Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 79. Sitzung / Seite 55

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es am Problematischsten. Es gibt Überweisungen von einer großen österreichischen Bank, auf denen steht: Karl-Heinz Grasser-Stiftung – eine Stiftung, die es nie gegeben hat. Es hat immer nur ein Privatkonto, ein Treuhandkonto des Finanzministers ge­geben. 7 500 €, und der Finanzminister sagt: Ich zahle für dieses Einkommen keine Steuer, weil mir nämlich mein Staatssekretär einen seiner wöchentlichen Persilscheine ausgestellt hat und weil alles stimmt, was auf einem Finz-Schein steht.

Sie müssten einmal hineinhören in diese Republik, was dieser Umgang mit der Steuer­moral durch den Finanzminister bereits ausgelöst hat. Ich habe gestern meinen Steuer­berater gefragt, und der hat gesagt, er habe neue, zusätzliche Arbeit, mit der er nicht gerechnet hat, weil immer öfter Klienten und Klientinnen zu ihm kommen und sagen: Herr Doktor, ich habe mir überlegt, ich könnte einen Verein gründen, in den ein Teil meines Einkommens fließt, mit dem dann die Ausbildung meiner Kinder finanziert wird, und ich brauche dann dafür keine Einkommensteuer zu zahlen. Stimmt das? Mein Steuerberater sagt darauf immer: Nein, das stimmt nicht! – Und die fragen dann ganz ratlos: Warum stimmt das nicht? Er könnte ihnen die einzig richtige Antwort geben: Weil Sie ein ganz normaler Bürger oder eine ganz normale Bürgerin dieser Republik und nicht Finanzminister sind, deswegen haben Sie Einkommensteuer zu zahlen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist halt eine Budget­debatte à la Pilz! – Abg. Scheibner: Tiefer geht es nicht!)

Wie, Herr Finanzminister, wollen Sie Steuervermeidung, Steuerschonung und Steuer­hinterziehung bekämpfen, wenn Sie selber zu genau dem Gegenteil ermuntern? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! (Abg. Zweytick: Redezeit! – Abg. Scheibner: Was ist mit der Redezeit? So geht das nicht!) Das Vertreten einer Minderheit in dieser Republik gegen die Interessen der Republik selbst, das Bevorzugen von Freunden gegenüber allen anderen in Form einer Freunderlwirtschaft (Präsidentin Mag. Prammer gibt neu­erlich das Glockenzeichen) und letzen Endes auch das Untergraben der Steuermoral, das alles ist eines Finanzministers der Republik Österreich nicht würdig! – Danke. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt der Herr Finanzminister zu Wort. Herr Minister, auch Sie haben 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.07

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Geschätzte Frau Präsi­dentin! Herr Vizekanzler! Lieber Alfred Finz! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hoffe, Sie verstehen, wenn ich zur gehaltvollen und vertiefenden Budgetrede des Abgeordneten Pilz nicht wirklich kommentierend beitragen will, weil ich denke, wir sollten an dieser Stelle eine seriöse Debatte über das Budget führen. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Frage, die am Vormittag gestellt worden ist, lautet: Wie gut ist denn Österreichs Finanz- und Budgetpolitik tatsächlich? – Die Opposition hat gesagt, es sei eine schlechte Politik, die wir machen. Die Regierung hat nicht sehr überraschend gesagt, dass es eine gute Politik ist, die wir machen.

Ich meine, es ist einfach fair, wenn wir das, was in Österreich erreicht wird, was die Daten und Fakten zeigen, in einen internationalen Zusammenhang stellen. Man sieht dann, wo Österreich im Vergleich zu vielen anderen Ländern liegt. (Abg. Dr. Glawisch­nig: Da suchen Sie sich doch einfach raus, was für Sie am besten aussieht!) Wenn man sich das letzte Jahr anschaut, 2003, kommt man darauf, dass Österreich ein dop­pelt so großes Wirtschaftswachstum hat wie die Eurozone. Österreich hat weniger als


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