Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 186

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Letzter Punkt: Frau Ministerin, Sie sind ganz einfach über die Fragen hinweggefahren und haben Sie nicht beantwortet. Ich hätte mir erwartet, dass Sie zumindest eine Frage beantworten, nämlich die Frage Nummer 10.

Frau Ministerin, meinen Sie nicht, dass ein Straftäter, der ein Mädchen sexuell miss­braucht und dessen Tod verursacht hat, auf der tiefsten Stufe des Unrechts steht und daher ausschließlich mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft werden soll? Das ist eine ganz einfache Frage, Frau Ministerin! Sie haben sich aber darüber hinweggeschwin­delt! Ich erwarte mir, Frau Ministerin, dass Sie zu dieser Frage Stellung beziehen! Wenn in Österreich ein minderjähriges Kind durch einen Sexualstraftäter zu Tode kommt, dann muss dieser Sexualstraftäter lebenslänglich verurteilt werden. Ich will wis­sen, wie Sie dazu stehen, Frau Ministerin! Das ist nämlich eine Grundsatzfrage, die da­mit zu tun hat, wie wir die Bevölkerung, die Kinder und die Familien hier schützen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Sie, Frau Ministerin, haben mit dieser Ihrer Anfragebeantwortung jedenfalls wirklich versagt! Das ist keine Beantwortung gewesen!

Daher sage ich Ihnen: Ich erwarte mir, dass Sie sich zu Wort melden und auch zu die­sen Punkten Stellung nehmen und dass Sie sich nicht hinter einer Antwort eines Be­amten verstecken, der Ihnen im Beamtendeutsch irgendetwas aufgeschrieben hat. Das ist zu wenig! (Beifall beim BZÖ.)

17.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bereits längst zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desministerin Dr. Berger. Ich erteile ihr nun das Wort.

 


17.30.01

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte diese Gelegenheit dazu nutzen, einige bewusste oder unbewusste – ich traue mir hier kein Urteil zu – Missverständnisse aufzuklären.

Erstens bedanke ich mich bei allen, die diese Debatte dafür nutzen, sich wirklich ernst­haft mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wenn wir insbesondere Sexualstraftaten verhindern wollen, müssen wir genau auf die Ursachen schauen, müssen wir genau auf die Opfergruppen, auf die Tätergruppen schauen und überlegen, wie wir Sexual­straftaten am besten verhindern können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

In diesem Zusammenhang habe ich darauf hingewiesen, dass bei hundert Opfern in 99 Fällen der Täter kein vorbestrafter, der Justiz bekannter Rückfalltäter ist, sondern Personen aus dem näheren Umfeld des Kindes, der Familie. Das kann der Stiefvater sein, das kann der eigene Vater sein, das kann der Lehrer sein, das kann der Pfarrer sein, das kann ein Jugendbetreuer sein, das kann jemand aus dem ehrenamtlichen Bereich sein und leider viele andere Personen auch. Wenn wir wollen, dass wir Sexual­straftaten verhindern, dann müssen wir auch bei dieser Gruppe ansetzen und alles in die Wege leiten, dass wir zum einen – und ich danke für diese Hinweise, die gekom­men sind – die Kinder stärken, dass sie die ersten kleineren Übergriffe sofort abweh­ren, dass sie selbstbewusst sind, dass sie zur Mutter gehen, dass sie zu den Lehrern und Lehrerinnen in der Schule gehen.

Wir Erwachsenen müssen ein aufmerksames Auge haben, um Verhaltensveränderun­gen bei Kindern sofort wahrzunehmen und einzugreifen. Zum anderen wird es auch darum gehen, Beratungs- und Therapieangebote für potentielle Täter, die sich vielleicht selbst in ihrer Haut nicht ganz wohlfühlen, verstärkt auszubauen.

Ich bin für alles, was uns dazu hilft, Rückfälle von genau jenen Tätern, die wir schon kennen, die bei uns in der Justiz waren, zu verhindern. Genau darauf hat sich die an-


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