Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 52

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12.05


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Vizekanzler Mag. Herbert Haupt: Danke, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wie viele Österreicherinnen und Österreicher habe auch ich vorige Woche in der Früh die erschütternden Bilder vom offiziel­len Kriegsbeginn im Irak im Fernsehen verfolgt. Aber allein schon diese Meldungen waren falsch. Im Vorfeld hat es bereits tage- und wochenlang kriegerische Übergriffe über die Flug­zonen des Irak gegeben, um die Infrastruktur für diesen Krieg vorzubereiten. So wie viele andere Österreicherinnen und Österreicher, wie Millionen Menschen auf der ganzen Welt, wie wir es auch über die Bildschirme gerade in den letzten Tagen gesehen haben, lehne auch ich diesen Krieg, die Gewalt und das Leid, das dieser Krieg hervorruft, entschieden ab. Ich fühle mich hier mit all diesen Millionen auf der ganzen Welt, von Amerika über Großbritannien, über Spanien, über Italien bis Österreich, solidarisch und eins. Krieg ist kein Mittel der Politik und darf kein Mittel der Politik sein! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)

Für mich, liebe Österreicherinnen und Österreicher, steht es fest, dass dieser Krieg völkerrecht­lich problematisch ist. Volkstümlich würde man sagen, dass das Völkerrecht mit Füßen getreten wird, denn die Satzungen der Vereinten Nationen übertragen dem Sicherheitsrat die Hauptver­antwortung für die Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit. Eine Gewaltan­wendung, wie sie derzeit stattfindet, ist nicht autorisiert! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und des Abg. Mag. Molterer.)

Die Folgen des Krieges sind uns bewusst. Es gibt keinen sauberen Krieg. Gerade jetzt, während ich hier auf der Regierungsbank zu Ihnen spreche, hat mich eine APA-Meldung von Reuters erreicht, wonach heute Vormittag englische und amerikanische Bomben einen Markt in Bagdad zerstört haben. Laut BBC-Meldungen sind mindestens 15 Zivilisten dabei verbrannt, zahlreiche Autos stehen in Flammen. – Ein beredtes Beispiel dafür, dass es den sauberen Krieg nicht gibt und auch nicht geben wird.

Wir und vor allem die ältere Bevölkerung in unserem Lande wissen es: Frauen, Männer, Kinder, alte Menschen sind meistens die Hauptopfer von kriegerischen Auseinandersetzungen, und wenn sie diesen Krieg überleben, sind sie meistens ihrer oftmals geringen Existenzmöglich­keiten beraubt, die Infrastrukturen sind zerstört, und der Aufbau des Landes dauert meistens Jahre und Jahrzehnte.

Junge Soldaten und Soldatinnen, egal, für wen sie kämpfen, setzen ihr Leben aufs Spiel. Soziale, medizinische und wirtschaftlich mühsam aufgebaute Gefüge eines Landes werden über Nacht zerstört. Die Versprechungen der Amerikaner, die Infrastruktur zu verschonen, sind in der letzten Nacht mit den Bildern von Basra und anderen Orten klassisch widerlegt worden.

Dass die Umwelt auf Jahre und Jahrzehnte belastet wird, kennen wir schon aus den vorange­gangenen kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Bilder von brennenden Ölquellen und von mit Öl gefüllten Abwehrgräben erreichen uns über die Bildschirme.

Folgen gibt es aber auch für die Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Union. Zivili­sierte Länder in Europa, die sich dem gemeinsamen Friedensprojekt Europa verschrieben haben, sind nunmehr in Falken und Tauben aufgeteilt. Es ist erschütternd für mich, dass man gerade in einer Zeit, in der die von UNO-Waffeninspektoren eingeleitete Abrüstung so weit wie noch nie gediehen ist, in der diplomatische Bemühungen und die UNO-Waffeninspektoren einen friedlichen Boden für die Zukunft bereitet haben, zur Waffe greift. Erschütternd ist, dass Länder wie die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Spanien – nein, nicht die Länder, son­dern ihre derzeitigen Regierungen – einen Krieg ohne die Zustimmung der eigenen Bevölke­rung und ohne die Zustimmung des Sicherheitsrates führen.

Auf Europas Straßen demonstrieren Hunderttausende von Menschen für den Frieden und gegen den Krieg. Warum, so frage ich mich, wird der Ruf der eigenen Bevölkerung in diesen Ländern so auffallend überhört? Warum schweigen so viele, wenn die Haager und die Genfer


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