das Landwirtschaftsressort,

Vermeidung der Zersplitterung der Regionalförderung auf drei Ressorts durch Konzentration beim Bundesministerium für Wirtschaft.

(Beifall bei der SPÖ.)

13.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrags lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 85/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und andere Bundesgesetze geändert werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000) (42 der Beilagen)


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Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 lauten die Z 8 bis 10 des § 1 Abs. 1:

"8. das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,

9. das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales,

10. das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie,"

2. In Z 1 lautet die Z 12 des § 1 Abs. 1:

"12. das Bundesministerium für Wirtschaft."

3. Z 2 lautet:

"2. Nach § 5 wird folgender § 5a eingefügt:

"§ 5a. Gesetzliche Bestimmungen, die die Herstellung des Einvernehmens zwischen zwei oder mehreren Bundesministern vorsehen und vor dem 1. April 2000 vom Nationalrat beschlossen worden sind, treten mit 1. Jänner 2001 außer Kraft.""

4. Z 8 und 9 entfallen.

5. Z 11 lautet:

"11. Dem Abschnitt A des Teiles 2 der Anlage zu § 2 werden folgende Z 22 und 23 angefügt:

"22. Angelegenheiten der Museen, soweit sie nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres oder des Bundesministeriums für Landesverteidigung fallen; Angelegenheiten des Denkmalschutzes; Angelegenheiten der Österreichischen Nationalbibliothek, der Österreichischen Phonothek und der Hofmusikkapelle.

23. Angelegenheiten der Filmförderung, soweit es sich nicht um Schulfilme handelt.

24. Angelegenheiten der kulturellen Auslandsbeziehungen.

25. Angelegenheiten der kulturellen Stiftungen und Fonds.

26. Internationale Katastrophenhilfe.""

6. Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

"11a. In Abschnitt B entfällt die Wendung "Angelegenheiten der kulturellen Auslandsbeziehungen."

7. In Z 14 entfällt die Z 4, in Z 7 die Wendung "kulturellen" sowie in Z 8 die Wendung "- und Kultur".

8. Z 16 entfällt.

9. Z 20 entfällt.

10. Die Überschrift des Abschnittes H des Teiles 2 der Anlage zu § 2 lautet:

"H. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft"

11. In Z 25 wird die Wendung "Wirtschaft und Arbeit" durch das Wort "Wirtschaft" ersetzt.

12. Z 26 entfällt.


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12. Sitzung / Seite 72

13. Z 29 entfällt.

14. Z 30 lautet:

"Abschnitt I des Teiles 2 der Anlage zu § 2 wird durch folgenden Abschnitt ersetzt:

"I. Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales

1. Allgemeine Sozialpolitik.

2. Angelegenheiten der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung.

3. Angelegenheiten des Arbeitsrechts, soweit sie nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz, des Bundesministeriums für Wirtschaft oder des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie fallen.

Dazu gehören insbesondere auch:

a) Arbeitsvertragsrecht.

Dazu gehören insbesondere auch:

Arbeitsvertragsrechtliche Sonderregelungen für einzelne Arbeitnehmergruppen, wie Angelegenheiten des Urlaubes und der Schlechtwetterentschädigung für Bauarbeiter;

Angelegenheiten der Heimarbeit und der Rechtsverhältnisse arbeitnehmerähnlicher Personen;

hingegen nicht arbeitsvertragsrechtliche Regelungen, bei denen andere Gegenstände des bürgerlichen Rechts im Vordergrund stehen.

b) Arbeitnehmerschutzrecht.

Dazu gehören insbesondere auch:

Arbeitsmedizinische Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes;

Angelegenheiten des Lehrlingsschutzes und des Heimarbeitsschutzes;

Arbeitsinspektorate.

c) Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht.

Dazu gehören insbesondere auch:

Gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitnehmer;

Angelegenheiten des Schlichtungswesens;

Angelegenheiten der Betriebsvertretung.

d) Kollektive Rechtsgestaltung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.

Dazu gehören insbesondere auch:

Recht der Gesamtarbeitsverträge und der Festsetzung von Lohntarifen.

4. Angelegenheiten des Arbeitsmarktes.


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12. Sitzung / Seite 73

5. Angelegenheiten der allgemeinen und der besonderen Fürsorge, soweit es sich nicht um die Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge handelt.

6. Angelegenheiten der Behindertenhilfe.

7. Angelegenheiten des Gesundheitswesens.

Dazu gehören insbesondere auch:

Allgemeine Gesundheitspolitik.

Schutz vor Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung.

Angelegenheiten der Gesundheitspflege, Gesundheitserziehung und Gesundheitsberatung.

Angelegenheiten des Mutter-Kind-Passes.

Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge einschließlich der Gesundheitsvorsorge für die schulbesuchende Jugend.

Angelegenheiten der Arbeitsmedizin.

Angelegenheiten der Sportmedizin.

Hygienewesen und Impfwesen.

Überwachung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.

Angelegenheiten der Strahlenhygiene, des medizinischen Strahlenschutzes und der medizinischen Radiologie; medizinische Beurteilung der Anwendung ionisierender und nichtionisierender Strahlen sowie der Radiopharmaka.

Angelegenheiten der Kurorte und der natürlichen Heilvorkommen, der Heil- und Pflegeanstalten und der Volkspflegestätten.

Betriebswirtschaftliche Angelegenheiten sowie Angelegenheiten der Kostenbeteiligung des Bundes an der Errichtung, Ausgestaltung und dem Betrieb von Universitätskliniken.

Medizinische Angelegenheiten des Behindertenwesens.

Überwachung und Bekämpfung des Missbrauches von Alkohol und Suchtgiften.

Apotheken- und Arzneimittelwesen; Preisregelung auf diesem Gebiet.

Angelegenheiten des Gesundheitsschutzes in Bezug auf Heilbehelfe und Gebrauchsgegenstände.

Angelegenheiten des Suchtgiftverkehrs.

Angelegenheiten des Leichen- und Bestattungswesens.

Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals der öffentlichen Gesundheitsverwaltung.

8. Angelegenheiten des Sanitätspersonals.

Dazu gehören insbesondere auch:

Angelegenheiten der Ärzte, Apotheker, Dentisten, Hebammen und der sonstigen Sanitätspersonen einschließlich der Angelegenheiten ihrer beruflichen Vertretung.

Aus-, Fort- und Weiterbildung der Ärzte und Pharmazeuten nach ihrer Graduierung sowie der sonstigen Sanitätspersonen.""


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12. Sitzung / Seite 74

15. Z 31 lautet:

"Abschnitt J des Teiles 2 der Anlage zu § 2 lautet:

"J. Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie

1. Allgemeine Angelegenheiten des Umweltschutzes.

Dazu gehören insbesondere auch:

Allgemeine Umweltschutzpolitik.

Koordination auf allen Gebieten des Umweltschutzes.

Allgemeine Angelegenheiten des Immissionsschutzes.

Allgemeine Angelegenheiten des Umweltschutzes auf dem Gebiet des Schutzes vor ionisierenden Strahlen.

Angelegenheiten der Umweltanwaltschaft.

Allgemeine Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung.

Angelegenheiten des Mess-, Auswerte- und Dokumentationswesens auf dem Gebiet des Umweltschutzes.

Forschung auf dem Gebiet des Umweltschutzes, soweit sie nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr fällt.

Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals der öffentlichen Umweltschutzverwaltung.

2. Angelegenheiten des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der Naturhöhlen.

3. Angelegenheiten des Artenschutzes

4. Allgemeine Angelegenheiten der Familienpolitik einschließlich der Koordination der Familienpolitik und der Familienförderung.

5. Angelegenheiten des Familienpolitischen Beirates.

6. Angelegenheiten der Familienberatungsförderung.

7. Angelegenheiten des Familienlastenausgleiches.

8. Familienpolitische Angelegenheiten auf folgenden Sachgebieten:

a) Wohnungswesen;

b) öffentliche Abgaben;

c) Gesundheitspflege, Gesundheitserziehung, Gesundheitsberatung und Gesundheitsvorsorge;

d) Ehe- und Kindschaftsrecht, Vormundschafts-, Pflegschafts- und Sachwalterrecht, Unterhaltsvorschussrecht und Resozialisierung einschließlich des Rechts der Bewährungshilfe;

e) Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung, Mutterschutz, allgemeine und besondere Fürsorge sowie Behindertenhilfe;

f) Volksbildung.


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12. Sitzung / Seite 75

9. Angelegenheiten der Mutterschafts- und der Säuglingsfürsorge.

10. Allgemeine Bevölkerungspolitik.

11. Angelegenheiten der Jugendwohlfahrt, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Angelegenheiten handelt.

12. Angelegenheiten der außerschulischen Jugenderziehung, soweit es sich nicht um außerschulische Berufsausbildung handelt.

Dazu gehören insbesondere auch:

Allgemeine Angelegenheiten und Koordination der Jugendpolitik.

Ideelle und finanzielle Förderung von Einrichtungen und Veranstaltungen der außerschulischen Jugenderziehung.

Ausbildung und Fortbildung von Mitarbeitern der außerschulischen Jugenderziehung, soweit sie nicht in Schulen erfolgt.""

16. In Z 32 entfällt Z 10 des Abschnittes K des Teiles 2 der Anlage zu § 2; Z 12 bis 14 erhalten die Ziffernbezeichnungen 10 bis 13.

17. In Z 32 lautet Z 12 vor der vorigen Änderung Z 13:

"12. Angelegenheiten der wirtschaftlich-technischen Forschung

Dazu gehören insbesondere auch die Angelegenheiten des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft, des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und des Innovations- und Technologiefonds.""

18. Z 33 lautet:

"33. Die Überschrift des Abschnitts L des Teiles 2 der Anlage zu § 2 lautet:

"L. Bundesministerium für Wirtschaft"

19. Z 37 und 38 entfallen.

20. Die Z 45 lautet:

"Abschnitt L Z 30 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 wird durch folgende Z 30 bis 32 ersetzt:

"30. Regionalförderung

31. Angelegenheiten des ERP-Fonds sowie des Verkehrs mit den für wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen zuständigen Stellen der Vereinigten Staaten von Amerika in diesen Angelegenheiten.

32. Angelegenheiten staatseigener Unternehmen, soweit sie nicht in den Wirkungsbereich eines anderen Bundesministeriums fallen.""

21. Folgende Z 46 wird angefügt:

"46. Die Abschnitte A bis K des Teiles 2 der Anlage zu § 2 sind entsprechend der Bezeichnung der Bundesministerien, auf die sich die einzelnen Abschnitte beziehen, alphabetisch zu reihen, die Abschnitte sind entsprechend dieser neuen Reihenfolge mit den Großbuchstaben "A bis K" zu bezeichnen."


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22. Die Novellierungsanordnungen des Gesetzesantrages werden entsprechend diesem Abänderungsantrag lückenlos durchnummeriert.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet, und zwar zu einer tatsächlichen Berichtigung, hat sich Herr Abgeordneter Trattner. Ich fahre fort in der bisherigen Praxis und werde ihm – wie allen anderen auch – nach Schluss der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort erteilen.

Zu Wort gemeldet hat sich jetzt als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Theresia Zierler. – Bitte.

13.22

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Hohes Haus! Wir haben jetzt einige sehr interessante Minuten verbracht. Eine Alleinkämpferin, eine Frau, die ziemlich allein eine Meinung vertritt, hat uns aufgezählt, was alles abhanden gekommen ist. (Rufe bei der SPÖ: Nein, nein, nein!) Es stimmt. Es ist vieles abhanden gekommen. Es sind Niveau und die Macht der SPÖ abhanden gekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich nehme an, dass Sie wissen, woher das Wort "Macht" kommt. "Macht" kommt von "machen", und unsere Regierung wird das auch so ausüben, das heißt: Wir werden machen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie heißt es so schön? – Marie von Ebner-Eschenbach hat einmal gesagt, ein Urteil lässt sich widerlegen, ein Vorurteil nicht. – Das scheint offensichtlich die Devise der Opposition zu sein. Es kommt nicht darauf an, dass jede Bevölkerungsgruppe in Österreich durch ein eigenes Ministerium vertreten wird, wichtiger sind vielmehr die Inhalte und vor allen Dingen die ganz konkrete Umsetzung dieser Inhalte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einer fortschrittlichen Frauenpolitik halte ich es nicht für sinnvoll, einem Ministerium für Frauenangelegenheiten, Konsumentenschutz, Veterinärmedizin, Tierseuchen und Tierkörperverwertung nachzutrauern. Unser Ministerium der Generationen ermöglicht nämlich eine ganzheitliche Sicht der Dinge und damit auch effiziente Lösungen.

Unsere Politik sieht sich als eine ganzheitliche Politik, die alle Frauen anspricht und deren berechtigte Anliegen vertritt, und zwar alle Frauen, egal, welchen Bildungsstand sie haben und welchem Bildungsniveau sie angehören – Frauen in allen Lebensphasen, auf dem Arbeitsmarkt, im Haushalt, Frauen mit Kindern und Frauen ohne Kinder. Da liest man Schlagzeilen, zum Beispiel: "Fraueneinrichtungen durch Abschaffung der Frauenministerin in Gefahr". – Das ist eine Schlagzeile der SPÖ, die nur einen einzigen Sinn hat, nämlich Frauen zu verunsichern. So gesichert waren die Fraueneinrichtungen auch mit einer Frauenministerin nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß nicht, ich verstehe Ihre schrille Aufgeregtheit nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere einen Brief aus dem Jahre 1999, und zwar vom 6. Dezember. Da hat sich der Verein "Spektrum" in Gallneukirchen in Oberösterreich an das Frauenministerium gewandt. Die geschäftsführende Vorsitzende bekam nämlich vom Frauenministerium rückwirkend eine Absage beziehungsweise eine Streichung einer bereits zugesagten Subvention in der Höhe von 100 000 S.

Um die Weiterarbeit des Vereines zu sichern, ersuche ich Sie, werte Frauenministerin – so schreibt diese Dame –, die Entscheidung zu überdenken und die bereits zugesagte finanzielle Unterstützung in der Höhe von 100 000 S zu gewähren. – Zitatende.

Die Antwort kam aus dem Bundeskanzleramt von Frau Bundesministerin Prammer: Es ist generell festzuhalten, dass jede Förderungsabwicklung im Hause eines gewissen Bearbeitungszeitraumes bedarf, der unter Umständen auch dazu führen kann, dass einem spät einlangenden


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12. Sitzung / Seite 77

Ansuchen aus lediglich verwaltungstechnischen Gründen nicht entsprochen werden kann. – Also so viel zur Absicherung der Fraueninstitutionen, der Frauenvereine.

Die Landesrätin von Oberösterreich hat sofort Abhilfe geschaffen, hat das fehlende Geld überwiesen und bekam dann als Antwort: Wir danken Ihnen von Herzen für Ihre Unterstützung in unseren finanziellen Angelegenheiten sowie für die Zuerkennung einer Förderung und dafür, dass Sie jederzeit ein offenes Ohr für unsere Probleme haben. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass wir uns an Sie wenden dürfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – So viel zur Sicherung der Fraueneinrichtungen.

Zu Frau Mag. Prammer, die leider nicht anwesend ist: Ich habe Verständnis für eine Verschiebung der subjektiven Wahrnehmungen und natürlich auch des subjektiven Erinnerungsvermögens, aber trotzdem muss man dem Gedächtnis der Frau Mag. Prammer ein bisschen auf die Sprünge helfen. Was war, als sie Landesrätin in Oberösterreich war? – Das Frauenressort war bei einem Mann angesiedelt, und dann gab es einen Antrag der Freiheitlichen, das Frauenressort bei der einzigen Frau in der Landesregierung, nämlich bei Frau Prammer, anzusiedeln. Dieser Antrag wurde abgelehnt.

Was passierte im Parlament? – Die Freiheitlichen stellten den Antrag, die damaligen Kompetenzen, die Kompetenzen der Frauenministerin, zu erweitern. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Freiheitlichen stellten einen Antrag auf ein höheres Budget im so genannten Frauenministerium. Dieser Antrag, meine Damen und Herren, wurde abgelehnt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: SPÖ!)

Für unsere Regierung werden die Aufgaben im Bereich der Frauenförderung auch weiterhin aufrecht bleiben. Chancengleichheit der Frauen auf dem Arbeitsmarkt und Richtlinien zur Frauenförderung gehören zu den bindenden Vereinbarungen in der EU – ich nehme an, Sie wissen das – und sind auch im Vertrag von Maastricht verankert. Die Umsetzung dieser Verpflichtung kann auch ohne Frauenministerium, das dem Bundeskanzleramt unterstellt ist, erfolgen.

Da unsere Frauenpolitik immer als Rückschritt bezeichnet wird, möchte ich einen internationalen Vergleich anstellen. Es geht sogar die Mär um, in allen anderen EU-Ländern gäbe es Frauenministerien. In Belgien gibt es zum Beispiel ein Ministerium für Beschäftigung, zuständig für Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. In Dänemark gibt es ein Ministerium für Gleichberechtigung und Wohnbau, wobei die Gleichberechtigung nicht als ausschließliche Gleichberechtigungspolitik zwischen Mann und Frau verstanden wird. Und so weiter und so weiter.

In Deutschland gibt es ein Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – und das unter einer rot-grünen Regierung! Das Motto oder der Wahlspruch lautet: Unsere Gesellschaft lebt vom partnerschaftlichen Miteinander der Geschlechter! – In Finnland sind Frauenfragen je nach Themenbereich verteilt. In Finnland können 70 Prozent aller Mütter von schulpflichtigen Kindern auf einen Arbeitsplatz verweisen. Da hat eine Integration stattgefunden.

Vielleicht noch etwas zu Finnland: Während in anderen nordischen Ländern Mütter mit Teilzeitarbeit unterstützt werden, wird in Finnland die Möglichkeit, kleine Kinder zu Hause zu betreuen, geboten, und zwar mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung der häuslichen Kinderbetreuung. Die positiven Beschäftigungszahlen sprechen für sich, und niemand spricht in Finnland davon, dass mit diesem System Frauen zurück an den Herd gedrängt werden.

Wir werden unsere Ziele in der Frauenpolitik umsetzen, wir werden das tun, was in den letzten 30 Jahren versäumt wurde. Während es zum Beispiel bei der SPÖ im Jahre 1999 in der Regierung einen Frauenanteil von 25 Prozent gab, haben wir nun einen Frauenanteil von 37,5 Prozent. (Abg. Schwemlein: Ja, bei uns geht Qualität vor Quantität!)

Auf das Symbol eines Frauenministeriums verweisen zu können, ist kein Programm. Frauenpolitik als integrativen Bestandteil der Gesamtpolitik zu sehen und Inhalte auch wirklich umzu


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12. Sitzung / Seite 78

setzen, das ist unser Programm! – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Sie hat eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Wir hätten die Rede vorher durch ein paar Werbeeinschaltungen einleiten sollen! – Abg. Aumayr: Sie haben aber andächtig gelauscht! – Abg. Schieder: Nicht andächtig, ungläubig!)

13.31

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und bei den Regierungsfraktionen! Sie können es jetzt schönreden, so viel Sie wollen, aber es ist einfach ein Faktum. (Abg. Dr. Ofner: Leider nicht!) Sie können es als modern bezeichnen, sooft Sie wollen, aber es ist nicht modern! Plateau-Schuhe waren auch einmal modern, das heißt jedoch noch lange nicht, dass man damit gut gehen kann. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Das stimmt doch!

Dieses Bundesministeriengesetz ist ein Zerschlagungsgesetz, ein Unterordnungsgesetz! Und ich kann keine sinnvolle Neuordnung, keine effiziente Neuordnung darin erkennen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist Ihr Problem!), dass in Zukunft für ökologische Fragen wie die Gentechnik das Sozialministerium zuständig ist, dass für Konsumentenschutzfragen, die früher in klassischer Manier mit Gentechnik und Lebensmittelkontrolle zusammen waren, auf einmal der Justizminister zuständig ist, dass die Anti-Atompolitik, die früher immer Chefsache war, weil es wichtig ist, dass sie mit dem ganzen Gewicht der Bundesregierung, eben des Kanzlers, nach außen vertreten wird, degradiert wird in das Landwirtschaftsressort, dass die Energiepolitik weiterhin beim Wirtschaftsministerium bleibt und der ganze übrige Umweltschutzbereich einfach dem Landwirtschaftsressort untergeordnet wird.

Das ist nicht sinnvoll, das ist sachlich nicht sinnvoll! Und ich kann beim besten Willen in dieser ganzen Debatte kein einziges Argument dafür erkennen, warum das gescheit sein soll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sie wollen es nicht erkennen!)

Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass nach der Politik der großen Koalition im Umweltbereich noch etwas Schlimmeres möglich ist. Das muss ich auch in Richtung der SPÖ-KollegInnen ehrlich sagen. Aber es ist heute wirklich ein schwarzer Tag für die Umweltpolitik. Wir haben immer, gemeinsam mit Umweltgruppen, eine wirklich ... (Abg. Böhacker: Warum sind Sie immer so negativ? – Bundesminister Dr. Bartenstein: Weil ich nicht mehr Umweltminister bin!)  – Ich bin nicht negativ, es sind sachliche Rechtfertigungen, sachliche Begründungen für eine Position, aber das können Sie einfach nicht verstehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Dr. Lichtenberger, Freundinnen und Freunde betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Umweltinteressen wahrnimmt

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Monats einen Gesetzentwurf zuzuleiten, in dem ein eigenständiges Umweltministerium mit entsprechenden Kompetenzen (alle Kompetenzen des bisherigen Umweltministeriums, zusätzlich Klimaschutz, Artenschutz, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Tierschutz, Energiepolitik, Gewässerschutz, Umweltanlagenrecht, Umweltauswirkungen der Gentechnik, Anti-Atompolitik) eingerichtet wird sowie umfangreiche Mitentscheidungsrechte (zum Beispiel bei Luftreinhaltung, Verkehr) und


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dafür ausreichende Budgetmittel vorgesehen sind." (Abg. Mag. Trattner: Jetzt haben Sie Bestzeit!)

*****

Das ist Bestzeit? Ich habe nur 3 Minuten Redezeit. Aber das ist wichtig! (Beifall bei den Grünen.)

Weiters bringe ich auch noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Erhaltung einer eigenständigen Sozial-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Organisation der Bundesministerien

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Monats einen Gesetzentwurf zuzuleiten, in dem die Bereiche Arbeitsrecht, ArbeitnehmerInnenschutz und Arbeitsmarktpolitik gemeinsam mit dem Bereich Sozialpolitik in den Zuständigkeitsbereich eines einzigen Ministers/einer einzigen Ministerin fallen, der/die nicht auch für den Bereich Wirtschaft zuständig ist."

*****

Abschließend: Es ist sogar in einer Unterlage des Landwirtschaftsressorts dokumentiert, dass Interessenkollisionen nicht funktionieren können. 200 000 Menschen in Österreich – in der Steiermark, in Oberösterreich und in Niederösterreich! – müssen derzeit immer noch nitratverseuchtes Trinkwasser zu sich nehmen, weil der Landwirtschaftsminister nicht dazu fähig war, die Gewässerschutzinteressen, die Umweltinteressen und die Kosumentenschutzinteressen entsprechend wahrzunehmen. Genau das aber haben jetzt Sie weiterhin zu verantworten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die soeben eingebrachten Entschließungsanträge sind genügend unterstützt und stehen daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

13.34

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Minister! Als Vorsitzende des Justizausschusses freue ich mich über die vorliegenden Neuregelungen im Justizressort. (Abg. Öllinger: Das ist noch kein Argument, dass Sie sich freuen!) Sachlich gerechtfertigt und vor allem effizient ist in erster Linie, dass die Konsumentenschutzangelegenheiten im Justizressort gebündelt werden. Früher war dafür das Bundeskanzleramt in Person der Frauenministerin zuständig, ab heute ist dies der Justizminister. Diese Zusammenführung wird insbesondere bei der Umsetzung von EU-Richtlinien sehr, sehr hilfreich sein. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Zivilrechtliche Gesetzesmaterien im Konsumentenschutzbereich, insbesondere die anstehende Gewährleistungsrichtlinie, die Umsetzung von E-Commerce und Haftungsbestimmungen werden in der Sektion für Zivilrecht bestens aufgehoben sein, zumal zu den derzeit dort vorhandenen mehr als 20 Akademikern nun aus der Konsumentenschutzgruppe noch einmal 14 Akademiker allein für den Konsumentenschutz dazukommen.

Es ist ein bisschen eigenartig, dass für die gesamte Zivilrechtssektion, also für Familien-, Handels-, Erb-, Miet-, Wohnrecht, Internationale Angelegenheiten, den ganzen Bereich rund um


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das Urheberrecht und so weiter und so fort (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner ) bisher nicht wesentlich mehr Leute – sage ich jetzt einmal – zuständig waren, als allein für den Konsumentenschutz beschäftigt waren. Ich halte dieses Vorhaben daher für eine Bereicherung und für eine enorme Aufwertung der Zivilrechtssektion.

Es wurde von der Opposition immer gefordert, dass man sich bei der Ressortzusammensetzung nach den Strukturen der EU-Kommission orientieren soll und darauf zu achten hat, dass die Zusammenarbeit mit Europa bestens funktioniert. (Abg. Schwemlein: Von welchem Europa sprechen Sie?) Ich glaube, dass in diesem Fall der Justizminister die richtige Person ist, die diese Agenden in Zukunft hervorragend abwickeln wird. (Abg. Mag. Maier: Wie schaut es mit der Produktsicherheit aus?)  – Auch bei der Produkthaftung, das war bisher ... (Abg. Mag. Maier: Produktsicherheit!)

Was die Produktsicherheit betrifft, Herr Kollege Maier, hätte ich mir gewünscht, dass sie im Wirtschaftsministerium angesiedelt wird, nämlich in jenen Abteilungen, in denen die Zertifizierungen oder Akkreditierungen erfolgen (Abg. Parnigoni: Hat sich da wieder der Haider durchgesetzt?), denn dort ist die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft selbstverständlich intensiv. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass auch das Justizressort die Angelegenheiten der Produktsicherheit hervorragend abwickeln wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Als wesentliche Verbesserung sehe ich natürlich die Neuregelung im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. Ich weiß als Unternehmerin, dass in einem Gewerbebescheid einerseits Auflagen enthalten sind, die den Arbeitnehmerschutz, die den Umweltschutz und den Nachbarschutz betreffen (Abg. Schwemlein: Das macht einen Sinn, wenn der Chef ...!), dass aber andererseits für diese Gewerbebescheide, bei deren Abwicklung durch die BH das Arbeitsinspektorat Parteienstellung hat, immer schon der Wirtschaftsminister zuständig war. Jetzt so zu tun, als wäre das eine Bestimmung, die total abwegig ist, ist einfach falsch! Denn wir haben uns auch diesbezüglich durchwegs an europäischen Beispielen orientiert.

Da Frau Kollegin Petrovic heute diese europäischen Beispiele eingefordert hat, lese ich sie – jedoch nur auszugsweise, wie wir sie dem Internet entnehmen konnten – vor:

Im Vereinigten Königreich – dort regiert New Labour – ist ein "Minister for Industry and Employment" (Bundesminister Dr. Bartenstein: Aha!), ein Herr Alan Johnson, nicht nur für die Wirtschaft und die Industrieangelegenheiten, sondern auch für individuelles und kollektives Arbeitsrecht, Arbeitszeit- und Lohnrecht, Sozialrecht – Urlaub und Karenz –, die einschlägigen EU-Richtlinien in der europäischen Sozialpolitik, Arbeitsmarktservice, Arbeitsmarktanalysen und für die Gewerkschaften zuständig. – Also so zu tun, als wären wir hier in Österreich ganz fremd unterwegs, ist einfach falsch! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Eder. )

Ähnliches gilt in Irland. Im Ministerium für Unternehmen, Handel und Beschäftigung ist nicht nur das Wirtschaftsrecht gebündelt, sondern auch die Kompetenz für das Arbeits- und Sozialrecht, den Arbeitnehmerschutz – Mindestlohngesetz, Arbeitszeitgesetz, Mutterschutzgesetz, Kündigungsschutzgesetz –, Arbeitsgenehmigung, Insolvenzgeldsicherung und Arbeitsgerichte – also ebenfalls Arbeitsangelegenheiten in einem Wirtschaftsressort.

In Schweden ist im Ministerium für Industrie, Beschäftigung und Kommunikation neben den Wirtschaftsangelegenheiten unter anderem auch die Kompetenz für die Arbeitsmarktpolitik, das Arbeitsmarktservice, die Fortbildung und die Arbeitslosenunterstützung angesiedelt. (Abg. Kiss: Interessant!)

Ähnliches in der Schweiz: Arbeitsmarkt, Arbeitslosenversicherung und Arbeitssicherheit in einem Ressort für Wirtschaft, nämlich dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement.

Ebenso gibt es in Deutschland mehrere Bundesländer, die sehr wohl ein Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit kennen, wie etwa in Sachsen, oder, wie in Thüringen, ein Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur. (Abg. Kiss: Eben!)


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12. Sitzung / Seite 81

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit sind die Falschinformationen, wonach es diese Kombination nirgendwo auf europäischer Ebene gäbe, widerlegt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich noch kurz auf dieses Pamphlet, das jedem Abgeordneten zugegangen ist, eingehen. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Es ist mir noch selten so viel inkompetenter Unsinn untergekommen wie in dieser bewussten Falschinformation. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Dass sogar die Autoren dieses Werkes wissen, dass sie darin nicht ganz richtig liegen und in Wirklichkeit Unwahrheiten verbreiten, ist offensichtlich, denn sie haben sich nicht wirklich dazu bekannt, sondern in der Anonymität versteckt. (Abg. Rosemarie Bauer: Genau so ist es!)

Ich halte es einfach für ungeheuerlich zu glauben, dass Arbeitnehmerinteressen allein schon dadurch leiden, weil ein Wirtschaftsminister dafür zuständig ist. Es ist dies ein schräges Feindbild, eine Philosophie aus dem 19. Jahrhundert! Diese klassenkämpferischen Schreibtischtäter dürften noch nie in einem Betrieb gewesen sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Sie dürften vergessen haben, dass der Begriff "Schreibtischtäter" sehr besetzt ist!)

Es steht darin beispielsweise auch, dass mit einem neuen Abfertigungs- und Pensionskassensystem die bisherige Höhe der Abfertigung in Frage gestellt wird – was absolut falsch ist (Abg. Schwemlein: Und der Morak hört sich das an!), denn die derzeitige Höhe der Abfertigung wird überhaupt nicht angetastet –, und auch, dass die gesetzliche Pensionsversicherung ausgehöhlt werden könnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir treten an, um die Pensionen zu sichern , und nicht, um sie auszuhöhlen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Schieder. – Bitte.

13.42

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat zu Beginn ihres Debattenbeitrages gesagt, sie spreche als Vorsitzende des Justizausschusses, ein anderes Mal wiederum hat sie gesagt, sie spreche als Unternehmerin. – In Anbetracht mancher ihrer Bemerkungen, die ich mir angehört habe, wäre es mir lieber gewesen, sie hätte als ein etwas feinfühligerer Mensch gesprochen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

"Schreibtischtäter" – dieses Wort ist eindeutig besetzt! Es in diesem Zusammenhang zu verwenden, ist zumindest nicht feinfühlig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Ist das nicht aus der parteipolitischen Sudelpropaganda der Sozialdemokraten ...?)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen uns aber gar nicht so aufzuregen, man könnte es sich ja sehr einfach machen (Abg. Aumayr: Feinfühliger! – Abg. Kiss: Sie haben Mut, Herr Kollege!) und sagen: Was regt man sich denn darüber auf, dass dieses Bundesministeriengesetz unklar, unübersichtlich, willkürlich und widersprüchlich ist? (Abg. Haigermoser: Nehmen Sie den Balken aus den Augen!) Man könnte es sich einfach machen und sagen: Na, das Gesetz ist eben der ideale Begleiter für diese Regierung, an deren Politik auch manches unklar ist, manches unübersichtlich und vieles sogar widersprüchlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben es uns aber nicht so einfach gemacht, sondern wir haben gesagt: Wir prüfen die Gesetze anhand der Frage: Was bringen sie unserem Land, wir schauen uns die Dinge genau an, auch bei diesem Gesetz. Wir sind an dieses Gesetz ein bisschen wie der Pater in dem berühmten Buch von Thornton Wilder herangegangen, nämlich uns die Frage stellend: Ist es höheres Wollen oder ist es einfach so passiert? (Abg. Kiss: Der Schieder ist ein Schöngeist!)  – Und wir haben uns die einzelnen Punkte dieser Vorlage genau angeschaut, was dazu führen wird, dass wir manchem zustimmen, manches


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ablehnen und so manche Abänderungsanträge einbringen werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Uns ist natürlich schon aufgefallen, dass neben den großen "harten" Punkten, die schon kritisiert wurden – also der Rückfall im Sozialbereich, in puncto Zuständigkeit um 65 Jahre, bei Verkehr und Frauen um 50 oder 30 Jahre –, neben diesen gravierenden Aspekten in diesem Gesetz auch in vielen kleinen Dingen wirkliche Unklarheit besteht.

Dem haben auch unsere Fragen im Ausschuss gegolten. Wir haben im Verfassungsausschuss zum Beispiel den dort anwesenden Herrn Staatssekretär wegen der Zuständigkeiten und ihrer Kompatibilität mit den EU-Bereichen gefragt. Und ich möchte durchaus anerkennen, dass der Herr Staatssekretär uns die versprochene Antwort auf Punkt und Beistrich übermittelt hat, so wie er es zugesagt hat. Unsere Frage war aber – das gebe ich zu – eigentlich nicht davon bestimmt, dass wir es nicht gewusst hätten oder wissen wollten, sondern unsere Frage war natürlich ein Testballon, um zu sehen, ob man sich bei der Erstellung dieses Gesetzes, beim Zusammenklauben der Zuständigkeiten wirklich den Kopf darüber zerbrochen hat, wie das in der EU geregelt ist, und dann eine dementsprechende Ordnung hineingebracht hat, oder ob man es nicht getan hat! (Abg. Kiss: Was ist Ihre Antwort, Kollege Schieder?) Oder ist es eher so – was auch legitim ist –, dass die Ressorts und ihre Zuständigkeiten maßgeschneidert auf die jeweiligen Personen aufgeteilt wurden?

Es scheint eher so gewesen zu sein, dass es nicht die EU-konforme Übersichtlichkeit oder eine allgemeine Übersichtlichkeit, sondern das Zurechtschneidern auf Personen gewesen ist. Das ist legitim! Ich möchte nur als kleine Fußnote anmerken: Wenn ich den raschen Wechsel von Personen, der gerade stattfindet, extrapoliere, dann werden Sie mit der Änderungsschneiderei nicht nachkommen. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.)

Sie müssten – und das möchte ich mit allem Ernst sagen – natürlich auch noch einberechnen, dass all diese Änderungen nicht nur Schwierigkeiten für die Debatte in diesem Hohen Hause bedeuten, nicht nur eine Frage der Zuständigkeiten von Ministern sind, sondern dass sie auch bedeutsam für die Bevölkerung dieses Landes und da natürlich für die Beschäftigten sind, denn es ist auch für Beschäftigte nicht einfach, einen Tag da hinzugehören, am nächsten Tag wieder dorthin. Das ist etwas, was man nicht außer Acht lassen sollte!

Für gravierend halte ich es allerdings, dass es für den Staatsbürger nun nicht mehr möglich ist, sich aus dem Bundesministeriengesetz über die Kompetenzverteilung zwischen den Bundesministerien zu informieren. Dies ist nicht nur durch die Unübersichtlichkeit des Gesetzes unmöglich, sondern auch dadurch, dass die Verteilung der Angelegenheiten nach dem Teil II der Anlage zum Bundesministeriengesetz äußerst unsystematisch geworden ist. Teilweise sind darin Angelegenheiten, die Bundesministerien zu erledigen haben, gar nicht genannt, teilweise sind sie nur beispielhaft angeführt, wieder andere geben neu entstandene Sachbereiche nur teilweise wieder.

Die Erlassung eines völlig neuen Bundesministeriengesetzes, das die tatsächliche Aufgabenverteilung der Ressorts widerspiegelt, das übersichtlich und verständlich ist, ist daher dringend erforderlich.

Da wir gesagt haben, dass wir konstruktiv sein werden in jenen Punkten, in denen es sich vielleicht auszahlt, sagen wir hier nicht einfach nur Nein, sondern bringen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 85/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 und andere Bundesgesetze geändert werden (Bundesministeriengesetz-Novelle 2000) (42 der Beilagen)


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12. Sitzung / Seite 83

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, innerhalb von sechs Monaten dem Nationalrat den Entwurf eines Bundesministeriengesetzes zuzuleiten, das in klarer, übersichtlicher und für den Staatsbürger verständlicher Form die Aufgabenverteilung der Bundesministerien regelt.

*****

Meine Damen und Herren! Zu vielen großen, wichtigen, gut gemeinten Vorschlägen unserer Fraktion oder unseres designierten Vorsitzenden Dr. Gusenbauer haben Sie aus kleinlichen Gründen Nein gesagt, so etwa zu seiner ausgestreckten Hand in Hinsicht auf ein gemeinsames Auftreten im Ausland, bei der Einberufung der Botschafter et cetera.

Ich fordere Sie auf, wenigstens in dieser Kleinigkeit, die allen Österreichern zugute kommt, über Ihren Schatten zu springen und Ja zu dieser Entschließung zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer. – Bitte.

13.50

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Kollegin Glawischnig, die zwar gerne hier herauskommt und immer wieder die grüne Wahrheit von sich gibt, ist nicht mehr bereit, sich der Diskussion in weiterer Folge zu stellen. (Abg. Öllinger: Die hört draußen zu!) Ich gehe ganz bewusst zu Beginn meiner Wortmeldung auf ihren Redebeitrag, den sie in der Aktuellen Stunde gebracht hat, ein, in welchem sie beklagt hat, dass diese Bundesregierung – es ist gut, dass Herr Kollege Morak auf der Regierungsbank sitzt – die kulturellen Belange dieses Landes nicht mehr so ernst nimmt, es in vielen Bereichen zu Kürzungen kommt und dass das natürlich für den Wirtschaftsstandort Österreich ein ganz besonderes Problem ist. Nun weiß ich aber, woher der Wind tatsächlich weht.

Es ist doch so, dass sich die Linken in diesem Lande diese Institutionen immer wieder über Subventionen abhängig gemacht haben und sich auch, wenn es notwendig war, dieser Institutionen und Einrichtungen, die man schlichtweg der Kultur und dem kulturellen Umfeld zuordnet, bedient haben. Das tun sie immer wieder, um Parteipolitik zu transportieren, um ganz beinharte Parteipolitik zu transportieren, und in den letzten Wochen tun sie das in ganz besonderem Maße, meine Damen und Herren von den Roten und von den Grünen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen hier und jetzt einen Beweis dafür erbringen, und zwar stammt dieser Beweis – vielleicht ist er schon bekannt – in Form eines Schriftstückes vom Magistrat der Stadt Wien aus der Magistratsabteilung 35. Er wurde unter Federführung der Bundespolizeidirektion Wien vom Administrationsbüro – das durch und durch rot ist, Herr Kollege Schieder – erarbeitet. Da können wir unter anderem lesen, in Bezugnahme auf die Demonstrationen, die ja unter Umständen auch bis in das Burgtheater ihre Fortführung gefunden haben – ich zitiere –:

"Im Falle des Auftretens von Demonstranten muss der Hausverantwortliche im Einvernehmen mit dem sicherheitspolizeilichen Aufsichtsbeamten erklären, dass das Haus für eine allenfalls gewünschte Artikulierung der Demonstranten zur Verfügung steht."

Da sitzen Leute im Theater, wollen eine Vorstellung sehen, und dann muss man das Haus den Demonstranten während der Vorstellung für eine "allenfalls gewünschte Artikulierung" zur Verfügung stellen!


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12. Sitzung / Seite 84

Meine Damen und Herren! Das muss man den Zusehern einmal sagen, die da auf der Tribüne sitzen (der Redner blickt in Richtung Besuchergalerie), die müssen einmal wissen, wie über diese Institutionen ganz brutal Parteipolitik gemacht wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Die waren alle dabei!)

Weiter heißt es: "Gleichzeitig ist auch von diesem Sorge zu tragen, dass die Vorstellung rechtzeitig unterbrochen wird und das Bühnengeschehen so rechtzeitig eingestellt wird, dass keine Gefährdung für Personen auftreten kann. Möglichst unmittelbar vor dem Eindringen von Demonstranten sollte auch die Saalbeleuchtung eingeschaltet werden, alle Ausgänge müssen offen bleiben."

Und dann soll man sich in Ruhe deren Botschaft, die von jenen, die teuren Eintritt gezahlt haben, unter Umständen gar nicht gehört werden will, anhören, dann soll man ihnen die Möglichkeit geben, ihre parteipolitische Botschaft von den Linken loszuwerden. So missbrauchen Sie die Einrichtungen dieser Republik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Unglaublich!)

Dann kommt das Jammern, und Sie beklagen, welch schlechtes Bild diese Republik im Ausland mache. Ja Sie, meine Damen und Herren von der Linken, malen ja dieses Bild! Mit Begeisterung malen Sie dieses Bild und beschmutzen unser gemeinsames Nest auf das Nachdrücklichste! Das ist es, was mir so Leid tut! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Leider Gottes leben wir mit Ihnen in Österreich, aber wir halten Sie ja aus, wir sind tolerant genug, nicht so wie die "Toleranten", die überall in Österreich unterwegs sind. Ihre Toleranten haben mir die Teilnahme an einer Demonstration für Toleranz verbieten wollen, weil ich von den Freiheitlichen bin. Ihre grünen Freunde, Herr Kollege Öllinger, haben mich von einer Demonstration letzten Freitag entfernen lassen wollen, weil deren Auffassung nach Freiheitliche für Toleranz nicht zu demonstrieren haben, bei solch einer Veranstaltung nichts verloren haben, denn Toleranz ist das, was die "Toleranten" wollen, und nicht das, was allgemein unter Toleranz zu verstehen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mein Gott, Sie sind doch längst durchschaut – auch im Ausland durchschaut! Das, was Sie hier noch die nächsten Tage und Wochen inszenieren wollen, interessiert niemanden mehr, Herr Kollege Öllinger. Glauben Sie mir das! (Abg. Öllinger: Wir sind ohnehin für Transparenz!)

Nun zum Ministeriengesetz. Es ist kein Wehklagen angebracht. Die Kollegin, die auch irgendwo bei den NGOs groß geworden ist so wie viele andere, die jetzt hier bei den Linken sitzen, hat beklagt, dass das Lebensministerium für Umwelt-, Land- und Forstwirtschaft und Gewässerschutz eine Fehlgeburt ist. (Abg. Grabner: Früher hättest du geschrien!) Es war immer eine freiheitliche Forderung, dieses Lebensministerium einzurichten. Das Regierungsprogramm, das von diesem Ministerium umgesetzt werden wird, ist ein sehr ambitioniertes. Es sieht die Integration der Umweltpolitik in alle Politikbereiche vor.

Persönlich sehe ich da große Vorteile, dass das Wasserrecht und die Altlastensanierungsgesetze jetzt in einem Ministerium zusammengeführt sind, dass Bodenschutz und Gewässerschutz in einem Ministerium vereint sind – da gibt es doch riesige Vorteile! –, dass die Lebensmittelproduktion und der Schutz der Produktionsgrundlagen in einer Hand zusammengeführt sind. (Abg. Oberhaidinger: Alles in einem Ministerium?)

Herr Kollege Schieder, das ist doch etwas Sinnvolles! Da werden Sie doch nicht nein sagen, wenn sichergestellt wird, dass unsere Lebensmittel unter äußerst natürlichen Bedingungen produziert werden können, was den Boden betrifft, was die Wasserqualität betrifft, was die Luftgüte betrifft. Wenn das alles in einem Ministerium zusammengeführt ist, dann ergibt das doch Sinn! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir bekennen uns nämlich zur Notwendigkeit der Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe. Das kann doch mit dieser Gestaltung des Ministeriums wirklich nur Vorteile bringen; für die bäuerlichen Familienbetriebe sicherlich eine sehr sinnvolle Angelegenheit.


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12. Sitzung / Seite 85

Wir werden mit diesem Ministerium eine weitere Hebung des österreichischen Umweltschutzniveaus erreichen. Wir werden – und davon bin ich überzeugt – eine Führungsrolle in der Umweltpolitik der Europäischen Union übernehmen können. (Abg. Mag. Posch: Bestimmt!)

Frau Kollegin Prammer! Die Gentechnikpolitik, die Sie gemacht haben, wird wahrscheinlich von ihrer Nachfolgerin weitaus besser gemacht werden – auch wenn Kollegin Sima glaubt, dass das nicht der Fall sein wird. Sie ist ja nur engagiert, um hier zu jammern. Kollegin Sima ist ja eine der Wenigen, die sich, von den NGOs ausgebildet, nicht zu den Grünen, sondern zu den Roten verirrt hat, obwohl ihr Kollege Keppelmüller seinerzeit gesagt hat: Bitte, geben wir den NGOs nicht so viele Rechte, vor allem keine Parteienstellung, denn das ist die Brutstätte der grünen Nachwuchspolitiker. – Na ja, jetzt sitzt die Kollegin Sima eben bei den Roten und ist noch dazu Nachbarin vom Kollegen Keppelmüller. Da ist ein Fehler passiert! (Abg. Böhacker: Wer hat das gesagt?)  – Herr Kollege Keppelmüller hat es seinerzeit bei der Gestaltung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes so ausgeführt. Na gut. (Abg. Böhacker: Ist der von den Roten?) Was soll es, ist eben passiert.

Frau Kollegin Sima! Ich hoffe, dass Sie jene Politik, die Sie noch als Expertin im Gentechnikausschuss vertreten haben, auch jetzt weiter vertreten. Sie haben sich seinerzeit bei der Kollegin Prammer nicht durchgesetzt. Sie haben genau das Gegenteil von dem verlangt, was die Kollegin Prammer gemacht hat. Ich bin gespannt, ob diese Gegensätze weiter bestehen oder ob Sie sich jetzt arrangiert haben, weil Sie ein Platzerl bei den Roten gefunden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

13.58

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Sekretär! Sehr geehrte Frau Sekretärin! Meine Damen und Herren! (Ruf bei den Freiheitlichen: Staatssekretäre!)  – Ja, Staatssekretäre! Herr Kollege Schweitzer, Ihre Ausführungen disqualifizieren sich selbst, kein Kommentar nötig. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Klar ist, dass Bundestheater öffentliche Gebäude sind. (Abg. Dr. Martin Graf: Das Parlament ist auch ein öffentliches Gebäude! Dürfen Sie jetzt auch kommen?) Klar ist, dass in Österreich laut Verfassung das Demonstrationsrecht besteht. Mehr braucht man hiezu nicht zu sagen.

Zweiter Punkt: die Äußerungen bezüglich Kompetenzen, bezüglich Haltung zur Gentechnik et cetera, et cetera. Ich glaube, dass es schon hier und auch in den Ausschüssen sehr klar geworden ist, dass es eine große Wendehalspartie gibt, die sich sowohl in der Landwirtschaftspolitik als auch in der Gewässerschutzpolitik als auch in der Gentechnikpolitik anpasst an das, was die Lobbyisten bei der ÖVP immer deponieren: voll den Kurs mitzutragen, der gegen das Volksbegehren ist. Das ist auch klar! (Abg. Mag. Schweitzer: Wo denn?)

Gehen Sie in den Landwirtschaftsausschuss, da werden sie es sehen! (Abg. Mag. Schweitzer: Machen Sie es fest, bringen Sie ein Beispiel!)

Dritter Punkt: Frau Kollegin Fekter! Ich halte – eine mathematische Rechenübung, eine Additionsaufgabe – sozusagen eine Aufstockung der Zivilrechtsabteilung beziehungsweise Zivilrechtssektion im Justizministerium mit sage und schreibe 14 neuen Akademikern, die aus dem Konsumentenschutzbereich kommen, eigentlich für die falsche Perspektive und für keine korrekte Sichtweise eines Ministeriengesetzes, das Kompetenzen sachgerecht, effizient und in der Sache sinnvoll regeln soll.

Wenn Sie die Frage der Kompetenzen unter dem Aspekt der Zahl der Akademiker im Justizministerium sehen, dann frage ich mich wirklich: Was soll’s? (Abg. Dr. Fekter: Ein Missverhältnis ist es schon, da die ganze Sektion ...!)  – Da brauchen wir gar nicht mehr länger darüber zu reden. Das ist eine Reduktion der Sichtweise. Das ist für mich mehr oder weniger ein


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12. Sitzung / Seite 86

offenes Einbekenntnis, dass Sie vom Konsumentenschutz nichts verstehen! (Beifall bei den Grünen.)

Zum nächsten, dem vierten Punkt: Wir haben ja heute schon wiederholt bemerkt beziehungsweise wiederholt dargestellt bekommen, dass im Umweltschutzbereich, im Frauenbereich, im Arbeitsmarktbereich insgesamt in dieser Regierung die Weichen zurückgestellt werden, teilweise bis in das 19. Jahrhundert. Ich kann Ihnen anhand des Konsumentenschutzes zeigen, dass sich diese Regierung mit diesem Bundesministeriengesetz in diesem sehr wichtigen politischen Tätigkeitsfeld eigentlich mehr oder weniger selbst ausmanövriert.

Wir werden in den nächsten Jahren wahrscheinlich – hoffentlich sind Sie nicht die volle Legislaturperiode in der Regierung – eine "Nullrunde" haben, denn der Konsumentenschutz ist im Justizbereich, im Sozialbereich und im Landwirtschaftsbereich zu finden.

Und wo sollte er laut EU sein? (Abg. Dr. Fekter: In der Binnenmarktsektion ist er!) Denn wir sollten uns ja an den vergleichsweise progressiven und sachgerechten Einteilungen der Agenden auf EU-Ebene orientieren. In der EU gibt es einen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Konsumentenschutz. Jetzt gibt es also folgendes Problem: Wenn sich die EU-Struktur in keiner Weise in unserer Ministerialstruktur widerspiegelt, dann stellt sich wirklich das Problem, welcher Minister oder welche Ministerin zu dem entsprechenden Ausschuss auf EU-Ebene fährt (Abg. Dr. Fekter: Der Justizminister!) und dort dann effizient die Anliegen und Interessen der österreichischen KonsumentInnen vertreten kann.

Frau Kollegin Fekter! Das sind Millionen, denn an sich bilden die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich die Mehrheit, und die Anliegen dieser Mehrheit filetieren Sie, atomisieren Sie, verstreuen Sie großzügig auf drei Ministerien. (Abg. Dr. Fekter: Gebündelt wird es endlich! Lesen Sie das Gesetz!) Ich meine, dass das ein Bärendienst an allen Konsumentinnen und Konsumenten ist! Sie sollten diesen Bärendienst von heute auf morgen abstellen. (Beifall bei den Grünen.)

Es gehört eine Generalstrukturreform bei dieser Bundesregierung durchgeführt. Diese Regierung ist sowieso ein Auslaufmodell, das pfeifen ja schon die Spatzen vom Dach. Besonders die Ministerienstruktur weist zurück in das 19. Jahrhundert. Und den Konsumentenschutz – das haben Sie bewiesen – verdammen Sie mehr oder weniger zurück in die Steinzeit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

14.03

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär und Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Der Erstredner dieser Debatte, Herr Klubobmann Gusenbauer, hat gemeint – und das waren seine ersten Worte –, wir sollten über Kompetenzen reden. Also echte Kompetenz in Bezug auf das Bundesministeriengesetz hat er hier nicht bewiesen. Er hat eigentlich nur eines getan, nämlich die Bundesregierung angeschüttet. Und wenn er als einzige sachbezogene Aussage gemeint hat, Arbeitnehmerpolitik sei nicht Wirtschaftspolitik, dann kann ich nur so viel sagen: Das entspricht jedenfalls nicht meiner Vorstellung!

Er hat dann noch so nebenbei von der Abschaffung des Frauenministeriums gesprochen, eines Ministeriums, das bisher – das haben wir ja schon gehört – weder Geld noch Kompetenzen hatte. Diese Fakten hat ja die frühere Frauenministerin selbst oft beklagt und hat damit ihre Erfolglosigkeit entschuldigt. Also was sollen diese Krokodilstränen?!

Wenn die Familiensprecherin der Sozialdemokraten hier nur polemisiert hat, auch keine Kompetenz in irgendeiner Weise gezeigt hat und eigentlich ihre Wortspende schon in Richtung eines gewissen Syndroms gegangen ist, dann kann ich nur eines sagen: Macht bitte so weiter


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12. Sitzung / Seite 87

mit eurer Oppositionspolitik! Das wird dann sicher keine Wählerrückholaktion werden. Das wird dann letztlich unserer, dieser Regierung zugute kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Das ist eher eine Vertreibungsaktion!)

Ganz kurz zu den Grünen: Es sind heute gerade vom Kollegen Öllinger sehr viele Unwahrheiten gefallen, auf die ich gar nicht eingehen möchte. (Abg. Öllinger: Das glaube ich Ihnen!) Es ist auch sehr viel Klassenkampf produziert worden. Aber noch einmal in Richtung Frauenministerium: Sie scheinen wirklich unter großen Gedächtnislücken zu leiden. Es waren ja gerade die Grünen, die die Erfolglosigkeit der Frauenministerin Prammer in Bezug auf das Frauen-Volksbegehren und diverse Frauenanliegen beklagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man tut heute so, als ob das nicht existiert hätte. Von einer Kompetenz in dieser Richtung kann also auch nicht die Rede sein. (Abg. Mag. Prammer: Man kann die Probe aufs Exempel machen!) Da kann ich nur eines sagen: Wie hätten Sie es denn gerne?

Meine Damen und Herren! Ich kann mich an die hämischen Kommentare diverser Journalisten über die "umwerfende" Logik bei der Änderung der Bundesministeriengesetze in der Vergangenheit noch sehr gut erinnern, zum Beispiel, als die Bereiche Wissenschaft und Verkehr zusammengelegt wurden, aber auch als die Bereiche Umwelt und Familie zusammengelegt wurden. Auch über die diversen Kompetenzzersplitterungen wurde immer wieder gelästert. Und es hat immer – das wurde heute auch schon wahrheitsgemäß gesagt – bei jeder Regierungsneubildung eine Änderung des Bundesministeriengesetzes gegeben.

Wir Freiheitliche können heute und an dieser Stelle sagen: Wir haben es schon seit Jahren verfolgt, diese Zersplitterung zu beseitigen, weniger Ministerien zu installieren. Das kann ich Ihnen anhand eines Antrages vom 19. März 1991 beweisen. In diesem Antrag haben wir bereits eine Art Menschenministerium gefordert, das jetzt Generationenministerium heißt, wir haben weiters ein Umweltministerium und ein Bildungsministerium gefordert. In diesem Antrag heißt es zum Beispiel in Art. I Z. 4 – ich zitiere –: Sowohl Schule als auch Hochschulen dienen der Ausbildung. – Das haben wir jetzt verankert!

Weiters heißt es da – ich zitiere –: Zu Art. I Z. 5: Die derzeitige Kompetenzlage ist insofern unbefriedigend – das war 1991 –, als die Angelegenheiten der Frauen, der Jugendlichen, der Senioren, der Berufstätigen, der Pensionisten und so weiter in verschiedenen Ressorts angesiedelt sind. – Heute haben wir sie zusammengelegt!

Es heißt außerdem: Zu Art. I Z. 6: Umweltschutz ist keine selbständige umfassende Bundeskompetenz. – Und so weiter und so fort.

Ich bin eigentlich sehr stolz und zufrieden, dass es uns gelungen ist, eine kleinere Regierung zustande zu bringen, eine Regierung, die mutig an die Dinge herangegangen ist. Sie weist eine logische, neue Art der Kompetenzverteilung auf. Diese trägt natürlich auch die freiheitliche Handschrift.

Was das Generationenministerium betrifft, so ist natürlich dort auch das Frauenministerium in Fachbereichen integriert, und ich als Familiensprecherin der Freiheitlichen bin natürlich besonders froh darüber, dass der Bereich des früheren Familienministeriums im neuen Sozialministerium und Generationenministerium insgesamt neun von 20 Fachbereichen umfasst – was ich dann beim besten Willen nicht als Abwertung des Familienbereiches beklagen kann. Aber das haben ja auch Sie nicht gemacht, denn die Familien sind der linken Reichshälfte in Österreich noch nie ein Anliegen gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Herr Klubobmann Gusenbauer hat heute im "Morgenjournal" mit einer neuen Art der Oppositionspolitik gedroht. Dazu muss ich sagen: Mir ist eigentlich gar nicht angst und bange, wenn das eine Oppositionspolitik wird, wie Sie sie heute gezeigt haben. Dann werden eher Sie Angst haben müssen davor, was alles an Kompetenz die neue Regierung hat und was sie


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12. Sitzung / Seite 88

zustande bringen wird – alles Dinge, die Sie versäumt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

14.11

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Vorrednern. Schade, dass der Herr Wissenschaftsminister nicht hier ist (Zwischenruf des Abg. Kiss ), der gemeint hat, welch erstklassige Eckdaten und Rahmenbedingungen unsere geliebte Heimat aufweise. Ich stelle nur der guten Ordnung halber fest, dass dies in erster Linie Leistungen der Regierung Klima waren und nicht Ihre, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer ist der Wissenschaftsminister?)

Der Herr Bundeskanzler hat uns heute mitgeteilt, dass die neue Bundesregierung ihren Weg des neuen Regierens gehen werde. (Abg. Kiss: Wie heißt der Wissenschaftsminister? – Abg. Mag. Schweitzer: Wer ist der Wissenschaftsminister?) Dazu möchte ich feststellen: Die Reaktionen auf europäischer, internationaler, aber auch nationaler Ebene sind Ihnen allen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bekannt. In den heutigen Zeitungen wird nur von "Chaos-Regierung" geschrieben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Welche Zeitung lesen Sie?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch das Regierungsprogramm zieht sich etwas wie ein schwarz-blauer oder blau-schwarzer Faden: die Umverteilung von den "Kleinen" zu den "Großen", wenn Sie so wollen, von den Armen zu den Reichen. Und damit man dieses Programm umsetzen kann, ist es notwendig, die Organisation anzupassen.

Im Zusammenhang mit diesem Organisationsgesetz ist interessant, dass es bereits mehrere Abänderungsanträge gegeben hat und wir im Ausschuss schon eine interessante Diskussion darüber geführt haben.

Bisher wurden auf demokratische Art und Weise – und darauf sind wir gemeinsam stolz; es wurde jahrzehntelang bei allen Änderungen des Bundesministeriengesetzes darauf Bedacht genommen – in geheimer Wahl die Interessenvertretungen, nämlich die Personalvertretungsgremien gewählt, sie haben sich auf Grund des Wahlergebnisses zusammengesetzt. Und diese Organe wären laut der Urfassung dieser Novelle mit der Beschlussfassung dieses Gesetzes weg gewesen! Das heißt, wir hätten hier mit der Beschlussfassung Organe, die sich auf Grund von Wahlergebnissen zusammengesetzt haben, aufgehoben – erstmalig in der Geschichte der Zweiten Republik! (Abg. Dr. Martin Graf: Ist ja gar nicht passiert!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir könnten sehr viele Beispiele anführen, aber ziehen wir nur ein einziges Beispiel heran: die Bundesgebäudeverwaltung II – einige Kompetenzen dieses Bereiches wandern jetzt zum Bundesministerium für Landesverteidigung, einige bleiben im Wirtschaftsministerium. (Zwischenrufe der Abgeordneten Jung und Dipl.-Ing. Schöggl. )  – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auskennen tut sich in diesen Bereichen überhaupt niemand mehr! Das ist die Form des "neuen Regierens"!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das "neue Regieren" bedeutet auch, dass sämtliche Fragen, die für die unselbständig Erwerbstätigen in dieser Republik sehr, sehr wichtig sind, in das Wirtschaftsministerium eingegliedert werden. Ich werde noch, meine sehr geehrten Damen und Herren vor allem von der Volkspartei, weil Sie sich so wundern, die Sensibilität dieser Frage aufzeigen. Es gibt ja bereits – und der Wirtschaftsbund gehört ja zu Ihrer Organisation – die Wünsche und einen Forderungskatalog, der etwa beinhaltet, das Arbeitsinspektorat überhaupt abzuschaffen.

Ich habe schon im Verfassungsausschuss die Frage gestellt: Wie wird denn der Herr Wirtschaftsminister entscheiden, wenn er entscheiden muss – für den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin, für den Schutz der Bediensteten oder für das Kapital und für die Wirtschaft? –


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12. Sitzung / Seite 89

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Form des "neuen Regierens"! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Klassenkampf ist das!)

Das "neue Regieren" ist heute auch schon im Zusammenhang damit angesprochen worden, dass man den wichtigen Bereich des Umweltschutzes in das Landwirtschaftsministerium eingliedert. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass jeder, der sich mit Politik beschäftigt, weiß, für wen, wenn auch hier zu entscheiden sein wird über die Frage: Für wen denn? (Abg. Mag. Schweitzer: Was heißt das?), entschieden werden wird, nämlich für die Landwirtschaft.

Ich brauche gar nichts zu sagen – in vielen Wortspenden ist das bereits hier angesprochen worden (Abg. Mag. Schweitzer: Was sagen Sie eigentlich?)  – zu der Frage, welches Signal es für die Österreicherinnen, aber auch für die engagierten Österreicher, die sich für Frauen-Fragen einsetzen, ist, dass man das Frauenministerium überhaupt wegrationalisiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sprechen von Verwaltungsvereinfachung, aber man kann sich nur darüber wundern, dass nach wie vor zahlreiche Einvernehmensbindungen vorhanden, nicht aufgehoben worden sind. Man kann sich auch nur wundern darüber, dass man einerseits ein riesiges Wirtschaftsministerium konzipiert, andererseits aber auch ein Ministerium schafft, in dem in Wirklichkeit eigentlich nur eine Sektion und eine Abteilung vorhanden sind. Wir haben in anderen Ressorts zahlreiche Sektionen, die weit größer sind als dieses neu geschaffene Ministerium.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage des Generalsekretärs ist ja besonders interessant. Sie wollen laut Ihrem Regierungsprogramm Tausende Arbeitsplätze wegrationalisieren, andererseits wollen Sie jetzt einen so genannten Obersektionschef einführen – uns ist nicht bekannt, ob das ein Beamter oder ein Politfunktionär sein wird. Will man damit die Fachsektionen entmachten oder eine Politfunktion installieren?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Antwort auf folgende Frage wäre auch interessant – ich habe in der Ausschuss-Sitzung keine Antwort darauf bekommen –: Werten wir dann alle "Kleinen" ab und den Overhead-Bereich auf, setzen wir noch besser Verdienende ein zu Lasten der "Kleinen"? – Das zieht sich als blau-schwarzer Faden durch all Ihre Programme. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch da ist eindeutig nachvollziehbar, dass die Stellen Tausender Kleinverdiener wegrationalisiert beziehungsweise nicht nachbesetzt werden sollen und einige Großverdiener wieder einmal einen Vorteil haben sollen. Das ist Ihre Art des "neuen Regierens"!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch sagen: Die Österreicherinnen und Österreicher werden sich sehr bald ein Bild von dieser Form des neuen Regierens machen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Hoffentlich!), und wir werden die Österreicherinnen und Österreicher auch in diesem Sinne aufklären! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Der Applaus war nicht ernst gemeint!)

14.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

14.18

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Ich möchte nur kurz eine Antwort auf die letzte Frage, die hier aufgetaucht ist, geben, und zwar betreffend den Generalsekretär.

Ich möchte nur auf die gesetzliche Bestimmung hinweisen, in der es heißt: Der Bundesminister kann mit der zusammenfassenden Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte einen Generalsekretär betrauen. (Abg. Öllinger: Für manche Minister ist das vielleicht auch das Beste!)  – Es ist das also eine Kann-Bestimmung.


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12. Sitzung / Seite 90

Ich möchte Ihnen sagen, dass es das schon gibt, nämlich im Außenministerium, im Landesverteidigungsministerium und auch im Innenministerium.

Ich verweise in diesem Zusammenhang noch auf eine Wortmeldung des Verfassungsrechtlers Theo Öhlinger, der gemeint hat: Wenn ein Minister mit der Funktion des Generalsekretärs eine hoch angesiedelte Vertretung im zwischenstaatlichen Verkehr, insbesondere in der Vertretung in der Europäischen Union, der Räte hat, wäre das ganz günstig. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. – Bitte.

14.19

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Das vorliegende Bundesministeriengesetz ist ein Meilenstein in Bezug auf die Kompetenzentwirrung bei den Ministerien, bei der Bundesverwaltung, bei der Exekutive. (Abg. Öllinger: Ein Mühlenstein! – Ruf bei der ÖVP: Jetzt gilt die Jungfernrede auch nichts mehr, Öllinger!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich als Jung-Abgeordneter zu Beginn meiner Ausführungen ein paar persönliche Bemerkungen zur heutigen Debatte vorbringe.

Ich kam mit hoher Ehrfurcht, mit viel Optimismus und mit großer Hochachtung in dieses Haus. Das bisher Erlebte war für mich allerdings eine einzige große Enttäuschung. Hier gibt es eine menschenverachtende Hetzkampagne des Linksblockes in diesem Hohen Haus (Abg. Parnigoni: Das ist eine Frechheit, was Sie da sagen – auch wenn das Ihre Jungfernrede ist! – Beifall bei den Freiheitlichen), wo aus rein parteipolitischen Gründen in menschenverachtender Art und Weise junge optimistische Politiker verunglimpft werden.

Es war für mich als einen, der bisher sehr viel in der Umweltpolitik tätig war, auch eine große Enttäuschung, feststellen zu müssen, dass es hier in diesem Hohen Haus zwar eine so genannte Grüne Partei gibt (Abg. Öllinger: Die heißt auch so – nicht "so genannte"!), dass sich diese aber in Wirklichkeit nur mehr mit links-gesellschaftspolitischen Themen auseinander setzt und sich von der Umweltpolitik längst verabschiedet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese zugegebenermaßen schweren Vorwürfe kann man ganz einfach mit ein paar trockenen Zahlen untermauern: Sie, meine Damen und Herren von der so genannten grünen Fraktion, haben in dieser XXI. Gesetzgebungsperiode – da hat es sicher nicht an Fleiß gemangelt (Abg. Öllinger: Bei uns eh nicht!)  – bisher – das ist der Stand von gestern – 74 schriftliche Anfragen gestellt; davon haben sich ganze 13 mit Umweltthemen beschäftigt – also kein schlechter Schnitt –, allerdings nur, wenn man Bereiche wie Gesundheit zum Beispiel auch dazurechnet, den Umweltbegriff also etwas weiter auslegt.

Bei den Selbständigen Entschließungsanträgen schaut es schon etwas anders aus: 31 – davon beschäftigen sich 5 mit Umweltpolitik, wenn man auch die Verkehrspolitik dazurechnet. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Wie viele haben Sie gemacht?)

Ganz entlarvend sind dann aber die Gesetzesvorschläge: Sie haben 21 Anträge eingebracht (Abg. Öllinger: Hat Ihre Fraktion überhaupt einen Antrag zusammengebracht?)  – davon waren null oder eventuell einer – nämlich jener, der sich mit dem Telekommunikationsgesetz beschäftigt – dem Umweltbereich zuzuordnen. – Sie, meine Damen und Herren, haben sich wirklich von der Umweltpolitik verabschiedet! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich würde daher auch dringend Herrn Klubobmann Van der Bellen raten – für den Fall, dass er wieder einmal dem Hohen Hause beiwohnt (Abg. Öllinger: Wir werden es ihm ausrichten!)  –,


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sich zu überlegen, ob es nicht ehrlicher gegenüber dem Wähler wäre, den Namen der Partei an die tatsächliche politische Ausrichtung anzupassen. Ich ersuche Sie in diesem Zusammenhang um Gewissenserforschung.

Ich hätte auch wirklich Angst um die Umweltpolitik in Österreich, käme es zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen.

Mit der zweiten linken Fraktion des Linksblockes, der SPÖ, muss ich mich nicht so lange beschäftigen, denn sie hat es nämlich geschafft, an einem einzigen Tag – am Tag der Regierungserklärung – unter das Niveau der Grünen zu sinken. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Ist er nicht lieb?)

Doch nun zurück zum Bundesministeriengesetz: Es ist wirklich ein Meilenstein betreffend die Kompetenzverteilung in der Exekutive, dass es nun endlich gelungen ist, wesentliche sachliche Zusammenhänge in Ministerien zusammenzufassen. Diese Neuordnung ist wirklich ein Meilenstein in der Kompetenzverteilung.

Die Grünen haben heute über die Medien und auch hier vom Rednerpult aus mehrmals kritisiert (Zwischenruf des Abg. Mag. Schlögl )  – ich komme gleich dazu, Herr Abgeordneter –, dass das Umweltministerium abgeschafft wurde. Herr Klubobmann Van der Bellen dürfte auch in den letzten fünf Jahren nicht sehr oft hier gewesen sein (Abg. Öllinger: Öfter als Sie!) oder nicht aufgepasst haben, sonst wüsste er, dass es auch bisher kein Umweltministerium gab. Das Umweltressort war beim Familienministerium angehängt. (Abg. Dr. Kostelka: Aber dass es Interessenkollisionen gibt, ist Ihnen klar?!) Es wurde also kein Ministerium abgeschafft!

Mit dieser neuen Kompetenzverteilung Landwirtschaft/Umwelt können positive Synergieeffekte genützt werden – das wurde von einigen Vorrednern schon gesagt –: im Bereich des Gewässerschutzes, im Bereich des Bodenschutzes, im Bereich der Abwasserentsorgung, im Bereich der Klärschlamm-Problematik und auch in Bezug auf die Qualität der Lebensmittel, die wir produzieren. All das ist jetzt in einer Hand, und ich als Umweltpolitiker sehe das als einen wesentlichen Fortschritt an.

Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, die Sie das heute so heftig kritisieren, haben das jahrelang verlangt! Sie haben immer wieder kritisiert, dass der Landwirtschaftsminister und der Umweltminister nicht mit einer Zunge sprechen – das wird in Zukunft durch dieses neue Bundesministeriengesetz gegeben sein.

Ich vertraue in dieser Frage Minister Molterer, der selbst Landwirt ist: Er als Landwirt wird nicht die Lebensgrundlage der Landwirtschaft, nämlich Grund und Boden, gefährden.

Während Frau Ex-Ministerin Prammer heute gar das Landwirtschaftsministerium abschaffen wollte, stehen wir zu dieser Neuordnung: Das Landwirtschaftsministerium wird nicht abgeschafft, sondern gemeinsam mit den Umweltagenden geführt.

Ich lade Sie ein, meine Damen und Herren, insbesondere Sie von den so genannten Grünen, endlich zu einer konstruktiven Umweltpolitik zurückzukommen. Beenden Sie Ihren kindischen Aktionismus, den Sie hier herinnen betreiben mit Schlüssel-Scheppern, mit Leuchten und mit diesen Aufklebern – der Herr Klubobmann hat ja diesen Aufkleber vorsorglich nicht angebracht! Ich ersuche Sie dringend, im Interesse der Umweltpolitik in Österreich diesen sinnlosen Aktionismus zu beenden, und lade Sie ein, an einer konstruktiven Umweltpolitik mitzuarbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Durch dieses neue Bundesministeriengesetz werden bessere Voraussetzungen für die Umweltpolitik geschaffen, und wir werden daher diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.27


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12. Sitzung / Seite 92

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Moser. – Frau Abgeordnete, wie alle anderen: nach Schluss der Debatte.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald. – Bitte.

14.27

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es wurde von Niveau geredet – ich habe nur eine Idee dazu: Um manches Niveau zu erreichen, brauchen einem keine Flügel zu wachsen. Sie verstehen, was ich meine? (Ruf bei den Freiheitlichen: Nein!)

Es wundert mich auch nicht, wenn Sie in Ermangelung anderer nationaler oder internationaler Bewunderer Ihr Ministeriengesetz loben müssen. (Abg. Böhacker: Herr Professor! Das haben Sie ja gar nicht nötig! Keine Polemik! Haben Sie das wirklich nötig?) Ganz im Sinne eines Bildungsministeriums und des lebenslangen Lernens würde ich Ihnen aber raten, dieses lebenslange Lernen auch auf sich anzuwenden und sich etwas zu überlegen. (Beifall bei den Grünen.)

Wie kann es denn sonst so kommen, dass sich alle Universitäten und ihre wichtigsten Repräsentanten seit Jahren vehementest gegen eine Entkoppelung von Forschungsförderung und Universitäten aussprechen? – (Ruf bei den Freiheitlichen: Zum Beispiel?)  – "Zum Beispiel?" Ich kann Ihnen ein halbes Kilo APA-Meldungen bringen, wenn Sie es schaffen, sie zu lesen. (Abg. Böhacker: Haben Sie eine mit?)

Es ist schlichtweg unwahr, wenn der Herr Bundeskanzler davon spricht, dass die Forschungsförderung nunmehr in einem Ministerium konzentriert wird. (Abg. Böhacker: Können Sie uns nur eine einzige APA-Aussendung zitieren?)

Ich kann Ihnen sagen: Der Chef der Rektorenkonferenz, die Professorenkonferenz und der Forschungsfonds haben so gesprochen. (Abg. Böhacker: Haben Sie so eine APA-Aussendung mit?)  – Ich möchte jetzt meine Rede halten und nicht Ihnen Nachhilfe geben, ja? (Abg. Böhacker: Weil Sie gesagt haben: halbes Kilo!)

Wahr ist vielmehr, dass die Basisfinanzierung der Universitäten bei Gehrer liegt, die Forschungsförderungsfonds wie FWF, FFF (Abg. Fischl: Sie werden ein richtiger Populist, Herr Professor!), ITF, Seibersdorf und Teile der Kompetenzzentren sowie der Rat für Forschung und Technologie bei Schmid liegen und die gar nicht so kleine Gruppe weiterer Kompetenzzentren – die Christian Doppler Forschungsgesellschaft, der ERP-Fonds, die Innovationsagentur – und die Abwicklung der indirekten Forschungsförderung bei Bartenstein. Sie sprechen vom Bündeln und Zusammenführen? – Ich kann das nicht erkennen.

Herr Bundeskanzler! Sie müssen das wissen! Warum sagen Sie uns dann andere Wahrheiten? – Um es nicht anders auszudrücken.

Die Universitäten haben sich einhellig gegen eine Eingliederung in dieses Giga-Ressort Bildungsministerium gewandt. Sie aber haben alle Bitten und alle Warnungen der Universitäten ignoriert. Ich vermute eher, die wahren Kräfte der Bündelung, und zwar einer nachhaltigen Bündelung, liegen bei Ihnen einfach in der Ignoranz dessen, was Betroffene Ihnen rückkoppeln. (Beifall bei den Grünen.)

Westenthaler und Schüssel sprachen vom Sparen und argumentierten: Wenn schon die arme Bevölkerung dieses Sparpaket vollziehen muss, dann werden auch wir zeigen, dass wir sparen, und daher Ministerien einsparen. Ich frage Sie aber: Ist die Zahl der Regierungsmitglieder kleiner geworden? Wurde sie nicht durch Staatssekretäre egalisiert, und welchen Preis zahlen wir dafür? Wissen Sie, dass das Wort Ministerium von Dienen kommt? Wo sparen Sie? – Am Dienen am Bürger und am Dienen an der Bevölkerung, das ist mein Schluss daraus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Es ist auch Faktum und anachronistisch, dass Sie und die Bundesregierung die angewandte Forschung und die Grundlagenforschung, wie es vielleicht vor 100 Jahren zu Buche stand, aber heute nicht mehr notwendig ist, einfach trennen und splitten. Forschungssektionen des Wissenschaftsressorts werden hin- und hergeschoben, und der beste Forschungsfonds Österreichs, der bestdotierte und renommierteste, wird gleich zwischen zwei unterschiedlichen Ministerien filetiert und von den Universitäten abgekoppelt. Ich kann Ihnen den Brief des betroffenen Präsidenten zeigen, dann werden Sie sehen, was der davon hält. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Welcher Fonds ist das?) Das ist der FWF, und der Präsident heißt Arnold Schmidt.

Forschung lebt aber von internationalen Kontakten – zumindest das werden Sie verstehen –, vom weltweiten Austausch überregionaler Stipendienprogramme, von Laborinformationen und wechselseitigen Besuchen. Die Reputation von Forschern hängt sehr entscheidend vom Klima Österreichs und von der Außenwirkung dieser Republik ab. Wenn Sie meinen, dass jene Leute, die sich nunmehr über E-Mail bei Menschen entschuldigen, mit ihnen Kontakt aufnehmen und versuchen zu beschwichtigen, Teil der Internet-Generation sind, mögen Sie Recht haben. Sie zählen aber nicht zur Generation der 68er und sind auch keine Kommunisten; ich bin auf der Uni, da kann ich Sie voll beruhigen.

Sie leiden an Wirklichkeitsverkennung und Ideen der Verfolgung. Das wäre Gegenstand einer Forschung, vielleicht sogar eines Forschungsschwerpunktes, meine ich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie aber so felsenfest davon überzeugt sind, immer Recht zu haben, und gegen ... (Abg. Dr. Ofner: Sie haben sich früher von Ihrem Klub so wohltuend abgehoben! Lassen Sie sich nicht so anstecken!) Ich lasse mich nicht anstecken, ich bin immun, wie Sie wissen, nicht nur als Abgeordneter. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie sich immer selbst im Besitz der Wahrheit sehen und alle anderen im Irrtum, ist das auch wieder etwas, worüber man nachdenken dürfte. (Abg. Dr. Ofner: Denken wir doch beide darüber nach!) Sie haben viele Eigenschaften, aber die Eigenschaft der Allwissenheit und der Prophetie würde ich Ihnen nicht abnehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich werde jetzt etwas Sinnvolles machen und drei Entschließungsanträge vorlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Moser, Dr. Glawischnig, Freundinnen und Freunde betreffend Maßnahmen, die der fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "KonsumentInnenpolitik und -schutz" entgegenwirken


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12. Sitzung / Seite 94

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Monats einen Gesetzentwurf zuzuleiten, in dem der Bereich KonsumentInnenpolitik/KonsumentInnenschutz in die Kompetenz des Umweltministers/der Umweltministerin fällt. Zusätzlich ist vorzusehen, dass dieser Minister/diese Ministerin auch die Kompetenz für die Bereiche Veterinärwesen, Gentechnologie und Nahrungsmittelkontrolle hat."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Bericht zum internationalen Boykott der österreichischen Forschung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Monats einen ersten Bericht über die negativen Reaktionen aus dem Ausland und über deren Auswirkungen auf die Universitäten und die österreichische Forschungslandschaft zuzuleiten."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grünewald, Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Maßnahmen, die der seit Jahren fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich "Wissenschaft und Forschung" entgegenwirken

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat binnen eines Monats einen Gesetzentwurf zuzuleiten, durch den der gesamte Bereich Wissenschaft und Forschung in die Zuständigkeit eines einzigen Ministers/einer einzigen Ministerin fällt."

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die soeben vorgetragenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen damit auch in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

14.34


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12. Sitzung / Seite 95

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl
(Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! – Minister ist jetzt keiner anwesend. Das ist immer so, wenn es um die Wissenschaft geht.

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner: Wenn hier die Abschaffung des Frauenministeriums beklagt wurde, dann möchte ich als Mitglied des Gleichbehandlungsausschusses nur Folgendes dazu sagen: Es ist nicht so, dass wir Fragen der Gleichbehandlung und Gleichberechtigung unter Trommeln und Pfeifen auf der Straße auf Transparenten herumtragen, sondern wir leben sie. Für uns Freiheitliche ist Gleichbehandlung selbstverständlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wurde hier auch beklagt und kritisiert, dass die Förderungen für kulturelle Vereinigungen geringer werden könnten. Ich sage Ihnen da ganz offen: Nach Durchsicht des Förderberichtes haben wir immer kritisiert, dass sich viele Vereinigungen unter Decknamen haben fördern lassen und ihr politisches Agitationssüppchen gekocht haben. Aus Effizienzgründen und aus Verantwortung für das Steuergeld wird die Regierung jede Subvention zu überprüfen haben. Kunst- und Kulturförderung ja, aber keine Förderung parteipolitischer Agitationen auf Kosten der Steuerzahler. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nun, bevor ich ... (Von der Galerie werden unter Rufen Flugblätter in das Plenum geworfen. Besucherinnen versuchen, ein Transparent zu entrollen.) – Da beginnt die Agitation ja schon, herrlich, wunderbar! Genauso stellen wir uns die Toleranz ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bitte, Kundgebungen von der Galerie sind laut Geschäftsordnung untersagt. Bitte diese sofort abzustellen!

Herr Abgeordneter, setzen Sie mit Ihrer Rede fort!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (fortsetzend): Ich hoffe, ich kann diese Zeit wieder gutmachen beziehungsweise eine Gutschrift bekommen.

Sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Trattner und Dkfm. Mühlbachler und Kollegen zum Antrag des Verfassungsausschusses 43 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag wird wie folgt abgeändert:

1. Z 1 lautet:

"§ 13a Abs. 2 lautet:

(2) Soweit sich das Budgetprogramm und der Budgetbericht auf Planstellen beziehen, obliegt die Erstellung der Entwürfe dem Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen. Jedes haushaltsleitende Organ hat die hiefür erforderlichen Unterlagen samt Erläuterungen an den Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport und dem Bundesminister für Finanzen nach Maßgabe der von diesen einvernehmlich aufzustellenden Richtlinien rechtzeitig zu übermitteln."

2. Die bisherigen Z "1" bis "5" enthalten die Bezeichnungen "2" bis "6".

3. Z 6 lautet:

"Im § 100 wird folgender Abs. 23 angefügt:

(23) § 13a Abs. 2, § 31 samt Überschrift, § 33 samt Überschrift, § 34 Abs. 1 und § 36 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ... treten mit 1. April 2000 in Kraft."

*****

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Bundesministeriengesetz, das auch im Bereich Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie wesentliche Verbesserungen bringen wird.

Erstens: Es wird damit eine Kompetenzbereinigung durchgeführt. Der unselige Kompetenzstreit, der mit ideologischen Scheuklappen geführt wurde: hier meine Unis, dort deine Akademie und dort deine Bildungseinrichtungen, wird endlich abgeschafft! Endlich ist der Weg frei für ein wirklich durchgängiges, überschaubares, klar strukturiertes Bildungssystem vor allem im tertiären Bereich, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es werden auch im Bereich der Unis die Fenster aufgemacht. Es kommt frische Luft hinein. Die Unis werden freier werden, sie werden autonomer werden. Die Autonomie wird greifbar. Es wird ein neues Dienstrecht geben, und genau das ist es, was die Unis wünschen, und nicht das, was in den verstaubten ideologischen Archiven der Sozialdemokratie ruht.

Zweitens: Es wird endlich ein Infrastrukturministerium – eine alte freiheitliche Forderung! – geschaffen. Vielleicht hätte sich Herr Minister Einem seinerzeit so ein Ministerium mit dieser Kompetenz gewünscht, aber er hat es nicht bekommen und wird es auch nie bekommen.

Endlich werden die Fonds, der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der Innovations- und Technologiefonds und der Forschungsförderungsfonds, in eine Hand gegeben.


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Damit wird ein einheitlicher Förderzug erreicht: von der Grundlage über die Entwicklung eines Produkts, die Erreichung der Produktionsreife bis zur Marktförderung.

Wir hätten uns gewünscht, auch die Markteinführung über den ERP-Fonds und die EU-Programme, die noch dazugehören würden, in eine Hand zu bekommen. Aber das ist derzeit nicht möglich. Dies wird vielleicht in Zukunft gelingen. Vor allem werden wir darauf zu achten haben, dass die entsprechenden Schnittstellen gut und richtig funktionieren. Es wird notwendig sein, den in den Verhandlungen zum Ausdruck gebrachten politischen Willen auch auf Beamtenebene umzusetzen und auch die Organisation diesem politischen Willen entsprechend umzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz macht großen Sinn. Es wird eine Effizienzsteigerung bringen, es wird Doppelgleisigkeiten beseitigen, es wird eine Kompetenzkonzentration und die Bündelung von Kompetenzen bringen. Und es wird Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungskonzentration bringen. Der Steuerzahler, also der Bürger, wird es dieser Regierung danken. – Viel Erfolg! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Trattner und Genossen ist genügend unterstützt und steht daher ebenfalls mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Zu dieser Flugblattaktion. Ich lehne diese Aktion ab, weil sie den Spielregeln des Hauses widerspricht, aber die Inhalte dieses Flugblattes halte ich für unterstützenswert, beispielsweise die Forderung "keine weiteren Sparpakete auf Kosten von Mädchen und Frauen" oder "politische Schritte zur Bekämpfung der Armut, die großteils Frauen trifft". (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Für diesen Inhalt wird es eine Unterstützung der SPÖ geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Eine richtige Weichenstellung ist bei der Kompetenzverteilung der Ministerien gelungen, nämlich dass Schiene und Straße zusammengeführt werden. Das ist auch in Schweden so, Schweden wird in letzter Zeit sehr gerne als Beispiel strapaziert. In Schweden sind Straßen, Bahnen und die Schifffahrt in einem Ministerium zusammengefasst. Die Theorie ist hier also gelungen.

Aber wie schaut es mit der Praxis aus, und zwar am Beispiel Semmering-Basistunnel, meine Damen und Herren? Die Situation um den Semmering-Basistunnel ist doch symptomatisch für den Zustand dieser blau-schwarzen Regierung, für das blanke Chaos. Frau Klasnic, Landeshauptfrau der Steiermark, plakatiert: "Semmering-Basistunnel durchgesetzt!" Herrn Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich, ist es in der Agitation nicht einmal zu tief, tödliche Unfälle bei Straßentunnels als Beweis für die Gefahren eines Eisenbahntunnels heranzuziehen. Das ist in der APA nachzulesen, es ist kaum zu fassen!

Die FPÖ Niederösterreich ist gegen den Tunnel. Die FPÖ Steiermark ist für den Tunnel. Herr Dr. Haider ist dafür und dagegen, je nachdem wo er sich gerade aufhält. Als Kärntner Landeshauptmann wird er eher dafür sein, als Aufsichtsratsvorsitzender der FPÖ wird er eher dagegen sein. Bundeskanzler Schüssel war früher dafür, jetzt schweigt er. Und Minister Schmid hat auf dem Weg von Graz nach Wien seine politische Gesinnung abgegeben, meine Damen und Herren, und schließt sich dem üblen egoistischen Spiel der Tunnelgegner an: noch ein Gutachten, noch ein Verfahren, noch eine Nachdenkpause. Es ist ein jämmerliches politisches Verhalten von diesem Herrn Schmid. Einen Denkzettel für Schmid wird es bei den steirischen Wahlen am 19. März und am 15. Oktober geben, meine Damen und Herren von der FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)


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Was hat die FPÖ nicht gegen Proporz und Postenschacher gewettert. Völlig ungeniert, wie wir alle wissen, hat Dr. Haider in Kärnten ein Packeleipaket ausgehandelt. Und das habe ich immer mit im Gepäck, meine Damen und Herren von der FPÖ, dieses Packeleipaket, das Herr Dr. Haider unterschrieben hat. (Abg. Dr. Grollitsch: Was sagt der Schachner?)

Da heißt es beispielsweise in Punkt 3: Die FPÖ erhält den Landesschulratspräsidenten. – Qualifikation, Eignung, Leistung völlig uninteressant, Hauptsache FPÖ! Oder: Die FPÖ erhält den Vorsitz im Arbeitnehmerförderungsbeirat. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was hat das mit dem Bundesministeriengesetz zu tun?) Oder: Der Landtagsdirektor wird neu bestellt. Der Posten, die Position steht der FPÖ zu.

Meine Damen und Herren! Ich komme aktuell zur Regierung. Hat man nicht von überparteilichen Experten gesprochen, das angekündigt? Sind jetzt nicht lauter Parteigänger in der Bundesregierung – Herr Scheibner, Frau Riess-Passer, Exminister Krüger? Ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren: Haider hat den überparteilichen Justizminister Michalek, einen besonnenen, einen erfahrenen Mann, einen Mann, der sehr erfolgreich als Minister war, in die Wüste geschickt. Und nach dem Intermezzo Krüger – wollen wir betreten den Mantel des Schweigens über die ganze Sache breiten – hat Haider seinen Privatanwalt Böhmdorfer geholt. Also der Haider-Anwalt und FPÖ-Anwalt ist Justizminister der Republik Österreich. So schaut es aus, meine Damen und Herren! Das ist der Postenschacher der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.) Und Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, schauen da zu und tun so, als würde Sie das alles nichts angehen.

Was aber die Arbeitnehmer in Österreich angeht, kommt es zu dem Umstand, dass Arbeitnehmerrechte in Zukunft im Wirtschaftsministerium abgehandelt werden, was katastrophale Auswirkungen für die arbeitenden Menschen in Österreich haben wird. Arbeitsmedizin, Angelegenheiten der Arbeitsmedizin, Lehrlingsschutz – Arbeitgebersache. Arbeitsinspektorate – Arbeitgebersache. Und die Impulsgeber inserieren längst die Abschaffung. Angelegenheiten der Betriebsvertretung – Arbeitgebersache. Staatssekretär Morak und Minister Bartenstein schlagen sich lachend auf den Schenkel, wenn die SPÖ diese Kritik übt, und sagen, im sozialdemokratischen Schweden sei es auch so geregelt.

Zu Schweden, meine Damen und Herren: Okay, Industry, Employment und Communication sind in einem Ministerium zusammengefasst. Aber da gibt es eine Feinabstimmung: Ministry of Health and Social Affairs, und das ist nicht vergleichbar mit Österreich. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.

Es gibt aber noch einen anderen ganz entscheidenden Unterschied zwischen Österreich und Schweden. In Schweden regieren verantwortungsbewusste Sozialdemokraten, meine Damen und Herren, für die die Rechte der Arbeitnehmer Bedeutung haben, für die die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht die Menschen für die Wirtschaft, wie Sie das in Österreich planen, Herr Kollege. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Beifall bei der SPÖ.)

Aber glauben Sie mir, wir sind gar nicht unglücklich über diesen Schweden-Vergleich. Viele Jahre hat dort die Sozialdemokratie sehr erfolgreich regiert und große Staatsmänner hervorgebracht, ganz so wie dies in Österreich der Fall war. Und dann hat es ein kurzes Interregnum von einer konservativen Regierung gegeben, die völlig überfordert war, eine Chaos-Truppe, ganz gleich wie in Österreich. Also bleiben wir beim Vergleich Schweden, meine Damen und Herren! Denn in Schweden ist die Sozialdemokratie wieder in die Regierung zurückgekehrt und verantwortlich für den Aufschwung im Land. Also einverstanden, Schweden soll in dieser Hinsicht ein Modellfall für Österreich sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prinz: Staatshaushalt sanieren! Wer hat den Schaden saniert?)

Meine Damen und Herren! Ein Letztes noch. Seit dem Jahre 1945 hat es das in Österreich nicht gegeben, dass Wirtschaft und Arbeit in einem Ministerium zusammengefasst sind. Zuvor hat es das gegeben, und zwar während des Austrofaschismus und der Zeit des Nationalsozialismus. Klubobmann Khol von der ÖVP hat sich im Verfassungsausschuss dazu verstiegen, den


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12. Sitzung / Seite 98

Austrofaschisten Dollfuß einen "Märtyrer und österreichischen Patrioten" zu nennen. – Also ich sage Ihnen: Für mich und für meine Fraktion ist Dollfuß ein kleiner schmieriger Faschist.

Was sagt Hugo Portisch in "Österreich II" zu Dollfuß? – Dollfuß: Er ist entschlossen, die Demokratie, den Parlamentarismus und seine politischen Gegner auszuschalten. Auszuschalten, meine Damen und Herren, Demokratie, Parlamentarismus und politische Gegner! Und für Klubobmann Khol ist dieser Mensch ein "österreichischer Patriot und Märtyrer".

Herr Staatssekretär Morak! Ich verlange von Ihnen – ich hoffe, Sie richten ihm das aus – eine Stellungnahme zu diesem Geschichtsbild des ÖVP-Klubobmannes. Die Kulturschaffenden in Österreich werden sich brennend dafür interessieren. Und wenn Sie sich verschweigen sollten, Herr Staatssekretär, dann, muss ich sagen, ist das auch laut und deutlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend noch ein letzter Vergleich mit Schweden: Würde ein Klubobmann einer Regierungspartei in Schweden einen kleinen schmierigen Faschisten "Märtyrer und Patrioten" nennen, dann hätte er mit sofortiger Wirkung seine Funktionen zurückzulegen! (Abg. Dr. Puttinger: Wo sind wir denn? Das ist eine Frechheit! Ein "kleiner schmieriger Faschist" – so kann man nicht umgehen!) Dass das in Österreich nicht so ist, dafür sind Leute wie Sie verantwortlich, Herr Puttinger. – Ich danke Ihnen. (Abg. Schwarzenberger: Sie Kommunist Sie! – Beifall bei der SPÖ.)

14.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

14.49

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kräuter! Sie unterstützen zwar diese Zettelaktion hier von der Galerie nicht, aber inhaltlich unterstützen Sie das.

Bitte, Herr Kollege Kräuter, 30 Jahre hat die damals noch Sozialistische, nunmehr Sozialdemokratische Partei Zeit gehabt, die Inhalte dieser Forderungen umzusetzen. Ich bedanke mich bei den Damen, die sich vehement dafür einsetzen, dass die Rechte der Frauen endlich verwirklicht, umgesetzt werden.

Gleich zu Punkt 1: Frauen fordern die soziale Absicherung von Frauen. – 30 Jahre Sozialdemokratie waren nicht genug, das umzusetzen!

Punkt 2: Keine weiteren Sparpakete auf Kosten von Mädchen und Frauen. – Die Sparpakete der sozialistischen Ära haben den Frauen zugesetzt. Das wird kritisiert von den Damen auf der Galerie. Da gebe ich ihnen Recht, und sie können versichert sein: Die schwarz-blaue Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass ihre Forderungen großteils umgesetzt werden können.

Wenn hier steht: "Politische Schritte zur Bekämpfung der Armut, die großteils Frauen trifft", dann sage ich Ihnen: Jawohl, das werden wir machen! In Zukunft werden wir vermehrt dafür eintreten, dass auch die Rücknahme der Einsparungen im Bereich der Ermessensausgaben Platz greifen kann. Das werden Ziele sein, die wir umzusetzen haben, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der Protest – das ist das Einzige, was ich kritisiere, meine sehr verehrten Damen auf der Galerie – richtet sich also nicht gegen den Kurs der FPÖ, der Protest richtet sich gegen die Sozialistische Partei Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Reformregierung, meine Damen und Herren, hat sich beherzt dazu durchgerungen, auch eine Reform der Bundesministerien durchzusetzen. Der Inhalt und das Ziel dieser Reform, nämlich die Kompetenzzersplitterung zu beseitigen, ist mit dem heutigen Gesetz wirklich gelungen. Auch die Aufteilung der Zuständigkeiten, die sich an sachlichen Zusammenhängen orientieren muss, ist mit diesem Bundesministeriengesetz gelungen. Ich kann etwa darauf


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verweisen, dass die Frauenangelegenheiten jetzt im Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen sehr gut untergebracht sind, und zwar besser untergebracht als in einem eigenständigen, immer von Sozialdemokraten geführten Frauenministerium, denn diese haben, wie ganz richtig protestiert wurde, die Angelegenheiten der Frauen stets vernachlässigt. Wir werden dafür sorgen, dass sich das ändert.

Auch die Vereinigung von Landwirtschaft und Umwelt in einem Ministerium ist sehr sinnvoll. (Ruf bei den Grünen: Nein!) Die Grünen haben sich ja schon von der Umwelt vertschüsst, und daher wird der Landwirtschaftsminister auch die Agenden der Umwelt übernehmen können.

Wirtschaft und Arbeit mit dem Arbeitsrecht und dem Arbeitsmarkt in einem Ministerium ist, wenn es überhaupt noch eine Steigerung gibt, eine noch sinnvollere Einrichtung.

Ich freue mich über dieses Gesetz. Und was mich ganz besonders freut, ist, dass wir auch das Gesundheitswesen wieder etwas mehr aufwerten konnten. Durch die Installierung eines eigenen Staatssekretärs – es ist Professor Waneck, der dieses Amt innehat – hat das Gesundheitswesen wieder eine enorme Aufwertung erfahren.

Denn was war denn bisher? – Alle sozialistischen Gesundheitsminister sind kläglich gescheitert im eigenständigen Ministerium.

Ich habe den Textilgewerkschafter Ettl als Gesundheitsminister noch sehr gut in Erinnerung. – Kläglich gescheitert! Dann kam der Arzt Ausserwinkler, die große Gesundheitshoffnung aus Kärnten. – Kläglich gescheitert! Er wurde von der SPÖ wieder nach Hause an den Wörthersee geschickt. Und dann kam die schrille, aufgeregte nunmehrige Volksanwältin Krammer. Die hat das Gesundheitswesen völlig abgewirtschaftet.

Dann hat man sich, da es keinem der Sozialisten gelungen ist, mit der Gesundheit irgendetwas Ordentliches anzufangen, dazu entschlossen: Schaffen wir das Gesundheitsministerium ab und geben wir es der Hostasch! Und dieser ist es gelungen, das endgültige Aus, das endgültige K. o. der Krankenversicherungen zu bewerkstelligen, meine Damen und Herren: Die Krankenkassen sind nun nicht mehr in der Lage, die Behandlung der Krankheiten unserer Mitmenschen, die hohe Beiträge einzahlen, zu finanzieren, sie sind beim finanziellen Kollaps angelangt. Dem muss man entgegenwirken.

Das absolute Chaos im Gesundheitswesen, von dem Sie, Herr Kollege Gusenbauer, gesprochen haben, bezieht sich auf die Vergangenheit der sozialistischen Gesundheitspolitik und nicht auf die Zukunft, denn da wird sich jetzt wirklich etwas ändern. Sie müssen, Herr Kollege Gusenbauer, mit beiden Augen schauen, nicht nur mit dem linken. Machen Sie beide Augen auf, dann haben Sie die Möglichkeit, dreidimensional zu sehen! Sie werden in der dritten Dimension erkennen, dass Gesundheitspolitik etwas anderes ist als das, was die Sozialisten bisher gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch sehr viel zu sagen, aber ich sage Ihnen nur noch Folgendes: Diese Reformregierung hat mit diesem Bundesministeriengesetz gezeigt, dass sie zu Reformen bereit ist. Wir wünschen ihr dabei alles Gute. Gemeinsam mit dieser Strukturveränderung und gemeinsam mit dem hervorragenden und auch vom Ausland schon geschätzten Regierungsreformprogramm wird es gelingen, die Zukunft Österreichs wieder auf gesichertere Beine zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich Herrn Abgeordnetem Parnigoni noch vor 15 Uhr kurz das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass ich mir das Protokoll über die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Kräuter kommen lassen werde, um feststellen zu können, ob ein Ordnungsruf oder eine andere Ordnungsmaßnahme angebracht ist. (Abg. Mag. Haupt: Ein Ordnungsruf ist angebracht! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Ich möchte bei dieser Gelegenheit übrigens auch feststellen, dass ich heute eine besonders emotionalisierte Situation in diesem Hause feststellen kann, auf der anderen Seite aber auch eine offensichtlich erhöhte Bereitschaft, diese Aufgewühltheit noch zu stimulieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde Sie ersuchen, sich in beiden Bereichen etwas zurückzunehmen. Wir haben noch eine längere Tagesordnung vor uns, und ich glaube, es ist an sich kein Anlass gegeben, sich am heutigen Tag besonders zu echauffieren!

Herr Abgeordneter Parnigoni, ich erteile Ihnen das Wort. (Abg. Gaugg: Der wird jetzt zur Beruhigung beitragen!)

14.56

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der blau-schwarzen Einheitspartei auf der Regierungsbank! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: Und Rot-Grün auf der Oppositionsbank! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Zu den Ausführungen des Abgeordneten Pumberger kann ich nur sagen: 30 Jahre lang hat die Sozialdemokratie dafür gesorgt, dass die Frauen sich emanzipieren konnten. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das haben wir gesehen!) 30 Jahre, meine Damen und Herren, haben wir dafür gesorgt, dass es für die Frauen sozialen Aufstieg in allen Bereichen in diesem Land gegeben hat. (Abg. Jung: Ausgerechnet Sie sagen das!) Und gerade die Steuerreform, aber auch das Familienpaket des letzten Jahres, von dem sich, so nehme ich an, die ÖVP ja nicht absentieren wird, werden dazu beitragen. (Abg. Jung: Hagenhofer! Hagenhofer! – Abg. Aumayr: Hagenhofer! – Weitere "Hagenhofer"-Rufe von verschiedenen Abgeordneten der Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Aber dass die Frauen, die dort oben sitzen, Angst vor Ihnen haben, das kann ich mir vorstellen. (Abg. Aumayr: Ja, die Hagenhofer! Angst hat die Frau Kollegin Hagenhofer! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Denn, meine Damen und Herren, das, was Sie hier ankündigen, ist für die Frauen die ärgste Belastungswelle und die größte Bedrohung aller Zeiten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Die Hagenhofer hat sich gefürchtet! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Darf ich nun zu diesem uns vorliegenden Gesetzesvorschlag kommen. Hierzu ist festzuhalten, dass diese Neuordnung der Bundesministerien in Wirklichkeit zwei Prädikate verdient. (Abg. Gaugg: Das Prädikat "intelligent"!) Einerseits ist es eine Neuordnung ohne jegliche sachliche Zuordnung, zum Zweiten ist sie sozial und gesellschaftspolitisch problematisch.

Dies zum einen deshalb, weil die Arbeitnehmerinteressen nunmehr vom Wirtschaftsministerium wahrgenommen werden und daher in Wirklichkeit eine von Wirtschaftsinteressen unabhängige Sozialpolitik nicht mehr möglich ist. Zum Zweiten erfolgt damit natürlich auch die Auslieferung der Arbeitnehmerinteressen an die Wirtschaft. Das ist der blau-schwarze Faden, der sich durch dieses Gesetz, durch Ihre Politik zieht: in erster Linie arbeitnehmerfeindlich, aber alles für die Großindustrie. Das ist das Markenzeichen dieser blau-schwarzen Einheitspartei. Das müssen wir uns merken! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun zu einem speziellen Thema, nämlich zum Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Es ist ja schon bezeichnend, dass Sie eine Überarbeitung des Vorschlages gebraucht haben, um das Wort "Verkehr" in der Bezeichnung dieses Ministeriums überhaupt unterzubringen, obwohl das in Wirklichkeit ein wesentliches politisches Feld ist, das alle Menschen betrifft. Also sehr wichtig scheint Ihnen das nach Ihrer ersten Diktion zu schließen nicht gewesen zu sein.

Zum Zweiten ist festzuhalten, dass die Bundesstraßen nunmehr in diesem Bereich angesiedelt sind. Das ist etwas, was ich anerkenne. Allerdings ist es insofern eine halbe Sache, als man zwar von einem Infrastrukturministerium spricht, aber der ganze Bereich der Energie fehlt, meine Damen und Herren. Daher ist es, wie gesagt, eine halbe Sache.


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Wenn Herr Minister Schmid – ich bedauere, dass er nicht da ist und daher die Diskussion mit ihm nicht geführt werden kann – sich als Technologieminister wird bezeichnen wollen, dann hat er das Problem, dass es nicht einmal eine halbe Sache ist, denn in Wirklichkeit hat er nur ein Drittel der Kompetenzen des gesamten Technologiebereichs. Das zeigt erneut, dass Sie keine Neuordnung geschaffen haben, sondern in Wirklichkeit ein chaotisches Verhältnis in dieser Regierung herrscht.

Meine Damen und Herren! Im Koalitionspakt haben Sie geschrieben, dass Sie den umweltfreundlichen Ausbau von Bahn, Straße, Wasserstraße und die Optimierung des öffentlichen Verkehrs anstreben. Außerdem wollen Sie das zusätzliche Güterverkehrsaufkommen auf umweltfreundlichen Verkehrsträgern abwickeln.

Also, meine Damen und Herren, in dieser Frage werden wir Sie beim Wort nehmen. Da können Sie Gift darauf nehmen! Hinsichtlich Ihrer Budgetpolitik, die Sie in einem weiteren Kapitel darstellen, steht ja etwas ganz anderes: Sie wollen die Schiene massiv belasten und werden daher den Wettbewerb verzerren. Sie wollen in Wirklichkeit bei all den Investitionen der SchIG, der HL-AG einsparen und werden daher massiv Arbeitsplätze gefährden. Sie wollen die ÖBB zerschlagen und werden somit einem erfolgreichen Unternehmen im Güterbeförderungsbereich keine Chance geben, sondern vielmehr dieses Unternehmen in den Graben fahren. (Abg. Mag. Trattner: Das haben Sie nicht verstanden!)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter, ich darf Sie jetzt – um 15 Uhr – im Sinne der einschlägigen Bestimmungen unterbrechen. Sie erhalten zur Fortsetzung Ihrer Rede nachher wieder das Wort. (Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Parnigoni. )

Damit unterbreche ich die Verhandlungen über die Punkte 1 und 2 der heutigen Tagesordnung.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 231/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Durchführung der angekündigten Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 231/AB.

Die entsprechende Anfragebeantwortung ist im Sitzungssaal verteilt worden. Der Inhalt ist bekannt; damit erübrigt sich eine Verlesung durch einen Schriftführer.

Wir gehen ummittelbar in die Debatte zu dieser Anfragebeantwortung ein, wobei diese vom Herrn Abgeordneten Öllinger mit einer Redezeit von 10 Minuten eingeleitet wird. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es gibt ja außer der Causa Grasser auch noch andere Themen, mit denen sich das Hohe Haus besser und intensiver beschäftigen sollte. Dennoch möchte ich zu Beginn zur Causa Grasser schon noch anmerken: Entgegen den Darstellungen der freiheitlichen Redner und des Pressedienstes gibt es bis zum heutigen Tag noch keinen Antrag auf Löschung aus dem Handelsregister, der beim Handelsgericht in Wiener Neustadt eingelangt wäre. Das heißt, Ihre Verteidigungslinie, er hätte zurückgezogen, gilt nicht. Herr Grasser – wir werden ja dann noch Gelegenheit haben, darüber zu sprechen – kann alles Mögliche jemandem gegenüber erklären, Fakt ist, er ist noch Geschäftsführer, und zwar Geschäftsführer von zwei Gesellschaften, deren Handschrift sich in der Regierungserklärung findet.

Jetzt komme ich zum eigentlichen Thema, meine Damen und Herren. Wir werden noch über den Herrn Grasser sprechen, aber jetzt möchte ich über den Immobilienverkauf beim AMS sprechen.

Was ist passiert? – Das Bundes-AMS hat eine Immobilie, ein altes Palais in der Weihburggasse, und will das verkaufen. Es macht eine öffentliche Veräußerung – "Feilbietung" heißt das – und


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findet einen Käufer. Es ist sehr glücklich darüber. 90 Millionen! Wunderbar! Das ist mehr, als wir uns gedacht haben. 90 Millionen also für das AMS, und über den Anwalt des AMS wird ventiliert, dieses Geld, diese 90 Millionen Schilling, bei der Trigon Bank auf einem Treuhandkonto zu veranlagen. Da kommt etwas dazwischen, nämlich die Trigon Bank selbst. Sie hat Probleme, größere Probleme, Probleme, die bis heute nicht gelöst sind. Und jeder, der sich mit der Trigon Bank beschäftigt hat – ich kann nur jedermann und "jederfrau" anraten, wenn man sich mit dieser Causa beschäftigt, sich auch ein bisschen die Aktionäre der Trigon Bank anzusehen –, weiß, dass diese Probleme der Trigon Bank nicht von heute auf morgen gelöst sein werden, auch wenn irgendwelche georgischen Banken einspringen, wie es in den letzten Tagen geheißen hat.

Also gut. Die 90 Millionen Schilling sollen nach dem Vorschlag des Rechtsanwaltes des AMS bei der Trigon Bank treuhänderisch veranlagt werden, und der Rechtsanwalt der Trigon Bank, der Herr Fichtenbauer, erklärt: Ich mache das schon für euch, liebes AMS, ihr braucht euch mit der Causa gar nicht näher zu befassen. Ich mache das schon. Ich mache die treuhänderische Veranlagung.

Wegen der schon geschilderten Probleme bei der Trigon Bank kommt es nicht dazu. Die Trigon Bank wird unter Bankenaufsicht gestellt, und damit ist jedem innerhalb des AMS klar: Das geht nicht, das kann nicht sein. Es kommt also nicht zur Veranlagung, und das Interessante, das wirklich Merkwürdige ist: Es kommt auch nicht zum Kauf durch den Käufer. Das AMS will das nicht glauben und sagt: Nein, nein, der kauft schon, der ist ja gut und liquid. Das ist ein anerkannter Geschäftsmann, der kauft schon! Es setzt ihm eine Nachfrist. Die Nachfrist verstreicht. Der Rechtsanwalt des Käufers sagt: Unser Klient bringt das Geld sicher. Die Frist verstreicht. Neue Nachfrist, zweite Nachfrist. Die Frist verstreicht wieder. Kein Groschen Geld! Dritte Nachfrist, vierte Nachfrist. – Fünf oder sechs Nachfristen sind gesetzt worden bis Jänner.

Jetzt stellen Sie sich das einmal vor, meine Damen und Herren: Es werden sechs Nachfristen gesetzt, und zwar innerhalb der Zeit, zu der wir hier schon die politische Debatte hatten, und niemand kommt auf die Idee – von Seiten des AMS nicht, von Seiten des Sozialministeriums nicht –, sich diesen Käufer etwas näher anzusehen. Gut, das muss auch nicht sein, man muss den Käufer nicht kennen. Der Verwaltungsratsvorsitzende des AMS, der ehemalige Sektionschef Steinbach, hat erklärt: Ja, bitte, wo kommen wir denn da hin, wenn wir uns jeden Käufer ansehen!? – Natürlich muss man das nicht wissen, aber wenn die Republik oder das AMS eine Immobilie im Wert von 90 Millionen Schilling verkauft, dann soll sie nicht unbedingt an etwas zwielichtige Figuren verkauft werden. Aber in den Augen des AMS und des Sozialministeriums waren das absolut honorige Käufer.

Es waren die Grünen, meine Damen und Herren, die dann die Fakten auf den Tisch gelegt haben, die Fakten, die belegen, dass der Käufer, Herr Jean Henri Sonntag, in geschäftliche Beziehungen mit Partnern verstrickt war, mit einem gewissen Lorenz Kaufmann – auf diesen Namen komme ich vielleicht noch, wenn die 10 Minuten Redezeit ausreichen –, aber auch mit anderen Personen, etwa einem Herrn Tannouri aus Frankreich, der in Südfrankreich, in Nizza ganz offiziell als Mafioso bekannt ist und gemeinsam mit dem Herrn Sonntag auch Geschäfte gemacht hat, bei denen die Republik Madagaskar um Millionen betrogen wurde.

Na gut, da kann man sagen, vielleicht kann der Herr Sonntag nichts dafür. (Abg. Gaugg: Von wem?) Was meinen Sie? (Abg. Gaugg: Von wem wurde Madagaskar betrogen?) Von der Firma Flamco, an der Herr Sonntag, an der Herr Tannouri, an der Herr Lorenz Kaufmann und andere Personen beteiligt waren, wurde die Republik Madagaskar betrogen. – Damit habe ich die Käuferseite schon dargestellt.

Bei näherer Durchsicht aller Vorgänge stellt sich heraus, dass man sich dasselbe, was man sich auf der Käuferseite nicht angeschaut hat, auch auf der Verkäuferseite nicht angesehen hat. Denn da fällt mir auf – und damit bin ich bei der Anfragebeantwortung –, dass sich offensichtlich das Sozialministerium nicht einmal die Mühe gemacht hat, das, was ich in die Anfrage schon hineingeschrieben habe, näher anzuschauen.


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Also was ist da passiert, meine Damen und Herren? – Am 16. und 17. April erscheint in mehreren Tageszeitungen das Inserat für die öffentliche Feilbietung. Just an jenem 16. April, an dem das Inserat erscheint, langt in der Nacht beim AMS ein Anbot ein. Das erste Anbot. Die Firma Golf Immobilien nennt 83 Millionen Schilling und bittet um ein Gespräch. Bei diesem Gespräch – also mündlich – wird dann der Firma Golf Immobilien erklärt: Beteiligt euch an der Ausschreibung, an der Feilbietung.

Das macht die Firma Golf Immobilien offensichtlich nicht, denn sie erhält nicht den Zuschlag. Den Zuschlag erhält jemand anderer – das ergibt auch die Beantwortung –, nämlich die Firma Dorda, Brugger & Jordis, eine bekannte Rechtsanwaltskanzlei. Trotzdem sagt das AMS beziehungsweise das Sozialministerium in der Anfragebeantwortung: Die Provisionsforderung der Firma Golf Immobilien, die sich da noch in die Ausschreibung hineingeschwindelt hat, besteht zu Recht. Die soll zu Recht 3 Prozent Provision erhalten. – Wofür? Wer war der Auftraggeber?

Ich habe Fragen dazu gestellt, aus denen klar hervorgeht: Die Firma Golf Immobilien hat in dem einzigen Schreiben, das sie an das AMS gerichtet hat und in dem sie mitgeteilt hat, dass sie einen Käufer hätte, keine Provision verlangt. Trotzdem erklärt das AMS: Ihr erhaltet eine Provision von 3 Prozent.

Wurde die Firma Golf Immobilien vom AMS beauftragt? – Nein! Es gibt keine Beauftragung, weder schriftlich noch mündlich. Also was ist da passiert? Warum erhalten die eine Provision? Hängt das vielleicht mit der Person des Rechtsanwaltes des AMS zusammen?

Das ist eine interessante Person: ein gewisser Herr Dr. Fichtenbauer, Mitglied des Landesparteigerichtes der Freiheitlichen in Wien. Das ist eine interessante Kombination in Wien: Das AMS, das tiefrote AMS mit einem schwarzen "Einsprengsel", dem Herrn Böhm, wird von einem Freiheitlichen beraten. Offensichtlich nicht sehr gut beraten. Der Herr Fichtenbauer erklärt, diese Provision bestehe zu Recht. Auf Grund welcher Fakten? Das Sozialministerium wiederholt: besteht zu Recht. Auf Grund welcher Fakten? Es liegt keine schriftliche, keine mündliche Beauftragung dieser Firma vor, und diese Firma erhält auch nicht den Zuschlag bei der Ausschreibung. Warum sollen die eine Provision bekommen? Trotzdem sagt der Herr Fichtenbauer, die 3 Prozent bestehen zu Recht – ein Millionen betrag für eine Firma, die nichts getan hat, als einen Brief an das AMS zu schreiben. Drei Millionen für einen Brief an das AMS, in dem man mitteilt: Wir hätten einen Käufer! – Das finden Sie in Ordnung, meine Damen und Herren?

Ich könnte Ihnen noch mehr Merkwürdigkeiten erzählen, auch über den Herrn Fichtenbauer, den Rechtsanwalt des AMS, der jetzt nicht mehr Rechtsanwalt ist, obwohl er angeblich und anscheinend das AMS so gut beraten hat. Er ist nämlich Aktionär bei der Trigon Bank und Aufsichtsrat dort und wollte ein Geschäft, die treuhänderische Veranlagung der 90 Millionen, einleiten, die natürlich die Trigon Bank in einem entscheidenden Augenblick, zu dem diese Bank gekracht hat wie eine Kaisersemmel, ordentlich entlastet hätte.

Es kommt nicht dazu, und der Herr Fichtenbauer muss erkennen, dass das ganze Geschäft, das er abzuwickeln versucht hat, offensichtlich nicht aufgeht. Und interessanterweise beschäftigt das AMS den Herrn Fichtenbauer nicht mehr. Warum, Frau Bundesministerin? Das würde mich interessieren. Mich würde aber auch interessieren, Frau Bundesministerin, wozu es überhaupt diese Bestrebungen für eine Treuhandkonstruktion gegeben hat.

Sie schreiben in Ihrer Anfragebeantwortung, diese Treuhandkonstruktion existiere nicht. Sie hat existiert! Ich habe den Vertrag in der Hand, nur unterschrieben wurde er nicht. Frau Bundesministerin! Ich möchte bezüglich dieses Punktes Aufklärung haben.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ich möchte von Ihnen Aufklärung darüber, ob das AMS jetzt gegen den Käufer, die Firma Sonntag, die Treuhänder, die diesen Auftrag erteilt haben, die Firma Dorda, Brugger & Jordis, einen Prozess führt, um die Kosten hereinzubekommen. – Das wären die Fragen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeit beträgt einheitlich 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

15.13

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe mir die Anfrage und auch die Antwort genau angesehen und muss sagen, sie ist eigentlich sehr vollständig ausgefallen. Trotzdem teile ich die Betroffenheit des Herrn Kollegen Öllinger. Normalerweise macht man eine Anfragebesprechung, wenn man mit den Antworten nicht zufrieden ist, wenn sie nicht ausreichend sind. Sie haben aber hier die Vorgeschichte über dieses Geschäft oder dieses vermeintliche Geschäft noch einmal ganz klar dargelegt, und ich sage, es ist das Ihr legitimes Recht, und ich sage auch, dass ich froh bin, dass dieses Geschäft so nicht zustande kam.

Aber der Verwaltungsrat hat sogar die Bestellung der Vorstände bis zum Vorliegen eines externen Gutachtens aufgeschoben, und dieses externe Gutachten von der Firma Price Waterhouse sagt klar, dass es keine Gesetzesverstöße, keine Verletzung der Sorgfaltspflicht gegeben hat, dass rechtmäßig gehandelt wurde. Aber – und das sage ich auch ganz deutlich – der sachlich zuständige Vorstand für Finanzen im AMS, Herr Mag. Böhm, hat zwar nicht die Sorgfaltspflicht verletzt, aber er ist schon sehr sorglos, sehr locker-lässig und vor allem sehr vertrauensselig mit der Sache umgegangen.

Und jetzt komme ich zum Rechtsanwalt Dr. Fichtenbauer. Meine Damen und Herren! Ich habe eine völlig andere Vorstellung von einer rechtsfreundlichen Vertretung. Das darf keinesfalls ein Vorbeiagieren am Auftraggeber heißen, so wie es geschehen ist, und ich zitiere hier wörtlich: Soweit ein Anwalt mit der Abwicklung einer Angelegenheit betraut wird, wird sich der Vorstand grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass dieser seine übernommenen Aufgaben pflichtgemäß und sorgfältig erfüllt.

Meine Damen und Herren! Das würde ich auch meinen. Allerdings wundert mich spätestens seit dem Redebeitrag des Herrn Kollegen Öllinger nichts mehr, denn in dem Dunstkreis, in dem dieser Herr Rechtsanwalt angesiedelt ist, muss man dafür Sorge tragen, dass die anderen – ich zitiere – "auf die Schnauze fallen".

Eine Schlussfolgerung aus der ganzen Sache: Beim festgestellten Sachverhalt können – ich sage es noch einmal – weder strafrechtlich relevante Verhaltensweisen noch vermögensrechtliche Nachteile für das Arbeitsmarktservice festgestellt werden. Allerdings haben sich Mängel in der Kooperation und Kommunikation sowie in der Vorbereitung und Dokumentation von Rechtsgeschäften, im Besonderen im Zusammenhang mit den Liegenschafts- und Veranlagungsgeschäften, gezeigt. Es sind daher Vorkehrungen nötig, um diese Unzukömmlichkeiten abzustellen.

Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Jetzt frage ich Sie: Laut Regierungsübereinkommen stehen uns Änderungen beim AMS ins Haus. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um künftig solche Pannen zu vermeiden?

Einer Zeitung entnehme ich – Herr Kollege Öllinger hat das auch bestätigt –, dass Dr. Fichtenbauer angeblich nicht mehr für das AMS tätig ist. Wenn das zutrifft, ist es gut, wenn es nicht zutrifft, werden Sie dafür Sorge tragen, dass er das AMS künftig nicht mehr schädigen kann? Und wie sieht es mit seinem in Rechnung gestellten Honorar in der Höhe von 290 000 S aus? Das Geschäft kam nicht zu Stande. Wird dieses Honorar fließen? Und wenn das AMS jetzt klagt – ich denke, es wird klagen müssen –, werden Sie Einfluss darauf nehmen, dass es eine bessere rechtsfreundliche Vertretung gibt als bisher? (Beifall bei der SPÖ.)


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12. Sitzung / Seite 105

15.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat das Wort für 5 Minuten.

15.17

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es erinnert an dunkle Zeiten, wenn hier der Abgeordnete Öllinger beginnt, regelrecht ein Scherbengericht über einen öffentlichen Rechtsanwalt in Österreich zu halten und ihm zum Vorwurf macht, er hätte im Parteischiedsgericht der FPÖ ein Mandat.

Jetzt frage ich den Kollegen Öllinger allen Ernstes: Sollte es also für alle den Freiheitlichen nahe stehenden Personen in den freiberuflichen Bereichen ein Berufsverbot in Österreich geben, oder sollte es ein Vereinsverbot geben, oder woran denkt er? Ich bedauere es auch außerordentlich, lieber Kollege Öllinger, dass sich deine Sichtweise im Rahmen des Arbeitsmarktservice ausschließlich verengt auf die rechtliche Beratung eines Einzelnen und du dabei vergisst, dass die Hauptsorge eigentlich dem Arbeitsmarktservice in Summe gelten müsste.

Wenn Frau Kollegin Reitsamer meint, es wären keine vermögensrechtlichen Nachteile eingetreten, muss ich dem widersprechen, denn durch die dilettantische Vorbereitung des Verkaufs und des deshalb jetzt nicht zustande gekommenen Verkaufs erwächst zumindest ein Zinsennachteil, erwachsen Kosten, die nicht entstanden wären, hätten die dort verantwortlichen Geschäftsleiter – und dafür sind sie bestellt – den Verkauf auch ordnungsgemäß vorbereitet. Das wäre ehrlich und offen dazu zu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie hier von Dunstkreisen und Ähnlichem sprechen, muss ich wirklich sagen: Wehret den Anfängen! Was ist da los? Was ist mit Ihnen geschehen? – Sie haben ein tiefrotes Arbeitsmarktservice in dieser Republik installiert, das rein nach parteipolitischen Gesichtspunkten besetzt ist. Wenn schon der Verkauf einer Immobilie zu Schwierigkeiten führt, was zwar strafrechtlich keinen Tatbestand darstellt, aber gesellschaftsrechtliche beziehungsweise monetäre Nachteile hat, wobei es "nur" um 90 Millionen Schilling geht, möchte ich doch fragen, wie das bei den Lehrlingsprojekten ist, die in Summe 2,7 Milliarden Schilling beinhalten.

Da fällt mir unter anderem wieder einmal die Sache Euroteam ein oder einzelne Projekte, die durchgeführt wurden, von deren Erfolg wir bis dato nichts hörten, die lediglich viel Geld gekostet haben. 2,7 Milliarden Schilling! Frau Minister außer Dienst Hostasch! Sie wissen das, und Sie haben nicht umsonst den Rechnungshof gebeten, einmal nachzuschauen, was dort wirklich los ist.

Ich glaube, dass man letztlich nicht den, der beauftragt wird, Rechtsgeschäfte durchzuführen, an den Pranger stellen und für alles verantwortlich machen sollte. Er hat im Rahmen seiner Auftragstätigkeit die entsprechenden Arbeiten durchgeführt und konnte nur jene Maßnahmen umsetzen, die ihm auch mitgeteilt wurden.

Dass es da private Gespräche gibt und Ähnliches mehr: Bitte, wo ist da ein Nachteil für das Arbeitsmarktservice entstanden? Ich meine, er, der Jurist, hat einen beruflichen Nachteil, denn er war meiner Information zufolge Rechtsberater des Arbeitsmarktservice, was er nun nicht mehr ist. Das heißt, der einzige Leidtragende in diesem Zusammenhang ist jener Anwalt. Ein bisschen mehr Fairness, Frau Reitsamer, und kein Scherbengericht über einen Freiberufler, der täglich sein Brot verdienen muss mit seiner Rechtstätigkeit, würde ich meinen.

Noch ein Appell an meinen Kollegen Öllinger: Wir sollten uns wirklich vertiefen in das Arbeitsmarktservice. Aber er hat, glaube ich, ja ein entsprechendes Honorar bekommen, das ist abgerechnet worden. Provisionen konnten nicht fließen, in keine Richtung, weil der Verkauf bis heute nicht stattgefunden hat. Da gebe ich Ihnen völlig Recht, dass man darauf hätte achten sollen, dass eine Bonitätsprüfung erfolgt, dass man eine Garantie hineinnimmt. Aber da ist meiner Meinung nach der Anwalt vielleicht nicht der richtige Ansprechpartner, sondern in erster Linie die Geschäftsführung des Arbeitsmarktservice.

Aber wir haben es ja erlebt, als wir die Herrschaften als Auskunftspersonen im Rechnungshofunterausschuss geladen hatten. Sie waren auch in diesen Bereichen nicht sehr sattelfest. Da werden wir noch viel zu tun haben. Und der einzige vermögensrechtliche Schaden, der entstanden ist, ist der, dass der Verkauf nicht bereits vor einem halben Jahr oder vor einem Jahr


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beziehungsweise im April vergangenen Jahres über die Bühne gegangen ist. Da sollte man die Kirche im Dorf lassen, und man sollte auch prüfen, ob die vielen hundert Millionen Schilling, die dort verwaltet werden, effizient eingesetzt werden. Da haben wir viel zu tun, das könnten wir alle gemeinsam überprüfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

15.22

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Es waren die Grünen, die die Fakten auf den Tisch gelegt haben. Wo sind die Fakten, Herr Öllinger? Können Sie diese Fakten, diese Behauptungen, die Sie hier in den Raum gestellt haben, auch noch aufrecht erhalten, wenn Sie nicht mehr durch die parlamentarische Immunität geschützt sind?

Sie haben Behauptungen in den Raum gestellt. Sie haben von zwielichtigen Käufern gesprochen, Sie haben von zwielichtigen Anwälten gesprochen. Sie haben heute hier viele, viele Verdächtigungen, viele, viele Behauptungen in den Raum gestellt. Wo sind die Beweise?

Sie haben monatelang die Zeitungen oder zumindest einige Zeitungsspalten gefüllt mit den gleichen Aussagen, die Sie in Ihrer Anfrage getroffen haben, mit den gleichen Aussagen, die Sie heute hier wieder getroffen haben. Wenn man sich die Sache aber näher ansieht, muss man feststellen, es bleibt nicht sehr viel übrig an zwielichtigen Geschäften.

Ich gebe zu, dass es vielen von uns lieber wäre, wenn der Verkauf problemlos über die Bühne gegangen wäre. Bei großen Immobilien dauern aber wahrscheinlich die Verhandlungen länger, als wenn man einen Schrebergarten mit 50 Quadratmetern kauft, wo man schon 20 Jahre lang Nachbar ist.

Es wird sicherlich Gründe geben, warum es da zu Schwierigkeiten gekommen ist, nur verwahre ich mich dagegen, dass man hier Behauptungen in den Raum stellt, dass man in der Öffentlichkeit den Vorwurf erhebt, die Geschäfte seien nicht ordnungsgemäß abgewickelt worden, es sei hier Verschleierung betrieben worden und so weiter.

Tatsache ist, dass dieses Objekt zu veräußern ist, weil es nicht sinnvoll war, es zu sanieren. Tatsache ist, dass Feilbietungen in der Öffentlichkeit erfolgt sind. Tatsache ist, dass vier Bieter geboten haben, und Tatsache ist, dass das AMS und der betraute Anwalt gemeint haben, der Bieter, der den höchsten Preis anbietet, soll auch den Zuschlag erhalten. Hätten Sie anders entschieden, Herr Öllinger, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt Verantwortung getragen hätten für diesen Verkauf? – Ich glaube nicht.

Dann tauchten in der Öffentlichkeit Verdächtigungen auf. Okay. Dann gab es ein Gutachten des renommierten Beratungshauses Price Waterhouse. Dieses Gutachten hat ebenfalls keine Verschleierungen aufgezeigt. Dieses Gutachten – Sie kennen es, nehme ich an – hat auch gemeint, es kam zu keinem Treuhandvertrag. Dieses Gutachten hat im Großen und Ganzen eines zum Vorschein gebracht: dass es Kommunikationsprobleme innerhalb des AMS gibt, dass das Geschäft vielleicht besser hätte vorbereitet werden können, dass man vielleicht auch noch mehr Sicherheiten hätte einbauen können. Aber im Nachhinein ist eben jeder gescheiter – selbst Sie wahrscheinlich oder vielleicht auch die verantwortlichen Mitarbeiter im AMS.

Aber zu diesem Zeitpunkt war man der Meinung, zwei renommierte Rechtsanwaltskanzleien sind als Treuhänder tätig, jeweils für einen Käufer und einen Verkäufer, und man hat das beste Angebot, und das solle eben die Grundlage für den Kaufvertrag sein.

Wenn man die Sache näher betrachtet, muss man sagen, weder das Gutachten des Beratungsinstitutes Price Waterhouse hat etwas ans Licht gebracht, was vorwerfbar wäre, noch hat das arbeitsmarktserviceinterne Revisionsinstitut etwas zu Tage gebracht; und auch der Verwaltungsrat, der ja nicht nur von AMS-Leuten besetzt ist, sondern von den Sozialpartnern bestellt wird, kommt zu jener Feststellung, die Frau Reitsamer hier getroffen hat. (Abg. Öllinger: Bitte quälen Sie uns nicht!)


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Herr Öllinger! Ich bitte Sie sehr eindringlich: Hören Sie auf, überall sofort einen Skandal zu vermuten! Hören Sie doch auf, hier Behauptungen in den Raum zu stellen, die Sie nicht beweisen können! Hören Sie auf, Skandale zu konstruieren! Ich bin der Meinung, dass diese Ihre Vorgangsweise dem AMS und der Allgemeinheit große Kosten verursacht hat dadurch, dass sich der Käufer jetzt tatsächlich zurückgezogen hat. Aber ich würde mich unter solchen Begleitumständen, wie sie in der Öffentlichkeit gespielt wurden, auch hüten zu kaufen. Ich muss Ihnen sagen, was da an Fakten übrig geblieben ist, ist für mich ein Sturm im Wasserglas! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. Die Stellungnahme von der Regierungsbank aus soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

15.27

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Verkaufsvorgang "Weihburggasse" fand in der Amtsperiode meiner Vorgängerin, der Frau Bundesministerin Hostasch, im Jahre 1999 statt. Ich habe Ihnen in meiner Anfragebeantwortung nach bestem Wissen und Gewissen den derzeitigen Informationsstand übermittelt. Es wird kaum Anfragen geben, die so detailliert beantwortet wurden wie diese. Ihre heutigen Ausführungen, Herr Abgeordneter Öllinger, decken sich mit dem Inhalt der Anfrage, die von mir ausführlich beantwortet wurde.

Der Veräußerungsvorgang des Objektes "Weihburggasse" wurde sowohl von den zuständigen Ministerien – nämlich dem Sozial- und dem Finanzministerium – in Wahrnehmung ihrer Aufsichtsfunktion als auch von den zuständigen Organen des AMS, also der Revision und dem Verwaltungsrat, und zusätzlich darüber hinaus auch von einem unabhängigen Gutachter, Price Waterhouse Coopers, geprüft, mit dem Ergebnis, dass keiner der in der Öffentlichkeit bis dato vorgebrachten Vorwürfe hinsichtlich einer Verletzung der Sorgfaltspflicht beziehungsweise allfälliger wirtschaftlicher Nachteile für das AMS aufrecht erhalten werden kann. Die rechtlich einwandfreie Vorgangsweise des Vorstandes wie auch des Verwaltungsrates ist unmittelbar nachvollziehbar.

Alle Entscheidungen betreffend die Veräußerung wurden vom Verwaltungsrat einstimmig beschlossen und die Prüfungsergebnisse in diesem Zusammenhang auch vom Verwaltungsrat einstimmig zur Kenntnis genommen.

Ich habe alle diese Informationen von meinem Ministerium und dem AMS bekommen und gebe Sie Ihnen hiemit weiter.

Der Verkauf des dem AMS gehörenden Objektes "Weihburggasse", wo sich die Landesstelle des AMS-Wien befindet, wurde von den zuständigen Organen des AMS aus verwaltungsökonomischen und auch aus Rationalisierungsgründen einstimmig beschlossen. Er kam allerdings, wie heute schon sehr oft gesagt wurde, nicht zustande, da das AMS nach Setzung einer Nachfrist bis zum 29. Februar 2000 wegen Nichterfüllung und Verzug seitens des Käufers vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Damit ist der Vertrag rückwirkend aufgehoben.

Das AMS ist daher derzeit unverändert Eigentümer der Liegenschaft und berechtigt, die geplante Verwertung zu realisieren – und das soll auch in nächster Zeit stattfinden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Nächster Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Ich gebe schon zu, Sie können nicht über das Bescheid wissen, aber es wäre wünschenswert gewesen, wenn Sie sich zu Be


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ginn der Debatte zu Wort gemeldet hätten, denn dann wäre es den anderen Rednern möglich gewesen, auch darauf einzugehen. Das ist ja momentan der Punkt: Sie erklären jetzt, das AMS sei vom Verkauf zurückgetreten. – Ja, Frau Bundesministerin, wenn ich das recht verstehe, dann hätte das AMS klagen müssen: wegen Nichteinhaltung eines gültigen Kaufvertrages.

Also wenn das richtig ist, was Sie sagen, dann beginnt der Skandal erst jetzt! Dann beginnt der Skandal, denn es ist ein gültiger Kaufvertrag mit einem Käufer abgeschlossen worden, der ihn nicht erfüllt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie doch die Frau Hostasch!) Und da gibt es einen Treuhänder, der diesen Kaufvertrag für den Käufer abgeschlossen hat beziehungsweise der die entsprechende Gesellschaft hält, und diese Käufergesellschaft, die Weihburggasse 30 GesmbH & Co KEG, steht da mit 90 Millionen im Wort – mit 90 Millionen Schilling!

Wenn das AMS darauf verzichtet, diese 90 Millionen Schilling und alle Kosten, die ihm aus dem Kaufvertrag erwachsen sind, einzufordern, wenn das AMS darauf verzichtet, die Zinsen, die durch die Nichterfüllung des Kaufvertrages inzwischen verloren gegangen sind, einzufordern, dann hat das AMS ein Problem – nicht primär Sie, das gebe ich schon zu, aber Sie sind das Aufsichtsorgan dieses AMS. (Abg. Dr. Trinkl: Wer sagt denn, dass das AMS verzichtet?) Wenn das AMS von sich aus auf den Kaufvertrag verzichtet und zurücktritt, einseitig auf einen gültigen Kaufvertrag verzichtet, dann ... (Abg. Dr. Trinkl: Wer sagt Ihnen denn, dass das AMS verzichtet?)  – Die Frau Ministerin hat es gerade erklärt! Haben Sie nicht aufgepasst? (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Wenn das AMS zurücktritt, dann fängt das Problem an.

Meine Damen und Herren! Es wurde erklärt, Price Waterhouse Coopers habe keine Mängel festgestellt. – Das stimmt so nicht: Price Waterhouse Coopers hat festgestellt, es wurde keine Bonität geprüft und verlangt. Ich gehe dann schon noch auf die Bonitätsprüfung ein, auf die auch in der Anfragebeantwortung Bezug genommen wird. Es hat kaufmännische Mängel bei der Veräußerung festgestellt. Und da komme ich auf die Anfragebeantwortung zurück. Ich gebe schon zu, Frau Ministerin, das ist nicht primär Ihr Problem. Bei der Veranlagung auf dem Treuhandkonto – das können Sie aus der Antwort zur Frage 5 herauslesen – hätte weder der Verwaltungsrat noch der Vorstand befasst werden müssen, denn unter Punkt g heißt es:

"Nein, zu veranlagende Liquidität wird über das Treasury und den dafür geltenden Regeln durchgeführt." – Abgesehen davon, dass das grammatikalisch nicht stimmt, aber da fängt ein Problem an, meine Damen und Herren!

Wissen Sie, was das heißt, dass Herr Böhm – Vorstandsdirektor des AMS –, der für das Treasury zuständig ist und der Freund des Herrn Fichtenbauer ist, den Deal mit Herrn Fichtenbauer in Eigenverantwortung hätte durchführen können und nur durch die Tatsache, dass die Trigon Bank vorher "gekracht" hat, daran gehindert wurde? Wissen Sie, dass das die Konsequenz daraus ist, dass 90 Millionen Schilling treuhänderisch aus dem Vermögen des AMS entnommen und veranlagt werden können, ohne dass die zuständigen Gremien darüber informiert werden müssen? Sind Sie sich über die Konsequenzen dessen bewusst? – Ich hoffe, Frau Bundesministerin, Sie ziehen Konsequenzen.

Unser Vorwurf hat nicht das AMS im Allgemeinen betroffen, auch nicht das Sozialministerium, sondern – weil er hier auch sitzt, ich sage es noch einmal sehr deutlich – den Vorstandsdirektor Dr. Böhm! Dieser ist im Rahmen eines sozialpartnerschaftlichen Deals wiederbestellt worden, obwohl er genau für diesen Deal die Verantwortung trägt (Beifall bei den Grünen) und in keinem Punkt des Verfahrens – in keinem Punkt des Verfahrens! – die kaufmännische Sorgfalt, die für diese Veranlagung beziehungsweise für den Verkauf notwendig gewesen wäre, eingehalten hat.

Es ist unzureichend, was hier in der Anfragebeantwortung festgehalten wird, weil hier festgestellt wird, er hätte es machen können. Alleine hätte er diese 90 Millionen, ohne den Verwaltungsrat, ohne den Vorstand damit zu befassen, veranlagen können! (Abg. Dr. Trinkl: Es gab ja keinen Treuhandvertrag!)

Herr Abgeordneter Gaugg! Eine Bemerkung zu den Tränen über den Freiberufler Fichtenbauer: Ja, der Arme! – "Nur" 290 000 S hat er erhalten – "nur" 290 000 S! – Ja, Kollege Gaugg, wir wissen, was 290 000 S sind! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es gibt Honorarrichtlinien! – Abg. Dr. Martin


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Graf: Da sind 60 000 S Umsatzsteuer drinnen! So schaut es aus!) Dafür müssen andere Menschen ein Jahr lang arbeiten! Herr Fichtenbauer hat das AMS falsch beraten. Herr Fichtenbauer hat einen Deal vorgeschlagen, der wahrscheinlich bedeutet hätte, dass 90 Millionen am AMS vorbeigeschwindelt worden und in einer Bank verschwunden wären, wo das Geld mit Sicherheit nicht mehr zum AMS zurückgekommen wäre. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist ja nicht passiert! Das ist eine Unterstellung!) Das waren die Vorschläge des Herrn Fichtenbauer! Und Herr Fichtenbauer hat gesagt, diese Provision besteht zu Recht, obwohl – auch nach der Beantwortung – diese Provision zu Unrecht bestanden hat.

Meine Damen und Herren! Das ist ein ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Das ist ein klassischer Fall für einen Untersuchungsausschuss oder einen Unterausschuss, das sage ich Ihnen. Und wenn Sie diese Konsequenz verweigern, dann sind Sie verantwortlich! (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf: Umsatz ist nicht gleich Gewinn! Das wissen Sie schon noch?)

15.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

15.36

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dr. Elisabeth Sickl: Herr Abgeordneter Öllinger! Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Was Sie hier vorbringen, ist Schnee von gestern! Der Treuhandvertrag ist ja nicht zustande gekommen.

Ich kann mich nur darauf berufen, was mein Informationsstand ist, nämlich dass eben durch ein unabhängiges Team, das Büro Price Waterhouse, alle Vorgänge geprüft und für in Ordnung befunden worden sind. Das ist mein Informationsstand, mehr kann ich Ihnen nicht mitteilen.

Und was Ihre Wünsche betreffend das AMS anlangt, so werde ich diese selbstverständlich an meinen Ministerkollegen Dr. Bartenstein weiterleiten, der in Zukunft dafür zuständig sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Anträge wurden keine gestellt, daher ist auch nichts abzustimmen.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen als Nächstes zur Kurzdebatte über den Antrag von Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 26/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung novelliert wird, eine Frist bis zum 20. März dieses Jahres zu setzen.

Die Abstimmung wird im Anschluss an die Debatte durchgeführt werden.

Für die Begründung stehen 10 Minuten zur Verfügung.

Das Wort als Begründerin hat Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

15.37

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Fristsetzungsdebatte, die ich heute verlangt habe, bezieht sich auf einen Antrag, der schon einmal spät nachts zur Debatte gestanden ist, und zwar war es der Antrag auf die Erlassung eines Nachtfahrverbotes. (Abg. Mag. Trattner: Im Tiroler Landtag ist der Antrag ausgesetzt! Das wissen Sie auch!) Dieser Antrag ist für mich eine enorm wichtige Sache, die Sie in ihrer


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Wichtigkeit auf Grund der Debatte der letzten Tage über die Brenner-Maut-Klage auf jeden Fall mit in Ihr politisches Handeln einbeziehen sollten.

Dieser Antrag auf die Erlassung eines Nachtfahr-Verbotes ohne eine Ausnahme für lärmarme LKW ist jetzt in einem neuen Licht zu sehen. Wer die "Zur Sache"-Sendung am Sonntagabend zum Fall der Brenner-Maut oder zur möglichen Senkung der Brenner-Maut gesehen hat, konnte auch einige interessante Aussagen des Infrastrukturministers hören, die eigentlich genau meine Antragsbegründung unterstützen.

Die Brenner-Maut und vor allem die hohe Nachtmaut – das hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes im Zusammenhang mit der Maut sehr deutlich klargemacht – sind in Gefahr, gesenkt beziehungsweise aufgehoben zu werden. Das scheint nun für viele, denen die Frächter sehr nahe stehen, die sich ihre Verkehrsinformationen in erster Linie aus der Frächterszene holen, ein positiver Schritt von Seiten der Europäischen Union zu sein, weil endlich die Kosten im Verkehr auf der Brenner-Route sinken würden.

Allerdings hat Minister Schmid einige wichtige Sätze gesagt, die nicht nur die Frächter-Lobby als entscheidend für den Fortgang der Debatte sehen, sondern auch die Lebensinteressen der Bevölkerung. Der Herr Minister – und das ist vielleicht für die ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten interessant – hat die Lebensinteressen der Bevölkerung an die allererste Stelle in der Verkehrspolitik gestellt. Er hat sogar wortwörtlich gesagt: Und dann kommt lang, lang nichts!

Er hat also gesprochen wie der Vertreter einer Verkehrsinitiative aus Tirol, die auf Grund der Belastung, die die Menschen seit Jahren und Jahrzehnten entlang der Brenner-Route erdulden müssen, zur Ansicht gekommen ist, dass es einer Beschränkung des LKW-Transits auf dieser Route bedürfen wird – aber nicht nur auf dieser Route. Denn eines muss Ihnen allen auch klar sein: Wenn die Klage des Europäischen Gerichtshofes, so wie es ja sehr oft geschieht, nämlich zu 70 Prozent der Fälle, im Wesentlichen so erfolgt, wie der Generalanwalt vorgeschlagen hat, dann haben wir damit zu rechnen, dass die Brenner-Maut enorm abgesenkt wird.

Wir haben aber derzeit schon auf der Brennerstrecke die Situation, dass ein ganz großer Teil des Verkehrs, und zwar 30 Prozent – das geht aus den Unterlagen des Generalanwalts hervor, das geht aus den Verkehrsberichten des Landes Tirol hervor –, Umwegverkehr ist, der sich von der Schweiz nach Tirol verlagert, weil wir eben so billige Mauten haben. Wie Sie wahrscheinlich auch wissen, vor allem jene, die sich mit Verkehrsfragen ab und zu beschäftigen, hat die Europäische Union eine Wegekostenrichtlinie erlassen, die uns letzten Endes keine andere Möglichkeit lässt, als die Kosten für Bau und Infrastruktur in die Bemessung der Mauten mit einzubeziehen.

Wird diese Klage so entschieden – und das ist das, wovor ich so sehr warne –, wird damit ein Prinzip der Europäischen Union in der Verkehrspolitik zementiert, das fatal ist, und zwar die Tatsache, dass umweltrelevante Kosten oder sozial relevante Kosten, die aus der erhöhten Belastung durch den Verkehr resultieren, nicht mit berücksichtigt werden können, wenn die Mauthöhe in Diskussion ist. Das ist eine sehr, sehr schwer wiegende Sache, denn das bedeutet, dass die externen Kosten des Verkehrs hin zu den allgemeinen staatlichen Kosten verlagert werden, ohne dem Verursacherprinzip zu folgen.

Der Grund, warum ich nun den Antrag betreffend das Nachtfahrverbot dringend behandelt haben möchte, ergibt sich daraus: Landeshauptmann Weingartner, seines Zeichens ÖVP-Mitglied und auch immer einer der Wortführer innerhalb der Volkspartei gewesen (Abg. Dr. Khol: Ein guter Mann!), hat dezidiert verlangt, dass nun ein Nachtfahrverbot auf diesen Routen gelten soll. Aber nicht nur auf diesen Routen, denn ich glaube eines: Die Schutzwürdigkeit der Anrainerbevölkerung bezieht sich ja nicht nur auf Tirol, sie bezieht sich auf die burgenländischen Strecken, auf die steirischen Strecken, auf die Pyhrn-Route natürlich ganz genauso. Dort leiden die Menschen entlang der Transitrouten genauso unter den Abgasen und unter dem Lärm. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Nachtfahrverbot würde die Schutzziele, die der Minister in einer öffentlichen Stellungnahme für sich selber artikuliert hat, nämlich zuerst die Lebensinteressen und dann lang, lang nichts


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und dann erst alles Andere, voll erfüllen. Ein Nachtfahrverbot würde den Menschen entlang den Transitrouten eine Nachtruhe verschaffen, die sie lange nicht mehr hatten. Denn, wie ich schon einmal ausgeführt habe – aber es ist offensichtlich notwendig, es noch einmal zu betonen –, die Belastung in der Nacht ist trotz der Umstellung der LKWs auf lärmarm deswegen größer geworden, weil derzeit so viel mehr an Frequenz auf diesen Transitrouten gegeben ist.

Wenn Sie sich die Stellungnahmen des Alpenstraßen AG-Chefs Unterholzner anschauen, der erstens von einer Steigerungsrate im Ausmaß von 14 Prozent von 1998 auf 1999 spricht und zweitens davon, dass diese Strecke in zehn Jahren so voll sein wird, dass sich dort nichts mehr bewegen kann, dann kann es doch wohl nicht das Ziel dieser Bundesregierung und das Ziel dieses Parlaments sein, dass man für den internationalen Transit eine weitere Route schlägt, indem man die Autobahn verbreitert, wie es ja schon verschiedenenorts vorgeschlagen wurde, sondern Ziel kann doch nur sein, dass man den Menschen entlang den Transitrouten ihre Nachtruhe wieder gibt.

Die Nachtruhe – das muss Ihnen allen klar sein, und Sie werden sofort einwenden, in der Stadt hat man sie auch nicht – ist eines der gesundheitlich relevantesten Themen, wenn es um Gesundheitsschäden aus Umweltbelastungen geht. Wenn die Nachtruhe auch noch durch Dauerlärm, wie zum Beispiel durch transitierende LKWs, gestört ist, sind größte Schwierigkeiten im Gesundheitsbereich für die Anrainerbevölkerung zu erwarten. Das führt zu erhöhter Nervosität, das führt zu erhöhter Störbarkeit, das führt zu erhöhten Erkrankungen der Koronargefäße, das führt zu allen möglichen Störungen auf gesundheitlicher Ebene, auch zu höherer Nervosität der Kinder, die diesem Lärm ausgesetzt sind.

Ich beantrage deswegen, dass für die Behandlung dieses Antrags eine Frist bis 20. März gesetzt wird, denn ich glaube, dass die Anrainerbevölkerung der großen Transitachsen, vor allem der Brenner-Route, ein Recht darauf hat, zu erfahren, ob dieses Parlament, ob diese Abgeordneten daran interessiert sind, ihre Lebensinteressen hier zu vertreten und nicht zu Gunsten der internationalen Frächter zu arbeiten, die Tarife zu senken und die Nacht wieder den LKWs zu schenken und nicht mehr der Bevölkerung als Ruhezeit zur Verfügung zu stellen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist der Fristsetzungsantrag begründet. Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen ab jetzt je 5 Minuten.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

15.48

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die drohende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ist Anlass, diese Fristsetzung wirklich ernsthaft zu überlegen, und zwar bitte ich alle, das zu tun. Wir haben, wenn die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes so ausgeht, wie es manche befürchten, wie es aber noch nicht sicher ist, denn wir glauben, dass man die Mauthöhe durchaus auch rechtfertigen kann, zwei Möglichkeiten: Wir können innerstaatlich reagieren, und wir müssen nach außen reagieren.

Innerstaatlich – und da sollte es keinen Dissens geben – können wir reagieren durch die Verhängung eines Nachtfahrverbotes, jedenfalls auf der Brenner-Route, und das ist auch der Grund, weshalb die sozialdemokratische Fraktion diesem Fristsetzungsantrag zustimmt. Wir werden dann im Ausschuss zu diskutieren haben, ob das Nachtfahrverbot für ganz Österreich eingeführt werden soll oder nur für die Brenner-Route. Das ist eine zweite Diskussion. Aber unbestritten sollte es, auch wenn man die politischen Forderungen aller Parteien im Tiroler Landtag hernimmt, für die Brenner-Route sein.

Die zweite Maßnahme, die jetzt noch möglich wäre, wenn diese Bundesregierung handlungsfähig wäre, ist zu verhandeln. Das müsste jetzt geschehen. Die Klage ist anhängig, die Entscheidung ist immer noch verhinderbar. Wenn die österreichische Bundesregierung imstande wäre, mit Belgien, mit Frankreich, mit Deutschland, mit Holland, mit den EU-Mitgliedstaaten zu


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verhandeln und diesen Mautkompromiss, der bereits einmal ausgehandelt wurde, noch einmal zu reaktivieren, dann ließe sich diese Entscheidung verhindern.

Aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir sehen da schwarz, denn es wird wohl nicht möglich sein, diese bilateralen Verhandlungen zu führen, wenn diese Bundesregierung von Seiten der Europäischen Union als Gesprächspartner für bilaterale Verhandlungen nicht in Frage kommt.

Auch bei dieser wichtigen Frage der Brenner-Maut entsteht ein Schaden für Österreich, den diese Bundesregierung anrichtet, ein Schaden, der schwer wieder gutzumachen sein wird.

Wir bräuchten aber auch eine klare Position der neuen Bundesregierung, und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie eine solche Position zustande kommen sollte. Die Wortmeldungen der freiheitlichen Verkehrssprecher zu diesem Thema sind ja Legion. Sie sind sehr fleißig, was das Sich-zu-Wort-Melden anlangt. Sie sind aber weniger gut, was die Konsequenz der Wortmeldungen, das heißt, was das Bleiben bei einer bestimmten Linie anlangt. Da fehlt es.

Es ist überhaupt interessant, wenn man die Reihe der FPÖ-Verkehrssprecher einmal Revue passieren lässt. Vor dem Kollegen Firlinger gab es einmal den Kollegen Rosenstingl. Den können wir jetzt auf anderen Seiten der Zeitungen "bewundern". – Bewundern wahrscheinlich nicht, Sie werden sich jedes Mal ärgern, wenn Sie darüber lesen und wenn Ihre prominenten Leute wie Stadler & Co als Zeugen wegen des wirtschaftlichen Versagens eines Ihrer führenden Funktionäre auftreten müssen.

Zuvor war einer Ihrer Verkehrssprecher Kollege Meischberger – auch gerichtsbekannt, wenn man das so sagen kann, auch wegen Problemen finanzieller Art. Ich hoffe nur, dass Kollege Firlinger diese Linie nicht fortsetzt und wir demnächst auch auf den Gerichtsseiten etwas über ihn lesen müssen. Das würde ich ihm wirklich nicht wünschen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Das ist so skandalös, finden Sie nicht? – Sie sagen nicht die Wahrheit, Kollege Niederwieser, das sind Spekulationen übelster Sorte!)

Aber ich sage hier nur die Wahrheit, Kollegin Partik-Pablé: Die früheren Verkehrssprecher der Freiheitlichen Partei finden wir auf den Gerichtsseiten wieder. Jetzt haben wir einen, von dem ich hoffe, dass das nicht so sein wird. Wenn Ihnen das zu viel ist, dann weiß ich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder wissen Sie vielleicht mehr, als ich weiß, als wir wissen? Es wäre ja auch denkbar, dass Sie etwas wissen und deshalb hier so sensibel auf diese Frage reagieren. Sonst ist das ja nicht erklärbar. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Unseriös bis dorthinaus!)

So wie diese schwarz-blaue Regierung über die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer drüberfährt, so wird dieses Land und wird die Bevölkerung vom Transitverkehr überrollt, wenn nicht rasch gehandelt wird. Daher sind wir für diese Fristsetzung. Wir haben alles vorbereitet, damit dieser Schaden von Österreich fern gehalten werden kann. Jetzt ist diese Bundesregierung an der Reihe, ihre Arbeit zu erledigen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenberger. )

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Die Ausführungen des Kollegen Niederwieser wären schon eine Bemerkung wert gewesen!)

15.53

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja zu Tirol, ja zur Bevölkerung! Die Tiroler Bevölkerung hat wirklich das Recht, dass sie vor Lärm geschützt wird. Das stimmt. Aber eines macht mich ein bisschen stutzig, Frau Lichtenberger: Sie haben denselben Antrag in der Tiroler Landesregierung eingebracht, und dann ist Folgendes passiert: Da wurde dieser Antrag ausgesetzt, weil nämlich Herr Minister Einem ein Ermittlungsverfahren initiiert hat, damit man sieht, wie viele Transitfahrten tatsächlich durchgeführt werden.


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Diese Studie soll Mitte März fertig sein. Haben Sie Angst, dass dabei vielleicht herauskommt, dass nicht so viele LKW durchfahren, wie Sie glauben, oder was wollen Sie? (Abg. Dr. Lichtenberger: 1,5 Millionen!)

Nein! Sie können das noch gar nicht wissen, weil es diese Studie noch nicht gibt. Sie haben Angst vor dieser Studie! Oder wie meinen Sie das? Was sollen wir machen? Wollen wir in den Ausschuss gehen, ohne dass wir Fakten kennen, ohne dass wir genau wissen, wovon wir reden? Ich muss Ihnen anscheinend das kleine Einmaleins beibringen. Wenn man ein Ziel sucht, dann muss man den Iststand erfassen, muss das Ziel erfassen, und dann muss man schauen, wie man dorthin kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man nicht weiß, wovon man spricht, dann ist es eben schwierig. (Abg. Dr. Lichtenberger: Lesen Sie den Tiroler Verkehrsbericht!) Ich habe es ja gesehen: Sie sind knapp vor Ihrer Rede hereingekommen, haben zwei leere Zetteln genommen und sind da heruntergegangen. Aber Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Lesen Sie den Verkehrsbericht Tirol!)

Ich sage es noch einmal: Mit dieser Politik ... (Zwischenruf bei der SPÖ.)  – Ja, Sie sind auch Tiroler. Ihr Kollege hat das auch gewusst. Ihr Kollege weiß auch, dass es diese Studie gibt. Die Sozialisten müssen ja wissen, dass das jetzt kommt. Wenn die Studie herauskommt, dann wissen wir, wovon wir im Ausschuss reden. Es geht darum, nicht einfach nur Polemik zu machen. Das ist Polemik und sonst nichts, und zwar auf dem Rücken der Tiroler Bevölkerung!

Eines muss man einmal klarstellen, und das stimmt: Die Bevölkerung hat ein Recht auf Schutz – auch Herr Minister Schmid hat das ganz klar und deutlich gesagt (Beifall bei den Freiheitlichen)  –, aber machen Sie nicht Politik auf dem Rücken der Tiroler Bevölkerung! Derzeit tun Sie das. Sie stellen sich da herunter, polemisieren und haben keine Ahnung. So kann es nicht sein: Sie wissen, dass in Tirol der Antrag ausgesetzt wird, weil man eben Fakten haben will, und jetzt wollen Sie das Parlament überrumpeln. Wie stellen Sie sich das vor? – So kann man doch nicht agieren! (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie wissen gar nichts!)

Ja, ja! Sie können ruhig dazwischen schreien, aber Tatsache ist, dass es die Studie bald geben wird, dass diese Studie im März kommen soll. Und Sie wollen jetzt verhindern, dass man die Erkenntnisse dieser Studie noch in die Debatte einbringt.

Ich sage Ihnen ganz klar: Diese Thematik muss durchdacht werden, und zwar aus dem einfachen Grund, weil wir sonst demnächst wieder ein EU-Verfahren anhängig haben. Wenn wir ein Husch-Pfusch-Gesetz machen, dann passiert uns das Gleiche, was jetzt im Zusammenhang mit der Brenner-Maut passiert. Dann gibt es wieder eine EU-Klage. Und was wird passieren? Das Ganze ist wieder hinfällig. Und das wollen Sie? Oder wollen Sie mit Fakten arbeiten? (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja!)  – Ja, dann arbeiten Sie auch damit! Dann warten Sie auf diese Studie! Oder haben Sie Angst? Sie haben Angst, da bin ich mir sicher. Wir werden sehen, was herauskommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. – Nach dem übernächsten Redner wird dann über den Fristsetzungsantrag abgestimmt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.57

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Frau Vizekanzlerin! Frau Staatssekretärin! Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben uns bereits am 26. Jänner dieses Jahres mit diesem Thema beschäftigt. Damals haben Kollegin Moser und Kollegin Lichtenberger diesen Antrag bereits eingebracht. Wir haben uns auch vor zwei Jahren schon mit diesem Antrag beschäftigt. Damals hat ihn Frau Kollegin Petrovic eingebracht. Seitdem hat sich wenig geändert. Aber wir sind selbstverständlich grundsätzlich immer bereit, über dieses Thema zu reden.

Aber wenn wir über dieses Thema reden, dann möchten wir das sachlich und wirklich umfassend tun. Denn, meine Damen und Herren – und da wende ich mich auch an Frau Kollegin Lich


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tenberger –, Sie haben gesagt, es ist zu befürchten, dass durch das EuGH-Erkenntnis die Maut gesenkt wird, und Sie haben davor gewarnt. In diesem Zusammenhang möchte ich aber schon darauf hinweisen, was das Forschungsinstitut des VCÖ, des Verkehrsclubs Österreich, dazu gesagt hat – Ihr Verkehrsklub, Ihr Forschungsinstitut. Es schreibt in einer Aussendung vom 28. Februar: Der Generalanwalt hat die Brenner-Maut als zu hoch und als Diskriminierung für nicht in Österreich zugelassene LKW bezeichnet. Dieser Vorwurf ist berechtigt, stellt Wolfgang Rauh vom VCÖ fest.

Meine Damen und Herren! Das ist ja genau das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben! Sie befinden sich hier in einem klaren Widerspruch zu dem, was Ihre eigenen Experten zu diesem Thema gesagt haben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das sind nicht meine Experten!)

Herrn Kollegen Niederwieser möchte ich Folgendes sagen: Herr Kollege, wenn es jemanden gibt, der diese verkehrspolitische Situation und den Transitvertrag zu verantworten hat, dann waren das Ihre sozialdemokratischen Verkehrsminister! Es waren Minister Klima und Minister Einem, die diese Verträge ausverhandelt haben und alle verkehrspolitischen Entscheidungen in diesem Zusammenhang getroffen haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aus dieser Verantwortung können Sie sich nicht stehlen! (Abg. Parnigoni: Sie haben nicht mitgestimmt, Kollege Kukacka? Wo waren Sie?! Wo waren Sie?!)

Wir bekennen uns dazu. Wir bekennen uns zu diesen Entscheidungen, aber wir lassen nicht zu, dass Sie sich aus dieser Verantwortung stehlen! Das ist zu billig, weil Sie haben sie zu verantworten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie stehlen sich aus der Verantwortung!)

Meine Damen und Herren! Wir müssen auch noch eines festhalten: Es besteht keine Dringlichkeit. Wir werden uns sachlich mit diesem Thema beschäftigen. Das habe ich bereits gesagt. Aber wir werden unsere Maßnahmen dann zu treffen haben, wenn die EuGH-Klage beziehungsweise das Urteil des EuGH zur Brenner-Maut vorliegt. Dann werden wir über die Konsequenzen und die Maßnahmen reden; vielleicht auch über ein notwendiges Nachtfahrverbot. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wenn es zu spät ist für Tirol!) Wir stellen uns nicht von vornherein dagegen. Aber wir sind gegen jede billige Polemik, und wir sind vor allem dagegen, dass Sie sich jetzt nicht mehr zu jener Verantwortung bekennen, die Sie diesem Land eingebrockt haben, nämlich zum Transitvertrag und zu allen damit zusammenhängenden Entscheidungen in diesem Lande! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden diese Entscheidung dann treffen, wenn klar wird, welche Entscheidung Deutschland hinsichtlich seines Road-Pricing-Systems getroffen hat. Dann werden wir entscheiden, ob es in Österreich tatsächlich das halboffene System mit Mautstellen geben wird, das derzeit von der ASFINAG geplant ist, oder ob wir ein voll elektronisches System bekommen, das ohne Mautstellen auskommt, damit die Investitionskosten niedriger werden. Es muss sichergestellt sein, dass es in Österreich keine Insellösung geben wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Verzögern, verzögern, verzögern!)

Wenn diese Entscheidungen vorliegen, meine Damen und Herren, dann werden wir uns auch sachlich und intensiv und ohne jede Polemik mit dem Nachtfahrverbot auseinander setzen – aber nicht vorher, weil es vorher nicht gerechtfertigt wäre und es eine billige parteipolitische Polemik ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Die Mautklage wird heuer entschieden!)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

16.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Fakten, Verkehrsfakten für den Alpenraum, Verkehrsfakten für das Land Tirol. Vorbildlicherweise publiziert das Land Tirol jedes Jahr Daten über die Verkehrsentwicklung.


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12. Sitzung / Seite 115

Diese Fakten kann jeder in diesem Haus einsehen, und anhand und aufgrund dieser Fakten ist auch diese Lebensfrage zu diskutieren.

Meine lieben KollegInnen! Klar ist, dass das Land Tirol feststellte, es gibt massive Zuwächse. Beim PKW-Verkehr gibt es 7,2 Prozent Zuwachs, beim LKW-Verkehr im Vergleich zum Vorjahr 14,3 Prozent Zuwachs, und wir haben allein im Jänner bei den LKWs schon wieder Zuwächse, und zwar mehr als 10 Prozent, nämlich insgesamt 11,7 Prozent.

Zuwächse signalisieren eine Minderung der Lebensqualität, signalisieren, dass die Lebenssubstanz der Anrainerinnen und Anrainer zusehends bedroht ist, und Zuwächse signalisieren auch, dass wirklich im höchsten Maße politischer Handlungsbedarf besteht. Bitte weichen Sie nicht auf irgendwelche Studien aus, die man gar nicht braucht, weil ja die Fakten auf dem Tisch liegen, die Fakten täglich nachlesbar sind! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Kukacka! Ihre Zitate schätze ich (Abg. Dr. Fekter: Ein guter Mann!), aber ich würde sie noch mehr schätzen, wenn sie vollständig wären. In der VCÖ-Presseaussendung wurde deutlich, dezidiert erklärt, dass im Rahmen des EU-Rechtes, aufgrund der Rahmenbedingungen der EU, die Klage sehr wohl berechtigt ist.

Allerdings sind die Rahmenbedingungen der EU unseres Erachtens und auch Ihres Erachtens – das haben Sie ja wiederholt einbekannt – nicht korrekt, nicht umfassend und nicht kostenwahr. Uns kommt es darauf an, dass die Rahmenbedingungen wirklich menschengerecht werden, und menschengerecht werden sie auch, wenn sie kostenwahr sind. Derzeit müssen wir zu einer Krücke greifen, und diese momentane Krücke heißt einfach Brenner-Maut in einer außerordentlichen Höhe. Es hätte ja ein Kompromissmodell gegeben, aufgrund dessen die Klage zurückgestellt, nicht erhoben, sondern zurückgezogen worden wäre, aber diese Krücke war ja gerade Ihnen, gerade Ihrem Landeshauptmann Dr. Weingartner nicht recht. (Beifall bei den Grünen.)

Weil Herrn Dr. Weingartner eben die Frächter mehr am Herzen liegen als die Tiroler Bevölkerung, gibt es die EU-Klage. So ist es, das ist ein Faktum, das ist nachzulesen. Das einzige Mittel, das uns jetzt an straßenverkehrlichen Möglichkeiten, hier einschränkend zu wirken und diese Zuwächse zu reduzieren, noch bleibt, sind Fahrverbote. Und das allerwichtigste, das lebensnotwendige Fahrverbot ist halt das Nachtfahrverbot.

Ich möchte wissen, wie Sie es aushalten würden, wenn vor Ihren Fenstern täglich LKW-Verkehr vorbeidonnern würde, der im Jahr die Summe von 1,5 Millionen Fahrten erreicht und sich auf diese Summe steigert. Davor braucht man sich nicht lange herumzudrücken. Es ist eine Frage der Dringlichkeit, dass man diese Nachtfahrverbote erlässt. Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass es in der EU immer wieder Bestrebungen gibt, die Harmonisierung der Wochenendfahrverbote, der Nachtfahrverbote und der Feiertagsverbote in Europa voranzutreiben.

Wir brauchen diese Fahrverbote zum Schutz der Lebensinteressen der Bevölkerung und vor allem der Leute vor Ort, im Interesse der Bürgerinitiativen, für die Sie (in Richtung der Freiheitlichen) ja immer wieder in die Bresche springen, für die Sie immer wieder – zumindest verbal – auf die Barrikaden steigen, die Sie aber immer wieder, wenn es darauf ankommt, wenn die Nagelprobe gemacht wird, fallen lassen. Daher bin ich heute neugierig, ob Sie nicht doch dieser Fristsetzung in der Tradition Ihrer früheren Oppositionspolitik ebenfalls Bedeutung beimessen und ihr zustimmen werden. Ich bin neugierig! (Beifall bei den Grünen.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher schließe ich die Debatte über diesen Fristsetzungsantrag.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Frau Abgeordneten Lichtenberger, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 26/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung geändert wird, eine Frist bis zum 20. März 2000 zu setzen.


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12. Sitzung / Seite 116

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen jetzt die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 fort, und innerhalb dieser Debatte setzt Herr Abgeordneter Parnigoni seine unterbrochene Rede fort.

Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Sie haben vorhin 6 Minuten lang geredet. Es steht Ihnen frei, Ihre Rede bis zu einer maximalen Zeit von 14 Minuten fortzusetzen. – Bitte.

16.07

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren von der blau-schwarzen Einheitspartei! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie werden nicht besser, Herr Parnigoni!) Ich möchte dort fortsetzen, wo ich begonnen habe, und feststellen, dass die Regierungsvorlage in Wahrheit das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht.

Meine Damen und Herren! Im heutigen "NEWS" steht Folgendes – ich zitiere –:

Womit das Innenverhältnis der schwarz-blauen Zusammenarbeit völlig neu definiert werden muss. Ab sofort wird jedem blauen Minister ein schwarzer Mann-Decker zur Seite gestellt. Um Finanzminister Grasser soll sich fortan der starke Landwirtschaftsminister Molterer kümmern. Wirtschaftsminister Bartenstein muss sich um die beiden FP-Minister Sickl und Schmid gleichzeitig kümmern – eine Sisyphusarbeit! Und der durch seine geschickte Performance gleich zu Beginn positiv aufgefallene Neo-Innenminister Ernst Strasser soll ein Auge auf den Verteidigungsminister Scheibner haben. – Ende des Zitats. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten vorlesen lassen, weil selber können Sie es nicht!)

Meine Damen und Herren! Warum haben Sie das nicht gleich in Ihre Regierungsvorlage hineingeschrieben? Das Chaos ist perfekt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Hohes Haus! Herr Haigermoser, was immer Sie sagen, ich weiß es: Der Schüssel ist in Wahrheit an all dem schuld. Eine Analyse der Zeitschrift "profil" sagt das eigentlich auch aus. Ich darf zu Ihrer Freude noch einmal zitieren. (Abg. Mag. Kukacka: Rudi, dass du lesen kannst, wissen wir eh! Das haben wir doch alles schon gelesen!)

Lingens schreibt: Für meine Frau gibt es fast nur einen Schuldigen: Wolfgang Schüssel. Getrieben vom krankhaften Ehrgeiz aller Kleingewachsenen habe er stets nur ein Ziel vor Augen gehabt: Kanzler zu werden. Erreicht habe er dieses Ziel durch Falschheit. Zuerst habe er alle seine traditionellen Wähler hereingelegt, indem er sie, bei aller verbalen Reserve gegen die SPÖ, letztlich in dem Glauben ließ, die rot-schwarze Koalition fortzusetzen. Dann habe er die Wähler hereingelegt, die der ÖVP im letzten Augenblick ihre Stimme nur gaben, um genau das zu verhindern, was nun passiert ist. Dann habe er Viktor Klima hineingelegt, indem er vorgab, ernsthafte Regierungsverhandlungen zu führen, während er längst entschlossen war, sie scheitern zu lassen. Österreich, sein innerer Zustand, sein äußerer Ruf ist ihm vollkommen egal gewesen, solange nur das Ergebnis stimmte: Kanzler. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das Ergebnis ist auch eine internationale Isolierung Österreichs, das Ergebnis ist auch eine blau-schwarze Belastungswelle, vor allem für die Arbeitnehmer, und das Ergebnis ist auch ein schwerer Demokratieverlust in diesem Land, den Sie und Sie (der Redner weist in Richtung Freiheitliche beziehungsweise ÖVP) hier im Haus permanent beweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Bundeskanzler Schüssel ist ins Stammbuch zu schreiben: Er hat dieses Land in Wirklichkeit auf seinem persönlichen Gabentisch geopfert! (Beifall bei der SPÖ. –


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Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.  – Abg. Haigermoser: Jetzt hat er es uns hineingesagt! Ich fange mich schon zu fürchten an!)

16.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ortlieb. Er hat das Wort.

16.11

Abgeordneter Patrick Ortlieb (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Bedeutung des Sportes ist uns allen bekannt: Gesundheitsvorsorge, volkswirtschaftliches und individuelles Wohlbefinden, Persönlichkeitsentwicklung, soziale Integration sowie regionale und nationale Identifikation. Auch die Vorbildwirkung, die Spitzensport hat – gerade auf unsere Jugend –, sollte nicht unterschätzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Daher erübrigt sich wohl die Frage nach der Notwendigkeit eines Sportministeriums. Eine systematische, transparente und effektive Sportpolitik, wie es unser gemeinsames Regierungsprogramm vorsieht, kann es nur mit entsprechenden Rahmenbedingungen geben. Ich konnte in meiner aktiven Zeit als Spitzensportler am eigenen Leib erfahren, dass sich österreichische Sportpolitik nur dann in Szene setzen konnte, wenn es galt, Erfolge zu feiern und Ehrungen vorzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dabei vermisste ich eine langfristige Konzeption. Parteiunabhängige Sportförderungen, wie wir sie nun realisieren wollen, stellen daher einen Garant für den langfristigen und zukunftsweisenden Bestand von Schul- und Breitensport dar.

Ich erlebte die Zugehörigkeit der Sportverantwortlichkeit folgendermaßen: Einmal war sie im Unterrichtsministerium, später im Gesundheitsministerium, in den letzten Jahren war sie in einem Staatssekretariat, das dem Bundeskanzleramt angehängt war. Dieser ständige Wechsel macht deutlich, mit welcher "Seriosität" und mit welcher "Wichtigkeit" der Sport bis dato in diesem Land behandelt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit der Realisierung eines Sportausschusses, welcher auf maßgebliche Initiative der Freiheitlichen forciert wurde, sowie der Gründung eines Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport, an dessen Spitze eine freiheitliche Ministerin steht – umgeben von Personen, die den österreichischen Sport maßgeblich mitgestaltet haben –, wurden bereits die richtigen Schritte für eine effiziente Sportpolitik in diesem Land getätigt. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.) Schritte, die auf den ersten Blick Kosten verursachen, bei genauer Betrachtung aber das Gegenteil erzielen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder von Ihnen weiß, dass Sport in allen Alters- und Gesellschaftsschichten betrieben wird, dass er nicht nur hilft, Haltungs- und anderen Gesundheitsschäden vorzubeugen, sondern dass er auch wesentliche volkswirtschaftliche und beschäftigungspolitische Beiträge leistet.

Die neuartige Institution wird aber sicherlich auch ein kompetenter Ansprechpartner für den österreichischen Spitzensport sein. Dazu gehört unter anderem auch der massive Kampf gegen Dopingmissbrauch (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), ein Kampf, der ressortübergreifend betrieben werden muss, um diese Problematik langfristig in den Griff zu bekommen. Gerade jetzt, da viele Versuche unternommen werden, das Image Österreichs in der ganzen Welt zu schädigen, sind erfolgreiche Spitzensportler Sympathieträger und hervorragende Botschafter für unser Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

16.15

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Heute ist der 27. Tag der blau-schwarzen Regierung, einer Regierung, die es nicht verabsäumt, täglich einen neuen Skandal zu liefern. Es fällt allerdings schwer, die heute beantragte Novelle des Bundesministeriengesetzes nicht auch als Skandal zu be


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zeichnen. Die Abschaffung des Frauenministeriums ist in der Tat ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Schon bei der Regierungserklärung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wurde damit für uns Frauen klar, wie zukünftig die blau-schwarze Frauenpolitik ausschauen wird. Sie, Herr Bundeskanzler, der Sie jetzt leider nicht da sind, haben zwar zugegeben ... (Abg. Mag. Schweitzer: Er war heute schon da! – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )  – Er war heute schon da. Wunderbar! Sie haben zugegeben, dass die faktische Benachteilung von Frauen besteht. (Abg. Dr. Fekter: Das ist ja diskriminierend!)  – Wenn Sie mich bitte ausreden ließen, wäre das irrsinnig nett von Ihnen. (Abg. Nürnberger  – in Richtung Freiheitliche –: Sie redet auch das erste Mal!)

Bei eurem Sportler, der heute seinen ersten Durchgang gefahren ist, habt ihr zugehört. Hört mir auch zu! Das wäre wirklich sehr nett. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Also noch einmal: Der Bundeskanzler hat zugegeben, dass die faktische Benachteiligung von Frauen besteht. Im gleichen Atemzug schreckt er jedoch nicht davor zurück, gerade das Frauenministerium abzuschaffen. Das zeigt klar und deutlich die konservative Haltung des blau-schwarzen Männerbündnisses in Sachen Gleichberechtigung und Emanzipation. Die Bündelung von Geschlechterinteressen und die jahrzehntelangen sozialdemokratischen Bemühungen um die Gleichstellung von Mann und Frau werden damit auf einen Streich zunichte gemacht. Die Regierungserklärung der rechtskonservativen Koalition besteht im Bereich der Frauenpolitik vorwiegend aus nichtssagenden Absichtserklärungen und Selbstverständlichkeiten.

Ich frage mich daher: An wen werde ich mich als sozialdemokratische Vertreterin der Frauen in unserem Land in Zukunft wenden? An die Frau Minister Sickl? (Ruf bei den Freiheitlichen: Riess-Passer!) Sie hat ja so schön formuliert, alle Frauen lägen ihr am Herzen. Meint sie damit auch Frauen, die selbstbewusst und selbstbestimmt ihr eigenes Leben gestalten? (Abg. Dr. Martin Graf: Selbstverständlich!) Oder meint sie vielleicht nicht eher jene, die sie mit einem Kinderbetreuungsscheck an den Herd zurückdrängen will? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Jessas na!) Wo bleibt denn Ihre Initiative, damit Frauen nach der Babypause wieder zurück ins Berufsleben finden können? – Die dazu geplanten Einsparungen im AMS-Bereich sind ja gerade kontraproduktiv.

Oder soll ich in Frauenangelegenheiten vielleicht den Herrn Bundeskanzler fragen, was er diesbezüglich noch für Frauen aus dem Hut zaubern kann? Meint er vielleicht mit Telearbeit, die er ja in seiner Regierungserklärung angesprochen hat und die er speziell für Frauen forcieren möchte, die Frauenförderung? – Da kann ich im Namen der Frauen nur danke schön sagen, denn was das bedeutet, ist völlig klar: Gerade in diesem Berufsfeld, in der Telearbeit, werden Frauen isoliert und an den Herd zurückgedrängt, weil Aufstiegsmöglichkeiten in diesem Bereich völlig ausgeschlossen sind.

Dort will er uns also haben, der Herr Bundeskanzler: am heimischen Herd, stressbeladen zwischen Windeln und Computerbildschirm. Danke schön! Das lassen wir sozialdemokratischen Frauen uns nicht gefallen, und ich glaube, auch alle anderen österreichischen Frauen werden sich das nicht gefallen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder soll ich vielleicht Sie fragen, Frau Vizekanzlerin? (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Bitte!) Sie sind ja anwesend, und ich kann Sie persönlich fragen, was Ihnen zur Frauenpolitik einfällt. Außer hohlen Absichtserklärungen fehlen mir auch hier konkrete Aussagen, und ich bin schon sehr gespannt darauf, was Sie diesbezüglich anzubieten haben, wenn Sie behaupten, sich für Frauen und Sportfragen stark machen zu wollen, wie mein Vorredner auch schon bemerkt hat. Ich bin eine Frau und frage mich: Was haben Sie für sportliche Frauen vor? Wird es Förderpläne für Frauen im Sport geben, oder werden Sie vielleicht sogar das Budget für Frauen im Sport erhöhen? – Wir warten darauf, Frau Vizekanzlerin. Viele offene Fragen – keine Antworten.

Sie alle von der blau-schwarzen Regierung behaupten, Ihnen lägen die Frauen am Herzen. Ich hingegen würde mir wünschen, Sie ließen Frauenfragen auch endlich in Ihre Köpfe einfließen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen), dass nämlich Frauen in Ihren Köpfen


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so vorkommen, wie sie es verdienen: als gleichwertige Partnerinnen in allen Lebensbereichen und nicht als Vorzeigedamen an der Spitze der Regierung. Wenn das Ihre Art der Frauenförderung und Frauenpolitik ist, dann frage ich mich: Was haben Sie allen anderen Frauen in Österreich wirklich anzubieten?

Sie, meine Damen und Herren von der blau-schwarzen Regierung, haben mit Ihrer Chaostruppe nicht nur in den letzten 27 Tagen, sondern schon viel länger bewiesen, dass Ihr Frauenbild unseren Vorstellungen nicht entspricht. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vertreter dieser Regierung reduzieren Frauen auf die Rolle der Gebärerin oder gar auf die Rolle von Sexualobjekten, wie man eindrucksvoll von Ihrem Ex-Justizminister Krüger in der dieswöchigen Ausgabe des "profil" lesen konnte. Ich will jetzt nicht daraus zitieren. Es ist zu beschämend. (Abg. Rosemarie Bauer: Auch vom Herrn Chmelar!) Auf diese sexistischen Aussagen fehlt mir immer noch die Antwort und die Reaktion unseres Bundeskanzlers. Die Würde der Frauen, die damit verletzt wurde, war ihm bisher keine Reaktion wert. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen hingegen fordern, endlich einer partnerschaftlichen Betrachtung der Frauen in unserer Gesellschaft Rechnung zu tragen, und daher eine Regierung, die sich von frauenfeindlichen Äußerungen distanziert und sich zu einem Frauenministerium bekennt, so wie wir es heute auch getan haben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben schon seit vielen Jahren in Frauenfragen für alle Frauen und beispielsweise auch für Alleinerzieherinnen bewiesen, kompetente AnsprechpartnerInnen zu sein. Wir werden das auch in Zukunft bleiben. Die Frauen in unserem Land können sich nämlich auf uns SozialdemokratInnen verlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was die Zukunft der Frauenpolitik betrifft, bin ich trotz alledem sehr zuversichtlich, denn Ihre Regierung trägt ein Ablaufdatum, Herr Bundeskanzler. (Abg. Dr. Leiner: Das ist Demokratie!) Minister Krüger ist schon "abgelaufen", und wir warten gespannt auf alle seine Nachfolger. (Beifall bei der SPÖ.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung SPÖ –: Sie kann sich ja an den Kollegen Grabner wenden! Der hat sicher ein gutes Frauenbild!)

16.23

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Glawischnig hat heute Vormittag gesagt, sie wisse nicht, ob es gescheit sei, das Umweltressort in das Landwirtschaftsressort zu verlegen. Darf ich da ein wenig nachhelfen? – Wir haben eine große Schuldenlast, nicht nur die finanzielle Schuldenlast, die uns hinterlassen wurde, es ist vor allen Dingen auch die Umweltlast, die uns bedrückt, eine Umweltlast, die die nächsten Generationen, von denen viele Vertreter jetzt hier als Schulklassen auf der Galerie sitzen, ausbaden müssen.

Wir haben das Toronto-Ziel mit etwa 45 Millionen Tonnen Schadstoffausstoß an CO2 anerkannt. Derzeit sind wir bei 60 Millionen Tonnen. Es gilt also, um 15 Millionen Tonnen zu reduzieren. Wie ist das möglich? – Es ist sehr einfach möglich. Wir könnten etwa 75 Prozent davon über Einsparungen, nämlich genau durch das Least-Cost-Planning, das Sie von der grünen Fraktion immer gefordert haben – was ich auch sehr gut finde –, realisieren. Die restlichen 25 Prozent können wir über Biomasse einsparen, Biomasse, die von Landwirten und Bauern erarbeitet wird. Genau darum geht es. Es ist daher eine sehr gute logische Folgeerscheinung, dass man das Umweltressort in das Landwirtschaftsressort, was den Bereich erneuerbare Energien betrifft, eingliedert. (Abg. Mag. Schweitzer: Genau so ist es! – Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Präsident Fasslabend hat vorher, als er diese Sitzung präsidierte, gemeint, es sei eine sehr aufgeheizte Stimmung. Wir sollten alles dazu tun, um mehr Sachlichkeit hereinzubringen. Schauen Sie sich einmal dieses Zündholz hier an! (Der Redner hält ein Zündholz in die Höhe.)


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Es ist in zweierlei Hinsicht verwendbar: einmal um die Stimmung aufzuheizen, um vielleicht junge Leute, die gar nicht wissen, worum es eigentlich geht, in Rage zu versetzen, sodass Dinge passieren, die wir alle zusammen nicht wollen. Dieser Meinung bin ich, das möchte ich hier ganz klar festhalten.

Oder: Sie könnten dieses Zündholz auch in anderer Form verwenden, und zwar in der Sachlichkeit der erneuerbaren Energie. Darum geht es mir. Verwenden wir mehr Sachlichkeit! Überprüfen Sie Ihren Standpunkt, insbesondere auch Sie von den Grünen! Sie wüssten ja nichts, haben Sie gesagt. Selbst Frau Abgeordnete Glawischnig hat gesagt, sie weiß nicht, ob das gescheit sei. Ich kann Ihnen nur sagen, es wäre sehr gescheit – ich fordere Sie daher auf, dieses Bundesministeriengesetz mitzubeschließen. Es ist eine Erfüllung auch Ihrer langjährigen Forderungen. Etwa 12 Petajoule könnten bei der Stromerzeugung sofort in Form von Biomasse umgesetzt werden. 12 Petajoule könnten bei Nahwärmeversorgungen umgesetzt werden. Insgesamt ist ein Potential von etwa 62 Petajoule an CO2 sofort über Biomasse zu reduzieren. Das heißt, etwa 30 000 zusätzliche Arbeitsplätze können geschaffen werden, ein Investitionsvolumen von etwa 80 bis 90 Milliarden Schilling steht zur Verfügung.

Das ist Sachlichkeit! Verwenden Sie dieses Zündholz für Sachlichkeit und nicht zum Anzündeln! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Muttonen. – Bitte.

16.26

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Den Faden, der sich durch die Bereiche der neuen Regierung zieht, könnte man Irritation, Konfusion, Wirrwarr und Widersprüche nennen. Das gilt nicht nur für den personellen Bereich, sondern auch für den sachlichen Bereich. Ganz besonders ist das auch im Hochschulbereich zu spüren. Da zeigt sich die gefährliche Tendenz, bisher bedeutende Aufgaben des Staates abzugeben. Da erfolgt die Ausgliederung der Universitäten ohne gleichzeitige Entwicklung von Steuerungs- und Kontrollinstrumenten, weiters die Errichtung von privaten und gebührenpflichtigen Fachhochschulstudiengängen. Das alles weist in die Richtung einer schrittweisen Privatisierung des Bildungswesens hin. (Beifall bei der SPÖ.)

Offensichtlich will die blau-schwarze Regierung die Verantwortung für wissenschaftliche Bildung weit weg von sich schieben und Bildung zu einem Spielball des freien Marktes werden lassen. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum?) Ein gutes Beispiel für dieses Vorgehen ist die Forschungsförderung. Es gibt diesbezüglich keine gesamtheitliche Lösung, obwohl Universitäten und zahlreiche Experten gefordert haben, dass das in einem einzigen Ministerium gebündelt wird. Es gibt keine Bündelung von Kompetenzen, obwohl Sie alle das vor einigen Jahren noch gefordert haben. Damit sind auch die Zuständigkeiten nicht klar definiert. Die Weichen in eine völlig falsche Richtung wurden gestellt. Künftig werden sich gar drei Minister um die Zukunft von Technologie und Forschung bemühen und kümmern müssen. Das wird schwierig sein, und in Wirklichkeit geht es einfach um Machtverteilung und um die Aufteilung von Geld. (Beifall bei der SPÖ.)

Die neue blau-schwarze Bundesregierung betont in ihrem Regierungsprogramm die Bedeutung von Innovation, von Forschung, von Entwicklung und einer Technologieoffensive. Von einer Technologiemilliarde wird gesprochen, damit das Wirtschaftswachstum und der Standort Österreich ausgebaut werden können. Die Realität allerdings ist eine ganz andere. Absichtserklärungen sind offensichtlich in leere Versprechungen umgeformt worden.

Ein weiteres Beispiel sind die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung, die in der heutigen Zeit einfach nicht mehr zu trennen sind. Aber genau das tut die neue Regierung. Sie sind in einer Zeit nicht zu trennen, in der man spartenübergreifend zum Wohle des Landes arbeiten muss, in einer Zeit, in der eine Teilnahme am internationalen Wettbewerb absolut notwendig ist.


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Internationalisierung scheint aber nicht das Ziel der Regierung zu sein, sondern es scheint ja eher Isolierung zu sein, Isolierung, in die die ÖVP, der Herr Bundeskanzler, wissend hineingegangen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Die neue Bundesregierung definiert zwar Weiterbildung als zentralen Schwerpunkt, lässt aber gleichzeitig alle Konkretisierungen vermissen. Dass uns die Maßnahmen des blau-schwarzen Regierungsprogramms "fit für die Zukunft" machen und halten werden, wage ich entschieden zu bezweifeln. (Abg. Gaugg spricht mit der auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. – Abg. Gradwohl: Herr Kollege Gaugg! – Abg. Dr. Keppelmüller: Herr Kollege Gaugg!)

Und so wird es nicht gelingen. Es wird nicht gelingen, mit diesem Regierungsprogramm in unserer Gesellschaft ein technologie- und forschungsfreudigeres Klima zu schaffen. (Abg. Gaugg spricht weiterhin mit der auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer. – Rufe bei der SPÖ: Herr Kollege Gaugg!)  – Vielleicht könnten die Herrschaften sich dann später unterhalten, danke schön. (Beifall bei der SPÖ.) Dass Forschung Sie nicht interessiert und Wissenschaft auch nicht, das kann ich mir gut vorstellen. (Abg. Böhacker: Was soll diese Überheblichkeit!)

Um die Internationalisierung der Bildungspolitik macht die Regierung auch einen großen Bogen, das scheint der Regierung nicht wirklich ein Anliegen zu sein. Erstaunlicherweise enthält das schwarz-blaue Regierungsprogramm keinerlei Hinweise auf ein Engagement Österreichs im Bereich der europäischen beziehungsweise internationalen Bildungspolitik. Ja und verzichten wir auf diese Internationalisierung, dann entstehen Nachteile für die Wirtschaft. Wir wissen das. Es entstehen Nachteile für den Wirtschaftsstandort Österreich, und diese Nachteile sind auch schon spürbar. Da kann man nur sagen: Danke dem Herrn Bundeskanzler dafür!

Ein Wort möchte ich auch noch zur Kollegin Zierler sagen. Auf Grund Ihrer Ansichten zur Frauenpolitik, denke ich, vor allem, was Sie in Bezug auf Finnland gesagt haben, müssten Sie sich nicht nur in Finnland im Wald verstecken, sondern auch in Norwegen, in Dänemark und in Schweden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erinnere die Kollegen von der Freiheitlichen Partei daran, wie oft sie kritisiert haben, wenn Regierungsmitglieder geradezu demonstrativ nicht zugehört haben. – Zwang gibt es keinen. Das stelle ich außer Streit. (Abg. Schwemlein: Das ist die Politik der neuen Köpfe! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

16.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Vizekanzlerin, Sie sollten jetzt zuhören, denn Sie sollten dann vielleicht eine Stellungnahme dazu abgeben. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Kein Wort will ich versäumen von deinen Ausführungen!)

Wenn heute Generalsekretär, Klubobmann, Alleskönner Westenthaler in seinen Äußerungen fordert, dass es zu einer schrittweisen Kürzung der Kultursubventionen kommen soll und es dann wiederum gegen die Künstler Jelinek, Roth, Ruiss, Nitsch, Kolig, Mortier vorgeht, dann frage ich mich: Was ist das für ein Kulturverständnis, das sich da breit macht? Und vor allem: Wer hat jetzt das Sagen in der Regierung oder in der FPÖ? Frau Vizekanzlerin, Sie sollten dazu schon Stellung beziehen, denn das ist doch eine gewaltige Attacke, die Westenthaler da führt. Ich würde mir auch wünschen, dass sich Staatssekretär Morak dazu äußert und nicht durch seinen Staatssekretariatssprecher äußern lässt, denn das ist ja wohl die übliche Kunst- und Künstlerfeindlichkeit, vor allem gegen zeitgenössische Künstler, die auch dazu geführt hat, dass die zeitgenössische Kunst aus dem blau-schwarzen Regierungsübereinkommen hinausgeflogen ist. Das sollte man einmal in aller Deutlichkeit darstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß schon, dass sich die FPÖ momentan hart an der Grenze der Regierungsfähigkeit befindet, sie eigentlich schon längst überschritten hat. Man weiß überhaupt nicht, was los ist: Da gibt


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es ein Hin- und Hergehen, die Türen gehen auf, die Türen gehen zu, da wird zurückgetreten; die ganze Weltpresse ist daran beteiligt. Minister kommen, Minister gehen. (Abg. Dr. Fekter: Ist bei euch nicht auch ein Parteispitzenwechsel gewesen?) Es ist ja unfassbar, was sich da abspielt. Umso bewunderungswürdiger, liebe Kollegen von der ÖVP, muss ich Sie fragen: Wie halten Sie das eigentlich alles aus? Das war Ihr Wunsch, diese Theatertruppe der FPÖ wollten Sie da oben sitzen sehen? Das war Ihr Hoffen und Ihr Sehnen? (Beifall bei der SPÖ.)

Das macht Sie jetzt stärker? Wirklich? – Ich kann es fast nicht glauben. Ich kenne da Einzelne von Ihnen, denen das Land immer noch wichtiger ist als der theatralische Zugewinn durch die Beteiligung der FPÖ. Daher haben mich heute zwei Äußerungen seitens des Bundeskanzlers doch intellektuell sehr herausgefordert.

Zum einen sagte er mit dem üblichen Lächeln – ich weiß nicht, wieso er so viel lächelt; Sie (in Richtung Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer) lächeln übrigens auch so viel; auf Grund der Performance, die Sie abgeben, Frau Vizekanzlerin, sollten Sie in Wirklichkeit heulen wie Schlosshunde (Beifall bei der SPÖ), so erbärmlich ist ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich habe vor zwei Stunden einen Redner ermahnt, in der Ausdrucksweise gegenüber Damen zurückhaltend zu sein. Ich bitte Sie, das Gleiche zu beachten!

Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Herr Präsident! Das tue ich sehr gerne. Ich bin nur deshalb auf "Schlosshund" gekommen, weil Frau Ministerin Sickl ja wissen muss, wie Schlosshunde heulen, da sie ja selbst Schlossherrin ist. Aber wenn Sie wünschen, nehme ich diese Äußerung selbstverständlich zurück.

Der Herr Bundeskanzler hat gesagt: Wir haben Dinge bewegt, die uns wichtig sind! – Also da kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob da Dinge bewegt wurden, die für Österreich wichtig sind. Er hat dann fast kabarettreif gesagt: Diese Regierung wird dem Land ganz gut tun! – Meinen Sie das wirklich?

Das hat dem Land ganz gut getan, was sich jetzt abgespielt hat? Meinen Sie das ganz im Ernst? Die Darstellung im Ausland und im Inland und die Tatsache, dass – wie Kolumnist Rauscher schreibt – diese Regierung faktisch jeden Tag einen Knaller zu verzeichnen hat und ja gar nicht zum Regieren kommt? (Abg. Dr. Fekter: Messt die Regierung an den Taten!) An den Taten sollten wir sie messen, sagen Sie? – Na die Taten sehen wir jetzt. Auf diese Taten können die Österreicherinnen und Österreicher wirklich verzichten, das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, Sie sollten im Klub gerade jetzt ein bisschen internationale Literatur auflegen, nicht nur den "Kremser Boten", sondern vielleicht auch ein bisschen etwas anderes lesen. Molières "Tartuffe" etwa sagt über die Scheinheiligkeit: Wie falsche Helden gibt es falsche Heilige. – Nur für Ihre innerkoalitionären Auseinandersetzungen möchte ich Ihnen das sagen. Die Freiheitlichen sind angetreten mit: Begrenzung der Einkommen, gegen Politikerprivilegien, gegen den Missbrauch, gegen Dienstwägen und so weiter. Das waren wirklich immer wieder Bestandteile in Ihren Wahlkampagnen. Wenige Sekunden nach Dienstantritt, die Herrschaften waren noch nicht einmal im Ministerium, die Sessel waren noch ganz kalt, war schon die Sehnsucht nach Jaguars, nach höheren Einkommen da. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Edlinger hat den Sessel mitgenommen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Tagelang wurde die österreichische Bevölkerung belästigt genau mit dieser Frage, ob man über 60 000 S oder unter 60 000 S verdienen soll. Unfassbar diese Darstellung! (Beifall bei der SPÖ.)

Damit es aber so ausschaut, als hätte man wirklich etwas zusammengebracht, beginnt Herr Westenthaler, Journalisten zu "zwangeln", zu intervenieren, zu drohen, ein Terrorregime anzukündigen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ein unfassbarer Vorgang ist das, der hier stattfindet, gegen den ORF seitens des Generalsekretärs, Klubobmannes, Alleskönner Westenthaler. Das ist doch unfassbar!


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12. Sitzung / Seite 123

Ich würde meinen, dazu sollten Sie eigentlich etwas sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Dazu sollten Sie etwas sagen. Da sind Sie jetzt wirklich Ihrer Geschichte, Ihren Werten, Ihren Grundwerten verantwortlich. Sie können dem doch nicht schweigend zusehen: Journalisten "zwangeln", Wahlversprechen brechen, weiß der Teufel, was da noch alles auf uns zukommt. Es gibt viele von Ihnen, die Blau-Schwarz von Anfang an ersehnt und erhofft haben, aber das, was sich hier abspielt, glaube ich, haben Sie sich nicht vorgestellt. Mit jedem Tag, an dem Sie schweigen, werden Sie immer mehr hineingezogen. Sie sind dazu verurteilt, etwas zu verteidigen, was viele von Ihnen gar nicht verteidigen wollen, nehme ich jetzt einmal an. Sie sollten sich wirklich überlegen, ab welchem Punkt Sie nicht mehr mitmachen sollten. Das sage ich Ihnen jetzt einmal ganz ehrlich. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wissen ja, wie es der ÖVP mit der SPÖ gegangen ist!) Es ist wirklich höchste Zeit, dass Sie einmal mit aller Vehemenz dagegen auftreten – um Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich weiß, wie die SPÖ als Koalitionspartner reagiert!)

Dass Sie nervös agieren, wenn ich die ÖVP daran erinnere, dass sie eine eigene Partei ist und dass sie sich auch kritisch äußern könnte, das verstehe ich schon, weil Ihre gesamte Regierungsfähigkeit längst zur Disposition steht, denn so etwas hat es noch nicht gegeben, was sich hier in Österreich abspielt. Und das sollten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Wenn Herr Christoph Leitl sagt: Die Rechnungen der Tourismusbetriebe, die jetzt Verluste zu verzeichnen haben, und vieler anderer Unternehmen schickt er ins Bärental! – er ist ja nicht irgendwer, der Herr Christoph Leitl; das Nicken der Sozialpartner und anderer bestätigt mir das; Herr Puttinger, Sie kennen Leitl wahrscheinlich besonders gut –, dann würde ich sagen, man sollte das ernst nehmen und die Rechnungen wirklich hinschicken und die FPÖ wieder dort hinschicken, wo sie in Wirklichkeit längst hingehört – aber nur mit viel weniger Plätzen als bisher. (Beifall bei der SPÖ.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Vizekanzlerin. – Bitte.

16.41

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Kollege Cap! Über das Niveau dieser Wortmeldung möchte ich mich nicht weiter äußern. (Abg. Dietachmayr: Das steht Ihnen auch nicht zu!) Ich möchte aber einige Dinge auch im Namen meiner Regierungskollegen klarstellen, auch was Staatssekretär Morak betrifft, der jetzt nicht anwesend ist.

Es ist hier die Rede davon gewesen, diese Regierung plane eine Kürzung der Kultursubventionen. – Das ist falsch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das hat auch niemand behauptet, auch nicht Klubobmann Westenthaler. Wenn Sie aus dem Interview im "NEWS" – das sozusagen als Parteipostille von jedem Redner vorgelesen wird – richtig zitiert hätten, hätten Sie feststellen müssen, dass das, was er gesagt hat, etwas ganz anderes war, nämlich dass man dafür sorgen muss, dass die Subventionen auch wirklich den Künstlern zugute kommen und nicht an ihnen vorbeigeleitet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie wissen natürlich auch sehr gut, dass im Regierungsprogramm dieser Bundesregierung ein Punkt enthalten ist, der einer langjährigen Forderung auch der Künstler entspricht, nämlich eine Sozialversicherung für Künstler; etwas, was auch Sie immer wieder gefordert, aber nicht umgesetzt haben. Sie können sich darauf verlassen, dass diese Regierung das tun wird, und ich hoffe auch schon auf Ihren Applaus, wenn Ihre eigenen Forderungen dann verwirklicht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Cap! Ich wäre an Ihrer Stelle – und das sage ich Ihnen ganz persönlich – auch sehr vorsichtig, wenn Sie sich jetzt als Anwalt der Künstler aufspielen. Es ist noch nicht lange her, da gab es eine von Ihnen initiierte Kulturenquete im SPÖ-Klub, bei der sich Künstler, die wirklich nicht in Verdacht stehen, dieser Bundesregierung nahe zu stehen, wie etwa Marlene Streeruwitz oder der Chef der IG-Autoren Ruiss, gegen ihre politische Vereinnahmung durch die SPÖ verwahrt haben. Deshalb würde ich Sie bitten, in dieser Diskussion etwas mehr Sachlichkeit an den Tag zu legen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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12. Sitzung / Seite 124

Abschließend erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung nicht nur an die Adresse des Kollegen Cap, sondern überhaupt an die Adresse der Opposition in Bezug auf den Umgang auf menschlicher Ebene auch mit Mitgliedern dieser Regierung. – Herr Kollege Cap hat hier wieder den Wechsel im Justizministerium angesprochen. Herr Kollege Cap! Ich fordere wirklich von Ihnen hier auch den menschlichen Anstand ein, nicht in dieser unbarmherzigen Art über jemanden herzufallen, der erkrankt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es ist eine Frage der Menschlichkeit, hier nicht jemanden, der krank ist und der sich nicht wehren kann, in dieser unbarmherzigen Art vorzuführen.

Was Ihre Kritik an Wechsel in Funktionen betrifft, erinnere ich Sie abschließend nur daran, dass innerhalb von 14 Tagen der Sozialdemokratischen Partei nicht nur ein Parteichef, sondern auch ein Bundesgeschäftsführer und ein Klubobmann abhanden gekommen sind. Also den Rekord im Wechsel von Positionen halten eindeutig Sie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.44

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte über die Neuordnung der Kompetenzen in der Bundesregierung geht nunmehr zu Ende, und man kann als Vertreter einer Regierungspartei schlussendlich hier feststellen, dass sich die Kritik der beiden Oppositionsparteien, des Linksblockes eigentlich nur auf drei Punkte gestützt hat: erstens auf die Auflassung des Frauenministeriums, zweitens auf die Kompetenzzusammenführung von Umwelt und Landwirtschaft und drittens auf die Kompetenzzusammenführung im Bereich der Schule einschließlich der Neuverteilung der Kompetenzen für die Forschung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass es ein Verbrechen für diese Bundesregierung sein wird, endlich einmal die Forschungsquote in Österreich zu erhöhen. Die Sozialdemokraten haben das 30 Jahre lang, von Frau Firnberg beginnend, versprochen und nicht einhalten können. Ich hoffe, dass diese Bundesregierung endlich das umsetzen wird, was im Regierungsprogramm steht, und damit den Forschungsanreiz in Österreich so verbessern wird, dass die Kritik, die heute von Kollegen Grünewald auf den Tisch gelegt wurde, schlussendlich verstummen wird. Das, was in der Praxis umgesetzt wird, wird all jene, die heute Unkenrufe zu diesem Thema verlauten ließen, schlussendlich zum Schweigen bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Kollegin Muttonen! Sie haben angeführt, dass sich unsere österreichischen Kinder im Ausland verstecken müssen. Frau Kollegin Muttonen! Ich frage mich, was haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem pädagogischen Bereich in den letzten zehn und 15 Jahren im Ausland für einen Eindruck hinterlassen, dass auf Grund der jetzigen politischen Situation, obwohl man unsere Schulen seit Jahren kennt, obwohl man die Vertreter der Schulen seit Jahren kennt, die Kinder und die Eltern seit Jahren kennt, schlussendlich diese als "Nazis" ausgeladen werden! (Abg. Gradwohl: Das ist unerhört! – Abg. Schieder: Das ist unfassbar!) Sie sollten sich als Pädagogin vielleicht fragen, ob in diesem Zusammenhang bei den Programmen im Ausland und bei manchen dieser Schulen, die Ihnen gegenüber heute Ausladungen aussprechen, nicht einiges daneben gegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da sehr viele Schulen unter sozialdemokratischer Führung von solchen Boykotts betroffen sind und wenn man sich die genaue Liste der Professoren und der dortigen Direktoren ansieht, muss man sich schon fragen: Was ist da schief gegangen? Was ist in diesem Bereich besser zu machen? Was wird in diesem Bereich seit Jahren eigentlich fehlgeleitet? Ich habe mir immer gewünscht, dass sich das fortsetzt, was wir mit unseren Schulen in Spittal im Ausland durchaus positiv erleben, dass nämlich die Schulpartnerschaften leben und diese Partnerschaften auch in solchen Zeiten, wie die Republik Österreich sie derzeit erlebt, tragfähig sind und jenen Brückenschlag über die Generationen und über die Länder hinweg schaffen, von dem wir eigentlich bei


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der Einführung dieser Partnerschaften ausgegangen sind. Dort wäre auch einmal nachzufragen: Was ist im Rahmen dieser Partnerschaften schief gegangen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap! Wenn Sie hier in Bezug auf Kollegin Sickl angeführt haben, dass ein Schlossbesitz in Kärnten etwas Verwerfliches ist, so möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Frau Kollegin Sickl mit ihrer Familie und mit ihrem allzu früh verstorbenen Gatten hat von der Diözese Gurk das Schloss Albeck in einem desolaten Zustand gekauft, hat es zu einem sehr schönen Betrieb renoviert. Ich würde Ihnen auch empfehlen, vielleicht einmal im Sommer, wenn Sie nach Kärnten und nicht in die Toskana fahren, das eine oder andere an Kulturangeboten im Schloss der Frau Kollegin Sickl anzunehmen, dann würden Sie nämlich auch feststellen, dass bei den freiheitlichen Vertreterinnen und Vertretern der Regierung durchaus sehr viel Kunstverständnis in sehr subtiler Art und auch Kunstverständnis für moderne und zeitgenössische Kunst zu finden ist. Herr Kollege Cap! Ihre Vorverurteilung mit dem klassenkämpferischen Schlagwort "Schlossbesitzer" ist gerade am Beispiel der Frau Kollegin Sickl völlig daneben gegangen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Folgendes möchte ich auch noch sagen, da wir – vermutlich morgen – über die leider notwendig gewordene Ablösung des Kollegen Krüger diskutieren werden beziehungsweise heute schon diskutiert haben: Jeder, der hier im Saal ist und heute an der Diskussion teilgenommen hat – egal, ob hier vom Rednerpult aus oder als Zuhörer –, möge davon verschont bleiben, dass ihn so ein Schicksal, wie es Kollege Krüger in den letzten Tagen erlitten hat, ebenfalls ereilt. Ich würde mir wünschen, dass in diesem Zusammenhang das Gemeinsame zwischen allen, die in der Politik tätig sind, im Vordergrund steht und über alle Gräben, die jetzt aufgerissen worden sind, hinweg ein menschliches und humanes Verständnis hier Platz greifen könnte. Ich halte nichts davon, einen kranken Menschen auch noch zum Buhmann für alle möglichen Unterstellungen hier hochzustilisieren. Das war den Sozialdemokraten zumindest in der Vergangenheit unwürdig. Heute habe ich leider etwas anderes erlebt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Zweite Wortmeldung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

16.49

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst die Angriffe des Kollegen Haupt auf Frau Abgeordnete Muttonen zurückweisen. Ich finde, das ist nicht der Stil, wie wir hier miteinander umgehen sollten. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das ist gut, Cap! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Weiters meine ich, dass Qualifizierungen, die hier regelmäßig von der Regierungsbank aus Abgeordneten gegenüber stattfinden, auch nicht unbedingt "Kulturbestandteil" unserer Diskussionen sein sollten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und weiters meine ich, dass wir wieder zurückkehren sollten zu einem Diskussionsverhältnis zwischen Regierungsbank und Abgeordneten, wie das bisher Praxis war. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Da Sie, Frau Vizekanzlerin, ohnehin gewohnt sind, nicht das letzte Wort zu haben, habe ich mir eben gedacht, ich werde mich noch einmal zu Wort melden, und zwar was den Kulturbereich anlangt. Ihr Generalsekretär Westenthaler sagte nämlich der APA gegenüber auch  – neben seinen Äußerungen betreffend Künstler-Sozialversicherung und Evaluierung der Kulturförderung –, man könne Senkungen natürlich nicht in einem Schritt machen, sondern man beginnt mit 20 Prozent. Und ob es zuletzt 30, 40 oder 50 Prozent sind, ist unerheblich. – Das ist doch bitte eine unfassbare Aussage! Und die wird hier auch nicht differenziert. Die Betroffenen werden sich natürlich ihren Teil denken.

Als Antwort darauf sagte das Büro Morak: Zurufe von außen sind nicht hilfreich! Morak steht FPÖ für Nachhilfestunde in der Einordnung künstlerischen Schaffens zur Verfügung. – Zitatende. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)


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Also da hat Morak wahrscheinlich ausnahmsweise einmal Recht, muss ich sagen, wiewohl man unterschiedlicher Meinung darüber sein kann, ob es gescheit war, dass Morak diese Staatssekretariats-Tätigkeit überhaupt angenommen hat, eben in diesem Rahmen und mit dieser Koordinationsaufgabe. In diesem Zusammenhang kann man natürlich auch die Frage stellen, warum es nicht ein Ministerium gibt, in dem alle Kunstagenden vereint sind. Warum fallen diese jetzt in drei Bereiche – und Morak darf sozusagen bloß am Tisch sitzen und koordinieren?! – Aber das ist ein anderer Kaffee.

Mich interessiert jedenfalls jetzt, Frau Vizekanzlerin, ob Sie dieses Angebot des Kollegen Morak auf Erteilung von Nachhilfeunterricht für den Kollegen Westenthaler – wahrscheinlich betrifft das ohnehin gleich mehrere von der Fraktion der Freiheitlichen – annehmen. Seien Sie, Frau Vizekanzlerin, also bitte so nett, und nehmen Sie dazu Stellung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Diese Rednerliste ist geschlossen.

Ich erinnere aber daran, dass vom zum damaligen Zeitpunkt den Vorsitz führenden Präsidenten einige Wünsche auf tatsächliche Berichtigung an den Schluss dieser Debatte verlegt wurden. Das heißt, wir kommen jetzt zu einer Reihe von tatsächlichen Berichtigungen aus verschiedenen Fraktionen, und von allen möge der gleiche Maßstab angelegt werden, nämlich den zu berichtigenden Sachverhalt knapp zu wiederholen und dem den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberzustellen. Meinungen sind nicht zu berichtigen.

Erste tatsächliche Berichtigung: Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

16.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege Donabauer hat in seinem Redebeitrag gemeint, ich hätte gesagt, dass die Verwaltung des AMS nicht in ausgewogener Form erfolgt sei.

Ich stelle richtig: Ich habe nie die Behauptung aufgestellt, dass die Verwaltung des AMS nicht funktioniert habe. Sollte Kollege Donabauer unter "nicht ausgewogener Form" gemeint haben, dass das AMS zu wenig sozialpartnerschaftlich ist, dann war mir diese Form etwas zu sehr ausgewogen. Das ist ein Punkt meiner Kritik gewesen. Aber das ist trotzdem das Gegenteil von dem, Herr Kollege Donabauer, was Sie gesagt haben. (Abg. Dr. Martin Graf: Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste tatsächliche Berichtigung: Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte.

16.54

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Der vor mir hier gestandene Abgeordnete Öllinger hat – wie ich meine: wider besseres Wissen – behauptet, Finanzminister Grasser sei noch immer Geschäftsführer der Sportwetten G.m.b.H. mit Sitz in Oberwaltersdorf beziehungsweise sei noch immer Geschäftsführer der Sport-Management-International G.m.b.H. mit Sitz in Oberwaltersdorf. – Diese Behauptung ist unrichtig, Herr Kollege Öllinger.

Wahr ist: Finanzminister Grasser ist nirgendwo Geschäftsführer. Mag. Grasser hat bereits am 3. Feber 2000 alle Funktionen im Magna-Konzern zurückgelegt. (Abg. Mag. Kogler: Beim "Salzamt" vielleicht – oder wo? – Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Ich bringe Ihnen, Herr Kollege Öllinger, der Sie hier die Unwahrheit gesagt haben, das auch gerne schriftlich zur Kenntnis (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) und zitiere:


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"Umlaufbeschluss Magna-Europa-Sport-Management-International G.m.b.H.

Beschluss: Mag. Karl-Heinz Grasser wird mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen. Ihm wird die Entlastung für seine Tätigkeit erteilt.

Oberwaltersdorf, am 3. Februar 2000, Vorstand der Magna"

Das zum Ersten.

Zum Zweiten – ich zitiere –: "Magna-Europa-AG, Umlaufbeschluss

Sportwetten G.m.b.H. mit Sitz in Oberwaltersdorf

Nachstehender Beschluss: Karl-Heinz Grasser wird mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen. Ihm wird die Entlastung für seine Tätigkeit erteilt.

Oberwaltersdorf, am 3. Februar 2000, Vorstand Magna-Europa AG"

Herr Kollege Öllinger! Sie sollten bei der Wahrheit bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste tatsächliche Berichtigung: Herr Abgeordneter Schlögl. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung SPÖ –: Der Rudas hat das unterschrieben! Kennt ihr den Rudas nicht mehr, der das unterschrieben hat? – Gegenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Am Wort ist bitte jetzt Herr Abgeordneter Schlögl!

16.56

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Großruck hat mir unterstellt beziehungsweise vorgeworfen, es hätte keine ordnungsgemäße Übergabe der Amtstätigkeit von mir als Innenminister an meinen Nachfolger gegeben. Herr Abgeordneter Großruck hat mir vier Vorhaltungen gemacht. – Ich stelle diese vier Dinge klar in Abrede.

Herr Abgeordneter Großruck hat erstens behauptet, es habe keine Übergabe an meinen Amtsnachfolger gegeben. – Das stimmt nicht. Es hat für diesen besagten Freitag eine Terminvereinbarung gegeben, und zwar für 14 Uhr. Leider konnte Herr Minister Strasser zu diesem Termin nicht kommen. (Abg. Dr. Fekter: Weil die Angelobung in Gang war! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe gesagt: Leider konnte Minister Strasser nicht kommen. (Abg. Dr. Fekter: Doch nicht zur Zeit der Angelobung!) Ich habe eine halbe Stunde lang gewartet – und bin dann gegangen. Der Terminwunsch ist ausdrücklich von Herrn Strasser ausgegangen und nicht auf mich zurückzuführen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vorbereitete schriftliche Unterlagen habe ich jedoch dem zuständigen Sektionschef gegeben; dieser hat sie an Minister Strasser weitergeleitet.

Zweitens wurde behauptet, der Computer im Innenministerium sei damals abgeschaltet worden. – Natürlich muss ein Computer abgeschaltet werden (Aha-Rufe bei der ÖVP) und wird, wenn er neu verwendet wird – noch dazu, wenn ein neuer Minister kommt –, mit entsprechenden neuen Passwörtern ausgestattet. Und das hat die EDV-Abteilung innerhalb einer Viertelstunde für den neuen Bundesminister Strasser auch getan.

Drittens wurde behauptet, das Telefon im Büro des neuen Innenministers habe nicht funktioniert. – Das stimmt nachweislich nicht. Was stimmt, ist, dass die neuen Mitarbeiter die Telefonverbindung noch nicht beherrscht haben. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Aber das ist etwas, was auch nicht bei mir liegt. (Abg. Dr. Fekter: Und warum hat man es ihm nicht gezeigt?)  – Weil das nicht die Aufgabe des Innenministers Schlögl ist, sondern jene der dafür zuständigen Beamten im Ministerium, bitte!


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Und die Beamten des Ministeriums sind ja da gewesen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Der Abschied von der Macht fällt Ihnen schwer! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder glauben Sie ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlusssatz, Herr Abgeordneter! Die Redezeit beträgt nur 2 Minuten!

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (fortsetzend): Viertens wurde auch behauptet, die Schaltung zum Parlament habe nicht funktioniert. – Selbstverständlich funktionierte diese Parlamentsschaltung. Aus dem Parlament kann man aber nur dann etwas empfangen, wenn hier auch tatsächlich eine Plenarsitzung stattfindet. Und am 4. Feber hat es nachweislich keine Plenarsitzung gegeben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste tatsächliche Berichtigung: Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Oje! Oje!)

16.59

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst danke ich für die positive Emotion, die mein Erscheinen hier beim Rednerpult offensichtlich bei Ihnen (der Redner weist auf die Bankreihen der Freiheitlichen und der ÖVP) ausgelöst hat. Ich freue mich darüber sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur Äußerung des Herrn Abgeordneten Großruck: Ich habe im Budgetausschuss, und zwar auf die Anfrage des freiheitlichen Abgeordneten Dr. Stummvoll, .... (Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Oh, das habe ich nicht bemerkt, verzeihen Sie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das war jetzt ganz bewusst! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Fischl: Sehr plump!)

Zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Stummvoll, der mich im Budgetausschuss dasselbe gefragt hat, habe ich sehr deutlich Stellung genommen. Ich möchte zu den vier ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Edlinger! Es gelten für alle die gleichen Spielregeln: den zu berichtigenden Sachverhalt dem tatsächlichen Sachverhalt gegenüberzustellen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Rudolf Edlinger (fortsetzend): Der tatsächliche Sachverhalt ist, dass das, was Herr Abgeordneter Großruck gesagt hat, nicht stimmt. (Abg. Haigermoser: Was hat er gesagt? – Abg. Mag. Schweitzer: Edlinger versteht das nicht! Geschäftsordnung lernen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erstens: Herr Großruck hat mir vorgeworfen, es hätte keine Amtsübergabe gegeben. – Herr Minister Grasser hat eine solche von mir nicht verlangt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Wo ist da die Berichtigung, Herr Präsident? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweitens: Ich habe den Herrn Sektionschef selbstverständlich beauftragt, eine technische Übergabe vorzunehmen – eine politische habe ich nicht für notwendig gehalten. (Abg. Mag. Schweitzer: Er soll da nur berichtigen, Herr Präsident! Edlinger soll lernen, was eine tatsächliche Berichtigung ist! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Drittens: Das Büro war gereinigt. Der urgierte Kugelschreiber war mein Privateigentum – wurde daher nicht übergeben. Computer hat es in meinem Büro nicht gegeben – konnten daher in meinem Büro auch nicht abgedreht werden.

Viertens: Die Daten in der Telefonanlage, in der auch private Nummern gespeichert wurden, wurden gelöscht, weil ich vermeiden wollte, dass Herr Grasser mit meiner Tochter telefoniert. –


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Danke schön. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Herr Edlinger, die Geschäftsordnung lernen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.01


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Trattner. Gleiche Redezeit.

17.01

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Kollegin Mertel hat hier behauptet, Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer stehe vor einem Privatkonkurs. – Diese Feststellung ist unrichtig! (Abg. Dr. Kostelka: Das ist ja nie gesagt worden!) Das ist gesagt worden!

Ich berichtige: Frau Vizekanzlerin Passer lebt in geordneten finanziellen Verhältnissen. Im Privatkonkurs-Verfahren ihres Ehegatten ist sie mit keinem einzigen Schilling beteiligt, weil sie zu jenem Zeitpunkt, zu dem das Konkursverfahren eröffnet wurde, Herrn Dipl.-Vw. Passer nur vom Hörensagen kannte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Das ist ja nie gesagt worden! – Abg. Mag. Trattner  – das Rednerpult verlassend –: Ihr von der SPÖ könnt euch nie an etwas erinnern!)

17.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Frau Abgeordnete Gabriela Moser. (Abg. Fischl: Oje! Nach dem "starken" Edlinger die "starke" Moser!)

17.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine tatsächliche Berichtigung bezieht sich auf den Redebeitrag von Herrn Abgeordneten Ing. Wilhelm Weinmeier, der hier behauptet hat, dass das Ministerium, das Sie, Herr Minister Bartenstein, in der XX. GP leiteten, nicht in erster Linie Umweltministerium war, sondern dass die Umweltpolitik der Familienpolitik "zugeordnet" gewesen sei.

Ich möchte hiemit berichtigen: Allen Publikationen und all Ihren öffentlichen Auftritten konnte man entnehmen, dass Sie, Herr Minister Bartenstein, das Ministerium für Umwelt, Jugend und Familie leiteten. – Danke. (Abg. Böhacker: Na und? – Abg. Mag. Schweitzer: Was hat sie berichtigt? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

17.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Schasching zu Wort gemeldet. Redezeit: 2 Minuten.

17.03

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich in meiner Berichtigung auf die Äußerung des Kollegen Haupt, der hier unterstellt hat, dass wir in irgendeiner Form auf Ex-Minister Krüger wegen dessen Gesundheitszustandes eingegangen wären. – Das ist sicherlich nicht richtig!

Ich habe in meinen Äußerungen gesagt, dass es ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Der Cap war es!)  – Ich habe mich aber angesprochen gefühlt, denn Sie haben das so allgemein ... (Ironische Heiterkeit und Rufe bei den Freiheitlichen: Du meine Güte! Sind Sie peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort! – Bitte!

Abgeordnete Beate Schasching (fortsetzend): Danke schön. – Ich habe vielmehr gesagt, dass die Äußerungen des Ex-Ministers Krüger, wie sie im "profil" nachzulesen seien, sexistisch sind und ich mich daher dagegen verwahre, und ...

17.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke! – Damit sind die tatsächlichen Berichtigungen abgewickelt. (Beifall bei der SPÖ für die das Rednerpult verlassende Abg. Schasching. )

Ich gebe jetzt noch bekannt, dass darüber hinaus verlangt wurde, in zwei Fällen das Wort zu einer persönlichen Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigungen zu erteilen, und zwar wurde dieses Verlangen gestellt vom Herrn Abgeordneten Öllinger und vom Herrn Abgeordneten Großruck.

Soweit ich mich erinnern kann, ist in keinem Fall im berichtigten Sachverhalt auf den Vorredner in einer Art und Weise Bezug genommen worden, die eine persönliche Erwiderung zwingend machen würde. Gerade in der heutigen Präsidialsitzung ist wieder gesagt worden, dass die Bestimmung hinsichtlich der persönlichen Erwiderung streng zu handhaben ist. Dabei bleibe ich, und daher erteile ich keine weiteren Wortmeldungen mehr in diesem Zusammenhang.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen, und ich lade Kollegen Prinzhorn ein, mit diesen zu beginnen, damit wir nicht während des Abstimmungsvorganges den Vorsitz wechseln müssen.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Bundesministeriengesetz-Novelle 2000 in 42 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Martin Graf und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner hat Herr Abgeordneter Dr. Kostelka mehrere Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Schließlich liegen zwei Verlangen auf namentliche Abstimmung von jeweils 20 Abgeordneten vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen, den Verlangen auf getrennte Abstimmung beziehungsweise den verlangten namentlichen Abstimmungen betroffenen Teilen, und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 1 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen, der sich auf Artikel I Ziffer 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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12. Sitzung / Seite 131

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Dr. Martin Graf und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 4 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffern 8 und 9 in Artikel I bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel I Ziffern 8 und 9 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Jene Abgeordneten, die hiefür sind, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 11 eingebracht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereit gestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag Dr. Kostelka und Genossen betreffend Artikel I Ziffer 11 stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen sind, "Nein" - Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird Sie später ablösen, Frau Abgeordnete.

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Reitsamer beziehungsweise durch Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der beiden Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.18 Uhr unterbrochen und um 17.25 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 181, davon "Ja" - Stimmen: 78, "Nein" - Stimmen: 103.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Artikel I Ziffer 11 ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder, Edler, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hostasch, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein " stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;


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12. Sitzung / Seite 133

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert, Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck, Niederhuemer;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Platter, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Ziffer 15 in Ziffer 11 des Artikels I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die restlichen Teile der Ziffer 11 in Artikel I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 11a in Artikel I bezieht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag ist damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffern 4, 7 und 8 in Ziffer 14 des Artikels I bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist damit abgelehnt.


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12. Sitzung / Seite 134

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Ziffer 14 in Artikel I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffern 16, 20, 22, 25 und 26 bezieht.

Jene Abgeordneten, die hiefür sind, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit. Die Fassung ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 29 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Ziffer 18 in Ziffer 29 des Artikels I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die restlichen Teile der Ziffer 29 in Artikel I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 30 eingebracht.

Es ist darüber namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Artikel I Ziffer 30 sind, den "Ja" - Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, den "Nein" - Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin Frau Abgeordnete Reitsamer mit dem Namensaufruf zu beginnen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Reitsamer und den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)


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Stenographisches Protokoll
12. Sitzung / Seite 135

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.36 Uhr unterbrochen und um 17.45 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 178, davon "Ja" - Stimmen: 76, "Nein" - Stimmen: 102.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Artikel I Ziffer 30 ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Absatz 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder, Edler, Edlinger, Einem;

Faul;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hostasch, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schwemlein, Silhavy, Sima;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.


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Stenographisches Protokoll
12. Sitzung / Seite 136

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser, Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck, Niederhuemer;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Platter, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 30 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ausschussbericht ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 31 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 31 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.


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Stenographisches Protokoll
12. Sitzung / Seite 137

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 32 – Ziffern 10 und 13 – sowie entsprechende Änderungen der Ziffernbezeichnungen und auf Artikel I Ziffern 33, 37, 38 und 45 sowie entsprechende Änderungen der Ziffernbezeichnungen bezieht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 46 in Artikel I bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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12. Sitzung / Seite 138

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Fraueninteressen wahrnimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig und Genossen betreffend Einrichtung eines Mitgliedes der Bundesregierung, das vorrangig beziehungsweise ausschließlich Umweltinteressen wahrnimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Erhaltung einer eigenständigen Sozial-, Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Organisation der Bundesministerien.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Neuerlassung des Bundesministeriengesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Maßnahmen, die der fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich KonsumentInnenpolitik und -schutz entgegenwirken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald und Genossen betreffend Bericht zum internationalen Boykott der österreichischen Forschung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald und Genossen betreffend Maßnahmen, die der seit Jahren fortschreitenden Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich Wissenschaft und Forschung entgegenwirken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird, in 43 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Trattner, Dkfm. Mag. Mühlbachler und Genossen einen Zusatz- sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den Zusatzantrag sowie über den vom genannten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Trattner, Dkfm. Mag. Mühlbachler und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 1 sowie der damit verbundenen Änderung der Ziffernbezeichnungen bezieht.

Jene Damen und Herren, die sich für diesen Zusatzantrag aussprechen, ersuche ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Trattner, Dkfm. Mag. Mühlbachler und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffer 5 des Gesetzentwurfes bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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12. Sitzung / Seite 139

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Anerkennung der Massaker an der armenischen Bevölkerung 1915 bis 1917 im Osmanischen Reich als Völkermord (44 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Jäger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.52

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zweifellos gehört der Völkermord an den Armeniern in der Zeit von 1915 bis 1917 zu den abscheulichsten Verbrechen, die im 20. Jahrhundert begangen wurden. Beispiellos ist auch das Leugnen dieses Genozids, das Verdrehen von Tatsachen durch viele türkische Regierungen bis zum heutigen Tag.

Deshalb begrüße ich den vorliegenden Antrag, das heißt, die Behandlung dieses Themas im Menschenrechtsausschuss – alleine schon deshalb, weil zum damaligen Zeitpunkt Österreich-Ungarn als verbündeter Staat starke historische Beziehungen zur damaligen Türkei hatte.

Ich möchte aber der Behandlung im Menschenrechtsausschuss nicht vorgreifen, was die Anerkennung im Sinne der Konvention zur Verhinderung und Bestrafung der Verbrechen des Völkermordes, verabschiedet von der UN-Generalversammlung am 9. Dezember 1948, anlangt. Ich denke, dass wir im Menschenrechtsausschuss genau und gründlich darüber sprechen sollten, wie sinnvoll es ist, verschiedene Arten der Genozide, die sehr lange zurückliegen, nach dieser Konvention, die nach dem Zweiten Weltkrieg angesichts der Tötung so vieler jüdischer Menschen beschlossen worden ist, gleichzusetzen.

Ich möchte aber schon sagen, dass es sehr bedauerlich ist, dass die Türkei bis heute eine sehr rückständige und zu großen Spannungen führende Minderheitenpolitik betreibt. Ich möchte das am Beispiel der Kurden festmachen. Es wird ihnen eine eigene Sprache und eine eigene Kultur untersagt. Ich denke, dass zur Europareife auch – diesbezüglich muss man die Türkei in die Pflicht nehmen – ein modernes Minderheitenrecht und ein ordentliches Verhältnis zu historischen Wahrheiten und zur historischen Vergangenheit gehören. Positiv in diesem Zusammenhang erwähnen möchte ich, dass sich die Türkei letztlich dazu durchgerungen hat, die Hinrichtung des kurdischen Führers Öcalan zu vertagen. Damit ist man einem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes zuvorgekommen und hat diese Frage ordentlich behandelt.

Ich möchte noch kurz zu dem armenischen Völkermord Stellung nehmen. Die Armenier hatten zum damaligen Zeitpunkt, also Anfang des vorigen Jahrhunderts, in mehreren osmanischen Provinzen eine Mehrheit, und es gab das Regime der Jungtürken, die im Ersten Weltkrieg mit Österreich-Ungarn und Deutschland verbündet waren. Nach dem Eintritt der Türkei in den Krieg kam es zur Invasion in den Kaukasus. Die sehr schlecht vorbereiteten türkischen Truppen wurden schon innerhalb kürzester Zeit durch die kriegsgewohnten und besser befehligten Russen im Jänner 1915 bei Sarikamis vernichtend geschlagen. Der ungeordnete Rückzug der Überlebenden führte durchwegs durch armenisches Gebiet. Offiziere wie auch Soldaten gaben den Armeniern letztlich die Schuld an der Niederlage, die offensichtlich durch strategische Fehler verursacht worden war. Entgegen allen Tatsachen waren die Jungtürken, das damalige türkische Regime, davon überzeugt, dass die Armenier eine tödliche Gefahr für den Pan-Türkismus bedeuteten.

Der Erste Weltkrieg lieferte ihnen eine günstige Gelegenheit, diesen inneren Feind zu erledigen. Die Vernichtung der Armenier, ihre "Ausrottung mit den Wurzeln", wie Hannah Arendt sagte, bedeutete Liquidationen, Deportationen, Massaker, Umsiedlungsmärsche durch Wüstengebiete


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12. Sitzung / Seite 140

bis zu Konzentrationslagern in den Wüsten Mesopotamiens. Sie führten zu einer raschen Vernichtung der Armenier. Frauen, Kinder, alte Menschen wurden auf Todesmärsche geschickt, zwei Drittel der Armenier des Osmanischen Reiches wurden innerhalb von zwei Jahren ermordet. Man spricht von ungefähr 1,5 Millionen Menschen, die damals ums Leben kamen.

Der Völkermord an den Armeniern war allerdings keine, wie türkische Regierungen in der Folge immer wieder darstellten, Reaktion auf armenische Provokationen, sondern es war eine Reaktion auf die militärischen Katastrophen des Ersten Weltkrieges und natürlich auch eine Etappe innerhalb der türkischen Nationalrevolution.

Ich denke, wir sollten uns im Menschenrechtsausschuss dieser Frage genauer annehmen. Ich habe schon darauf hingewiesen: Österreich war damals mit der Türkei verbündet. Es geht auch um diese Gedenktage; am 24. April des Jahres 2000 jährt sich dieser Völkermord zum 85. Mal. Ich denke, dass es notwendig ist, dass wir mit unserer Geschichte wahrhaft umgehen können. Wir alle wissen, dass nur jene Völker, die auch mit ihrer Geschichte ehrlich umgehen, eine demokratische und ehrliche Zukunft haben. Ich meine, dass wir uns gerade in der jetzigen Situation auch dieses Themas annehmen sollten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich kann mich im Wesentlichen den Ausführungen der Kollegin Jäger nur anschließen und möchte an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, wie froh ich darüber bin, dass wir uns im Verfassungsausschuss dazu durchgerungen haben, dass eben dieser Verfassungsausschuss letztendlich der an sich unzuständige Ausschuss ist und wir diesen Fehler, nämlich die Zuweisung an einen unzuständigen Ausschuss, jetzt reparieren, indem wir diese Materie dem Menschenrechtsausschuss, für dessen Einsetzung auch die Freiheitliche Partei sehr lange eingetreten ist und der nunmehr etabliert wurde, zuweisen und dort eine ausgiebige Diskussion – und zwar hoffentlich nicht nur über dieses spezielle Thema, sondern generell über die Menschenrechte – abführen.

Es wäre an sich traurig gewesen, hätten wir diese menschenrechtlich relevante Materie im Verfassungsausschuss enderledigt, denn wir hätten dem Menschenrechtsausschuss in Wirklichkeit keinen guten Dienst erwiesen, wenn gerade die erste dafür in Frage kommende Materie, die hier im Hohen Hause behandelt wird, seit es diesen Ausschuss gibt, nicht dem richtigen Ausschuss zugewiesen worden wäre.

Überhaupt glaube ich, dass die Themenpalette viel breiter gesteckt werden soll, wenn es um Menschenrechte geht. Wir Österreicher kehren nämlich – und davon kann man vielleicht auch auf die Gründe schließen, warum die internationale Reputation Österreichs etwas leidet – nie vor der eigenen Haustüre, sondern beschließen Resolutionen etwa betreffend Menschenrechtsverletzungen in Asien – je weiter entfernt, umso freudiger beschließen wir diese Resolutionen.

Meiner Ansicht nach müssen wir auch die Menschenrechtsverletzungen, die sowohl in der Vergangenheit als auch heute in der unmittelbaren Umgebung Österreichs geschehen, viel stärker in den Mittelpunkt rücken. So sollten wir in diesem Zusammenhang verstärkt etwa auch eine breite Diskussion über den Genozid an den Sudetendeutschen in den Gebieten der ehemaligen Tschechischen Republik führen, ebenso über andere Materien. Diese Materie soll und kann man nicht weit genug fassen, insbesondere wenn es um die unmittelbare Umgebung Österreichs geht.

Wir müssen in Österreich auch damit aufhören, bei Menschenrechtsverletzungen mit zweierlei Maß zu messen, wie es allzu gern auch im befreundeten Ausland betrieben wird. (Abg. Öllinger: Haben Sie gesagt: "Genozid an den Sudetendeutschen"?) Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in den gleichen Fehler verfallen.


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12. Sitzung / Seite 141

Ich erinnere daran, dass die ... (Abg. Öllinger: Haben Sie gesagt: "Genozid an den Sudetendeutschen"?)  – Ja freilich! Wie würden Sie das nennen, wenn fast 300 000 Menschen ums Leben kommen, meist Kinder, Säuglinge, alte Frauen, alte Männer? (Abg. Dr. Lichtenberger: Neue Geschichtsauslegung!) Wie würden Sie das qualifizieren? (Abg. Dr. Lichtenberger: Ganz neue Geschichtsinterpretation!) Würden Sie sagen, das ist gerecht? Ich sage an dieser Stelle nur eines: Es war auch dies ein Unrecht! Und Unrecht verjährt niemals – weder das Unrecht, das an den Armeniern begangen wurde, noch jenes an den Sudetendeutschen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist nicht eine Frage der ...!)

Ich möchte diesbezüglich ganz dezidiert festhalten – wir halten fest: Auch das war ein Genozid (Abg. Dr. Lichtenberger: Was ist ein Genozid?), und er gehört, wie ich meine, von der Wertegemeinschaft Europa entsprechend gewürdigt.

Ich möchte wiederholen: Das Messen mit zweierlei Maß ist, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, leider Gottes immer Mode. Die Armenier bemühen sich international – zum Teil sehr erfolgreich – um Anerkennung dieses Genozids als Genozid. Auch die UNO hat sich schon in mehreren Resolutionen damit beschäftigt. Österreich hat immer den Standpunkt eingenommen, dass man dies in die besagte Richtung qualifizieren soll.

Ebenso wurden in verschiedenen anderen europäischen Staaten in der jüngsten Vergangenheit ähnliche Anträge gestellt. Dabei darf jedoch nicht passieren, was zum Beispiel in Frankreich geschehen ist:

Dort wurde im Mai 1988 ein gleich lautender Antrag in der Nationalversammlung zur Abstimmung gebracht und auch beschlossen. Auf dem Weg in die zweite Kammer gab es dann natürlich – berechtigte oder unberechtigte; ich nehme an, unberechtigte – Proteste gegen diesen Beschluss von Seiten der türkischen Regierung. Man drohte Frankreich mit der Stornierung von Milliardenaufträgen im Infrastruktur-, aber auch im Militärbereich. Das nun hat den Herrn "Gutmenschen", den Präsidenten Chirac, dazu veranlasst, sich bei Präsident Demirel zu entschuldigen und auf den Senat, die zweite Kammer, Druck auszuüben. Im Senat ist dieser Antrag dann tatsächlich gefallen.

Ich glaube nicht, dass man sich in der Frage der Menschenrechte, wenn man es wirklich ernst meint, von pekuniären Mustern leiten lassen darf. Das, was in Frankreich in diesem Punkt passiert ist, darf in Österreich nicht passieren, nämlich dass man eine zwiespältige Haltung einnimmt, wenn es darum geht, Verletzungen von Menschenrechten nicht als solche anzuerkennen oder zumindest zweideutig oder verschiedenartig zu interpretieren.

Wir haben nun eine gute Chance, im Menschenrechtsausschuss eine umfassende Diskussion darüber, wie wir es bei der Bewertung von Menschenrechtsverletzungen allgemein und im Speziellen halten, abzuführen. Und wir sollten uns dabei keine Schranken auferlegen, so dass wir Menschenrechtsverletzungen in unserer unmittelbaren Umgebung, die bis heute wirken, nicht auf die Tagesordnung setzen.

Ich werde mit meiner Fraktion darauf drängen, dass wir im Menschenrechtsausschuss auch über die Frage der Menschenrechtsverletzungen an den Sudetendeutschen und jenen aus dem ehemaligen jugoslawischen Raum und genauso über alle anderen Menschenrechtsverletzungen in Europa diskutieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.06

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe den Antrag betreffend Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts gestellt, einerseits deshalb, weil es ein altes Anliegen der Armenierinnen und Armenier ist, andererseits, um potentiellen Tätern, den Tätern von morgen, auch durch parlamentarische Beschlussfassungen zu signalisieren, dass es zwar sehr lange dauern kann,


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12. Sitzung / Seite 142

manchmal zu lange, bis ein Unrecht eingestanden und als solches anerkannt wird, dass es aber irgendwann einmal geschieht!

Vielleicht ist es möglich, dass es in Zukunft schneller geht und dass sich Täter, wo immer sie die Menschenrechte mit Füßen treten, nicht mehr Jahrzehnte in Sicherheit wiegen können.

Ich habe auch der Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss zugestimmt, wiewohl es durchaus möglich gewesen wäre, diese Materie auch im Verfassungsausschuss zu verhandeln und zu behandeln. Aber natürlich ist es ein trauriger, aber auch ein wichtiger und insofern schöner Anlass für den Menschenrechtsausschuss, seine Tätigkeit zu beginnen. Meine Zustimmung zu dieser Zuweisung erfolgte unter der Zusicherung, dass die Beratungen darüber bald aufgenommen und auch bald erledigt werden. Ich habe von Terezija Stoisits gehört, dass diese Materie bereits auf die Tagesordnung gesetzt wurde.

Ich will aber doch noch ganz kurz zu den Ausführungen meines Vorredners Stellung nehmen. Es ist dies meiner Meinung nach gerade in jener Situation, in der sich Österreich im Moment befindet, und mit der Geschichte, die Österreich hat, nicht nur ein Fauxpas, sondern letztlich eine gravierende politische Fehlhaltung, die eine Wertung zum Ausdruck bringt, die ich nicht teile und die hier im Lande und noch mehr international auf absolutes Unverständnis stößt. (Abg. Dr. Martin Graf: Was denn? Die Chirac-Angelegenheit?)

Solche Dinge sind nicht vergleichbar! (Abg. Dr. Martin Graf: Das, was der Chirac gemacht hat, oder?) Es ist unbestritten, Herr Abgeordneter Graf, dass auch Sudetendeutschen Unrecht zugefügt worden ist. Aber gerade dann, wenn es um diese Thematik geht, um Völkermord, um Genozid, kann das Unrecht an den Sudetendeutschen überhaupt nicht erwähnt werden, ohne gleichzeitig auch über seine Vorgeschichte zu sprechen, über den Anlass und wie dieses Unrecht zustande gekommen ist! Und das war das Naziverbrecher-Regime! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie ... (Abg. Dr. Martin Graf: Kinder, Säuglinge, alte Frauen?!)  – Ja, es ist leider so, dass im Gefolge von Kriegen in der Regel auf allen Seiten Unrecht passiert. (Abg. Dr. Martin Graf: Wie in Armenien!) Das haben wir zuletzt im Kosovo erlebt. Es ist dort auch Serbinnen und Serben als Retorsionsmaßnahme Unrecht zugefügt worden, aber es steht die Ursache und der Ausgangspunkt dieses Konfliktes nicht in Frage! (Abg. Dr. Martin Graf: Und in Armenien auch!) Niemand würde es wagen, diese Dinge auf der gleichen Ebene abzuhandeln. Es ist Ihr fragwürdiges Privileg, das immer wieder zu tun! (Abg. Dr. Martin Graf: Sie differenzieren! ... Völkermord ...!) Und das bringt eine Geisteshaltung klar zum Ausdruck, von der Österreich sich endlich verabschieden muss, wenn es auch international wieder an Ansehen gewinnen soll! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Letztes: Ich möchte es zwar nicht auf diese Ebene stellen, aber wenn Sie es angebracht finden, die politische Haltung, möglicherweise auch Entscheidungen von ausländischen Regierungen, von ausländischen Staatsoberhäuptern zu kritisieren, falsch zu finden, abzulehnen – es ist jedem unbenommen, gerade hier in diesem Haus! –, warum tun Sie das dann andauernd mit herabwürdigenden Worten, die Sie auch im Inland leider nur allzu oft verwendet haben, wie etwa mit dem von Ihnen immer wieder verwendeten Ausdruck "Gutmensch" – unter Anführungszeichen –, mit dem Sie eine ganz bestimmte Intention verfolgen? Das wird im internationalen Kontext nicht akzeptiert.

Wann werden Sie endlich damit aufhören, das bei jeder Gelegenheit, auch bei einer Gelegenheit, bei der ich gehofft hatte, dass dieses Haus einmal zu einer reifen und zu einer guten Entscheidung kommen wird, zu tun? Sie versäumen bei keiner Gelegenheit die Möglichkeit, diesem Land Schaden zuzufügen. (Abg. Dr. Martin Graf: Finden Sie die Haltung von Chirac in dieser Frage in Ordnung?) Das ist letztlich jämmerlich und traurig! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.11


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12. Sitzung / Seite 143

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Aumayr  – in Richtung der Abg. Dr. Petrovic –: Keine Antwort ist auch eine Antwort!)

18.11

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bräuchte den Ausführungen meiner Vorrednerin im Hinblick auf den Redebeitrag des Abgeordneten Graf eigentlich nichts hinzuzufügen. (Abg. Dr. Martin Graf: Das hätte mich auch gewundert!)

Trotzdem tue ich es, weil ich mit dem vorliegenden Antrag nicht ganz glücklich bin. Es ist ein Antrag auf Verurteilung der Massaker an den Armeniern im Sinne der UN-Menschenrechtskonvention des Jahres 1948. Ich möchte nun näher begründen, was ich damit meine.

Für die Herausbildung der türkischen Identität nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches, das im Wesentlichen kosmopolitisch war, ebenso des Islam, der in Wirklichkeit auch kosmopolitisch war, war dieser Völkermord – und ein solcher war es natürlich – an den Anhängern christlicher Religionen in dieser Region für die türkische Republik tragischerweise geradezu konstitutiv.

Der türkische Nationalismus, der sehr stark von Rasseideologien und von Sozialdarwinismus beeinflusst war, ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie nationalistische Mechanismen ablaufen und funktionieren. Er ist ein Reflex auf viele jahrhundertlange Demütigungen – auch durch das islamische Reich, auch durch die Christen am Balkan – und Auseinandersetzungen in diesem spannungsreichen Gebiet.

Die Türken haben Sündenböcke gesucht – und Sündenböcke gefunden. Diese Sündenböcke waren die christlichen Minderheiten, die von den Großmächten in diesem Gebiet als Hebel für ihre Großmachtinteressen missbraucht worden waren. Es muss auch einmal ganz klar gesagt werden, wie die Koalitionen im Ersten Weltkrieg ausgeschaut haben.

Das ist für das Verständnis der türkischen Identität – und das sage ich jetzt nicht als Entschuldigung oder Beschönigung, sondern nur zum Verständnis der Entwicklung des Nationalismus am Beginn des 19. Jahrhunderts und für das Verständnis dieser Zeit allgemein, möchte ich hinzufügen – ganz wichtig. Nach meinem Dafürhalten ist das etwas ganz anderes als das, was Ausfluss der besagten UN-Resolution des Jahres 1948 war, die natürlich ganz stark unter dem Einfluss der perfektionierten und planmäßigen industriellen Vernichtung der Juden, des "perfekten" Massenmordes in diesem Jahrhundert, stand.

Es wird mir ein bisschen mulmig, wenn Herr Kollege Graf in seinen Ausführungen von der engsten Nachbarschaft spricht, ihm dabei – und damit möchte ich keineswegs das Leid, das die Sudetendeutschen erlitten haben, relativieren (Abg. Jung: Aber?)  – eben diese Vertreibung der Sudetendeutschen einfällt, der Holocaust aber nicht. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ja bereits verurteilt durch die Kommission!)

Das haben Sie mit keinem Wort gesagt! Und Sie haben auch mit keinem Wort gesagt, dass gerade die Vertreibung der Sudetendeutschen eine Folge dieses Holocaust und aller Entwicklungen, die sich daraus ergeben haben, war. (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Posch, jetzt ganz im Ernst: Das ist ja bereits verurteilt!)

Das ist in Wirklichkeit das Problem, das Sie (Abg. Böhacker: Das Sie herbeireden wollen!) mit der Bewältigung ihrer Vergangenheit ganz offensichtlich haben, und auch das Problem, das Ihnen momentan zu schaffen macht. Das wissen Sie ganz genau. (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Posch, es geht um den noch nicht verurteilten Genozid! Das ist doch das Wesen des Antrages!)

Es geht nicht um nicht verurteilte oder um verurteilte Genozide, sondern es geht um Ihre Geisteshaltung, dass Ihnen, wenn so etwas auf der Tagesordnung steht, zum grausamsten Genozid dieses Jahrhunderts die Vertreibung der Sudetendeutschen einfällt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Das ist bezeichnend für Ihre Geisteshaltung, und mehr


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12. Sitzung / Seite 144

möchte ich dazu gar nicht sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Die Armenier fallen ihm nicht ein! – Abg. Egghart: Pol Pot!)

18.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist wieder so eine typische Verdrehung!)

18.16

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Menschenrechte sind unteilbar. Sie gelten für jeden Menschen. Wir sind dazu aufgerufen, die Einhaltung der Menschenrechte sowohl im Inland als auch auf der ganzen Welt zu beobachten und Verstöße dort, wo es sie gibt, aufzuzeigen und dagegen einzuschreiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Massaker, die während des Ersten Weltkrieges in der Türkei am armenischen Volk verübt wurden und eine ungeheure Zahl an Opfern unter der armenischen Bevölkerung gefordert haben – ich denke da vor allem an die Todesmärsche in die syrische Wüste – zählen zweifellos zu den tragischsten Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts. Deshalb hat Österreich im Zusammenhang mit der 50-Jahr-Feier der UN-Konvention gegen Völkermord anlässlich der UNO-Generalversammlung im Dezember 1998 einen von der armenischen Regierung vorgelegten Resolutionsentwurf unterstützt, in dem die Rolle dieser Konvention besonders gewürdigt wird. Auch eine Resolution der UN-Menschenrechtskommission zum selben Gegenstand im April 1999 wurde von Österreich unterstützt.

Wir bemühen uns gerade jetzt im Rahmen des österreichischen Vorsitzes bei der OSZE aktiv um Versöhnung im Südkaukasus. Dies schließt auch das Verhältnis zwischen Armenien und der Türkei ein. Generell ist der Südkaukasus eine der Prioritäten unserer Arbeit während des OSZE-Vorsitzes. Alle Initiativen zur Stabilisierung dieses Raumes werden von uns aktiv gefördert. Weiters ist es unser Ziel, in einem geduldigen Dialog, möchte ich sagen, mit der Türkei, eine Verbesserung der generellen Menschenrechtssituation, also auch jener der armenischen Volksgruppe in der Türkei zu erreichen.

Deshalb stimmt meine Fraktion gerne dem Antrag zu, die gegenständliche Vorlage im Ausschuss für Menschenrechte zu behandeln. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 44 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Ich weise den Antrag 50/A (E) dem Ausschuss für Menschenrechte zu . (Rufe: Einstimmig!)  – Er wurde einstimmig angenommen.

4. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (40 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2000) (45 der Beilagen)


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5. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 64/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2000) (46 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Gartlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.20

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Staatssekretär Finz! Ich möchte in Erinnerung an den Budgetausschuss der letzten Woche darauf hinweisen, dass es die sozialdemokratische Fraktion war, die letzte Woche das Angebot gemacht hat, die Verhandlungen im Budgetausschuss zügig und schnell durchzuziehen, um dieses Budgetprovisorium, das wir dort behandelt haben, noch rechtzeitig, vor Beginn der Sondersitzung, zu beschließen, damit mit Sondermaßnahmen eine schnelle Behandlung im Plenum am gleichenTag noch möglich ist.

Dieses Angebot wurde von den Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ allerdings nicht angenommen. Es ist schon eine sehr eigenartige Situation, wenn eine Oppositionspartei ein zügiges Behandeln von Anträgen, die dringlich sind, einfordert und die Regierungsparteien daran kein Interesse haben.

Nächster Punkt: Budgetprovisorium. Dieses Budgetprovisorium, das wir heute beschließen, ist basierend auf den Daten des Jahres 1999 erstellt worden und ist daher ein sehr sparsames, effizientes Programm für das Jahr 2000. Wir wissen, dass das Jahr 1999 ein sehr erfolgreiches Finanzjahr für diese Republik Österreich gewesen ist – mit neuen Rekordbeschäftigungswerten, mit neuen Rekordwerten, was die Inflationsrate betrifft. Es wäre daher ein sehr guter und ein sehr sparsamer Weg, wenn wir mit diesem Budgetprovisorium auch das Jahr 2000 durchtauchen würden.

Dies ist allerdings nicht der Fall, wie wir hören. Die Bundesregierung plant, in den nächsten Wochen ein Budget 2000 zu erstellen. Das ist nur damit zu erklären, dass die Herren ein Geldeintreibungsbudget für das Jahr 2000 brauchen, weil man ja immerhin der schwarz-blaue Robin Hood sein will und die Reichen beschenken und die Armen berauben möchte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Geh! Ich werde heute auch friedlich sein! – Abg. Schwarzenberger: Der Robin Hood hat auch nicht die Reichen beschenkt!)

Lieber Kollege! Ich bin noch immer friedlich und sachlich. – Lassen Sie mich aber jetzt auf das Regierungsprogramm ein bisserl eingehen. Ich glaube, dass ... (Abg. Aumayr: Wir kennen Sie ganz anders!)

Ich bin sehr sachlich, ich nehme nur auf euer Programm Bezug, und da steht halt leider drinnen, dass unsere Agrargroßbauern – Subventionsmillionäre – weiter gefördert werden, dass es Präsente an die Unternehmen geben wird – auch wenn Herr Puttinger als ÖVP-Sprecher heute die bisherige Regierungspolitik als sehr hilfreich für die Unternehmen in Österreich bezeichnet und gelobt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und es ist geplant, unsere Millionärsmütter und Millionärsväter zu beschenken.

Meine Damen und Herren! Wir lehnen das ab, und deshalb haben wir auch das neue Bundesministeriengesetz abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ.)


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12. Sitzung / Seite 146

Wir werden aber heute diesem Budgetprovisorium in dritter Lesung unsere Zustimmung geben, weil wir dadurch zeigen und signalisieren wollen, dass wir eine sehr konstruktive Oppositionspolitik in diesem Land führen. Wir werden aus diesem Grund eine getrennte Abstimmung verlangen. Dem § 6 in diesem Gesetzeswerk werden wir unsere Zustimmung verweigern; die restlichen Paragraphen entsprechen im Wesentlichen dem Entwurf unseres Ex-Bundesfinanzministers Edlinger, so dass wir dem sehr gerne zustimmen werden.

Wir haben aber ungeachtet dessen bezüglich der Art der Einbringung dieses Budgetprovisoriums unsere Bedenken. Wir sind uns nicht sicher, ob es vor dem Verfassungsgerichtshof halten wird, ob die verfassungsrechtliche Sicherheit für diese Art der Einbringung dieses Budgetprovisoriums gegeben ist, denn, wie wir aus der Geschäftsordnung wissen, ... (Abg. Schwarzenberger: Sie wollten es schon am Donnerstag beschließen, und heute bezweifeln sie es?)

Das hätten wir sehr gerne gemacht, allerdings habt Ihr in diesem Ausschuss eine "Diskussionskultur" an den Tag gelegt, auf Grund welcher es nicht mehr möglich war, das rechtzeitig zu beschließen. Ich sage nur: Es gibt bei diesem Budgetprovisorium das Problem, dass es normalerweise einen Initiativantrag der Regierungsfraktionen dazu geben müsste. So ist es auch als gesetzliche Möglichkeit formuliert. So haben es auch Sie letzte Woche zwar schon als Regierungsantrag, als Regierungsvorlage eingebracht, in den Erläuternden Bemerkungen aber immer noch als Initiativantrag erwähnt. Wir sind hier nicht sicher, hoffen aber, dass das vor dem Verfassungsgerichgshof halten wird.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir damit zeigen, dass die SPÖ eine staatstragende Oppositionsrolle hier einnimmt und wahrscheinlich mehr Verantwortungsbewusstsein als diese Bundesregierung zeigt und in diese Diskussion einbringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden nämlich einiges nicht zulassen, und daran werden Sie uns auch nicht hindern können: Wir werden sozialdemokratische Grundwerte, die in den letzten 30 Jahren in diesem Land festgeschrieben wurden, uns nicht mutwillig kaputt machen lassen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Warum habt ihr sie nicht gelebt?)

Lieber Kollege Gaugg! Ich würde an Ihrer Stelle da etwas vorsichtiger sein. (Abg. Gaugg: Nicht drohen!) Ich drohe überhaupt niemandem! Sie werden wahrscheinlich Ihre "Maturaprüfung" bei den nächsten Arbeiterkammerwahlen nicht sehr gut bestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sind einer von denjenigen, die den sozialen Frieden in diesem Land stornieren wollen. Sie wollen Österreich wirklich wieder zum Albanien Europas machen, wie es vor 1970 war, und Sie wollen statt Wohlstand und Beschäftigung eine Zweidrittelgesellschaft und eine Umverteilung von unten nach oben. (Abg. Aumayr: Das sagt der Kollege von der größten Wahlverliererpartei!)

Meine Damen und Herren! Sie sparen am falschen Ort. Wir sehen, dass diese Bundesregierung mit großem Talent dabei ist, österreichisches Familiensilber zu verschleudern. Ich denke da nur daran, was in der morgigen Ausgabe des "Kurier" steht. Ich denke da nur daran, was in dieser ÖIAG-Novelle, die Sie mit sehr eigenartigem Tempo durchpeitschen wollen, drinnen steht. Ich zitiere dazu nur zwei ÖVP-Manager, nämlich Herrn Ditz und den Herr Raidl. Herr Ditz sagte heute, es werde das Aktiengesetz dabei überreguliert. Und Herr Raidl sagte – ich kann es ebenfalls zitieren –: "Die Situation ist dramatisch. Unter dem Mantel der Objektivität wird wieder Politik gemacht." – Zitatende. Das sagte ein Manager, der sicher nicht den Sozialdemokraten, sondern dieser Koalition sehr nahe steht.

Wenn ich mir anschaue, wie dramatisch die Kursverluste der ÖIAG-Betriebe aufgrund dieser Politik der Bundesregierung sind, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Sie können gar nicht so viel ersparen, wie Sie schon zerstört haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist darüber hinaus – und ich sehe das als Indiz dafür, dass es auch tatsächlich stimmt, weil Herr Bundesminister Grasser sich heute hier nicht herwagt –, wie in einem Bericht in "NEWS" steht, schon sehr eigenartig, dass ein Minister, der 27 Tage im Amt ist, noch bis heute


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Nachmittag offiziell Geschäftsführer von zwei Wettbüros des Herrn Frank Stronach gewesen ist. (Abg. Aumayr: Das ist falsch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lieber Freund! Die Zettel, die Sie da vorweisen, lasse ich mir in zehn Minuten faxen. (Abg. Aumayr: "NEWS" ist bereits geklagt!) Schauen Sie, Sie klagen immer, wenn Sie in Bedrängnis sind. Sie klagen nie, wenn es dann wirklich Realität ist! (Beifall bei der SPÖ.)

18.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.29

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der rot-grünen Einheitsopposition! Herr Kollege Gartlehner! (Abg. Ing. Gartlehner spricht mit Abg. Silhavy.) Darf ich kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten, ganz kurz nur! (Abg. Ing. Gartlehner unterbricht das Gespräch.)

Ich verstehe nicht, wie man als an sich seriöser Abgeordneter hier im Hohen Hause etwas – bei einem Mann darf ich es sagen! – nachplappert, was der Grüne Öllinger hier verbreitet und was im "NEWS" steht. Ich darf Ihnen zur Sache Grasser eines sagen: Die Geschäftsführertätigkeit bei beiden Unternehmen wurde mit 3. Februar dieses Jahres mit sofortiger Wirksamkeit für beendet erklärt, und zwar mittels eines gesellschaftsrechtlichen Umlaufbeschlusses. Dieser Umlaufbeschluss liegt vor. (Abg. Edler: Hast du das Original da!)

Damit ist Folgendes gegeben: Grasser ist nicht mehr Geschäftsführer dieser Unternehmen, er kann daher diese Gesellschaften gar nicht mehr nach außen hin vertreten und kann daher die Meldung an das Firmenbuch auch gar nicht weitergeben, sondern das haben die neuen Geschäftsführer zu tun. (Abg. Öllinger: Solange er im Firmenbuch steht ...!)

Ich sage Ihnen eines, Herr Kollege Öllinger: Es ist ... (Abg. Öllinger: Wer hat es denn unterschrieben?) Rudas hat es unterschrieben. (Abg. Öllinger: Wer?) Rudas hat unterschrieben, hat den Umlaufbeschluss zur Kenntnis genommen. Und wenn Sie heute hier hergehen und sagen, Sie möchten es von einer Veröffentlichung im Firmenbuch abhängig machen, dann muss ich Ihnen sagen (Abg. Öllinger: Das ist doch ein Muss!): Das kann doch kein Mensch beeinflussen, wann es im Firmenbuch eingetragen wird. Es ist doch völlig klar, dass heute auch in einem Grundbuch nicht maßgeblich ist, wann die grundbücherliche Durchführung gemacht wird. Stimmt das oder stimmt das nicht? (Abg. Öllinger: Zeigen Sie das her!)

Herr Kollege Öllinger, geben S’ a Ruh’! (Ruf bei den Freiheitlichen: Der Pilz kennt sich nicht aus!) Pilz kennt sich nicht aus! Außerdem ist es hier im Hohen Hause üblich, Zwischenrufe vom Platz aus zu machen und nicht im Herumstehen am Gang.

Es ist doch so – auch im Steuerrecht ist es völlig klar –, dass bei einem Abschluss über ein Grundstück der Abschluss der schuldrechtlichen Verträge maßgeblich ist und nicht die Durchführung im Grundbuch, denn auf die tatsächliche Durchführung im Grundbuch hat die einschreitende Partei überhaupt keine Möglichkeit der Einwirkung. Daher weise ich diese Beschuldigungen dem Finanzminister gegenüber mit aller Entschiedenheit zurück. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber, meine Damen und Herren von der SPÖ, wissen Sie, was Sie in der letzten Zeit machen? – Kollege Gartlehner meint, eine staatstragende Opposition wollen Sie spielen. Staatstragend! – Das ist recht nett! Aber heute haben Sie den ganzen Tag etwas ganz anderes gemacht: Sie haben dort, wo es sich positiv entwickelt hat, gesagt, das sei das Verdienst der alten Regierung, und dort, wo es negative Entwicklungen gibt, ist plötzlich die neue Regierung, nachdem sie knapp drei Wochen im Amt ist, schuldig.

Herr Kollege Gartlehner! Diese Rosinen-Politik nimmt Ihnen die Bevölkerung nicht ab! Das wird Ihnen die Bevölkerung nicht abnehmen!


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12. Sitzung / Seite 148

Da Sie heute hier immer wieder erklären, die nächste Wahl werde für die Freiheitlichen schlecht ausgehen, sage ich Ihnen noch etwas: Es gibt eine jüngste Umfrage, und zwar stammt sie von gestern, eine Gallup-Umfrage – und das Gallup-Institut steht uns Freiheitlichen bestimmt nicht nahe! –, und da schau her, "NEWS" veröffentlicht folgende Umfrage: Die SPÖ liegt nur mehr bei 30 Prozent (Ruf bei der SPÖ: Ist ja nicht wahr! – Abg. Gaugg: Das ist auch mehr als genug!), die Freiheitlichen bei 29 Prozent – ein weiterer Aufwind –, und der neue Kanzlerkandidat der SPÖ liegt in der Kanzlerfrage bei satten 11 Prozent. (Abg. Edler: Wo liegt der Haider?)  – Immerhin noch vor Gusenbauer bei 14 Prozent. Aber beim großen Mann der neuen Sozialdemokratie: Kanzlerfrage: 11 Prozent.

Oder: Frau Kollegin Glawischnig hat sich zu Recht oder zu Unrecht darüber mokiert, dass die Ermessensausgaben gekürzt werden. – Man kann da geteilter Meinung sein: Man kann das Budget explodieren lassen oder die Ermessensausgaben kürzen oder nicht kürzen. Aber sie hat in einem Nebensatz gesagt, die FPÖ drohe mit einer Kürzung der Ermessensausgaben um 50 Prozent. Um 50 Prozent! – Ich glaube, Frau Kollegin Glawischnig kennt den Unterschied zwischen Subventionen und Ermessensausgaben in einem Budget nicht.

Oder: Kollegin Schasching von der SPÖ hat gemeint, die FPÖ habe ein Ablaufdatum, diese Regierung habe ein Ablaufdatum. – Na selbstverständlich! Ich gebe Ihnen völlig Recht! Ablaufdatum: 2003! – Die SPÖ aber, die hat kein Ablaufdatum, die ist nämlich schon abgelaufen als Regierungspartei. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber nun zum eigentlichen Punkt der heutigen Tagesordnung: zum gesetzlichen Budgetprovisorium. Altfinanzminister Rudolf Edlinger war nicht mehr in der Lage, ein Budget für das Jahr 2000 vorzulegen. (Abg. Edler: Geh! Geh!) Das sind die Tatsachen! Daher ist ein automatisches Budgetprovisorium auch notwendig gewesen. Dieses ist mit 1. Jänner 2000 in Kraft getreten. Aber dieses automatische Budgetprovisorium würde nur erlauben, die Hälfte der Finanzschulden des Vorjahres aufzunehmen – mit dem Ergebnis, dass etwa Ende Mai der österreichische Staat in eine riesige Liquiditätskrise kommen und praktisch zahlungsunfähig werden würde. Daher war es unbedingt notwendig, ein gesetzliches Budgetprovisorium vorzulegen und zu beschließen.

Ob das, Herr Kollege Gartlehner, in der Sondersitzung oder ein paar Tage später beschlossen wird, ist nicht das Problem. Das Problem liegt ganz woanders: Das Problem liegt bei Ihnen, weil Sie in dieser ganzen Diskussion nie der Sache gedient haben, sondern hergegangen sind und versucht haben, nachzuweisen, dass die ÖVP alle Zahlen betreffend das Budgetdefizit schon gewusst hat.

Es wird heute von Ex-Finanzminister Edlinger immer noch erklärt, das Budgetloch betrage nur 20 Milliarden Schilling. Dann waren es 47 Milliarden Schilling. Tatsache ist, dass das Budgetdefizit 109 Milliarden Schilling beträgt. (Abg. Edler: Kannst du Brutto und Netto unterscheiden?) Edler, bitte! Na bitte! – 109 Milliarden Schilling beträgt das Budgetdefizit! Das kann doch kein Erfolg sein, auch wenn Sie immer wieder sagen: Wir haben das Maastricht-Budgetdefizit-Ziel erreicht! War es immer die Aufgabe und das Wollen der sozialistischen Finanzpolitik, Defizite zu produzieren? Sollte es nicht höchste und wichtigste Aufgabe sein, ein ausgeglichenes Budget zu erreichen? – Nein, überhaupt nicht! Es wurden 62 und dann 70 Milliarden Schilling Defizit hingenommen, und es wurden keine nachhaltigen strukturellen Maßnahmen gesetzt.

Was ist passiert? – Einmalmaßnahmen wurden gesetzt, Vorgriffe auf künftige Budgets wurden vorgenommen. Das war Ihre Budgetpolitik! Und jetzt werden Sie beziehungsweise wird Ihre Nachfolgeregierung von der Wirklichkeit eingeholt. Wir haben diesen budgetären Scherbenhaufen wegzuräumen, den Sie hinterlassen haben, und von diesem Vorwurf können Sie sich nicht befreien. (Abg. Gradwohl  – eine "Kurier"-Ausgabe in die Höhe haltend –: Das ist Ihre Wahrheit!)

Was Sie betreiben, ist Kindesweglegung, und zwar Kindesweglegung in Reinkultur! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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12. Sitzung / Seite 149

Noch einmal: Wir werden, diese neue Bundesregierung wird nach dem Beschluss dieses gesetzlichen Budgetprovisoriums in wenigen Wochen ein Budget 2000 vorlegen – ein aktives, zukunftsorientiertes und der österreichischen Bevölkerung dienendes Budget –, und wir werden es hier in diesem Hohen Haus beschließen. Und wir werden klar machen, wohin die Reise geht – nämlich in eine Entwicklung in Österreich, die dem Bürger dient und nicht den sozialdemokratischen Vorstellungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.38


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12. Sitzung / Seite 150

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Herr Abgeordneter Gartlehner hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. (Abg. Öllinger: Zur Geschäftsbehandlung!)

Herr Abgeordneter Öllinger hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich stelle den Antrag auf Beiziehung des Herrn Finanzminister Grasser zu dieser Debatte.

Herr Abgeordneter Böhacker hat in seiner Wortspende zu den Vorwürfen betreffend Herrn Minister Grasser Ausführungen gemacht, die die Beiziehung des Herrn Finanzministers notwendig machen.

18.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Sie wünschen darüber keine Debatte. – Daher kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Öllinger.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ... (Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen. – Rufe bei der SPÖ: Nein! – Abg. Dr. Kostelka: Das ist unerhört!) Langsam, langsam! (Rufe bei der SPÖ: Auszählen! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Auszählen, richtig! Die Stimmen werden ausgezählt. Bitte bleiben Sie, wo Sie sind! Bleiben Sie, wo Sie sind, es wird ausgezählt! (Zwischenrufe und Gegenrufe bei allen Fraktionen des Hohen Hauses. – Mehrere Abgeordnete betreten den Sitzungssaal, um an der Abstimmung teilzunehmen, wogegen von allen Fraktionen des Hohen Hauses lautstark protestiert wird. – Abg. Edlinger  – in Richtung der Freiheitlichen –: Hinaus! Das geht nicht! – Weitere Abgeordnete betreten den Sitzungssaal.) Herr Abgeordneter Graf! Jene Abgeordneten, die hereinkommen, verlassen bitte den Saal! (Abgeordnete der SPÖ und der Grünen, in Richtung Freiheitliche und ÖVP zeigend, wo neuerlich Abgeordnete durch Betreten des Sitzungssaales versuchen, an der Abstimmung teilzunehmen: He! He! He!) Herr Abgeordneter Maderthaner! (Abg. Gaugg  – in Richtung SPÖ zeigend –: Der Wittmann war ganz schnell!) Bitte bleiben Sie, wo Sie sind! (Abg. Gaugg: Auch der Wittmann!) Herr Abgeordneter, bitte verlassen Sie das Plenum! (Proteste bei der SPÖ und den Freiheitlichen, weil nach wie vor Abgeordnete der jeweils anderen Fraktion in den Sitzungssaal drängen.) Ich kann nicht überall zugleich sein. (Abg. Edlinger: Ein Skandal ist das! – Abg. Wimmer: 39 zu 47! – Weiterhin große Unruhe im Saal.)

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es sind 39 Nein-Stimmen und 47 Ja-Stimmen. (Abg. Wimmer: Jawohl! – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Kostelka. – Bitte.

18.41

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Da das Hohe Haus diesen Antrag jetzt angenommen hat, ersuche ich den Herrn Präsidenten, die Sitzung logischerweise so lange zu unterbrechen, bis der Herr Bundesminister im Hause anwesend ist. (Anhaltende Zwischenrufe. – Ruf bei der SPÖ: Es ist ja abgestimmt worden! – Abg. Dr. Petrovic: Es ist zu unterbrechen!)

18.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister Grasser wird beigezogen. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 18.42 Uhr unterbrochen und um 18.46 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gartlehner zu einer tatsächlichen Berichtigung.   – Herr Abgeordneter Gartlehner! Aus gegebenem Anlass mache ich Sie auf § 58 Abs. 2 aufmerksam: "Eine tatsächliche Berichtigung hat mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und hat dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen."  – Bitte.

18.46

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege von der freiheitlichen Fraktion hat gemeint, ich habe hier nicht richtig berichtet, Bundesfinanzminister Grasser wäre schon lange nicht mehr als Geschäftsführer bei Stronach tätig.

Demgegenüber stelle ich richtig, dass ein Ausdruck aus dem Firmenbuch mit heutigem Tage vorliegt: Magna Europa AG, Dienstleistungsservice mit der Adresse, wo darunter steht: Manager: Mag. Karl-Heinz Grasser, Gesamtprokurist, Beruf: Bundesminister für Finanzen, geboren am 2. Jänner 1969. (Aha!-Rufe bei der SPÖ. – Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Haigermoser: Geboren ist er auch, das ist richtig!)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen. – Bitte.

18.47

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Präsident! Werter Kollege Staatssekretär! Ich glaube, es ist ohnehin schon Gegenstand der Diskussion gewesen, aber ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass es mir ein großes Anliegen war, hier in keiner Art und Weise Diskussionen entstehen zu lassen, weshalb ich am 3. Februar, nämlich am Tag meines Ausscheidens bei der Magna Europa AG und bei den anderen Gesellschaften, bei denen ich Geschäftsführungsfunktionen innehatte, der dortigen Geschäftsführung und dem dortigen Eigentümer gegenüber sehr, sehr klargemacht und formuliert habe, dass ich alle Funktionen mit dem 3. Februar 2000 zurücklege. Ich glaube, es sind Ihnen auch am gleichen Tag getroffene Umlaufbeschlüsse der jeweiligen Gesellschaften, bei denen ich Geschäftsführungsfunktionen innehatte, präsentiert worden.

Ich darf das noch einmal zur Kenntnis bringen: Das war die Sport Management International GmbH. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) – Wenn Sie mich ausreden lassen, können Sie die Information bekommen, die Sie jetzt einzufordern versucht haben.

Das waren die Sportwetten-GmbH und die Magna Europa AG – alles mit gültigen Beschlüssen an diesem Tag entsprechend entschieden, alle Funktionen an diesem Tag von mir zurückgelegt.

Wenn Sie sich rechtlich erkundigen – wir haben das heute gemacht, und das ist unsere Rechtssicht –, dann werden Sie erfahren, dass das einzig und allein rechtlich entscheidende Datum jenes ist, an dem die Abberufung aus der Geschäftsführungsfunktion und die Entlastung für diese Geschäftsführungsfunktion von den Eigentümervertretern erfolgt ist. – Das war nachweisbar am 3. Februar 2000, einen Tag vor meiner Angelobung, der Fall. Ich habe seither keine einzige Handlung als Geschäftsführer gesetzt. Sie wissen selbst, dass es einige Zeit dauert, bis solche Eintragungen gelöscht werden. (Abg. Schieder: Ist es schon beantragt, die Löschung?) – Das ist ein Punkt, den Sie mit der Magna Europa AG abklären sollten. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Wir nicht, Sie!)

Ich habe das heute telefonisch nochmals bei der Magna Europa AG hinterfragt, die mir gesagt und auch rechtsanwaltlich bestätigt hat, dass erstens diese Löschungen von Seiten der Magna Europa AG vorgenommen werden und zum Zweiten diese Löschungen rein deklaratorischen, dokumentativen Charakter haben und nicht rechtsrelevant sind, weil rechtsrelevant ausschließlich die Abberufung und Entlastung des Geschäftsführers ist.


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12. Sitzung / Seite 151

Ich denke, dass wir vor diesem Hintergrund auch die Meldungen an den Unvereinbarkeitsausschuss und die jeweiligen Informationen ausgefüllt haben – nach bestem Wissen und Gewissen –, und auch dort ist klar zum Ausdruck gebracht, dass ich keine Geschäftsführungsfunktion mehr innehabe. Von da her bin ich der festen Überzeugung, dass alle rechtlichen Voraussetzungen von meiner Seite aus wie auch von Seiten der Magna Europa AG und der anderen Gesellschaften erfüllt sind.

Ich darf Sie auch darüber informieren, dass ich das Magazin, das diese Behauptungen eines Rechtsbruchs in den Raum gestellt hat, noch diese Woche auf Gegendarstellung und ebenso auf Rufschädigung klagen werde, weil es einfach unwahre Behauptungen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Sind Sie jetzt noch vertreten oder nicht? – Abg. Dr. Martin


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12. Sitzung / Seite 152

Graf: Kann er ja gar nicht! Sie haben einen Fischer und einen Jarolim! Die können Ihnen das erklären! – Weitere Zwischenrufe.)

18.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.52

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist natürlich eine ausgesprochen spannende Debatte, die wir hier heute führen, und ich bin auch froh darüber, dass der Herr Finanzminister jetzt gekommen ist, um einige Unklarheiten, die sich da offensichtlich ergeben haben, noch aufzuklären.

Was mir nach Ihrer Wortmeldung, Herr Finanzminister, nach wie vor unklar geblieben ist – und es wäre schon interessant für uns alle, das zu wissen –, ist die Frage: Wer hat wirklich diesen Umlaufbeschluss unterschrieben? Es hat ein anderer Abgeordneter den Namen Rudas in den Raum gestellt. Ich möchte das gerne von Ihnen wissen. Und das Zweite, was noch interessanter ist, ist die Antwort auf die Frage: Warum war das ein Umlaufbeschluss? (Abg. Dr. Graf: Mein Gott, nein! Das gibt es doch nicht!) Warum macht man da nicht eine ganz normale Sitzung? (Abg. Dr. Martin Graf: So eine Unwissenheit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.) Na, wenn das so leicht zu erklären ist, dann wird der Herr Minister das ja sofort erklären können.

Jenseits dieser Fragen aber, die sich in diesem Zusammenhang stellen, ist für mich schon auch noch eines mehr als spannend, und zwar möchte ich ... (Abg. Auer: Sie waren in der Regierung tätig in Tirol? – Abg. Dr. Martin Graf: Und Sie beschließen Gesetze?! Das ist ja unglaublich!) Herr Kollege, wenn es Sie stört, dass ich Ihren Minister etwas frage, dann gehen Sie inzwischen hinaus aufs Klo oder tun sonst etwas, aber alterieren Sie sich nicht so. Da kriegen Sie einen Herzinfarkt! (Abg. Dr. Martin Graf: Dann fragen Sie ihn! Aber Sie werden doch Gesetze lesen können!)

Was mich in diesem Zusammenhang besonders interessieren würde, das ist schon auch die Parallelität dessen, was im Regierungsprogramm steht und was heute im "NEWS" nachzulesen ist, in dem der jetzige Finanzminister Grasser einiges in Bezug auf seine Rolle feststellt. (Abg. Dr. Martin Graf: Das haben die Tiroler nicht verdient! So eine Unwissenheit! – Abg. Böhacker: Das ist unglaublich, dass Sie nicht wissen, was ein Umlaufbeschluss ist! Hat es in Tirol nie Umlaufbeschlüsse gegeben?)

Wörtliches Zitat aus dem heutigen "News": "Der Konzern und ich waren der Meinung, dass ich nur in die Politik gehen sollte, wenn ich gestalten und verändern kann. Das kann man nur als Finanzminister machen." – Das hat er ganz deutlich gesagt: Der Konzern und ich waren der Meinung. (Ruf des Abg. Wattaul: Das "NEWS" ist Ihre "Parteibibel", aber keine seriöse Zeitung!) Das ist ein Interview mit einem wörtlichen Zitat.

Tatsache ist, dass sich schon einiges abzeichnet. Da ist zunächst einmal die Festschreibung eines Wettkanals im Koalitionsabkommen, und das Zweite ist die Verbesserung der Situation für Wettbüros. Jetzt will ich mich ja gar nicht länger über Wettbüros auslassen, obwohl das natürlich auch noch ein spannendes Thema wäre. Ich kenne mich da relativ wenig aus. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie kennen sich gar nicht aus!) Schließt man da nur Pferdewetten ab oder auch Hundewetten? Wettet man auf Fußballergebnisse, oder kann man dort zum Beispiel auch Wetten über die Verweildauer von bestimmten Ministern in der Regierung hinterlegen? Oder gibt es auch die Möglichkeit, Wetten darüber abzuschließen, wie hoch das Budgetdefizit nach einigen Jahren Tätigkeit unseres neuen Finanzministers wirklich sein wird?

Zwei Dinge möchte ich in meinem Redebeitrag jetzt inhaltlich schon auch behandeln. Erstens ist es notwendig – das ist die Debatte, die wir jetzt führen –, zum Budgetprovisorium einen Beschluss zu fassen. (Abg. Böhacker: Wissen Sie jetzt schon, was ein Umlaufbeschluss ist?) Dieser Beschluss ist dringend notwendig wegen der drohenden Probleme, die unter anderem durch eine Steuerreform des letzten Jahres entstanden sind, die sehr selektiv war. (Abg. Haller: Man muss ihr erklären, was ein Umlaufbeschluss ist!)

Genau so provisorisch wie dieses Budget – ich komme später noch einmal darauf zurück – sind aber auch die Einnahmen aus der Brenner-Maut. (Abg. Wattaul: Das ist schon von vorgestern!) Nach einigen Jahren käme bei Verlust der Klage, würde man das jetzt wirklich auf eine fiktive vollständige Legislaturperiode hochrechnen und die Möglichkeit der Klage ausländischer Frächter über zu viel bezahlte Maut dazunehmen, ein Entfall an Einnahmen aus der Brenner-Maut im Ausmaß von zirka 7 Milliarden Schilling für die ASFINAG heraus. (Abg. Wattaul: Geh, das ist ja gelogen!) Wie das geregelt werden soll, das werden Sie mir erklären müssen. Das wird ein Riesendefizit werden.

Nun bin ich bei einem anderen ebenfalls möglichen Defizit: Wenn wir den Bereich Glücksspiel, Wetten privatisieren, also für Private öffnen, dann wird es da ja auch einige Einnahmenprobleme für die Finanzen geben. (Abg. Kopf: Das ist ja schon offen!) Das ist ja auch ein relativ großer Beitrag zum Budget.

Ein weiterer Punkt, den ich noch einbringen möchte, ist ein Entschließungsantrag, der sich darauf richtet, dass in dieser Debatte, die das Budget begleitet, klar geworden ist, dass die Kürzungen der Ermessensausgaben viele Vereine, die sich um die Betreuung von Asylanten, MigrantInnen, AsylwerberInnen und Schubhäftlingen kümmern, vor enorme Probleme stellen, ihre Arbeit fortsetzen zu können. Wir möchten, dass diese Vereine, die sehr viel dazu beitragen, dass diejenigen, die von Ihnen immer wieder am untersten Ende der gesellschaftlichen Hierarchie angesiedelt werden, zumindest eine menschenwürdige Betreuung bekommen.

Ich stelle deswegen folgenden Entschließungsantrag: Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Budget des Jahres 2000 sicherzustellen, dass allen Beratungs- und Betreuungseinrichtungen im Bereich der MigrantInnen, AsylwerberInnen und Schubhaftbetreuung, die fixe Verträge mit Ministerien hatten beziehungsweise jährlich um Förderungen ansuchen mussten, im Jahr 2000 die Förderung zumindest in der Höhe des Jahres 1999 weiter gewährt wird und dass unverzüglich darüber Gespräche mit den Projekten aufgenommen werden. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor ich dem Herrn Abgeordneten Kopf das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile, möchte ich Folgendes sagen:

Im Rahmen der heutigen Plenarsitzung hat es Ausführungen gegeben, die nicht der Geschäftsordnung entsprochen haben, und es hat verschiedentlich eine Wortwahl gegeben, sodass ich mir Entscheidungen, die ich nach Durchsicht des Stenographischen Protokolls treffen wollte, vorbehalten habe.

Nach Herbeischaffung des vorläufigen Stenographischen Protokolls hinsichtlich der tatsächlichen Berichtigung des Abgeordneten Dr. Pilz und Überprüfung dieser auf ihre Geschäftsordnungsmäßigkeit beziehe ich mich auf § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung, nach welcher eine tatsächliche Berichtigung mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen hat und dieser Behauptung der berichtigte Sachverhalt gegenüberzustellen ist.


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Dies ist bei der Wortmeldung des Abgeordneten Pilz nicht erfolgt, weshalb es sich nicht um eine tatsächliche Berichtigung im Sinne der Geschäftsordnung gehandelt hat.

Weiters erteile ich nach Überprüfung anhand des Stenographischen Protokolls Herrn Abgeordneten Pilz für die Wortwahl "der akute Gedächtnisschwund des Bundeskanzlers" nunmehr einen Ordnungsruf.

Ferner erteile ich nach Durchsicht des Stenographischen Protokolls Herrn Abgeordneten Nürnberger für die Bezeichnung "Gipfel der Demagogie", an den Herrn Bundeskanzler gerichtet, einen Ordnungsruf.

Abschließend erteile ich Herrn Abgeordneten Öllinger für die Behauptung, Bundesminister Grasser hat "seine Hand im schmutzigen Geschäft", einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Pilz: Und für "Faschist" gibt es keinen Ordnungsruf?!)

Die Angelegenheit zwischen Herrn Abgeordneten Graf und Frau Abgeordneter Petrovic ist komplexer. Ich entspreche dem Wunsch der Frau Abgeordneten Petrovic und werde diese Angelegenheit in der nächsten Präsidialkonferenz auf die Tagesordnung setzen.

Nunmehr kommen wir zu einer tatsächlichen Berichtigung des Abgeordneten Kopf. Ich ersuche, § 58 Abs. 2 zu berücksichtigen. – Bitte.

19.00

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lichtenberger hat behauptet, es solle – und zwar in Anspielung auf die Firma Magna – die Einrichtung eines Wettkanals ermöglicht werden, und das sei im Regierungsprogramm verankert. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Im Regierungsprogramm steht wörtlich: "Die Bemühungen zur Schaffung eines Sportkanals " – und nicht Wettkanals – "sollen unterstützt werden mit dem Ziel, auch weniger bekannten Sportarten eine Präsentationsplattform zu bieten." – Ich weiß nicht, was daran zu kritisieren wäre. (Abg. Dr. Lichtenberger: Lesen Sie weiter!)

Zweiter Punkt: Sie haben behauptet, Frau Abgeordnete, dass es Verbesserungen für Wettbüros geben soll. – Hier steht, es soll eine weitere Erhöhung der Sportförderung besonderer Art und eine besondere Berücksichtigung der Fachverbände und des Behindertensports ab dem Jahre 2003 geben. Die Finanzierung derselben soll aus einer Verbreiterung der derzeitigen Bemessungsgrundlage durch Einbeziehung privater Wettbüros erfolgen. Denen soll nicht etwas gegeben werden, denen soll, wie aus dieser Formulierung hervorgeht, etwas genommen werden zur Finanzierung des Sports. Der Sport wird sich darüber jedenfalls sehr freuen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Kurzbauer. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Lichtenberger und Kopf.  – Abg. Haigermoser: Kopf, das bringt ja nichts! Das ist ja sinnlos!)

19.02

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Herr Kollege Gartlehner, du hast in deiner Rede auf das enorme Belastungspaket für die Bürger durch diese schwarz-blaue Regierung hingewiesen. Ich möchte nur erwähnen, dass im seinerzeitigen Regierungsabkommen zwischen der ÖVP und der SPÖ 6,5 Milliarden Schilling vorgesehen waren (Abg. Dr. Antoni: Es gibt kein Regierungsabkommen zwischen SPÖ und ÖVP! – Abg. Schwemlein: Du kannst schon gehen, es gibt kein Regierungsabkommen!) , und im jetzigen Regierungsübereinkommen zwischen FP und VP sind es 6 Milliarden (Abg. Gradwohl: Das stimmt nicht! Es gibt kein Regierungsabkommen!), also ein Achtel des Konsolidierungsbedarfes von 47 Milliarden Schilling. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute ein Bundesgesetz, mit dem die gesetzliche Grundlage für das Budgetprovisorium 2000 geschaffen wird. Diese Grundlage basiert auf dem Bundesfinanzgesetz 1999, und die Beamten des Bundesministeriums für Finanzen haben innerhalb der letzten Wochen, also in einer sehr kurzen Zeit, eine gewaltige Anstrengung unternommen, damit letztlich die Voraussetzungen für dieses Budgetprovisorium geschaffen werden konnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass ein Budget für ein neues Wirtschaftsjahr zeitgerecht erstellt oder vorbereitet werden soll. Und selbst in einem Wahljahr – ich erinnere an die Wahlen vom 3. Oktober des Vorjahres – war natürlich klar, dass auch Vorbereitungen für das Jahr 2000 getroffen werden müssen. Aber trotz der verfassungsrechtlichen Verpflichtung hat es der damalige Bundesminister für Finanzen verabsäumt, das notwendige Rechenwerk vorzubereiten. Ich frage jetzt: Warum? War es Absicht? (Abg. Edlinger: Das war der Wille der Bundesregierung!) Wurden absichtlich keine Vorbereitungen für das Budget 2000 getroffen? (Abg. Edlinger: Molterer fragen!) Oder war es Absicht, damit das wahre Ausmaß des Konsolidierungsbedarfes nicht bekannt wird? (Abg. Edlinger: Molterer fragen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Oktober des Vorjahres wurden wir seitens der EU – das waren die Finanzminister im ECOFIN-Rat – bezüglich unserer Budgetpolitik kritisiert und angehalten, dringend Maßnahmen zu setzen, damit unser Stabilitätsprogramm nicht gefährdet wird. Die Folge war letztlich, dass der damalige Finanzminister die einzelnen Ministerien angewiesen hat, eine 20-prozentige Kürzung bei den Ermessensabgaben zu verordnen. (Abg. Auer: Ausgaben!) Ab diesem Zeitpunkt wurde erstmals ein Fehlbetrag von 20 Milliarden Schilling für den Budgetvollzug 2000 genannt (Abg. Edlinger: Das ist ein Märchen, Herr Kollege! Das ist eine wirkliche Märchenstunde!), und Sie, Herr Finanzminister, haben immer wieder betont, dass dies eine notwendige Maßnahme ist, damit beim Vollzug des Budgets 2000 keine Probleme auftreten.

Im Zuge der Sondierungsgespräche wurde dann von einem Fehlbetrag in der Höhe von 20 bis 27 Milliarden gesprochen. Am 2. Dezember stellten Sie, Herr Bundesminister, im Budgetausschuss einen Fehlbetrag von 20 Milliarden fest. Auch am 19. Jänner sprachen Sie im Budgetausschuss von einer Finanzierungslücke von 20 Milliarden Schilling. (Abg. Edlinger: Ja, 20 Milliarden!) Heute wissen wir auf Grund des vorgenommenen Kassasturzes, dass zwischen den Einnahmen und den Ausgaben ein Fehlbetrag von 109 Milliarden Schilling vorliegt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und von den 109 Milliarden Schilling ... (Abg. Dietachmayr: Das ist ja alles schon einmal diskutiert worden, Kurzbauer!)  – Augenblick bitte! Nicht nervös werden! Ganz normal! – Von diesen 109 Milliarden Schilling wird entsprechend dem Maastricht-Defizit die Summe von 62 Milliarden abgezogen, und somit liegt jetzt ein Konsolidierungsbedarf von 47 Milliarden vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neue Bundesregierung hat nun die Aufgabe, mit diesem Budgetprovisorium eine Reparatur vorzunehmen. Der Erlass, der ursprünglich eine Kürzung der Ermessensausgaben bei den einzelnen Ministerien um 20 Prozent vorgesehen hatte, ist, wie wir mittlerweile seitens des Finanzministeriums wissen, in der Praxis nicht durchzuführen. Deshalb wird die neue Bundesregierung nunmehr eine 15-prozentige Rückführung vornehmen. Die Grundlage für diese Reduzierung um 15 Prozent ist der Bundesvoranschlag 1999, und dies stellt eine wesentliche Arbeitserleichterung für die einzelnen Ministerien dar.

Im Jänner dieses Jahres haben wir den Rechnungsabschluss 1998 hier im Hohen Haus behandelt, und immer spricht der Finanzminister von der Punktlandung beim Budgetvollzug. Wenn wir diesen Rechnungsabschluss des Jahres 1998 nach den Zahlen betrachten, dann muss ich Ihnen Recht geben, wenn wir aber etwas tiefer hineinsehen, dann erkennen wir, dass dieser Budgetvollzug, diese Punktlandung nur durch zwei wesentliche Faktoren möglich war: erstens durch das überdurchschnittliche Wachstum des BIP und zweitens durch Ausgliederungsmaßnahmen, also durch so genannte Einmaleffekte. Aber die ausgabenseitige und nachhaltige Budgetsanierung ist letztlich nicht gelungen und wurde auch nicht vorgenommen. (Abg. Edlinger: Weil die Frau Gehrer, der Herr Bartenstein und der Herr Fasslabend so viel


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Geld ausgegeben haben!) Eine solche wäre aber die Voraussetzung, ansonsten laufen wir Gefahr, gerade beim Budget Schlusslicht in Europa zu werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Obmann, Vizekanzler Schüssel, hat bereits im Vorjahr, als es um die Diskussion über die Steuerreform gegangen ist, vorgeschlagen, eine Aufgabenreformkommission einzusetzen. Im April 1999 kam ein neuerlicher Hinweis darauf, dass bei den Verwaltungsabläufen Einsparungen möglich sind, nur wurden diese Vorschläge der ÖVP von den Sozialdemokraten immer wieder abgelehnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nunmehr hat die neue Bundesregierung eine Chance, mit geeigneten, zukunftsweisenden Maßnahmen – ich denke etwa an das Budget-, Personal- oder Finanzcontrolling – die Voraussetzungen dafür zu schaffen, und die neue Bundesregierung wird – davon bin ich überzeugt – auch eine echte, nachhaltige Budgetsanierung durchführen. Wir werden diesem Budgetprovisorium 2000 daher gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl gemeldet. – Bitte.

19.11

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Kurzbauer hat in seiner Rede vorhin behauptet, dass es in einem Koalitionsabkommen zwischen der SPÖ und der ÖVP ein größeres Belastungspaket gegeben habe.

Ich berichtige ihn dahin gehend, dass dieses größere Belastungspaket nicht existieren kann, da es kein Koalitionsabkommen zwischen der SPÖ und der ÖVP gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

19.11

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Kurzbauer, ich habe bemerkt, dass Sie bei der Abstimmung heute nicht im Saal anwesend waren, aber ich hätte mich nicht getraut, anzunehmen, dass Sie während der gesamten Sondersitzung vorige Woche nicht hier waren. Da hätten Sie nämlich mitbekommen, wie einen ganzen Tag lang das Rechenbeispiel des Budgets wiedergegeben wurde, und da wäre Ihnen endlich beigebracht worden, zwischen brutto und netto zu unterscheiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kurzbauer! Es gibt kein Übereinkommen! Sie müssten spätestens heute eigentlich bemerkt haben, dass Ihr Koalitionspartner die FPÖ ist. Seien Sie so lieb, schauen Sie zur FPÖ hinüber und nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das heute zu verhandelnde Budgetprovisorium ist notwendig, um die Geschäftsfähigkeit dieser Republik aufrecht zu erhalten. Wie schon angekündigt, werden wir Sozialdemokraten daher zumindest in der dritten Lesung unsere Zustimmung geben.

Was uns und vor allem die Bürger dieses Landes aber viel mehr interessiert, ist die Frage – und das ist auch von meinem Vorredner bereits angesprochen worden –, wie das Budget 2000 wirklich gestaltet werden wird. Man hört und liest ja so einiges, und Sie halten mit den Belastungen, die Sie vorhaben, auch nicht hinter dem Berg. Sie sagen ganz offen, Sie werden eine in dieser Republik noch nie dagewesene Umverteilungsaktion starten. Ich prophezeie Ihnen: Diese Umverteilung von unten nach oben wird Ihnen noch sehr schwer zu schaffen machen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Warum? – Die Arbeitnehmer dieses Landes werden nämlich nicht hinnehmen, dass Sie ihnen in beide Taschen greifen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Die Arbeitnehmer dieses Landes werden es sich nicht gefallen lassen, dass Sie ihnen 40 Milliarden Schilling wegnehmen, während Sie auf der anderen Seite die Wirtschaft massiv entlasten und 15 Milliarden Schilling direkt dort hinüber schaufeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist einfach nicht einzusehen, dass die arbeitenden Menschen in diesem Lande mit 40 Milliarden Schilling belastet werden und die Großbauern im selben Atemzug drei Milliarden Schilling pro Jahr dazu bekommen. Das können Sie den Wählern draußen nicht erklären. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch unfair, dass Sie den Arbeitnehmern dieses Landes 40 Milliarden Schilling nehmen und gleichzeitig pro Jahr sechs Milliarden mehr in die Rüstung stecken wollen. Auch das wird draußen nicht verstanden werden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das werden die Menschen in diesem Land nicht verstehen, und sie werden sich zu Recht auflehnen. Ich darf von dieser Stelle aus sagen: Wir Sozialdemokraten werden uns hinter diese Menschen stellen und ihre Interessen vertreten! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich diese Ungerechtigkeit, die in Zukunft unser Sozialsystem überschatten wird, am Beispiel des 20-prozentigen Selbstbehaltes, den Sie einführen wollen, aufzeigen. Allein dieser 20-prozentige Selbstbehalt, einerseits beim Arzt und auf der anderen Seite in den Ambulatorien, wird die Menschen in Österreich 6 Milliarden Schilling kosten. Dieser Selbstbehalt hat zur Folge, dass die Behandlungen für die Patienten ungleich teurer werden als bisher. Das heißt, eine Krankheit kann in Zukunft zur Armutsfalle werden. Ist das wirklich das, was Sie wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ? Wollen Sie wirklich eine Zwei-Klassen-Medizin?

Geschätzte Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Ich sage Ihnen, dieser Weg ist unsozial, dieser Weg ist ungerecht, dieser Weg ist unfair. Dieser Selbstbehalt trifft jene Menschen, die wirtschaftlich am schlechtesten abgesichert sind. Herr Bundesminister! Er trifft vor allem jene Menschen, die – wie Sie immer sagen – nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Daher werden wir diese Vorschläge mit allen demokratischen Mitteln bekämpfen.

Für uns Sozialdemokraten ist die Qualität der medizinischen Versorgung unteilbar. Da gibt es keinen Kompromiss, meine lieben Freunde! Es darf in Österreich zu keiner Zwei-Klassen-Medizin kommen, bei der die Schwächeren unter die Räder kommen würden!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch die Maßnahmen der künftigen Pensionsregelung wirken in dieses Budgetprovisorium hinein. Da die Kolleginnen und Kollegen des ÖAAB immer bekunden – aber ich glaube, das sind eher Lippenbekenntnisse, die bei Pressekonferenzen kundgetan werden –, dass sie das Belastungspaket der Bundesregierung nicht mittragen können, tragen wir ihrem Wunsch Rechnung und werden heute einen Entschließungsantrag einbringen, bei dem sie mit uns mitstimmen können.

Mich freut es ganz besonders, dass der ÖAAB-Obmann, Herr Präsident Fasslabend, gestern in Innsbruck verlangte, Nachverhandlungen des ÖVP-FPÖ-Koalitionspaktes durchzuführen. Er sagte, sollte seine Forderung nicht erfüllt werden, dann würde der ÖAAB im Nationalrat die Zustimmung verweigern. Mich freut das ganz besonders. Liebe Kolleginnen und Kollegen vom ÖAAB! Da müssen wir als Arbeitnehmervertreter zusammenhalten! (Beifall bei der SPÖ.) Sie werden Gelegenheit haben, diesen Antrag mit zu beschließen. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Nürnberger, DDr. Niederwieser, Heidrun Silhavy, Wimmer, Edler, Lackner und GenossInnen betreffend Belastungspaket eingebracht im Zuge der Debatte


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über den Bericht des Budgetausschusses über das gesetzliche Budgetprovisorium 2000 (40/45 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung soll dem Nationalrat – unter Berücksichtigung der Auswirkung auf das gesetzliche Budgetprovisorium 2000 – binnen zwei Monaten einen Bericht über ausgewogene Alternativvorschläge unter Wahrung der Interessen der ArbeitnehmerInnen zu den im FPÖVP-Belastungspaket enthaltenen Regelungen, unter anderem zu den Bereichen:

Anhebung des Frühpensionsalters um 1,5 Jahre

Verpflichtung Langzeitarbeitsloser für Sozial- und Umweltdienste, unter Erhalt eines 20-prozentigen Notstands-Zuschusses (Bürgergeld). Arbeitslosen zugedachte Tätigkeiten müssen diesen auch zumutbar sein

Selbstbehalt beim Arztbesuch, zuzuleiten.

*****

Liebe Freunde vom ÖAAB! Bitte beweist, dass ihr wirklich für die Arbeitnehmer dieses Landes da seid! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Da ich am Vorsitz bin, sehe ich von einer tatsächlichen Berichtigung ab und stelle fest, dass der eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen ausreichend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte.

19.19

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Gradwohl, Sie haben gesagt, es gibt und gab nie ein Übereinkommen mit der ÖVP. Meines Wissens ist es so, dass ÖVP und SPÖ ein Übereinkommen ausverhandelt haben. Die Koalition ist nur nicht zustande gekommen, weil Herr Kollege Verzetnitsch die Unterschrift unter dieses Abkommen verweigert hat. (Widerspruch bei der SPÖ. – Rufe: Nürnberger!)  – Oder Herr Kollege Nürnberger, bitte um Entschuldigung. Jedenfalls hat die Gewerkschaft die Unterschrift verweigert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Gradwohl und Herr Kollege Wimmer! Weil Sie jetzt mit geradezu klassenkämpferischen Tönen hier am Rednerpult aufgetreten sind – ehrlich wahr, Herr Kollege Gradwohl, mit klassenkämpferischen Tönen sind Sie hier am Werk! –, möchte ich Ihnen doch auch sagen, dass auch für die Landwirtschaft eine gewisse Budgetsicherheit von großer Bedeutung ist.

Das ist jene Berufsgruppe, die 70 Prozent des Grund und Bodens bewirtschaftet und eine ganz wichtige Aufgabe hat, nämlich die Lebensmittelerzeugung. Darüber dürften wir uns doch einig sein. Zumindest so weit könnten wir uns einigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit die Bäuerinnen und Bauern dieser schwierigen Aufgabe nachkommen können, brauchen wir verlässliche politische Rahmenbedingungen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall, und deshalb ist es zu Einkommensverlusten für die Landwirte gekommen. Das ist aber auch kein Wunder bei einer Partei wie der SPÖ, die den Finanzminister gestellt hat und wo eine Ex-Ministerin wie Frau Kollegin Prammer heute sozusagen die Abschaffung des Landwirtschaftsministeriums fordert. (Abg. Haigermoser: Das ist eine Ungeheuerlichkeit!)


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Das ist ja ein richtiger Klassenkampf! Als Begründung für die Forderung nach Abschaffung des Landwirtschaftsministeriums meinte sie, da handle es sich sowieso nur um ein paar Prozent der Bevölkerung, die bräuchten kein eigenes Ministerium. – Dass dieser Prozentsatz der Bevölkerung ihrer wichtigen Aufgabe seit Jahrzehnten nachkommt, das interessiert sie überhaupt nicht! Die besitzen Grund und Boden, und damit ist das für sie erledigt. (Abg. Haigermoser: Das ist menschenverachtend!)

Es kann doch nicht so sein, dass hier wirklich der Klassenkampf um sich greift! (Abg. Dr. Niederwieser: Wo ist denn das Ministerium für die Arbeitnehmer geblieben?) Ich muss wirklich sagen, Frau Kollegin Prammer sollte sich etwas zurücknehmen.

Eine Bitte an die SPÖ insgesamt: Sehen Sie doch bitte die Oppositionsrolle als Chance! Sehen Sie sie als Chance! Ich kann Ihnen sagen, es weht kein laues Lüfterl in der Opposition, aber dieses Lüfterl hält frisch, man bleibt frisch, und ich kann Ihnen am Beispiel der Freiheitlichen sagen, man kann damit zum Erfolg kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Setzen Sie von der SPÖ endlich die Segel richtig! Nehmen Sie die Wählerentscheidung zur Kenntnis! Nehmen Sie die Regierungsbeteiligung von zwei demokratischen Parteien einfach zur Kenntnis und nehmen Sie Ihre Oppositionsrolle an!

Liebe Kollegen von der SPÖ! Das Leben stellt einen an verschiedene Positionen. Je früher man diese Position annimmt, umso besser, denn man kann sich daran weiter entwickeln. Je länger Sie die Oppositionsrolle ablehnen, umso mehr panzern Sie sich ein in einer Situation, die weder für das Land noch für Sie gut ist. Wut und Hass sind keine guten Berater in der Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

19.24

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich einleitend – zumindest bei der Mehrheit dieses Hauses – dafür bedanken, dass es gelungen ist, einen Finanzminister, der sich zwar hier im Haus aufgehalten, aber offensichtlich das Theater heute nicht im Plenum, sondern woanders gesucht hat, umgehend beizuschaffen. Vielen Dank! (Abg. Haller: Ich habe gedacht, Sie wollen sich entschuldigen! Das wäre angebrachter! – Abg. Parnigoni: Der verwechselt die Regierungsbank mit einem Theater!)

Zum Zweiten. – Das Budgetprovisorium würde etwas anders aussehen, wäre der Umgang mit Lotteriemilliarden in dieser Republik etwas anders. Wir werden es nicht heute diskutieren, sondern ein anderes Mal, aber es gibt Hinweise und Beweise dafür, dass bereits jetzt Parteien versucht haben – und das nicht erfolglos –, sich von den staatlichen Lotterien auf Kosten der Steuerzahler Geld zu beschaffen. Wir werden in diesem Zusammenhang zu einem anderen Zeitpunkt insbesondere mit der Österreichischen Volkspartei eine öffentliche Aussprache führen müssen.

Heute geht es um die Lotterieinteressen des Finanzministers, und das ist keine reine Frage der Unvereinbarkeit. Das ist keine reine Frage: Was war gestern, was ist morgen?, sondern das ist die Frage: Wie versucht jemand, der eine Zwischenstation als Finanzminister einlegt, seinen gestrigen und wahrscheinlich morgigen Chef und Dienstgeber zum Lotteriekönig von Österreich zu machen? – Genau darum geht es, und um nichts anderes. (Rufe bei den Freiheitlichen: Rudas!)

Und jetzt reden wir über Rudas; das ist ein guter Hinweis. Zwei Kollegen der Freiheitlichen Partei haben von diesem Pult aus erklärt, es habe erstens einen Umlaufbeschluss bezüglich des jetzigen Finanzministers vom 3. Februar gegeben, und zweitens, dieser Umlaufbeschluss sei von Andreas Rudas unterzeichnet.

Ich zitiere die APA vom 28. Jänner: Oberwaltersdorf: Magna Europa gibt bekannt, dass Herr Andreas Rudas, derzeit Bundesgeschäftsführer der SPÖ, mit Anfang März in das Management


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des Konzerns eintreten und dort die Funktion eines "Vice President for Special Projects and Communications" bekleiden wird.

Wenn das stimmt, dann ist noch viel mehr bei der Firma Magna zu untersuchen, zum Beispiel, wie jemand, der der Firma gar nicht angehört, bereits geschäftsführende Funktionen in dieser Firma wahrnehmen kann. Wenn das stimmt, was Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, hier behaupten, dann müssen wir uns die Firma Magna und den Herrn Stronach und seine ehemaligen und noch immer im Amt befindlichen Geschäftsführer noch viel genauer anschauen! Aber ich danke Ihnen für den sachdienlichen Hinweis. (Beifall bei den Grünen.)

Das Lotteriegeschäft in Österreich ist ein Geschäft, das im Jahr etwa 360 Millionen Schilling an Dividenden auszahlt. Es gibt eine Rechnungshofkritik, die auf die Frage hinweist, warum verabsäumt wird, die Bundesabgabe im vollen Umfang abzuführen. Dazu stelle ich nur einmal – darüber reden wir wirklich bei anderer Gelegenheit – das Wort "Parteienfinanzierung" in den Raum.

Aber natürlich: Ein derart bombensicheres Geschäft ist etwas, bei dem eine Partei, die sich bis jetzt als zu kurz gekommen wähnt, ganz andere Interessen entwickeln kann. Und genau diese Rolle des jetzigen Finanzministers ist zu klären. Nicht nur die Frage: Was stimmt da mit all den widersprüchlichen Umlauferklärungen nicht? – ich hoffe, der Finanzminister wird in der Lage sein, dem Unvereinbarkeitsausschuss die entsprechenden Dokumente glaubhaft vorzulegen –, sondern auch die Frage: Warum schreiben ein Finanzminister und seine Partei in ein Regierungsprogramm und eine Regierungserklärung die Absicht hinein, die Bank und das Lotteriengeschäft so zu trennen, dass der ehemalige und zukünftige Dienstgeber des Finanzministers davon maximal profitieren kann?

Für Herrn Stronach ist keine Postsparkasse interessant, sehr wohl aber die Möglichkeit, an das Lotteriegeschäft heranzukommen. Wir werden sehr genau einen Finanzminister beobachten – falls er als Finanzminister überhaupt den Unvereinbarkeitsausschuss passiert! –, der zumindest jetzt unter Verdacht steht, nicht die Interessen der Republik Österreich, sondern die seines ehemaligen Dienstgebers in seiner Funktion als Eigentümervertreter der P.S.K. zu vertreten. (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Eines sage ich Ihnen auch noch, meine Damen und Herren: Ich bin auch bereit, hier Wetten einzugehen. Wetten, dass dieses Parlament in der Lage sein wird, zu verhindern, dass aus einem freiheitlichen Finanzminister ein erfolgreicher Lotteriekönig auf Kosten dieser Republik wird? – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Parnigoni! Für die Worte "und wird dem Rosenstingl folgen", die, wenn ich richtig gehört habe, so gefallen sind – ich werde das anhand des Protokolls feststellen –, erteile ich Ihnen für den Fall, dass sie tatsächlich so erfolgt sind, einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Petrovic: Gibt es auch einen bedingten Ordnungsruf?)

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen. – Bitte.

19.30

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich versuchen, etwas aufzuklären, damit heute niemand schlecht schläft, zu sehr in Sorge ist und Graphologen für die Untersuchung von Unterschriften beschäftigen muss! Ich bin mir aber sicher, dass jeder, der hier – ich war ja nicht dabei – versucht hat, Unterschriften zu interpretieren, das auch nach bestem Wissen und Gewissen getan hat.

Wenn man sich diese Unterschriften ansieht, dann kann man feststellen, dass das nicht leicht ist, weil sie schwer leserlich sind. Da ich aber aus diesem Unternehmen komme, kann ich Ihnen das authentisch wiedergeben. – Die Unterschriften unter diesen Beschlüssen sind von den zeichnungsberechtigten Eigentümervertretern Peter Koob, seines Zeichens Executive Vice President Finances und Siegfried Wolf, seines Zeichens President der Magna Europa. Von


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diesen Herren stammen die beiden Unterschriften. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Sie werden sicherlich verstehen, da die Parteipolitik nicht Meines ist, dass ich auf die übrigen polemischen Untergriffe wirklich nicht antworten will. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Dann hat Herr Haupt das Parlament belogen!)

19.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz. – Bitte.

19.32

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Da heute wieder vom Brutto- und Nettodefizit die Rede war, möchte ich Sie auf Basis der derzeitigen Zahlen informieren. Ich betone das Wort "derzeitigen", weil bekanntlich noch kein ordnungsgemäßes Budgeterstellungsverfahren durchgeführt werden konnte. Wir müssen das im Schnellsiedeverfahren nachholen, damit wir in Kürze ein Budget 2000 vorlegen können.

Auf Basis der derzeitigen Zahlen haben wir nicht ein Bruttodefizit von 109 Milliarden Schilling, sondern von rund 270 Milliarden Schilling! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Von diesen 270 Milliarden Schilling werden ungefähr 160 Milliarden Schilling für die jährlichen Tilgungen der Finanzschuld abgezogen. Das ergibt ein Nettodefizit von 109 Milliarden Schilling. (Abg. Aumayr: Die wissen nicht, was brutto und was netto ist!)

Der Konsolidierungsbedarf nach Maastricht beträgt 62 Milliarden Schilling, das heißt, wir müssen von 109 Milliarden Schilling auf 62 Milliarden Schilling herunter kommen, das sind rund 47 Milliarden Schilling. Das geht aber nicht so einfach, dass man bloß die Überschüsse aus den diversen Fonds abzieht und dann nur mehr ein Konsolidierungsbedarf von 20 oder 25 Milliarden Schilling besteht, und zwar deshalb nicht, weil dieser Abzug nicht voll Maastricht-relevant ist. Nach unseren Berechnungen können dafür bestenfalls 13 Milliarden Schilling Maastricht-konform herangezogen werden.

Es ist heute schon gesagt worden, dass ein gesetzliches Budgetprovisorium notwendig ist, und zwar deshalb, weil weder formal noch inhaltlich für das Budget 2000 vorgesorgt wurde, nämlich weder durch entsprechende Budgetbegleitgesetze noch, vor allem, durch eine Erhebungsrunde in den einzelnen Ressorts. All das muss jetzt in Kürze nachgeholt werden, obwohl die neue Bundesregierung erst am 4. Februar angetreten ist. (Abg. Dr. Antoni: Das ist allerdings richtig!) Das Budgetjahr hat aber bereits am 1. Jänner 2000 begonnen.

Es kann aber – wie heute gesagt wurde – das Budgetprovisorium auf Basis der Erfolgsziffern des Jahres 1999 nicht als Grundlage für das ganze Jahr herangezogen werden. Vielmehr bedarf es eines eigenen Budgets für das Jahr 2000, weil gegenüber dem Vorjahr der Konsolidierungsbedarf höher ist. Außerdem wurden ja bestimmte gesetzliche Maßnahmen getroffen, die zu Mehrausgaben führen. Es hat zum Beispiel eine Gehaltsrunde für den öffentlichen Dienst gegeben, die ungefähr 3,2 Milliarden Schilling kostet. Daher muss man durch ein eigenes Gesetz hiefür vorsorgen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.35

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ernst Fink. – Bitte.

19.35

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie jetzt gehört haben, haben wir ein Bruttodefizit von 270 Milliarden Schilling und ein Nettodefizit von 109 Milliarden Schilling, das heißt: eine äußerst schwierige Ausgangslage, auch bei einer relativ guten Konjunkturlage von plus 2,8 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Warum? – Weil Herr Alt-Bundesminister Edlinger nicht in der Lage war, ein Budget 2000 vorzulegen.


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12. Sitzung / Seite 161

Ich habe eine Information aus dem Bundesministerium für Finanzen, in welcher Folgendes steht:

"Trotz der verfassungsrechtlichen Verpflichtung wurden vor Beginn des Budgetjahres 2000 und auch zu Beginn des Finanzjahres im Bundesministerium für Finanzen keine Vorkehrungen zur Erstellung eines Budgets für das Jahr 2000 getroffen." – Zitatende.

Das heißt, Herr Bundesminister beziehungsweise Herr Alt-Bundesminister Edlinger, Sie hätten es machen können, ja Sie hätten es sogar machen müssen! (Abg. Kiss: Richtig: Müssen!) Dieser Vorgang hat nicht stattgefunden. Auch liegen im Bundesministerium keine Akten auf, die auf eine Vorarbeit schließen lassen. (Abg. Edler: Sagt das Molterer?) Vielleicht haben Sie doch etwas gemacht, aber das konnte nicht festgestellt werden, weil Sie die Computer als leere Kästen übergeben haben. (Abg. Edlinger: So ein Blödsinn!)

Ich darf Ihnen eine weitere Information aus dem Bundesministerium für Finanzen geben: Es fand keinerlei persönliche Amtsübergabe durch den Vorgänger statt. Das haben Sie auch selbst so gesagt, Herr Alt-Bundesminister! Im Bereich des Büros waren keinerlei Aktenstücke oder sonstige Aufzeichnungen vorhanden, nicht einmal Schreibmaterial. – Ich weiß, dass Sie Ihr persönliches Schreibmaterial benutzen! – Auch die Telefonanlage funktionierte nicht. Sie hätten natürlich entsprechende Nummern herausnehmen können. Das haben Sie auch nicht gemacht. Sie haben natürlich den Vorgang gewählt, alles zu löschen, ganz nach dem Motto: Hinter mir die Sintflut! (Abg. Edler: Aber die Beamten waren schon noch da!)

Auf den PCs waren nicht nur alle Daten, sondern auch die Programme gelöscht. – Herr Finanzminister! Eine solche Übergabe macht nicht einmal ein einfacher Vereinskassier, denn ein einfacher Vereinskassier hätte bei einer solchen Übergabe, wie Sie sie praktiziert haben, Angst vor der Justiz! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zu Herrn Abgeordnetem Wimmer. Ich bringe einige Klarstellungen zu den Unwahrheiten der SPÖ-Propaganda.

Erste SPÖ-Unwahrheit: Die SPÖ behauptet, die Regierung habe eine Erhöhung des Pensionsalters bei gleichzeitigen Abschlagszahlungen in zweistelliger Höhe vereinbart. – Wahr ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das Antrittsalter für die Frühpension um eineinhalb Jahre angehoben wird, und nicht, wie die SPÖ das nach dem Plan von Ex-Finanzminister Edlinger vorhatte, um zwei Jahre, Herr Kollege Wimmer! Außerdem erfolgt die Anhebung in kleinen Schritten. (Abg. Wimmer: In welchen Schritten?) Nehmen Sie das auch zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Kleine Schritte, aber geschwind! – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.)  – Das behaupten Sie! Das ist eben die Unwahrheit! Warten Sie darauf!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während Sie in Zukunft mit 61,5 Jahren ... (Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.)  – Ich darf das doch behaupten! Ich bin in der Regierung, wir werden das doch wohl wissen! Das ist unsere Sache! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Parnigoni. )

Das kommt so! Man kann sich ja entsprechend informieren. Herr Parnigoni! Wären Sie zu mir gekommen, dann hätte ich Ihnen das auch gesagt!

Wer in Zukunft mit 61,5 Jahren in Frühpension geht, wird zwar einen um 1,5 Prozent höheren Abschlag von der Pension haben; da dieser aber wegen der Anhebung des vorzeitigen Pensionsalters von einer höheren Bemessungsgrundlage berechnet wird, bekommt er tatsächlich eine höhere Pension als derzeit. – Auch das ist die Wahrheit. (Abg. Wimmer: Das heißt, die Abschläge werden höher!) Von Kürzungen kann also keine Rede sein! All jene, die 45 Versicherungsjahre haben, können jederzeit ohne Abschläge in Pension gehen. (Abg. Edler: Ist das das Koalitionsübereinkommen? Das Koalitionsübereinkommen lesen!) Natürlich wird es auch so sein, dass wir über diese Dinge noch reden.


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12. Sitzung / Seite 162

Zweite SPÖ-Unwahrheit: Die SPÖ behauptet, die Regierung will einen Selbstbehalt für medizinische Leistungen einführen, der die Betroffenen Tausende Schilling jährlich kostet. (Abg. Wimmer: 6 Milliarden!)  – Das sagen Sie. Denken Sie an das Budget, das Sie im Bereich der Selbstverwaltung der Krankenanstalten hinterlassen haben! (Abg. Wimmer: 6 Milliarden Selbstbehalt!)

Wahr ist, dass die Bundesregierung davon ausgeht, dass die Krankenversicherungsanstalten ihre Finanzprobleme ausgabenseitig lösen – ich wiederhole: dass die Krankenversicherungsanstalten ihre Finanzprobleme ausgabenseitig lösen, ohne neue Belastungen für die Versicherten! Vorschläge dazu, wie dies erreicht werden soll, gibt es bereits: etwa durch eine maßvollere Verschreibepraxis – derzeit wandern 25 Prozent aller verordneten Medikamente ungeöffnet in den Müll! (Abg. Wimmer: Das müssen Sie der Ärztekammer sagen!)  – oder durch einen gemeinsamen und dadurch verbilligten Medikamenteneinkauf. (Abg. Wimmer: Das müssen Sie doch der Ärztekammer sagen!) Selbstbehalte, meine sehr geehrten Damen und Herren, wären die letzte Möglichkeit zur Sanierung der Krankenkassen. Neuerliche Beitrags- und Steuererhöhungen lehnen wir ab! (Beifall bei der ÖVP.)

Dritte SPÖ-Unwahrheit: Die SPÖ behauptet – Herr Kollege Wimmer, auch das haben Sie gesagt –, die Regierung fördert die Wirtschaft und schröpft die Arbeitnehmer. (Abg. Wimmer: So ist es!)  – Herr Kollege Wimmer! Wahr ist, dass im Budget 2000 zahlreiche Maßnahmen enthalten sind, die den Arbeitnehmern deutliche Verbesserungen bringen. (Abg. Wimmer: Welche? Welche?) Dazu gehören in erster Linie die Einführung der "Abfertigung neu" sowie die Verringerung der Arbeitskosten, die Senkung der Arbeitslosenversicherung, die Ausweitung der Karenzzeit auf volle zwei Jahre, das Familienpaket und die allgemeine Steuersenkung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bravo!-Rufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle diese Maßnahmen zusammen bringen eine Nettoentlastung für Arbeitnehmer, die in Summe mehr als 50 Milliarden Schilling ausmacht! (Abg. Edler: Oh!) Ja, ist denn das nichts, bitte – 50 Milliarden Schilling? So seien Sie doch mit dem zufrieden! (Abg. Parnigoni: Können Sie das auch schriftlich geben? – Abg. Gradwohl: Herr Kollege, wir hätten das gerne schriftlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um nicht allzu lang zu sprechen, komme ich zum Schluss: Messen Sie diese Reformpartnerschaft an ihren Taten und Leistungen! Diese Bundesregierung wird für die Menschen dieses Landes arbeiten. Wir werden unsere Pflicht erfüllen! (Abg. Gradwohl: Wir werden Sie beim Wort nehmen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Reichshälfte! Erfüllen auch Sie Ihre Pflicht und machen Sie dieses Land, unser gemeinsames Heimatland, nicht schlecht! (Abg. Gradwohl: Nein, wir nicht! – Abg. Gaál: Wir nicht!)

Beschreiten Sie den Weg der Verantwortung und reißen Sie keine Gräben auf, in die Sie selbst hineinfallen können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

19.44

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Der Kollege, der jetzt vor mir gesprochen hat (Ruf: Wer? Wer war denn das?), hat gemeint, die Arbeitnehmer bekommen jetzt jede Menge Geld – 50 Milliarden Schilling –, unter anderem auch durch das Familienpaket und die Steuerreform. (Abg. Wimmer: 50 Milliarden!)

Herr Kollege! Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr Gedächtnis nur so kurze Zeit zurückreicht: Das Familienpaket und die Steuerreform hat, bitte, noch die SPÖ/ÖVP-Regierung beschlossen! – Das zum einen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Aber bekommen tun sie es jetzt!)


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12. Sitzung / Seite 163

Ja, selbstverständlich, sie bekommen es, aber noch auf Beschluss einer SPÖ/ÖVP-Regierung. Das brauchen Sie nicht jetzt als Leistung der neuen Regierung darzustellen!

Ich wollte eigentlich auf die Ausführungen von Kollegin Aumayr eingehen, denn sie hat mir ein Stichwort zugeworfen, als sie – ich sage jetzt einmal, aus ihrer Sicht, zu Recht – gemeint hat, man sollte im Zusammenhang mit der Landwirtschaft keine Zweiklassenpolitik betreiben.

Genau, Frau Kollegin! Das meine ich auch: Wir sollten keine Zweiklassenpolitik betreiben. Nur: Wie verstehen Sie es dann, dass in der jetzigen Regierung von ÖVP und FPÖ für die Arbeitnehmerinteressen kein eigenständiges Ministerium mehr zuständig ist, sondern dass diese dem Wirtschaftsminister untergeordnet sind? Nun begründen Sie dies natürlich nach außen hin mit dem Argument, dass das aus logischer Sicht zusammenpasst. Wenn Sie aber nachdenken, dann muss auch Ihnen klar sein, dass die Interessen der Wirtschaft und die Interessen der Arbeitnehmer allemal noch grundverschieden sind! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Maderthaner, Kiss und Dr. Pumberger.  – Abg. Jung: ... Parteischulden!)

Die haben Sie in Niederösterreich auch gehabt! Machen Sie da einmal einen Punkt und hören Sie damit auf! Seien Sie da einmal ruhig! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auf noch etwas hinweisen, und zwar im Zusammenhang mit der Tatsache, dass das Arbeitsmarktservice jetzt auch unter die Obhut des Wirtschaftsministers wandert. Sie sprechen doch immer von Verwaltungsvereinfachung und Transparenz. Wie verstehen Sie es dann, dass die Buchhaltung des Arbeitsmarktservice, die bis jetzt vom Bundessozialamt, das sozusagen Ministerin Sickl untersteht, gemacht wurde, zwar weiterhin vom Bundessozialamt gemacht wird, das Arbeitsmarktservice aber zum Wirtschaftsministerium ressortiert? Wo ist da, bitte, nach außen hin für die Menschen noch erkennbar, woran Sie sind? (Abg. Rosemarie Bauer: Wieso "nach außen"?)  – Das ist wirklich Chaos! Das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine weitere Angelegenheit, die schwer zu verstehen ist: Die Behindertenangelegenheiten ressortieren nach Ihrem neuen Ministeriengesetz zwar zu Bundesministerin Sickl, aber über die Geldmittel für die Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt entscheidet der Wirtschaftsminister. (Abg. Dr. Martin Graf: Kollegin, das ist der falsche Tagesordnungspunkt!) – Nein, das ist nicht der falsche Tagesordnungspunkt! (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist das Budget und nicht das Bundesministeriengesetz!) § 6 dieses Budgetprovisoriums bezieht sich auf diese Änderungen und auf die damit verbundenen haushaltsrechtlichen Bestimmungen. Lesen Sie bitte die Vorlage! (Beifall und Bravo!-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Gradwohl: Herr Kollege Graf, ... Anschauungsunterricht!)

Meine Damen und Herren! Auch eine weitere sehr bekannte Sache müssen wir in diesem Zusammenhang ansprechen: Mit der "Ausgliederung" der Arbeitnehmerinteressen wandert ja auch das Arbeitsinspektorat unter die Aufsicht des Wirtschaftsministers. Bis jetzt war es Aufgabe des Arbeitsinspektorates, Kontrollen in Bezug auf illegal beschäftigte Ausländer durchzuführen. – Wer hat denn illegale Ausländer beschäftigt? Die Ausländer sich selbst wohl nicht! Das waren manche Wirtschaftsbetriebe, bitte! (Abg. Rosemarie Bauer: Auch der Staat! Auch der Staat, Frau Kollegin!) Hat das nicht einen schalen Beigeschmack, dass die Wirtschaft sich jetzt selbst kontrolliert? Meine Damen und Herren, da müssen Sie sehr aufpassen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Dr. Martin Graf und Steibl. )

Wenn ich richtig gelesen habe, dann ist auch Kollege Feurstein mit diesen Dingen nicht einverstanden gewesen. Er hat aber, wie er im Ausschuss gesagt hat, trotzdem zugestimmt.

Ein Letztes möchte ich, auch der Optik halber, schon noch anbringen (Abg. Steibl: Optik allein reicht nicht! Man muss etwas weiterbringen!), und zwar in Bezug auf die Tatsache, dass künftig der Wirtschaftsminister auch das oberste Aufsichtsorgan der Arbeiterkammer ist. Was würde, wenn man die Geschichte umdrehen würde, die Wirtschaft dazu sagen, wenn ein Sozialminister das oberste Aufsichtsorgan der Wirtschaftskammer wäre? Meine Damen und Herren, da müssen wir auch einmal fragen, wie Sie das verstehen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: ... ÖVPler würde das nicht stören!)

19.49


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12. Sitzung / Seite 164

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger. – Bitte.

19.50

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das Budgetprovisorium war im Ausschuss nicht Gegenstand großer Debatten – das war eine relativ klare Angelegenheit –, wohl aber die Begleitmusik, wie es zu diesem Budgetprovisorium kam und in welchem Zustand das Ministerium und auch die Finanzen der Republik an den neuen Finanzminister und seinen Staatssekretär übergeben worden sind. Aber darauf brauche ich jetzt nicht weiter einzugehen, das wurde ja heute schon zur Genüge ausgeführt.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh und erleichtert, dass dieses Budgetprovisorium jetzt verabschiedet werden wird. Ich bedauere nur, dass sich Herr Professor Van der Bellen der Erkenntnis der Notwendigkeit dieses Provisoriums anscheinend nicht angeschlossen hat, denn die Grünen haben im Ausschuss dagegen gestimmt. Also offenbar würde es den Grünen nichts ausmachen, wenn die Republik Österreich möglicherweise in die Zahlungsunfähigkeit schlittern würde. Sie würden es in Kauf nehmen. Aber so sind halt einmal die Grünen, und damit haben wir wieder einmal mehr einen eindrucksvollen Beweis auf dem Tisch, wie sie wirklich sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel wichtiger als das Budgetprovisorium wird das Budget 2000 sein. Und ich sage das gerade an die Adresse der Finanz- und Kapitalmarktexperten von der sozialistischen Fraktion. Denn, meine Damen und Herren, was notwendig ist, um ein Budget zu konsolidieren, ist ein funktionierender Kapitalmarkt. Er ist eine Grundvoraussetzung. Und ich habe selten so viel Unsinn, so viel geballten Unsinn wie heute Vormittag gehört, als sich Herr Abgeordneter "Gruselbauer" und dann auch Kollege Gartlehner ernsthafte Sorgen um den Kapitalmarkt gemacht haben. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auch Herrn Bundeskanzler Kreisky ist schon ein kleiner versprecherischer Fauxpas passiert. Aber das, was hier gesagt wurde, war ja wirklich zum Gruseln, meine Damen und Herren, das war wirklich schauderhaft! Und das muss man einmal sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Schämen Sie sich! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Für die Bezeichnung "Gruselbauer" für den Abgeordneten Gusenbauer erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (fortsetzend): Darf ich fortsetzen, Herr Präsident? – Nein, Sie von der SPÖ wollen das Wort abdrehen, das ist Ihre Einstellung! Mundtot machen, auf den Tisch hauen, laut randalieren, das ist die SPÖ, die neue linke SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Schämen Sie sich!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Den Kapitalmarkt in Österreich hat nicht diese neue Bundesregierung ruiniert, das geht schon auf Ihr Konto! Ich möchte Ihnen das ins Stammbuch schreiben. (Abg. Edler: Und was ist auf Ihr Konto gegangen?) Die Entwicklung auf dem Wiener Aktienmarkt in den letzten sechs Jahren ist eine ganz traurige. (Der Redner hält ein Schriftstück, auf dem eine Graphik zu sehen ist, in die Höhe.) 1 000 Punkte waren es zu Beginn des Jahres 1995, und Sie sehen hier die Entwicklung bis zum Jänner 2000. Diese müde Entwicklung, dargestellt durch die untere Kurve, das ist Wien. Die Kurve darüber zeigt die Entwicklung eines funktionierenden Kapitalmarkts, nämlich des Standard & Poor’s-Index. Dieser ist im gleichen Zeitraum um 200 Prozent angestiegen.

Jetzt sagen Sie mir bitte nicht, dass wir diejenigen sind, die dieses Kümmerdasein auf dem Wiener Aktienmarkt verursacht haben! Das haben schon Sie verbrochen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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12. Sitzung / Seite 165

Und sagen Sie mir bitte auch nicht, dass es jetzt die internationalen Investoren sind, die sich verabschiedet haben. Herr Bundesminister Edlinger außer Dienst! Die haben sich unter Ihrer Regierungsägide verabschiedet: aufgrund Ihrer rückwirkenden Steuergesetze, aufgrund der permanenten Verunsicherung, aufgrund der Nichtregulierung eines funktionierenden Kapitalmarktes. Das alles haben Sie sich selber zuzuschreiben. Bitte ersparen Sie uns Ihre selbst ernannten Finanzexperten, denn die sind wirklich zum Gruseln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. –Bitte.

19.55

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Zuerst zu meinem Vorredner Firlinger: Sie haben gemeint, dass wir dem Budgetprovisorium nicht zugestimmt haben, sei ein eindrucksvoller Beweis dafür, wie wir Grünen wirklich sind. – Darf ich Sie daran erinnern, dass wir, lange bevor es die jetzige Regierung gab, als noch die andere mögliche Regierung in Verhandlung war, einen Antrag betreffend Budgetprovisorium eingebracht haben, weil uns klar war, dass das bald beschlossen gehört. – Also so sind wir wirklich! Wir schauen auf die Dinge, während Sie das nicht getan haben! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber jetzt auf die Bereiche zu sprechen kommen, die aufgrund des vorliegenden Budgetprovisoriums, der Kürzung der Ermessensausgaben und auch dessen, was zu befürchten ist, wie ein Budget aussehen wird, mich und uns besonders beschäftigen.

Es wurde heute schon oftmals die Abschaffung des Büros der Frauenministerin kritisiert. Von den Kolleginnen und Kollegen vor allem der FPÖ, aber auch der ÖVP wurde diese Abschaffung verteidigt. Man hat gesagt, man braucht kein eigenes Ministerium (Abg. Steibl: Es war kein eigenes Ministerium!), kein eigenes Büro der Frauenministerin, um die Frauenangelegenheiten fördern zu können. – Das Problem ist, dass man sehr wohl ein Budget braucht, um hinsichtlich dieser Angelegenheiten etwas weiterbringen zu können. Es stimmt schon, dass auch das Büro der Frauenministerin Prammer nicht genügend Ressourcen hatte, um all das tun zu können, was schon oft gefordert wurde, um die tatsächliche Gleichstellung zu erreichen. (Abg. Gaugg: Die Arme!) Das haben auch wir immer kritisiert.

Wenn Kollegin Zierler – sie ist anscheinend gerade nicht da – sagt, dass die Frauen, die zum Beispiel auch heute diese Flugzettel mit ihren Forderungen von der Galerie herunter geworfen haben, verunsichert sind, weil wir und auch die SPÖ jetzt immer sagen, die Einrichtungen sind in Gefahr, dann ist das für mich aber schon eine ziemliche Realitätsverweigerung und vor allem ein Verwechseln von Ursache und Wirkung.

Die Verunsicherung dieser vielen Einrichtungen kommt daher, dass die Ermessensausgaben gekürzt werden sollen, nämlich dort, wo es keine Verträge gibt, und dass im Regierungsprogramm und in der Regierungserklärung sehr wenig davon steht, dass die Fraueneinrichtungen, die seit Jahren und zum Teil seit Jahrzehnten wichtige Arbeit im Service- und Beratungsbereich leisten, auch weiterhin gefördert werden sollen. Es steht zwar etwas über die Einrichtungen, die sich gegen die Gewalt gegen Frauen richten, drinnen, aber über die anderen kein Wort. Kein Wunder, dass die verunsichert sind! Das kommt also nicht daher, dass wir ihre Forderungen ebenfalls unterstützen.

Diese Einrichtungen sind auch verunsichert, weil es mündliche und schriftliche Zusagen der früheren Frauenministerin gibt. Bis heute wissen diese aber nicht, an wen sie sich wenden sollen und wie es weitergehen soll. In vielen Gesprächen habe ich das gehört: Wir wissen nicht, an wen wir uns jetzt wenden sollen. Wo geht jetzt das Geld hin? Wer wird dafür zuständig sein? – All das ist unklar. Deswegen gibt es diese Verunsicherung, und deswegen gibt es auch Protest, und daher bringe ich jetzt einen Antrag mit folgenden Punkten ein:


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12. Sitzung / Seite 166

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Mag. Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend 1. die Garantie und Auszahlung von vertraglich vereinbarten beziehungsweise mündlich versprochenen Finanzierungszusagen der Frauenministerin für das Jahr 2000 an Frauenberatungsstellen und -projekte, 2. die positive Erledigung von Finanzierungsansuchen für das Jahr 2000 von Frauenberatungsstellen und -projekten durch die Rechtsnachfolgerin der Frauenministerin, 3. die längerfristige finanzielle Absicherung von Frauenprojekten und -beratungsstellen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Budget des Jahres 2000 sicherzustellen, dass allen Frauenberatungsstellen und -projekten, die fixe Verträge mit Ministerin Prammer hatten, die dort zugesagten Gelder tatsächlich zukommen werden.

Die in Hinkunft für Frauenagenden und damit auch für Frauenprojekte und -organisationen zuständige Sozialministerin hat unverzüglich darüber Gespräche mit den in diesen Projekten tätigen Frauen aufzunehmen.

2. Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Budget des Jahres 2000 sicherzustellen, dass jene Frauenprojekte, die keine längerfristigen Verträge hatten, sondern jährlich bei der Frauenministerin um Förderungen angesucht haben, zumindest die Gelder, die sie im Jahr 1999 vom Frauenministerium erhalten haben, für das Jahr 2000 wieder erhalten.

Die Sozialministerin hat auch mit allen diesen Einrichtungen unverzüglich Gespräche aufzunehmen.

3. Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Budget des Jahres 2000 sicherzustellen, dass von der Frauenministerin zugesagte Ko-Finanzierungen von EU-Projekten bei Frauenorganisationen und -beratungsstellen garantiert und ausgezahlt werden.

4. Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die in Österreich tätigen Fraueneinrichtungen längerfristig finanziell abgesichert werden." (Abg. Steibl: Das ist ja gar nicht aktuell! Das ist ja falsch!) "Zu diesem Zweck hat sie einen entsprechenden – unter Einbeziehung der Frauenprojekte verfassten – Gesetzesantrag innerhalb eines Monats dem Nationalrat zuzuleiten."

Sie wissen, Frau Kollegin Steibl, dass es mit EU-Projekten Probleme gibt und geben kann. So ist es! (Abg. Steibl: Das ist falsch! Jetzt gibt es keine neuen Projekte, die laufen aus!) Ja, aber nicht einmal die haben Sie finanziert, nicht einmal diese haben die Zusagen!

Weiters heißt es im Antrag:

"5. Sozialministerin Sickl wird aufgefordert:

a) die Mittel, die auf Grund eines Rahmenvertrages von der Frauenministerin 1999 an die Beratungsstelle ,Sprungbrett‘ (Berufsberatung und -begleitung für Mädchen und Frauen) gezahlt wurden, für das Jahr 2000 auszuzahlen – das heißt als Rechtsnachfolgerin der Frauenministerin diesen Vertrag einzuhalten.

b) die von Frauenministerin Prammer für das Projekt ,Mädchenzentrum AmaZone‘ in Bregenz (Berufsberatungszentrum für Mädchen) für das Jahr 2000 mündlich fix zugesagte Finanzierung im Ausmaß von 400 000 Schilling zu übernehmen und auszuzahlen.

c) den Finanzierungsantrag des Vereins ,Frauensolidarität‘, der von der Frauenministerin 1999 Mittel in der Höhe von 250 000 Schilling erhalten hat, innerhalb der nächsten 2 Wochen positiv zu erledigen.


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12. Sitzung / Seite 167

d) den Finanzierungsantrag der ,Informationsstelle gegen Gewalt‘ des ,Vereines autonome österreichische Frauenhäuser‘ an die Frauenministerin bezüglich 950 000 Schilling für das Jahr 2000 innerhalb der nächsten zwei Wochen positiv zu erledigen.

*****

Es gibt noch einen zweiten Bereich, der massiv von der derzeitigen Situation betroffen ist, das ist die österreichische Entwicklungszusammenarbeit. Wie Sie ja wahrscheinlich wissen, liegt Österreich im OECD-Bereich diesbezüglich an drittletzter Stelle, an vorletzter Stelle aller EU-Staaten und hat in den letzten Jahren nicht gerade dazu beigetragen, das betreffende Budget zu erhöhen.

Nicht einmal die direkt gestaltbaren Mittel werden zumindest auf der gleichen Ebene gehalten. Sogar da wurde im letzten Jahr schon – und das war noch die letzte Regierung – eine Budgetüberschreitung von 100 Millionen nicht gewährleistet. Und für 2000 wird die Kürzung der Ermessensausgaben im Ausmaß zwischen 15 und 20 Prozent angedroht. Das heißt, ein Damoklesschwert von Kürzungen in der Höhe von bis zu 40 Prozent schwebt über Organisationen, die Verträge mit den Organisationen in unseren Kooperations- und Schwerpunktländern haben. Sagen Sie das einmal jemandem, der privatwirtschaftlich arbeitet! So nach dem Motto: Wir haben zwar einen Vertrag, aber leider können wir nicht zahlen, weil unser Geldgeber einfach nicht zahlt.

Das ist eine Situation, in der Verträge nicht eingehalten werden und Organisationen jetzt Leute kündigen müssen. Das muss man sich einmal vorstellen! Österreich, eines der reichsten Länder dieser Erde, sagt jetzt Organisationen zum Beispiel in Mosambik, wo es derzeit die Flutkatastrophe gibt: Tut uns Leid, wir können das leider nicht mehr zahlen, obwohl wir Verträge haben! – Das ist für ein Land wie Österreich wirklich ein Skandal!

Dazu kommt, dass nicht nur Projekte in den Ländern des Südens betroffen sind, sondern auch die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit hier in Österreich. Und das ist jetzt nicht nur eine Kritik an der neuen Regierung, sondern das gab es auch unter der früheren immer wieder. Es gibt in diesem Bereich keine längerfristigen Verträge, es muss jedes Jahr neu verhandelt werden. Wie soll man denn unter diesen Umständen die Arbeit so gewährleisten, dass sie dann auch so toll ist, dass alle sagen, wunderbar, wenn man jedes Jahr neu verhandeln muss und nie weiß, was passiert, und das Geld nicht kommt? Und heuer ist es ganz besonders krass.

Was gebraucht wird, ist ein langfristiger Finanzplan, sind langfristige Verträge, denn es geht nicht an, dass gerade dort, wo Armut bekämpft werden soll, wozu auch Österreich seinen Beitrag zu leisten hat, dass dort, wo Not gelindert werden soll – und Österreich leistet ohnehin nur mit nicht einmal 1 Milliarde Schilling im Jahr einen Beitrag zu einer gerechteren Welt in anderen Teilen dieser Welt; das ist nicht wirklich viel –, massiv gekürzt wird. Das würde das Negativ-Bild von Österreich, das leider derzeit im Ausland bereits vorhanden ist, weiter verschärfen, und ich kann nicht wirklich glauben, dass Sie das auch wollen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend Vorlage eines Finanzplanes zur Einhaltung der Verpflichtungen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Budget des Jahres 2000 den Kernbereich der österreichischen EZA, die Programm- und Projekthilfe, mit mindestens 2 Milliarden Schilling zu dotieren" – und ich kann dazusagen, das sind Zahlen, die im Wahlkampf von mehreren Parteien, nicht nur von uns, zumindest von den früheren Regierungsparteien, zugesagt, versprochen wurden – "und einen Finanzierungsplan vorzulegen, damit in der staatlichen


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12. Sitzung / Seite 168

Entwicklungszusammenarbeit der EU-Durchschnitt von 0,33 Prozent des BNP und mittelfristig das OECD-Ziel von 0,7 Prozent des BNP erreicht werden."

*****

Der letzte Antrag, den ich nun einbringen möchte, bezieht sich auf die Förderung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für MigrantInnen, AsylwerberInnen und Schubhäftlinge im Jahr 2000. Auch diesen Einrichtungen geht es ähnlich, auch sie sind verunsichert, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht, und sie müssen teilweise Kündigungen in den Raum stellen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Lunacek, Dr. Lichtenberger, Freundinnen und Freunde betreffend Förderung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für MigrantInnen, AsylwerberInnen und Schubhäftlinge im Jahr 2000

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, im Budget des Jahres 2000 sicherzustellen, dass allen Beratungs- und Betreuungseinrichtungen im Bereich der MigrantInnen-, AsylwerberInnen- und Schubhaftbetreuung, die fixe Verträge mit Ministerien hatten beziehungsweise die jährlich um Förderungen ansuchen mussten, im Jahr 2000 die Förderung zumindest in der Höhe des Jahres 1999 weiter gewährt wird, und dass unverzüglich darüber Gespräche mit den Projekten aufgenommen werden.

*****

Meine Damen und Herren, vor allem von den jetzigen Regierungsparteien! Wenn Sie es ernst meinen mit der Zukunftsorientierung, wenn Sie es ernst meinen mit der Gleichstellung von Frauen und wenn Sie es ernst meinen mit einem Beitrag zu einem positiven Bild Österreichs im Ausland, dann stimmen Sie diesen Anträgen zu! (Beifall bei den Grünen.)

20.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die soeben eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

20.07

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der schwarz-blauen Koalition! Sie haben heute die erste Abstimmungsniederlage erlebt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie werden sich selbst stürzen, meine Damen und Herren! Sie haben große Probleme mit dieser Bundesregierung, Sie haben große Probleme mit einigen Mitgliedern dieser Bundesregierung.

Wenn heute der Finanzminister einige Male schon angesprochen worden ist, so möchte auch ich hinterfragen – er studiert ja gerade die "Kronen-Zeitung" und den "Kurier" –, wie er es mit dem bekannten Wirtschaftsjournalisten Georg Wailand von der "Kronen-Zeitung" hält, der von "Grusel-Privatisierungen" spricht beziehungsweise mit dem "Kurier", der schreibt: "Österreichs Familiensilber verliert drastisch an Wert!" – Das sind Feststellungen, die nicht von den Sozialdemokraten stammen, meine Damen und Herren! Damit hat sich der Finanzminister auseinander zu setzen.

Es ist heute schon über den TV-Sportkanal, den Magna gründen will, gesprochen worden und darüber, was diesbezüglich im Koalitionsübereinkommen festgeschrieben ist. In diesem Zusammenhang wäre zu hinterfragen, inwieweit es hier noch geschäftliche Verflechtungen gibt.


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12. Sitzung / Seite 169

Herr Finanzminister! Sie haben zwar Ihr Ausscheiden begründet, auch was die Vorstandsbeschlüsse, den Umlaufbeschluss betrifft. Sie haben aber nichts darüber gesagt, wie der weitere Vertrag mit Magna aussieht! Was ist mit der Abfertigung? Was ist mit dem Rückkehrrecht? Was ist mit eventuellen Zahlungen? Erhalten Sie monatlich Zahlungen, erhalten Sie jährlich Zahlungen? Haben Sie eine Dienstwohnung? – Diese Fragen haben Sie nicht beantwortet.

Meine Damen und Herren! Ein Regierungswechsel in einer gefestigten Demokratie ist legitim, das habe ich schon einmal erklärt, aber Sie sprechen von einer Wende. Was ist das für eine Wendepolitik? – Es ist eine richtige Sozialabbau-Politik, die Sie eingeleitet haben! Für uns ist interessant, wie die Position des Obmannes des ÖAAB ist – er sitzt jetzt als Präsident des Nationalrates hier oben –, wie er das vor einigen Tagen in Innsbruck gemeint hat, als er von seinen Kolleginnen und Kollegen bedrängt worden ist – besonders von den "Mandern" aus Tirol, von Herrn Präsidenten Dinkhauser –, wie das zu verstehen ist, wenn er sagt, er wird seine ÖAAB-Abgeordneten auffordern, hier nachzuverhandeln. – Das wäre zu hinterfragen, meine Damen und Herren.

Sie machen einen Sozialabbau, Sie machen eine Umverteilung von Arm zu Reich! Sie haben praktisch eine Geschenklotterie an Großunternehmer beziehungsweise an Großbauern ausgegeben und Sie schädigen die Arbeitnehmer.

Meine Damen und Herren! Zum Budget kommend möchte ich den Finanzminister ansprechen und etwas erwähnen, was heute wiederholt zum Ausdruck gebracht worden ist, etwas, was die Budgetzahlen betrifft. Viele können hier anscheinend nicht zwischen Brutto- und Nettozahlen unterscheiden. Edlinger hat es ganz deutlich aufgezeigt: Es gibt keine neuen Zahlen! Es sind keine neuen Zahlen, meine Damen und Herren, die Sie hier bekannt gegeben haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Gaugg und Dr. Martin Graf. ) Diese Zahlen hat Herr Ex-Bundesminister Edlinger schon früher bekannt gegeben, und es wäre interessant, was Herr Bundesminister Molterer dazu zu sagen hätte.

Grundsätzlich sind wir ja nicht gegen sinnvolle Reformen, meine Damen und Herren. Persönlich erwarte ich mir, was die Infrastruktur und besonders, was die Kostenwahrheit im Verkehr betrifft, dass diese Regierung Maßnahmen setzt. Aber die Vereinbarungen, die diesbezüglich getroffen worden sind, sind anders. Es kommt nicht zur Kostenwahrheit im Verkehr und es kommt auch zu keiner sinnvollen ökologischen Verkehrspolitik, nein, sondern die PKW-Fahrer werden extrem belastet, während der LKW-Verkehr, die LKW-Frächter entlastet werden. Und was das LKW-Road-Pricing betrifft, das Farnleitner unterschrieben hat, hat Bundesminister Schmid davon gesprochen, dass das noch einmal zu untersuchen sei. Da seien neue Überlegungen anzustellen.

Meine Damen und Herren! Die von Ihnen vorgesehenen Kürzungen bei den Investitionen in die Schieneninfrastruktur sind ein wesentlicher Rückschritt in der ökologischen Verkehrspolitik. Es kommt dadurch auch zu einem wesentlichen Abbau von Arbeitsplätzen, von Tausenden Arbeitsplätzen, und es kommt auch zur Zerschlagung der ÖBB, meine Damen und Herren. Aber eine Zerschlagung der ÖBB werden wir Sozialdemokraten niemals zur Kenntnis nehmen! Schreiben Sie sich das ins Stammbuch, Herr Kollege Kukacka! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Das habt ihr bei der Post auch gesagt!)

Meine Damen und Herren! Viele Menschen in Österreich sind verunsichert, besonders die so genannten Christdemokraten. Die christlichen Gewerkschafter kommen tagtäglich zu uns, Sie verlassen in Scharen die ÖVP. Wir haben eine neue Plattform für sie gebildet. (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. )  – Kollege Graf, warten Sie ab! Jetzt habt ihr noch gute Meinungsumfragen, aber wenn der Sozialabbau wirkt, wird sich das ändern. Viele Kolleginnen und Kollegen – besonders jene aus der Arbeiterschicht –, die die FPÖ gewählt haben, sagen heute schon: Diese FPÖ haben wir nicht gewählt! – Auch Sie werden Wahlen verlieren, ich kann Ihnen das prophezeien. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Die Schüssel-Wendepolitik gefährdet den sozialen Frieden, gefährdet den Wirtschaftsstandort Österreich und gefährdet Österreichs Reputation. Wir Sozialdemokraten treten für ein gerechtes, soziales, humanes Österreich ein! (Beifall bei der SPÖ.)

20.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Grasser! Sie haben versucht, Aufklärung in eine reichlich verworrene Angelegenheit zu bringen. Ich fürchte, Herr Bundesminister, es ist Ihnen nicht überzeugend gelungen. (Oje!-Rufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gehen Sie mit mir einen Schritt zurück, ein paar Monate zurück in die Geschichte. Wir hatten eine Untersuchung zur Causa "World Vision". Was war der Vorwurf? – Dass ein Herr Habsburg quasi in die Auslage eines Vereins gestellt wurde, obwohl er tatsächlich von nichts wußte, und von diesem Verein benutzt wurde, um Spendengelder zu lukrieren. Sie können sich erinnern.

Wir hatten ein paar Monate später die Causa "Euroteam". Was war der Vorwurf oder einer der Vorwürfe? – Ein Herr Jan Klima wurde in die Auslage des Vereins "Euroteam" gestellt und benutzt, um an öffentliche Aufträge heranzukommen. So war es doch, meine Damen und Herren, oder? Sie können sich erinnern, denke ich.

Und jetzt gehen Sie mit mir in die Gegenwart, zu Magna Europa. Was ist der Vorwurf? – Wir haben auf der einen Seite einen Finanzminister, der erklärt: "Der Konzern und ich waren der Meinung, dass ich nur in die Politik gehen sollte, wenn ich gestalten und verändern kann. Das kann man nur als Finanzminister machen." – Und wir haben auf der anderen Seite eine Koalitionsvereinbarung, in der schwarz auf weiß steht, was der Herr Finanzminister unter Veränderung versteht, nämlich die Bemühungen zur Schaffung eines eigenen Sportkanals und die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Sportförderung: einfacher, simpler Lobbyismus für Magna und seine Firmen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Was haben Sie gegen den Sport?) So ist es doch, meine Damen und Herren.

Wir haben hier einen Finanzminister, der erklärt hat, die Abgeordneten Böhacker und Schweitzer haben vielleicht die Unwahrheit gesagt, er kennt sich ja da nicht aus, weil mit Politik hat er "nichts zu tun" – daher ist er wahrscheinlich Finanzminister; bitte erklären Sie mir das noch –, er kennt sich also nicht aus. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Ja, Herr Kollege Schweitzer, Sie haben es vielleicht nicht mitbekommen: Der Herr Finanzminister hat gesagt, Sie haben die Unwahrheit gesagt. (Widerspruch des Abg. Mag. Schweitzer. ) Ja, selbstverständlich, und zwar weil Sie hier heraußen erklärt haben, dass Rudas diesen Umlaufbeschluss unterschrieben hat. (Abg. Mag. Schweitzer: Blödsinn!) Und auch Herr Abgeordneter Böhacker hat auf die Befragung von uns beiden, dem Kollegen Pilz und mir, erklärt, dass der Rundlaufbeschluss von Rudas unterzeichnet worden sei. (Widerspruch des Abg. Schieder.  – Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung SPÖ –: Kollege Schieder, sag es ihm!) – Gut, ich nehme das zur Kenntnis. Andreas Rudas konnte es nicht gewesen sein. Wir haben das auch nicht behauptet. Sie haben es behauptet, meine Damen und Herren.

Der Punkt ist aber ein anderer. Ich vermute, heute wird ein Firmenauto von Magna Europa zum Handelsgericht Wiener Neustadt gefahren sein, um dort die schon lange notwendige Änderung im Handelsregister vorzunehmen. Also sage ich, bis zum heutigen Tag war und ist der Herr Finanzminister nicht nur Geschäftsführer von diesen zwei Firmen, die sich im Regierungsprogramm wiederfinden, sondern er ist bis heute Gesamtprokurist von Magna Europa. Ich wiederhole, er ist Gesamtprokurist. (Abg. Dr. Puttinger: So ein Blödsinn! – Weitere Rufe bei den Freiheitlichen: Völliger Unsinn!) Folgen Sie mir noch einen Moment.

Meine Damen und Herren! Das Interessante bei dieser Angelegenheit ist Folgendes: Am 24. Feber hat die Rechtsanwaltskanzlei von Magna Europa – eine bekannte Kanzlei; ich habe


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Sie vorhin im Zusammenhang mit der AMS-Immobiliengeschichte schon erwähnt –, die Kanzlei Dorda, Brugger & Jordis, eine renommierte Wirtschaftskanzlei, gesellschaftsrechtliche Änderungen bei einer der Firmen von Magna Europa vorgenommen. Aus der GesmbH wurde eine GesmbH und Co KG. Aber die Rechtsanwaltskanzlei Dorda, Brugger & Jordis hat von der Firma Magna keinen Auftrag gehabt, die den Herrn Finanzminister betreffenden gesellschaftsrechtlichen Änderungen – zwei Geschäftsführerfunktionen und eine Gesamtprokuristenfunktion betreffend – vorzunehmen. Das ist nicht erfolgt, meine Damen und Herren. (Abg. Fischl: Wer hat Ihnen das gesagt?)

Am 24. Feber wurde diese Änderung vorgenommen, und ich vermute, da haben Sie politisch ein Problem, auch wenn Sie sich nicht politisch sehen wollen, sondern nur als Lobbyisten beziehungsweise als Finanzminister. Da haben Sie politisch ein Problem. Ich vermute, Magna und dem Herrn Finanzminister wäre es ganz recht gewesen, wenn da nur der interne Rundlaufbeschluss gewesen wäre – den ich auch jederzeit herstellen kann –, wenn man mit ihm sein Auslangen gehabt hätte und keine firmenrechtliche Änderung gemacht worden wäre.

Meine Damen und Herren! Daher sage ich, die Causa Grasser ist reif für den Unvereinbarkeitsausschuss. (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Fischl: Sie sind reif für etwas anderes!) Die Causa Grasser ist reif für den Unvereinbarkeitsausschuss, und zwar nicht erst in ein paar Wochen, wie es Herr Abgeordneter Khol vorschlägt, sondern schon morgen oder übermorgen. Sonst haben Sie, ob Sie es wollen oder nicht, Herr Finanzminister, ein nicht nur kleines, sondern ein größeres politisches Problem. (Beifall bei den Grünen.)

20.20


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Es scheint, als würde der heutige Tag ein Tag der tatsächlichen Berichtigungen sein. Zwei davon sind eingetroffen. Die erste stammt von Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer. – Bitte.

20.20

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich muss ich die grünen Verschwörungstheoretiker Pilz und Öllinger noch einmal berichtigen. Ich habe hier im Rahmen einer ersten tatsächlichen Berichtigung – im Gegensatz zu dem, was Kollege Öllinger gesagt hat – festgestellt, dass Finanzminister Grasser bereits am 3. Feber seine Geschäftsführungen in den genannten Sportagenturen zurückgelegt hat und habe dazu schriftliche Bestätigungen des Magna-Konzerns vorgelegt.

Kollege Öllinger hat behauptet, ich hätte hier gesagt, diese Bestätigungen tragen die Unterschrift des Herrn Rudas. – Das ist unwahr! (Abg. Öllinger: Böhacker hat es wiederholt!)

Von der Bank aus habe ich scherzhalber zum Kollegen Schieder – und er wird das bestätigen – gesagt, das hat sogar der Rudas unterschrieben. Dass Sie auf diese Bemerkung so viele Wortmeldungen aufbauen, zeigt, dass bei Ihnen viel zu viel Verschwörungstheorie die Grundlage für Politik ist, und deshalb sollte man Ihnen nie Verantwortung geben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

20.21


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Peter Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.21

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Kollege Öllinger hat gesagt, dass Herr Kollege Schweitzer von diesem Pult aus gesagt habe, das Papier vom 3. Feber trüge die Unterschrift von Herrn Rudas.

Ich berichtige diesen Satz. Das stimmt nicht, Kollege Schweitzer hat das nicht von diesem Pult aus gesagt, sondern von seinem Platz aus, und sogar zwei Mal. Und es war zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar, dass es scherzhaft gemeint war. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

20.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Bevor noch eine weitere tatsächliche Berichtigung eintrifft, schließe ich die Debatte.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, meine Damen und Herren. (Anhaltende Zwischenrufe und Heiterkeit bei allen Fraktionen. – Unruhe im Saal.)  – Ich habe viel Verständnis für Ihre Heiterkeit, aber jetzt kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 45 der Beilagen. Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Gartlehner und Genossen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich des § 6 des Gesetzentwurfes gestellt.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über § 6 in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen betreffend Belastungspaket.

Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten unterzeichnet wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor. (Unruhe im Saal.)  – Meine Damen und Herren! Sie haben die Chance, alle Namen heute ein drittes Mal zu hören, wenn Sie sich in der Zwischenzeit ein wenig beruhigen.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja", das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise "Nein", das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden. Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich dazu aufgerufen, die Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche nun jene Abgeordneten, die für den Antrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen betreffend Belastungspaket stimmen, "Ja" - Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" - Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herrn Abgeordneten Auer ersuche ich, sich bereit zu halten, um sie später dabei abzulösen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Reitsamer und den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch die Schriftführer und die hiezu beauftragten Bediensteten unterbreche ich die Sitzung für einige Minuten.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.32 Uhr unterbrochen und um 20.39 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen insgesamt: 179, wobei offensichtlich durch ein Versehen eine Stimmkarte, nämlich die von Dr. Peter Kostelka, doppelt abgegeben wurde. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie wurde bereits – die Aufregung ist überflüssig! – bei der Zählung abgezogen.

Das Ergebnis lautet wie folgt: "Ja"- Stimmen: 77, "Nein"- Stimmen: 102.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder, Edler, Edlinger;

Faul;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hostasch, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima, Stoisits;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.


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Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck, Niederhuemer;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Platter, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend:


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend die Garantie und Auszahlung von Finanzierungszusagen der Frauenministerin, die positive Erledigung von Finanzierungsansuchen sowie die längerfristige finanzielle Absicherung von Frauenprojekten und -beratungsstellen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lunacek und Genossen betreffend Vorlage eines Finanzplanes zur Einhaltung der Verpflichtungen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Förderung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für Migranten und Migrantinnen, Asylwerber und Asylwerberinnen und Schubhäftlinge im Jahre 2000.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Budgetausschusses, seinen Bericht 46 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

6. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 45/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend das militärische Vorgehen russischer Truppen in Tschetschenien (26 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Jäger. Ich erteile es ihr.

20.43

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Außenministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag drückt die Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Tschetschenien aus. Ich denke, jeder von uns hat die Bilder, die über das Fernsehen laufen, vor Augen – die Opferbilanz der Zivilbevölkerung, die Zerstörung der Stadt Grosny. Wenn man diese Bilder sieht, dann ist das, denke ich, nur vergleichbar mit den zerstörten Städten, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg in Bildern gesehen haben.

Es kommen auch immer mehr Berichte über unmenschliche Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern in Inguschetien zu Tage. 200 000 Menschen sind auf der Flucht. Es treten auch immer mehr Berichte über Menschenrechtsverletzungen, Folter, Ermordungen und Vergewaltigungen zu Tage. Deshalb sollten wir, denke ich, die Forderung des Kommissars für Menschenrechtsfragen des Europarates, Gil-Robles, aufgreifen. Er beendete am Dienstag dieser Woche seine Reise in den Nord-Kaukasus und forderte, man müsse die an den Kriegsverbrechen Schuldigen finden und bestrafen.

Jetzt ist die Meldung gekommen, dass der Krieg beendet wurde, dass Russland gesiegt hat und dass Präsident Putin auch einen Vertreter für Menschenrechtsfragen in Tschetschenien einsetzt. Ich denke, dieses Thema wird uns noch sehr lange beschäftigen.

Auf der anderen Seite – ich denke, damit sollten wir uns auch auseinandersetzen – ist dieser Krieg in Tschetschenien selbstverständlich nicht nur ein Krieg der Russen gegen Terroristen in diesem Gebiet. Ich habe hier einen Artikel des alternativen Nobelpreisträgers Hermann Scheer, der behauptet, der Tschetschenien-Konflikt ist ein eskalierender Ressourcenkrieg. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass es der russischen Regierung sehr wohl auch darum geht, dass die Erdöl-Pipelines durch Tschetschenien laufen und jetzt eben im Kaukasusgebiet eine neue Pipeline gebaut wird, die über die Türkei verlaufen wird und eine Unterstützung von den USA bekommt. Das ist auch anlässlich der OSZE-Konferenz in Istanbul besprochen worden.

Man muss schon sehen, zu welchen Problemen dies auch mit Russland führen kann. Wenn Russland von dieser erdölreichen Region im Süd-Kaukasus völlig abgeschnitten wird, dann wird das zu vermehrten Konflikten, zu vermehrten Auseinandersetzungen führen. Ich denke, sowohl


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hinsichtlich der demokratischen Entwicklung in Russland als auch in der Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Russland wird es zu sehr schwierigen Verhältnissen kommen.

Wir haben heute hier schon einmal die Situation vor dem Ersten Weltkrieg diskutiert, als auch genau von diesem südlichen Gebiet des Kaukasus große Konflikte ausgegangen sind, die letztendlich in einem Weltkrieg geendet haben. Ich denke, man sollte die Situation, die wir heute dort vorfinden, sehr ernst nehmen. Ich meine, die westliche Welt muss sich darüber im Klaren sein, inwieweit auch die Russen an den Erdölvorkommen beteiligt werden sollten.

Noch einmal zurück zur Menschenrechtssituation: Ich hoffe, dass es jetzt, nach Beendigung des Krieges, möglich ist, dass Russland ausländische Hilfe zulässt. Es ist ja der erste UNHCR-Transport in Grosny angekommen, aber es wäre notwendig, dass dort ausländische Hilfe in größerem Ausmaß zugänglich gemacht wird.

Ich hätte noch eine Frage an die Frau Außenministerin. Die OSZE hat sich vorgenommen, besonders in Tschetschenien Hilfe anzubieten. Ich bin darüber beunruhigt – da es jetzt so viele andere Probleme mit der österreichischen Regierung gibt –, inwieweit Sie Ihre Aufgaben in der OSZE tatsächlich wahrnehmen können. Ich möchte Sie dazu befragen. Es gibt eine Kritik an Österreichs OSZE-Vorsitz – vielleicht möchten Sie dazu Stellung nehmen –, und zwar wird aus Norwegen berichtet, dass es Diplomaten aus mehreren Ländern gibt, die ihre Kritik an Österreichs OSZE-Vorsitz zum Ausdruck bringen und von denen Sie aufgefordert werden, endlich mit den Vorbereitungen zu den Wahlen im Kosovo zu beginnen.

Ich denke, angesichts dieser weltpolitischen Situation ist die OSZE mehr denn je gefordert. Ich hoffe, dass Österreich diese Aufgaben wirklich wahrnehmen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

20.50

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder von uns, der die Fernsehaufnahmen aus Tschetschenien, die Ruinen von Grosny und das Elend der Zivilbevölkerung vor Augen hat, kann sich diesen Bildern nicht verschließen. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – muss derjenige, der dort wirklich helfen will, zumindest realistisch arbeiten und die Situation vorher analysieren. Zu einer solchen Analyse gehört auch die Suche nach der Entstehung des Konfliktes, nach den Ursachen des Konfliktes, der ja nicht zum ersten Mal, sondern wieder einmal ausgebrochen ist. Ich bin daher auch nicht so optimistisch, zu sagen, dass dieser Krieg dort jetzt vorbei ist. Die Tschetschenen werden sich nur zurückgezogen haben und werden sicherlich in absehbarer Zeit wieder mit ihrem Widerstand auftreten.

Wenn man diese Ursachen untersucht, dann muss man zurückgehen in die zwanziger und dreißiger Jahre des vergangenen – kann man nun schon sagen – Jahrhunderts, als ein gewisser Jossif Dschugaschwili, besser bekannt unter dem Namen Josef Stalin, seine Ideen durchsetzen wollte, als die kommunistische Kulakenpolitik damals – Herr Kollege Posch, passen Sie gut auf! – nicht Millionen, sondern zig Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Damals begann das Morden, die Vertreibung und die Deportation.

Die Hoffnung der Tschetschenen, das Sowjetjoch im Krieg abzuschütteln, ging fehl und führte zu einer neuerlichen blutigen Verfolgung, die auch nach dem Tode Stalins nicht endete; auch nicht endete unter jener Diktatur, die, meine Damen und Herren von der SPÖ, Ihr neuer Parteivorsitzender Gusenbauer offenbar für so gut hielt, dass er nach Moskau pilgerte wie andere nach Mekka oder nach Lourdes, um dort den heiligen Boden des Gelobten Landes zu küssen. Vielleicht sollten Sie einmal darüber nachdenken oder Ihrem Kollegen Gusenbauer sagen, dass er ... (Abg. Dr. Mertel: Das war ein Scherz!)  – Das war kein Scherz, liebe Frau Kollegin Mertel, das hat er damals tief ernst gemeint. Es wäre hoch an der Zeit, dass er dafür einmal bei den Österreichern Abbitte leistet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Dieses Land, Frau Kollegin Mertel, das er dort so begrüßt hat, hat zum gleichen Zeitpunkt noch die Aufmarschpläne gegen unsere österreichische Heimat auf dem neuesten Stand gehalten. Es wäre Zeit, dass Kollege Gusenbauer das einmal zurücknimmt und nicht immer bei den anderen die Gedächtnisleistung und die Trauerarbeit einfordert. Er soll einmal bei sich selbst zu trauern anfangen, Frau Kollegin Mertel! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dieser Konflikt flammte nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder auf und steigerte sich in seiner Grausamkeit vor allem auch durch das Verhalten – das stimmt – der russischen Streitkräfte. Trotzdem muss man aber, wenn man als Vermittler auftreten will – und das ist unsere Aufgabe in der OSZE –, auch die andere Seite, nämlich die Position der heutigen  – ich betone, der heutigen! – russischen Regierung sehen. Für sie ist es auch vor der eigenen Bevölkerung, realistisch gesehen, unmöglich, Gebiete aufzugeben, die nach ihrem Verständnis Teile Russlands sind. Wie langwierig, schwierig und blutig solche Trennungsprozesse selbst in starken und alten Demokratien sind, meine Damen und Herren, kann sogar heute noch in Westeuropa, am Beispiel Irlands – wenn auch Gott sei Dank in einer nicht ganz so grausamen Form – mitverfolgt werden.

Dazu kommt auch, dass in diesem Bereich die tschetschenische Seite zunehmend durch den radikalen Islam unterwandert und auch finanziert wird. Es ist sehr schwer, mit Fundamentalisten zu diskutieren, wie wir in diesem Hause auch bisweilen feststellen müssen. Besonders schwer wird es dann, wenn diese Fundamentalisten, wie es dort der Fall ist, auf beiden Seiten vertreten sind. Aber eines muss Russland in diesem Fall sicher ins Stammbuch geschrieben werden: Auch im Kampf gegen Terroristen muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Geltung haben.

Trotzdem müssen wir, eben weil wir gegenwärtig den OSZE-Vorsitz innehaben, versuchen, beide Parteien an einen Tisch zu bringen, was jetzt, nachdem ein zumindest vorübergehender Sieg Russlands mehr oder weniger festzustehen scheint, besonders schwierig wird. Dafür ist Äquidistanz notwendig, aber es ist vor allem in erster Linie notwendig, der Zivilbevölkerung zu helfen. Dazu dienen ja die hier in der Entschließung geforderten Maßnahmen, vor allem was den humanitären Bereich betrifft. Die Forderung nach einem Waffenstillstand dürfte jetzt im Wesentlichen überflüssig sein.

Wir unterstützen deshalb die Entschließung und wissen deren Umsetzung bei der Frau Bundesministerin in guten Händen. Es muss uns allerdings klar sein, dass der Konflikt selbst nicht isoliert gesehen und nicht isoliert gelöst werden kann, sondern nur im Rahmen dieser Großregion des gesamten Kaukasus, der leider ein einziges riesiges Gebiet von Konfliktzonen ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger. – Bitte.

20.55

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zur Situation in Tschetschenien haben meine Vorredner schon einiges gesagt. Ich möchte ergänzen, dass auch dann, wenn die Russische Föderation nun offenbar das Land unter Kontrolle hat, auf der anderen Seite gesehen werden muss, um welchen Preis das geschehen ist. Die Zahl der Opfer in der Zivilbevölkerung ist wahrscheinlich noch gar nicht bezifferbar. Grosny ist insgesamt eine Ruinenstadt, 200 000 Flüchtlinge sind irgendwo im Grenzgebiet, zum Teil unter freiem Himmel, das Flachland ist devastiert, durch die Zerstörung der Raffinerien ist das Grundwasser verseucht – das ist die Bilanz eines solchen Krieges. Das sollte uns wirklich allen zu denken geben.

Die Russische Föderation begründet die Lage damit, dass man Terror bekämpfen muss. Ich stimme einerseits zu, dass man Terrorismus nicht zusehen kann, sondern ihn durchaus bekämpfen muss. Andererseits ist es jedoch die Aufgabe jedes Staates, Menschenrechtsverletzungen hintanzustellen. Auch wenn ein so mächtiger Staat wie die Russische Föderation in dieser Staatengemeinschaft der Welt viel Einfluss hat, muss klar gesagt werden: Auch für sie gelten die Menschenrechte und auch für uns gilt, dass jeder, der die Menschenrechte verletzt,


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an den Pranger gestellt gehört. Das darf ich namens meiner Fraktion festhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt, zur Flüchtlingssituation: Das ist wohl der Bereich, hinsichtlich dessen die Staatengemeinschaft jetzt am ehesten helfen kann. Etwa 180 000 Menschen sollen sich im Grenzgebiet von Inguschetien aufhalten, 58 000 im Grenzgebiet von Dagestan und im nördlichen Kaukasus. Meine Damen und Herren! Das sind Zahlen, angesichts derer man auch beim besten Willen zu helfen noch nicht absehen kann, was alles notwendig sein wird, um Flüchtlingen, die noch dazu zum Teil völlig der Witterung ausgesetzt sind, ein Überleben zu sichern.

Ich unterstütze daher mit Nachdruck das, was Frau Außenministerin Benita Ferrero-Waldner im Rahmen der OSZE-Präsidentschaft diesbezüglich getan hat. Sie hat erst vor kurzem in einem Gespräch mit dem russischen Vizepremier versucht, zu erreichen, dass nunmehr Hilfsorganisationen abseits des Internationalen Roten Kreuzes und des UNHCR die Möglichkeit haben, festzustellen, wie man tatsächlich und in welchem Ausmaß man unmittelbar helfen kann und muss. Ich beglückwünsche sie zu dieser Initiative, denn das ist eine Frage der Menschlichkeit. Diesbezüglich hat sie sich als OSZE-Präsidentin auch für Österreich sehr verdient gemacht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dritter Punkt: die behaupteten Menschenrechtsverletzungen. Auch Kollegin Jäger hat darauf Bezug genommen. Russland behauptet ja – wir haben das im Europarat auch durch den russischen Außenminister bestätigt gehört –, es gab keine Menschenrechtsverletzungen. Es existieren Bilder, aus denen nicht klar wird, ob sie tatsächlich solche Verletzungen beweisen. Aber wer nichts zu verstecken hat, sollte sich auch einer Kontrolle nicht verschließen. Darum glaube ich, es sollte auch weiterhin seitens der OSZE das Bemühen im Vordergrund stehen, durch eine unabhängige Kommission prüfen und feststellen zu lassen, ob es diese Menschenrechtsverletzungen gegeben hat. Die Frau Außenministerin hat dazu ja bereits einen Vorstoß gemacht, und ich meine, das müssen wir auch alle unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vierter Punkt: Es muss auch im Interesse der OSZE und der Staatengemeinschaft sein, möglichst bald wieder eine OSZE-Niederlassung in Tschetschenien auf die Beine zu stellen, denn wir müssen jetzt daran denken, dass die Flüchtlinge zurückkehren können. Wir müssen daran denken, dass ein Friedensprozess in Gang kommen muss, der auch mit begleitet, wenn nicht sogar überwacht werden soll. Darum ist es, wie ich glaube, durchaus der Konsens des ganzen Hauses, dass auch in diese Richtung ein Vorstoß der Präsidentschaft der OSZE durch die Frau Außenministerin erfolgt.

Ich freue mich im Übrigen, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses in dieser Frage konsensbereit gezeigt haben und dass wir auch sehr schnell zu einem Konsens im Ausschuss gefunden haben. All das zeigt: Außenpolitik kann dann, wenn man sich bemüht, wenn man in die Tiefe gehend diskutiert, wenn der gute Wille von allen Seiten gegeben ist, weiterhin eine Konsensmaterie in diesem Haus sein. Dazu stehen wir und dazu laden wir auch in anderen Bereichen alle Fraktionen dieses Hauses ein! – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

21.00

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich bin sehr froh darüber, dass es möglich war, einen gemeinsamen Antrag im Ausschuss einstimmig zu beschließen und diesen ins Plenum zur Verhandlung zu bringen. Noch mehr freut es mich, dass es ursprünglich ein Antrag der Grünen war, der zwar etwas umgeschrieben wurde, aber jedenfalls ging die Initiative von uns aus. Das geschieht ja nicht allzu oft in diesem Haus, und insofern freue ich mich darüber sehr. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)


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Etwas kurios ist die Situation dennoch. Ich möchte einmal nicht auf die Geschichte Tschetscheniens, sondern auf die Geschichte dieses Antrages ein bisschen eingehen, der schon im November im Plenum von uns eingebracht wurde. Wir haben schon zum damaligen Zeitpunkt, als der Krieg gerade begonnen hatte, versucht, mit allen anderen Fraktionen – wobei ich sagen muss, der Antragstext selbst war sehr ähnlich dem, der jetzt vorliegt – einen Konsens zu erreichen. Das war, obwohl es eine inhaltliche Zustimmung zu fast allen Punkten gab und wir sehr verhandlungsbereit waren, leider nicht möglich, weil es damals von Seiten der ÖVP hieß, man wolle dem damaligen Außenminister Schüssel keine Vorgaben machen, er müsse den OSZE-Vorsitz vorbereiten, man wolle das also nicht tun.

Herr Kollege Spindelegger! Sie haben jetzt gesagt, Sie freuen sich, dass wir im Ausschuss schnell zu einem Konsens gekommen sind. Das stimmt schon, nur, den Konsens hätten wir auch schon im November erreicht, wenn nicht Ihre Fraktion damals gemeint hätte, man solle eben Außenminister Schüssel keine Vorgaben machen. Zum damaligen Zeitpunkt wäre der Antrag, wenn er durchgegangen wäre, politisch noch viel aktueller gewesen, als er das heute ist, da der Krieg faktisch vorbei ist. Dennoch sind jedoch noch Dinge zu tun und sollen auch von Österreich unterstützt werden.

Dazu jetzt zwei Punkte in Richtung der Frau Außenministerin. Einer der Punkte, die im Antrag enthalten sind, ist die Einsetzung von internationalen Sonderbeauftragten für Tschetschenien, für die Region, und darauf möchte ich Sie auch ganz konkret ansprechen. Sie haben bisher leider nicht in Erwägung gezogen, vor allem auf politischer Ebene Sonderbeauftragte einzusetzen. Ich denke, das wäre eine Unterstützung gerade auch für Sie in der jetzigen Funktion und gerade auch in der Situation, in der sich Österreich international leider befindet.

Ein zweiter Punkt: Wenn es jetzt so ist, dass dieser Krieg faktisch zu Ende geht, dann wäre es doch sinnvoll, von Seiten der OSZE gemeinsam mit Russland eine Kaukasus-Konferenz ins Auge zu fassen, um die Menschenrechtssituation, aber auch das weitere Vorgehen in dieser Region gemeinsam zu behandeln.

Das sind zwei Punkte, die ich besonders hervorheben möchte. Gleichzeitig möchte ich, wie schon die Vorrednerin Inge Jäger, auch meine Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass Österreich und auch Sie, Frau Außenministerin, im OSZE-Vorsitz leider auf Grund der tatsächlichen außenpolitischen Situation und Isolierung Österreichs Schwierigkeiten gegenüberstehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Nach Einsichtnahme in Stenographische Protokolle und nach kurzer Beratung in der Präsidialkonferenz erteile ich Frau Abgeordneter Steibl einen Ordnungsruf für den Ausdruck "Brandstifter", an die Adresse der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig gerichtet.

Weiters hat mich Herr Präsident Prinzhorn, der heute aller Voraussicht nach den Vorsitz nicht mehr übernehmen wird, ersucht, Bezug zu nehmen auf eine Passage in der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Martin Graf, als dieser an die Adresse der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic gesagt hat: "Wir haben eine derartige Gesinnung nicht." koll. Gra/ S. 1131 Und weiters: "So etwas ist faschistisch, oder es ist sogar stalinistisch ..." – Auch dazu wird nach übereinstimmender Auffassung ein Ordnungsruf ausgesprochen. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine politische Bewertung!)

Ich mache das auf Ersuchen des Herrn Dipl.-Ing. Prinzhorn und nach Beratung in der Präsidialkonferenz und auf Grund übereinstimmender Auffassung aller Mitglieder der Präsidialkonferenz, dass man einer bestimmten Terminologie und Ausdrucksweise von Anfang an entgegentreten soll. Und ich bekenne mich zu dieser Auffassung.

Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner. – Bitte.

21.05

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Zuerst möchte


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ich Ihnen sagen, dass ich sehr entschlossen bin, den Vorsitz der OSZE mit aller Energie zu führen, und ich glaube, es hat sich gerade in der Tschetschenien-Frage hier bereits einiges gezeigt.

Die Kritik, die hier zum Teil geäußert wurde, ist zurückzuführen auf einen einzigen Artikel in einer norwegischen Zeitung, die besonders kritisch ist und offensichtlich schon im Vorfeld wieder Verurteilungen durchführen will. Dieser Artikel wurde dann im "Standard" abgedruckt, und darauf hat man sich gestützt.

Ich kann Ihnen sagen, dass der Außenminister Norwegens diese Kritik in keiner Weise teilt. Er ist ja noch in der Troika. Er hat uns, erstens kennt er Österreich, zweitens kennt er die handelnden Personen, absolutes Vertrauen ausgesprochen. Das nur im Vorfeld. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zur Frage Tschetschenien selbst. Seit Beginn der Übernahme des Vorsitzes hat Österreich auf allen Ebenen Kontakte mit der Russischen Föderation gesucht. Dies war zuerst noch der damalige Außenminister Schüssel. Sie wissen – das ist heute schon angesprochen worden –, dass er bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates am Rande auch mit Außenminister Iwanow zusammengetroffen ist. Ich darf Ihnen sagen: Die Situation in Tschetschenien ist natürlich eine äußerst komplexe, die selbstverständlich zum einen den Menschenrechtsgesichtspunkt absolut beinhaltet, der natürlich vordringlich wahrzunehmen ist, aber auch zwei wesentliche andere Gesichtspunkte, nämlich den humanitären Gesichtspunkt und den politischen Gesichtspunkt. Das heißt, die Situation ist eine sehr komplexe. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf Ihnen sagen, dass auf Grund der vielen Kontakte, die wir bereits mit Russland hatten, auch der Besuch des Vizepremierministers Koschman zustande gekommen ist, der am Montag und Dienstag in Wien war und mit dem ich sehr lange Gespräche führen konnte. Die Lage ist tatsächlich sehr komplex, und es ist richtig, dass es eben alarmierende Menschenrechtsberichte gibt, die selbstverständlich auch angesprochen wurden. Ich darf Ihnen dazu Folgendes sagen: Zum einen ist bereits der vom Europarat dazu beauftragte Alvaro Gil-Robles in die Gegend gefahren, das heißt nach Tschetschenien, und er wird selbstverständlich dem Europarat, aber auch uns berichten. Ich selbst habe angeregt, dass er auch möglichst vor dem Ständigen Rat der OSZE sprechen kann. Ich halte das für sehr wichtig. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Die Russen selbst haben nun einen Menschenrechtsbeauftragten bestellt. Er heißt Kalamanov. Und wir – und das habe ich im Gespräch vor zwei Tagen eingeführt – hoffen, dass es auch der OSZE gelingen möge, einen eigenen OSZE-Menschenrechtsbeauftragten, einen Delegierten, bei Kalamanov unterzubringen. Dazu war die Antwort des russischen Vizepremiers, dass wir in einigen Tagen diesbezüglich Bescheid bekommen würden. Ich hoffe sehr, dass dies möglich ist. Das heißt, was angesagt ist, ist absolute Transparenz und möglichst eine Untersuchung in der Region.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon die humanitäre Situation angesprochen. Ich glaube, es ist enorm wichtig, dass wir den Menschen in Tschetschenien helfen. Daher haben wir angeboten, dass zum einen der OSZE eine gewisse Rolle, die ja nach dem Istanbuler Mandat gegeben ist, auch tatsächlich eingeräumt wird, denn es gibt ja nicht nur die großen Menschenrechtsorganisationen wie zum Beispiel UNHCR oder selbstverständlich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, mit dem übrigens zurzeit gerade eine Vereinbarung ausgearbeitet wird, was ich auch gestern und vorgestern ganz besonders angesprochen habe, dass es nämlich notwendig ist, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz die Flüchtlingslager beziehungsweise die Anhaltelager besuchen kann.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von anderen NGOs wie zum Beispiel die Österreichische Caritas, die größtes Interesse daran hat, unter einer Art Führung, unter einem Schirm der OSZE zu arbeiten. Ich hoffe, dass das möglich sein wird.

Ich darf Ihnen sagen, in diesem Zusammenhang freut es mich besonders, dass bei dem Besuch des Vizepremierministers akzeptiert wurde, dass bereits am 6.3.2000 der Chef unserer OSZE-


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Assistenzmission in Moskau in die Gegend Tschetschenien reisen kann, um dort zu sehen, ob sie allenfalls in Tschetschenien selbst ein Standortlager aufbauen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich selbst halte das für besonders wichtig, und es wird auch von der Sicherheitslage abhängen, denn als OSZE-Vorsitzende fühle ich mich natürlich auch mitverantwortlich für die Sicherheit all jener, die in die Region gehen und dann dort auch einen Standort haben werden. Aber das wurde eben bereits akzeptiert.

Der letzte Punkt ist der politische Punkt. Die OSZE hat eine politische Rolle. Wir versuchen, diese politische Rolle, die bisher von der Russischen Föderation immer wieder zurückgenommen beziehungsweise eigentlich abgelehnt wurde, wieder zu aktivieren. Ich erinnere nur daran, dass die OSZE eine besonders wichtige Rolle der Mediation im Konflikt 1995/1996 hatte. Wir wollen hier zumindest vermittelnd eingreifen.

Ich darf Ihnen jetzt schon ankündigen, dass eine Reise von mir als OSZE-Vorsitzende nach den russischen Präsidentschaftswahlen bereits im Grunde akzeptiert wurde. Diese Reise wird mich sowohl nach Moskau als auch in die Region führen. Ich glaube, das ist ein weiterer sehr wesentlicher Schritt, hier in Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation auf Lösungen hinzuarbeiten.

Nun noch zu zwei Fragen. Ich glaube, Frau Abgeordnete Lunacek, Sie sind vielleicht im Detail nicht informiert. Ich habe eine Berichterstatterin für Tschetschenien ernannt. Das ist die Frau Botschafterin Tagliavini, eine Schweizer Staatsbürgerin, die während des ersten Tschetschenien-Konfliktes dort vermittelt hat, das heißt, eine ausgezeichnete Kennerin der Lage ist, die auch bei den Meetings dabei war und daher sehr viel dazu beigetragen hat, aber auch in Zukunft beitragen kann. Ich halte es nicht für notwendig, dass das derzeit eine politische Persönlichkeit ist. Ich glaube, es ist viel wichtiger, dass das jemand ist, der die Autoritäten sehr gut kennt und daher möglichst die Feinheiten herausarbeitet, die nötig sind, um zu Vermittlungen zu kommen.

Letzter Punkt: Eine Kaukasus-Konferenz ist derzeit sicher verfrüht. Vor allem ist eines notwendig: Russland selbst muss die Rolle der OSZE akzeptieren. Daher hoffe ich, dass wir eine gute Arbeitsbasis mit der Russischen Föderation schaffen können, um als Zielvorstellung eine Lösungsmöglichkeit für Tschetschenien anzustreben. – Danke, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Im Sinne der von der Präsidiale einhellig getroffenen Definition und nach Durchsicht des Stenographischen Protokolls erteile ich Herrn Abgeordneten Kräuter für seine Aussage: "Für mich und für meine Fraktion ist Dollfuß ein kleiner schmieriger Faschist!" einen Ordnungsruf. (Rufe bei der SPÖ: Das war er! Freilich war er das!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Harald Fischl. – Bitte.

21.14

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Lunacek, es ist sicher viel Sinnhaftes Ihrem Entschließungsantrag zu entnehmen, vor allem ist die Tatsache sinnhaft, dass wir alles daran setzen sollen, Gutes zu tun, mitzuhelfen, damit diesen armen Menschen in dieser Region auch aus österreichischer Sicht entscheidend geholfen wird. Wir alle, glaube ich, haben noch die Bilder vor Augen: Kroatien, Bosnien. All das, was wir täglich erlebt haben, was über unsere Fernseher geflimmert ist, ist, glaube ich, Anlass genug, seinem Gewissen ein bisschen Nachdruck zu verleihen und alles nur Mögliche zu tun, um auch den Menschen in Tschetschenien zu helfen.

Frau Kollegin Lunacek! Ich möchte mich aber nicht nur mit der Sinnhaftigkeit Ihrer Entschließung beschäftigen, sondern vielmehr auch ein bisschen mit der Begleitmusik, die Ihrem Entschließungsantrag zu Grunde liegt. Sie haben es auch hier gesagt: Frau Bundesminister Ferrero-Waldner hat es deshalb etwas schwieriger beim Vorsitz, weil sich Österreich in einer gewissen Isolation befände. Frau Kollegin Lunacek! Mich wundert das nicht – und wen hier hat


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das überhaupt zu wundern? Wenn ich mir nur Ihre Aufkleber anschaue, Ihr Nummernschild, das Sie tragen, mit einem durchgestrichenen Mascherl, dann frage ich Sie, Frau Kollegin Lunacek: Meinen Sie es ernst, dass wir dem Gedanken der OSZE und Österreich im Sinne des Vorsitzes zum Durchbruch verhelfen müssen, indem wir mehr Anerkennung finden, wenn Sie, Frau Kollegin, gemeinsam mit ihren sozialistischen Kollegen, permanent das Ansehen Österreichs unterwandern? Wie soll denn das gehen, Frau Kollegin? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, ich befinde mich in ganz guter Gesellschaft mit jemandem, der es genau wissen muss, nämlich mit der Leiterin der Mission der OSZE, Frau Jutta Stefan-Bastl, die erst vor kurzem – das liegt uns heute allen vor, über die APA – in der Landesverteidigungsakademie einen Vortrag gehalten hat. Sie hat gesagt, dass es mit der OSZE und dem Vorsitz Österreichs mehr auf sich hat, denn es gibt ein paar Große, wie Sie gemeint hat, die eigentlich überhaupt nicht möchten, dass sich Österreich mit seiner Vorsitzführung profiliert. Und Sie wissen, im Rahmen der OSZE der 55 Staaten gibt es so etwas wie das Einstimmigkeitsprinzip, und ich frage mich: Wie soll man einen Vorsitz führen, Frau Kollegin Lunacek, wenn man im Vorfeld schon gebrandmarkt wird und wenn alles unternommen wird, damit sich dieses Land in seiner Vorsitzführung nicht profilieren kann? Sie kennen am besten die Gründe dafür, dass das so ist. Ich möchte sagen, wir haben wirklich jeden Grund, uns davon zu distanzieren, denn der Geist der OSZE ist etwas anderes als die Kleingeistigkeit mancher politischer Funktionäre von Grün und Rot in diesem Land, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube auch, dass man, wenn die multilaterale Einrichtung nicht unbedingt funktioniert, zumindest als Österreicher der Tatsache gerecht werden wird – und wir werden das mit Sicherheit –, dass wir zumindest bilateral – und damit befinde ich mich in Gesellschaft mit verschiedenen Botschaftern, die meinen, man könnte zumindest vorerst einmal bilateral alles versuchen – alles versuchen, damit diese Gräueltaten, damit das unsägliche Leid dieser Menschen in diesem Land gelindert wird. Wir sollten heute damit beginnen und nicht wochenlang darüber reden. – Ich danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 26 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig und damit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 26 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig und damit angenommen. (E 3.)

7. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 27/1999, geändert wird (55/A)

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Wir gelangen damit zu Punkt 7 der Tagesordnung.

Das Wort erhält als Erste, da es sich um eine erste Lesung handelt, die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.


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21.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht zum ersten Mal diskutiert das Hohe Haus über Telekommunikation. Das Gesetz wurde in einer langen Sitzung im Juli 1997 beschlossen. Dieses Gesetz wurde gegen unsere Stimmen beschlossen, und deshalb dringen wir darauf, dass es novelliert wird. Dass das dringend notwendig ist, beweisen über 420 Bürgerinitiativen und sogar auch die Unterschriften von, wie ich glaube, an die 55 Abgeordneten unter einer Petition zum Thema Mobilfunk.

Der Inhalt unseres Novellierungsvorschlages, der Gegenstand der ersten Lesung ist, deckt sich größtenteils mit dieser Petition Mobilfunk, die von Abgeordneten und inzwischen auch von Tausenden von Unterschriftsträgern unterstützt wird und die vor allem auch von allen UmweltanwältInnen in Österreich, von Kommunen und in Zukunft auch von Ländern getragen wird.

Die Deregulierung in diesem Bereich treibt täglich neue Blüten. Ich kann jetzt nur einen brandaktuellen Beispielsfall von heute aufzeigen: In der Nähe von Klosterneuburg wird mehr oder weniger in einer Husch-Pfusch-Aktion in Wildwestmanier auf einem bestehenden Masten ohne entsprechende vertragliche Regelung mit der Gemeinde ein Richtfunk installiert. Auf Intervention einer betroffenen Anrainerin werden die Arbeiten eingestellt. – Das ist an der Tagesordnung! Das ist täglicher Missbrauch von Möglichkeiten, die das Telekommunikationsgesetz zum Teil einräumt. Und gegen diesen Missbrauch wollen wir antreten! Darum dringen wir darauf, dass das, was 1997 beschlossen wurde, einer geordneten, bürgernahen, gesundheits- und vorsorgewertorientierten Gesetzgebung weicht.

Ich hoffe, dass dieser Gesetzesantrag bald auch Gegenstand von Ausschussverhandlungen und Ausschussbeschlüssen sein wird. Denn dass das wirklich dringend notwendig ist, beweisen auch verschiedene andere Grenzwertdiskussionen in unseren Nachbarländern. Italien ist bei weitem besser gestellt als Österreich. Dort wird die Bevölkerung in größerem Ausmaß geschützt. Und es darf auch in Österreich nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Der Salzburger Vorsorgegrenzwert hat Gesamtgültigkeit zu erhalten.

Deshalb ersuche ich, dass die Verhandlungen so früh wie möglich aufgenommen werden und die Novellierung möglichst bald stattfindet. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.23

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu diesem Antrag der Grünen ist festzuhalten, dass dieser mehr oder weniger zwei Zielrichtungen hat, einerseits die Herabsetzung der derzeitigen Grenzwerte und andererseits die Einbeziehung – wie es so schön heißt – unzumutbarer Belästigung und die Ausweitung der Nachbarrechte als Kriterien im Genehmigungsverfahren.

Hohes Haus! Dazu ist festzuhalten, dass einerseits die Grenzwerte der WHO als durchaus ausreichend erscheinen. Wenn man die geforderten Grenzwerte umlegen würde auf die Verwendung der Handys, nämlich die Forderung, die die Grünen auch in ihrem Antrag erhoben haben, dann würde das bedeuten, dass man das Handy beim Telefonieren ungefähr zehn Meter weit weg vom Körper halten müsste! Das wird sich irgendwie nicht machen lassen! – Trotzdem ist natürlich die Sorge zu akzeptieren.

Kollegin Moser! Außerdem weicht die Formulierung, dass eine Gefährdung mit hoher Sicherheit ausgeschlossen sein muss, die bisherige Regelung auf. Denn jetzt heißt es in § 67 Absatz 2: "Der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen muss gewährleistet sein." – Und diese Formulierung ist stärker als jene ihn Ihrem Vorschlag!

Des Weiteren verlangen Sie, dass gewidmete Frequenzentgelte für Forschungsförderung verwendet werden sollen. – Dies entspricht nicht den EU-Richtlinien, denn im "Telecom-Review"


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von 1999 ist festgehalten, dass Frequenzentgelte ausschließlich zur Verbesserung einer effizienten Nutzung verwendet werden dürfen.

Hohes Haus! Noch eine Anmerkung: Das Verlangen, über jeden Antrag eine Augenscheinverhandlung durchzuführen, mag durchaus Sympathien gewinnen. Bei 9 500 Sendeanlagen in Österreich ist aber selbstverständlich auch die Frage der Kosten und des Verwaltungsaufwandes in Betracht zu ziehen. Das muss bei der Verhandlung im Ausschuss über diesen Antrag berücksichtigt werden.

Bei der Diskussion über die zweite Telekom-Novelle haben wir uns ja mit den Parteienrechten sehr intensiv auseinander gesetzt – Kollegin Moser, das wissen Sie! Wir haben auch eine Entschließung gefasst und die Landeshauptleute aufgefordert, dass sie zum Beispiel im Bereich der Bauordnung, des Landschaftsschutzes und des Naturschutzes, wo sie die Möglichkeit hätten, entsprechende Richtlinien erlassen und so entsprechende Möglichkeiten schaffen. Der damalige Verkehrsminister Einem hat dieses Ersuchen an die Landeshauptleute gerichtet. Bedauerlicherweise hat es diesbezüglich keine landesgesetzlichen Regelungen gegeben. Das ist eigentlich eine sehr unangenehme Angelegenheit!

Ich halte allerdings für die Sozialdemokraten fest, dass im Hinblick auf die Entwicklung neuer technischer Standards wie etwa UMTS und anderer möglicher Dienste auf Grund neuer Technologien selbstverständlich ein Weg gefunden werden muss, um einerseits die Chancen Österreichs im Zusammenhang mit der weiteren technischen Entwicklung vom Standort und von der Wirtschaftlichkeit her zu nutzen, andererseits natürlich aber auch den Schutz der Bevölkerung nach internationalem Standard, aber vor allem nach dem Stand der heutigen Wissenschaft sicherzustellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.27

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Moser! Der vorliegende Initiativantrag beinhaltet eine teilweise Umsetzung der Mobilfunk-Petition, die im Großen und Ganzen eine durchaus diskussionswürdige Grundlage hat, wobei ich ausdrücklich die Einschränkung "eine teilweise Umsetzung" betone.

Zum Text der Mobilfunk-Petition kann man stehen wie man will. Einiges kann man befürworten, es gibt aber auch einige Punkte, die mir persönlich nicht so gut gefallen. Allerdings wird ein Rahmen vorgezeichnet und werden Anregungen an den Gesetzgeber gegeben, und ich halte das durchaus für ein Thema, das man aufgreifen soll.

Frau Kollegin Moser! Dennoch übertreiben Sie wieder einmal hemmungslos! Mir ist wohl bekannt, dass die Europäische Union in ihrer Richtlinie und auch die Weltgesundheitsorganisation für die Immissionsobergrenze und auch für den Minimalabstand durchaus großzügige Grenzwerte festgesetzt haben. Ich befinde es allerdings nicht für gut, wenn man dermaßen radikale Einschnitte vornehmen und mit einem Initiativantrag diesen Grenzwert auf ein Viertausendfünfhundertstel herabsetzen möchte. Denn Sie können davon ausgehen, dass es, auch wenn man diese hohen Grenzwerte beziehungsweise Höchstgrenzwerte im Moment und wahrscheinlich noch lange Zeit nicht braucht, so zu einem Stillstand im Telekommunikations- und Mobilbereich kommt, und es kann wohl nicht die Intention des Gesetzgebers sein, ein solches Verlangen zu unterstützen. Diesbezüglich bin ich sehr, sehr skeptisch!

Ich glaube, dass in Ihrem Initiativantrag auch einige inhaltliche Fehler unterlaufen sind. Denn wenn Sie beispielsweise in Punkt 4 schreiben, dass ein öffentliches Interesse nur dann vorliegt, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit Telefonanschlüssen sonst erheblich beeinträchtigt wäre, dann hätte das logischerweise zur Konsequenz, dass kein weiterer im Wettbewerb zum ehemaligen Monopolisten stehender Betreiber ein Enteignungsrecht nach § 1 in Anspruch nehmen könnte. Und das wäre wohl eindeutig ein Verstoß gegen bestehendes EU-Recht und, wie ich meine, auch ein Verstoß gegen österreichisches Verfassungsrecht.


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Es sind auch noch einige andere Punkt enthalten, die ich mir in dieser Form überhaupt nicht vorstellen kann. Meine Damen und Herren! Ich halte es aber für durchaus notwendig, dass man einige der Punkte der Mobilfunk-Petition bei passender Gelegenheit in das Telekommunikationsgesetz einfließen lässt. Dazu bedarf es aber gesicherter Unterlagen. Denn derzeit ist nicht gesichert, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Mobilfunk entstehen. Es gibt über die Auswirkungen mehrere Studien, aber es gibt keinen gesicherten Erkenntnisstand, und daher müsste man wohl noch etwas mehr in die Grundlagenforschung investieren.

Zuerst einmal abzumauern und nur zu sagen: Herunter mit dem Vorhang, dicht machen!, und dann auch die telefonierende Bevölkerung vor vollendete Tatsachen zu stellen, das ist mir wirklich zu wenig! Das ist eben die grüne Linie, die wir nicht teilen können, meine Damen und Herren! Wir müssen uns damit vielmehr sehr, sehr sachlich auseinander setzen.

Es werden zwei Telekommunikations-Novellen kommen: Eine wird sich überwiegend mit den Lizenzen, mit der UMTS-Lizenz und deren Vergabe, beschäftigen; das wird ein kurzfristiges Ansinnen sein. Dann wird es eine zweite TKG-Novelle geben, und auch ich bin der Meinung, dass wir Teile der Mobilfunk-Petition in diese Novelle einfließen lassen sollten, dies allerdings mit Umsicht, moderat, mit Rücksicht auf mehrere Komponenten und nicht einfach wild drauflos unter dem Motto: Aus! Riegel herunter! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Ich stelle die Redezeit auf 5 Minuten ein. – Bitte, Sie sind am Wort.

21.32

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen! Hohes Haus! Wir nehmen selbstverständlich den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor elektromagnetischen Strahlen ernst – das ist der Hintergrund dieses Antrags der Grünen. Auch wir wissen, dass es diesbezügliche Ängste und Besorgnis in der Bevölkerung gibt, und diesen Ängsten müssen wir selbstverständlich nachgehen. Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, Ängste zu schüren und damit Politik zu machen, sondern Ängste abzubauen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir wollen in diesem Zusammenhang nicht Emotionen aufschaukeln, sondern rationale und wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen und diese dann politisch und sachlich umsetzen. Das ist unsere Aufgabe, so sehen zumindest wir unsere Verantwortung als Regierungspartei!

Nach den derzeitigen Regelungen ist der Betrieb von GSM-Sendeanlagen an eine Betriebsbewilligung des zuständigen Fernmeldebüros gebunden. Im Rahmen dieser Betriebsbewilligung ist natürlich auch auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen Rücksicht zu nehmen. Die dafür heranzuziehenden Parameter ergeben sich aus der ÖNORM S 1120, diese enthält die derzeit gültigen Grenzwerte. Diese Grenzwerte stimmen auch mit den Empfehlungen des EU-Rates vom 12. Juli 1999 überein, sind also aus jüngster Zeit. Die derzeit gültigen Regelungen stehen also auch in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Europäischen Union.

Wir wissen allerdings, dass es schon seit längerer Zeit eine Diskussion über Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Wellen gibt. Deshalb haben wir hier im Nationalrat am 14. Juli 1999 die Entschließung gefasst, eine Studie über allfällige Gefährdung durch hochfrequente elektromagnetische Felder durchzufόhren. – Diese Studie wurde durchgefόhrt, und zwar von Professor Dr. Jiři Silni vom Forschungszentrum fόr elektromagnetische Umweltvertrδglichkeit an der Rheinisch-Westfδlischen Technischen Hochschule Aachen, der fraglos ein anerkannter, weltweit renommierter Experte auf diesem Gebiet ist.

Es wurden sieben voneinander unabhängige Messungen in Österreich durchgeführt, und zwar selbstverständlich mit modernen Messeinrichtungen: Die in der Studie angegebenen gemessenen Maximalwerte an Leistungsdichte sind wesentlich niedriger als die von der ÖNORM festgesetzten Werte. Weiters wurde festgehalten, dass gemäß ÖNORM große Sicherheitsabstände verwendet und die Grenzwerte derart festgesetzt werden, dass eine geringfügige Erwärmung des Körpers um mehr als 0,1 Grad auszuschließen ist. Der ÖNORM wird letztlich


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bescheinigt, dass sie den neuesten internationalen Erkenntnissen entspricht und dass sie mit ihren Grenzwerten nach heutigem Wissensstand die Bevölkerung ausreichend vor eventuellen Folgen einer Exposition durch hochfrequente Felder schützt. – Meine Damen und Herren! Diese Studie können Sie im Internet abrufen und durchstudieren!

Meine Damen und Herren! Das sind die Fakten, die wissenschaftlich nicht zu widerlegen sind! Frau Kollegin, Sie sollten der Bevölkerung sagen, dass wissenschaftliche Untersuchungen der österreichischen ÖNORM bestätigt haben, dass sie neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie verlangen in Ihrem Antrag ein Viertausendfünfhundertstel jenes Grenzwertes, der von der WHO und in der erwähnten Empfehlung des EU-Rates vorgesehen ist. Meine Damen und Herren! Ein ordnungsgemäßer Betrieb der Mobiltelefonie unter wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen ist unter den Bedingungen Ihres Antrages jedenfalls ganz sicher nicht mehr möglich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! In Ihrem Antrag fehlt auch jede wissenschaftliche Begründung für die Notwendigkeit des von Ihnen vorgelegten Grenzwertes! – Wir sind zur Diskussion bereit, aber wir fordern eine Versachlichung der Diskussion. Denn die ständige Angstmache, die Sie betreiben, ist in Anbetracht der tatsächlichen Gesundheitsgefährdung in Wahrheit grob verantwortungslos! Denn auch die Wissenschaft muss eingestehen, dass die Forschung bis dato keinen schlüssigen Beweis vorlegen konnte, ob und welche Gefahren für die menschliche Gesundheit tatsächlich von der Strahlung elektromagnetischer Felder durch GSM ausgehen.

Meine Damen und Herren! Ich halte es jedenfalls für extrem doppelbödig, wenn die Vertreter der Grünen dauernd mit dem Handy am Ohr herumgehen, gleichzeitig aber Angst vor der Strahlung schüren und damit politisches Kleingeld machen wollen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort erhält nun Frau Abgeordnete Haller. Die freiheitliche Fraktion hat eine restliche Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

21.38

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich führe in gebotener Kürze aus: Kopfschmerzen, Herzrasen, erhöhter Blutdruck, Blutkrebs bei Mäusen – all das sollen die Auswirkungen sein, die von GSM-Sendemasten ausgehen. Diese und ähnliche Meldungen geistern seit langer Zeit immer wieder durch die Medien und erregen entsprechendes Aufsehen bei der Bevölkerung.

Aus den vor kurzem noch 7 000 Masten sind durch einen neuen Netzbetreiber in relativ kurzer Zeit bereits 9 500 Masten geworden, und die Bürgerinitiativen, die sich dagegen auflehnen, schießen beinahe – wie ich sagen möchte – wie Schwammerln aus dem Boden, nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass es sehr viele Sachverständige gibt, die ganz vehement gegen die derzeitige Regelung auftreten und – wie zum Beispiel Professor Dr. Kundi – den derzeitigen Ausbau der Handy-Netze als Totalexperiment an der Bevölkerung bezeichnen.

Die offiziellen Stellen haben bisher eigentlich immer abgewiegelt und natürlich auch die Netzbetreiber, und Herr Verkehrsminister außer Dienst Einem hat sogar eine Art Unbedenklichkeitsstudie erstellen lassen.

Aber auch bei uns Freiheitlichen gibt es in meiner Person und auch in Kollegen Schweitzer zumindest immer zwei Abgeordnete, die sich um die Auswirkungen des Elektrosmogs seit vielen Jahren kümmern. Vor allem war es uns auf Grund von Anfragen ein Anliegen, Licht in die diversen Widersprüchlichkeiten zu bringen. Und auch freiheitliche Abgeordnete haben die Petition unterstützt, aber nicht, weil man mit allen darin enthaltenen Forderungen einverstanden war, sondern eher, weil man es als Signal in Richtung Gesetzgebung verstanden haben wollte, die mit der wirklich rasanten Entwicklung in diesem Bereich wird Schritt halten müssen, um nicht hintennach zu hinken.


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12. Sitzung / Seite 187

So gesehen kann ich dem Antrag der Grünen wohl eine gewisse Berechtigung zubilligen, er schießt aber auf alle Fälle übers Ziel hinaus. Ich meine, dass es einer sehr genauen Interessenabwägung bedürfen wird.

Hoffnung gemacht hat mir die heutige Wortmeldung von Herrn Staatssekretär Morak, der von einer neuen Medienbehörde spricht, die er einzurichten gedenkt. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin schon beim Schlusssatz, Herr Präsident.

Diese Medienbehörde möchte er auf der Ebene des Bundeskanzleramts in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ansiedeln, und ich glaube, in diesem Bereich könnte eine Lösung für diese sehr sensible Angelegenheit gefunden werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.41


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
12. Sitzung / Seite 188

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Den Antrag 55/A der Frau Abgeordneten Dr. Moser weise ich dem Verkehrsausschuss zu.

8. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 8812/99, Hv 5345/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (41 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt mir eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic vor. 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Mag. Trattner: Eine Wortmeldung dazu widerspricht allen Usancen.)

21.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Grünen haben seit langer Zeit, seit es einen grünen Klub hier im Parlament gibt, immer die Auffassung vertreten, dass die Immunität weit auszulegen ist.

Ich halte die bestehende Praxis für mit dem Text der gesetzlichen Grundlagen eigentlich nicht mehr vereinbar. Ich gestehe aber ganz offen, dass wir jetzt erstmals seit langem wieder intern sehr intensiv diskutiert haben, weil der Anlassfall – in einer Reihe von ähnlichen Vorfällen im Zusammenhang mit Abgeordnetem Westenthaler – in der Tat hart an den Missbrauch des Instituts der Immunität heranreicht und weil durchaus die Gefahr besteht, dass auch durch die Positionen, die Westenthaler innehat, extremer Druck auf Journalisten und Journalistinnen ausgeübt wird und damit die Immunität in das Gegenteil dessen verkehrt wird, wozu sie eigentlich eingerichtet wurde, nämlich zum Schutz der Abgeordneten vor Willkür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es hat sich dennoch bei uns mehrheitlich – und in diesem Fall nicht leicht – die Überzeugung durchgesetzt, bei diesem Prinzip zu bleiben. Ich denke aber, wir sollten im Ausschuss und wohl auch in der Präsidiale eine grundsätzliche Debatte über eine zeitgemäße Veränderung auch des geschriebenen Immunitätsrechtes führen. Ich glaube, dass, um das freie Mandat verwirklichen zu können, unbedingt ein Schutz vor im Klagswert exzessiven zivilrechtlichen Klagen, das heißt die Einführung einer verbindlichen Streitwertbegrenzung vorgenommen werden muss. Denn sonst ist es unmöglich, gegen Konzern- und Lobby-Interessen, die weit verbreitet sind, überhaupt politische Kritik anzubringen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ein Letztes: Ich glaube, dass es zum Schutz von Geschädigten notwendig ist, bessere Instrumente einzuführen, das heißt eine Art Ehrenrat, und auch auf die Veröffentlichung von falschen Beschädigungen und Beleidigungen zu bestehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses, in dieser Causa Folgendes zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Dezember 1999 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass die Anträge 92/A bis 99/A eingelangt sind.

Ferner sind die Anfragen 395/J bis 442/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Donnerstag, den 2. März, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung dieser Sitzung ist der im Sitzungssaal verteilten Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung beginnt um 9 Uhr mit einer Fragestunde.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.46 Uhr