Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 61

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

fliktes Beachtung finden müssen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.

5. Hinsichtlich der auf nationaler Ebene zu treffenden Maßnahmen empfiehlt der Rat der Bun­desregierung, dem Schutz gefährdeter Personen und Objekte weiterhin besondere Aufmerk­samkeit zu widmen, weiterhin alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Wahrung der Souveräni­tät und der Verpflichtungen aus dem Neutralitätsgesetz einzusetzen und irakischen Flüchtlin­gen, die im Gefolge der Kampfhandlungen nach Österreich kommen, "vorübergehenden Schutz" im Sinne der Richtlinie der Europäischen Union zu gewähren und auf eine gerechte Lastenverteilung betreffend die Flüchtlingsbetreuung innerhalb der Europäischen Union zu drängen.

Der Rat teilt die Hoffnung vieler Menschen auf ein baldiges Ende des Krieges.“

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Die Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

12.33


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundes­kanzler! Wie einige andere bin ich überrascht, wie seltsam blass angesichts der dramatischen Entwicklung im Irak Ihre Erklärung geblieben ist. (Abg. Dr. Fekter: Die war nicht blass! Sehr sachlich war sie!) Ich stehe auch nicht an, zu sagen, ich bin auch überrascht, dass demgegen­über die Erklärung des Vizekanzlers viel konkreter, viel engagierter und viel mehr an den wirklichen Problemen orientiert war. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie sagen, Saddam Hussein sei sozusagen alleine schuld. Es gibt eine historische Schuld von Saddam Hussein. Niemand hier wird sich finden, der die Verbrechen des irakischen Diktators verharmlost, insbesondere nicht in unseren Reihen. Ich kann mich gut an Zeiten erinnern, als die USA Saddam noch als „befreundetes Monster“ betrachtet haben, und wie viel Arbeit es gekostet hat, die irakische und kurdische Opposition damals ohne Rückhalt aus der offiziellen Politik zu unterstützen. Das hat sich zum Glück geändert. Zum Glück gibt es heute eine geschlossene internationale Gegnerschaft zum Regime Saddam Husseins. Aber trotzdem müssen wir uns fragen, ob diese Gegnerschaft alle Mittel rechtfertigt.

Da gibt es einen ersten Punkt: Es wird erklärt, der Grund für den Krieg seien die Massenver­nichtungswaffen, von denen die UN-Inspektoren, hätten die USA sie nicht gezwungen, ihre Untersuchungen abzubrechen, vielleicht etwas gefunden hätten. Wir wissen es nicht. Wir werden es vielleicht niemals wissen. Aber eines weiß ich: Mitte Februar haben die beiden kurdischen Führer Massud Barsani und Dschalal Dalabani aus dem Nordirak einen Brief an den amerikanischen Präsidenten geschrieben. Sie haben gesagt: Ihr könnt vier Militärflughäfen bauen, ihr könnt militärische Aktionen vom kurdischen Gebiet im Nordirak aus starten – aber bitte bringt uns Gasmasken! Wir befürchten Giftgasangriffe von Saddam, so wie wir es in der Vergangenheit erlebt haben!

Die Amerikaner haben Kampfbomber, Panzer, Artillerie, Spezialeinheiten, Spezialmunition ge­bracht – aber keine einzige Gasmaske, keine einzige Gasmaske zum Schutz der kurdischen Bevölkerung im Nordirak!

Da frage ich mich: Wie ernst wird dieser Kriegsgrund genommen, wenn gleichzeitig gegen alle Beschlüsse und Verurteilungen der Vereinten Nationen radioaktives, abgereichertes Uran als Mu­nition eingesetzt wird, eine Munition, die von den Vereinten Nationen in die Kategorie Mas­sen­vernichtungswaffen aufgenommen worden ist?

Müssen wir heute so weit gehen, dass wir feststellen, die USA setzen nachweisbar Massen­vernichtungswaffen ein, um noch nicht nachgewiesene Massenvernichtungswaffen bekämpfen zu können? Ist es so weit? – Und das betrifft nur den Punkt Massenvernichtungswaffen.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite