Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 133

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Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sich dagegen sträuben, dass der Europäische Rat reformiert wird, dann ist das verständlich, denn es geht dabei auch um eine Machtbeschneidung der Exekutive. Es geht dabei um ein Europa, wo die BürgerInnenrechte, die Demokratie und die Mitsprache gestärkt werden und nicht die Macht der Regierungen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist so, wie wenn man die Weihnachtsgänse fragt, ob sie zu Weihnachten verspeist werden wollen oder nicht. So ungefähr ist der Vergleich. Natürlich sagen die nein so wie jene, die jetzt die Macht in Europa haben, und das sind nicht nur die Eliten und die Lobbys und die Industrie, sondern das sind Regierungen, das ist ein Rat, der durch nichts demokratisch legitimiert ist. Wir haben es in bestimmten Bereichen besser als in anderen Ländern, aber es geht um eine ganz andere Dimension der europäischen Demokratisierung, und das vermisse ich komplett bei dieser Diskussion hier.

Gerade bei den Freiheitlichen kommt immer nur das rot-weiß-rote Fahnderl und überhaupt keine Perspektive, einmal über diesen Tellerrand hinauszuschauen und eine Vorstellung zu formulieren, wie denn das funktionieren soll. Das ist enttäuschend. Und mein Eindruck im Nachhinein: Es wurde hier verhindert, über eine wichtige Aufklärung, über eine außenpolitisch extrem schädliche Reise zu diskutieren, es wurde hier ein Instrument instrumentalisiert, um eine wichtige Debatte zu unterbinden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es sind noch immer fast keine Abgeordneten anwesend, das tut mir wirklich Leid. Das Interesse an diesem wichtigen Thema, das Ihnen gestern eingefallen ist, das heute so dringend und wichtig ist, ist wirklich beschämend. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.01

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja ganz interessant, dass sich Frau Kollegin Glawischnig hier zur grünen Zuchtmeisterin aufspielt, just zu einem Zeitpunkt, zu dem zufälligerweise mehr als drei oder vier Grüne hier anwesend sind. Ich habe das ganz gut beobachtet: Als Sie zu Beginn der Debatte einen Antrag auf Beiziehung der Frau Außenministerin gestellt haben, da waren Sie auf einmal hier vertreten. Kaum war abgestimmt, waren nur mehr zwei Personen aus Ihrer Fraktion hier vertreten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Schauen Sie einmal in Ihre Reihen, Herr Krüger!) Das ist die Wahrheit. In puncto Präsenz brauchen Sie uns sicher kein X für ein U vorzumachen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Wo ist der Schweitzer?)

Frau Kollegin Glawischnig hat jetzt gerade versucht, uns hier die große Welt, die europäische Welt zu erklären, und hat in diesem Zusammenhang Kollegen Schweitzer kritisiert, der über den berühmten unterbliebenen "blauen Brief" gesprochen hat. Auch das ist durchaus bemerkenswert, dass Frau Kollegin Glawischnig ihre Beschützerinstinkte sofort zugunsten des deutschen Bundeskanzlers Schröder ausspielt, denn von ganz objektiven Kommentatoren, und zwar europaweit, ob das eher links angehauchte oder liberale Blätter – was auch immer – waren, in allen wesentlichen europäischen Zeitungen war zu lesen, dass Bundeskanzler Schröder durch die Ausübung von Druck auf die Europäischen Gemeinschaft, auf die Organe, den schon angekündigten "blauen Brief" nicht zu schreiben beziehungsweise nicht abzusenden, dem europäischen Gedanken, dem Einigungsgedanken insgesamt einen sehr, sehr schlechten Dienst erwiesen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den Grund dafür brauche ich Ihnen, Frau Kollegin Glawischnig, als Juristin ja nicht zu erklären – Sie haben uns ja den Unterschied zwischen Ihnen und den Freiheitlichen dargelegt –: weil damit ganz genau die Karte der Stärke ausgespielt wurde. Dies hat deutlich gemacht, dass es sich der, der in der Europäischen Union über entsprechendes Gewicht verfügt, richten kann. Über den Kleinen wird bei Bedarf drübergefahren – der Große hingegen kann es sich richten.


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