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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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130. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 15. November 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

130. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode       Dienstag, 15. November 2011

Dauer der Sitzung

Dienstag, 15. November 2011: 9.05 – 22.02 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz und ein Bun­desgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz bereitgestellt werden, erlassen sowie das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Grunderwerbsteuerge­setz 1987, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Stiftungseingangssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Zollrechts-Durch­führungsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsge­setz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Datenschutzgesetz 2000, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Wasserstra­ßengesetz, das Bundesgesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Gesellschaft mit beschränkter Haftung, das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Außenhandelsgesetz 2011 geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2012)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert wird

3. Punkt: Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 2009–2010

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1621/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit den Sozialpart­nern hinsichtlich der Verbesserung der Einkommenssituation von Frauen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1604/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der steuerlichen Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten

6. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ge­mäß §§ 48 und 49 Bundesbahngesetz, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 95/2009, sowie gemäß § 3 Privatbahngesetz 2004 über die im Jahr 2010 durch den Bund bei den ÖBB sowie bei den Privatbahnen bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (Gemeinwirt­schaftlicher Leistungsbericht 2010)

7. Punkt: Vereinbarung über die Beendigung der Vereinbarung vom 27. Juni 1997 über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und ‑diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die zen­traleuropäischen Flugsicherungsdienste und der Besonderen Vereinbarung zur Durch­führung von Artikel 6 der CEATS-Vereinbarung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Übereinkommen zur Errichtung des Funktionalen Luftraumblocks „Zentral­europa“

9. Punkt: Grüner Bericht 2011 der Bundesregierung

10. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 46, 75, 77 bis 97, 99 bis 103, 105 bis 111, 114 bis 116, 118 bis 120, 122 und 123 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26, 27, 30 und 31

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1624/A der Abgeordneten Mag. Christine Mutto­nen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Information in EU-Angelegen­heiten erlassen wird („EU-Informationsgesetz2, „EU-InfoG“) (Dritte Lesung)

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Mutto­nen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (Dritte Lesung)

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsge­setz 1975 geändert wird (1623/A)

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jän-
ner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. I Nr. 111/2010, geändert wird (1652/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Ordnungsrufe ......................................................................  109, 146, 157, 219, 220, 239

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 67

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, die Regie­rungsvorlage 1494 d.B. betreffend das Budgetbegleitgesetz 2012 sowie die Re­gierungsvorlage 1495 d.B. betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfi­nanzgesetz 2011 geändert wird, gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung an den Budgetausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ...  107, 111

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .........................  174, 228

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  175, 228

Mitteilung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend Schaffung von mehr Transparenz im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen ............................................................ 237

Aktuelle Stunde (33.)

Thema: „Kinderschutz statt Täterschutz, Frau Justizminister!“ .......................... 23


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Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 23

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................... 26

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 29

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 31

Dr. Peter Fichtenbauer ................................................................................................ 32

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 33

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 35

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 37

Ridi Maria Steibl ........................................................................................................... 38

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 39

Tanja Windbüchler-Souschill ...................................................................................... 41

Ursula Haubner ............................................................................................................ 42

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 44

Aktuelle Stunde (34.) – Aktuelle Europastunde

Thema: „Die besten Chancen für Europas Jugend – Beschäftigung als Schlüssel“                         45

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 46

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ..................................................................  48, 64

Renate Csörgits ............................................................................................................ 50

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 52

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 53

Mag. Birgit Schatz ........................................................................................................ 55

Josef Bucher ................................................................................................................. 56

Angela Lueger .............................................................................................................. 57

Mag. Silvia Fuhrmann .................................................................................................. 59

Ing. Christian Höbart .................................................................................................... 60

Karl Öllinger .................................................................................................................. 62

Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 63

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 23

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................  66, 182, 247, 251

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Causa General En­tacher (9769/J) ............. 130

Begründung: Dr. Peter Fichtenbauer ......................................................................... 133

Bundesminister Mag. Norbert Darabos .................................................................. 137

Debatte:

Mario Kunasek ............................................................................................................ 143

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 146

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 148

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 149

Kurt List ....................................................................................................................... 152

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 154


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 4

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 155

Johann Höfinger ......................................................................................................... 157

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 158

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 160

Werner Herbert ........................................................................................................... 163

Peter Stauber .............................................................................................................. 164

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 165

Ernest Windholz ......................................................................................................... 166

Christian Lausch ........................................................................................................ 168

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 169

Gerald Grosz ............................................................................................................... 172

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 173

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Heinz-Chris­tian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Arti­kel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung (namentliche Ab­stimmung)      146, 174, 197

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1494 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz und ein Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für das Wärme- und Kälteleitungs­ausbaugesetz bereitgestellt werden, erlassen sowie das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Investmentfondsgesetz 2011, das Im­mobilien-Investmentfondsgesetz, das Stiftungseingangssteuergesetz, die Bun­desabgabenordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Gerichtsgebüh­rengesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeige­setz 2005, das Datenschutzgesetz 2000, das Gesundheits- und Ernährungssi­cherheitsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Wasserstraßengesetz, das Bundesgesetz über das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arse­nal Gesellschaft mit beschränkter Haftung, das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Außenhandelsgesetz 2011 geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2012) (1500 d.B.)                    67

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1495 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert wird (1501 d.B.)                                                          68

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ............................................................................................................. 68

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 69

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 70

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 74

Josef Bucher ................................................................................................................. 75

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 76

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 87

Peter Haubner ............................................................................................................... 88

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 90

Mag. Rainer Widmann ................................................................................................. 91

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 93

Maximilian Linder ......................................................................................................... 94

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 95

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 96

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................... 97


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Herbert Scheibner ........................................................................................................ 98

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 99

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 101

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 101

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 103

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 104

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 105

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 106

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 107

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 109

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 109

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfas­sungsgesetzes – Ablehnung ..................................................  92, 112

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1500 und 1501 d.B. ..................................... 111

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Bericht der Bun­desregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichts­zeitraum 2009–2010 (III-251/1491 d.B.)                       112

4. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1621/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Verhandlungen mit den Sozialpartnern hinsichtlich der Verbesse­rung der Einkommenssituation von Frauen (1492 d.B.) ..... 112

5. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1604/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der steuerlichen Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten (1493 d.B.) ..................................................................... 112

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 113

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 114

Martina Schenk ........................................................................................................... 115

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................. 116

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 118

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 119

Ursula Haubner .......................................................................................................... 121

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 122

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 123

Christine Marek .......................................................................................................... 124

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 125

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 126

Renate Csörgits .......................................................................................................... 128

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 128

Hermann Krist ............................................................................................................ 129

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 177

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 177

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 178

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 179

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................... 180

Kenntnisnahme des Berichtes III-251 d.B. ................................................................... 182


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Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1492 und 1493 d.B. .......................... 182

Zuweisung des Antrages 1604/A(E) an den Familienausschuss ................................ 182

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministe­rin für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß §§ 48 und 49 Bundesbahnge­setz, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 95/2009, sowie gemäß § 3 Privatbahnge­setz 2004 über die im Jahr 2010 durch den Bund bei den ÖBB sowie bei den Pri­vatbahnen bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2010) (III-276/1488 d.B.) .............................................................................................................. 182

Redner/Rednerinnen:

Mario Kunasek ............................................................................................................ 182

Anton Heinzl ............................................................................................................... 186

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 187

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 188

Christoph Hagen ........................................................................................................ 189

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 190

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 192

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 193

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 194

Wilhelm Haberzettl ..................................................................................................... 195

Johann Rädler ............................................................................................................ 196

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Sicherung der IC-Zugverbindungen Salzburg–Graz–Salzburg sowie verbindliche Regelungen im Schienenpersonenverkehr für alle Bahnanbie­ter in Österreich – Ablehnung .....  184, 197

Kenntnisnahme des Berichtes III-276 d.B. ................................................................... 197

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1396 d.B.): Vereinbarung über die Beendigung der Vereinbarung vom 27. Juni 1997 über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und ‑diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste und der Besonderen Vereinba­rung zur Durchführung von Artikel 6 der CEATS-Vereinbarung (1489 d.B.) .............................. 198

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1394 d.B.): Übereinkommen zur Errichtung des Funktionalen Luftraumblocks „Zentraleuropa“ (1490 d.B.) .................. 198

Redner/Rednerinnen:

Anton Heinzl ............................................................................................................... 198

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 199

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 199

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 200

Christoph Hagen ........................................................................................................ 201

Peter Stauber .............................................................................................................. 202

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 202

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1489 und 1490 d.B. ................................ 203

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grü­nen Bericht 2011 der Bundesregierung (III-274/1419 d.B.) ............................................................................. 204


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Redner/Rednerinnen:

Rupert Doppler ........................................................................................................... 204

Franz Eßl ..................................................................................................................... 204

Maximilian Linder ....................................................................................................... 205

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 206

Bernhard Vock ............................................................................................................ 207

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ..................................................................  208, 227

Gerhard Huber ............................................................................................................ 211

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 213

Michael Praßl .............................................................................................................. 216

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 216

Gerald Grosz ............................................................................................................... 217

Peter Mayer ................................................................................................................. 219

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 220

Jakob Auer .................................................................................................................. 221

Harald Jannach ........................................................................................................... 222

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier – Ablehnung .................  210, 227

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nicht-Mitnahmepflicht des Führerscheines für Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 Kilometer vom dauernden Standort des Fahr­zeuges – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ........................................  225, 228

Kenntnisnahme des Berichtes III-274 d.B. ................................................................... 227

10. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 46, 75, 77 bis 97, 99 bis 103, 105 bis 111, 114 bis 116, 118 bis 120, 122 und 123 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26, 27, 30 und 31 (1420 d.B.) ................................................................................. 230

Redner/Rednerinnen:

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 230

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 231

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 232

Anna Höllerer .............................................................................................................. 233

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 235

Ursula Haubner .......................................................................................................... 235

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 237

Hannes Weninger ....................................................................................................... 238

Josef Jury .................................................................................................................... 239

Hermann Gahr ............................................................................................................ 240

Christian Lausch ........................................................................................................ 240

Johann Hell ................................................................................................................. 241

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 242

Johann Hechtl ............................................................................................................. 243

Dietmar Keck .............................................................................................................. 243

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1420 d.B. ................................................... 244

11. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1624/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun-


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desgesetz über Information in EU-Angelegenheiten erlassen wird („EU-Informa­tionsgesetz2, „EU-InfoG“) (1444 d.B.) (Dritte Lesung) .................................... 244

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 244

12. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungs­gesetz 1975) geändert wird (1445 d.B.) (Dritte Lesung) ............ 244

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 245

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsord­nungsgesetz 1975 geändert wird (1623/A)                          245

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 245

Otto Pendl ................................................................................................................... 246

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 246

Zuweisung des Antrages 1623/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................... 247

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. I Nr. 111/2010, geändert wird (1652/A)              ............................................................................................................................. 247

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 247

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 248

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 248

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 249

Zuweisung des Antrages 1652/A an den Justizausschuss ......................................... 251

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 66

Petition betreffend „Schaffung eines Bundesgesetzes über die Kostentragung der Suche und Beseitigung von Kriegsrelikten“ (Ordnungsnummer 128) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Rosa Lohfeyer und Stefan Prä­hauser)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 66

1502: Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinsti­tutionen (IFI-Beitragsgesetz 2011)

1503: Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002 und das Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz geändert werden (Vereinsgesetz-Novelle 2011 – VerGNov 2011)

1504: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird

1505: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (Strafgesetzno­velle 2011)

1506: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 9

1508: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finalitätsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Ratinga­genturenvollzugsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapierauf­sichtsgesetz 2007 und das Zahlungsdienstegesetz geändert werden

1511: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grund­kompetenzen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses

Berichte ......................................................................................................................... 66

Vorlage 76 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 2011; BM f. Finanzen

Vorlage 77 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 2011; BM f. Finanzen

Vorlage 78 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2011; BM f. Finanzen

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 67

Aufnahme der Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Panama zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Anträge der Abgeordneten

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klärung der Eigentumsverhält­nisse an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften durch den Bund (1720/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung suchter­zeugender Medikamente auf der Verpackung (1721/A)(E)

Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Fortführung der österreichischen Anti-Atompolitik mit dem Ziel eines raschest mögli­chen Ausstiegs aus der Kernenergie (1722/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weltkul­turerbe Steinhof-Gründe“ (1723/A)(E)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Blaulicht für First Responder im Einsatzfall (1724/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeich­nungspflicht für verarbeitete Eier (1725/A)(E)

Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird – WKG-No­velle 2011 (1726/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einstellung der Ermittlungen gegen die SOKO Bekleidung (9665/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Familie-Beruf-Management-GmbH: „Noch immer alles beim Al­ten?“ (9666/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 10

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend: Einsparungsmaßnahmen der EGB MedAustron GmbH auf Kos­ten der Energieeffizienz des Großprojekts „MedAustron“? (9667/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend: Einsparungsmaßnahmen der EGB MedAus­tron GmbH auf Kosten der Energieeffizienz des Großprojekts „MedAustron“? (9668/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Tristesse in der Freudenau (9669/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend rassistisch motivierte Übergriffe in Ainet/Osttirol (9670/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rassistisch motivierte Übergriffe in Ainet in Osttirol (9671/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend staatliche Gelder für Graf Lobby (9672/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9673/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9674/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9675/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Zahlungen für Graf Lobby (9676/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betref­fend Zahlungen für Graf Lobby (9677/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Zahlungen für Graf Lobby (9678/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9679/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9680/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9681/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9682/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9683/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Zahlungen für Graf Lobby (9684/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend organisierten Diebstahl von Rhinozeros-Hörnern (9685/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 11

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend möglichen Amtsmissbrauch eines österreichischen Konsuls in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) (9686/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend die russische Todesdroge Krokodil (9687/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend Stiftungen in Österreich (9688/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend un­vollständigen Lebenslauf (9689/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Massengrab im burgenländischen Deutsch Schützen (9690/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend gerüchteweise Stilllegung der „Guten­steinbahn“ im südlichen Niederösterreich (9691/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend unverständliche Einschränkung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsauftra­ges in der Causa Kampusch (9892/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend unterlassene Ermittlungen zum „Säuglingspflege“-Buch und zu Datenträgern in der Causa Kampusch (9693/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Personenschutz in Österreich – Entwicklung 2010“ (9694/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend undurchsichtige Fahrgastzahlenerhebungen (9695/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Chronologie des Versagens im Zusammenhang mit dem sich wiederholenden ÖVP-Wahlkampfgag „Sicherheitspartnerschaft für Graz“ (9696/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Aufträge et cetera für einen Kärntner Nachbarn (9697/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Aufträge an einen Schulfreund von Bundesminister a. D. Karl-Heinz Grasser (9698/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend eine Verletzung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (9699/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Bedarfszuweisungen an Gemeinden im Jahr 2011 (9700/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend einseitige Ermittlungen der StA Klagenfurt in der Hypo-Causa (9701/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Gerichtliche Strafanzeigen und Strafverfahren gegen PolizistInnen bezie­hungsweise MitarbeiterInnen des Innenressorts und gerichtliche Verurteilungen“ (9702/J)

Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend beabsichtigte Auslagerung von Forst- und Jagdaufgaben am Truppenübungsplatz Allentsteig an die Österreichische Bundesforste AG (9703/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 12

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderung von Stallgebäuden und Aufstallungssystemen in der österreichischen Schweinehaltung, die nicht Tierschutzgesetz-konform sind (9704/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Ausbildung von Pflegekräften (9705/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend weitere Entwicklung der Studiengebühren (9706/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Entgeltsituation im Tourismus (9707/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Strukturmerkmale im Tourismus (9708/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Verbot für österreichische Taxiun­ternehmen, am Flughafen Kloten Fahrgäste aufzunehmen (9709/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verbot für österreichische Taxiunternehmen, am Flughafen Kloten Fahrgäste aufzunehmen (9710/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Verbot für österreichische Taxiunternehmen, am Flug­hafen Kloten Fahrgäste aufzunehmen (9711/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Studentenzahlen an den heimischen Universitäten (9712/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Frühpensionierungen von Bediensteten der Ös­terreichischen Post AG (9713/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Terrorist als Asylant (9714/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Inseratenkampagne Zusammen Österreich (9715/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Vorgehensweise bei der Planstellenvergabe der Polizei (9716/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sinja Schlossar (9717/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Adoptionswunsch eines blinden Ehepaares (9718/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 13

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: „Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie, was sie will!“ Teil 1 (9719/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: „Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie, was sie will!“ Teil 2 (9720/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: „Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie, was sie will!“ Teil 3 (9721/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: „Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie, was sie will!“ Teil 6 (9722/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Nachwehen der ÖVP-Personalpolitik in der MVG (9723/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend den „Sicherheitspakt für die Steiermark“ (9724/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die selbständigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Falle des Grazer „Betrugs­skandals“ rund um die Fahrscheinkontrollen der Firma Securitas (9725/J)

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fami­lie und Jugend betreffend die Spritpreisentwicklung an Autobahn- und Schnellstraßen- sowie an abseits davon gelegenen Tankstellen und die bisherigen Auswirkungen des Spritpreisrechners (9726/J)

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend EU-Förderungen für die Koralmbahn als Teil des Baltisch-Adriatischen Korridors (9727/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: „Wo die ÖVP die Macht hat, da macht sie, was sie will!“ Teil 5 (9728/J)

Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend intransparente Vergabe von Landerechten an die Fluglinie Emirates (9729/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend „gute wissenschaftliche Praxis“ (9730/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Personalro­chaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9731/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9732/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9733/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versor­gungsjobs in den Ressorts (9734/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9735/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9736/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9737/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9738/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 14

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9739/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Personalrochaden, Postenscha­cher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9740/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9741/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungs­jobs in den Ressorts (9742/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9743/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Personalrochaden, Postenschacher und Versorgungsjobs in den Ressorts (9744/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Tätigkeiten der Fernmeldebehörden – Verfah­ren“ (9745/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Werbeaufwendungen im Bereich der sozialen Medien (Social Media) (9746/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Frauen im Tourismus (9747/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gen-Kartof­fel „Fortuna“ (9748/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend die Nebenwirkungen von Impfstoffen gegen die Neue Influenza A (H1N1) (9749/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Befehlsstellwerk Wien-Brigitte­nau (9750/J)

Ewald Sacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend eine „Polizeiaktion mit Festnahme und Verletzung einer unbeteiligten Person“ (9751/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend: Abschiebung trotz Verfahrensfehlern? (9752/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Jus­tiz betreffend unzureichende Anfragebeantwortung und Klärung von Widersprüchen zum Thema Verfahrenseinstellung zu Zahl der Staatsanwaltschaft 3 UT 122/2010 (9753/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend teilweise Missachtung des Volksbegehrensgesetzes durch die Gemeinden (9754/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 15

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Neben­beschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9755/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9756/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9757/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Res­sorts (9758/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9759/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9760/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9761/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9762/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9763/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Nebenbeschäftigungen von Be­diensteten der Ressorts (9764/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9765/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Res­sorts (9766/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9767/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Nebenbeschäftigungen von Bediensteten der Ressorts (9768/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Causa General Entacher (9769/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Fördermittel für Lehrpraxen – Gefährdung des anerkannten Ausbil­dungsmodells (9770/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend die Chronologie des Versagens der Bundesregierung rund um eine Absicherung des einzigartigen Freilichtmuseums Stübing in der Steiermark (9771/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 16

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Chronologie des Versagens der Bundesregierung rund um eine Absicherung des einzigartigen Freilichtmuseums Stübing in der Steiermark (9772/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Chronologie des Versagens der Bundesregierung rund um eine Absicherung des einzigartigen Freilichtmuseums Stübing in der Steiermark (9773/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Chronologie des Versagens der Bundesregierung rund um eine Absicherung des einzigartigen Freilichtmuseums Stübing in der Steiermark (9774/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Chronologie des Versagens der Bundesregierung rund um ei­ne Absicherung des einzigartigen Freilichtmuseums Stübing in der Steiermark (9775/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Umsetzung von „Med-Pol“ (Gewaltschutzregister) (9776/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend statistische Angaben bezüglich Finanzierung und Belegung der österreichi­schen Strafanstalten (9777/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Wien (9778/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Niederösterreich (9779/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Vorarlberg (9780/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Kärnten (9781/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Oberösterreich (9782/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Burgenland (9783/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Salzburg (9784/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Steiermark (9785/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend aktuelle Meldezahlen von Wildtieren gegliedert nach Bezirken im Bun­desland Tirol (9786/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 17

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Schwachstellen im österreichischen Justizsystem (9787/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Hausbesetzungen in Wien und die dadurch entstandenen Kosten (9788/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Weingesetz – Zahlen und Fakten 2010“ (9789/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Niederösterreich (9790/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Oberösterreich (9791/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Salzburg (9792/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Tirol (9793/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Vorarlberg (9794/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Steiermark (9795/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Kärnten (9796/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Burgenland (9797/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Entwicklung konfessioneller Privatschulen mit Öf­fentlichkeitsrecht im Bundesland Wien (9798/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „SPÖ-Lehrer schwänzen Unterricht“ (9799/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „Bildung schafft Zukunft“, Inserat des BMUKK in „Beste Seiten“ zur Buch Wien 11 (9800/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend Sonderziehungsrechte des IWF gegenüber der OeNB (9801/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Auswirkungen der Schuldenbremse auf die Gemeinden (9802/J)

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Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 18

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des National­rates betreffend Ordnungsrufe im Parlament (66/JPR)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend die Dienstwagen der Parlamentspräsidenten (Nationalratspräsidenten, Bundesrats­präsidenten) (67/JPR)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend die Gesamtkosten für die Gehälter der Büros der Nationalratspräsidentin (68/JPR)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend die Reisekosten der Nationalratspräsidentin (69/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9088/AB zu 9305/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (9089/AB zu 9374/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9090/AB zu 9238/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9091/AB zu 9263/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9092/AB zu 9198/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9093/AB zu 9199/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9094/AB zu 9306/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9095/AB zu 9270/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9096/AB zu 9391/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen (9097/AB zu 9209/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen (9098/AB zu 9201/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Daniela Mu­siol, Kolleginnen und Kollegen (9099/AB zu 9203/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kollegin­nen und Kollegen (9100/AB zu 9206/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (9101/AB zu 9207/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9102/AB zu 9200/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (9103/AB zu 9204/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (9104/AB zu 9205/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9105/AB zu 9261/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (9106/AB zu 9208/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9107/AB zu 9202/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9108/AB zu 9210/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9109/AB zu 9228/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9110/AB zu 9268/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9111/AB zu 9309/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (9112/AB zu 9375/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (9113/AB zu 9211/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9114/AB zu 9227/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9115/AB zu 9308/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9116/AB zu 9224/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9117/AB zu 9266/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9118/AB zu 9267/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9119/AB zu 9283/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (9120/AB zu 9371/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner Kolleginnen und Kollegen (9121/AB zu 9221/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen (9122/AB zu 9230/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grü­newald, Kolleginnen und Kollegen (9123/AB zu 9213/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Franz-Jo­seph Huainigg, Kolleginnen und Kollegen (9124/AB zu 9231/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen (9125/AB zu 9214/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kol­leginnen und Kollegen (9126/AB zu 9215/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9127/AB zu 9216/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9128/AB zu 9222/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9129/AB zu 9226/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9130/AB zu 9217/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9131/AB zu 9219/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9132/AB zu 9225/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Jakob Auer, Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9133/AB zu 9233/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (9134/AB zu 9252/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9135/AB zu 9223/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (9136/AB zu 9236/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (9137/AB zu 9260/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9138/AB zu 9265/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (9139/AB zu 9240/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (9140/AB zu 9251/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (9141/AB zu 9277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9142/AB zu 9262/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9143/AB zu 9271/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (9144/AB zu 9275/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (9145/AB zu 9239/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9146/AB zu 9255/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kollegin­nen und Kollegen (9147/AB zu 9259/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9148/AB zu 9281/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolle­ginnen und Kollegen (9149/AB zu 9234/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (9150/AB zu 9235/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9151/AB zu 9243/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9152/AB zu 9244/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (9153/AB zu 9246/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (9154/AB zu 9254/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9155/AB zu 9257/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (9156/AB zu 9264/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (9157/AB zu 9269/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen (9158/AB zu 9276/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9159/AB zu 9279/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9160/AB zu 9282/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 22

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (9161/AB zu 9242/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9162/AB zu 9273/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (9163/AB zu 9274/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (9164/AB zu 9278/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9165/AB zu 9280/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (9166/AB zu 9352/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (9167/AB zu 9245/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (9168/AB zu 9249/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (9169/AB zu 9258/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 23

09.05.15Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 130. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 128. und 129. Sitzung vom 28. Oktober 2011 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Großruck, Grillitsch, Ing. Hofer und Dr. Van der Bellen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Vizekanzler und Bundesminister für europäische und internationale Angelegenhei­ten Dr. Michael Spindelegger wird durch die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass der ORF die Aktuelle Stunde und die Aktuelle Europastunde von 9.05 bis 11.30 Uhr auf ORF 2 übertragen wird. Weiters wird ORF III die Sitzung live und in voller Länge übertragen.

09.06.22Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Kinderschutz statt Täterschutz, Frau Justizministerin!“

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 


9.06.38

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister Karl! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinderschutz statt Täterschutz ist leider Gottes in unserem Land immer noch nicht durchgesetzt. Seit einigen Monaten werden wir immer wieder mit neuen erschütternden Fällen von Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch konfrontiert. Diese Fälle können keinen Menschen in Öster­reich, der auch nur einen Funken an Mitgefühl in sich trägt, ungerührt lassen. An dieser Stelle sei an das Kinderheim Wilhelminenberg erinnert, das mittlerweile zu einem Sy­nonym für den unmenschlichen Umgang mit Kindern geworden ist. Dort wurde Gewalt und Grausamkeit gegenüber Kindern gelebt. Das ging hin bis zum sexuellen Miss­brauch. Kinder sind dort versklavt worden und auch für Sklavenarbeit herangezogen worden. Das ist ein unbeschreiblicher Skandal!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 24

Ein weiterer Skandal ist, dass, obwohl diese Vorwürfe schon seit 1974 bekannt sind, in dieser Sache nichts unternommen wurde. Schon 1974 wurden diese unfassbaren Ent­wicklungen in den Kinderheimen von der ehemaligen SPÖ-Abgeordneten Irmtraut Karls­son in ihrem Bericht aufgezeigt, in welchem sie damals ausgeführt hat, dass 14 von damals 34 Wiener Kinderheimen Kindergefängnisse sind. So hat sie das damals be­zeichnet. Da wird noch einiges aufzuklären sein, denn man fragt sich natürlich: Wie kann es sein, dass, obwohl eine Abgeordnete schon 1974 auf diese Missstände auf­merksam gemacht hat, bisher nichts in dieser Sache unternommen wurde?

Aber hat man daraus gelernt? – Offenbar leider Gottes nicht, denn noch immer werden Kinderschänder in Österreich mit Samthandschuhen angefasst. Das sieht man bei­spielsweise am aktuellen Fall jenes verurteilten Kinderschänders, der sich an einem Kind über fünf Jahren lang vergriffen hat, aber nur eine Haftstrafe von zwei Jahren un­bedingt bekam. Da fragt man sich schon, in welchem Verhältnis da die Höhe der Strafe für Kinderschänder zur ihrer Tat steht. In diesem Fall kommt noch hinzu, dass dieser Straftäter die Hälfte seiner Haftstrafe quasi mit elektronischen Fußfesseln zu Hause zu­gesprochen bekam. Das ist ein unfassbarer Skandal, der sich da aktuell in Österreich abspielt! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Dieser Kinderschänder durfte vergangenen Mittwoch das Gefängnis verlassen, obwohl das, was dieser Mann angerichtet hat, kein leichtes Vergehen ist, denn er hat sich über fünf Jahre lang an seiner Tochter ab ihrem neunten Lebensjahr vergriffen, seine Toch­ter sexuell missbraucht und misshandelt. Weiters tauchte er in einem Wiener Park splitternackt auf und setzte sich dort zu Kindern. Außerdem belästigte er auch noch seine Stieftochter sexuell. Dass ein solcher Mensch nur zu zwei Jahren Haft verurteilt wird, ist an sich schon ungeheuerlich, das kann kein Bürger in Österreich verstehen und versteht auch keiner, das ist unverständlich (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abge­ordneten des BZÖ), dass dieser Straftäter aber dann auch noch nach einem Jahr Haft das zweite Jahr seiner Haft mit einer elektronischen Fußfessel zuhause verbringen darf, ist absolut unbegreiflich.

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich beim Abgeordneten Christian Lausch bedanken, der diesen Fall aufgedeckt und an die Medien weitergeleitet hat, denn es ist wichtig, dass solche Fälle nicht unter der Decke gehalten werden. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Fall zeigt auf, wie man mit Sexualstraftätern in unserem Land umgeht – und das muss abgestellt werden! (Beifall bei der FPÖ.) Die Justizministerin und ihre Spitzenbe­amten versuchen schon seit Wochen, Ausreden für die Entlassung dieses Kinder­schänders per Fußfessel zu finden, aber da kann es keine Ausreden geben.

Ich möchte an dieser Stelle auf eine bindende Ausschussfeststellung hinweisen, die im Zusammenhang mit dem Gesetz über den elektronisch überwachten Hausarrest ein­stimmig, also von allen Parteien in diesem Haus, beschlossen wurde. Diese Feststel­lung sagt aus, dass die elektronische Aufsicht für Personen, die eine Straftat gegen die geschlechtliche Selbstbestimmung begangen haben, nur in seltenen Fällen, wenn über­haupt, in Betracht zu ziehen ist. In allen Fällen sind die Interessen der Opfer zu berück­sichtigen und ist im Sinne der Generalprävention vorzugehen. Aber genau das ist in diesem Fall eindeutig nicht befolgt worden!

Diese Ausschussfeststellung wurde eben im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt, und die Frau Minister soll sich da, bitte, nicht auf ihre Beamten ausreden, wie sie das bis jetzt getan hat, sondern endlich per Ministerentscheid handeln.

Es liegt an Ihnen, Frau Justizminister Karl, hier tätig zu werden! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.) Sie haben alle Mittel in der Hand, um die Entlassung dieses Kinderschän­ders rückgängig zu machen. Sie können, Frau Ministerin, diese Ausschussfeststellung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 25

nicht so einfach vom Tisch wischen, diese ist immerhin im Justizausschuss von allen Parteien beschlossen worden, und die sollten Sie befolgen und auch tätig werden.

Dass ein Kinderschänder per Fußfessel das Gefängnis vorzeitig verlassen kann, ist ja an sich schon ein furchtbares und völlig falsches Signal. Man muss sich da fragen: Was ist das für ein Signal? – Wir diskutieren ja schon seit Jahren die Strafrahmen bei unterschiedlichen Delikten hier im Hohen Haus, und es wurde gerade von der freiheitli­chen Fraktion, aber auch von anderen Oppositionsparteien immer wieder gefragt: Wel­che Signale werden da gesetzt?

Wer sich an den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft, nämlich unseren Kin­dern, vergreift, wer sich an Kindern vergeht, der kann doch nicht solch ungeheuerlich minimale Strafen erhalten! Das ist etwas, wo man wirklich kein Verständnis haben kann. Der muss, wenn er entlassen werden sollte, auch weiterhin permanent unter Be­obachtung stehen, damit von ihm nicht wieder solche Taten begangen werden können. Wir wissen ja aus verschiedenen Statistiken und Bewertungen, dass leider viele Täter in diesem Bereich rückfällig werden. Die Opfer solcher Täter leiden lebenslang an den seelischen Verwundungen, die ihnen zugefügt worden sind. Es darf keine falsche Milde gegen solche Täter geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Freiheitlichen haben in der laufenden Legislaturperiode sechs Entschließungsan­träge eingebracht, in denen sie Verschärfungen im Bereich des Strafrechts bei Kindes­missbrauch gefordert haben. Dazu gehört auch die Möglichkeit, bei besonders schwe­ren Fällen eine lebenslange Freiheitsstrafe für Personen, die Unmündige zum Bei­schlaf gezwungen haben, zu verhängen. Solche Taten zerstören das Leben der betrof­fenen Kinder oft völlig, diese Opfer leiden ein Leben lang darunter, und es kann nicht sein, dass die Täter dafür nur kurz ins Gefängnis müssen und danach nicht selten ihre widerwärtigen Verbrechen wiederholen.

Ich gebe zu, ich begreife so etwas nicht! Was muss in einem Menschen vorgehen, der zu solchen unglaublichen Taten überhaupt fähig ist, der sich an Kindern vergeht, der auf Kinder, auf die Schwächsten unserer Gesellschaft, einprügelt und diese auch se­xuell missbraucht? Da fragt sich jeder Mensch: Was ist das für ein Ungeheuer? So ein Ungeheuer will man auch gar nicht begreifen, aber ich will zumindest, dass solche Un­geheuer nicht frei in unserer Gesellschaft herumlaufen können (Beifall bei der FPÖ) und dass es so eine Milde für sie in der Strafgesetzgebung gibt.

Ich will, dass solche Bestien die volle Härte des Gesetzes trifft. Wer sich an wehrlosen Kindern vergreift, der verdient es nicht, ein akzeptierter Teil unserer Gesellschaft zu sein, der verdient es nicht, das man ihm die Möglichkeit gibt, permanent irgendwelche Begründungen dafür anzuführen, warum er solch eine Bestie geworden ist. Man hat dafür Sorge zu tragen, dass solche Personen zum Schutz unserer Jüngsten auf schnellstem Wege aus dem Verkehr gezogen werden, ja auch nachhaltig aus dem Verkehr gezogen werden. Solche Leute gehören weggesperrt, und wenn es die Schwere des Falles erfordert, auch lebenslänglich weggesperrt!

Wir erleben in diesen Bereichen immer wieder Dinge, durch unterschiedliche Fälle be­legt, die einem den Eindruck vermitteln, dass es ein gewisses Netzwerk in Österreich gibt, wo man Verständnis für Kindesmissbrauch hat. Und genau das kann es nicht sein! Es gehört dieser Bereich endlich einmal durchforstet. So sind auch bei den Ju­gendanwaltschaften die Mitarbeiter immer wieder – ich sage: durchaus kritisch – ins Vi­sier zu nehmen, denn wir müssen in diesem Bereich wirklich alles tun, um unsere Kin­der zu schützen. Es kann nicht sein, dass man, wenn Fälle auftauchen, wo in Jugend­heimen, in unterschiedlichsten Bereichen Grausamkeiten passiert sind, dann nicht be­reit ist, das voll und restlos aufzuklären. Da muss einiges noch verbessert werden, auch von der Gesetzgebung her verbessert werden, denn man hat den Eindruck, dass es nicht so ist, dass der Opferschutz an vorderster Stelle steht, sondern dass man ei-


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nen gewissen Täterschutz in diesem Land lebt, ein gewisses Verständnis für solche Bestien hat. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Wir haben kein Verständnis für solche Bestien, wir wollen unsere Kinder geschützt wissen! Und wir verlangen von Ihnen, Frau Justizminister, dass Sie in dem einen kon­kreten Fall dafür Sorge tragen, dass dieser Täter wieder in Haft genommen wird. Und wir verlangen von Ihnen, dafür zu sorgen, dass nicht so eine Milde vom Gesetz her be­stehen kann, wie das aktuell der Fall ist. Wir fordern, dass alle Fälle restlos aufgeklärt werden und wir auch bei den Gesetzen endlich nachjustieren, denn es ist höchst an der Zeit. Es erwartet jeder Bürger von uns, dass wir da endlich entsprechende Verbes­serungen vornehmen.

Frau Justizminister, ich ersuche Sie eindringlichst, denn das liegt in unser aller Verant­wortung – und ich bin davon überzeugt, dass Sie da auch kein Verständnis haben, wenn so ein Fall auftritt, aber vielleicht haben Sie nicht die Information gehabt oder sind zu spät informiert worden; das kann ja alles möglich sein. Aber Sie haben es in der Hand, jetzt im Nachhinein da tätig zu werden und kraft Ihrer Funktion, kraft Ihres Amtes dafür Sorge zu tragen, dass dieser Täter wieder in Haft genommen wird. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

9.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karl zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


9.17.13

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die heutige Aktuelle Stunde unter­streicht ja die Wichtigkeit des Kinderschutzpaketes, das auf meine Initiative letzte Wo­che im Ministerrat beschlossen worden ist. Mit diesem Paket werden wir noch mehr Sicherheit für Kinder schaffen, und ich bekenne mich tatsächlich uneingeschränkt zu meiner Verantwortung, die Schwächsten in unserer Gesellschaft vor gewalttätigen und sexuellen Übergriffen zu schützen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Neben der Aufklärung, dass physische Gewalt weder legal ist noch ein sinnvolles Er­ziehungsmittel darstellt, muss auch das Strafrecht angemessene, verhältnismäßige und vor allem auch abschreckende Sanktionen vorsehen.

Hohes Haus! Allein im Jahr 2010 gelangten insgesamt 522 Fälle einer Körperverletzung gegen ein unmündiges Opfer zur Anzeige. In knapp der Hälfte der Fälle waren die Kin­der sogar jünger als zehn Jahre. Dazu kommen 153 Verurteilungen wegen schwerem beziehungsweise sexuellem Missbrauch von Unmündigen. Die Dunkelziffer liegt in die­sem Bereich natürlich noch um vieles höher. Es bedarf daher klarerweise Maßnahmen, die einerseits das Unrecht solcher Übergriffe auf Kinder deutlicher machen und ande­rerseits die Strafverfolgung stärken. Ich bin daher froh, dass wir uns schon im nächsten Justizausschuss am 22. November 2011 mit einer Vorlage beschäftigen können, durch die sowohl der strafrechtliche Schutz vor Gewalt und Missbrauch verstärkt wird, als auch neuen Gefahren für Kinder und Jugendliche entgegengewirkt werden kann. So will ich mit der Einführung beziehungsweise Erhöhung der Mindeststrafen bei Gewalt­delikten sicherstellen, dass Gewalt gegen Kinder keine Toleranzgrenze kennt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Bei Gewaltdelikten gegen Kinder, bei denen derzeit noch keine Mindeststrafe vorgese­hen ist, soll es daher künftig eine Mindeststrafe geben. Dort, wo heute schon Mindest­strafen bestehen (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, drei Monate!), sollen diese Mindeststra­fen angehoben werden. Außerdem wird die Möglichkeit der Verhängung einer alternati-


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ven Geldstrafe für diese Delikte abgeschafft. Darüber hinaus soll die Anwendung von Gewalt gegen Kinder fortan als besonderer Erschwerungsgrund gewertet werden.

Zudem soll bereits die Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen, das soge­nannte Grooming, unter Strafe gestellt werden. Wer einer unmündigen Person in der Absicht, an ihr eine Sexualstraftat zu begehen, ein persönliches Treffen vorschlägt oder mit ihr vereinbart und eine konkrete Vorbereitungshandlung zur Durchführung die­ses persönlichen Treffens setzt, der soll mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jah­ren bestraft werden.

Darüber hinaus soll auch die wissentliche Betrachtung einer Live-Übertragung von por­nographischen Darbietungen Minderjähriger mittels Webcam im Internet durch einen neuen Straftatbestand unter Strafe gestellt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind tatsächlich Maßnahmen, die wich­tig und richtig sind, bloße Polemik und Aufstachelung hingegen bringen uns auf diesem Gebiet keinen Schritt weiter. Sie verstärken in der Öffentlichkeit nur das Bild einer feh­lenden Ernsthaftigkeit in der Argumentation. (Abg. Neubauer: Die fehlt Ihnen! Unge­heuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren, wer hier einzig und allein vom Täterschutz spricht, der hat die Entwicklung in den letzten Jahren entweder verschlafen oder ist bloß daran interessiert, Ängste zu schüren (Beifall bei ÖVP und SPÖ – Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz) und glauben zu machen, wir könnten diesen Problemen, insbesonde­re den Problemen innerfamiliärer Gewalt und Missbrauch, allein mit höheren Strafen begegnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich daher kurz aufzählen, welche Maßnahmen in den letzten Jahren be­reits gesetzt wurden.

Es wurden gerade im Sexualstrafrecht wiederholt neue Straftatbestände eingeführt und Strafrahmen angehoben. (Abg. Ing. Westenthaler: Nützt ja nichts, wenn ihr sie wieder freilasst !) Auch die Verjährungsfrist wurde sukzessive verlängert, sodass nunmehr die Zeit bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres nicht in die Verjährung einzurechnen ist.

Zum Ruf nach einem Ausschluss der bedingten Entlassung nach sexuellem Miss­brauch möchte ich das Institut der gerichtlichen Aufsicht in Erinnerung rufen. Bei be­dingter Entlassung von Sexualstraftätern und sexuell motivierten Gewalttätern muss demnach obligatorisch Bewährungshilfe angeordnet werden. Dadurch besteht die Mög­lichkeit zu engerer und intensiverer Kontrolle, und es können natürlich auch bestimmte Weisungen für Tätergruppen vorgesehen werden. Zusätzlich wurde die Probezeit bei strafbaren Handlungen gegen sexuelle Integrität auf fünf Jahre angehoben.

Wir stellen darüber hinaus nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt einer Entlassung ab. Vor jedem Kontakt eines Gewalt- und Sexualstraftäters mit der Außenwelt ist eine Stel­lungnahme der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen. Zudem besteht durch die Einführung der vorbeugenden Maßnahme eines Tätigkeitsverbotes in § 220b StGB die Möglichkeit, gewissen Tätergruppen bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit Minderjährigen zu untersagen.

Dem Erfordernis einer längeren Bewährung und Beobachtung von Sexualstraftätern dient auch die Verlängerung der Tilgungsfrist, welche im Fall besonders schwerwie­gender Verurteilungen gänzlich ausgeschlossen ist, sowie auch die Regelung zur Son­derauskunft zu Sexualstraftätern.

Aus einer im Jahr 2007 erstellten Studie wissen wir, dass in Österreich keine Anzei­chen einer besonderen Milde, sondern, ganz im Gegenteil, eine vergleichsweise stren­ge Strafenpraxis im Bereich der Sexualdelikte festzustellen ist, die zudem eine Ten-


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denz zur Verschärfung aufweist. Tun wir daher nicht so, als wäre die Gesellschaft Se­xualstraftätern schutzlos ausgeliefert.

Hohes Haus! Zum aktuellen, von Klubobmann Strache angesprochenen Anlassfall darf ich Folgendes erwähnen: Der elektronisch überwachte Hausarrest als alternative Form des Strafvollzugs hat sich bewährt. Betreiben wir hier keine Kindesweglegung. Ich den­ke, dass hier in diesem Haus wieder jene Einigkeit herrschen sollte, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vor knapp einem Jahr geherrscht hat. Die Regelung zum elek­tronisch überwachten Hausarrest wurde hier im Parlament nämlich einstimmig, auch mit den Stimmen der FPÖ, beschlossen! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Stichtag 1. November 2011 hatten bereits 455 Personen die Haft im elektronisch überwachten Hausarrest absolviert. (Abg. Strache: Aber mit der Ausschussfeststel­lung, dass das kein Freibrief für Sexualstraftäter sein kann!) Zum Stichtag waren 148 Personen im Hausarrest angehalten. In bloß 22 Fällen – das sind 5 Prozent – wur­de der Hausarrest nicht bis zur Entlassung fortgesetzt. Insgesamt wurden bereits rund 40 000 Hafttage im elektronisch überwachten Hausarrest verbracht, wofür ein Kosten­ersatz von insgesamt rund 350 000 € vorgeschrieben wurde.

Bisher gab es weder sicherheitsrelevante Vorfälle, wie etwa Fluchten, noch relevante technische Probleme. Diesen Umstand führe ich natürlich auch darauf zurück, dass un­sere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzug sehr gut vorbereitet wurden.

Zu der von Klubobmann Strache angesprochenen Ausschussfeststellung darf ich Fol­gendes bemerken: Diese Ausschussfeststellung ist auch zum Inhalt des Erlasses der Vollzugsdirektion zur Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes gewor­den. Ich zitiere aus Punkt 1.2.7. dieses Erlasses zur positiven Risikoabwägung:

Vor Entscheidung über diese Vollzugsform sind die Wohnverhältnisse, das soziale Um­feld und allfällige Risikofaktoren vor dem Hintergrund von Aspekten wie Gefährlichkeit des Betroffenen, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, dem nunmehrigen Lebenswandel und den Chancen auf ein redliches Fortkommen nach der Haft zu prüfen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Bei Personen, die wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität oder Selbstbestimmung oder gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn diese Tat be­gangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, verurteilt wur­den, ist zur Prüfung allfälliger Risikofaktoren und der Gefahr des Missbrauchs dieser Vollzugsform vorweg eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Ge­walt- und Sexualstraftäter einzuholen. Nur dann, wenn nach dem Ergebnis dieser Prü­fung anzunehmen ist, dass ein Missbrauch der Vollzugsform nicht zu befürchten ist, kann der Antrag bewilligt werden.

Bei dieser Prüfung ist dem Wohl aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, und zwar insbesondere jener, die nicht einsichts- und urteilsfähig sind – wie eben zum Beispiel Kinder –, ungeachtet vorliegender Zustimmungserklärungen von Amts wegen Rechnung zu tragen. Wäre das Wohl auch nur einer Mitbewohnerin/eines Mitbewoh­ners dadurch gefährdet, ist eine Bewilligung zu versagen. – Zitatende.

Selbstverständlich hat die Vollzugsdirektion auch im konkreten Fall diese Vorgaben be­achtet und auf der Basis der geltenden Gesetze entschieden. Wie Sie wissen oder ei­gentlich wissen sollten, ist mir als Justizministerin eine Abänderung oder Aufhebung dieses Bescheides gemäß den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfah­rensgesetzes nicht möglich, auch nicht per Ministerentscheid, Herr Klubobmann Stra­che.

Der Anlassfall hat natürlich auch bei uns ein Nachdenken ausgelöst. Ich möchte hier jedoch nicht reflexartig mit Schnellschüssen, sondern aufgrund gesicherten Experten-


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wissens reagieren. Deshalb habe ich ein Gutachten bei dem renommierten Innsbrucker Strafrechtsprofessor Dr. Schwaighofer in Auftrag gegeben. Bei diesem Auftrag geht es um die Klärung der rechtlichen Möglichkeiten, bestimmte Ausschlussgründe für die An­wendung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest vorzusehen. Insbesondere soll die Ausnahme bestimmter Deliktgruppen, also Sexualstraftäter und Rechtsbrecher, die wegen eines vorsätzlich begangenen Tötungsdeliktes verurteilt wur­den, geprüft werden.

Hohes Haus! Der elektronisch überwachte Hausarrest hat sich bislang bewährt. Perso­nen, die ein besonderes Risiko für den Missbrauch dieser Vollzugsform in sich bergen, können bereits mit gerichtlicher Entscheidung für eine bestimmte Dauer von der Ge­währung des elektronisch überwachten Hausarrestes ausgeschlossen werden. Darü­ber hinaus bietet die eingehende Prüfung der Gefährlichkeit der Person des Rechtsbre­chers und der von ihm verwirklichten Missbrauchstendenz unter Einbeziehung der Be­gutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter eine hohe Gewähr für die Richtigkeit der Entscheidung, wie auch die bisherige Erfahrung beweist.

Aber natürlich, wenn es etwas zu verbessern gilt, dann werden wir daran auch mitwir­ken. Was Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der Freiheitlichen Partei, machen wollen, ist aber die Verbreitung von Angst und Unsicherheit wider besseres Wissen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie alle – Sie alle! – haben vor einem Jahr der geltenden Regelung zugestimmt, und jetzt verbreiten Sie Angst und Unsicherheit!

Ob und was es zu verbessern gilt (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek), wollen wir aufgrund eines objektiven und unabhängigen Gutachtens prüfen und sodann auch hier in aller Ernsthaftigkeit diskutieren. (Abg. Mag. Stefan: Was ist mit der Evaluierung?)

Hohes Haus! Auch die Auseinandersetzung mit der Forderung nach einer strikten An­zeigepflicht im Fall des Verdachts von Kindesmisshandlung und sexuellem Missbrauch möchte ich unter möglichst breiter Einbeziehung von Expertenwissen führen.

Dieses Expertenwissen hat ja vor nicht langer Zeit – nämlich im Zuge der Begutach­tung des Zweiten Gewaltschutzgesetzes – dazu geführt, dass von entsprechenden Vorhaben wieder Abstand genommen wurde, weil der Opferperspektive gerade in die­sem Deliktsbereich der Vorrang vor unbedingter Strafverfolgung einzuräumen ist.

Ich sehe derzeit keinen Anlass, diese Beurteilung zu revidieren. Aber auch in diesem Bereich stellt sich die Bundesregierung ihrer Aufgabe einer sachorientierten Politik. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


9.30.50

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ja, Kinderschutz hat absoluten Vorrang. Und niemand, der in der Kinder- und Jugendarbeit tätig ist, schützt die Täter. Das möchte ich klar festhal­ten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Kinder brauchen unseren Schutz, unsere Fürsorge, unsere Liebe, Unterstützung, Vertrauen, darin sind wir uns alle einig, und es macht uns sehr, sehr zornig, zu wissen und zu erfahren, dass Kinder in ihrer Unversehrtheit Menschen wehrlos ausgesetzt sind, die kein Mitleid haben, die Kinder als ihren Besitz betrachten


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und damit tun, was sie möchten – und das oft im engsten Familienverband. Es gilt, Lö­sungen dagegen zu finden.

Ich war in letzter Zeit sehr intensiv in Kontakt mit Expertinnen und Experten des Bun­desverbandes der österreichischen Kinderschutzzentren, Zentren, die Anlaufstellen sind, Hilfestellungen gewähren, Unterstützung geben, die tagtäglich mit unendlich viel Leid von Kindern konfrontiert sind und deren vorrangige Aufgabe es ist, Kinder zu beschüt­zen, Kummer und Schmerz zu lindern und mit den betroffenen Kindern vor allen Din­gen Überlebensstrategien zu erarbeiten.

Ich zitiere aus der Präambel dieses Bundesverbandes:

Gesetzliche Grundlagen und Strafbestimmungen sind wichtige Basis und Standbein der Kinderschutzarbeit, greifen aber immer wieder zu kurz. Nachhaltiger Kinderschutz braucht darüber hinausgehende Maßnahmen in den Bereichen der Familien- und Gen­derpolitik sowie eine gute Kooperation zwischen behördlicher Jugendwohlfahrt und NGO-Einrichtungen. – Ja, meine Damen und Herren, das ist zu unterstützen.

Und es gibt einen Forderungenkatalog dieses Bundesverbandes, der unter anderem vorsieht, eine staatliche und unabhängige Opferkommission einzurichten. Unser Vor­schlag ist, diese bei der Volksanwaltschaft anzusiedeln.

Weiters: die Einführung eines Straftatbestandes Cyber-Grooming, Aufstockung der Mit­tel für Prozessbegleitung für Kinder, ein einheitliches Kinder- und Jugendhilfegesetz, Mittel für mehr Forschung und Projekte, Sicherung der Subventionsmittel für Kinder­schutzzentren. All das sind Forderungen, die zu unterstützen sind.

Meine Damen und Herren! Gewalt hat viele Gesichter, und diesen Gesichtern muss man auf den Grund gehen: Wie entsteht Gewalt insgesamt? Welche Abhängigkeiten sind gegeben? Werden Gewalterfahrungen von Generation zu Generation weitergege­ben? Welche Alarmzeichen werden ausgesendet? Wie erkenne ich, wie erkennt jeder von uns Gewalt? Und wo ist Zivilcourage gefragt? – Fragen, die geklärt und beantwor­tet werden müssen, denn, und da bin ich mit vielen einer Meinung, die Lösung wird nicht sein: wegsperren, und damit ist die Sache erledigt!

Mir geht es auch darum, aufzuzeigen, dass oft aus Überforderung, Hilflosigkeit und Un­wissenheit Eltern handgreiflich werden, Gewalt anwenden. Das ist nicht zu entschuldi­gen, meine Damen und Herren!

Ich zitiere Frau Professor Beclin aus der „Standard“-Ausgabe vom 14. November:

„Es gibt nichts zu entschuldigen, wenn Eltern einmal handgreiflich werden.“

Und: „In der Regel sind das schwer überforderte Erwachsene, die intuitive Handlungen setzen. Betroffene sind unfähig, sich in einer bestimmten Situation zu beherrschen. Da kann man mit einer Strafdrohung sowieso nicht abschrecken.“

Weiter heißt es: „Nicht die Kinder wegnehmen , aber eine begleitende Erziehungs­hilfe.“ – Ein Schwerpunkt, der uns allen sehr, sehr wichtig sein müsste, begleitende Hilfsangebote zu stellen.

Es geht darum, meine Damen und Herren, dass Gewalt überhaupt nicht wachsen und entstehen kann. Es geht darum, dass die Opfer, die Kinder wieder Perspektiven erhal­ten für das weitere Leben und für die weitere Zukunft. Ein Entwurf für weitere Verbes­serungen für den Kinderschutz liegt hier im Parlament, und es ist die Aufgabe des Aus­schusses, nach guter und altbewährter Manier mit ExpertInnen aus dem Justizbereich und aus der Praxis das Beste zum Schutz der Kinder zu gestalten und zu erarbeiten.

Zum Schluss kommend: Meine Damen und Herren! Bettina Wegner singt in ihrem Lied „Kinder“ unter anderem in einer Strophe: „Sind so kleine Seelen, offen und ganz frei.


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Darf man niemals quälen, geh’n kaputt dabei.“ – Gewalt muss ein Ende haben. Lassen Sie uns gemeinsam ohne Polemik daran arbeiten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

9.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. – Bitte.

 


9.36.24

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es gibt, glaube ich, keinen Zweifel, dass Gewalt gegen Kinder, überhaupt sexuell motivierte Gewalt, sexueller Missbrauch zu den abscheulichsten Verbrechen gehören, die man sich vor­stellen kann, und das aus mehrfachen Gründen: einerseits, weil bei diesen Verbrechen die Hilflosigkeit, oft aber auch die Naivität, die Gutgläubigkeit, der gute Glauben unse­rer Kinder an Menschen, die ihnen freundlich gegenübertreten, die Unschuld der Kin­der in besonderem Maße ausgenützt werden, und andererseits sind diese Taten, diese Verbrechen auch deswegen besonders verwerflich und abzulehnen, weil sie bei den Opfern, bei den Kindern fürchterliche Konsequenzen nach sich ziehen und diese oft viele Jahre oder Jahrzehnte, manchmal auch ihr Leben lang damit nicht fertig werden. Diese Taten zerstören somit das Leben anderer Menschen nachhaltig und oft auch auf Dauer.

Deshalb, gerade wegen der besonderen Verletzlichkeit unserer Kinder und Jugendli­chen, ist, glaube ich, vollkommen klar und sollte unbestritten sein, dass alles getan werden muss, um solche Straftaten zu verhindern und den Opfern auf jede nur erdenk­liche Weise zu helfen.

Genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, Hohes Haus, ist auch unser An­liegen. Genau dieses Ziel haben wir, die Österreichische Volkspartei, auch in den letz­ten Jahren, in der Vergangenheit verfolgt und werden es auch in der Zukunft mit aller Vehemenz und Konsequenz verfolgen. Und so wurden, wie ja auch die Frau Justizmi­nisterin schon erwähnt hat, auch in den letzten Jahren immer wieder neue, zusätzliche Maßnahmen beschlossen und umgesetzt.

Es wurden die Strafdrohungen für Sexualdelikte gegen Kinder oder für Kinderpornogra­phie stark angehoben. Die Verjährungsfristen wurden mehr als verdoppelt. Die Verjäh­rungsfrist beginnt in diesen Fällen nunmehr erst mit der Vollendung des 28. Lebensjah­res des Opfers überhaupt zu laufen und dauert bei den schwersten Fällen 20 Jahre lang an.

Neue Delikte wurden geschaffen, was auch der technische Fortschritt notwendig ge­macht hat, weil da neue Deliktsformen aufgetreten sind; Stichwort: Internet. Und es wurde die Probezeit bei Sexualdelikten deutlich angehoben, nämlich auf fünf Jahre.

Es wurde weiters, wie heute schon erwähnt, bei Sexualstraftätern und bei sexuell moti­vierten Gewalttätern eine obligatorische Bewährungshilfe eingeführt und auch die Mög­lichkeit geschaffen, sie auch nach dem Ende ihrer Strafhaft zu einer Behandlung zu verpflichten. Das sind wichtige Maßnahmen, um auch nach Beendigung des Vollzuges der Strafhaft – ich glaube, es ist wichtig, auch das zu sagen – eine Überwachungsmög­lichkeit zu haben, Einfluss nehmen zu können und somit die Rückfallwahrscheinlichkeit deutlich zu senken und zu minimieren.

Zuletzt wurde von uns gemeinsam mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz vor zwei Jah­ren auch die Möglichkeit geschaffen, ein Tätigkeitsverbot für bestimmte Berufe oder auch für ehrenamtliche Tätigkeiten, die mit Kindern zu tun haben, zu verhängen. Und es wurden die Voraussetzungen für eine Sexualstraftäterdatei geschaffen, die Auskunft über einschlägige Verurteilungen ermöglicht.


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All diese Gesetze, die für den Kinderschutz wichtig sind, wurden im Übrigen von allen fünf Parteien hier unterstützt und Gott sei Dank für gut und richtig befunden. Auch ak­tuell – und es hat ja die Frau Justizministerin ihre aktuelle Initiative heute wieder prä­sentiert – gibt es eine neue Initiative, um auch weitere Maßnahmen umzusetzen, wie zum Beispiel Strafuntergrenzen einzuführen oder neue Möglichkeiten für eine kinder­gerechte Zeugenbefragung zu schaffen. Das ist auch ganz besonders wichtig, um überhaupt eine effiziente Verfolgung zu ermöglichen. Nur dann, wenn die Kinder als Opfer und damit als Zeugen, oft als einzige Zeugen eines solchen Missbrauchsdeliktes auch dazu bewogen werden, verwertbare Auskünfte zu geben, ist es überhaupt erst möglich, einen solchen Täter auch zu verurteilen. Daher ist auch diese Maßnahme ei­ne ganz, ganz wichtige.

Und trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz aller erdenklichen Maß­nahmen, die wir in der Vergangenheit ergriffen haben und die wir gemeinsam vielleicht auch noch in Zukunft ergreifen werden, werden Straftaten, und seien sie noch so ab­scheulich, noch so verwerflich, allein durch Gesetze, auch durch Strafgesetze, nicht zu verhindern sein. Trotz dieser abschreckenden Maßnahmen, gesetzlichen Regeln, Ver­meidungsstrategien, die ich erwähnt habe, bedarf es noch weiter gehender Maßnah­men, um unsere Kinder wirkungsvoll zu schützen. So ist es wichtig, Kinder schon sehr früh auf mögliche Gefahren hinzuweisen und vorzubereiten, ihnen Mut zu machen, auch Nein zu sagen. Und es ist wichtig, der Zivilgesellschaft ganz klar zu signalisieren, dass Hinschauen und nicht Wegschauen gefragt ist – das soll nicht heißen, billige Ver­naderung von unliebsamen Mitbürgern, aber sehr wohl Aufmerksamkeit und Obacht auf Anzeichen und Verdachtsmomente. Und das heißt auch: Im Zweifel nicht abwen­den, sondern zuwenden und nachfragen oder den zuständigen Stellen, Jugendamt oder Polizei, melden und anzeigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Statt durch Polemik und politischen Populis­mus nur Angst zu machen, helfen wir mit, Lösungen anzubieten! Es ist es jedenfalls wert. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer zu Wort. – Bitte.

 


9.41.57

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Die Zwillingsschwester der Rechtsprechung ist der Justizirrtum – und es kann doch gar keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass der Beschluss der Vollzugsdirektion für den von Klubobmann Strache genannten Täter ein Irrtum war, und zwar ein gröblicher Irrtum! (Beifall bei der FPÖ.)

Es war ein direkter Verstoß gegen den Erlass. Der Erlass fußt ganz eindeutig auf der von allen fünf Parteien gefassten Entschließung.

So, und jetzt kriegen wir als Antwort, Frau Bundesminister, dass man da nichts ma­chen kann und dass das doch alle wissen sollten, dass Sie nichts machen können, und dass die Freiheitlichen nur schäbigen Populismus betreiben wollen. – So geht das nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

So geht das nicht! Sie sollten auch wissen, sehr geschätzte Frau Bundesminister, dass bei Wegfall der Entscheidungsgrundlage, die offenkundig darin bestanden hat, dass dieser Mensch ungefährlich sei und man ihm die Fußfessel umhängen könne, wobei sich aber dann das Gegenteil dieser Annahme erwiesen hat, ein Fortfall der Entschei­dungsgrundlage bestanden hat und daher ein neuer Bescheid zu schöpfen ist und die­ser Mensch wieder in die Strafhaft einzuziehen ist. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ja wo sind wir denn in dieser Republik?! Das ist ja überhaupt das System einer Art durchaus von der ÖVP sehr geschätzten Scheinheiligkeit – jüngsten Datums, heute, auf orf.at online nachzulesen, unter Bezug auf das Versprechen des Landeshauptman­nes Platter vom 15. August, den Opfern der Missbräuche in privaten Heimen Entschä­digungen zukommen zu lassen: Heute haben alle einen Brief gekriegt, dass es nichts ist mit der Entschädigung. – So weit zu der von der ÖVP oftmals beschworenen Staatslauterkeit in diesen Angelegenheiten.

Hören Sie doch auf, immer mit dem Vorbringen von Experten herumzufuchteln (de­monstrativer Beifall bei der FPÖ), denn: Wenn das wahr wäre, dass man sich darauf verlassen könnte, dann würde es die zahlreichen Einzelfälle nicht geben! Und jetzt ein bisschen stark ausgedrückt, aber: Es hat der Cain und es hat auch der Luca überhaupt nichts davon, dass er jetzt als bedauerlicher Einzelfall in einem sonst funktionierenden System bezeichnet wird. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.) Es muss erkannt werden – etwas, was nämlich auch Expertenerkenntnis ist –, dass Sexualstraftäter nicht resozia­lisierbar sind! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Ich erspare mir jetzt das Eingehen in die genetischen und psychischen Fehlbildungen dieser Menschen, aber man muss auch dazu übergehen, harte Wahrheiten mit harten Antworten zu versehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben vonseiten der Freiheitlichen neun Entschließungsanträge gestellt, die in die Richtung Opferschutz und Täterverfolgung, Opferschutz kommt vor Täterschutz, ab­zielen. Die sind natürlich alle abgelehnt worden. Aber um einen harten Kern wird man irgendwann in irgendeiner Zusammensetzung dieses Hohen Hauses nicht herumkom­men, das ist der Einsatz der chemischen Kastration, die in anderen Ländern durchaus geübt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Also ein nicht resozialisierbarer Täter-Typ, der nach Verstreichen einer gewissen Zeit einer Strafhaft wieder auf die Kinder losgelassen wird, kann doch wirklich kein zukunfts­trächtiges Konzept sein.

Wenn Sie also versuchen, uns, die Freiheitlichen, zu verunglimpfen, weil wir für den Kinderschutz, den Schutz von Kindern vor Sexualstraftätern sind und wir die Täter ver­folgen wollen, so soll uns das recht sein, denn die Bevölkerung weiß, auf welcher Seite sie in diesem Zusammenhang zu stehen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Was Ihre angekündigte Initiative eines weiteren Schrittes des Gewaltschutzes betrifft, so erkennen wir darin positive Signale und werden eine positive Kooperation in Rich­tung Gesetzwerdung nicht verhindern, ganz im Gegenteil, wir werden da sehr aktiv mit­arbeiten. Aber sonst, bitte: Man erspare sich alle mehr als unangebrachten parteipoliti­schen Aggressionen, die im Zusammenhang mit Kinderschutz nicht sein sollten. – Dan­ke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

9.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser zu Wort. – Bitte.

 


9.46.59

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass Sexualstraftaten schwere Eingriffe sind, die den Betroffenen lebenslanges Leid zufügen. Das ist keine Bagatelle. Man muss dazusagen, dass das vor 20, 30, 40 Jahren leider anders gesehen wurde. Und es ist klar, dass das Parla­ment, die Politik alles machen muss, um den Betroffenen Schutz zu bieten.

Es ist aber leider auch ein Thema, das sehr oft missbraucht wird, um politisches Klein­geld daraus zu schlagen. Und diese Debatte ist genau so ein Fall der Instrumentalisie­rung und des Missbrauchs (Ruf bei der FPÖ: Ja, ja!), denn genau das, was Sie skan-


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dalisieren, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, haben Sie vor einem Jahr mit be­schlossen, nämlich die Rahmenbedingungen, wann der elektronische Hausarrest an­zuwenden ist. (Abg. Strache: Die Ausschussfeststellung verhindert ja genau so einen Missbrauch, wie die Frau Justizministerin !)

Kollege Strache sagt, es gäbe eine Ausschussfeststellung. Das stimmt, aber: Jeder Jungabgeordnete lernt, dass eine Ausschussfeststellung den Inhalt eines Gesetzes nicht verändern kann. Die Rahmenbedingungen sind im Gesetz festgeschrieben. Die Ausschussfeststellung dient zur Interpretation. In der Ausschussfeststellung steht drin­nen: „nur in seltenen Fällen“. Dafür ist für den Einzelfall nichts zu gewinnen. Wenn Sie wollen hätten, dass Sexualstraftäter nicht durch den elektronischen Hausarrest aus den Gefängnissen kommen können, dann hätten Sie das damals deutlich sagen müs­sen (Abg. Strache: Das haben wir gesagt! Das haben wir gesagt!) und dann hätten Sie dem Gesetzestext nicht zustimmen dürfen. (Beifall bei den Grünen.) Das haben Sie aber getan, und damit skandalisieren Sie etwas, was Sie mit zu verantworten haben.

Punkt zwei: Ich habe mir genau angeschaut, was Sie damals getan haben. Ich habe mir eigentlich erwartet, dass es zumindest einen Abänderungsantrag der FPÖ gegeben hätte. Einen solchen hat es aber nicht gegeben: Kein Abänderungsantrag, der die Rah­menbedingungen dieses Gesetzes hätte verändern sollen! – Ich sage Ihnen etwas: Sie waren entweder naiv, weil Sie geglaubt haben, mit der Ausschussfeststellung lässt sich das verhindern, faul, oder Sie haben sich nicht interessiert. So schaut es aus!

Jetzt haben Sie ein Thema gefunden, wo Sie skandalisieren und auf Emotionen set­zen. (Abg. Strache: Also Sie betreiben wirklich Täterschutz! Ihnen sind die Täter wirk­lich ans Herz gewachsen, habe ich den Eindruck!) Das ist aber unseriös, und man merkt, dass bei der FPÖ der Kinderschutz nicht gut aufgehoben ist. (Abg. Strache: Sie sind wirklich der Täterschützer! Der Täterschützer par excellence, der da draußen steht!)

Aber das Gleiche ist dann der Fall beim Thema Wilhelminenberg. (Abg. Stra­che:  Cohn-Bendit, der sich an Kindern vergriffen hat!) Ich kann mich noch gut erin­nern, meine Damen und Herren, wie wir vor eineinhalb Jahren hier die Missbrauchsfäl­le und die sexuelle Gewalt in den Einrichtungen der kirchlichen Institutionen diskutiert haben (Abg. Strache: Der Geist von Cohn-Bendit begleitet Sie permanent!) und wir schon damals eine staatliche Aufklärung gefordert haben für sexuelle Gewalt in kirchli­chen Institutionen, aber auch in Heimen. Da ist von Ihnen gar nichts gekommen außer Hohn und Spott. Ich kann mich genau erinnern: Keine Unterstützung! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt, eineinhalb Jahre später, wachen Sie auf und thematisieren den Wilhelminenberg. Ich hätte mir damals Ihre Unterstützung gewünscht – einer der seltenen Fälle übrigens, wo ich mir die Unterstützung der FPÖ gewünscht hätte –, aber einsam bin ich hier ge­standen (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ) und habe für eine staatliche Kommission plädiert. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, zum vorliegenden Fall: Es ist auch falsch, wenn man be­hauptet, dass dieser Sexualstraftäter jetzt in Freiheit herumlaufen würde. Der elektroni­sche Hausarrest kennt klare Auflagen. Unter ganz bestimmten Bedingungen kann man herauskommen, unter anderem eine Gefährlichkeitsprognose – und im vorliegenden Fall hat die Begutachtungsstelle für Sexualstraftäter den elektronischen Hausarrest für zulässig angesehen. Wenn Sie an diesem Attest, an diesem Gutachten zweifeln, dann gehen Sie heraus und erklären Sie, warum Sie zweifeln! Hier bleiben Sie aber jedes Argument schuldig.

Aber nun, Frau Justizministerin, zu Ihnen: So leicht, wie Sie es sich machen, kann man es sich auch nicht machen! Sie versuchen, irgendwo dahinzuschwimmen. Also stehen Sie jetzt hinter der Entscheidung Ihrer Beamten, oder stehen Sie nicht dahinter? Das


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lassen Sie vollkommen offen. Ich erwarte mir von einer Ministerin, dass sie entweder hinter der Entscheidung der Beamten steht, das artikuliert – oder sonst konkret han­delt, wenn sie das anders sieht. Zu sagen: Wir werden uns das anschauen!, das ist mir in diesem Zusammenhang zu wenig.

Auch Ihr Kinderschutzpaket reicht nicht. Man kann immer über die Erhöhung von Straf­rahmen reden, aber es setzt halt immer erst an, wenn die Straftat passiert ist. Kinder­schutz muss früher beginnen. Ich sage Ihnen, wo das zentrale Problem ist: Alle Straf­taten im Gesamten gesehen bedeuten, dass es eine Dunkelziffer von rund 90 Prozent gibt, das heißt, nur zehn Prozent der Straftaten kommen überhaupt zur Anzeige. Von diesen zehn Prozent wiederum führen nur ein Viertel zur Verurteilung. Das heißt, wenn wir über die Erhöhung der Strafrahmen reden, dann reden wir über 2,5 Prozent aller Sexualstraftaten! Damit sind Sie vom Kinderschutz sehr, sehr weit weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage Ihnen, was wir brauchen: Wir müssen schauen, dass wir Straftaten verhindern und rechtzeitig erkennen, wir müssen Lehrer und Eltern schulen auf das Erkennen von diesen, wir müssen Kinder schulen, damit sie wissen, was sie in einer Situation tun können, wenn sie Opfer einer Sexualstraftat werden. Meine Damen und Herren, wenn wir in solche Maßnahmen investieren würden, dann würde das bei einem Bundesland der Größe Niederösterreichs 500 000 € im Jahr kosten. Das wäre gut investiertes Geld und der effizienteste Schlag gegen Gewalt an Kindern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.52.32

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben – ich habe bei Ihren Ausführungen sehr gut zugehört – gesagt, Ihnen sei es wichtig, dass auch die Angemessenheit der Strafen im Strafgesetzbuch entsprechend berücksichtigt werde.

Frau Ministerin, aus dem Wust von unzähligen skandalösen Urteilen, was Kindesmissbrauch anlangt, habe ich nur ein einziges als Beispiel herausgenommen, weil es gar so dramatisch ist, und zwar: Am 7. April 2011 dieses Jahres wurde in Salz­burg ein Mann vor Gericht gestellt, ein 61-Jähriger, der sich innerhalb von neun Jah­ren – sage und schreibe neun Jahren! –, zwischen 2000 und 2009, an drei minderjähri­gen Mädchen, einem fünfjährigen und zwei neunjährigen, mehrfach vergangen hat. Die Staatsanwaltschaft warf ihm schweren sexuellen Missbrauch dieser drei Mädchen vor. Dieser Mann legte ein reumütiges Geständnis ab und hat die Anklage Punkt für Punkt bestätigt. Urteilsspruch, Ergebnis: 20 Monate bedingte Haft – bedingte Haft! – und 1 920 € Geldstrafe.

Frau Ministerin! Ist das die Angemessenheit von Urteilen?! – Ich finde, es ist ein Skan­dal, ein solches Urteil aussprechen zu können! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Stra­che: Das verteidigt die Frau Justizministerin! Die stellt sich hinter diese Justiz!)

Frau Ministerin, das ist nur ein Beispiel von unzähligen skandalösen Urteilen. Und da kann man gar nicht den Richtern oder den Schöffen den Vorwurf machen, sondern dem Gesetz, das die Möglichkeit schafft, überhaupt solche Urteile zu fällen! Das ist der Skandal! Und dafür sind Sie zuständig, Frau Ministerin, dass mittlerweile in diesem Land Vermögensdelikte schärfer bestraft werden als sexueller Missbrauch von Kindern. Das ist der eigentliche Skandal!

Ich sage Ihnen, Frau Ministerin: Sie müssen doch endlich aufwachen und ein klares Signal senden, dass Mord an Kinderseelen auch im Strafgesetzbuch gleichgestellt wird


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mit vorsätzlichem physischem Mord. Das ist es letztendlich das, was wir verlangen! Le­benslange Folgen! Die Opfer sind traumatisiert, die Opfer haben lebenslange Folgen – aber die Täter nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Frau Ministerin, noch ein paar Zahlen, weil Sie von null Toleranz gesprochen haben und gesagt haben, es dürfe keine Toleranz gegenüber Sexualstraftätern geben: Zwi­schen 2006 und 2010 – da geht es jetzt gar nicht um die Fußfessel, sondern um die Zahlen insgesamt – wurden 464 Sexualstraftäter vorzeitig bedingt entlassen. Davon wurden 29 wieder rückfällig! – Jetzt können Sie sagen: Ist eh nicht viel. – 29 weitere Schicksale in Familien. 29 weitere Kinder, die sexuell missbraucht worden sind, haben Ih­nen das zu verdanken und einer Justiz, die Sexualstraftäter völlig unbegründet – und ich sage das dazu: ohne Grund! – vorzeitig bedingt entlässt. Das ist falsch verstandene Toleranz, die wir da sehen, Frau Ministerin! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Oder eine zweite Zahl: Im Jahr 2006 wurden 570 Verurteilungen wegen Sexualdelikten ausgesprochen. Bis zum Jahr 2010 wurden von diesen 570 Sexualstraftätern 22 Pro­zent wieder verurteilt, Frau Ministerin. Wieder verurteilt! Und jetzt stellen Sie sich hier­her und irgendeine Hinterbänklerin von der SPÖ mit gefalteten Händen sagt, man muss die Menschen therapieren, man muss ihnen eine zweite Chance geben. – Wer gibt denn den Opfern eine zweite Chance, Frau Ministerin? Niemand gibt Ihnen eine zweite Chance! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir machen seit Jahren – seit Jahren! – Vorschläge, und es sind schon mehrere Jus­tizminister auf Ihrem Platz gesessen und haben sie nicht umgesetzt. Und wenn Sie heute herauskommen und meinen, das, was Sie da auf den Tisch gelegt haben, bewir­ke irgendetwas, dann sage ich Ihnen: Es bewirkt gar nichts, solange Sie im Strafge­setzbuch nicht einmal die Kinder als besonders schützenswerte Gruppe verstehen, wie das in anderen Bereichen der Fall ist! Dass es im Strafgesetzbuch eine Unterschei­dung gibt – und die existiert! – zwischen § 206 und 207 – Frau Ministerin, schauen Sie sich das einmal an! –: „sexueller Missbrauch von Unmündigen“ und „schwerer sexuel­ler Missbrauch von Unmündigen“, ist ja an sich schon ein Skandal. Wir sind der Mei­nung, dass jeder sexuelle Missbrauch an Minderjährigen schwer ist – und nicht leicht und nicht mittel – und daher auch schwer geahndet werden muss, Frau Ministerin! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Genauso wie der § 92 – Quälen von Unmündigen –: Schauen Sie sich das einmal an! Es ist doch ein Skandal, dass Quälen von Unmündigen mit Todesfolge als Höchststra­fe nicht „lebenslänglich“ hat, sondern zehn Jahre, Frau Ministerin! Zehn Jahre Höchst­strafe, wenn heute ein Unmündiger oder sogar ein Behinderter zu Tode gequält wird – das ist doch ein Skandal in unserer Strafgesetzgebung, den auch Sie zu verantworten haben!

Deswegen sagen wir hier: Kein Pardon für Kinderschänder! Jawohl, es gibt rund 20 000 Fälle, und es gibt noch viel mehr im Bereich der Dunkelziffer, und daher brau­chen wir auch eine Anzeigepflicht. Schluss mit dem Wegschauen! Anzeigenpflicht! Wer nicht anzeigt, macht sich auch strafbar (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ), auch das müssen wir endlich einmal definieren. Es darf keine Verjährung geben, es muss eine Verdoppelung der Strafrahmen geben!

Frau Minister, da haben Sie sehr, sehr viel zu tun. Was Sie auf den Tisch gelegt ha­ben, ist ein erster, winziger Schritt, aber keine Reform, keine Abschreckung. Sie haben hier sehr viel zu tun, und wir fordern das von Ihnen dringendst ein! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 37

9.58.01

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Westenthaler, es ist wirklich bedauerlich, dass das, was wir eigentlich erwartet haben, befürchtet haben, wieder eingetreten ist (Abg. Ing. Westenthaler: Schützt ihr die Täter weiter!): dass hier von Ihnen ein wirklich extrem wichtiges Thema – und es kann wohl niemand sagen, dass irgendjemandem hier im Haus das Wohl der Kinder nicht besonders am Herzen liegt (Abg. Grosz: Wa­rum tut ihr nichts? – Abg. Strache: Ihr steht auf der Bremse!) – in einer derartig ekel­haften Weise missbraucht wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das ist ein Witz, was da aufgeführt wird! Immer wieder herumschleicheln! Es geht ja nichts weiter! Im­mer wieder eine Begründung finden!)

Meine Damen und Herren, es ist beschämend, und ich glaube, dass gerade die Zuse­her zu Hause hinter den Bildschirmen das Recht haben, eine entsprechend richtige In­formation zu bekommen, aber nicht absolute Tatsachenwidrigkeiten, Herr Kollege Westenthaler. Ich kann nichts dafür, dass Sie vorbestraft sind (Abg. Ing. Westentha­ler: Besser vorbestraft und sich für Kinder einsetzen als nicht vorbestraft und sich für Täter einsetzen!), aber offensichtlich jedes Mal, wenn es um die Justiz geht, kommen Sie hier heraus und führen etwas aus, was tatsachenwidrig ist, gehässig ist, aufrühre­risch ist und einfach darauf abgezielt ist, hier Gehässigkeit unter die Leute zu bringen. Und das lehnen wir zutiefst ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen ganz genau, dass, wenn ein Kind gequält wird und zu Tode kommt, auf Mord angeklagt wird und, wenn es ein Mord ist – und das ist es meistens –, auch ver­urteilt wird, und das zu „lebenslänglich“. Warum desinformieren Sie die Bevölkerung auf diese unverantwortliche Art und Weise? (Abg. Ing. Westenthaler: 20 Monate be­dingt! Ich gratuliere! Ein „tolles“ Urteil!) Sie wissen ganz genau, dass das Kind inner­halb des Strafgesetzes eine besonders geschützte Person ist (Abg. Ing. Westenthaler: Wo denn? Wo denn?), dass die Richter das auch anwenden. Warum erklären Sie hier das Gegenteil? – Das ist tatsachenwidrig und verwerflich.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig, dass wir den Kinderschutz noch verbessern – überhaupt keine Frage! Ich verwahre mich dagegen, dass hier gesagt wird, dass wir hier nicht alles, was möglich ist, bereits gemacht haben. Und das letzte Gewaltschutzpaket, das gegen Gewalt in der Familie, Gewalt gegen Kinder, Gewalt ge­gen Frauen ist, hat seine Erfolge gezeigt.

Wir diskutieren heute über das nächste Paket, das die Frau Justizministerin vorgestellt hat, das weiter in diese Richtung geht. Sich jetzt hier herzustellen und anzukreiden, dass derartige Bemühungen stattfinden, das ist ganz einfach nicht ehrlich, das ist nicht fair. Das ist nicht das, was sich Kinder und Frauen, was sich insgesamt der Gewalt­schutz verdient haben. (Abg. Strache: Schauen Sie sich die Fälle der skandalösen Ur­teile an!)

Meine Damen und Herren! Das, was Kollege Donnerbauer gesagt hat, möchte ich un­terstreichen. Es ist leider Gottes so, dass es oft zu Gewalt in der Familie kommt, und in vielen dieser Fälle sind die Täter Personen, die selbst derartiger sexueller Gewalt aus­gesetzt waren. Das gilt es wirklich zu durchbrechen. (Abg. Strache: Die Gewalt in ro­ten Kinderheimen Wiens!) Aber es ist halt leider Gottes so – das ist auch schon gesagt worden –, dass lediglich 5 bis 10 Prozent all dieser Fälle auch wirklich aufgedeckt wer­den, auch wirklich vor Gericht kommen, meine Damen und Herren!

Die Parole lautet daher: Nicht wegschauen, sondern hinschauen!, und das ist ein Ap­pell an uns alle. Es kann nicht sein, dass wir in unserem Umfeld nichts wahrnehmen wollen. Es sind oft Väter, es sind oft Mütter, die zuschauen. Unlängst erst ist ein ameri­kanischer Familienrichter über Facebook geoutet worden, der seine Tochter mit einem Gürtel zehn Minuten lang geschlagen hat. 15 Jahre, nachdem das stattgefunden hat,


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ist das jetzt herausgekommen und soll nun als Züchtigungsmaßnahme, die in Ordnung ist, dargestellt werden.

Wenn so etwas stattfindet, meine Damen und Herren, dann ist es unsere Verpflichtung, das auch offenzulegen. Die Privatheit hört bei Gewalt nicht an der Grenze auf. Wenn wir aus der Nachbarwohnung Geräusche vernehmen – ich weiß, es ist unangenehm, und viele von uns haben Hemmungen –, sind wir es den Kindern schuldig, sind wir es der Gesellschaft schuldig, dass diese Fälle aufgezeigt werden. Es gibt viele Einrichtun­gen, Jugendschutzeinrichtungen, wo man seine Wahrnehmungen bekannt geben kann, wo sehr sorgsam damit umgegangen wird. Die Kinder können dann aus der Fa­milie herausgenommen und geschützt werden. Das ist es, was notwendig ist! (Beifall der Abg. Mag. Wurm.)

Wir werden nichts dadurch gewinnen, wenn wir die Strafen verdoppeln, verdreifachen, sondern wir müssen sie effizienter machen. Und effizienter werden sie dann, wenn es zu mehr Verurteilungen dort kommt, wo strafbare Handlungen stattgefunden haben. Nur 5 bis 10 Prozent der Fälle vor Gericht zu bringen (Abg. Mag. Stadler: Wenn die Staatsanwaltschaften wegschauen?!), meine Damen und Herren, ist zu wenig! Es kommt leider Gottes auch vor – und daran müssen wir arbeiten –, dass der eine oder andere Fall aufgezeigt wird, an die Staatsanwaltschaft, an die Polizei herangetragen wird, dann aber eingestellt wird, und kein Mensch weiß eigentlich wirklich warum.

Das ist ein gesellschaftliches Problem, an dem wir arbeiten müssen. Ich glaube, es ist nicht einfach so, dass man sagen kann, die Justiz soll etwas machen, wir müssen nur die Strafen erhöhen. Damit sind leider nicht alle Probleme geklärt, sonst gäbe es bei­spielsweise in Amerika überhaupt keine Gewalttaten. Dort gibt es die Todesstrafe, und es funktioniert nicht. Die gesellschaftliche Befasstheit, das heißt, das Sich-Kümmern um Kinder, womit jeder Einzelne von uns sich befassen muss, das ist das, was wir not­wendig brauchen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu werden eindeutig verbessert. Wie die Frau Ministerin bereits gesagt hat, wird etwa in Zukunft schon die Anbahnung von Se­xualkontakten durch das Internet, Stichwort Cyber-Grooming, was immer wieder statt­findet, strafbar sein. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das schaue ich mir an!) Das heißt, es wird einen Korridor geben, den man vor die Kinder hinstellt. Auch Zwangsehen im Ausland werden in Österreich verfolgt werden, meine Damen und Herren! (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.) Das heißt, wir werden zukünftig in Österreich Delikte ahnden, die im Ausland stattgefunden haben, wenn sie von Österreichern oder in Ös­terreich ansässigen Personen begangen worden sind.

Das ist eine effiziente Weiterentwicklung, und daher, Frau Minister, meine ich, wir sind hier auf einem guten Weg! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Steibl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.03.33

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich die Aussage unserer Bundesministerin Beatrix Karl unterstreichen, die gesagt hat: Bei Gewalt gegen Kinder darf es keine Toleranz geben. Bereits jeder Versuch muss im Keim erstickt werden. (Beifall bei der ÖVP.) Wer die Schwäche und Unschuld von Kindern ausnützt, der wird künftig einer harten Strafe nicht entgehen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Künftig! – Abg. Mag. Stadler: Wann ist „künftig“? – Abg. Strache: Aber bis heute schon offensichtlich! Bis heute permanent!) Ich denke, das ist ein wichtiger Ansatz.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 39

Ich möchte jetzt zu einem Punkt kommen, den Herr Abgeordneter Westenthaler ange­schnitten hat, nämlich zur Anzeigepflicht. 1998 wurde die ärztliche Anzeigepflicht im Ärztegesetz in eine Ermächtigung für die Ärzteschaft umgewandelt. (Abg. Mag. Stad­ler: Eine Ermächtigung ist keine Pflicht!) Das heißt, eine Anzeige kann unterbleiben, nicht aber die Meldepflicht an die Jugendwohlfahrtsträger, und das ist, glaube ich, das Wichtigste. Im Ministerratsentwurf für eine zweite Gewaltschutzgesetznovelle war eben­falls wieder eine Erweiterung in Richtung der Anzeigepflicht vorgesehen, und auch bei der Diskussion der Vorlage zum Jugendwohlfahrtsgesetz-neu gab es dieses Ansinnen.

Die Begutachtungsverfahren haben jedoch gezeigt, dass in einem weit überwiegenden Teil der Stellungnahmen seitens der Expertinnen und Experten eine neuerliche Ver­schärfung der Anzeigepflicht strikt abgelehnt worden ist. Reden Sie mit den Expertin­nen und Experten, mit den Sozialarbeitern, mit den Kinder- und Jugendanwälten, dann werden Sie erfahren, dass diese meinen, eine Verschärfung der Anzeigepflicht sei eine für die Bevölkerung zwar plausibel zu erklärende populistische Maßnahme, letztendlich aber sicher nicht das geeignete Mittel, um Kindesmisshandlung zu erschweren oder zu verhindern!

Sozialarbeiter und Jugend- und Kinderanwälte setzen auf Vorsicht, auf Aufdeckung, die aber Zeit braucht, und vorrangig auf den Schutz für Kinder. Und das, glaube ich, ist das Wichtigste. Es wurde ja schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern behut­sam angesprochen, dass die Beweissicherung wichtig ist, denn ein Großteil der Delikte liegt leider im Familienbereich und wird bewusst nicht angezeigt, weil man Angst hat, den Vater, den Onkel oder wen auch immer in Probleme zu stürzen.

Opfer haben Angst vor der Auseinandersetzung. Das sagt auch – ich glaube, gestern im „Standard“ stand das – die Kriminologin Katharina Beclin. Wichtig in diesem Zusam­menhang ist die Prozessbegleitung, von der viel zu wenig gesprochen wird. Die Pro­zessbegleitung ist nicht nur im Verhandlungsstatus ein wichtiger Punkt, sondern könn­te, sollte und wird zum Teil auch schon im Vorfeld eingesetzt, beim ersten Verdacht so­zusagen.

In diesem Zusammenhang wurde dem Gesundheitsausschuss auch ein Entwurf be­züglich einer Möglichkeit, das Berufsgeheimnis der Ärzte zu durchbrechen, zugeleitet. Damit soll sozusagen auch der Problematik des „Spitalstourismus“ und des Kindermiss­brauchs begegnet werden.

Wenn wir darüber diskutieren, dann – das möchte ich schon sagen – soll das schon sehr behutsam vor sich gehen. Daher ist es mir wichtig, in Richtung des Kollegen Wes­tenthaler zu sagen: Wenn eine Kollegin aus unseren Reihen hier eventuell mit etwas schöneren Worten diese Thematik behutsam anspricht (Abg. Ing. Westenthaler: Die schönen Worte bei den Kinderschändern gehen mir schon auf die Nerven!), weil sie das auch aus Erfahrung anspricht, und Sie dann sagen, sie sei eine Hinterbänklerin, dann möchte ich bitten, darüber nachzudenken, was Sie sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ich korrigiere: Sie ist eine Hinterleserin!)

Zusammengefasst: Für uns in der ÖVP mit Bundesministerin Beatrix Karl sind Op­ferschutz, Kinderschutz, das Wohl unserer Kinder das höchste Gut, und das wird auch in Zukunft so sein. Wir werden auch in Zukunft, wie wir das bis jetzt getan haben, Kin­der schützen und nicht Täter. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.08.12

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst: Frau Bundesministerin, Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 40

haben in Ihrer Stellungnahme das Hohe Haus belogen! Sie haben gesagt, wenn die Be­gutachtungsstelle für Sexualstraftäter auch nur geringste Bedenken hat, gibt es keine Fußfessel. – Frau Bundesminister, im gegenständlichen Fall gab es Bedenken. Es gab drei Stellungnahmen dieser Begutachtungsstelle, die von Mal zu Mal drastischer aus­gefallen sind. In der letzten Stellungnahme vom 5. September dieses Jahres heißt es, dass die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Täter ein potenzieller Rückfalltäter ist, als eher hoch einzuschätzen wäre. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Na bitte! Und das wird alles von Ihnen unter den Teppich gekehrt!)

Damit, Frau Bundesminister, ist dieser Täter auszuscheiden – und dennoch hat er die elektronische Fußfessel bekommen. (Abg. Strache: Das ist ein Witz!) Und Sie stellen sich hierher, Frau Bundesminister, und sagen, es ist alles in Ordnung. (Abg. Strache: Das ist der Witz, da steht die Frau Bundesminister dahinter!) Das ist der wahre Skan­dal. (Beifall bei der FPÖ.) Sie schützen die Täter mit willfähriger Unterstützung von den Grünen und der SPÖ. Die Täter werden geschützt, und auf die Opfer wird vergessen.

Es sind schon zahlreiche Einzelfälle aufgezählt worden, Frau Bundesminister, man könnte stundenlang von Einzelfällen erzählen, aber ich komme noch einmal auf etwas zurück, das unser Klubobmann zu Beginn der Debatte angesprochen hat, nämlich auf die Fälle in den öffentlichen Einrichtungen wie etwa damals am Wilhelminenberg, aber auch vor zwei Jahren im August Aichhorn Haus. (Beifall bei der FPÖ.) Was ist denn passiert, Frau Bundesminister? Wo sind denn die Täter eingesperrt worden? – Es ist doch alles unter den Teppich gekehrt worden. Es sind doch die Opfer zu den Tätern gemacht worden, Frau Bundesminister. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen Folgendes: Kommissionsmitglied damals war der ehemalige Stadt­schulratspräsident Dr. Kurt Scholz. Dieser wurde von Ihrer SPÖ demontiert, weil er die­se Fälle aufklären wollte. Ein Lehrer, der dort beschäftigt war, ist gekündigt worden, weil er diese Fälle aufklären wollte. Der Mantel des Schweigens ist darüber gelegt wor­den. Es gibt nicht eine einzige Verurteilung in diesem Bereich. Stattdessen bilden wir Kommissionen, Expertenkommissionen für den Opferschutz, besetzt mit jenen Herr­schaften, die auch im Vorstand des August Aichhorn Hauses gesessen sind. (Abg. Stra­che: Wahnsinn! Das ist unerhört!)

Im Vorstand des August Aichhorn Hauses saß beispielsweise  (Abg. Strache: Das hat System!) – Das hat System, danke schön. Herr Dr. Jesionek etwa, Präsident des „Wei­ßen Ringes“, Präsident der „Möwe“, ist Mitglied der Opferschutzkommission. Auch Herr Dr. Werner Leixnering, der Vorstandsmitglied im August Aichhorn Haus gewesen ist, ist ebenfalls in der Opferschutzkommission vertreten. Genau diese Herrschaften sind es, die einerseits die Täter schützen und auf der anderen Seite die Opfer unglaub­würdig erscheinen lassen.

Lassen Sie mich zu Letzterem, zu Herrn Dr. Leixnering noch etwas sagen: Dieser Herr ist heute in der Wagner-Jauregg-Nervenklinik in Linz – dort, wo vor einem halben Jahr ein Mädchen eingeschläfert worden ist, weil es einen Richter bezichtigt hat, sie sexuell missbraucht zu haben. Das haben Sie lange Zeit unter den Tisch gekehrt. Wir wissen heute, dass dieses Mädchen überdosiert worden ist, dass es definitiv umgebracht wurde. Von Ihnen ist dazu nichts gekommen, überhaupt nichts. Das Krankenhaus hat versucht, zu vertuschen. Eine anonyme Anzeige hat diesen Fall ins Rollen gebracht, Frau Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist passiert? – Gar nichts ist passiert! Die Täter sind freigelassen worden. Selbst einer der behandelnden Ärzte, Herr Dr. Schöny, aus dieser Klinik sagt: Es tut uns leid, dass dieser Fall nicht mehr aufgeklärt werden kann. – Das sagt der behandelnde Psy­chiater. Aus demselben Haus wurde eine Sachverständige, Frau Dr. Kastner, bestellt, die dieses Mädchen in einem 111-seitigen Gutachten sozusagen der Unglaubwürdig­keit bezichtigt hat. Sie brauchte 111 Seiten, um die Aussage eines 16-jährigen Mäd-


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chens zu widerlegen – das allein sagt schon viel –, und das, obwohl Frau Kastner noch ein halbes Jahr vorher gesagt hat, sie sei arbeitsmäßig so sehr überlastet, dass sie sich von der Sachverständigen-Liste streichen lassen möchte. Aber für die Begutach­tung dieses Vorfalles wurde sie wieder herangezogen. Sie schreibt 111 Seiten, wonach es dann heißt, dieses Mädchen lüge, erzähle Geschichten. Die Täter werden freigelas­sen. – Das ist ein Ring, und das hat System. (Abg. Mag. Stadler: Gefälligkeitsgutach­ten! – Abg. Strache: Das ist das Netzwerk!)

Das ist ein Netzwerk, und das sehen die Menschen in dieser Republik längst. Es braucht keine „bösen“ Freiheitlichen, die irgendwelche Hirngespinste an die Wand ma­len, das erkennen die Menschen auch so. (Abg. Strache: Das ist das Täterschutz-Netz­werk, das es in dieser Republik gibt! Aber dieses Täterschutz-Netzwerk werden wir auf­decken!)

Sexualstraftäter werden wie etwa erst vor wenigen Tagen mit fünf Monaten bedingt be­straft. Ein Salzburger Jugendrichter hat fünf Monate bedingt bekommen mit der Be­gründung, unter Burn-out gelitten zu haben. Also bitte schön, wenn das eine Begrün­dung dafür ist, dass man sich kinderpornographische Darstellungen anschaut und dann mit einer Strafe von fünf Monaten bedingt nach Hause geht, dann brauchen wir in dieser Republik überhaupt nichts mehr, dann brauchen wir auch keine Gesetze mehr, Frau Bundesminister! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Mit Ihrer Vorgehensweise, mit diesen sogenannten Strafer­höhungen, die Sie heute angekündigt haben, werden Sie überhaupt nichts ändern, denn das sind Feinheiten, das sind Kaschierungen. Denn wann, bitte, in welchen Fällen in den letzten Jahren wurde überhaupt die Höchststrafe ausgesprochen? – Es gibt keinen einzigen Fall, in dem die Höchststrafe ausgesprochen worden ist. Sie finden die soge­nannten berühmten Einzelfälle, die sich durchziehen wie ein roter Faden, und da wird nie eine Höchststrafe ausgesprochen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Frau Bundesminister, 5 Minuten sind kurz, aber ich verspreche Ihnen: Wir werden Sie in den nächsten Monaten mit dieser Thematik noch weiter beschäftigen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.13.48

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass wir uns in einem einig sind, nämlich: Jedes Kind, dem Gewalt angetan wird, ist auf jeden Fall ein Kind zu viel!, aber die Zugangsweise zum Gesamtpaket Kinderschutz ist anscheinend eine unter­schiedliche.

Es gibt in Österreich wirklich viele Organisationen, die tagtäglich mit Kindern und Ju­gendlichen arbeiten, die Gewalt erfahren haben, sexuelle Gewalt, physische Gewalt, psychische Gewalt, und alle sind einhellig davon überzeugt, dass es ein Gesamtauf­trag dieses Staates sein muss, Kinderschutz wirklich zu garantieren. Dieses Gesamt­paket Kinderschutz, das so wichtig wäre, gibt es jedoch zurzeit in Österreich nicht, und das ist die große Kritik, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist die große Kritik daran, dass nur Verschärfungen im Strafrecht allein den Kinderschutz langfristig nicht gewähren können. (Beifall bei den Grünen.)

Kinderschutzzentren, Therapieeinrichtungen, Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren, In­terventionsstellen gegen Gewalt in der Familie, die Jugendwohlfahrt an sich, die Poli-


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zei, die Justiz, all das sind Organisationen, die wirklich einen wichtigen Anteil daran ha­ben, dass Kinderschutz auch funktioniert. Das ist der Anteil der Organisationen. Doch wo ist der staatliche Anteil, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Wir haben gerade in vielen Reden gehört, wie wichtig es doch ist, dass die Politik ein­greift, wie wichtig es doch ist, dass auch die Regierung klare Zeichen setzt, dass das Parlament klare Zeichen setzt. Im Endeffekt aber gibt es kein Präventionsmaßnahmen­paket, gibt es kein Gesetz zur Modernisierung der Jugendwohlfahrt, die so wichtig wä­re – gibt es kein gesamtes Kinderschutzpaket. Das ist die Kritik, die auch die Regie­rung über sich ergehen lassen muss und die zu der Frage führt, wieso das so ist.

Kinderschutz als Ganzes ist eine Aufgabe, die Vernetzung bedeutet, die zwischen den Regierungsmitgliedern auch stattfinden muss. Wenn Sie, Frau Justizministerin Karl, sa­gen, dass eine Verschärfung im Strafrecht für den Kinderschutz eine wichtige Maßnah­me darstellt, muss auch dazugesagt werden, dass Ihr Parteikollege, Jugend- und Fa­milienminister Mitterlehner, es ganz klar verabsäumt, das Jugendhilfegesetz aus der Schublade zu packen. Seit dem Jahr 2008, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es einen Entwurf zur Modernisierung und zur Verbesserung der Jugendwohlfahrt, für mehr finanzielle Mittel, für mehr personelle Ausstattung, mehr Qualitätsstandards ös­terreichweit, mehr Vernetzungsmöglichkeiten zwischen den Jugendwohlfahrtsträgern. Zurzeit ist es so, dass der Kinderschutz noch immer von der Postleitzahl abhängig ist. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann es nicht sein. (Beifall bei den Grü­nen.)

Auch heuer, im Jahr 2011, wurde hier in diesem Parlament ein Bundesverfassungsge­setz über die Rechte der Kinder verabschiedet, das besagt, jedes Kind hat das Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewaltvernachlässigung und Ausbeutung. Das ist na­tionaler Auftrag, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dieses festgeschriebene Gesetz wird aber noch immer nicht in die Tat umgesetzt. Noch immer gibt es keine Umsetzung dieses Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte des Kindes, das hier in diesem Haus erst heuer beschlossen wurde.

Das ist schon sehr merkwürdig, denn wenn man die Zeitungen aufschlägt und fast tag­täglich Berichte darüber liest, wie viele Kinder Gewalt, sexuelle, psychische und kör­perliche Gewalt erfahren haben, dann ist es schon sehr bedauerlich, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, dass weder das Jugendhilfegesetz aus der Schublade he­rausgezogen und endlich mit Leben erfüllt, noch das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder mit Leben erfüllt werden.

Das heißt, nur zu sagen, die Strafrahmen zu erhöhen, ist noch lange kein Kinder­schutzpaket – noch lange nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz im Gegenteil! Es braucht Präventionsmaßnahmen, es braucht Vernetzung. Es braucht ei­gentlich auch eine Präventionsstelle Kinderschutz, die interministeriell arbeiten kann und die alles aufdeckt – auch im Sinne der finanziellen Ressourcen, die es zurzeit nicht gibt. Es braucht Geld, Geld und wiederum Geld, denn Prävention kostet, Kinderschutz kostet, und davor sollte sich niemand scheuen. (Beifall bei den Grünen.)

10.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haub­ner. – Bitte.

 


10.18.49

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Hohes Haus! Kinderschutz statt Täterschutz – die Dringlichkeit dieses Appells, Frau Justizministerin, zeigt sich nicht nur in dieser Aktuellen Stunde, sondern zeigt sich tagtäglich in der Realität. Dieser Appell gilt nicht nur für Sie, Frau Justizministerin, son-


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dern für alle politisch Verantwortlichen in diesem Lande und in erster Linie auch für die Bundesregierung, die gerade in Bezug auf den Kinderschutz immer wieder Ankündi­gungen verlautbart, aber nur sehr zaghafte Handlungen setzt.

Ich denke dabei auch an den Bereich der Familienpolitik, die, was Kinderschutz an­langt, von Stillstand und von Kürzungen der Mittel gekennzeichnet ist. Ich denke auch daran, dass dieses Kinderschutzpaket, Frau Bundesministerin, das Sie heute angekün­digt haben, bereits Ende 2010 angekündigt und dessen Umsetzung bis Mitte 2011 zu­gesagt wurde. Jetzt haben wir Ende 2011, und das Parlament ist noch nicht einmal da­mit befasst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir vom BZÖ haben eine ganz klare Linie, was den Kinderschutz betrifft: alles zum Schutze unsere Kinder und kein Pardon für diejenigen, die sich an unseren Kindern vergehen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir haben vor einem Jahr eine Kinderschutzoffensive mit zehn Forderungen gestartet, die vieles von dem abdecken, was heute gesagt wurde. Zahlreiche Anträge, zahlreiche Anfragen haben wir eingebracht – sie wurden alle abgelehnt beziehungsweise, wie üb­lich, vertagt. Lassen Sie mich einige Beispiele herausgreifen.

Im Oktober 2010 gab es auf unsere Initiative einen Fünf-Parteien-Antrag, den Tatbe­stand von „Cyber-Grooming“ unter Strafe zu stellen. Ein Jahr hat das jetzt gedauert. Vielleicht kommt etwas, aber es ist, wie gesagt, noch nicht einmal im Parlament.

Zweites Beispiel: Noch immer ist die Verjährung von Straftaten gegen die sexuelle In­tegrität von Minderjährigen möglich. Alles, was wir bisher eingebracht haben, wurde abgelehnt. Jetzt, im Schatten der schrecklichen Vorkommnisse im Kinderheim Wilhel­minenberg, ist man zumindest einmal gesprächsbereit. Ich sage Ihnen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren: Sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt an Kindern – und Kollege Westenthaler hat es ja schon gesagt, das Gesetz unterscheidet noch zwi­schen normalem Missbrauch und schwerem Missbrauch, das ist unverständlich – darf niemals verjähren (Beifall bei BZÖ und FPÖ), denn das ist Mord: Mord an den Seelen junger Menschen. Und Sie machen damit, wenn Sie das weiter so beibehalten, Kinder zu Opfern zweiter Klasse.

Drittes Beispiel: Es gibt noch immer keine ausreichende Bundesrahmenregelung für klare Handlungsanordnungen (Abg. Scheibner: Zentralisieren!), wenn es zur Gefähr­dung des Kindeswohls kommt. Seit 2008 warten wir auf ein verbessertes Frühwarnsys­tem, auf ein verbessertes Bundesjugendhilfegesetz. Es gibt bisher keine Einigung. Der Herr Minister redet sich auf die Länder aus, dass die Länder blockieren. (Abg. Mag. Stadler: Das ist dem Mitterlehner wurscht! Solange die Wirtschaft gut dasteht, ist das dem Mitterlehner wurscht!) – Letztendlich geht es ums Geld. Ich habe absolut kein Verständnis, wenn Milliarden zum Beispiel nach Griechenland fließen, aber wenige Mil­lionen für die Sicherheit unserer Kinder nicht da sind. (Beifall beim BZÖ.)

Nächstes Beispiel: Wir haben immer noch kein Gewaltschutzregister als Vernetzung zwischen den Krankenhäusern, um möglichen Vorgeschichten bei Kindern nachgehen zu können. 2010 groß angekündigt: MEDPOL – bis heute nicht umgesetzt.

Wir haben noch immer keine Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem ech­ten Eltern-Jugend-Pass, um da als Prävention auch bei der jährlichen Untersuchung rechtzeitig Auffälligkeiten feststellen und rechtzeitig handeln zu können.

All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigt in erschreckender Weise, dass verbesserter Schutz für unsere Kinder vor sexuellem Missbrauch und körperlicher und seelischer Gewalt für diese Regierung nicht absolute Priorität hat. Immer nur dann, wenn wieder die Aufmerksamkeit der medialen Öffentlichkeit auf einen Fall gerichtet ist, werden Bekenntnisse abgelegt, aber sonst wird lange angekündigt und kaum rasch gehandelt. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 44

Wir vom BZÖ fordern daher: rasch Handeln statt lange ankündigen! Wir fordern einen Kinderschutzgipfel, wo notwendige Maßnahmen in einem Nationalen Aktionsplan für Kin­derschutz gesetzt werden. Wir haben gemeinsam vor einiger Zeit das Recht der Kinder auf Schutz und Fürsorge in der Verfassung festgeschrieben. Dieses Recht auf Schutz und Fürsorge mahne ich an dieser Stelle ein: mit einem starken Netz aus Vorsorge und Frühwarnsystem für unsere Kinder und gegen ein Täternetz, das es immer wieder zu zerschlagen gilt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Da müssen Sie mutig sein, Frau Bundesministerin: Ohne Ansehen der Person müssen Sie da ein­schreiten!

Meine sehr geehrten Damen und Herren (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen), Kinderschutz jetzt ist die dringende Aufgabe, die wir in unserem Lande haben. Wir vom BZÖ werden uns daran beteiligen. (Beifall beim BZÖ.)

10.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. – Bitte.

 


10.24.29

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir brauchen härtere Strafen für Kinderschänder. Aber nicht deshalb, weil sich so jemand unter Umständen davon abhalten lässt, ein Kind zu missbrauchen, ein Kind zu vergewaltigen – oder glauben Sie im Ernst, dass irgendjemand, bevor er ein Kind vergewaltigt, sich überlegt, ob er dafür zehn oder 20 Jahre Gefängnis bekommen wird? Wir brauchen aber trotzdem härtere und längere Strafen, und zwar aus einem einzigen Grund: um diese Subjekte möglichst lange aus der Gesellschaft auszuschließen.

Wir brauchen deshalb längere Haftstrafen für Kinderschänder, für Vergewaltiger von Kindern und so weiter (Beifall bei der FPÖ), weil diese Personen tickende Zeitbomben sind, und wenn wir solche tickenden Zeitbomben in die Gesellschaft zurücklassen, dann erstens möglichst spät, und wenn schon, dann nur so, dass es ausgeschlossen ist, dass sie je wieder bei der Arbeit oder sonst wo mit Kindern in Berührung kommen können.

Das heißt, wir brauchen ein erweitertes Führungszeugnis, womit es diesen Menschen nicht mehr gestattet ist, in Kindergärten, in Schulen oder sonstigen Einrichtungen zu arbeiten, wo sie mit Kindern Kontakt haben und ihren Trieb wieder dementsprechend aufflammen lassen können. Deshalb brauchen wir dieses erweiterte Führungszeugnis, wir brauchen ein Berufsverbot für Sexualstraftäter.

Und was wir vor allem auch noch brauchen: Wir müssen genauer hinschauen, was die Kinderpornos betrifft. Jemand, der sich aus dem Internet Kinderpornos herunterlädt, sich diese anschaut und sich dabei selbst befriedigt, der ist eine tickende Zeitbombe. Das ist kein Kavaliersdelikt, das momentan mitunter nur mit bedingten Haftstrafen ge­ahndet wird, das ist ein riesengroßes Problem, denn glauben Sie nicht, dass all jene, die das tun – die sich aus dem Internet Kinderpornos herunterladen, sich dann dement­sprechend daran ergötzen und sich dementsprechend befriedigen –, irgendwann ein­mal, wenn sie die Gelegenheit haben, auch dementsprechend Kinder missbrauchen werden? Also da müssen wir genauer hinschauen und da müssen wir auch die Strafen entsprechend erhöhen!

Auch bei Gewalt gegen Kinder müssen wir handeln, wenn Eltern ihre Kinder an die Wand schmeißen, wenn sie sie quälen, wenn sie sie systematisch foltern – so wie wir das heute schon gehört haben bei diesem amerikanischen Familienrichter, der gemein­sam mit seiner Frau und einem Gürtel sein Kind minutenlang traktiert hat; wo die Mut­ter gekommen ist und das Kind gezwungen hat, sich hinzulegen und die Strafe zu emp-


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fangen und der Vater mit dem Gürtel draufgeschlagen hat. Und als sich das Kind ge­weigert hat, haben sie das Kind mit dem Gürtel überall hingeschlagen, minutenlang.

Ich habe mir das angeschaut. Ich muss Ihnen eines sagen: Mir ist in meinem Leben noch nie so schlecht gewesen wie nach diesem Video. Schauen Sie es sich an, dann wissen Sie einmal, welche kranken Persönlichkeiten auf dieser Erde wandeln! (Abg. Strache: Der noch dazu Richter war!) Da müssen wir hinschauen, da müssen wir et­was tun. Da brauchen wir eine Strafverschärfung, damit diese kranken Subjekte mög­lichst lange von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

Jetzt kommen wir zu einem Punkt, der mir sehr, sehr wichtig ist, und deshalb habe ich mich heute auch hier zu Wort gemeldet. Ich bin selbst Familienvater. Jetzt haben wir einen großen Block, wo Sie aktiv sein können, Frau Minister: Da können Sie strafver­schärfend wirken, Berufsverbote verhängen und so weiter. All diese Dinge sind not­wendig, aber was Sie machen, ist etwas, das im Endeffekt das Kind mit dem Bade aus­schüttet.

Sie kriminalisieren liebevolle, fürsorgliche, aber teilweise auch überforderte Eltern mit Ih­rer Mindeststrafe, die Sie für Eltern fordern, die in einer Ausnahmesituation, aus Überforderung einem Kind einmal einen Klaps geben. Da wollen Sie eine Mindeststra­fe, weil das für Sie auch schon Gewalt ist. Und da wird aus meiner Sicht eindeutig über das Ziel hinausgeschossen, denn eines ist auch ganz sicher: Es gibt genug solcher Si­tuationen, wo ein Kind sich selbst gefährdet durch sein Verhalten, wo ein Kind einfach nicht zur Vernunft kommen will, wo jedes Reden einfach keinen Sinn hat, wo sich das Kind wild gebärdet und um sich schlägt, und wenn ich da mit einer Ohrfeige zurande komme, dann ist das sicherlich nicht so schädlich, wie es in vielen Büchern propagiert wird – vor allem in diesen antiautoritären Büchern, wo das Kind mit Liebesentzug be­straft wird und mit sonstigen Strafen, wie mit Verachtung und sonstigen Dingen. Das ist viel schlimmer für das Kind, als wenn ich ihm einmal einen kleinen Klaps gebe, der noch niemandem geschadet hat. (Zwischenrufe bei Grünen und SPÖ.)

Und deshalb: Schütten Sie hier nicht das Kind mit dem Bade aus! Kümmern Sie sich um die wahren Verbrecher und kriminalisieren Sie nicht Eltern, die mitunter auch ein­mal überfordert sind und sich nicht mehr anders zu helfen wissen und dem Kind einen Klaps auf den Hintern oder sonst wohin geben. Das ist sicherlich keine Gewalt an Kin­dern! (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.) Kümmern Sie sich um die wirklich wichtigen Punkte und kriminalisieren Sie nicht liebevolle und fürsorgliche Eltern, die manchmal halt leider auch etwas überfordert sind, sondern geben Sie diesen Eltern die Möglichkeit, dass sie mit ihrer Überforderung zurande kommen und bessere Strategien entwickeln, dann gibt es da keine Probleme. – Vielen Dank. (Ruf: Jetzt klatscht wirklich niemand mehr!)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

10.29.46Aktuelle Europastunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Die besten Chancen für Europas Jugend – Beschäftigung als Schlüssel“

Als Erster kommt Herr Abgeordneter Katzian zu Wort. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 46

10.30.03

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! In der Aktuellen Stunde haben wir alle uns darauf verständigt, alles zu tun, was dem Schutz der Kinder dient. Und so wie wir alles tun wollen, was dem Schutz der Kinder dient, so geht es jetzt auch darum, alles zu tun, um die besten Chancen für die Jugend in Europa zu erreichen. Wir sind der Meinung, der Schlüssel für gute Chancen, der Schlüssel für die Zukunft der Jugend in Europa liegt in der Beschäftigungspolitik, liegt in der Frage, ob es ein ordentliches Angebot an Be­schäftigung für die jungen Menschen in Europa gibt. – Das ist leider nicht der Fall.

Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union ist dramatisch: Sie beträgt im Schnitt der Europäischen Union um die 20 Prozent und sie ist in allen Ländern doppelt so hoch wie die normale Arbeitslosenquote. Die Tendenz ist leider stark steigend. In ei­nigen Ländern hat die Jugendarbeitslosigkeit 40 bis 50 Prozent erreicht: 43 Prozent in Griechenland, 46 Prozent in Spanien.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Entwicklung ist dra­matisch, denn das bedeutet, dass einer ganzen Generation die Zukunftsperspektive geraubt wird, und sie bringt auch jede Menge sozialen Sprengstoff. Was passieren kann, wenn Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivenlosigkeit, Einschnitte bei Sozialleistun­gen und andere Maßnahmen dieser Art zusammenkommen, das kann man in Großbri­tannien oder anderen europäischen Ländern beobachten.

Mit einer vergleichsweise niedrigen Jugendarbeitslosigkeit von 8 Prozent und einer sehr effektiven Lehrlingsausbildung ist Österreich für viele andere Staaten in der Euro­päischen Union ein Vorbild für Beschäftigungspolitik im Jugendbereich. Jugendbe­schäftigung ist der Bundesregierung und unserem Sozialminister ein wirkliches Anlie­gen, und ich glaube, die Zahlen und die Tatsache, dass wir Europameister bei der Ju­gendbeschäftigung sind, sprechen für sich.

Es ist eine gute Politik, die wir hier für die Beschäftigung von jungen Menschen ma­chen, und ich glaube, gerade wenn wir heute über die europäische Situation der Ju­gendbeschäftigung diskutieren, dann können wir auch stolz darauf sein, wie in Öster­reich Jugendbeschäftigung gehandhabt wird und dass wir hier ein sehr hohes Beschäf­tigungsniveau haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zur hohen Arbeitslosenrate auf europäischer Ebene kommt dazu, dass am Beginn der Karriere von jungen Menschen sozusagen ein Eldorado des Prekariats stattfindet. Aus­beutung durch unbezahlte Praktika, Niedriglöhne und alle Arten von Umgehungsverträ­gen sind für junge Menschen an der Tagesordnung, und das unabhängig von der Qua­lifikation. Das trifft nicht nur jene, die über schlechte Qualifikation verfügen oder die Schule abgebrochen haben. In Europa sind durchschnittlich vier von zehn Jobs für jun­ge Menschen befristete Dienstverhältnisse.

Wie dramatisch die Situation trotz niedriger Arbeitslosigkeit sein kann, sieht man bei­spielsweise in Deutschland, wo durch eine massive Sparpolitik, durch die Aufhebung fast aller Zumutbarkeitsbestimmungen und durch jahrelange Niedriglohnpolitik immer weniger junge Menschen von ihrem Einkommen leben können. (Abg. Kickl: Da fragt man sich,  die Gewerkschaft!) Damit ist klar, dass man sich keine Zukunft aufbauen kann, dass man keine Investitionen in die Zukunft vornehmen kann. Jugendliche bluten in der Krise am meisten, sie sind am stärksten betroffen, weil es bei den Jugendlichen den stärksten Arbeitslosenanstieg in Europa gibt, verglichen mit anderen Gruppen.

Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es darum, sofort und substanziell in Arbeitsmarktprojekte für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer zu investieren. Es geht nicht darum – und wir dürfen das nicht zulassen –, dass mit Sparprogrammen die Rahmenbedingungen gesetzt werden, wo in Wirklichkeit die Zukunft junger Menschen totgespart wird. Wir brauchen Konjunkturpakete, wir brau-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 47

chen Investitionen und nicht Kürzungen bei den öffentlichen und sozialen Dienstleis­tungen. Es geht um qualitätsvolle Arbeitsplätze, es geht um Arbeit, von der man leben kann, und es geht um Perspektiven für die Jugend in Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir dürfen auch keine Zeit verschwenden, und ich möchte daher ausdrücklich sagen, dass ich den Vorstoß des Sozialministers beim Ministerrat der Europäischen Union wirklich unterstütze, sofort und unbürokratisch jugendbeschäftigungspolitische Maß­nahmen zu ergreifen. Das will ich nicht nur ausdrücklich unterstützen, sondern ich will dich, lieber Herr Sozialminister, ermuntern, diesen Weg fortzusetzen. Es geht darum, jetzt Geld in die Hand zu nehmen, Jugendbeschäftigungspakete zu schnüren und das zu forcieren, um letztlich dafür zu sorgen, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Europa sinkt. Wir müssen versuchen, das, was für uns in Österreich ein wichtiges Credo ist, auch auf der europäischen Ebene umzusetzen.

Die Euro-Krise darf hier keine Ausrede sein, meine Damen und Herren. Am falschen Ende zu sparen – sparen bei den Jugendlichen, sparen bei der aktiven Arbeitsmarkt­politik –, das heißt, sparen an der Zukunft. Wenn man in diesen Bereichen spart, ist das mehr als fatal, und wenn nichts Substanzielles in Europa passiert, dann braut sich gewaltig etwas zusammen: Dann haben wir neben der Wirtschaftskrise, der Schulden­krise und der Euro-Krise auch eine soziale Krise – und bald auch eine demokratiepoliti­sche Krise. Dann werden jene Rattenfänger, die versuchen, den Jugendlichen sehr einfache Antworten für ihre Probleme zu präsentieren, weiter Zulauf erhalten. Wir ha­ben Beispiele dafür, wozu das führen kann, in der Vergangenheit erlebt: in Norwegen und zuletzt in Deutschland. Wer den letzten „Spiegel“ gelesen hat, dem kann in Wirk­lichkeit nur das Grauen kommen.

Meine Damen und Herren, die Sozialdemokratie bleibt daher dabei: Wir brauchen ein neues Wachstums- und Verteilungsmodell in Europa. Europa, so wie es jetzt tickt, die­ses Europa mit jenen Hintergründen, Strukturen und Gegebenheiten, wie Politik ge­macht wird, das reicht für uns nicht aus. Wir wollen Veränderungen am System, wir brauchen Wachstum und wir brauchen ein gerechtes Verteilungssystem. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, die Schulden müssen reduziert werden, aber nicht, indem das Sozialsystem kaputt­gespart und jungen Menschen die Perspektive geraubt wird. Wir brauchen neue Ein­nahmen, die von jenen kommen müssen, die es sich sehr gut leisten können, in die Zu­kunft zu investieren (Beifall bei der SPÖ), von jenen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die vor der Krise verdient haben, die während der Krise verdient haben und die nach der Krise verdient haben. Wir brauchen Maßnahmen, die es den Mitgliedstaaten er­möglichen, aus der Krise herauszuwachsen, und nicht Maßnahmen, die die Mitglied­staaten in die nächste Rezession hineinsparen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht um gesamtwirtschaftliche Nachfrageförderung, es geht um die Sicherstellung der Kaufkraft als wichtige Basis in diesem Zusammenhang, und ich meine, dass auch die österreichischen Gewerkschaften durch eine aktive, engagierte und sehr erfolgrei­che Lohnpolitik einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Kaufkraft leisten. (Neuerli­cher Beifall bei der SPÖ.)

Daher gibt es aus meiner Sicht zwei Ebenen für die Weiterarbeit in diesem Bereich.

Die eine ist, sich auf nationaler Ebene dafür einzusetzen, dass dieser Weg, den wir in den letzten Jahren gegangen sind – unseren Fokus auf die Jugendbeschäftigung zu lenken –, fortgesetzt wird, dass wir mit Maßnahmen aktiver und engagierter Arbeits­marktpolitik dafür sorgen, dass auch die auf europäischer Ebene sehr niedrige Jugend­arbeitslosigkeit weiter gesenkt werden kann. Jeder Jugendliche und jede Jugendliche, der oder die arbeitslos ist, ist einer oder eine zu viel, daher haben wir auch in Öster­reich noch große Anstrengungen zu unternehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 48

Auf europäischer Ebene, das möchte ich noch einmal unterstreichen, engagieren wir uns für Maßnahmen und Konjunkturpakete, die den Jugendlichen in Europa Hoffnung und eine Zukunft geben.

Unterstützen wir unseren Sozialminister bei seinen entsprechenden Vorstellungen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


10.39.14

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Abgeordnete! 7,1 Prozent: Wir sind an erster Stelle, wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der Europäischen Union! Es ist uns wieder geglückt, Holland zu überholen. Sie wissen, wir wechseln uns hier immer ein bisschen ab, aber jetzt im September – und auch im Oktober – haben wir die niedrigste Arbeitslosigkeit.

Diese niedrigste Arbeitslosigkeit ist eine Bestätigung der Jugendarbeitsmarktpolitik der österreichischen Bundesregierung, die wir uns vorgenommen haben. Mit der konse­quenten Umsetzung und Weiterentwicklung dieser österreichischen Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche sind wir auch dabei, dem Reformprogramm „Europa 2020“ Rechnung zu tragen.

Es gibt verschiedenste Kernziele für dieses Europa 2020, und das, was für mich, für mein Ressort am relevantesten ist, ist die Verbesserung des Bildungsniveaus und die Senkung der Schulabbrecherquote.

Von den sieben Leitinitiativen betreffen zwei unmittelbar dieses Ressort, nämlich die „Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten“, um vor allem auch das lebenslange Lernen zu erleichtern. Das Ziel ist auch, bis 2020 eine Beschäf­tigungsquote von 75 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zu erreichen. Die Leitinitiative „Jugend in Bewegung“ sieht vor, einerseits Bildungssysteme zu stär­ken, aber andererseits vor allem auch den Zugang zum Arbeitsmarkt für junge Men­schen zu erleichtern.

Wir haben da ein Instrumentarium, welches wir auf europäischer und auf nationaler Ebene sehr viel nützen, und dieses Instrumentarium ist der Europäische Sozialfonds. Für Österreich hat der Europäische Sozialfonds wichtige Impulse für die Weiterentwick­lung von Angeboten im Bereich der Jugendbeschäftigung gesetzt. Diese Arbeit in ter­ritorialen Beschäftigungspakten hat sich bewährt, und der Erfolg des ESF liegt auch dahin gehend begründet, dass mehrere Ministerien, das AMS, die Sozialpartner und die österreichischen Bundesländer eingebunden sind.

Ich möchte Ihnen jetzt ein paar Beispiele für das, was wir im ESF tun, kurz erläutern. Vielleicht eines der jüngsten, aber eines der erfolgreichsten Angebote ist die Etablie­rung von 20 österreichischen Produktionsschulen, wo wir uns bemühen, 2 000 Jugend­liche pro Jahr über diese Einrichtung in das Erwerbsleben zu integrieren, ihnen eine Lehrstelle zu vermitteln. Die Finanzierung ist gemeinsam mit dem AMS, gemeinsam mit dem ESF und mit den österreichischen Bundesländern auch in Zukunft abgesichert.

Wir haben in Österreich, als eines von wenigen europäischen Ländern, ein Modell der Lehrlingsausbildung, das duale Berufsausbildungsmodell, das dazu führt, dass fast 40 Prozent der Jugendlichen eines Altersjahrgangs diesen Weg beschreiten. Ende Ok­tober hatten wir knapp 120 000 betriebliche Lehrlinge, und ob man es glaubt oder nicht – einige wollen es nicht glauben hier im Haus –, wir haben einen Anstieg der be-


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trieblichen Lehrlinge im ersten Lehrjahr, wir haben betrieblich 36 600 Lehrverhältnisse mit Ende Oktober in Österreich gehabt  in Betrieben! Ich betone das absichtlich so. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie wissen auch, dass derzeit eine Novelle zum Berufsausbildungsgesetz, gemeinsam mit dem Kollegen Mitterlehner und seinem Ressort, in der Begutachtung ist, mit der es auch darum geht, Lehrlingscoachings und entsprechende neue Projekte zu etablieren. Und zusätzlich gilt natürlich diese Ausbildungsgarantie auch weiterhin, diese Ausbil­dungsgarantie umfasst derzeit rund 10 500 Jugendliche, die wir zusätzlich in überbe­trieblichen Ausbildungseinrichtungen ausbilden.

Wir haben uns ein weiteres Ziel gesetzt, das heißt „Aktion Zukunft Jugend“. Warum ha­ben wir uns dieses Ziel gesetzt? – Weil von zehn arbeitslosen Jugendlichen vier zwi­schen 19 und 24 Jahre alt sind und maximal einen Pflichtschulabschluss vorzuweisen haben. Durch Qualifizierungsangebote, spezielle Beschäftigungsförderungen, intensi­vierte Vermittlungstätigkeit soll diesen Jugendlichen speziell geholfen werden. Es geht um das Nachholen von Bildungsabschlüssen beziehungsweise Qualifizierungen und neue Chancen am Arbeitsmarkt. Wir haben vom 1. Jänner 2011 bis 31. Oktober dieses Jahres dadurch 118 000 junge Erwachsene wiederum in Beschäftigung gebracht, und derzeit waren und sind rund 60 000 in Schulungsprogrammen, in Qualifizierungspro­grammen.

Seit September/Oktober dieses Jahres gibt es ein zusätzliches Projekt namens „JUST Neu“. Das tut nichts anderes, als ganz einfach 1 500 sehr, sehr niedrig qualifizierten jungen Arbeitslosen beim Nachholen von Lehrabschlüssen speziell zu helfen. Und wir leisten als Österreich noch eine Pionierarbeit. Wir leisten eine Pionierarbeit für ganz Europa, indem wir beim Übergang von der Schule zum Beruf beispielgebend sind. Sie haben von meinem Vorredner schon gehört, jeder siebente junge Europäer verlässt das Bildungssystem ohne Abschluss. Momentan sind rund 6,4 Millionen Menschen in Europa sogenannte Schulabbrecher.

Die Schulabbrecherquote in Österreich ist zum Glück um einiges unter dem EU-Durch­schnitt, aber sie ist trotzdem auch für uns zu hoch. Und der Schulabbruch trägt ganz einfach maßgeblich zur sozialen Ausgrenzung im späteren Leben bei, trägt dazu bei, im späteren Leben immer zur Gruppe der Einkommensschwachen und derer zu zäh­len, die eine sehr hohe Arbeitslosigkeitsgefährdung haben. All das gilt es zu verhin­dern, und darum beginnen wir in Wien und in der Steiermark mit 2012 mit den Jugend­coachings, bei denen es darum geht, gemeinsam mit dem Unterrichtsressort zu versu­chen, dass junge Menschen, wenn sie die Pflichtschule fertig haben, auch ganz genau wissen, wie es weitergeht, damit bei dieser Frage kein Vakuum entstehen kann.

Warum beginnen wir in diesen beiden Bundesländern?  Weil es in diesen beiden Bun­desländern schon einige Testversuche gab und wir natürlich das Ziel haben, und ich speziell das Ziel habe, das in absehbarer Zeit in allen österreichischen Bundesländern zu machen.

Aber bei all diesen Aktivitäten bemühen wir uns auch speziell, eine Gruppe und ein Themenfeld weiterhin im Auge zu behalten, und das ist die berufliche Eingliederung von Jugendlichen mit Behinderung. Es ist gar keine Frage, dass diese Gruppe sehr, sehr spezieller Maßnahmen bedarf, und wir haben auch heuer wiederum 27 000 Ju­gendlichen eine Förderung vermittelt oder werden sie noch vermitteln, damit sie ganz einfach in den Arbeitsprozess eintreten können. Wir haben die begleitende Hilfe, wir haben das Clearing, wir haben das Jugendcoaching, wir haben eine Berufsausbil­dungsassistenz, wir haben eine integrierte Berufsausbildung, wir haben eine Jugendar­beitsassistenz, die speziell für Jugendliche mit Behinderung gilt, wir haben das Jobcoa­ching und – was für diese Personengruppe auch ein hoher Aufwand ist, den wir aber


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gerne betreiben – das Nachreifen in Form von Bildungsabschlüssen sowie gezielte Qua­lifizierung und Beschäftigungsmaßnahmen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Selbstverständlich gibt es bereits auch Jugendliche mit Behinderung, die in Ausbildung stehen, die auch die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz bekommen. Es sind nicht viele, es sind nur 112, aber die bekommen sie.

Bei all diesen Aktivitäten geht es mir darum, etwas zu initiieren, weiterzumachen. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit stellt europäische Priorität dar, wir haben mehr als fünf Millionen Jugendliche in der EU, die arbeitslos sind. Die Konjunkturaussichten sind nicht gerade die erfreulichsten, aber trotzdem müssen wir jetzt handeln. Und wie schaut die konkrete Initiative aus? – Die von mir vorgeschlagene Initiative umfasst eine Ausbildungs- und Beschäftigungsgarantie für Jugendliche zwischen 15 und 24 und die Einrichtung eines Fonds namens „Zukunft für die Jugend“.

Jeder Jugendliche sollte möglichst rasch nach Abschluss seiner Pflichtschulausbildung eine Ausbildung machen, eine Weiterbildung machen, eine Lehrstelle haben, ganz ein­fach irgendwie weitermachen. Es gibt ja bereits bestehende Erfahrungen: Wir haben Erfahrungen in Österreich, wir haben eine bestehende Erfahrung in Holland, dort heißt das „Aktionsplan gegen Jugendarbeitslosigkeit“, wir haben eine bestehende Erfahrung in Frankreich, dort heißt es „Notfallplan zur Jugendbeschäftigung“, und wir haben auch sehr oft regional die richtigen Angebote zu entwickeln. Dies wird ein weiteres Thema sein – in einigen Regionen funktioniert es derzeit überhaupt nicht, in anderen besser.

Was ich machen möchte, ist, dass das 2012 umgesetzt wird, sehr rasch, sehr unbüro­kratisch. Wenn es möglich ist, bei diversen sonstigen Aktivitäten im Rahmen der Euro­päischen Union sehr unbürokratisch zu helfen, so muss es auch möglich sein, der Ju­gend sehr unbürokratisch zu helfen. Wir haben so ein Instrumentarium zum Beispiel bei den Regionalfonds für Griechenland, wo auf einmal sehr unbürokratisch geholfen wer­den konnte.

Es muss auch in all diese Gespräche eingebracht werden, zunächst zur nächsten Fi­nanzperiode, dass es zu einer Aufstockung der Mittel für Jugendliche kommt, damit nicht der Finanzkrise eine soziale Krise folgt. Wir müssen eine Antwort auf die Jugend­beschäftigungsprobleme in Europa finden, und wir können da sehr selbstbewusst als Österreich ein Vorbild sein – ganz genau wissend, dass Österreich natürlich nicht nachlassen darf, ganz genau wissend, dass Österreich permanent mit seinen Aktivitä­ten weitermachen muss, denn ein Ziel gilt es auf alle Fälle zu erfüllen: Jeder Jugendli­che soll, muss nach Absolvierung seiner Pflichtschulzeit eine weitergehende Ausbil­dung machen, denn nur die Pflichtschule ist für das weitere Leben zu wenig.

Das ist das Credo, um das es geht, das man umsetzen soll. Das kann man nur step by step machen, gar keine Frage, aber wir müssen jetzt auch einen Schritt setzen, nicht nur in Österreich weiterzumachen, sondern auch in Europa unsere Erfahrungswerte und unsere Initiativen aktiv zu bewerben und aktiv für ganz Europa eine Jugendbe­schäftigungsinitiative zu starten.  Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit, so wie in der vorhergehenden Aktuellen Stunde schon angeführt, aller weiteren Teil­nehmerinnen und Teilnehmer jeweils 5 Minuten beträgt.

Frau Abgeordnete Csörgits gelangt zu Wort. – Bitte.

 


10.50.39

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zu Beginn bei Ih­nen, Herr Bundesminister, aber auch bei allen Kolleginnen und Kollegen Ihres Res-


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sorts und der anderen Ressorts ganz herzlich dafür bedanken, dass es in Österreich gelungen ist, Maßnahmen zu setzen, die aktiv, sinnvoll, richtig und zielgenau Jugend­arbeitslosigkeit bekämpfen, und in diesen Dank möchte ich auch insbesondere die So­zialpartner miteinschließen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

An diesem erfolgreichen Modell, sehr geschätzte Damen und Herren, muss weiter ge­arbeitet werden, der Herr Bundesminister hat es schon gesagt. Und ganz, ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass dieses tolle Modell, das wir in Österreich ge­meinsam erarbeitet haben, auch beispielgebend für die Europäische Union sein muss und sein soll. Ich unterstütze Sie – und wir alle, glaube ich, unterstützen Sie – in Ihren Bemühungen, geschätzter Herr Bundesminister, unsere Vorschläge auch im Bereich der Europäischen Union zu implementieren, denn man kann nicht zusehen, wenn viele Men­schen, vor allem junge Menschen in Europa von Jugendarbeitslosigkeit betroffen sind.

Meine Vorredner haben es schon gesagt: Es ist nicht nur das Problem, dass diese Menschen keine Arbeit haben. Es ist auch das Problem, dass diese Menschen keine Zukunft haben, dass ihnen jede Chance genommen wird und dass daraus eine Viel­zahl an Schwierigkeiten entsteht. Das eine ist, dass sie nicht in der Situation sind, ihr eigenes Geld zu verdienen. Das andere ist aber auch, dass sie ganz einfach aufgrund von einer Perspektivenlosigkeit dann oft auch so manchen populären, radikalen politi­schen Parolen zugänglich sind und oft den einzigen Weg und die einzige Möglichkeit, auf ihre Problematik aufmerksam zu machen, darin sehen, in Form von gewaltvollen Demonstrationen auf die Straße zu gehen.

Ein Punkt, der auch mit eine Rolle spielt, warum Arbeitslosigkeit im Bereich der Jugend entsteht, ist auch, dass gespart wird – und zwar dort, wo es sozial nicht sinnvoll ist. Bei allen Sparmaßnahmen, die notwendig, richtig und wichtig sind, muss man sich aller­dings immer den Spiegel vor Augen halten und schauen, ob nicht diese Sparmaßnah­men auch bedeuten, dass Arbeitslosigkeit entsteht, dass Arbeitsplätze abgebaut werden.

Ein Problem, das ich auch noch erwähnen möchte, ist, dass Menschen, die lange von Arbeitslosigkeit betroffen sind, auch in starke Depression verfallen und es damit natür­lich immer wieder noch schwerer haben, in den Arbeitsprozess eingegliedert zu wer­den. Ich freue mich, dass im Bereich der Europäischen Union unter dem Motto „Jugend in Bewegung“ nun Leitinitiativen festgelegt worden sind, die in vielen Bereichen auch auf unsere Jugendmaßnahmen abgestimmt sind.

Ich darf einige davon erwähnen: Ich darf die „Europäische Jugendgarantie“ erwähnen, die sicherstellen soll, dass in den Mitgliedstaaten alle junge Menschen innerhalb von vier Monaten nach ihrem Schulabschluss entweder eine Anstellung haben oder aber auch in einer Ausbildung weiter aktiv sind. Das haben wir ja erfreulicherweise schon in Österreich, das hat der Herr Bundesminister ja erwähnt, und das stellt einen großen Erfolg dar.

Mit einer weiteren Maßnahme wird auf die ganz besonders schwierige Situation von je­nen Menschen ein Augenmerk gelegt, die zwischen 20 und 24 Jahre alt sind. Von die­ser Altersgruppe waren circa 15 Prozent noch nie in irgendeiner Art der Beschäftigung oder haben die Ausbildung abgebrochen. Es muss einen ganz besonderen Stellenwert haben, jenen jungen Menschen Hilfestellung zu geben, entweder eine Ausbildung ab­zuschließen, sich weiterzuqualifizieren oder dementsprechend in den Arbeitsmarkt ein­gegliedert zu werden, denn genau bei diesen jungen Menschen, die überhaupt keine Möglichkeiten haben, aktiv zu werden, besteht letzten Endes die Gefahr, dass sie in die totale Perspektivenlosigkeit fallen.

Sehr geschätzte Damen und Herren, wir haben mit unseren Programmen im Bereich der Beschäftigung von jungen Menschen gute Erfolge erzielt. Wir legen einen ganz be­sonderen Schwerpunkt auch auf jene Menschen, die eine niedrige Schulausbildung ha-


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ben. Da wollen wir weiterqualifizieren. Der Bundesminister hat es schon gesagt: Ganz wichtig und entscheidend ist es, dass man junge Menschen dazu motiviert, eine höhe­re Qualifikation, eine höhere Ausbildung zu bekommen, denn nur dann kann sicherge­stellt werden, dass auch die Möglichkeit, in das Berufsleben einzusteigen, leichter ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren, das wird nicht umsonst sein. Dafür ist es notwen­dig, sehr viel Geld in die Hand zu nehmen, aber es ist gut investiertes Geld; und ich denke, dieses gut investierte Geld bedeutet auch, dass wir vielen jungen Menschen in Österreich ein schlimmes Problem ersparen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Franz.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.56.04

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Aktuelle Europastunde dazu nützen, auch zu Europa etwas zu sagen. Zweifelsohne ist das Thema Jugendbeschäf­tigung ein zentrales innerhalb von Europa, aber Europa, in der jetzigen Verfassung, ist in einer Situation, in der andere Herausforderungen im Vordergrund stehen. Und nur durch die Bewältigung dieser Herausforderungen kann man tatsächlich eine Basis schaffen, dass man der Jugend, was ihre Beschäftigung betrifft, Perspektiven bieten kann.

Europa ist natürlich das Schicksal unserer Jugend. Zweifelsohne ist Beschäftigung da ein Schlüssel für die Zukunft jedes einzelnen Jugendlichen. Aber wie gesagt, die Basis dafür ist die Verfasstheit dieses Europa, die Verfassung des Finanz- und Wirtschafts­standortes Europa. Und Europa steht an einem Wendepunkt. Vor vier Wochen war die­ses Europa noch ein anderes Europa, als es jetzt ist, nach den Entscheidungen des letzten Rates. Spät aber doch hat Europa bemerkt, dass die Finanzmärkte ein weiteres Lavieren nicht dulden, dass die Finanzmärkte mangelnde Reformbereitschaft ganz hart abstrafen.

Und Europa hat reagiert – Gott sei Dank, sage ich. Europa nach Berlusconi, nach Pa­pandreou ist aber nach wie vor ein Europa, das vor großen Herausforderungen steht. Damit sind sicherlich die Probleme nicht gelöst, aber es gibt schon einen großen Unter­schied zu bisher. Es ist eben gehandelt worden, und beide Staaten bereiten allen gro­ße Sorgen, die an diese Solidargemeinschaft Europa glauben – und Europa ist eine Schicksalsgemeinschaft. Diese Persönlichkeiten, die jetzt an der Spitze in Griechen­land und in Italien stehen, sind natürlich andere als ihre Vorgänger, und es ist ihnen durchaus zuzutrauen, diese Herkules-Aufgaben dann zu schaffen, wenn diese Schick­salsgemeinschaft Europa zusammensteht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, der eingeschlagene Weg der Euro-Zone ist ja nicht mehr zu revidieren. Und daher war es seitens der Bundesregierung, seitens des Bundeskanz­lers, seitens des Vizekanzlers richtig, auch hier in Österreich rasch zu handeln (Abg. Öllinger: Jugendarbeitslosigkeit!), und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem wir der Sou­verän des Handelns sind. In Griechenland, in Italien, da sitzt der IWF am Regierungs­tisch, da überwacht der Internationale Währungsfonds auch das, was im nationalen Parlament passiert, und das nationale Parlament ist in jedem der europäischen Mit­gliedstaaten das Herzstück. Meine Damen und Herren, das gilt es bei uns zu verhin­dern, damit wir das Handeln in unserer Hand haben, dass uns nicht der IWF und Abge­sandte der Europäischen Kommission vorgeben, was wir zu tun haben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das ist der entscheidende Punkt, meine Damen und Herren. Daher sage ich – bevor ich zum Thema Jugendbeschäftigung komme –: Ganz entscheidend für die Jugend ist schon, wie schwer der Schuldenrucksack ist, den wir ihr übergeben. Wenn es uns in den nächsten Jahren gelingt, diesen Schuldenrucksack etwas zu erleichtern, dann ist das ein ganz, ganz wichtiger Schritt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Wir in Öster­reich gehen daran, unsere Hausaufgaben zu erfüllen, und auch die Europäische Union hat ihre Hausaufgaben zu erfüllen.

Ich kann nur allen Abgeordneten empfehlen, zur Verfassung Europas einen Essay von Jürgen Habermas nachzulesen, in dem er ganz klar aufzeigt, wo dieses Europa hinge­hen muss. Es darf nicht ein Weniger an Europa sein, um es auf die kürzeste Formel zu bringen, es muss ein Mehr an Europa sein. Das ist unser Auftrag, dem wir unsere Zu­stimmung geben müssen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich freue mich – wirklich! –, ich freue mich sehr, dass Öster­reich bei der Beschäftigung und bei der Jugendbeschäftigung in einer anderen Situa­tion ist, als es viele EU-Staaten sind. Es ist schön, dass Österreich sowohl bei der Ju­gendarbeitslosigkeit als auch bei den Arbeitslosenquoten tatsächlich in beiden Berei­chen sehr gut liegt. Die Messungen sind ja nicht von uns vorgenommen worden, wur­den nicht von der österreichischen Bundesregierung geschönt, das sind die europäi­schen Zahlen.

Wir stehen da in beiden Bereichen an der Spitze, an der Spitze aller 27 EU-Mitglied­staaten: 7 Prozent bei der Jugendarbeitslosigkeit, 4 Prozent insgesamt bei der Arbeits­losigkeit. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Jeder einzelne Arbeitslose ist natürlich einer zu viel. Das ist ganz klar. Aber es ist schon eine andere Situation, wenn man 7 Prozent arbeitslose Jugendliche hat oder 48 Pro­zent wie in Spanien – das Siebenfache von uns! Das ist dramatisch.

Daher sollten wir darauf auch den Schwerpunkt legen, das Entscheidende hierbei ist die Bildung, die Ausbildung. Das ist der Schlüssel, damit wir weiterhin eine solch gute Situation auf dem Arbeitsmarkt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner – Bitte.

 


11.01.46

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Liebe Kollegen! Herr Minister! Herr Kollege Lopatka hat ja Gott sei Dank den Steh­satz gesagt, mit dem alles geheilt wird: Es muss immer mehr Europa geben und nie weniger Europa, die Lösung ist immer mehr Europa.

Nur: Die Lösung für das Thema, mit dem wir uns jetzt beschäftigen, das der Kollege Katzian ja angeschnitten hat, wird schwerlich in mehr Europa liegen, denn ein großer Teil dieser Probleme ist mehr Europa, weil die Arbeitslosigkeit, die wir haben, inklusive der Jugendarbeitslosigkeit, im Wesentlichen über weite Strecken ein europäisches Pro­blem ist, ein Problem des Versagens des Euros und der Eurozone. Die enormen Un­gleichgewichte, die die spanische, aber auch die griechische und die portugiesische Wirtschaft zerstört haben, sind ein Produkt der Eurozone, sind ein Produkt der Möglich­keit, sich billig zu verschulden, sind ein Produkt der Möglichkeit, wirtschaftliche Ver­nunft außer Acht zu lassen.

Das heißt, das, was hier als Therapie geboten wird, ist einer der Gründe und eine der Ursachen der Krankheit und der Krise. Damit befindet sich der Kollege Lopatka brav koalitionär in einer ähnlichen Situation wie der Kollege Katzian, der auch die Krankhei­ten des Systems als einzige Heilquelle und als einziges Heilmittel sieht, die tatsächli-


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chen Ursachen aber verschweigt und nicht erwähnt und dazu die – Gott sei Dank – un­vermeidliche Phrase von den „einfachen Antworten der Rattenfänger“ in den Mund ge­nommen hat.

Alles das, was man nicht sagen darf, was die tatsächlichen Ursachen sind, sind die „ein­fachen Antworten der Rattenfänger“. Für den Kollegen Katzian gibt es natürlich nur ei­ne Lösung – ich habe mir das mitgeschrieben, wie er das so schön formuliert hat –: Man darf die Sozialsysteme nicht kaputtsparen, muss Geld in die Hand nehmen, soll nicht in die nächste Rezession hinein sparen und muss Konjunkturpakete schnüren. – Das ha­ben wir ja zur Genüge gemacht, und die Resultate sehen wir ja! (Abg. Mag. Stadler: Und ... bekämpfen!)

Herr Minister, Kollege Katzian hat Ihnen zwar mit seinem Thema schöne Stichworte für eine Selbstpreisungsrede gegeben, aber Sie hätten uns schon der Fairness halber auch die ganzen Zahlen sagen können, dass nämlich neben diesen 7 oder 7,5 Prozent Jugendarbeitslosigkeit auch eine gleich hohe Zahl von Jugendlichen in Schulungspro­grammen drinnen ist. (Bundesminister Hundstorfer: Stimmt ja gar nicht!) Das führt da­her de facto zu einer Verdoppelung der Jugendarbeitslosigkeit.

Aber kommen wir jetzt ein bisschen zu den Ursachen. Schauen wir uns zum Beispiel Spanien an! Das wird ja immer wieder zu Recht als Katastrophenbeispiel gebracht: 46,5 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, 21,2 oder 21,3 Prozent – das sind die neuesten Zahlen – Gesamtarbeitslosigkeit. Wo kommt das her? Kommt das daher, weil wir zu wenig Europa haben? Kommt das daher, weil wir zu wenige Sozialprogramme zahlen oder hat das andere Ursachen?

Eine der Ursachen ist sicher, dass es dort seit vier Jahren kein Wirtschaftswachstum mehr gibt nach dem Platzen der Schuldenblase und daher keine Arbeitsplätze mehr geschaffen werden.

Eine andere Ursache ist aber auch nicht uninteressant: Spanien hat den höchsten Aus­länderanteil in der gesamten Europäischen Union nach Luxemburg – Luxemburg hat um einiges mehr –, etwa 12 Prozent, das sind 5,2 Millionen Einwohner. Davon sind et­wa 70 Prozent in den letzten 20 Jahren zugewandert. Die Zuwanderung liegt jetzt noch bei über 100 000 im Jahr! Die sozialistische Regierung Zapatero weigert sich bis heute, dagegen Maßnahmen zu setzen. Es wurden minimale Änderungen im Fremdenrecht unternommen, aber nur minimale Änderungen.

Kollege Katzian, wie soll das funktionieren: ein derartiger Zustrom auf den Arbeitsmarkt und kein Wirtschaftswachstum? Das ist kein Grund? Der einzige Grund sind Sozialpro­gramme, das heißt, man soll jetzt die 46,5 Prozent durch Sozialprogramme, durch Geld-in-die-Hand-Nehmen, durch In-irgendwelchen-Lehrwerkstätten-Beschäftigen abbauen? – Na, da schaue ich mir in einem halben Jahr die budgetäre Situation gerne an! (Abg. Lue­ger: Was ist Ihr Gegenvorschlag?)

Der Gegenvorschlag ist zweierlei. Erstens: Es kann keine Verbesserung der Situation der Jugendlichen geben, weder beschäftigungsmäßig noch einkommensmäßig. (Abg. Riepl: Das ist ja kein Vorschlag!) Das hat der Kollege Katzian sehr richtig erwähnt. In Deutschland ist ja das Problem nicht nur, dass es Jugendarbeitslosigkeit gibt – die ist gar nicht so hoch –, sondern es ist das Problem, dass ein großer Teil in prekären Ar­beitsverhältnissen ist und dass seit 15 Jahren das durchschnittliche Realeinkommen der Berufseinsteiger dort sinkt.

Aber wie ist die Situation in Deutschland, Kollege Katzian? – In Deutschland gibt es der­zeit eine Ausländerquote mit ausländischen Staatsbürgerschaften von 9 Prozent. Das sind ungefähr sieben Millionen Menschen. Und 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, 16 Millionen haben Migrationshintergrund. Es gab einen Zustrom auf den deutschen Arbeitsmarkt in den letzten zwei Generationen von 16 Millionen Menschen – und das


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überwiegend aus Ländern mit einem weit niedrigeren beziehungsweise katastrophal niedrigeren Lohnniveau als bei uns. (Abg. Riepl: Wo ist Ihr Vorschlag? Sie haben ge­sagt, Sie haben zwei Vorschläge! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Wie stellen Sie sich daher vor, ohne einen Einwanderungsstopp beziehungsweise oh­ne eine Repatriierung eines Teils der Einwanderer, die hier nicht integrierbar und nicht beschäftigbar sind, das Problem in den Griff zu bekommen? (Abg. Riepl: Jetzt reden Sie so lange, bis die Redezeit aus ist! Wir hören keine Vorschläge!) Und sagen Sie mir noch einmal: Wie stellen Sie sich vor, dieses Argument auf Dauer mit dem Einwand (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen) – ich bin schon fertig –, das wären alles die „einfachen Antworten der Rattenfänger“ abzutun?! – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Sie haben Vorschläge versprochen! Wo sind die Vor­schläge?)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz – Bitte.

 


11.07.25

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Nicht hinter jedem hohen Pult (das hoch eingestellte Rednerpult herunterfahrend) steht auch ein großer Mann. (Heiterkeit. – Bei­fall bei den Grünen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schlüssel für die Zukunft der Jugend in Europa: Sind das wirklich die Jobs? – Ich möchte damit beginnen, dass ich dieser The­se einmal widerspreche, denn der Schlüssel sind nicht in erster Linie die Jobs, son­dern das Allerallerwichtigste – und das wird Ihnen auch jeder Arbeitsmarktexperte und jede Arbeitsmarktexpertin bestätigen – ist eine gute Grundausbildung, Bildung und Aus­bildung.

Deshalb sage ich: Wenn wir uns um die Zukunft der Jugend in der Europäischen Uni­on, vor allem auch in Österreich Sorgen machen, dann bitte reden wir über eine Bil­dungsreform! (Beifall bei den Grünen.)

Wir brauchen endlich gute und mehr Kinderbetreuungseinrichtungen. Wir brauchen ein besseres Schulsystem und wir brauchen einen freien Zugang zu einer qualitativ hoch­wertigen höheren Bildung. Das sind die Voraussetzungen, die erst die Basis dafür schaf­fen, dass man später die Chance hat, einen guten Job zu bekommen.

Doch ich möchte noch weiter gehen, denn diese Verzögerungen, die wir in Österreich leider bei der Reform dieses so wichtigen Bildungssystems haben, stehlen jungen Men­schen ihre Chancen für die Zukunft.

Ihre Blockadepolitik, vor allem die Blockadepolitik der ÖVP, meine Damen und Herren, die stiehlt jungen Menschen ihre Chancen auf eine gute Zukunft. 10 Prozent aller Ju­gendlichen in Österreich verfügen nur über einen Pflichtschulabschluss. Denen steht eine berufliche Laufbahn als schlechtest bezahlter, meist ausgenützter Hilfsarbeiter und immer wiederkehrende Arbeitslosigkeit bevor. Wir wissen das. In Ländern wie Po­len und Slowenien liegt diese Quote bei 5 Prozent. Das ist schon ein bisschen peinlich für uns; 5 Prozent, die Hälfte von Österreich.

Es gab das Ziel im Zuge der Umsetzung der Lissabon-Strategie, diese Quote zwi-
schen 2000 und 2010 zu halbieren. Das ist nicht gelungen. Heute kündigt Herr Minister Hundstorfer wieder Bemühungen in diese Richtung an, aber sie sind längst überfällig. Wenn nicht endlich diese Bildungsreform kommt, dann stehlen Sie jungen Menschen in Österreich und letzten Endes in ganz Europa ihre Chance auf eine gute Zukunft.

Meine Damen und Herren, reden wir auch von den Jobs und den Beschäftigungen. Ich spreche Herrn Minister Hundstorfer keinesfalls ab, dass er sich sehr engagiert, ich ha-


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be auch schon mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass ich das sehr anerkenne, was er in diesem Bereich versucht. Sicher: Wir stehen im europäischen Vergleich nicht so schlecht da, aber – und das ist schon ein großes Aber – die Jugendarbeitslosigkeit ist in Österreich trotzdem in den letzten zehn Jahren um 5 Prozent gestiegen. Und – wie­der ein großes Aber –: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt im Schnitt immer über der Ar­beitslosenquote der gesamten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich. Al­so: So rosig ist die Situation da keinesfalls.

Noch etwas kommt dazu: Selbst wenn es jungen Menschen gelingt, einen Job zu fin­den, dann handelt es sich in den seltensten Fällen um einen fixen, unbefristeten Job. Junge Menschen unter dreißig sind überproportional häufig in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen beschäftigt. Konkret sind es 14,4 Prozent aller Beschäf­tigten, die atypisch arbeiten, aber bei den Unter-Dreißigjährigen sind es mehr als ein Drittel, die nur geringfügig beschäftigt sind, freie Dienstverträge haben, teilzeitbeschäf­tigt sind, et cetera. Damit können wir sicher nicht zufrieden sein.

Herr Minister! Ich hoffe wirklich, dass uns viele der Programme, die Sie uns heute wie­der angekündigt haben, insgesamt ein Stückchen weiterbringen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in allererster Linie endlich eine gute Bildungsreform brauchen und natürlich auch faire und gute Jobs für die Jugend in Österreich und in Europa. Wenn Sie auf diesem Weg sind, werden Sie die Grünen als Unterstützer und Unterstützerin­nen sicher dabei haben. (Beifall bei den Grünen.)

11.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.12.12

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Schön, dass wir in Anbetracht der schwierigen Zeiten, in denen wir uns befinden, auch einmal über Europathemen sprechen können. Das Thema, das wir uns vorgestellt hätten, wäre natürlich das pri­märe Thema gewesen, nämlich die Eurokrise und was Österreich macht, wie sich Ös­terreich darauf vorbereitet.

Natürlich ist Beschäftigung wichtig, ist Jugendbeschäftigung wichtig, ist Geld wichtig für die Bildung, für die Ausbildung unserer jungen Menschen, damit sie eine Perspektive haben.

Herr Bundesminister, wenn Sie heute so glorreich hinter uns Stellung nehmen, alles beschönigen und sagen, dass wir in Österreich eine vorbildliche Beschäftigungspolitik haben, von der sich andere Länder nur etwas abschauen können, dann dürfen Sie ei­nes nicht verschweigen, nämlich dass wir, was die Beschäftigtenzahl betrifft, auch die meisten Frühpensionierungen in Österreich haben und dass das auch ein Umstand da­für ist, dass Sie hier eine so gute Zahl vorweisen können. Verschweigen Sie das den Menschen nicht! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn Sie so stolz sind auf diese hohe Zahl der Beschäftigten in Österreich, dann hätte ich mir von Ihnen seriöserweise erwartet, dass Sie auch einen Dank gegenüber der ös­terreichischen Wirtschaft aussprechen, dass Sie den tüchtigen Unternehmerinnen und Unternehmern in unserem Land einmal dafür danken, dass sie so eine hohe Zahl an Lehrlingen, an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufnehmen. (Abg. Mag. Stadler: Trotz dieser Regierung!) Das ist auch keine Selbstverständlichkeit. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich hätte mir in Ihren Aussagen gewünscht, dass Sie auch ein wenig selbstkritisch sind, nicht nur alles so hinstellen, als ob die ganze Welt auf Österreich blicken würde, was wir nicht für ein vorbildliches Land in puncto Beschäftigungspolitik sind.

Sagen Sie auch dazu, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dem, was sie verdienen, nicht mehr auskommen, dass die Arbeit, die sie haben, zwar


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eine umfangreiche Arbeit ist, aber dass sie von dieser Arbeit nicht mehr leben können, weil wir eine viel zu hohe Steuer- und Abgabenquote haben, weil die Inflation sehr hoch ist (Zwischenruf des Abg. Kopf), weil vor allem Tag für Tag Gebühren erhöht werden, in den Gemeinden die Gebühren ins Unermessliche anwachsen und innerhalb von drei Jahren die Gebühren um bis zu 30, 40 Prozent in die Höhe geschnellt sind. Sagen Sie das auch dazu!

Wenn Sie, Herr Bundesminister, mit den Beschäftigten in unserem Land bei Betriebs­besuchen in Kontakt treten, dann müssten Sie auch diese Problemfälle mit ihnen dis­kutieren. Mit wem diskutieren Sie? Das frage ich mich. Sie machen auch Politik an der Realität vorbei.

Wenn Sie heute hier herauskommen und sagen, die Jugend ist unser Kapital der Zu­kunft, so stimme ich zu. Ja! Aber Sie sind auf dem besten Wege dorthin, dieses Kapital zu verspielen. Sie gehen so wie das sozialistische Urgestein mit dem Kapital um, näm­lich verschwenderisch! (Beifall beim BZÖ.)

Sie entwickeln keine Perspektive für die Jugend, denn täten Sie das, dann würden Sie dieser Entwicklung auf europäischer Ebene etwas entgegenstellen und nicht Ihre Stim­me erheben für noch mehr Europa, noch mehr Geld für Griechenland, noch mehr Geld für die maroden Banken und Länder im südlichen Europa und für Rettungsschirme, die nicht bei den Menschen und auch nicht bei den Jugendlichen ankommen, für die sie ei­gentlich gedacht waren.

Und Sie sagen, es sei zu rechtfertigen, diese Gelder beispielsweise nach Griechenland zu schicken. Ich entgegne Ihnen: 80 Prozent aller Hilfsmaßnahmen, die da auf europäi­scher Ebene geschnürt werden, kommen nicht bei den Menschen an, die Sie im Fern­sehen sehen, die auf die Straße gehen und sich darüber beschweren, dass großartig Banken und Anleger geschützt werden und ihnen das Geld zukommt. Das Geld kommt bei den Menschen nicht an. Das Geld, das Sie nach Griechenland schicken, kommt bei den Jugendlichen in Griechenland nicht an.

Deshalb ist es ja nicht redlich, Herr Bundesminister, herzugehen und die griechischen Verhältnisse mit den österreichischen zu vergleichen. Wenn Sie Interesse an einer wirklich effizienten Hilfe haben, was die Umstände in Griechenland betrifft, dann sollten Sie das einmal auf europäischer Ebene einmahnen und dafür sorgen, dass endlich Wirtschaftsprogramme in Griechenland beschlossen werden und greifen, damit dort Jugendliche auch Beschäftigung finden; das Gleiche in Portugal, das Gleiche in Spa­nien. (Beifall beim BZÖ.)

Aber Sie beschließen ja nur Hilfsprogramme für die Banken in unserem Land. Und das machen wir Ihnen zum Vorwurf. Mit all diesen Paketen, die da geschnürt werden, än­dern Sie nichts an der Situation, dass es Bankenrettungspakete sind. Sie ändern nichts an der Situation, dass die Schulden trotzdem nach oben gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das werden wir auch in nächster Zeit noch mehrmals disku­tieren.

Nur durch Arbeit, durch Leistung, durch stabile Finanzen und Sparpakete werden wir den Jugendlichen in unserem Land eine Zukunft bieten können. (Beifall beim BZÖ.)

11.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


11.17.37

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kol­legInnen des Hohen Hauses! Herr Klubobmann Bucher, es ist schon mutig, sich hier herzustellen angesichts der Zahlen, die wir auf dem Tisch liegen haben, und zu sagen, die Politik führe an der Realität vorbei, im Speziellen in Bezug auf die Jugend. Also ent-


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weder haben Sie es nicht verstanden oder Sie haben nicht gehört, dass wir im europäi­schen Raum die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit haben. (Abg. Grosz: Die höchsten Frühpensionen! – Abg. Bucher: Zu welchem Preis? Die Schulden, die Sie hinterlas­sen, werden die nächsten erst verdienen müssen!)

Ich möchte nicht den Satz strapazieren, jeder arbeitslose Jugendliche ist einer zu viel. Aber Sie haben das System nicht verstanden und ich werde versuchen, da vielleicht et­was Licht ins Dunkel zu bringen. (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.)

Die beste Chance für Europas Jugendbeschäftigung ist der Beschäftigungsschlüssel. Die Frau Finanzministerin hat in ihrer Budgetrede die Worte „Kinder“ und „Jugend“ min­destens zehn Mal in diesem Bezug genannt, auch mit dem Hinweis darauf, dass Kin­der unsere Zukunft sind. Wirtschafts- und Bankenkrisen treffen immer die gesamte Be­völkerung. Aber die Ersten, die davon betroffen sind, sind immer die Jugendlichen. Und wenn wir jetzt auch noch Jugendliche haben – und die haben wir –, die keine vollstän­dige Ausbildung haben, die keine Sekundarstufe abgeschlossen haben, dann sind das jene Jugendlichen, die in Langzeitarbeitslosigkeit abdriften könnten und die von sozia­ler Ausgrenzung bedroht sind.

Und da müssen wir Schritte setzen – die werden auch gesetzt –, denn ein wichtiger Schritt für Jugendliche ist auch, diesen wichtigen Schritt zwischen Ausbildung und Be­ruf zu schaffen.

Daher hat die Regierung ein Regierungsprogramm beschlossen, im Speziellen national und für die Jugend, wo es gezielte Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung ge­ben soll, wo es Investitionen für Aus- und Weiterbildung und vor allen Dingen noch ein­mal zur Stärkung dieses dualen Systems geben soll. Dazu stehen wir ja auch; und das ist ein gutes System.

Das Jugendbeschäftigungspaket, das wir im Jahr 2008 beschlossen haben, muss wei­ter ausgebaut werden. Und Maßnahmen zur Sicherstellung der Ausbildungsgarantie ist sicherlich einer der Punkte.

Das korreliert: die nationalen mit den internationalen, mit den europäischen Vorstellun­gen. Die europäische Beschäftigungsstrategie hat ja drei Prioritäten: ein intelligentes Wachstum, ein nachhaltiges Wachstum und ein integratives Wachstum. Und da sind genau die Ziele, die sich die Bundesregierung gesetzt hat, ganz wichtig: die Beschäfti­gungsquote der 20- bis 64-Jährigen auf 75 Prozent anzuheben, die Zahl der Schulab­brecher auf unter 10 Prozent zu verringern – da sind wir zwar im österreichischen Raum besser, weil wir nur 8,3 Prozent haben, aber auch diese 8,3 Prozent sind zu viel – und den Anteil derer, die einen Hochschulabschluss haben, zu steigern.

„Jugend in Bewegung“ ist zum Beispiel ein Modell in Europa, das den Ausbau des Mo­bilitätsangebotes für Studierende bieten soll. Bilaterale und regionale Bildungskoopera­tionen und Lehren und Lernen im Ausland, das soll für unsere Jugendlichen möglich sein.

Der Europäische Sozialfonds, den der Herr Bundesminister bereits genannt hat, fördert Projekte, wo es darum geht, jungen Menschen, die von Arbeitslosigkeit und von sozia­ler Ausgrenzung bedroht sind, zu helfen, Benachteiligungen am Arbeitsmarkt abzubau­en. Und da gibt es in allen Bundesländern Österreichs gute Projekte, die auch gut an­genommen werden. Das Ganze wird koordiniert durch den Herrn Arbeits- und Sozial­minister, und die Produktionsschulen, die er selbst genannt hat, sind ein Produkt des­sen, das daraus entstanden ist.

Um Ihnen zu zeigen, dass wir sehr gute Beispiele haben, möchte ich auf einen erst unlängst stattgefundenen Wettbewerb hinweisen. Es wurden in London vom 5. bis 10. Oktober dieses Jahres die Weltmeisterschaften WorldSkills durchgeführt, an denen junge Menschen, die sich in Lehren befinden, teilnehmen. Insgesamt haben 950 Mit-


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streiterInnen teilgenommen, Österreich hat 28 TeilnehmerInnen hingeschickt, mit dem Ergebnis, dass wir dort drei Goldmedaillen, eine Silbermedaille, zwei Bronzemedaillen und 12 Leistungsdiplome erhalten haben. Das heißt, wir sind auf dem richtigen Weg, wir bilden die jungen Menschen sehr gut aus.

Herr Minister, ich unterstütze all Ihre Initiativen, die Sie heute hier angekündigt haben, denn nur durch Ihr rasches Handeln ist es möglich gewesen, dass wir bei der Arbeitslo­senquote der Jugendlichen in Europa an erster Stelle liegen. Es ist der wichtigste Bei­trag, dass Jugend in Beschäftigung ist, denn dadurch könnten auch die Sozialleis­tungs- und die Altersvorsorgesysteme stabilisiert und gesichert werden. Dafür brau­chen wir mehr Geld, und das brauchen wir auch in Zukunft. Und da denken wir nicht nur ausgabenseitig nach, da denken wir auch einnahmenseitig nach, und daher ist es für uns klar, dass wir die Finanztransaktionssteuer brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


11.23.04

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Da es sich um eine Europastunde handelt, möchte ich den Fokus vor allem darauf richten, was denn die Europäische Union für die jungen Menschen tut, nicht nur für die, die in Österreich leben, sondern auch für die, die in anderen europäischen Ländern leben, weil es ja schon Faktum ist, dass die Probleme, die Situationen, die den jungen Men­schen bevorstehen, denen sie begegnen müssen, in vielen europäischen Ländern sehr ähnlich sind, denkt man an die Globalisierung, denkt man an die kulturelle Vielfalt, die natürlich anderes soziales und kommunikatives Verhalten verlangt, und denkt man vor allem auch an die wirtschaftliche Situation.

Da möchte ich anschließen an dem, was mein Kollege Lopatka bereits gesagt hat. Ich denke, das Wichtigste, was die Politik zu leisten hat, um die jungen Menschen in Euro­pa zu unterstützen, ist ein stabiles Fundament, und das ist in erster Linie wirtschaftlich zu sehen, vor allem in Zeiten wie diesen. Der Binsenweisheit, dass man in schlechten Zeiten, aber auch in guten Zeiten nicht mehr Geld ausgeben darf, als man hat, wurde heute Gott sei Dank auch im Ministerrat Rechnung getragen. Ich möchte deshalb in meinem Debattenbeitrag zwei Dinge erwähnen, die ich als sehr, sehr wichtig, gerade für junge Menschen, erachte.

Zum einen wurde heute die Schuldenbremse beschlossen. Das ist deshalb wichtig, weil die Schulden, die wir heute machen, unseren zukünftigen Generationen eine Last auferlegen, die sie zu tragen haben. Das Ziel, bis 2020 den Schuldenstand auf 60 Pro­zent des BIP zu senken, ist ein ambitioniertes Ziel, und ich appelliere an alle hier anwe­senden Kolleginnen und Kollegen, von populistischen Statements in diesem Zusam­menhang in Zukunft Abstand zu nehmen und gemeinsam mit uns dieses Ziel zu verfol­gen. – Das zum einen.

Und zum anderen wurde heute im Ministerrat der Generationen-Check, der Generatio­nen-Scan für alle Gesetze beschlossen. Das ist mir deshalb ein Anliegen, weil das be­reits zu meiner Zeit, als ich Vorsitzende der Jungen ÖVP war, nicht nur präsent war, sondern vielfach auch diskutiert wurde. Es hat zwar einige Jahre gedauert, das umzu­setzen, aber ich bin sehr stolz darauf, dass es jetzt gelungen ist, im Ministerrat hierfür ein Commitment zu erlangen. Ich weiß, dass auch von anderen Parteien Zustimmung dazu kommt. Als Staatssekretärin Haubner noch im Amt war, war sie selbst dahin ge­hend sehr aktiv.

Ich möchte alle Parteien hier einladen, konstruktiv an der Umsetzung mitzuwirken, denn ich glaube, politisch für junge Menschen zu agieren ist dann richtig und sinnbrin-


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gend, wenn wir darauf Rücksicht nehmen, welche nachhaltigen Folgen, welche Konse­quenzen die Gesetze, die wir beschließen, für junge Menschen haben können. Das ist bei wirtschaftlichen Entscheidungen relevant, das ist natürlich aber auch bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit relevant, und das ist bei jeder Pensionsdebatte relevant.

Ich denke, junge Menschen ernst zu nehmen und ihnen vor allem auch Gehör zu ver­schaffen, das haben wir in Österreich auf jeden Fall getan. Das schreibt auf europäi­scher Ebene auch das Weißbuch Jugend vor. Dem sind wir, glaube ich, sehr gerecht geworden. Bei uns hat die Österreichische Bundesjugendvertretung einen hohen Stel­lenwert. Sie hat die Möglichkeit, Gesetze zu begutachten, Stellungnahmen abzugeben, und wird von uns mehr oder weniger als Sozialpartner ernst genommen, und ich mei­ne, dass von der Bundesjugendvertretung schon sehr viele gute Ideen gekommen sind, die das politische Geschehen angereichert und bereichert haben.

Der Herr Sozialminister hat darauf hingewiesen – und da gebe ich ihm zu hundert Pro­zent recht, und das besagt ja auch auf europäischer Ebene die Strategie 2020 –, dass die Bereiche Bildung, Ausbildung und Beschäftigung besonders wichtig sind, wenn es um die gute Zukunft junger Menschen geht.

Das Ziel, das auch Herr Bundesminister Mitterlehner anstrebt, drei Viertel aller 20- bis 64-Jährigen bis 2020 in Beschäftigung zu wissen, ist ein ambitioniertes. Dabei sollten wir ihn unterstützen.

Das formulierte Ziel, eine Quote von 40 Prozent Hochschulabsolventen zu erreichen, ist etwas, was wir nicht nur anstreben, sondern an dem wir auch aktiv arbeiten. Das zeigen auch die Offensivmittel, die wir schon 2010 beschlossen haben und die 2012 fortgeschrieben werden, im Ausmaß von 80 Millionen für Universitäten und Fachhoch­schulen.

Das wohl Schwierigste, was wir in Angriff nehmen müssen, wird die Senkung der Schulabbrecherquote auf unter 10 Prozent sein. Das ist wirklich eine Herausforderung.

Ich glaube aber, mit der Aufwertung der Hauptschulen, die wir in den letzten Wochen beschlossen haben, aber auch mit dem Maßnahmenpaket, worauf Minister Hundstorfer bereits eingegangen ist, mit dieser Jugendstiftung, aber auch mit dem Lehrlings- und Jugendcoaching sind wir auf einem guten Weg. Wenn wir in Österreich diesen Weg fortsetzen und das alle anderen europäischen Länder auch tun, dann glaube ich, dass junge Menschen in Europa in eine gute Zukunft blicken können. (Beifall bei der ÖVP.)

11.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


11.28.29

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! „Die besten Chancen für Europas Jugend – Be­schäftigung als Schlüssel“, das ist der aus unserer Sicht wirklich perfide Titel dieser Ak­tuellen Europastunde, denn, sehr geehrte Damen und Herren aus dem Kreis der EU-phoriker, also Sie von der sozialistischen Fraktion und vom FC Raiffeisen, allein diesen Titel empfinden wir als Frotzelei für unsere Jugendlichen. Das muss man an dieser Stelle deutlich sagen. Ich kann Ihnen auch ein paar Daten und Fakten zur aktuellen Ar­beitsmarktlage liefern, um Ihnen zu zeigen, warum wir als FPÖ, als die Partei der Ju­gendlichen in Österreich diesen Titel als Frotzelei empfinden.

Sie, Herr Minister, versuchen immer, das schönzureden, Sie sind ja ein Trickser, aber ich glaube, dass die Österreicherinnen und Österreicher und vor allem die Jugendli­chen Sie da schon längst entlarvt haben, spätestens dann, wenn ich Ihnen jetzt folgen­de Daten präsentiere:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 61

Europa-Jugendarbeitslosigkeit: in Italien 30 Prozent, in Slowenien rund 15 Prozent, in Ungarn 25 Prozent, in der Slowakei 30 Prozent, in Tschechien 20 Prozent, in Spanien ist gar jeder zweite Jugendliche ohne Beschäftigung.

Nun zu Österreich, Herr Minister Hundstorfer: 40 000 Jugendliche sind als arbeitslos gemeldet, weitere 40 000 Jugendliche sind in irgendwelchen AMS-Kursen, überbetrieb­lichen Ausbildungszentren oder Stiftungen versteckt. Das heißt, in Summe reden wir in Österreich nicht von 4 bis 5 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, sondern von rund 15 Pro­zent Jugendarbeitslosigkeit.

Das Beispiel der Schweiz möchte ich an dieser Stelle bringen. Die Schweiz wird ja im­mer seitens der untätigen Regierung als schlechtes Beispiel dargestellt. Die haben in Summe 3 bis 4 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Also die Schweiz hält hier leider dem Vergleich mit Österreich längst stand.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist auch ein besonders perfides Spiel, wenn wir von der Wirtschaft immer hören, Facharbeitskräftemangel herrscht vor – das glaube ich der Wirtschaft auch –, und wir auf der anderen Seite, ich habe es vorher erwähnt, rund 80 000 arbeitslose Jugendliche haben. Und gerade die Wirtschaft ist es ja dann immer, die von weiterer Zuwanderung träumt.

Also auf der einen Seite haben wir 80 000 arbeitslose Jugendliche, und auf der ande­ren Seite wird ständig nach weiterer Zuwanderung geschrien. Das können wir Freiheit­lichen überhaupt nicht verstehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz im Gegenteil: Wir von der FPÖ fordern eine mit der Wirtschaft eng abgestimmte Ausbildungsoffensive für zumindest einen Teil dieser 80 000 arbeitslosen Jugendli­chen, damit diese von der österreichischen Wirtschaft entsprechend als Facharbeits­kräfte eingesetzt werden können.

Ich möchte Ihnen jetzt noch ein paar Punkte einer mit unserer Jugendvorfeldorganisa­tion Ring Freiheitlicher Jugend letzte Woche vorgestellten Initiative hier vortragen.

Wir sind eben wie gesagt für diese Facharbeiterausbildungsinitiativen, sagen ein klares Ja zur Lehre. – Frau Kollegin Fuhrmann und auch Sie, Frau Kollegin Lueger! Sie träu­men immer von den sogenannten Akademikerquoten, die erhöht werden sollen. Das ist schon richtig, aber bitte bekennen Sie sich doch endlich einmal klar zur Lehre und da­mit auch klar zu den Facharbeitern hier in Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir fordern schon seit Langem die Wiedereinführung des Blum-Bonus. Da haben wir ja erst unlängst sogar von der grünen Fraktion recht bekommen, hat doch der Herr Wal­ser die langjährige FPÖ-Forderung unterstützt, den Blum-Bonus wieder einzuführen, damit eben Unternehmen, die sich für die Lehrlingsausbildung starkmachen, fiskalisch, steuertechnisch Bonifikationen bekommen.

Wir fordern die Gleichstellung von Lehrlingen mit Schülern respektive Studenten. Auch das ist schon lange eine Forderung von uns.

Wir sind auch für die Kostenübernahme der Berufsschulkosten durch die öffentliche Hand.

Die aktuelle Kampagne des Ringes Freiheitlicher Jugend läuft unter dem Titel „Unserer Jugend unser Geld“, womit wir dezidiert und klar zum Ausdruck bringen, dass wir ge­gen Transferleistungen von Milliarden an Steuervermögen sind, die aus Österreich ir­gendwohin nach Griechenland transferiert werden und dort in der Ägäis verdampfen wie der griechische Ouzo. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bewältigung unserer zukünftigen Aufgaben er­fordert eine gesunde, gut ausgebildete, leistungsbewusste Jugend, und sie bedarf auch eines tatkräftigen Schutzes gerade durch uns Erwachsene. Daher: Setzen Sie als Bun-


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desregierung endlich tatkräftige Initiativen im Jugendbereich! Und verschonen Sie uns und die Zuhörer bitte mit solchen lächerlichen Pseudolobhudeleien wie dieser Aktuel­len Europastunde! (Beifall bei der FPÖ.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


11.33.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Höbart, Ihr Bemühen, den Ring Freiheitlicher Jugend irgend­wie als beschäftigungspolitische Sprengkraft ins Spiel zu bringen, ist ehrenwert, nur: Der Ring Freiheitlicher Jugend hat im Moment andere Probleme, und das wissen Sie auch. (Abg. Ing. Höbart: Das wissen wir nicht! – Abg. Dr. Rosenkranz: Haben Sie wie­der schlecht geschlafen, Herr Öllinger? Haben Sie wieder einen Alptraum gehabt?)

Aber sei’s drum, wir wollen ja nicht über den Ring Freiheitlicher Jugend diskutieren, sondern an und für sich steht Europa auf dem Plan. Dieses Problem – Herr Bundesmi­nister, sosehr ich Ihre Initiative auch schätze und begrüße, auf europäischer Ebene ei­nen Vorstoß zu machen –, dieses Problem, das Europa mit seiner Jugend derzeit hat, und das ist kein geringes, wird man nicht mit einer derartigen Initiative und mit dem Auflegen von Programmen lösen können. Denn eines, und das wissen Sie auch, Herr Bundesminister, ist klar: Auch wenn die Europäische Union jetzt beschäftigungspoliti­sche Programme für die Jugend auflegen würde, es dauert Jahre, bis sie in den Mit­gliedstaaten aufgebaut und umgesetzt werden.

Europa ist jetzt gerade dabei, die Zukunft seiner Jugend komplett zu verspielen. Das betrifft noch nicht Österreich, und das ist das Einzige, was ich jetzt mit Ihnen ge­meinsam unterschreibe: Noch sind wir in einer günstigeren Lage als die anderen Län­der, aber es gibt überhaupt keinen Grund, uns auf die Schulter zu klopfen und zu sa­gen, Österreich, wir sind das Beispiel für die anderen Länder. Mitnichten sind wir das Beispiel.

Wir sind jetzt gerade dabei, mit dem, was Sie zwischendrin schon angedeutet haben, der gesetzlich verankerten Schuldenbremse, den Blödsinn, den andere Länder vorma­chen, nachzumachen. Jetzt, mit Ihrer Unterstützung! Da sitzt ein Staatssekretär, der noch vor einer Woche gesagt hat, dass er die gesetzlich verankerte Schuldenbremse nicht für das geeignete Instrument hält.

Wenn Sie sehen, was die USA für ein Problem mit ihrer Schuldenbremse haben, die ja auch in der Verfassung festgelegt ist, wo dann mühselig ausgehandelt werden muss, dass man mit Gesetzesüberschreitungen über die festgelegten Grenzen wieder hi­nausgehen darf – das Schauspiel haben wir ja in den letzten Jahren ein paar Mal er­lebt –, dann wissen Sie auch, dass das nicht unbedingt etwas war, was sozusagen den Bonus der USA auf den Finanzmärkten erhöht hat. Das wissen Sie auch.

Wenn wir im Jahr 2020 an dieser Grenze, die Sie sich jetzt setzen wollen, scheitern, indem wir sie knapp verfehlen, was passiert dann? Was passiert denn dann? Haben Sie über das schon nachgedacht? Haben Sie über Sanktionen nachgedacht, die wir uns selbst auferlegen? Haben Sie etwa darüber nachgedacht, dass wir dann zum Bei­spiel die Gehälter der Bundesregierung um die Hälfte kürzen, weil sie es nicht ge­schafft hat? Das wäre ein guter Vorschla


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g.

Was machen wir denn dann, wenn wir diese Schuldenbremse, die gesetzlich, verfas­sungsmäßig fixierte, verfehlen? – Aber das ist noch immer nicht mein dringendstes Problem dabei. Ich bin der Letzte, der mit Ihnen darüber streiten würde, selbstver­ständlich ist es sinnvoll, Schulden zu beseitigen beziehungsweise die Zinsenlast, die auf Österreich liegt, zu reduzieren, aber Sie wissen auch, wenn wir über diese nächs­ten Jahre mit diesen Schuldenabbaukonzepten drüberkommen, dann strafen Sie die Ju­gend, von der Sie jetzt gerade geredet haben, am meisten ab, denn: Wo wollen Sie denn bitte diese Maßnahmen bis 2020 wirksam werden lassen? Ja, sicher nicht in dem schon seit Jahren beschworenen Verwaltungsabbau und in Verwaltungsreformprogram­men! Selbst dann, wenn Sie sie auf den Weg bringen, bis 2020 werden dadurch keine Kosteneinsparungen wirksam werden.

Wir wären ja dafür, dass wir dort, wo es sinnvoll ist – man kann nicht einfach Phanta­siezahlen hier in den Raum stellen –, selbstverständlich wirksame, effiziente Maßnah­men setzen, um die Verwaltung zu vereinfachen, nur: Kosten, Ausgaben wird uns das bis 2020 nicht einsparen. Wenn, dann kommen die Einsparungen oder die Effekte spä­ter.

Wo wird also eingespart bis 2020? – Im ganzen Sozialbereich! Da kommt dann der Ge­nerationen-Check oder Generationen-Scan. Gestern haben Sie beschlossen, dass die Pensionen über 5 800 € um „nur“ 1,5 Prozent erhöht werden. Na ja, das ist ein richti­ges „Krisenprogramm“ offensichtlich für die Pensionen, die über 5 800 € liegen. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.) Nein, nicht über 2 800 – über 5 800 €! Und das kann es nicht sein: auf der einen Seite bei den Universitäten, bei der Bildung zu sparen und auf der anderen Seite bei den höchsten Pensionen noch immer Zuschüsse zu finanzieren!

Da haben Sie den Generationen-Scan schon jetzt verloren, bevor Sie ihn begonnen haben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Bucher.)

11.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


11.39.03

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht kann die Kamera einmal in die Reihen der SPÖ hinein schwenken. Das wäre interes­sant, damit man einmal sieht, wie „ernst“ die SPÖ ihre eigene Aktuelle Europastunde nimmt.

Wo sind eure Leute? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr nehmt das überhaupt nicht ernst! Eine Aktuelle Europastunde – und über Europa redet ihr gar nicht, sondern es kommt ein Redner nach dem anderen heraus, um den Herrn Sozialminister zu bejubeln. Das ist die Aktuelle Europastunde der SPÖ. Offensichtlich sind nicht einmal mehr alle in der SPÖ bereit, den Herrn Sozialminister zu bejubeln, sonst wären sie nämlich da. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Also, Herr Kollege Cap, ein bisschen mehr Ernst zum Thema Europastunde, denn sonst lassen wir es einfach mit der Europastunde! Führen wir gleich eine „Jubelstunde“ ein mit Live-Übertragung im ORF, und der Herr Minister klopft sich auf den Bauch und sagt: Wir sind super!, und alle in der SPÖ sagen: Wunderbar, wir sind super, wir sind die Besten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn ich mir allein den Begründer anschaue, den Gewerkschaftsfunktionär Wolfgang Katzian, und wie er herausgekommen ist: Unglaublich, wirklich beeindruckend! Er ist dafür, dass wir weiterhin Milliarden an Pleitestaaten geben, er ist gegen Budgeteinspa­rungen, er ist für die Vollbeschäftigung vor allem bei Jugendlichen, er ist für die unge­bremste Zuwanderung, er ist für den Kampf gegen den Klimawandel, er ist für den Kampf gegen den Welthunger, er ist für den Weltfrieden, er ist für den allgemeinen, weltweiten Wohlstand und – nicht zu vergessen – für eine gute Zukunft. – Ende des Zi­tats. Das ist also der Kollege Katzian! (Beifall beim BZÖ sowie demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, an wen mich das erinnert? Herr Kollege Katzian, Sie hätten Sänger wer­den sollen. In Deutschland tritt gerade ein Sänger damit auf, er ist sehr erfolgreich in den Charts: Tim Bendzko heißt er, und er sagt auch:


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„Nur noch kurz die Welt retten“, „148 713 Emails“ lesen, „weil es passiert ja so viel“. Aber „dann bin ich aber bei dir.“ – Tim Bendzko vulgo Wolfgang Katzian.

Meine Damen und Herren, Sie sind nicht ernst zu nehmen! Wenn Sie herauskommen wollen und Ihre Jubelfeierlichkeiten für die SPÖ und für Ihren Sozialminister abhalten wollen, dann sagen Sie das dazu, aber nennen Sie es doch bitte nicht „Europastunde“ und schon gar nicht „Aktuelle Europastunde“, denn aktuell war davon gar nichts, mei­ne Damen und Herren. Gar nichts! (Beifall beim BZÖ.)

Wissen Sie, was aktuell ist? Aktuell ist – und es wäre vielleicht ganz gut gewesen, wenn wir darüber diskutiert hätten, und das hat Kollege Öllinger richtig gesagt –, dass Ihr Staatssekretär noch vor einer Woche gesagt hat: Schuldenbremse kommt nicht in Fra­ge. Und jetzt auf einmal gibt es nichts Besseres und Wichtigeres als die Schulden­bremse im Verfassungsrang! – Das haben wir schon lang gesagt. So viel zum Thema Aktualität.

Aktuell ist nur, dass es jetzt auch schon die SPÖ begriffen hat. Das ist aktuell, meine Damen und Herren! So viel zum Thema Aktuelle Europastunde. Also aktuell – und das muss man festhalten – in dieser Europastunde ist zutage getreten, dass jetzt aktuell auch die Roten begriffen haben, dass man nicht weiter verschulden kann und dass wir eine Schuldenbremse brauchen, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.) Das ist großartige Aktualität.

Herr Staatssekretär, vielleicht haben Sie die aktuelle Bereitschaft zu sagen, wie Sie ak­tuell darüber denken, denn noch vor einer Woche haben Sie aktuell nicht so gedacht, wie es Ihr Bundeskanzler aktuell gestern verkündet hat im Zusammenhang mit aktuel­ler Europapolitik der SPÖ.

Herr Kollege Katzian, es gibt nichts Unsozialeres – und vielleicht ist das auch eine ak­tuelle Erkenntnis –, als Schulden zu machen, Schulden für die Zukunft, und damit den zukünftigen Generationen jeden Spielraum zu nehmen. (Zwischenruf des Abg. Kat­zian.) Ja, bitte, mit einer Geste geht es auch. Haben Sie es verstanden? Ist das jetzt angekommen? Haben Sie das jetzt verstanden?

Sie aber kommen hier heraus und wollen weiter verschulden! Sie legen ein Budget vor, wo Sie weiter verschulden. Was ist daran „aktuell“? Sie verspielen die Zukunft der Ju­gend weiterhin, mit aktuellen Schulden. (Abg. Katzian: Sie wissen genau, wie es geht!) Ja, ich weiß genau, wie es geht! Die Roten verteilen Wahlzuckerl auf Kosten der Zu­kunft, und dann sagen sie, sie sind für Vollbeschäftigung der Jugend.

Aktuell hätten Sie dafür sorgen müssen, dass die Bildungspolitik seit Jahrzehnten an­ders läuft, dass wir Bildungseliten zustande bringen, die mit ihrem Wissen und mit ih­rem Know-how in der Welt etwas gelten und aktuell etwas für die Wirtschaft bewirken. Aber stattdessen tun Sie das Gegenteil. Sie verteilen Wahlzuckerl, Sie verteilen nach wie vor Geld, das Sie nicht haben, und jetzt sind Sie auch noch bereit, das Geld nach Griechenland, nach Portugal, nach Italien und in jedes Euroland, das derzeit in die Pleite rauscht, zu liefern. Das ist aktuelle SPÖ-Zukunftspolitik. Gute Nacht!, kann ich nur sagen zu Ihrer Aktualität. (Beifall beim BZÖ.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Hunds­torfer. – Bitte.

 


11.44.01

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind ein paar Dinge geradezurücken. Herr Abgeordneter Stadler, wenn Sie aktuell wären, wüssten Sie schon lange, dass ich vorige Woche mit Ihrem Parteiobmann in Innsbruck bei einer Po-


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diumsdiskussion gesessen bin und dort ein klares Bekenntnis zur Schuldenbremse schon lange erledigt habe. Sie sind nicht aktuell. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Vor einer Woche?! – Abg. Mag. Stadler: Nach einer Woche?! Super!) Nein, am selben Tag wie Herr Staatssekretär Schieder, am selben Tag. (Anhaltende Zwi­schenrufe beim BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt eine Partei im Haus, die hat ein ein­ziges Bedürfnis, nämlich Österreich angeblich zu lieben, in Wahrheit aber wird es von dieser Partei täglich schlechtgeredet. Das tun Sie, genau das ist Ihre Strategie! (Bei­fall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Sie behaupten hier, Sie wissen alles. (Abg. Ing. Höbart: Das hat keiner behauptet! Wir wissen aber mehr als Sie!) Ich müsste, um auf Ihre Zahlen zu kommen, 42 000 Ju­gendliche in Schulungen haben. Wir haben nur ein Problem: Es sind nur 25 000. (Abg. Ing. Höbart: „Nur“?!)

Und das nächste Problem, Herr Ing. Höbart: Ganz Europa arbeitet nach der gleichen Statistik, und seit ich Arbeitsminister bin, wissen Sie überhaupt erstmalig, wie viele Schulungsteilnehmer wir haben. Punkt eins.

Und was ist so schwierig, wenn ganz Europa nach der gleichen Statistik arbeitet und ganz Europa ausweist: Wie viele haben wir in Schulung? Wie viele haben wir außer­halb der Schulung nur in der Arbeitslosigkeit? Was ist da so schwer zu begreifen? Und warum tun Sie sich so schwer, in Österreich zu sagen: Ja, es sind nur 7,1 Prozent. (Abg. Ing. Höbart: Ein anderer hat von 4 Prozent gesprochen, Sie sagen, es sind 7 Pro­zent!)

Ja, es sind ja auch die 7,1 Prozent zu viel, aber für Sie ist die Welt erst dann in Ord­nung, wenn es 15 Prozent sind. Und Sie behaupten hier, Sie lieben Österreich. Das ist doch nicht Sinn und Zweck der Aktion. Der Sinn und Zweck der Aktion ist, Menschen aus der Schulung in Beschäftigung zu bringen. 118 000 Jugendliche haben seit 1. Jän­ner wieder eine Arbeit aufnehmen können in diesem Land, und das zählt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und wenn Sie hier schon sagen, Sie lieben die Jugendlichen, dann wüssten Sie, dass wir bereits einen Berufsausbildungsfonds über den Insolvenzentgeltfonds haben, und dann wüssten Sie auch, dass die Berufsschulkosten sehr wohl von der öffentlichen Hand bezahlt werden. Nennen Sie Ihre Forderung direkt: Es geht um die Internatskos­ten. (Abg. Riepl: Er hat aber „Berufsschulkosten“ gesagt! Der verwechselt ja alles!) Ich helfe Ihnen ein bisschen, weil ich ja weiß, was Sie da wollen. Die Berufsschulkosten zahlt die öffentliche Hand schon immer, und Sie haben hier ausdrücklich Berufsschul­kosten gesagt.

Wenn Sie wirklich das Land lieben würden, dann würden Sie mithelfen, auch weiterhin dafür zu sorgen, dass diese Zahlen so niedrig wie möglich bleiben, und sich nicht in der Vorstellung suhlen, es müssen 15 Prozent sein, denn dann ist die Welt für Sie in Ordnung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

11.47.23Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 9665/J bis 9768/J;

2. Anfragebeantwortungen: 9088/AB bis 9169/AB;

Anfragen (Präsidentin des Nationalrates): 66/JPR und 67/JPR;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2011) (1502 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002 und das Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz geändert werden (Vereinsgesetz-Novelle 2011 – VerGNov 2011) (1503 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird (1504 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (Strafgesetznovelle 2011) (1505 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (1506 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldge­setz 2010, das Finalitätsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Zah­lungsdienstegesetz geändert werden (1508 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 2011 (Vorlage 76 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßi­gen Ausgaben im 3. Quartal 2011 (Vorlage 77 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2011 (Vorlage 78 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 128 betreffend „Schaffung eines Bundesgesetzes über die Kostentragung der Suche und Beseitigung von Kriegsrelikten“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Rosa Lohfeyer und Stefan Prähauser;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Unterrichtsausschuss:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grundkompeten­zen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses (1511 d.B.).


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C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Panama zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 9769/J der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Cau­sa General Entacher dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 5 sowie 7 und 8 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart. Es ergeben sich daher folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 84 Minuten, FPÖ 75 Minuten, Grüne 66 Minuten, BZÖ 63 Minuten.

Ich schlage vor, die Redezeit der Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minu­ten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.49.081. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1494 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz und ein Bundesge­setz, mit dem zusätzliche Mittel für das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz bereitgestellt werden, erlassen sowie das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Grunder­werbsteuergesetz 1987, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Invest­mentfondsgesetz, das Stiftungseingangssteuergesetz, die Bundesabgabenord­nung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Da­tenschutzgesetz 2000, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Wasserstraßengesetz, das Bundesgesetz über


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das Österreichische Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Gesellschaft mit be­schränkter Haftung, das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Außenhan­delsgesetz 2011 geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2012) (1500 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1495 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert wird (1501 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.49.31

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Na also, meine Damen und Herren, es geht doch. Jetzt endlich begreifen SPÖ und ÖVP, dass bei den Staatsfinanzen der Hut brennt. Unter dem Druck der EU soll nun die Schuldenbremse kommen. Das hätten Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, aber viel früher haben können, denn die FPÖ war es, die im September 2010 als erste Partei in diesem Haus die Schuldenbremse beantragt hat.

Die Koalition hat das damals abgelehnt – ja ganz im Gegenteil: Ich bin für diese Idee von Ihnen ausgelacht worden! Wir hatten aber wieder einmal recht. Ja, mit uns kann man auch über die Schuldenbremse reden, jedoch unter dem Grundsatz: Unser Geld für unsere Leutʼ! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher: keine weiteren Mittel mehr für Euro-Schuldner, keine Mittel mehr für Rettungs­schirme.

Allerdings: Ein Wunderding ist diese Schuldenbremse von Haus aus auch nicht, denn da muss man schon sehr intensiv damit arbeiten.

Ich habe mich gewundert, als gestern im Fernsehen – in den Nachrichten um 22 Uhr – die beiden Polit-Spitzen dieser Republik, nämlich Herr Faymann und Herr Spindeleg­ger, zum Ausdruck gebracht haben, dass sie bis zum Jahre 2020 60 Prozent Staats­schulden, gemessen am BIP, haben wollen. – Dazu kann ich nur sagen: Das ist Uto­pie; das ist nämlich unmöglich – und das zeigt, meine Damen und Herren, wie wenig Wirtschaftskompetenz Bundeskanzler und Vizekanzler leider Gottes besitzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Erreichung dieses genannten Zieles hieße nämlich, dass der beschlossene Bud­getpfad, und zwar sofort, verlassen werden muss, dass jährlich mindestens 10 Milliar­den € an Überschuss erreicht werden muss – und das ist natürlich unmöglich. Wenn man weiß, wie diese Regierung im Stillstand verharrt, dann ist klar, dass das auch nicht in naher Zukunft zu machen ist.

Nun aber zum vorliegenden Budgetbegleitgesetz, das ja geradezu ein Spiegelbild dieser Regierungsarbeit ist: Nichts geht mehr, meine Damen und Herren! Wer die Bud­getverhandlungen beobachtet hat, weiß auch, warum dem so ist: SPÖ und ÖVP be­finden sich im Kriegszustand, befinden sich in Konfrontation – und eine Seite gönnt der anderen null Erfolg. Gemeinsamkeit schaut anders aus, und das spiegelt sich auch im Budgetbegleitgesetz wider: Nur Anpassungen an Rechtsvorschriften, Formalfehlerbe­richtigungen, aber in Summe keine Substanz. Lediglich die Rückführung der Kühlgerä­teentsorgungsbeiträge – ein wunderschönes Wort! – in das Budget sind von – zumin­dest kleiner – Bedeutung.


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Herr Staatssekretär Ostermayer hat als Begründung gesagt: Wir brauchen ja 2012 in dieser Menge nichts, weil die Loipersdorfer Beschlüsse umgesetzt werden müssen, das sogenannte Sparpaket! – Herr Staatssekretär, wenn es darum geht, die Bevöl­kerung zur Kasse zu bitten und Sozialleistungen zu reduzieren, da sind Sie groß da, da sind Sie aktiv.

Ich darf daran erinnern, was die Loipersdorfer Sparbeschlüsse an Belastungen für die Bevölkerung gebracht haben: 2 Milliarden € in 180 Begleitgesetzen; Mittel, die sofort an die Griechen weitergeflossen sind. – Das wollen wir Freiheitlichen nicht, denn unser Geld soll für unsere Leute da sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Folge Ihrer Beschlüsse in Loipersdorf: Erhöhung der Mineralölsteuer, Bankenabga­be, Massensteuern in Höhe von 1 Milliarde €, gewaltige Kürzungen im Sozialbereich für Familien – der Mehrkindzuschlag ist beispielsweise gekürzt worden –, Kürzung bei Pensionen und Pflege und so weiter und so weiter.

Gegen die hohe Verschuldung des Staates etwas zu unternehmen, dazu fehlt Ihnen, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, leider der Mut. Ich bin jedenfalls ge­spannt darauf, wie das weitergehen soll mit der zu beschließenden Schuldenbremse und ob es Ansätze geben wird in Bezug auf Strukturen: bei den Krankenanstalten et­wa, bei den wichtigen Reformen in der Schulverwaltung, bei den Pensionssystemen, bei der Durchforstung des Förderunwesens.

Erinnern darf ich jedenfalls daran, dass es in Bezug auf das Förderunwesen ein Ein­sparungspotenzial in Höhe von 7 Milliarden € gibt. Und es gibt viele, viele weitere Mög­lichkeiten, wie in unserem Staate gespart werden könnte. Es gibt sehr viel zu tun, mei­ne Damen und Herren, und viele Budgetbegleitgesetze wären daraus die Folge – und nicht nur dieses jetzt vorliegende Mini-Gesetz.

Und weil es sehr viel zu tun gibt, darum lassen Sie das jetzt wahrscheinlich auch, mei­ne Damen und Herren von SPÖ und ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


11.55.02

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kol­lege Gradauer, zwei Zitate aus Ihrer Rede. Das eine war: Ihnen fehlt der Mut, etwas gegen die Schulden in diesem Land zu tun! Das andere Zitat war: Ihr Ziel, das Sie sich gesetzt haben, nämlich bis 2020 gegen 60 Prozent zu kommen, ist illusorisch! – Dazu nur so viel: Entweder wir sind Illusionisten oder mutlos, aber beides wird wohl schwer gehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Oh ja, Sie sind beides! –Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte einen Abänderungsantrag ankündigen und darf den ersten Punkt im Zu­sammenhang mit jener Einigung, die es gestern bei den Pensionisten gegeben hat, darstellen: Die Erhöhung um die Inflationsrate bekommen nicht alle Pensionsbezie­herInnen; Bezieher hoher Pensionen bekommen deutlich weniger als die Abgeltung der Inflationsrate. Und dieses Geld, zirka 15 Millionen €, wird dafür verwendet, bei Be­ziehern kleiner Pensionen einerseits den Pensionistenabsetzbetrag zu erhöhen und zweitens die steuerliche Absetzbarkeit von Sonderabsetzposten für Pensionisten bis zu einer gewissen Einkommenshöhe wieder zu ermöglichen. Das halte ich für einen guten Kompromiss, dass das alles innerhalb der Gruppe der Pensionisten finanziert wird und es trotz dieser Besserstellung zu keiner Erhöhung des Budgetdefizits kommt, weil das genau auf diese Inflationsrate abgestellt ist und es überdies sehr wichtig ist, dass die Kaufkraft erhalten bleibt.

Zur Frage der Budgetkonsolidierung und des Budgets insgesamt: Erstens kann man, wenn man sich alle Eckdaten ansieht, feststellen, dass Österreich – egal, ob das die


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Neuverschuldung ist, die Arbeitslosenrate oder der Schuldenstand – wesentlich besser durch die Krise gekommen ist als fast alle anderen Länder der Europäischen Union – und dass wir mit diesem Budget diesen erfolgreichen Weg weitergehen werden. (Abg. Bucher: Enormer Schuldenstand!) Wir werden natürlich auch weiterhin darauf achten, dass Österreich, was wichtige Eckzahlen betrifft, unter den Top-Performern bleibt.

Das Zweite ist, dass wir gerade auch jetzt, wo wir wissen, dass die konjunkturellen Rahmenbedingungen schlechter geworden sind, als sie es letztes und vorletztes Jahr waren, sehr behutsam vorgehen müssen bei der Frage, wie und wo wir, wenn zusätzli­ches Sparen notwendig ist, sparen. Wichtig wird dabei jedenfalls sein, einen guten Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen zu finden, damit das Budget bes­ser wird.

Es ist aber auch sehr, sehr wichtig, dass wir bei jeder Maßnahme – egal, ob einnah­men- oder ausgabenseitig – auf vier Dinge achten.

Erstens: Was bedeutet das für den Konsum im Lande?

Zweitens: Was bedeutet das für Investitionen sowohl privater Haushalte als auch von Firmen?

Drittens: Was bedeutet das für die Beschäftigungslage in unserem Land?

Und was bedeutet das – viertens – für das Wachstum in unserem Lande?

Diese vier Fragen werden bei jeder einzelnen Maßnahme gecheckt werden müssen, weil wir nicht den Fehler machen dürfen, den viele andere Länder in der Europäischen Union gemacht haben – und teilweise noch machen –, sich nämlich immer tiefer in eine Krise hineinzusparen und nicht zu schauen, dass eine positive Entwicklung in einem Land möglich wird. (Abg. Bucher: Das macht ja ihr auch!)

Wenn wir Schuldenabbau betreiben wollen, dann wird das – Kollege Gradauer, das sollten Sie nicht vergessen – nur durch Wirtschaftswachstum gehen. Wir brauchen nicht 10 Milliarden € an Überschuss pro Jahr, um die Schulden abzubauen, sondern wir brauchen Wachstum, Wachstum, Wachstum, um die Schulden in den Griff zu be­kommen.

Dafür steht diese Bundesregierung, und dabei hat sie auch unsere Unterstützung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.58.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Auf der Tagesordnung steht nun das Budgetbegleitgesetz; Vorredner haben ja schon auf den Begriff Schuldenbremse Bezug genommen. Es wird Sie nicht wundern, dass ich das auch mache, zumal ja den Medien zu entnehmen ist, dass die Bundesre­gierung da nicht nur etwas vorhat, sondern das heute schon im Ministerrat beschlos­sen wurde, wobei da aber natürlich schon hinzuschauen ist, was das Ganze unter dem Titel „Schuldenbremse“ überhaupt werden soll.

Eingangs könnte man ja noch feststellen: Wozu die Panik?, insbesondere vor dem Hin­tergrund, dass es Vertreterinnen und Vertreter dieser Bundesregierung waren und viel­leicht auch noch sind, ich weiß es ja nicht, vielleicht hören wir ja etwas Vernünftiges, die gemeint haben, wie super und wie gut Österreich dasteht.

Jetzt sage ich das ja auch, lassen Sie sich das sagen, wir sind in wesentlichen Daten nicht so schlecht. Das wird immer wieder, jedenfalls von der grünen Fraktion, da und dort auch anerkannt.


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Aber was da jetzt abgeht, wie Sie das da angehen mit dieser sogenannten Schulden­bremse – und da wende ich mich meinerseits an die Vertreter der Sozialdemokratie und erst in zweiter Linie an jene der ÖVP –, ist schon sehr seltsam. Das hat ja mit dem, was Sie jahrelang erklären, was Sie zwei Jahre lang manchmal mit Steuergeldern, manchmal ohne Steuergelder, jedenfalls mit Parteispenden heftig inserieren und pla­katieren, aber so etwas von nichts zu tun, Herr Staatssekretär Ostermayer und Herr Staatssekretär Schieder. Es ist ohnehin besser, dass der Bundeskanzler nach seinem gestrigen Auftritt in der „ZiB 2“ nicht da sitzt, der war erbärmlich, und zwar zu Recht, ja, Herr Geschäftsführer (in Richtung des Abg. Dr. Kräuter), zu Recht, denn du bist auch einer, der in den Zeitungen dauernd das erzählt, und beim Regieren ganz woanders bei irgendeinem Türl herauskommt. Das geht sich so nicht mehr aus. (Beifall bei Grü­nen und FPÖ.) Das geht sich nicht mehr aus.

Ich finde, das hat Obszönitätscharakter, wie die Sozialdemokratie in diesem Bereich vorgeht. (Abg. Dr. Kräuter: Du übertreibst!) Jahrelang, ja bis vorgestern – oder war es noch am Freitag; Herr Staatssekretär, wann wollten wir reden? – war die Welt noch eine andere, aber jetzt ist sie so, zumindest laut Medienberichterstattung. Ich habe den Entwurf, den Ministerratsbeschluss jetzt nur kurz durchschauen können, aber es ist doch vollkommen klar, worum es beim Budget und bei den Schulden geht. Was sind denn die Schulden? – Kumulierte Defizite, die sich aus verschiedenen Bestandteilen der Einnahmen- und Ausgabendifferenz zusammensetzen.

Also ist es die verdammte Pflicht dieser Bundesregierung, endlich einmal etwas über die Dynamik der Ausgabenentwicklung und die Dynamik der Einnahmenentwicklung zu sagen und dazu, wo man eingreifen will. Aber man sollte nicht mit der Schuldenbremse herumrennen, ohne das mit zu benennen.

Jetzt zur ÖVP: Ich weiß schon, Frau Bundesministerin, dass Sie der Meinung sind, dass man vielleicht zuerst einmal das Ziel vorgeben muss, das Zweidrittelmehrheit verlangt, damit alle einmal hineingezwungen werden, damit irgendetwas geschieht. – Ja, mag sein, aber es ist nicht genug, zu sagen, irgendetwas muss geschehen, Haupt­sache irgendetwas und irgendetwas steht in der Verfassung. Das wird klare Konse­quenzen haben, die Sie hier und heute aber auch benennen sollen, wenn Sie sich schon so heldenmütig hinstellen wie der Herr Spindelegger, wobei Sie ja dann die bes­sere Gelegenheit haben neben diesen hoppertatschigen sozialdemokratischen Auftrit­ten. Das ist dann auch nicht so schwierig. Das ist ja auch wieder interessant: Die ÖVP, die in allen Umfragen hinten liegt, bei allen Wahlergebnissen hinten liegt, dominiert aber die Regierungspolitik, auch in Sachen der Steuergerechtigkeit. Dort, wo Sie antre­ten, Wahlen gewinnen zu wollen. Das ist eine Schimäre, und die werden wir Ihnen jetzt einmal herunterräumen, wir lassen uns das so nicht mehr gefallen.

Wenn es nämlich wahr ist – und da bitte ich um den Gegenbeweis, Frau Finanzminis­terin, aber bitte nicht in der Liga, dass Griechenland auch ein Geschäft wird –, dass die Defizite nichts anderes als der Saldo von Einnahmen und Ausgaben sind, das ist in diesem Fall natürlich ein Ausgabenüberschuss, dann haben wir nicht so viele Möglich­keiten. Dass wir nur aus der Krise herauswachsen, Kollege Krainer, wird auch dann nicht gelingen, wenn man nämlich genau an der falschen Stelle spart.

Also worum geht es denn? Das wollten Sie, glaube ich, auch damit sagen. Allein die Vorschläge der SPÖ kommen diesem Prinzip nicht nach.

Worum geht es denn? An welchen Stellen wird ja hoffentlich und sinnvollerweise ge­spart? Selbstverständlich, auch da machen wir immer unsere Vorschläge und ver­schweigen uns nicht, auch nicht als Oppositionspartei.

Und was geschieht bei den Einnahmen? Sie von der ÖVP-Seite stellen die Einnahmen mehr oder weniger ständig sakrosankt, dass da ja nur keine neuen Steuern kommen,


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nichts, null. Nicht einmal gescheit darüber reden wollen Sie, wie wenigstens die Steu­erstruktur endlich gerechter gemacht werden kann gemessen am OECD-Schnitt, wo Sie sonst der OECD, der Organisation der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, ständig hinterherlaufen mit Ihren Argumenten, vielleicht auch ganz zu Recht, auch bei den Sparbemühungen. Wenn es um die Steuerstruktur geht, dann wollen Sie nichts davon wissen.

Österreich ist das letzte Land in dieser Statistik, wenn es darum geht, dass die Mil­lionenerben einmal einen Beitrag leisten sollen. Wir sind das letzte Land, wenn es da­rum geht, dass die Superreichen einen Beitrag leisten sollen, alles genau Ihr Text. Noch einmal zum Mitschreiben und vielleicht zum Ernstnehmen: Wenn es darum geht, diese Lücken zu schließen, selbstverständlich sowohl aus Gerechtigkeitsgründen, aber auch aus ökonomischer Vernunft heraus, weil diese Art von Steuern die Konjunktur nicht schädigen, dann können Sie dreimal etwas anderes erzählen. Und es wird auch gar nicht anders gehen, als einmal bei den Vermögen etwas zu machen, weil Ihnen ja der soziale Zusammenhalt völlig zusammenkracht, nicht nur irgendwo in Europa, son­dern auch hier in Österreich.

Diejenigen, die von dieser Krise zum Teil sogar ursprünglich profitiert haben, jedenfalls die viel geringeren Lasten tragen, obwohl sie diejenigen wären, die es viel besser könnten, bleiben verschont. Sie wenden sich immer nur an den normalen Steuerzahler, der – und jetzt kommt es – laut dieser OECD-Statistik in Österreich am meisten bei­trägt, also an die Lohn- und Leistungseinkommen. Es geht gar nicht nur um den klas­sischen Hackler, sondern es geht um die Erwerbseinkommen schlechthin, es geht auch um die Selbständigen. Diese zahlen in Österreich ganz, ganz viel Steuern. Da sind wir Hochsteuerland, da haben Sie recht. Aber dort, wo es um die Gerechtigkeit geht, sind wir ein Niedrigsteuerland bis ein Nullsteuerland sogar, wenn Sie nicht dazu­sagen, dass auch auf der Seite etwas geschehen soll, dass massiv eingegriffen wer­den muss, um diese Struktur zu verändern und in Richtung weniger auf Arbeit, auch auf das Leistungseinkommen zu gehen, Frau Ministerin.

Es kann doch nicht sein, dass in diesem Land 4 Millionen steuerfrei vererbt werden können – steuerfrei! –, während andere ein Leben lang arbeiten müssen und das auch nicht annähernd verdienen, aber mit den Sozialabgaben und mit den Steuern 50 Pro­zent schon in dieser niedrigen Liga zahlen. Sie wissen das ganz genau, wenn sie mehr verdienen, dann zahlen sie noch mehr. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Wenn einer 4 Millionen € in seinem Leben verdient, dann ist er ohnehin schon ganz gut un­terwegs, aber der zahlt Länge mal Breite. Und das soll gerecht sein? Da rennen Sie herum und reden von Leistungsgerechtigkeit?

Das ist völlig daneben, das ist völlig schräg aufgestellt. Sie in den Reihen der Sozialde­mokratie wissen das ganz genau. Ich hoffe, Sie glauben Ihren eigenen Plakaten. Sie sind aber gut beraten, wenn Sie Ihren Regierungsvertretern nichts mehr glauben, denn sonst würden Sie in dieser Debatte anders auftreten. Das wird unsere Anwaltschaft sein, dass wir nicht nur darauf schauen, sondern auch dafür kämpfen, dass das kommt. Sonst ist es nicht erklärbar, dass Sie über Nacht unter dem angeblichen Druck von Ratingagenturen, die Sie vorgestern noch als inkompetent verteufelt haben, und sie sind auch inkompetent, niemand von denen hat vor drei Jahren die Griechenland-Papiere anders bewertet als die deutschen, jetzt unter der Bank sind, auch wenn Sie so (der Redner verschränkt demonstrativ die Hände) dasitzen.

Vor den Ratingagenturen, die überhaupt von der ganzen amerikanischen Subprime Crisis nichts wissen wollen, die die Papiere dort noch bestbewertet haben, damit sie in ganz Europa noch das Finanzsystem anstecken, gehen Sie in die Knie. (Staatssekretär Mag. Schieder: Nein!) Ja, nicht nein, aber ja, das ist doch euer Problem. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)


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Bei Ihnen von der SPÖ kommt ja zur Gerechtigkeitslücke noch die Glaubwürdigkeits­lücke; die ÖVP ist wenigstens konsistent als Partei der Superreichen.

Es reicht, so ist es, und jetzt können Sie sich anstellen bei der FPÖ und bei der ÖVP, wir werden uns den Verhandlungen schon nicht verweigern, wenn es um eine Zweidrit­telmaterie geht, das ja nun nicht, aber das Ganze muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Es braucht durchaus marktwirtschaftliche Prinzipien, die hier wieder gelten, es braucht die Leistungsanreize, es braucht aber endlich auch das Schließen der Gerechtigkeits­lücke, denn sonst drohen, ich sage gar nicht Sparpakete, ich sage Kürzungspakete. Dort, wo sinnvoll gespart hätte werden können, lassen Sie ja regelmäßig aus. Jetzt ist wieder diese Seite besser dran (der Redner zeigt auf die Seite der ÖVP-Minister und -Ministerinnen auf der Regierungsbank), weil nämlich die ÖVP-Landeshauptleute bis jetzt alles blockiert haben, was einmal vernünftig wäre in dieser Republik. Sie setzen sich nicht durch.

Herr Ex-Vizekanzler Pröll ist ja nicht an irgendwelchen Leiden gescheitert, sondern an Ihren eigenen Landeshauptleuten. Sagen Sie einmal, wie es ist! Und da ist das Pro­blem, dass dort, wo wirklich sinnvoll gespart werden könnte, auch nicht gespart wird, auch nicht in der Schulverwaltung – Bezirksschulräte en masse, Bezirksschulinspekto­ren, Landesschulräte: alles für die Fisch, gehört anders aufgestellt, ist viel billiger zu or­ganisieren. Wo ist denn das? (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: Super!) 50 Millionen Nettoeffekt. – Null, nichts!

Im Gesundheitssystem ist es noch viel ärger. Nicht, dass wir im Gesundheitsbereich die Leistungen reduzieren müssten, sondern es geht einfach darum, die Kostendyna­mik einzufangen, und es geht um das Jahr 2020, es geht immer um die Dynamik. Es geht darum, die Leistungen und Dienstleistungen halbwegs stabil zu halten. Das Sys­tem ist ja nicht schlecht – wieder an dieser Stelle –, aber die Kosten rennen uns davon. Es müsste aber nicht so sein.

Das ist nur deswegen der Fall, weil es ein riesiges Planungswirrwarr und Planungsde­fizit gibt. Warum? – Weil Sie die Landeshauptleute nicht dazu verpflichten können, dass nicht innerhalb von 20 Kilometern, so wie es in meiner Heimat ist, Oberwart und Hartberg, ich getraue mich das auch zu sagen, ... – Herr Lopatka ist gerade nicht da, der war tatkräftig daran beteiligt, dass sowohl auf der einen Seite als auch auf der an­deren alle Abteilungen hochgerüstet werden, weil sich ein Burgenländer nicht in der Steiermark behandeln lassen müssen soll und der Steirer nicht im Burgenland drüben, obwohl man an dieser Stelle mit dem Radl hin- und herfahren kann. (Abg. Mag. Gaß­ner: Frisch operiert aber nicht!) Vielleicht gerade nicht der Kranke.

Aber es ist ganz einfach, so zu fahren. Wenn ich mit dem Rettungswagen 20 Kilometer innerhalb der Steiermark fahre, dann ist das offensichtlich eine kurze Distanz. Aber wenn ich fünf Kilometer und über die Grenze fahre, dann ist es eine lange Distanz. Es geht da um Unsinnigkeiten, die Sie nicht beheben können oder nicht beheben wollen. Und wenn Sie das nicht benennen, dann lassen Sie diese Schuldenbremse bleiben, dann geben Sie doch zu, dass Sie nicht in der Lage dazu sind, weil dies sonst dazu führt, dass genau an der falschen Stelle wieder gekürzt wird, nämlich bei dem, was die Leute brauchen, weil Sie an der richtigen nicht imstande sind hinzugreifen. Das ist das Problem, und das muss angegangen werden. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Also: Diese Schuldenbremsen-Debatte kann etwas Nützliches nach sich ziehen, soll etwas Nützliches nach sich ziehen, aber für einen Unfug in der Verfassung, wenn Sie die notwendigen Begleitmaßnahmen nicht jetzt und rechtzeitig ankündigen können, stehen wir nicht zur Verfügung. Und es geht genau darum, an der richtigen Stelle zu sparen, aber es geht auch darum, endlich einmal darüber zu reden, wo in dem Land


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die Steuern eingehoben werden, nämlich immer genau dort, wo ohnehin schon zu viel eingehoben wird, und nicht dort, wo es etwas zu holen gibt. Und das ist ÖVP pur! Bitte vor den Vorhang, Herr Kopf! (Beifall bei Grünen und BZÖ. – Bravorufe beim BZÖ.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


12.11.36

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner Mag. Kogler braucht von mir natürlich keine guten Ratschläge, das weiß ich schon. Aber, Herr Mag. Kogler, wenn Sie mit großer Verve ausgerufen haben: Es reicht!, dann lassen Sie mich sagen, ich wäre vorsichtig mit solchen Ausrufen, ich spreche aus Er­fahrung! Wir haben keine guten Erfahrungen gemacht mit „es reicht“. (Allgemeine Hei­terkeit.)

Meine Damen und Herren, wir diskutieren eigentlich das Budgetbegleitgesetz, obwohl hier andere Fragen dominieren, wie Steuerreformfragen, die Frage der Staatsverschul­dung. Lassen Sie mich als einer, der an sich gerne über Steuerreformen diskutiert, ei­nes sagen: Der jetzige Zeitpunkt ist meines Erachtens völlig falsch für eine Steuerre­form, vor allem für eine öffentliche Debatte darüber. Ich bin sehr dafür, dass im Finanz­ministerium eine Arbeitsgruppe von Experten gut und intensiv arbeitet, aber eine öf­fentliche Diskussion über eine Steuerreform halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für absolut schädlich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Setzen Sie einmal eine Kommission ein!)

Gehen die Diskussionen in Richtung Steuererhöhungen, so schaden sie dem Wirt­schaftsstandort und verunsichern die Investoren, gehen sie in Richtung Entlastungen, erwecken sie Erwartungen, die nicht erfüllbar sind, weil wir kein Geld für Entlastungen haben, so offen und ehrlich muss man sein. Das heißt, Arbeit ja, aber keine großen öf­fentlichen Ankündigungen in Richtung Steuererhöhungen oder Steuerentlastungen. Der Zeitpunkt ist leider nicht geeignet dafür. (Abg. Bucher: Was ist mit der Schulden­bremse?)

Zum zweiten großen Fragenkomplex, meine Damen und Herren. Natürlich dominiert die Staatsverschuldung derzeit jedes Thema, und es ist verständlich, wenn heute am Vormittag im Ministerrat die Regierung diese Schuldenbremse beschließt. Das ist ein Thema, das auch heute in der Debatte sein wird.

Ich muss ehrlich sagen, ich halte das für einen großen Fortschritt, denn auch wenn wir natürlich argumentieren können, es sind die bösen Banken, die bösen Finanzmärkte, die bösen Spekulanten, dann kann ich nur sagen, es gibt ein einfaches Mittel dagegen: die Staatsfinanzen in Ordnung zu halten. Dann brauche ich keine Angst vor den bösen Banken, vor den bösen Spekulanten und vor den bösen Finanzmärkten zu haben.

Ich kann natürlich auch sagen, im Vergleich zur Euro-Zone stehen wir eigentlich ohne­hin noch gut da, wir haben eine Staatsverschuldung von 74,6 Prozent, die Euro-Zone im Durchschnitt von 90,3 Prozent. Aber das hilft mir nicht sehr viel, meine Damen und Herren. Und daher halte ich es für vollkommen richtig, dass dieser Schritt heute ge­setzt wurde, die Schuldenbremse in die Verfassung aufzunehmen, was wieder im Zu­sammenhang mit dem zu sehen ist, was wir bereits über das Bundesfinanzrahmenge­setz gemacht haben, das richtigerweise auf der Aufgabenseite ansetzt. Also die Schul­denbremse sehe ich im Zusammenhang mit dem Bundesfinanzrahmengesetz, das den Schwerpunkt auf die Ausgabenseite legt. (Zwischenruf des Abg. Bucher.) Denn alle Erfahrung sagt, Herr Kollege: Hast du die Ausgaben im Griff, dann hast du in der Regel auch das Budget im Griff – das ist auch eine Absage an Steuererhöhungsphilosophien, wie sie mancherorts geäußert werden. (Abg. Mag. Stadler: Dass die Schuldenbremse mit der Einnahmenseite etwas zu tun hat ...!)


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Meine Damen und Herren, wir haben hier einen Plan step by step. Der erste Punkt wä­re, und da weiß ich, das gebe ich schon zu, da haben wir noch keinen Konsens: Ich würde es zum jetzigen Zeitpunkt zumindest für richtig halten, wenn wir am Freitag noch die 3 Prozent Budgetbindungen beschließen würden. Ich glaube, es wäre in der heuti­gen Situation richtig, das zu beschließen.

Der zweite Schritt ist, dass wir heuer noch diese Schuldenbremse beschließen werden, und drittens ist richtig, dass wir dann zu Beginn des nächsten Jahres sehr rasch Maß­nahmen beschließen müssen, die dieser Schuldenbremse Rechnung tragen, gar keine Frage. Und dass wir hier Sparpotenziale haben, meine Damen und Herren, das lässt sich überhaupt nicht bestreiten. Schauen wir nur ein bisschen über den Tellerrand hi­naus. Ich erinnere nur, das wurde schon oft erwähnt, an das faktische Pensionsalter. Unsere deutschen Nachbarn gehen faktisch drei Jahre später in Pension. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Die drei Jahre bedeuten, wir geben jedes Jahr 3 Milliarden € mehr aus als die Deutschen wegen des frühzeitigen Pensionsantritts, 3 Milliarden, die uns fehlen, Frau Kollegin, für Forschung, Wissenschaft, Umwelt und so weiter, das fehlt uns.

Jetzt schauen wir uns den Gesundheitsbereich an. Ich erwähne nur Daten und Fakten. Laut einer OECD-Statistik gibt es im OECD-Durchschnitt pro 1 000 Einwohner 3,9 Spi­talsbetten, in Österreich nicht 3,9, sondern 6,1. Da kann man sicherlich Effizienzsteige­rungen durchführen.

Schauen wir uns die Förderungsquote an: in der EU 2,7 Prozent des BIP, in Österreich 5,5 Prozent.

Also nur drei Beispiele, wo man sagen muss, bitte, da liegen die Sparpotenziale auf dem Tisch, da brauche ich an keine Steuererhöhungen zu denken. Mir geht es darum, dass wir zuerst die Sparpotenziale nützen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Step by step, hat die Finanzministerin zur Verwaltungsreform gesagt!) – Frau Kollegin Gla­wischnig, schauen Sie, dass Sie in Wien etwas zustande bringen, dann können Sie re­den! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Solange wir nicht diese Sparpotenziale nützen, meine ich, gibt es überhaupt keine Be­rechtigung, hier mit Steuererhöhungsvorschlägen in Richtung Schuldenabbau zu ge­hen. (Abg. Krainer: Aber wirklich nicht!) Hier bedeutet Sparen ja nicht Sparen zulasten der Gesundheit, Sparen zulasten der Förderung. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wo wollen Sie denn sparen? Machen Sie ein paar Vorschläge!) Das heißt nur die Mittel effizienter einsetzen, Frau Kollegin, studieren Sie Betriebswirtschaft! Die Mittel effizien­ter einsetzen, nicht sparen zulasten. Das ist polemisch, was Sie sagen, Sie polemisie­ren nur. Ich sage nur, wir müssen die Mittel effizienter einsetzen, dann werden wir auch die Schuldenbremse mit konkretem Leben erfüllen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


12.17.00

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Es ist schon abenteuerlich, das muss ich wirklich zugeben! Vor wenigen Tagen noch, bei der letzten Sitzung bist du herausgekommen zum Rednerpult und hast gesagt, wir brauchen keine Schulden­bremse, wir haben ein modernes Haushaltsgesetz, dafür brauchen wir keine Schulden­bremse. Jetzt plötzlich der Wandel. Über Nacht hat die ÖVP gegneißt, begriffen, dass die Schuldenbremse ein wichtiges Signal für die Anleger, für die Finanzmärkte ist, um Vertrauen zu schaffen. Wir sagen das seit 2009! (Beifall beim BZÖ.)

Da brauchst du nicht den Kopf zu schütteln. Es gibt ja Anträge, die im Ausschuss lie­gen, die von euch vertagt worden sind. Das Erbärmlichste ist, dass uns hinter vorge-


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haltener Hand ständig recht gegeben wird, wenn wir in den Ausschüssen unsere For­derungen deponieren, dass man danach zu uns kommt und sagt, recht habt ihr eigent­lich, tolle Forderungen, das gehört umgesetzt, dass aber am Rednerpult alles verwei­gert wird und dann auch die Zustimmung verweigert wird. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Das ist eine Hinterhältigkeit, die die Bürger in unserem Land satt haben. (Beifall beim BZÖ.) Das ist typisch für die ÖVP! Das ist die ÖVP, das ist das wahre Ge­sicht der ÖVP, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist doch ein Wahnsinn, der Vizekanzler gestern in der „ZiB 1“, nachzulesen heute in den Printmedien: Wir haben erkannt, dass wir etwas tun müssen. – Meine sehr geehr­ten Damen und Herren, wo war denn der Vizekanzler die ganzen Jahre zuvor? War er im Ausland? Er soll da herkommen, er soll sich die Debatten einmal anhören, die wir führen! Da geht es um die Zukunft der nächsten Generationen! Eine Rekordverschul­dung, die da zulasten der Jugendlichen, der Kinder und Kindeskinder beschlossen wer­den soll! Das ist die Realität! (Beifall beim BZÖ.)

Ja wie könnt ihr von der ÖVP das euren Mitgliedern gegenüber vertreten? Was sagt denn ihr, wenn die mit diesen Argumenten auf euch zugehen und sagen, um Gottes willen, ihr verpflastert, ihr verpfändet unser ganzes Land!? Was sagt ihr denen? – Ja wir können nichts tun, weil wir die SPÖ nicht überzeugen können. – Ja dann schleicht euch aus der Regierung, das wäre einmal konsequent, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Lebhafter Beifall beim BZÖ.)

Ihr seid nicht in der Lage, dieses Land zu regieren, das ist die Realität! Nehmt endlich den Hut, und die Frau Finanzministerin soll heute den Anfang machen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben daher einen Misstrauensantrag vorbereitet: Gehen Sie aus dem Amt, Sie sind nicht in der Lage, die Schulden abzubauen, Sie sind nicht in der Lage, das Defizit zu reduzieren, es fehlen Ihnen die Durchschlagskraft, die Ideen! Sie sind planlos, Sie sind ja für niemanden in unserem Land mehr tragbar, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


12.20.01

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Die Regierungsvorlage 1494 der Beilagen ändert zum Budget 2012 eine Anzahl von Bundesgesetzen, die der Umsetzung unseres Budgetpfades die­nen. Vor allem die Regelungen betreffend die Verwaltungszusammenarbeit dienen der Sicherung des Steueraufkommens. Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zum EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz möchte ich jedoch schon anmerken, dass wir auch die Ermöglichung der Vollstreckung von Sozialversicherungsbeiträgen in anderen EU-Mit­gliedstaaten anstreben sollen.

Bei dieser Gelegenheit darf ich auch, passend zum Thema Sozialversicherungsbeiträ­ge und Pensionen, folgenden Abänderungsantrag der Abgeordneten Jan Krainer, Mag. Gertrude Aubauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzesvorschlag eines Bud­getbegleitgesetzes 2012 – 1494 d.B. – in der Fassung des Ausschussberichtes 1500 d.B. in zweiter Lesung einbringen und diesen in den Eckpunkten erläutern, da der Antrag
ja lang genug ist, dass er schriftlich verteilt wird, Herr Präsident. (Präsident Neuge­bauer: Ja!)

Der erste Teil betrifft eine Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988. Es wird da­mit die Umsetzung der gestern erzielten Verhandlungsergebnisse erfolgen, betreffend einerseits den Alleinverdiener- beziehungsweise den Alleinerzieherabsetzbetrag bezie-


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hungsweise den Pensionistenabsetzbetrag. Da geht es darum, dass die steuerlichen Begünstigungen insbesondere bei den Topfsonderausgaben und bei den außerge­wöhnlichen Belastungen in Bezug auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, die durch den Wegfall dieses Betrages weggefallen wären, erhalten bleiben und die betroffenen Menschen damit nicht schlechter gestellt sind. Der Pensionistenabsetzbetrag wird von 13 100 € auf 19 930 € jährlich angehoben, wenn der Partner nicht mehr als 2 200 € im Jahr verdient.

Es kommt weiters zu einer Änderung des AWS-Gesetzes. Hier wird wiederum eine Streichung einer Bestimmung vorgenommen, die zu weit gegangen ist, und damit man tatsächlich die gewünschte Gleichbehandlung mit der Österreichischen Forschungsför­derungsgesellschaft erreicht.

Die dritte Änderung betrifft eine Änderung des Außenhandelsgesetzes. In Sektoren, die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Österreich – insbesondere die Versor­gungssicherheit – von zentraler Bedeutung sind, kommt es immer wieder zur Übernah­me von Anteilen an österreichischen Unternehmen durch Personen oder Gesellschaf­ten aus Drittstaaten. Hier ist es wichtig, europarechtskonforme Kontrollmechanismen einzuführen, die verhindern, dass durch solche Übernahmen grundlegende Interessen Österreichs betroffen sind.

Es ist notwendig diesen Abänderungsantrag einzubringen, um die jetzt von mir in den Eckpunkten erwähnten Maßnahmen auch umzusetzen.

Gestatten Sie mir noch ein Wort zum Budget, weil ja hier schon einige Punkte genannt worden sind. Für mich war sehr entscheidend, dass in dem ExpertInnen-Hearing deut­lich ausgeführt wurde, dass Stabilisatoren wie Pensionen und Arbeitslosenversiche­rung nicht nur in konjunkturell labilen Zeiten ein wesentlicher Faktor sind, sondern dass sie auch in konjunkturell positiven Zeiten zu einer stärkeren Abtragung der Schulden beigetragen haben. Im Zusammenhang mit der Frage Schuldenbremse und mit der Frage Sparmaßnahmen hängt es davon ab, wie wir sparen. Sparen ja, aber intelligent! Wenn wir wissen, dass 50 000 Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung kommen, das Budget um 1,3 Milliarden € jährlich entlasten, dann wissen wir, wie we­sentlich wachstumsfördernde Impulse sind, weil sie auch Beschäftigung sichern.

Wir bekennen uns zu einem gescheiten, vernünftigen, menschengerechten und sozial gerechten Sparen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend erläutert, er wurde verteilt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jan Krainer, Mag. Gertrude Aubauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzesvorschlag eines Budgetbegleitgesetzes 2012 (1494 der Beilagen) in der Fas­sung des Ausschussberichts 1500 der Beilagen.

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. In § 18 Abs. 3 Z 2 lautet der erste Absatz wie folgt:


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„Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine frei­willige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2 920 Euro jährlich. Dieser Betrag erhöht sich

um 2 920 Euro, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdiener- oder der Alleinerzie­herabsetzbetrag zusteht und/oder

um 2 920 Euro, wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieher­absetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jähr­lich erzielt und/oder

um 1 460 Euro bei mindestens drei Kindern (§ 106 Abs. 1 und 2). Ein Kind kann nur bei der Anzahl der Kinder eines Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Kinder, die selbst unter das Sonderausgabenviertel fallende Sonderausgaben geltend machen, zählen nicht zur Anzahl der den Erhöhungsbetrag vermittelnden Kinder.““

b) Nach Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:

„4a. In § 33 Abs. 6 wird in Z 1 der Betrag „13 100“ durch den Betrag „19 930“ ersetzt.“

c) Nach Z 4a wird folgende Z 4b eingefügt:

„4b. In § 34 Abs. 4 lautet der letzte Absatz wie folgt:

„Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherab­setzbetrag zusteht

wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zu­steht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

für jedes Kind (§ 106).““

d) In Z 12 in § 124b lautet die Z 203 wie folgt:

„203. § 4a Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 Z 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2011 ist auf alle offenen Veranlagungen anzuwenden.“

e) Nach Z 12 wird folgende Z 13 eingefügt:

„13. In § 124b wird nach der Z 207 folgende Z 208 angefügt:

„208. § 18 Abs. 3 Z 2, § 33 Abs. 6 Z 1 und § 34 Abs. 4, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2011, sind anzuwenden, wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2012.““

2. Artikel 19 (Änderung des Austria Wirtschaftsservice-Gesetzes) wird wie folgt geän­dert:         

Die Z 2 (§ 9 Abs. 4) entfällt.

3. Art. 21 (Änderung des Außenhandelsgesetzes 2011) lautet:

„Artikel 2


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1

Änderung des Außenhandelsgesetzes 2011 - AußHG 2011

Das Außenhandelsgesetz 2011 – AußHG 2011, BGBl. I Nr. 26, wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet:

„Außenwirtschaftsgesetz 2011 - AußWG 2011“.

2. Im 3. Hauptstück wird nach dem 3. Abschnitt eingefügt:

„4. Abschnitt

Beschränkung von Beteiligungen an Unternehmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

Genehmigungspflichten

§ 25a. (1) Soweit die Abs. 2 bis 11 nichts anderes bestimmen, unterliegen folgende Vorgänge, die Unternehmen mit Sitz in Österreich betreffen, keinen Beschränkungen:

1. der Erwerb des Unternehmens

2. der Erwerb einer Beteiligung an diesem oder

3. der Erwerb eines beherrschenden Einflusses auf dieses.

Unter Unternehmen sind juristische Personen, Personengesellschaften des Handels­rechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften zu verstehen.

(2) Unter den Voraussetzungen der Abs. 3, 4 und 10 bedarf ein in Abs. 1 genannter Vorgang einer Genehmigung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, wenn das betroffene Unternehmen mit Sitz in Österreich den Rechnungslegungs­vorschriften des Dritten Buches des Unternehmensgesetzbuches - UGB, dRGBl. S. 219/1897, unterliegt und in einem Bereich tätig ist, der die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 52 und Art. 65 Abs. 1 AEUV betrifft. Derartige Bereiche sind solche

1. der inneren und äußeren Sicherheit Österreichs, insbesondere

a) Verteidigungsgüterindustrie,

b) Sicherheitsdienste;

2. der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einschließlich der Daseins- und Krisenvor­sorge, insbesondere

a) Krankenhäuser, Rettungs- und Notarztwesen,

b) Feuerwehrwesen und Katastrophenschutz,

c) Energieversorgung im Sinne des Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgeset-
zes 2010 – ElWOG 2010, BGBl. I Nr. 110 und des Gaswirtschaftsgesetzes - GWG, BGBl. I Nr. 121/2000,

d) Wasserversorgung im Sinne des Wasserrechtsgesetzes 1959 – WRG 1959, BGBl. Nr. 215,

e) Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes 2003 – TKG 2003, BGBl. I Nr. 70/2003,

f) Verkehr im Sinne des Eisenbahngesetzes 1957 - EisbG, BGBl. Nr. 60, des Luftfahrt­gesetzes - LFG, BGBl. Nr. 253/1957, des Schifffahrtsgesetzes - SchFG, BGBl. I Nr. 62/1997 und des Bundesstraßengesetzes 1971 – BStG 1971, BGBl. Nr. 286,

g) Universitäten im Sinne des Universitätsgesetzes 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120 Fach­hochschulen im Sinne des Fachhochschul-Studiengesetzes - FHStG, BGBl. 340/1993,


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Schulen im Sinne des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, Kindergärten und Kinderbetreuungseinrichtungen.

(3) Eine Genehmigung nach Abs. 2 ist nur dann erforderlich, wenn entweder

1. der Erwerber des Unternehmens, der Beteiligung oder des beherrschenden Einflus­ses eine Person oder Gesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Z 9 ist, die kein Unionsbür­ger oder Bürger des EWR oder der Schweiz ist oder ihren Sitz in einem Drittstaat hat, sofern es sich bei dem Drittstaat nicht um einen Mitgliedstaat des EWR oder die Schweiz handelt, oder

2. eine Genehmigungspflicht von Amts wegen gemäß Abs. 10 vorgeschrieben wird.

Vor Erteilung der Genehmigung darf der Vorgang nicht durchgeführt werden.

(4) Von der Genehmigungspflicht gemäß Abs. 2 ausgenommen ist eine Beteiligung an Unternehmen, bei der der Stimmrechtsanteil eines Erwerbers im Sinne von Abs. 3 Z 1 nach dem Erwerb dieser Beteiligung 25 Prozent nicht erreicht. Bei der Berechnung die­ses Stimmrechtsanteils sind hinzuzurechnen

1. die Anteile anderer juristischer Personen oder Gesellschaften an dem zu erwerben­den Unternehmen, wenn der Erwerber 25 Prozent oder mehr der Stimmrechte an die­ser anderen juristischen Person oder Gesellschaft hält, und

2. Stimmrechte anderer Personen oder Gesellschaften im Sinne von Abs. 3 Z 1, mit denen der Erwerber eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von Stimm­rechten abgeschlossen hat.

(5) Der Erwerb eines beherrschenden Einflusses unterliegt sowohl dann einer Geneh­migungspflicht, wenn er von einer Person oder Gesellschaft im Sinne von § 3 Z 1 allein als auch dann, wenn er durch mehrere Personen oder Gesellschaften im Sinne von § 3 Z 1 gemeinsam erfolgt.

(6) Der Antrag auf Genehmigung ist von dem oder den Erwerbern zu stellen

1. vor Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags über den Erwerb des Unternehmens oder der Beteiligung oder vor Abschluss des oder der zum Erwerb des beherrschenden Einflusses erforderlichen Rechtsgeschäfte oder

2. im Fall eines öffentlichen Angebots vor Veröffentlichung der Entscheidung zur Abga­be des Angebots.

(7) Der Genehmigungsantrag hat insbesondere zu enthalten:

1. Name, Anschrift sowie, wenn vorhanden, Telefonnummer, Telefax-Nummer und
E-Mail-Adresse des Erwerbers im Sinne von Abs. 3;

2. Name, Anschrift sowie, wenn vorhanden, Telefonnummer, Telefax-Nummer und
E-Mail-Adresse des Unternehmens, an dem der Erwerb oder die Beteiligung erfolgen sollen;

3. Beschreibung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Sinne von Abs. 2 Z 1 oder 2;

4. Darstellung des geplanten Erwerbsvorgangs und

5. Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten in Österreich.

(8) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat innerhalb eines Monats ab Einlangen des Antrags mit Bescheid mitzuteilen, dass entweder

1. keine Bedenken gegen den Erwerb bestehen, weil keine Gefährdung der Interessen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 52 und Art. 65 Abs. 1 AEUV zu befürchten ist, oder


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2. ein vertieftes Prüfverfahren eingeleitet wird, weil eine eingehendere Untersuchung der Auswirkungen auf diese Interessen erforderlich ist.

Wird innerhalb dieser Frist kein Bescheid erlassen, so gilt der Vorgang als genehmigt.

(9) Innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des Einleitungsbescheides im Sinne von Abs. 7 Z 2 ist mit Bescheid entweder

1. der Vorgang zu genehmigen, wenn eine Gefährdung der in Abs. 7 Z 1 genannten In­teressen nicht zu befürchten ist oder

2. wenn durch den Vorgang eine tatsächliche und schwerwiegende Gefahr für die ge­nannten Interessen zu befürchten ist,

a) die Genehmigung mit zur Beseitigung dieser Gefahr notwendigen Auflagen zu er­teilen, oder

b) die Genehmigung zu verweigern, wenn Auflagen zur Beseitigung dieser Gefahr nicht ausreichen.

Wird innerhalb dieser Frist kein Bescheid erlassen, so gilt der Vorgang als genehmigt.

(10) Über den Umstand, dass ein Vorgang durch Verstreichen der Frist in Abs. 7 oder Abs. 8 als genehmigt gilt, ist auf Antrag eine Bestätigung auszustellen.

(11) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend kann mit Bescheid von Amts wegen eine Genehmigungspflicht für den Erwerb von, eine Beteiligung an oder den Erwerb eines beherrschenden Einflusses auf ein Unternehmen mit Sitz in Öster­reich durch andere als die in Abs. 3 Z 1 genannten Erwerber vorschreiben, wenn

1. Personen oder Gesellschaften im Sinne von Abs. 3 Z 1 mindestens 25 Prozent der Stimmrechte am Erwerber halten oder einen beherrschenden Einfluss auf den Erwer­ber ausüben und

2. begründeter Verdacht besteht, dass durch diesen Vorgang eine Genehmigungs­pflicht gemäß Abs. 3 Z 1 umgangen werden soll, und

3. begründeter Verdacht besteht, dass durch den Vorgang eine Gefährdung der in Abs. 7 Z 1 genannten Interessen zu befürchten ist.

(12) Auf das Verfahren gemäß Abs. 10 sind die Abs. 8 und 9 mit der Maßgabe anzu­wenden, dass die Entscheidungsfrist von zwei Monaten ab Zustellung der Vorschrei­bung der Genehmigungspflicht zu laufen beginnt.

(13) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend kann mit Verordnung Aus­nahmen von den Genehmigungspflichten für bestimmte Arten von Vorgängen im Sinne von Abs. 1 vorsehen, wenn im Vorhinein feststeht, dass durch diese Vorgänge eine Gefährdung der in Abs. 7 Z 1 genannten Interessen nicht zu befürchten ist.“

3. Im § 79 Abs. 1 entfällt am Ende der Z 23 das Wort „oder“ , und es werden nach der Z 24 folgende Z eingefügt:

„25. einen Vorgang im Sinne von § 25a Abs. 2 ohne Genehmigung gemäß § 25a Abs. 3 oder 10 durchführt oder gegen eine Auflage in einem Genehmigungsbescheid gemäß § 25a Abs. 8 Z 2 lit. a verstößt oder

26. durch unrichtige oder unvollständige Angaben eine Genehmigung gemäß § 25a Abs. 8 erschleicht oder die Vorschreibung von Auflagen in einem Genehmigungsbe­scheid gemäß § 25a Abs. 8 hintanhält,“

4. Der § 79 Abs. 3 lautet:

„(3) Wer fahrlässig eine der in den Abs. 1 Z 1, 2, 4, 8, 9, 10, 12, 15, 16, 17, 19 oder 25 bezeichneten Handlungen begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geld­strafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“


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5. Im § 93 wird folgender Absatz angefügt:

„(9) Der 4. Abschnitt im 3. Hauptstück und § 79 Abs. 1 und 3 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2011 treten am Tag nach dessen Kundmachung in Kraft.““

Begründung

Zur Änderung des Art. 2 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu lit. a, c und e (Art. 2 Z 1a, 4b und 13, § 18 Abs. 3 Z 2, § 34 Abs. 4 und § 124b Z 208 EStG 1988):

Mit 1. Jänner 2011 wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag für Steuerpflichtige ohne Kinderbetreuungspflichten abgeschafft. Für Steuerpflichtige mit Pensionseinkünften un­ter 13 100 Euro wurde als Ausgleich der Pensionistenabsetzbetrag im gleichen Aus­maß angehoben.

Da der Bezug des Alleinverdienerabsetzbetrages mit weiteren steuerlichen Begünsti­gungen, insbesondere im Bereich der Topfsonderausgaben (§ 18) und der außerge­wöhnlichen Belastungen (§ 34) verknüpft ist, sollen diese Begünstigungen für jene Steuerpflichtige erhalten bleiben, die durch den Wegfall des Alleinverdienerabsetzbe­trages schlechter gestellt wurden. Damit wird auch ein Gleichklang zur schon beste­henden Regelung des § 35 Abs. 1 dritter Teilstrich herbeigeführt, wonach behinde­rungsbedingte Mehraufwendungen für den (Ehe-)Partner auch ohne Anspruch auf ei­nen Alleinverdienerabsetzbetrages dann berücksichtigt werden können, wenn die Einkünftegrenze für den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht überschritten wird. Die Än­derung soll erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2012 gelten.

Zu lit. b und e (Art. 2 Z 4a und 13, § 33 Abs. 6 Z 1 und § 124b Z 208 EStG 1988):

Für Pensionisten wird die Einkommensgrenze für den Pensionistenabsetzbetrag von 13 100 Euro auf 19 930 Euro jährlich angehoben, wenn der Partner nicht mehr als 2 200 Euro im Jahr verdient. Die Änderung soll erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2012 gelten. Die Kosten für diese Maßnahme belaufen sich auf rund 20 Mio. Euro.

Zu lit. d (Art. 2 Z 12, § 124b Z 203 EStG 1988):

Das Inkrafttreten zum § 4a wird auf die im BBG 2012 geplanten Änderungen in Abs. 2 und 3 eingeschränkt.

Zur Änderung des Art. 19 (Änderung des Austria Wirtschaftsservice-Gesetzes):

Die Bestimmung ist zu weit. Nur nicht steuerbare Subventionen stellen bereits nach all­gemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen keine Entgelte dar und unterliegen nicht der USt.

Mit der Streichung wird des Weiteren auch die beabsichtigte Gleichbehandlung mit der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH erreicht, da auch das FFG-G keine vergleichbare Bestimmung enthält.

Zur Änderung des Art. 21 (Änderung des Außenhandelsgesetzes):

In Sektoren, die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung Österreichs, insbesondere der Versorgungssicherheit, von zentraler Bedeutung sind, kommt es immer wieder zur Übernahme von Anteilen an österreichischen Unternehmen durch Personen oder Ge­sellschaften aus Drittstaaten. Es ist daher wichtig, europarechtskonforme Kontrollme-


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chanismen einzuführen, die verhindern, dass durch solche Übernahmen grundlegende Interessen Österreichs gefährdet werden.

Auch wenn durch den Vertrag von Lissabon die Kompetenz der EU im handelspoliti­schen Bereich auf ausländische Direktinvestitionen erstreckt wurde, lässt sich argu­mentieren, dass diese Kompetenz auf handelsbezogene Aspekte solcher Vorgänge beschränkt ist. Daneben bleibt weiterhin eine Kompetenz der Mitgliedstaaten zu natio­nalen Schutzmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicher­heit bestehen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH ist eine Berufung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur möglich, wenn eine tatsächliche und hinrei­chend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die öffentliche Sicherheit betrifft das Funktionieren des Staates und seiner Einrich­tungen, somit die Sicherung der Existenz eines Mitgliedstaates gegenüber inneren und äußeren Einwirkungen. Ausdrücklich hat der EuGH eine Betroffenheit der öffentlichen Sicherheit bisher bei Fragen der Sicherstellung der Versorgung im Krisenfall in den Be­reichen Telekommunikation und Elektrizität oder der Gewährleistung von Dienstleistun­gen von strategischer Bedeutung anerkannt. Überdies kann eine entsprechende Be­schränkung der Niederlassungsfreiheit und des Kapital- und Zahlungsverkehrs nur dann mit Belangen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt werden, wenn sie verhältnismäßig ist.

Es wurde daher eine Regelungstechnik gewählt, die

1. Beschränkungen der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit nur in den Fällen zulässt, in denen die Ausnahmebestimmungen in Art. 52 und 65 Abs. 1 AEUV aus­drücklich dazu ermächtigen,

2. sich ausschließlich auf die Übernahme von wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen in bestimmten Sektoren bezieht,

3. die Vorschreibung von Auflagen oder eine Verweigerung der Genehmigung nur zu­lässt, wenn eine tatsächliche und schwerwiegende Gefahr für die Interessen der öffent­lichen Sicherheit und Ordnung gegeben ist und

4. verhältnismäßig ist, weil sie so wenig Bürokratie wie möglich vorsieht und alle Ent­scheidungen an kurze Fristen bindet, nach deren Ablauf die Genehmigung automatisch als erteilt gilt.

Durch die Möglichkeit der Anrufung des VwGH und des VfGH ist auch die vom EuGH geforderte wirksame gerichtliche Kontrolle sicher gestellt.

Finanzielle Auswirkungen:

Die neu geschaffenen Verfahren gemäß § 25a AußHG, in Zukunft AußWG 2011, wer­den durch Beamte/Vertragsbedienstete im Center 2 des Bundesministeriums für Wirt­schaft, Familie und Jugend zu vollziehen sein. Dafür werden zusätzlich Vollzeitäquiva­lente von insg. 3 Bediensteten der Normkostengruppe LBVH3 bzw. LVVH3 (1 Bediens­tete/r in der Verwendungsgruppe A1/4 bzw. v1/3 und 2 Bedienstete in der Verwen­dungsgruppe A1/2 bzw. v1/2) des allgemeinen Verwaltungsdienstes in der Zentrallei­tung des BMWFJ benötigt.

Bei der Berechnung der Personalkosten wurde, da die tatsächliche physische Beset­zung der Planposten noch nicht absehbar ist, als Basis für die Berechnung zum einen von der Besetzung mit Vertragsbediensteten und zum anderen von der Besetzung mit Beamten ausgegangen.

Daher wurden nach Anhang III der Richtlinien für Ermittlung und Darstellung finanziel­ler Auswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen des BMF die Kosten wie folgt geschätzt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 84

1. Im Falle der Besetzung der Planstellen nur mit Vertragsbediensteten:

3 Vollzeitäquivalente der Normkostengruppe LVVH3 mit jährlichen Kosten von je 61.170 € x 3 ergeben jährliche Personalkosten in der Höhe von 183.510 €. Die Sach­ausgaben/kosten für diese Arbeitsplätze werden pauschal mit 12% der obigen Perso­nalkosten, das sind gerundet 22.000 € jährlich, angenommen. Für die nächsten 3 Jah­re betragen die Verwaltungskosten für diese Gesetzesänderung im Falle einer reinen Besetzung mit Vertragsbediensteten insgesamt somit rund 620.000 €.

2. Im Falle der Besetzung der Planstellen nur mit Beamten:

3 Vollzeitäquivalente der Normkostengruppe LBVH3 mit Kosten von 76.782 € x 3 = 230.346 € jährlich. Die Sachausgaben/kosten für diese Arbeitsplätze werden pauschal mit 12% der obigen Personalkosten, das sind gerundet 28.000 € jährlich, angenom­men. In diesem Fall betragen die Gesamtkosten für die nächsten 3 Jahre insgesamt somit rund 780.000 €.

Überdies werden durch den geplanten Ausbau der elektronischen Verfahrensabwick­lung auf die neuen Genehmigungsverfahren zusätzlich einmalige Sachkosten von etwa 10.000 € anfallen.

Für die nächsten 3 Jahre betragen die Verwaltungskosten. somit - je nach Besetzung der zusätzlichen Planstellen mit Beamten oder Vertragsbediensteten - insgesamt zwi­schen 620.000 und 780.000 €.

Zu Z 1 (Gesetzestitel):

Der neue Titel wird vorgesehen, da dies einer zeitgemäßen Terminologie entspricht und das Gesetz auch andere Tatbestände als Handelsvorgänge regelt.

Zu Z 2 (§ 25a):

Da auch Beteiligungen an und die Kontrolle über Unternehmen durch Personen und Gesellschaften aus Drittstaaten eine besondere Form des Verkehrs mit Drittstaaten darstellen, wird in das 3. Hauptstück, das sich auf diesen Verkehr bezieht, ein entspre­chender neuer Abschnitt eingefügt. Der darin enthaltene neue § 25a sieht die erforder­lichen Regelungen zur Kontrolle der Übernahme von Unternehmensanteilen vor.

Abs. 1:

In Abs. 1 wird klargestellt, dass der Erwerb von Unternehmen, von Anteilen an Unter­nehmen oder der Erwerb eines beherrschenden Einflusses auf Unternehmen grund­sätzlich keiner Beschränkung unterliegt.

Abs. 2:

Abs. 2 legt fest, welche Vorgänge einer Kontrolle in Form von Genehmigungspflichten unterworfen werden können. Zum einen sind nur Unternehmen betroffen, die den Rechnungslegungsvorschriften des Dritten Buches des Unternehmensgesetzbuches - UGB, dRGBl. S. 219/1897, unterliegen. Das sind gemäß § 189 UGB Unternehmen, die

1. Kapitalgesellschaften sind,

2. unternehmerisch tätige Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haf­tender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder

3. andere Unternehmer, die hinsichtlich der einzelnen einheitlichen Betriebe jeweils mehr als 700.000 € Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erzielen.

Ausgenommen von der Rechnungslegungspflicht sind gemäß § 189 Abs. 4 UGB Ange­hörige der freien Berufe, Land- und Forstwirte sowie Unternehmer, deren Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 im Überschuss der Einnahmen über die Wer­bungskosten liegen, auch wenn ihre Tätigkeit im Rahmen einer eingetragenen Perso-


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nengesellschaft ausgeübt wird, es sei denn, dass es sich um eine Personengesell­schaft im Sinne der oben angeführten Z 2 handelt

Damit ist der Erwerb von Anteilen an Kleinunternehmen, bei dem eine Gefährdung der genannten Interessen von Vornherein nicht zu befürchten ist, nicht von der Kontrollre­gelung erfasst.

Zum anderen sind nur Unternehmen betroffen, die in bestimmten Bereichen tätig sind, die von Bedeutung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sind. Neben den Berei­chen der inneren und äußeren Sicherheit, insbesondere der Verteidigungsgüterindus­trie, sind hier auch die zentralen Dienste der Daseinsvorsorge, insbesondere Gesund­heits-, Energie- und Wasserversorgung, erfasst.

Abs. 3:

Abs. 3 Z 1 legt fest, dass grundsätzlich nur Erwerbsvorgänge durch Personen oder Ge­sellschaften aus Drittstaaten der Genehmigungspflicht unterliegen. Im Hinblick auf die Verpflichtungen aus dem EWR-Vertrag und den bilateralen Verträgen zwischen der EU und der Schweiz sind Personen und Gesellschaften aus der Schweiz und den EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein nicht von den Beschränkungen erfasst.

Beschränkungen gegenüber Personen oder Gesellschaften, die Unionsbürger sind oder ihren Sitz in EU-Mitgliedstaaten haben, sind im Hinblick auf Art. 54 AEUV grund­sätzlich unzulässig. Dies erfasst auch mittelbare Beteiligungen von Angehörigen aus Drittstaaten über Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU, auf die sie einen kontrollie­renden Einfluss haben. Diese mittelbaren Beteiligungen sind daher in Z 1 nicht erfasst. Gewisse Eingriffe sind jedoch auch hinsichtlich solcher Formen der mittelbaren Beteili­gung zulässig, wenn sie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerecht­fertigt werden können. Vor diesem Hintergrund ermöglicht Z 2 iVm mit Abs. 10 in Aus­nahmefällen auch Beschränkungen in derartigen Fällen.

Der letzte Satz stellt klar, dass eine Durchführung des Vorgangs vor Erteilung der Ge­nehmigung unzulässig ist. In diesem Zusammenhang ist auf § 89 Abs. 3 AußHG 2011 hinzuweisen. Nach dieser Bestimmung nach dem AußHG 2011, in Zukunft AußWG 2011, gelten genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte als unter der aufschiebenden Bedin­gung abgeschlossen, dass die Genehmigung erteilt wird. Sie werden somit erst dann wirksam, wenn die Genehmigung erteilt wurde. Sie bleiben daher ungültig, wenn ent­weder kein Antrag gestellt wurde oder eine Genehmigung noch nicht erteilt wurde oder die Genehmigung verweigert wird.

Abs. 4:

Abs. 4 nimmt Vorgänge von der Genehmigungspflicht aus, bei denen davon ausgegan­gen wird, dass es zu keiner Kontrolle über das Unternehmen kommt. Dies wird bei ei­ner Übernahme von Stimmrechtsanteilen von unter 25% angenommen. Dabei ist je­doch nicht entscheidend, wie viele Stimmrechte der Erwerber durch den konkreten Vorgang erhält, sondern wie viele Stimmrechte ihm nach dem Erwerb allein oder ge­meinsam mit anderen Beteiligten aus Drittstaaten im Sinne von Abs. 3 Z 1, mit denen er eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung der Stimmrechte abgeschlossen hat, zustehen.

Kommt es daher zu einem Erwerb von Stimmrechten eines neuen Beteiligten von 24,9 %, besteht keine Genehmigungspflicht. Erwirbt dieser Beteiligte jedoch in weiterer Folge weitere 0,5 % der Stimmrechte, sodass ihm nach diesem insgesamt 25,4 % zu­stehen, so unterliegt dieser zweite Erwerb der Genehmigungspflicht.

Abs. 5:

Diese Bestimmung stellt klar, dass der Erwerb eines beherrschenden Einflusses auch dann genehmigungspflichtig ist, wenn er nicht durch einen Erwerber im Sinne von § 3 Z 1 allein, sondern durch mehrere solche Erwerber gemeinsam erfolgt.


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Abs. 6:

Abs. 6 stellt zum einen klar, dass der Genehmigungsantrag von dem oder den Erwer­bern zu stellen ist. Zum anderen legt er den Zeitpunkt der Antragstellung fest. Nur künf­tige Rechtsgeschäfte unterliegen der Genehmigungspflicht. Eine rückwirkende Geneh­migungspflicht wäre unverhältnismäßig und mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit nicht vereinbar. Zu beachten ist dabei jedoch, dass bereits erworbene Stimmrechte bei der Zurechnungsregel für die Überschreitung der 25%-Grenze gemäß Abs. 4 zu be­rücksichtigen sind.

Abs. 7:

Abs. 7 regelt den Mindestinhalt des Antrags. Gemäß § 52 Abs. 1 AußHG, in Zukunft AußWG 2011 sind für alle Anträge nach diesem Gesetz, somit auch für diese neuen Genehmigungsanträge die amtlich aufzulegenden Formulare zu verwenden. Überdies ist geplant, auch die Abwicklung solcher Genehmigungsverfahren auf elektronischem Weg zu ermöglichen.

Wichtig ist die Angabe eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland, da es sich ja bei den Genehmigungspflichtigen immer um Angehörige von Drittstaaten handelt.

Das Verfahren ist zweistufig gestaltet. Innerhalb eines Monats ist zunächst festzustel­len, ob überhaupt eine Gefährdung der Interessen der öffentlichen Sicherheit und Ord­nung bestehen kann. Ist das von Vornherein nicht der Fall, so wird das Verfahren schon nach dieser Phase beendet.

Wenn die Auswirkungen auf die genannten Interessen einer genaueren Untersuchung bedürfen, kommt es zur zweiten Stufe, dem vertieften Prüfverfahren, für das zwei wei­tere Monate zur Verfügung stehen.

Am Ende jedes der beiden Verfahrensabschnitte ist ein Bescheid zu erlassen. Ge­schieht dies innerhalb einer der maßgeblichen Fristen nicht, so gilt die Genehmigung nach deren Ablauf automatisch als erteilt.

Abs. 8:

Abs. 7 regelt den ersten Abschnitt des Verfahrens.

Abs. 9:

Abs. 9 bestimmt, welche Entscheidungen nach Durchführung des vertieften Prüfverfah­rens zulässig sind. Eingriffe in die Transaktion sind nur dann zulässig, wenn eine tat­sächliche und schwere Gefahr für die maßgeblichen Interessen der öffentlichen Sicher­heit und Ordnung besteht. In diesem Fall sind als gelindestes Mittel primär Auflagen zur Beseitigung dieser Gefahr vorzuschreiben. Nur in dem Fall, dass die Gefahr auch durch Auflagen nicht abgewendet werden kann, darf die Genehmigung verweigert wer­den.

Abs. 10:

Abs. 10 verpflichtet zur Ausstellung einer Bestätigung, wenn nach einer der beiden Verfahrensphasen die Genehmigung durch Fristablauf als erteilt gilt.

Abs. 11:

Abs. 11 bezieht sich auf einige sehr wenige Fälle von mittelbaren Erwerbsvorgängen über Personen und Gesellschaften, die sonst gemäß Abs. 3 Z 1 nicht von der Geneh­migungspflicht erfasst sind. Da sich diese Beschränkungen auch auf Unionsbürger und ihnen gleich gestellte Personen und Gesellschaften beziehen, sind in diesem Fall be­sonders strenge Maßstäbe an die Gestaltung von Beschränkungen anzulegen.

Es wird daher keine Genehmigungspflicht festgelegt, sondern die amtswegige Vor­schreibung einer Genehmigungspflicht in wenigen Ausnahmefällen vorgesehen. Vo-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 87

raussetzung ist neben einer bestimmten Mindestbeteiligung von im Abs. 3 Z 1 ge­nannten Personen und Gesellschaften am Erwerber oder einem beherrschenden Ein­fluss solcher Personen oder Gesellschaften über den Erwerber ein begründeter Ver­dacht, dass diese Form der Beteiligung nur gewählt wurde, um die Genehmigungs­pflicht gemäß Abs. 3 Z 1 zu umgehen. Überdies muss von Vornherein auch schon ein begründeter Verdacht einer Gefährdung der maßgeblichen Interessen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bestehen.

Abs. 12:

Die erste Phase entfällt bei diesem Verfahren, sodass hier von Vornherein nur zwei Monate für die abschließende Entscheidung zur Verfügung stehen. Dies wird in Abs. 12 klar gestellt. Auch in diesem Verfahren gilt die Genehmigung als erteilt, wenn nach Ablauf der zwei Monate kein Bescheid erlassen wird.

Abs. 13:

Um unnötigen Verwaltungsaufwand sowohl für die Behörden als auch für die betrof­fenen Unternehmen zu vermeiden, wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend ermächtigt, bestimmte Vorgänge, bei denen eine Gefährdung der Interessen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung von Vornherein nicht zu befürchten ist, mit Verordnung von der Genehmigungspflicht auszunehmen. Die ausgenommenen Vor­gänge können dabei auf unterschiedliche Weise definiert werden, wie beispielsweise durch den Tätigkeitsbereich oder durch Kennzahlen zur Größe der zu erwerbenden Unternehmen.

Z 3 (§ 79 Abs. 1):

Diese Bestimmung enthält die ergänzenden gerichtlichen Strafbestimmungen für Vor­satztaten.

Z 4 (§ 79 Abs. 3):

Diese Bestimmung regelt, dass im Fall der neuen Z 25 im Abs. 1 auch die fahrlässige Begehung strafbar ist.

Z 5 (§ 93 Abs. 9):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen, das am Tag nach deren Kundmachung erfolgen soll.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


12.24.08

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren von der Regierungsbank! Es ist schon fast erheiternd, wenn man sieht, wie in letzter Zeit die SPÖ-Fraktion eine Pirouette geschlagen hat. Noch vor zwei Wochen – und auch vor längerer Zeit – haben Sie uns verteufelt, wenn wir eine Schuldenbremse gefordert haben. Jetzt auf einmal ist dies das Wichtigste, was in kür­zester Zeit durchgesetzt werden soll!

Man muss die ganze Budgetproblematik bei uns letzten Endes in einem europäischen Zusammenhang sehen. Meine Damen und Herren, warum haben wir es jetzt auf ein­mal sehr eilig? – Erstens einmal: Europa hat uns jetzt mehr oder weniger aufgedrängt, dass wir eine Schuldenbremse einführen. Und zweitens bringt uns die Entwicklung in Europa so weit, dass wir jetzt nicht mehr aus können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 88

Wenn ich mir das anschaue: Wir haben in unseren Budgetzahlen noch eine Konjunk­turerhöhung von 0,8 Prozent; wir wissen schon längst, dass das nicht mehr zu halten sein wird. Italien allein wird uns reinreißen: Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass Italien unser zweitgrößter Wirtschaftspartner ist! Italien ist, wie es derzeit ausschaut, bei Weitem nicht imstande, seine Probleme zu lösen. Da wird auch der ganze europäi­sche Rettungsschirm nichts mehr nützen.

Die europäischen Politiker sind mittlerweile schon viel weiter, wenn ich mir anschaue, worüber in Deutschland bereits nachgedacht wird. Eine namhafte Zeitung schreibt ja: „Deutschland bereitet sich auf Austritt Griechenlands aus Eurozone vor“. Da steht auch ganz deutlich drin – gemäß einer Studie –, die Eurozone wäre ohne ihr schwächstes Glied sogar stärker. Es gibt durchaus Szenarien, für die man sagen kann, dass das funktioniert. Aber die Eurobürokraten wollen eben nicht wahrhaben, dass sie in die fal­sche Richtung gegangen sind und dass sie sich verrannt haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Wie sehr Italien Auswirkungen auf uns hat, sieht man bereits an der Diskussion, die über die Bank Austria beziehungsweise die UniCredit läuft, die ja massiven Stellenab­bau auch in Österreich betreiben wird. Davon kann man ausgehen. Wenn ich mir vor­stelle, dass Italien 15 Prozent seines BIPs für Zinsen ausgibt, dann weiß ich eines ganz genau: Wenn wir unser „AAA“ verlieren, dann können wir davon ausgehen, dass wir 3 Milliarden – ich sage: 3 Milliarden! – mehr an Zinsen zu zahlen haben. Wir wer­den heute noch über Herrn Minister Darabos diskutieren: Das ist das Eineinhalbfache unseres Verteidigungsbudgets, was wir mehr zu zahlen haben! Da gehört jetzt wirklich ein entsprechendes Konzept eingefordert, und da ist der Hund im Pfeffer begraben.

Das sage ich Ihnen ganz klar: Es sind mit der Schuldenbremse mindestens begleiten­de Maßnahmen vonnöten! Wir müssen – unabhängig von der Schuldenbremse, die eingeführt werden muss, wir fordern das letzten Endes schon seit über einem Jahr – endlich einmal darangehen, eine ordentliche Verwaltungs- und Strukturreform anzuge­hen. Da dürfen die Landeshauptleute nicht mehr bremsen, die gehören mit einbezo­gen. Auch die Gemeinden müssen letzten Endes ihren Beitrag dazu leisten. (Abg. Krist: Sagt das euren steirischen Kollegen von der FPÖ!)

Vor allem müssen wir auch den Subventionsdschungel durchforsten. Es reicht nicht, dass wir eine Transparenzdatenbank einführen, sondern diese muss letzten Endes auch genützt werden. So, wie sie jetzt beschlossen wurde, ist sie ein zahnloser Tiger!

Ich sage es noch einmal: Es ist mir vollkommen klar, dass alle diese Maßnahmen jetzt aus der Not heraus gemacht werden, weil Sie glauben, dass damit die Märkte etwas beruhigt werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass Ihr Sanie­rungswille noch nicht vorhanden ist. Setzen Sie wirklich einmal klare Zeichen und le­gen Sie nicht nur Lippenbekenntnisse ab! Ich garantiere eines: Spätestens dann, wenn es darum geht, die ersten Verteilungskämpfe zu führen, wird diese Regierung wieder eingehen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


12.28.15

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Das Budgetbegleitgesetz, das wir heute behandeln, ist ein Teil unseres Budgets für 2012. Wir haben es ja schon gehört: einfach ein Budget des Machbaren, das auch wichtige Maßnahmen beinhaltet, die für unser Land jetzt notwendig sind.

Kollege Podgorschek hat es soeben gesagt: Wir sind noch eines der Länder, die ein „AAA“ haben, und es ist ganz wichtig, dass wir das erhalten. Unter diesen Gesichts-


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punkten sind auch die Maßnahmen, die wir hier treffen, zu sehen. Es ist das „AAA“ ei­ne unbedingte Notwendigkeit für den Wirtschaftsstandort und natürlich auch für die or­dentliche Budgetpolitik unserer Bundesregierung. Wir haben auch noch eine gute Be­schäftigungslage, und wir haben eine gute Konsumnachfrage. Kollege Kogler hat das ja bestätigt. Wir haben noch einen kleinen Vorsprung in Österreich, und ich glaube, es gilt alles daranzusetzen, dass wir diesen erhalten.

Aber klar ist auch, dass es auf Dauer in Österreich nicht gutgehen kann, wenn es a) Europa schlecht geht und wenn wir b) die notwendigen Reformen im eigenen Land nicht angehen. Deshalb müssen wir auch in Österreich Interesse daran haben, dass Europa stärker aus der Krise herauskommt, als es hineingegangen ist. Das bedeutet in dieser Hinsicht nicht mehr und nicht weniger als: Europa muss zur Stabilitätsunion wer­den! Das heißt, wir müssen einerseits tragfähige Lösungen für die Länder mit hoher Verschuldung finden und andererseits verhindern, dass diese Krise sich auf weitere Länder ausbreitet. Da haben wir als kleines Österreich auch hier eine große Verant­wortung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir haben das heute schon gehört, und ich lade alle konstruktiven Kräfte dazu ein, dass wir hier gemeinsam Lösungen erarbeiten. Wir brauchen ein Umdenken. Wir haben eine Schuldenquote von 73 Prozent; jeder weiß, das ist zu hoch! Darum gilt es, beharrlich diesen Schuldenberg abzubauen. Eine erste Maßnahme ist die Schuldenbremse, diese ist wichtig. Andere europäische Staaten haben es ja schon vorgezeigt: Die Deutschen haben sie eingeführt, die Spanier und andere sind auf dem Weg dazu.

Meine Damen und Herren! Schuldenabbau ist das oberste Gebot der Stunde. Wir müs­sen ja auch schauen, dass unsere jungen Generationen noch eine Chance auf eine fi­nanzierbare Zukunft haben, dass wir ihnen quasi auch einen finanziellen Gestaltungs­spielraum mitgeben. Wir müssen auch im internationalen Wettbewerb bestehen. Wenn manche vermitteln, dass wir allein alles besser machen könnten, wenn wir glauben, dass wir ohne Euro und ohne EU auf einer Insel der Seligen sind, dann kann ich nur ei­nes sagen: Das sind wir ganz sicher nicht! Denn wir liegen im Herzen Europas, mitten im Geschehen und mitten im Wettbewerb, und wir haben auch in diesem internationa­len Wettbewerb die besten Chancen, zu bestehen, wenn wir hier unsere Hausaufga­ben machen.

Herr Kollege Bucher, Ihre künstliche Aufregung, die in einer starken künstlerischen Darstellung geendet hat (Abg. Grosz: Was heißt „künstliche Aufregung“ bei diesen Mil­liardenschulden?!), kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich würde ganz ehrlich sagen, ich glaube, wir sollten gemeinsam arbeiten, damit wir hier konstruktive Lösungen fin­den unter dem Motto „Erneuern statt Besteuern“, denn das wäre die richtige Devise. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Mehr Steuern statt Erneuern?)

Meine Damen und Herren! Wir bringen mit diesem Budgetbegleitgesetz auch einen Ab­änderungsantrag zum Wirtschaftsstandort ein. (Abg. Ing. Westenthaler: Mehr Steu­ern? – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich habe gesagt „Erneuern statt Besteuern“, Kollege Westenthaler, ganz genau aufpassen! – Wir bringen heute noch einen Abän­derungsantrag ein mit dem Ziel, die Einführung eines vorbeugenden Kontrollmechanis­mus bei Übernahmen österreichischer Unternehmen durch ausländische Investoren zu sichern. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, dass durch solche Übernahmen grundlegende Interessen Österreichs und des Standortes nicht gefährdet, sondern ge­sichert werden. Wir achten darauf, dass strategische Übernahmen durch ausländische Konkurrenten nicht unkontrolliert über die Bühne gehen.

Zum Schluss habe ich noch ein kleines Zitat von einer Künstlerin, weil ich denke ... (Abg. Bucher: Einen Vierzeiler? – Abg. Grosz: Wie vom Kollegen Großruck?) Nein, keinen Vierzeiler, sondern ein Zitat:


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Es wäre eine Freude zu erleben, wenn jeder nur die Hälfte davon täte, was er vom an­deren verlangt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtene­cker. – Bitte.

 


12.32.44

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ja, das Budgetbegleitgesetz enthält eine Menge an Anpassungen, an Vereinfachungen, die durchaus Sinn machen. Der zuletzt von Kollegen Haubner erwähnte Abänderungsantrag ist etwas, was wir in dieser Form durchaus unterstützen können. Wenn es beim Ministerium ein Veto geben kann in Bezug auf wichtige Unternehmen, die in der Daseinsvorsorge tätig sind, macht das durchaus Sinn.

Aber jetzt zum Generellen und zur Diskussion um die Schuldenbremse, um Einnahmen und Ausgaben; zunächst einmal zur Ausgabenseite. Wenn heute Kollege Stummvoll eine Effizienzsteigerung bei den Förderungen fordert: Ja, Herr Kollege Stummvoll, wir hören seit 2008 – da gibt es die ersten Studien – nichts davon, wie man den Förder­dschungel in Österreich lichtet! Mehr als 15 Milliarden €, so die Expertisen, laufen in Unternehmensförderungen, und das Wirtschaftsforschungsinstitut sieht dabei eine strukturelle Überförderung. Herr Kollege Stummvoll, wo sind die Ideen?

Wenn Kollege Kräuter letzte Woche damit spazieren läuft und sagt: gut, da kann man ansetzen!, dann vermissen wir hier die Schritte, die tatsächlich auch gesetzt werden. Wenn wir bei der Ausgabenseite sind, dann sind das ganz zentrale Bereiche, die uns in dieser Form mit Sicherheit einen Gewinn zur Konsolidierung bringen können.

Jetzt zur Einnahmenseite. Wenn ich von Einnahmen spreche, dann muss ich natürlich auch davon sprechen: Wie belebt man die Konjunktur? Wie kommt es zur Innovation? Was kann ich denn da machen? – Da bin ich sogleich bei Forschung und Entwicklung. Frau Ministerin, Sie sind vor vielen Wochen, nämlich vor acht Wochen, mit der Idee an die Öffentlichkeit getreten, den Deckel bei der Auftragsforschung abzuschaffen. Es wurde auch angekündigt, dass sich das im Zuge der Debatte zu den Budgetbegleitge­setzen wiederfindet.

In dieser Form findet es sich nicht wieder! Das ist das, was die Wirtschaft, die Un­ternehmen, die Forschungsinstitutionen, die Universitäten irritiert, wenn immer von Of­fensiven die Rede ist und wenn Ankündigungen gemacht werden (Bundesministerin Dr. Fekter: ... umgesetzt!), die letztendlich nicht wirklich zur Umsetzung kommen, wie­wohl dies tatsächlich ein Bereich ist, der uns für Innovationen mit Sicherheit unterstüt­zend zur Seite stehen würde.

Ich denke, das oberste Gebot in der jetzigen Stunde muss sein: Zukunftsinvestitionen und Zukunftsinvestitionen! Das heißt natürlich: Investitionen in die Bildung, in die Kin­derbetreuung, in die Forschung, in die Universitäten. Summa summarum findet sich auch das in dieser Form nicht in dieser Vorlage des Budgetbegleitgesetzes. Wir haben in den nächsten Tagen ausreichend Gelegenheit, das intensiver zu diskutieren.

Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Glauben Sie mir, die Menschen draußen, die Bürgerinnen und Bürger verstehen sehr wohl Änderungen und Einsparun­gen. Nur wollen sie auch, dass Tempo gemacht wird in den Bereichen, die ihnen wirk­lich am Herzen liegen, und das vermissen sie auch in diesem Budget. Insofern wird es, denke ich, auch Gelegenheit geben, mit Abänderungsanträgen, die seitens der Grünen eingebracht werden, hier noch massive Verbesserungen voranzutreiben. (Beifall bei den Grünen.)

12.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 91

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

Kollege Kirchgatterer? – Doch nicht.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


12.36.44

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das BZÖ ist offenbar der Zeit voraus, wohingegen die SPÖ noch etwas hinten ist.

Es steht das Budgetbegleitgesetz 2012 zur Debatte. Das Budgetbegleitgesetz 2011 war ja an Grausamkeiten kaum zu überbieten: Denken wir nur an die Einschnitte für Familien, für Pendler, für Studenten, die hier im vorigen Jahr von der Regierung be­schlossen wurden!

Das Budget gilt es zu sanieren – aber das Budget zeigt ein Abbild, das man so be­schreiben kann: Diese Regierung lebt auf Pump! Eine Veränderung findet nicht statt. Eigentlich müsste ja im Budgetbegleitgesetz diese Veränderung drinstehen, die sich dann finanziell in den Zahlen des Budgets 2012 wiederfindet. Nur, Frau Finanzminister, wir finden nichts! Sie leben weiter auf Pump. Sie machen keine Reformen. Sie ge­fährden die Zukunft dieses Landes, die Zukunft der Kinder und auch der Jugend! (Bei­fall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei einem Budgetdefizit von 9,2 Milliarden € kann man wahrlich nicht von einem Erfolg sprechen! Auch Ihre eigenen Vorfeld- oder nahestehenden Einrichtungen der Sozialpartnerschaft – die IV, die Wirtschaftskammer, der ÖGB und auch die AK – kritisieren ja massiv dieses vorliegende Budget. Sie geben über 30 Prozent für Pensionen, für den Schuldenabbau aus, Tendenz stark steigend. Wir sind ein Höchststeuerland, fast 45 Prozent haben wir schon erreicht. An Zinsen geben wir 7,8 Milliarden aus; für den Pflichtschulbereich, zusammen mit Wissenschaft und Forschung, geben wir 7,6 Milliarden aus – also weniger für die Zukunft, als wir für die Vergangenheit zahlen müssen!

Zur Schuldenbremse: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, wenn Sie das heute als große Erkenntnis darstellen – Josef Bucher und das BZÖ haben das bereits vor zwei Jahren beantragt! Heute lese ich in der Zeitung, in der „Presse“, dass Herr Spindelegger feststellt: Wir müssen etwas tun. – Ja, wir müssen etwas tun! Diese ÖVP ist seit 25 Jahren in der Bundesregierung, diese ÖVP ist seit 25 Jahren mit dem Finanzministerium fast ausschließlich betraut. Warum haben Sie in der Vergangenheit nichts getan? Warum haben Sie so lange gewartet, damit Sie endlich etwas tun und munter werden?

Was die Schuldenbremse betrifft, bin ich gespannt, wie sie ausgeführt wird. Ab 2017 soll sie greifen – das heißt, Sie warten noch fünf Jahre, bis Reformmaßnahmen endlich greifen, bis Sie mit einer Verfassungsbestimmung endlich auch zu sparen beginnen! Warum beginnen Sie nicht jetzt, heute, 2012, Frau Finanzminister? – Jetzt ist sie auch schon wieder weg; nein, hinter mir ist sie.

Daher glaube ich, dass eine Schuldenbremse der richtige Weg ist, aber die Ausfüh­rung wird zeigen, ob sie auch gut umgesetzt wird. Wir brauchen in diesem Land eine Politik, die den Menschen die Wahrheit sagt, die sagt: Es ist zu sparen, es sind Refor­men zu machen, aber der, der Leistung bringt, soll auch belohnt werden, und zwar durch eine entsprechende Steuerreform. Das geht mir in diesen Diskussionen über­haupt ab.

Das heißt, wir müssen sparen und reformieren: Wir müssen sparen im Bereich Ge­sundheit, im Bildungsbereich wurden die Schulräte angesprochen, da gibt es Sparpo­tentiale. Auch die Pensions- beziehungsweise Sozialversicherungsanstalten wurden angesprochen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 92

Der politische Bereich wird überhaupt ausgeklammert. Wir haben große Moloche wie die Landtage und den Bundesrat, der, wie man sagen muss, im Prinzip völlig „für die Würste“ ist. Warum haben wir eine Parteienförderung, die ausufert? Warum haben wir Förderungen im Wirtschaftsbereich, im Umweltbereich, wo wir Verschmutzungsrechte im Ausland mit Hunderten Millionen Euro unterstützen, obwohl das Geld dann bei uns abgeht?

Warum investiert diese Regierung 40 Millionen € in Euratom? Warum schicken Sie Mil­liarden in den Euro-Rettungsschirm beziehungsweise nach Griechenland, obwohl Sie genau wissen, dass das Geld nicht mehr zurückkommt, und das ohne jede Bedingung? Sie fahren nach Brüssel hinaus und stimmen dort einfach bedingungslos zu. Das ist ein Weg, den wir nicht unterstützen können!

Zur Steuerreform: Sehr geehrte Frau Minister, auch dazu finden wir nichts in diesem Budget. Wir brauchen eine Flat-Tax, die Leistungsträger entlastet, die Familien entlas­tet, die den Mittelstand, die Fleißigen, Tüchtigen wieder animiert, etwas zu tun, damit ihnen auch mehr in ihrer Tasche bleibt. All das finden wir leider nicht in diesen Bud­getansätzen beziehungsweise im Budgetbegleitgesetz. Das heißt, Sie sind in Wahrheit wie der Kapitän der Titanic: Sie sind leckgeschlagen und Sie werden diesen Staat zum Untergang bringen, wenn Sie diese Politik fortsetzen. (Beifall beim BZÖ.)

Daher kann es nur eines geben: Es kann in Wahrheit gegen diese reformunwillige Poli­tik, gegen diese Stillstandspolitik, diese Zukunftsverweigerungspolitik dieser Regierung nur eine Abwahl geben. Eine Möglichkeit beziehungsweise ein Teil davon ist der Miss­trauensantrag gegen diese Finanzministerin.

Daher stelle ich folgenden

Misstrauensantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

 „Der Bundesministerin für Finanzen wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrück­liche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

Frau Minister, kümmern Sie sich um den Kies in Ihrer Schottergrube, aber lassen Sie den „Kies“, das Geld der Steuerzahler in Ruhe! Das können Sie nicht! (Beifall beim BZÖ.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Widmann Kolleginnen und Kollegen

eingebracht in der 130. Sitzung des Nationalrates am 15. November 2011 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1: Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1494 d.B.): Budgetbegleitgesetz 2012 (1500 d.B.)

Finanzministerin Fekter stellt seit Beginn der Banken- und Finanzkrise immer wieder unter Beweis, dass ihr die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher kein An­liegen sind, da sie allen Beschlüssen auf europäischer Ebene bzw. den Sitzungen der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 93

Finanzminister sowie der Euro-Gruppe in Zusammenhang mit der „Rettung“ Griechen­lands, anderer maroder Länder sowie des Euro vorbehaltlos ihre Zustimmung erteilt hat und erteilt.

Dies hat mittlerweile dazu geführt, dass zu den bereits durch die Beschlüsse in den letzten Monaten und Jahren von Österreich übernommenen Haftungen im Ausmaß von rund 28 Mrd. Euro sowie bereits erfolgter Bargeldflüsse in der Höhe von bisher rund 1,4 Mrd. Euro bzw. weiteren rund 2,3 Mrd. Euro im Zuge des permanenten Rettungs­schirms ESM durch die jüngst gefassten Beschlüsse weitere Milliardenbeträge den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufgebürdet wurden.

Anstatt angesichts dieser dramatischen Entwicklungen in einigen Euroländern Öster­reichs Schuldenentwicklung durch nachhaltige Reformen in den Bereichen Verwaltung, Gesundheit etc. endlich in den Griff zu bekommen, legt die Finanzministerin ein Budget für das Jahr 2012 vor, mit dem sie einen neuen Rekordschuldenstand in der Höhe von rund 270 Mrd Euro zu verantworten hat.

Um weiteren Schaden von der österreichischen Bevölkerung abzuwenden stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Finanzen wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrück­liche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


12.42.03

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätztes Hohes Haus! Ich wollte eigent­lich heute zum Budgetbegleitgesetz und zur Frage der AGES-Finanzierung reden, weil gerade in diesen Punkten ganz wesentliche Änderungen anstehen. Ich bedanke mich sehr bei unserer Frau Bundesminister, dass diese Änderungen in der AGES-Finanzie­rung kommen werden. (Abg. Petzner: Bauernbund! Sag was zum Bauernbund!)

Ich möchte jetzt noch ein Wort zu dem sagen, was Kollege Widmann jetzt gebracht hat. Ein Misstrauensantrag gegen unsere Frau Bundesminister Maria Fekter, das ist das Allerletzte, das gerade vom BZÖ zu kommen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist wirklich das Letzte, das eine Partei vorzubringen hatte, die in diesem Land jede finanzpolitische Sünde mitgetragen hat! Ich kann mich noch gut erinnern, wie Kollege Bucher da heraußen gestanden ist, und hinter ihm Karl-Heinz Grasser. Bucher, der Edelverteidiger des Karl-Heinz, der heute von nichts mehr weiß, nichts mehr kann, ist immer dort tief drinnen, wo in diesem Land Geld vernichtet wird. Das tut mir wirklich weh, ich kann das so nicht auf uns sitzen lassen! Also dieser Misstrauensantrag, das ist das Letzte, was das BZÖ vorzubringen hatte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Redest du gerade vom Strasser?! Oder vom ?!)

Meine Damen und Herren, wir reden heute über das Budgetbegleitgesetz, und das am Tag, nachdem die Bundesregierung einhellig verkündet hat, dass die Schuldenbremse umgesetzt werden soll. Für all die, die sich nicht vorstellen können, was das ist, habe ich einen kurzen Hinweis auf die Geschichte der AGES:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 94

1. Juni 2002, gute Idee von Bundesminister Molterer: In diesem Bereich werden die staatlichen Aufgaben zusammengeführt. – Heute haben wir in der gesamten Kette der Lebensmittel, der Gesundheit, der Pharmazie, der Veterinäre inklusive der Infektions­krankheitenbekämpfung eine Hand, ein komprimiertes Wissen und eine Expertise in ei­nem Haus. 18 Institute wurden zusammengeführt. Das war ein schwieriger Prozess, aber das heißt in Wirklichkeit regieren: Reformen dort durchführen, wo alte Gewohn­heiten Kosten verursachen.

Das Ergebnis heute ist, dass wir in einigen Teilen dieser AGES sehr gut gezeigt haben, dass wir mit deutlich weniger Geld mehr Leistung erbringen können. In anderen Be­reichen ist mehr Geld notwendig, weil neue Aufgaben hinzugekommen sind. Aber ei­nes ist ganz sicher: Wir haben gezeigt, dass mit dieser Methode mehr Sicherheit für die Österreicher möglich ist, mehr Wissen für die Österreicher über ihre Lebensmittel entsteht und in Wirklichkeit der Wirtschaftsstandort Österreich von der Landwirtschaft über die Lebensmittelverarbeitung bis zum Lebensmittelhandel, bis zum Konsumenten gestärkt wird.

Vernünftige Politik ist nichts anderes als auf der einen Seite die Probleme erkennen, die Herausforderung annehmen und durch bessere Leistung lösen. Das wird nicht mit Schlagworten gemacht, sondern das wird dort gemacht, wo Menschen ihre Kraft ein­setzen. (Abg. Petzner: Sagst du noch was zum Bauernbund?! Zu den Reformen in den eigenen Reihen?!)

Ihr von der Opposition habt es leicht: viel Geschrei, großes Theater. Gott sei Dank braucht ihr nichts umzusetzen, und ich denke, der Wähler wird dafür sorgen, dass das auch so bleibt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Republik organisiert viele Einheiten, wo wir nichts anderes tun, als die Dienstleistung an Menschen zu verbessern. Unsere Aufga­be ist, das in der nächsten Zeit in einem kontinuierlichen und sehr ernsthaften Reform­prozess weiterzubringen.

Das sind nichts anderes als bewährte Ziele der ÖVP. Es geht darum, Sicherheit für die Menschen sichtbar zu machen; es geht darum, die Entwicklung der staatlichen Ein­richtungen zu verbessern; und es geht schlichtweg darum, Probleme nicht mit Geld zu­zudecken, sondern durch Leistung zu bewältigen – ein alter Ansatz der ÖVP, für Öster­reich das Richtige. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Matznetter.)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


12.46.01

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Das Thema Budgetbegleitgesetz und Bundesfinanzgesetz hat im Ausschuss eigentlich re­lativ wenig hergegeben. Einige Anpassungen an die EU-Richtlinien, das „Kühlschrank­pickerl“ haben wir mitbesprochen und mitdiskutiert. Anscheinend haben die Regie­rungsmitglieder erkannt, dass es so nicht weitergeht, denn heute kann man in den Me­dien nachlesen, dass Herr Vizekanzler Spindelegger sagt, wir haben erkannt, dass wir das tun müssen, wir haben erkannt, dass wir eine Schuldenbremse einziehen müssen, und wir haben auch erkannt, dass wir Schulden abbauen müssen. – So weit, so gut.

So weit hört sich das ja gar nicht schlecht an, und ab diesem Zeitpunkt beginnt wieder das altbekannte unrühmliche Schauspiel dieser Regierung. Der Vizekanzler lässt der SPÖ ausrichten: Wir werden sparen, und zwar bei den Pensionen und bei den ÖBB. Im gleichen Atemzug lässt der Geschäftsführer Kräuter wieder ausrichten: Moment, wir werden bei der Landwirtschaft sparen. Die Frau Präsident erzählt schon beim Presse-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 95

frühstück gestern: Ja, sparen werden wir schon, aber wir müssen einmal die Reichen­steuer einführen.

Ich glaube, dieses Schauspiel ist eine Fortsetzung des letzten Budgetausschusses zum Unterkapitel Finanzen, wo die Finanzministerin in einer sehr überheblichen Art der SPÖ permanent ausgerichtet hat, was bei ihnen falsch ist, wo es in den Bereichen der SPÖ Einsparungspotentiale gibt. Nur in diesen Kreisen hat sie die Fehler gesucht, bis dann Kai Jan Krainer immer wieder Zwischenrufe gemacht hat, wo es drüben etwas zu sparen gibt. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, als Oppositionspolitiker kann uns nichts Besseres passieren als eine Regierung, die sich permanent über die Medien ausrichtet, wer was falsch macht und wer was nicht weiterbringt.

Als Staatsbürger glaube ich, dass das ein Trauerspiel für unser Land ist (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten des BZÖ sowie des Abg. Tadler), wenn durch permanentes Streiten, durch permanentes Ausrichten über die Medien keine Resultate zustande kommen. Wobei ich Ihnen eines sagen kann: Ich bin Bürgermeister einer kleinen Ge­meinde. Wäre mir das passiert, nämlich dass wir uns permanent über die Zeitungen ir­gendetwas ausrichten und nichts weiterbringen, so hätten uns die Bürger mit dem nas­sen Fetzen aus der Gemeinde hinausgejagt.

Ich glaube, das sollte der Regierung ein Hinweis sein. Wenn man auch heute darüber nachdenkt, dass diese Schuldenbremse kommt, so befürworten wir sie, nur: Eine Schuldenbremse ohne Maßnahmen, ohne Sanktionen ist sinnlos. Wir haben es bei dem letzten Budget erlebt. Allein die Wiener Wahlen haben ausgereicht, um den Ver­fassungsbruch zu machen und das Budget später anzusetzen.

Ich glaube, lieber Kollege Peter Haubner, eines wäre abschließend noch zu sagen. Wenn du heute verlangst, jeder sollte nur halb so viel tun, wie er von den anderen ver­langt: Ich glaube, die Regierung sollte nur halb so viel Reformbereitschaft und Willen zur Zusammenarbeit zeigen, wie es viele kleine Gemeinderäte tun, dann wäre es für Österreich ein großer Erfolg. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Ing. Lugar und Tadler.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


12.49.29

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Kollege Linder, unterschiedliche Meinungen sind noch lange kein Streit. Ich glaube, dass es gut ist, wenn es verschiedene Meinungen gibt, um zu einer richtigen zu kommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schopf: Genau!)

Wir sollten uns heute über das Budgetbegleitgesetz unterhalten. Ein paar Bemerkun­gen dazu: Der Alleinverdienerabsetzbetrag für kleine Pensionen wird wieder eingeführt, und das ist gut so, leider mit der Verspätung um ein Jahr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schopf: Bravo!)

Einen Satz noch zur AGES-Finanzierung. Gott sei Dank ist das auch hier drinnen, dass die AGES-Finanzierung für die nächsten Jahre gesichert ist, denn diese Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit bietet allen etwas Wesentliches, nicht nur dem Landwirt, sondern auch den Konsumenten. Ein kleiner Wertmutstropfen ist dabei. Der Gesundheitsminister muss 70 Prozent zahlen, hat aber nur 50 Prozent mitzureden. Da sollte man einmal überlegen, ob es nicht angebracht wäre, zu einer gleichen Aus­gangssituation zu kommen.

Meine Vorredner haben alle die Schuldenbremse zum Thema gemacht. Man könnte fast meinen: Lasst uns doch schnell das Budget beschließen und uns dann über die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 96

Schuldenbremse und das Sparpaket unterhalten! Das Erste wären klare Definitionen. Was bedeutet Schuldenbremse und was bedeutet Sparpaket? (Abg. Ing. Westentha­ler: Umgekehrt!) Wie greifen diese beiden Begriffe ineinander? Die Bürgerinnen und Bürger wissen überhaupt nicht, was jetzt auf sie zukommen wird.

Dass es notwendig ist zu sparen, das wurde auf EU-Ebene vereinbart. Das ist gut so. Schade ist nur, dass man bei derselben Vereinbarung nicht auch gleichzeitig eine Re­gulierung der Finanzmärkte und die Einführung der Finanztransaktionssteuer festgelegt hat. Auch das hätte man hier gleich mit beschließen sollen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Bucher und Mag. Kogler.)

Jetzt ist leider der Herr Kollege Stummvoll nicht da. Er hat gemeint, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sei, um über Steuererhöhungen zu reden. Herr Kollege Stummvoll, meine Frage ist: Wann ist Ihrer Meinung nach überhaupt der richtige Zeitpunkt, sich über gerechte Vermögenssteuern zu unterhalten? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kog­ler: Da müsst ihr einmal auf den Tisch hauen!) Ich denke, wenn jetzt der Zeitpunkt ist, zu sparen und die Schulden zu bremsen, dann muss es auch möglich sein, sich über Verteilungsgerechtigkeit zu unterhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe ein Wort der Frau Finanzministerin aus dem Finanzausschuss beziehungsweise aus den Budgetberatungen im Ohr, als sie gemeint hat, Grundsteuer wäre gut, denn Grund und Boden kann nicht flüchten. – Dem ist zuzustimmen, Frau Finanzministerin, allerdings haben Sie auch gesagt, Sie wollen diese Grundsteuer in die Länderkompetenz übertragen.

Da bitte ich Sie: Nein, die Grundsteuer muss eine Steuer der Gemeinden bleiben, denn den Gemeinden geht es von allen öffentlichen Haushalten zurzeit am schlechtesten. Ich glaube, es ist nicht gut, wenn man diese Steuer wieder in die Länderhoheit überträgt und die Gemeinden dann betteln müssten, um zu überleben. (Abg. Strache: Was ist die Logik?!)

Herr Bucher, wenn Sie der ÖVP vorwerfen, dass sie hier irgendwie falsch spielt und hinter vorgehaltener Hand den Vorschlägen des BZÖ recht gibt, so machen Sie eigent­lich genau das, was Sie der ÖVP vorwerfen. Sie müssen dann auch sagen, wer das sagt und wer Ihnen recht gibt, und nicht solche Verdächtigungen in den Raum stellen. Ich glaube, das ist nicht gut für eine Zusammenarbeit. (Abg. Bucher: Was habe ich gesagt?!) – Das haben Sie heute in Ihrer Rede hier gesagt. Sie haben gesagt, dass es ÖVPler gibt, die hinter vorgehaltener Hand Ihren Vorschlägen recht geben. Dann sa­gen Sie es eben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


12.53.43

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Nur kurz ein paar Worte zur Erhöhung der Basisabgeltung bei den Bundesmuseen, denn auch das ist ein Begleitgesetz. Auch wenn es sich dabei um eine Marginalie zu handeln scheint – man könnte sagen, es geht da um lächerliche 2 Millionen € –, ist es doch symbolisch und sehr charakteristisch für die verfehlte Fi­nanzpolitik, die hier gemacht wird, meine Damen und Herren!

Während auch im Kulturbereich alle sparen und sich irgendwie „durchgfretten“ müssen, und das über Jahre, jetzt schon beinahe Jahrzehnte, weil die Inflationen nicht abgegol­ten werden, gibt es doch einige ganz wenige, und das sind im Allgemeinen die Staats­eignen, die bevorzugt werden. Nicht nur, dass da die Inflation abgegolten wird, dass al­so valorisiert wird, sondern sie bekommen dann noch etwas Zusätzliches. Es handelt sich um die Österreichische Galerie im Belvedere, die jetzt mit dem 21er Haus eine Ex­positur mehr oder weniger eröffnet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 97

Jetzt kann man sagen, wenn wir das bauen, dann müssen wir es auch bespielen, und das kostet mehr Geld. Aber, meine Damen und Herren, schauen wir uns an, wie die Entwicklung dieses Baues stattgefunden hat.

Im Jahr 2006 war das erste Mal ein Plan am Tisch. Da hätte dieses 21er Haus 11 Mil­lionen € kosten sollen, davon hätte der Bund 4 Millionen € übernommen, der Rest hätte privat zugeschossen werden sollen.

Im Jahr 2008, zwei Jahre später, waren es schon 17 Millionen €, die vorveranschlagt wurden, und 8 Millionen € hätte der Bund übernehmen sollen. Ein Jahr darauf, im Jahr 2009, waren es 24 Millionen €. Und jetzt sind wir bei 31 Millionen € an Baukosten, wovon der Bund 28 Millionen € übernimmt. Den Rest übernehmen auch keine Privaten, wie wir wissen. Mit einem Wort: Da wird denen gegeben, die schon haben. Da wird Geld ausgegeben, wo Sie wollen, Frau Finanzministerin, das ist gar keine Frage, und nicht dort, wo es gebraucht wird.

Mir braucht niemand zu sagen, dass für Kunst auch Geld ausgegeben werden muss, aber es gibt dringende Notwendigkeiten, nämlich dort, wo sehr viele „am Zahnfleisch“ arbeiten. Wir haben bereits fünf Museen für Gegenwartskunst, und jetzt haben wir eben eines dazubekommen. Ich glaube, das ist die falsche Finanzpolitik, Frau Minis­terin, Sparpaket und Schuldenbremsen hin oder her. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


12.56.23

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich höre schon den ganzen Vormittag der Opposition zu, und ich muss sagen, da gibt es Schuldzuweisungen und parteipolitischen Hickhack. Bringt uns das weiter? Sicher nicht. Die riesigen Herausforderungen unserer Zeit können wir, und davon bin ich überzeugt, nur gemeinsam bewältigen.

Halten wir uns vor Augen: In unserem schönen Österreich wächst der Schuldenberg drastisch. In 500-€-Scheinen gestapelt, kommen jedes Jahr Schulden in Höhe des Öt­scher hinzu. Der Ötscher ist immerhin fast 1 900 Meter hoch. So kann es wohl nicht weitergehen! (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

Was brauchen wir? Wir brauchen die Schuldenbremse. Die Finanzwelt soll wissen, wir meinen es ernst mit dem Sparen. Was brauchen wir? Den Generationen-Scan fürs Budget! Alle Gesetze sollen darauf geprüft werden, wie sie sich auf die einzelnen Ge­nerationen auswirken. Wem nützt das? Das nützt uns allen. Wir wollen wissen, wohin unser Steuergeld geht. Das bringt mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit, denn wir wollen nicht auf Kosten unserer Kinder leben. Das wollen die Senioren nicht, und das tun sie auch nicht.

Aktueller Beweis ist die Pensionsanpassung 2012. Fast 95 Prozent aller Pensionsbe­rechtigten werden einen Teuerungsausgleich bekommen, 2,7 Prozent plus für den überwiegenden Teil der Pensionisten. Werte Kolleginnen und Kollegen! Das ist fair. Das beweist aber auch: Die Senioren verhandeln mit Augenmaß. Sie denken an die nächsten Generationen und an das Staatsganze.

Ein großer Erfolg für uns Senioren ist, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag bis zu 1 750 € wieder gewährt wird. Dafür haben wir uns eingesetzt, und zwar mit vielen Ak­tionen und mit Tausenden Senioren gemeinsam. Auch Reparaturen im Steuerbereich sind notwendig, und zwar bei den Topfsonderausgaben und bei den außergewöhnli­chen Belastungen. Ich danke dafür ausdrücklich Finanzministerin Maria Fekter und ih­rer Expertin, Frau Dr. Baumann-Söllner.


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Worum geht es? Alleinverdiener sollen steuerliche Begünstigungen genauso behalten wie vor der Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages. Das heißt also wieder nied­rige Selbstbehalte etwa bei Zahnersatz und bei Brillen. Das heißt aber auch, dass zum Beispiel barrierefreie Umbauten wieder in höherem Ausmaß von der Steuer abgesetzt werden können.

Meine Damen und Herren! Wir wollen nicht auf Kosten unserer Kinder leben, und das tun wir auch nicht. Deshalb macht es auch Sinn, heute diesen Abänderungsantrag zu unterstützen. Ich lade Sie sehr herzlich dazu ein! (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


13.00.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, ich bin auch sehr dafür, dass man bei wichtigen Debatten hier, vor allem wenn es um die Zukunft Österreichs geht, parteipolitisches Hickhack möglichst vermei­det, aber so wie Sie und manche Vorredner Ihrer Fraktion und zum Teil auch der So­zialdemokraten es gemacht haben, geht es natürlich auch nicht, nämlich dass man sich hier herausstellt und sagt: Der Schuldenberg wächst immer mehr. 10 Milliarden pro Jahr. So kann es nicht weitergehen!

Ja, da haben Sie unsere Unterstützung, und wenn Sie uns dann alle einladen, ge­meinsam etwas dagegen zu tun, dann werden Sie auch unsere Unterstützung haben, doch hier herauszugehen und diesen Schuldenberg zu kritisieren, aber am kommen­den Freitag abzustimmen über ein Budget, das diesen Schuldenberg um weitere 10 Milliarden erhöhen wird, das ist wohl keine glaubwürdige Politik, wie sie die die Be­völkerung von Ihnen und von uns allen erwartet. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Und genau das ist das Problem. Dass etwas getan werden muss bei den Pensionen, bei der Gesundheit, bei der Verwaltungsreform, ja, das hören wir jetzt seit drei Jahren. Sie sind aber in der Regierung, es sind Ihre Regierungsvertreter, die uns dann immer wieder sagen, warum es nicht geht.

Die Verwaltungsreform ist von Ihnen abgesagt worden, weil Sie sich dem Widerstand der Länder nicht stellen können. Bei der Gesundheit wird herumgedoktert. Bei der Bildung schaffen Sie es nicht einmal – von einem wirklich modernen System reden wir ja gar nicht –, dafür zu sorgen, dass die Lehrer auch wirklich während der Arbeitszeit, die sie haben und für die sie entlohnt werden, in der Schule anwesend sein können. Da scheitert es ja schon an diesen Kleinigkeiten. Oder Schulreform: Da gibt es – das ist heute schon angesprochen worden – noch alle diese Verwaltungsebenen, die noch aus der monarchistischen Zeit herrühren

Wenn Sie sagen, die Opposition ist eingeladen mitzuarbeiten: Warum behandeln Sie dann diese tausend Anträge, die in den Ausschüssen liegen, nicht oder lehnen sie kol­lektiv ab, anstatt dass man sich wirklich zusammensetzt und versucht, die gemeinsa­men guten Ideen auch gemeinsam zu verwirklichen?

Wenn Sie dann über Wochen und Monate genau die Kritikpunkte, die auch wir vom BZÖ eingebracht haben, negieren und ins Lächerliche ziehen, wie zum Beispiel jetzt die Schuldenbremse, und dann plötzlich draufkommen, ja, sie ist jetzt doch notwendig, und dann so tun, als ob Sie ohnehin schon immer dafür gewesen wären, dann ist das auch nicht die Glaubwürdigkeit, die man von Ihnen verlangt. (Beifall beim BZÖ.)

Aber wir haben ja etwas gelernt: Wir haben gelernt, dass das Klima in der Koalition an­scheinend wirklich nicht so gut sein dürfte, denn vom Vizekanzler haben wir gestern gehört, dass er draufgekommen ist, dass man etwas tun muss, und heute haben wir vor einigen Stunden gehört, dass Sozialminister Hundstorfer schon länger weiß, dass


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das notwendig ist, nämlich schon seit einer Woche. Er hat gesagt, er hat es nicht erst seit gestern gewusst, sondern vor einer Woche hat er schon gewusst, dass eine Schul­denbremse notwendig ist. Das ist das Niveau, auf dem Sie agieren! (Abg. Bucher: Der Schieder hat es aber nicht gewusst!) Haben Sie es gewusst, Herr Staatssekretär? Schon vor einer Woche oder auch erst seit gestern?

Ich meine, das ist ja alles unglaublich. Sie brauchen wirklich eine Ratingagentur – die zu Recht kritisiert werden für alles, was dort aufgeführt wird –, und jetzt auf einmal kommt man drauf, eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. Wie das funktionieren soll, das sagt man allerdings nicht dazu. Aber Sie beschließen heute ein Budgetbegleitungsgesetz, das normalerweise die Kerndebatte einer Budgetdebatte ist, wo die großen Reformen des nächsten Jahres entsprechend verankert werden, etwa Steuerentlastungen, manchmal gab es auch Belastungspakete, große Reformen, Pen­sionsreformen. Das ist die Debatte bei den Budgetbegleitgesetzen.

Was haben wir denn da heute alles? – Vier Tage haben Sie Begutachtung gehabt. Da gibt es das Wasserstraßengesetz, das Bundesmuseen-Gesetz, das Zollrechts-Durch­führungsgesetz, das EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz. Na ja, das ist natürlich nicht wirklich dramatisch. Und am Freitag beschließen Sie dann ein Budget, von dem wir alle schon wissen, dass es nicht aktuell sein wird!

Aber das wäre ja jetzt die interessante Sache. Es geht nicht nur darum, dass Sie jetzt draufkommen, dass Sie doch die Schulden stoppen müssen, sondern Sie sollten auch dieses Budgetbegleitgesetz stoppen! (Beifall beim BZÖ.)

Stoppen Sie auch dieses nicht aktuelle Budget und treten Sie wirklich in einen raschen Dialog mit uns von der Opposition ein, damit wir dann auch Nägel mit Köpfen machen! Verschieben Sie das nicht auf das Jahr nach der Wahl, sondern gehen Sie daran, Ös­terreich wirklich rasch zukunftsfit zu machen!

Es ist richtig, wir stehen nicht so schlecht da, aber wir wollen die beste Bonität erhal­ten, und wir wollen auch dafür sorgen, dass die österreichische Jugend hier in Öster­reich noch eine Zukunft hat. Das kann man nicht verschieben auf den Tag nach der Wahl, sondern wenn Sie schon jetzt endlich draufgekommen sind, dass es notwendig ist, dann machen wir es auch gleich und beschließen hier nicht Gesetze, die schon mit der Beschlussfassung veraltet sind. (Beifall beim BZÖ.)

13.04


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.05.06

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich beginne beim Herrn Abgeordneten Scheibner. Wir wollen das Triple A erhalten!, das ist ein wunder­barer Satz. Wir auch, wir wollen an sich nicht einmal darüber diskutieren, weil wir die Angst haben, dass es zu einer Self-fulfilling Prophecy werden kann. Aber Ich möchte gleich ein paar Dinge aufklären. Das ist der Grund für meine Wortmeldung.

Ein Punkt ist die Diskussion über die Schuldenregeln. Es hat einen Vorschlag der Frau Finanzministerin vor einigen Wochen gegeben, es hat einen Vorschlag des Staatsse­kretärs Schieder gegeben, es hat einen Euro-Gipfel gegeben, bei dem sich die Regie­rungschefs auf bestimmte Spielregeln geeinigt haben. Wir haben konstruktiv miteinan­der diskutiert, und diese Koalition hat gezeigt, dass sie auch bei diesem Punkt was zu­sammenbringt – wie bei vielen anderen Punkten auch.

Ich kann übrigens bei der Gelegenheit gleich eine weitere Aufklärung vornehmen. Es war am Beginn so etwas wie ein Vaterschaftsstreit: Wer hat das erfunden? Wer ist der


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Erfinder von Schuldenregeln, von Schuldenbremse? Ich kann es Ihnen sagen. Wir ha­ben uns aus verschiedensten Gründen und nach längerer Diskussion, nach Abwägen der Vor- und Nachteile der verschiedenen Vorschläge, die es gegeben hat, für eine entschieden, die sich schon bewährt hat, nämlich die Regel im deutschen Recht, also die deutsche Schuldenbremsenregel, und wir haben uns entschlossen, diese Version zu übernehmen, weil die der sogenannte Markt kennt, weil es Vertrauen in diese gibt.

Und die Frage der Vaterschaft, wer das erfunden hat, kann ich Ihnen auch beantwor­ten. Es war der sozialdemokratische Finanzminister Peer Steinbrück, der diese Schul­denregel erfunden hat, bei der es um Einnahmen und Ausgaben geht. Es geht nämlich beim Defizit oder bei der Frage der Verschuldung natürlich immer um den Saldo aus diesen beiden Positionen – Kollege Stadler hat es vorhin auch erwähnt –, es geht um strukturelles Defizit, es geht um konjunkturelles Defizit, und es geht um eines, worüber es immer wieder Diskussionen und manchmal auch Kritik gegeben hat, nämlich dass die Länder nicht die gleichen Haushaltsregeln haben wie der Bund.

Das Haushaltsrecht des Bundes – das wurde in der Diskussion der letzten Wochen oft auch gesagt – ist eines, das international auch als Best-Practice-Beispiel gilt. Mitarbei­ter des Finanzministeriums sind ab und zu in anderen Staaten unterwegs und eingela­den, um das zu erläutern, weil es sozusagen eine Vorbildfunktion hat. Was wir jetzt mit den Schuldenregeln machen, ist, dieses hervorragende Haushaltsrecht zu ergänzen und gleichzeitig festzulegen, dass die Länder auch ein entsprechendes Haushaltsrecht nach den gleichen Kriterien wie der Bund zu erlassen haben.

Ich sage noch etwas dazu, weil Sie vorhin quasi dieses Bund-Länder-Dilemma be­schrieben haben. Wir haben vor einigen Wochen eine große Runde gehabt – Bundes­kanzler, Vizekanzler, einige Vertreter der Bundesregierung plus die Länder – und ha­ben uns da auf einige ganz große Dinge geeinigt. Das sind Verwaltungsreformprojekte der großen Art: Bundesamt für Asyl und Migration, Verwaltungsgerichtsbarkeit und so weiter. Die werden im heurigen Jahr noch in den Ministerrat kommen und dann hof­fentlich nächstes Jahr hier beschlossen.

Es ist vom Kollegen Gradauer hier und auch im Ausschuss schon kritisiert worden, dass das Budgetbegleitgesetz, das ja eigentlich das Thema der jetzigen Diskussion ge­wesen wäre und ansatzweise auch war, heuer so dünn ist. Im letzten Jahr, kann ich mich erinnern, war die Kritik, dass es so dick war, so umfangreich war. Ich kann das aufklären. Dass es heuer dünner ist, weniger Artikel hat als im letzten Jahr, hat schlicht und einfach damit zu tun, dass viele Bestimmungen, die wir im letzten Jahr vereinbart haben, heuer und auch in den Folgejahren natürlich weiter gelten und daher nicht neu geregelt werden mussten. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden auch in den nächsten Monaten intensiv an weiteren Punkten arbeiten, die so im Großen als Verwaltungsreform bezeichnet werden können. Das ist halt zu einem Schlagwort geworden, wo immer mit vielen großen Beträgen herumgeschmissen wird, ohne dass im Detail gesagt wird, was darunter zu verstehen ist. Bei dem, was wir im letzten Budgetbegleitgesetz, 2011, gemacht haben, waren viele Punkte enthalten, die klein und unspektakulär waren, aber dauerhafte Wirkung haben. Und diesen Weg wer­den wir weitergehen.

Ein Vorwurf war noch: Planlosigkeit. – Wenn man sich anschaut, wie wir im interna­tionalen Vergleich dastehen, in einer extrem schwierigen Situation, in einer Situation, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg in dieser Dramatik und Dimension noch nicht ge­geben hat, dann sage ich nur: Der Vergleich macht sicher. Und das ist sozusagen die beste Erklärung, dass nicht Planlosigkeit stattgefunden hat.

Ich kann nur sagen, ich hoffe, dass das Schlechtreden dieses Landes, das manchmal stattfindet, nicht zu einer Self-fulfilling Prophecy wird, und ich hoffe, dass wir gemein-


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sam die richtigen vertrauenserhaltenden, vertrauensstärkenden Maßnahmen setzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.11.01

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Begleitend zum Budget soll ja eine Reihe von Gesetzen wie etwa Änderung des Körperschaftsteuergesetzes oder auch die umsatzsteuerliche Gleichbehandlung des AWS mit behandelt und budgetwirk­sam geändert werden.

Doch zur aktuellen Diskussion: Die Nachrichten und auch die politische Diskussion werden von Meldungen über Staatsschuldenkrisen, über Ratingagenturen dominiert, Märkte, Triple A, Double A. Ich frage mich nur: Wo in dieser Debatte bleiben eigentlich die Menschen?

Es wird aber nicht darüber gesprochen, wer diese Krise verursacht hat. War es Leh­man Brothers, oder wird den Menschen wieder vorgegaukelt, dass sie angeblich über ihre Verhältnisse gelebt hätten, so wie es viele von Ihnen tun? Die Krise hat die Un­gleichheit zwischen der Verteilung von Einkommen und Vermögen verschärft und noch stärker zutage gebracht. Aber Österreich ist besser durch die Krise gekommen als an­dere europäische Staaten, und zwar mit gezielten Maßnahmen, mit Konjunkturpaketen. Zudem haben wir eine niedrige Arbeitslosigkeit und ein relativ gutes Wirtschaftswachs­tum.

Neben der Konsolidierung des Budgets geht es aber auch und vor allem um die Ver­teilungsgerechtigkeit. Es wurden im letzten Budget schon einige Maßnahmen gesetzt wie etwa die Bankenabgabe, die Vermögenszuwachssteuer, die Einschränkung von Stiftungsprivilegien oder auch die Änderung der Konzernbesteuerung. Aber das geht uns und mir noch zu wenig weit.

Wir müssen, wie im Hohen Haus beschlossen, auf die Einführung einer Finanztransak­tionssteuer drängen. Wir müssen die Absetzbarkeit und die Beschränkung von Boni durchsetzen, die Gruppenbesteuerung noch weiter reformieren und auch an eine an­dere Art von Vermögensteuer denken. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Die Politik muss notwendige Voraussetzungen für die Zukunft schaffen. Wenn man die internationale Diskussion über die Finanzmärkte verfolgt, Herr Kollege Amon, dann sollte man auch darüber nachdenken, die Finanzmärkte zu regulieren, zu stabilisieren, auf europäischer Ebene, auf internationaler Ebene, und auch etwas dagegen tun, dass Ratingagenturen Fehleinschätzungen noch und nöcher machen können, die sie inner­halb von zwei Stunden dann wieder revidieren.

Die Politik hat zu gestalten, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht die Märk­te! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Lugar. 5 Minuten Redezeit. – Bitt


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e.

 


13.14.06

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehen wir uns die Schuldenbremse einmal genauer an. Die Opposition hat ja vor nicht allzu langer Zeit immer wieder die Schuldenbremse gefordert, so wie sie in Deutschland diskutiert und dann auch eingeführt wurde. Wir haben vor ungefähr ein­einhalb Jahren einen Antrag in diese Richtung gestellt, der natürlich abgewiesen wur­de. Auch die FPÖ hat einige Male hier entsprechende Anträge eingebracht. Das heißt, wir haben Sie immer wieder daran gemahnt, dass wir eine Schuldenbremse in diesem Land brauchen. Und jetzt ist die Frage: Warum haben Sie so lange damit gewartet? Warum kommen Sie jetzt mit dieser Schuldenbremse?

Grundsätzlich ist die Schuldenbremse eine gute Sache, aber wenn man genauer hin­sieht, erkennt man, es geht schon wieder einmal um die Ratingagenturen. Die Rating­agenturen haben Ihnen die Rute ins Fenster gestellt und haben Ihnen gesagt, wenn Sie keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen, wird das Triple A in Gefahr sein.

Jetzt wissen wir, dass eine Volkswirtschaft wie die unsere mit Schulden von in etwa 74 Prozent vom BIP schwer davon abhängig ist, niedrige Zinsen zu zahlen. Wir zahlen im Moment ungefähr 3,5 Prozent Zinsen, und mit dieser Zinslast ist es noch halbwegs erträglich, die 9 bis 10 Milliarden pro Jahr an Zinsen zu leisten. Das ist noch machbar. Wenn die Zinsen jetzt aber steigen, dann wird es für jeden Staat schwierig, nicht nur für Österreich. Auch Deutschland, auch Finnland, alle Länder hätten Probleme, wenn die Zinsen steigen. Hier rechnen wir mit 5 bis 7 Prozent als magischer Grenze, ab der es kritisch wird.

Deshalb haben Sie sich jetzt gedacht: Das ist eine gute Idee; die Ratingagenturen müssen besänftigt werden. Jetzt machen wir eine Schuldenbremse, und dann werden die Zinsen hoffentlich unten bleiben, wobei sie im Moment ja steigen. Sie steigen von 2,8 auf 3,5 Prozent. Offensichtlich sind Sie also nicht so erfolgreich damit.

Und warum? – Weil diese Schuldenbremse in Wahrheit ein Witz ist, ein riesengroßer Witz, über den ich aber leider nicht lachen kann, und zwar deshalb, weil Sie sich ver­pflichten, Gesamtschulden in Höhe von 60 Prozent des BIP zu machen. Aber entschul­digen Sie, haben wir uns nicht schon einmal dazu verpflichtet mit den Konvergenzkri­terien? Hatten wir das nicht schon? Sind wir nicht schon verpflichtet, maximal 60 Pro­zent an Gesamtschulden anzuhäufen? Jetzt kommen Sie daher und sagen: Nein, wir sind verpflichtet, das bis 2020 zu machen, bis 2020 machen wir das! Wir hätten das schon machen sollen, wir sind ja laufend verpflichtet, die Konvergenzkriterien für einen stabilen Euro einzuhalten, nur pfeift sich in den letzten Jahren keiner darum.

Es hat Zeiten gegeben, da hat es noch blaue Briefe gegeben, wenn sich Finanzminis­ter wie Sie nicht daran gehalten haben. Da hat die EU einen Brief geschrieben: Liebe Freunde, so geht das nicht! Aber mittlerweile ist es völlig uninteressant, diese 60 Pro­zent einzuhalten, die den Euro ja stabilisieren sollen. Und jetzt kommen Sie daher und sagen: Schuldenbremse, 2020, 60 Prozent. Das ist ein reiner Witz, und ich würde auch darüber lachen, wenn nicht die Menschen letztlich dafür zahlen würden.

Eine Kollegin von der SPÖ hat ja gefragt: Wo bleiben die Menschen? Ja, wo bleiben sie, wenn sie dann letztlich für Ihre Unzulänglichkeiten bezahlen müssen?

Wenn wir uns noch einmal dieses Triple A anschauen, das Sie da so verteidigen wol­len, indem Sie hier eine Schuldenbremse und Sonstiges in Aussicht stellen, sehen wir, das Problem ist ja nicht die Gesamtverschuldung – die ist auch hoch mit 74 Prozent, das gebe ich zu –, sondern wir haben ein Spezialproblem, das andere Länder wie zum Beispiel Deutschland nicht haben: Wir haben das Problem, dass unsere Banken im Umfang von 200 Milliarden ein Ost-Geschäft aufgebaut haben. Dieses Ost-Geschäft war natürlich in guten Zeiten ein großer Gewinn. Jetzt sind wir nicht mehr in guten Zei­ten, jetzt kommen die Probleme auf uns zu. Wenn man sich die Bilanzen der öster­reichischen Banken ansieht, dann sieht man, dass zwischen 10 und 40 Prozent der Ost-Kredite faule Kredite sind. Das heißt, dort werden zig Milliarden an Kosten auf uns zukommen.


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Und was werden Sie machen? – Schulden weiter wie bisher. Wir engen unseren Spiel­raum noch weiter ein und stehen dann letztlich, wenn es dementsprechend kracht – und es wird krachen, das ist sozusagen amtlich; es wird krachen, und es wird nicht mehr so lange dauern; es wird krachen, es werden diese Kosten auf uns zukommen, wir werden noch ein höheres Defizit produzieren –, mit heruntergelassenen Hosen da. Und dann schaue ich mir an, wie Sie die Banken und die Spareinlagen der Österrei­cher noch retten können, wenn Sie überhaupt keinen Budgetspielraum mehr haben, weil Sie anscheinend nicht in der Lage oder nicht willens sind, die Hausaufgaben zu machen.

Es wäre gar nicht schwer, die Hausaufgaben zu machen. Sie brauchen nur auf den Herrn Felderer oder auf den Herrn Moser vom Rechnungshof zu hören. Alle sagen Ihnen, was zu tun wäre im Bereich der Pensionen, der Gesundheit und so weiter. Aber Sie sind einfach nicht bereit dazu, weil Sie in Ihrem koalitionären Krach feststecken, wo Sie sich gegenseitig belagern und hoffen, dass der andere möglichst über die Füße fällt, die Sie ihm hinstrecken.

Und deshalb: Wenn Sie das und die Frage „Wo bleiben die Menschen?“ ernst nehmen, dann machen Sie gefälligst Ihre Hausaufgaben! Schauen Sie, dass wir nicht mit he­runtergelassenen Hosen dastehen, und ändern Sie Ihr Budget entsprechend, damit wir jetzt mit dem Sparen beginnen und nicht bis 2020 warten, um die Hausaufgaben zu machen.

13.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schön­egger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.20.01

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ohne Zweifel, wir befinden uns inmitten einer einschneidenden budgetpolitischen Zeitenwende. Meine Damen und Herren, in einer so ernsthaften Situation darf dieses Hohe Haus keine Bühne für dump­fe Stammtischparolen bieten. Es ist in dieser Situation auch absolut untauglich, mit bil­ligen Schlagworten, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen oder gar mit klassenkämp­ferischen Parolen punkten zu wollen. (Abg. Mag. Steinhauser: ÖVP ... Parolen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der wachsende Druck immenser Staats­schulden zwingt auch uns alle, den Schuldenabbau ernsthaft und mit großer Verant­wortung voranzutreiben. Die Schuldenbremse in der Verfassung ist dafür ein essenziel­ler und mehr als notwendiger Schritt.

60 Prozent Schuldenobergrenze ab 2020 und ein möglichst rasch ausgeglichener Haushalt werden über den Konjunkturzyklus hinaus in der Verfassung verankert. Klar ist, auch die Länder müssen sich an diesem Paradigmenwechsel beteiligen.

Mit der Schuldenbremse setzt Österreichs Regierung ein wichtiges Signal. Es ist ein wichtiges Signal für die Finanzmärkte, die Ratingagenturen, in erster Linie aber für die Bevölkerung, um zu zeigen, dass es uns ernst ist. Es geht darum, Schulden zu redu­zieren. Es gibt dazu keine Alternativen. Dazu müssen wir ausgabenseitig spürbare Schritte setzen. Sparmaßnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind mög­lich: eine Anpassung des faktischen Pensionsantrittsalters zum Beispiel, die viel disku­tierte und in der Steiermark tatsächlich in Angriff genommene Verwaltungsreform, eine mögliche Gesundheitsreform oder beispielsweise auch Effizienzsteigerungen im Be­reich der Österreichischen Bundesbahnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Länder sind aufgefordert, bis 2017 ausgeglichene Budgets vorzulegen. Ambitionierte Maßnahmen dazu, wie bereits ge-


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sagt, sehe ich in der Steiermark. Spannend dabei: Die Freiheitliche Partei beschließt zwar das Ende des Proporzes in der Steiermark mit – das ist löblich –, aber bei Ver­waltungsreformen verschließt sie sich einmal mehr.

Natürlich ist Widerstand vorhanden. Die Unsicherheit in der Bevölkerung ist groß, aber gerade hier ist die Politik gefordert, gerade hier sind wir als Politiker gefordert. Wir müssen Ängste nehmen und nicht Ängste schüren. Wir müssen seriös und ambitioniert an unserem Land und für die Zukunft Österreichs arbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rechnung ist gar nicht so kompliziert: je weniger Schulden, desto weniger Zinsen; je weniger Zinsen, desto mehr Spielraum für Zukunftsinvestitionen; je mehr Zukunftsinvestitionen, desto mehr Wohlstand für alle. – So einfach kann die Rechnung sein, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Schuldenbremse leiten wir den Umkehrschwung ein. Sie ist ein wichtiger Im­puls, um Stück für Stück von den Schulden wegzukommen. Nur so werden wir unserer Verantwortung gerecht. Der Generationenscan ist ein weiterer wesentlicher Baustein für ein Österreich mit Zukunft und sozialem Frieden. Und ich glaube, dieses Anliegen sollte uns alle einen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminis­terin Dr. Fekter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.23.30

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Stabile Finanzen für eine sichere Zukunft – das ist das Motto der heurigen Budgetberatungen, und deshalb ist heute ein Budgetbegleitgesetz auf der Tagesordnung, in das wir nur jene Maßnahmen aufgenommen haben, die direkt Bud­getrelevanz haben. Abgabenrechtliche Teile setzen entweder Unionsrecht um oder schließen Steuerschlupflöcher.

Aber das Budgetbegleitgesetz allein wird für stabile Finanzen nicht ganz ausreichend sein. Wir werden bis Freitag das Gesamtbudget weiter beraten. Und in diesem Zusam­menhang haben wir uns für einen Konsolidierungspfad entschlossen, der aber noch nicht ambitioniert genug ist. Wir müssen sukzessive weiter daran arbeiten. (Ruf bei der FPÖ: Hurra!)

Das heißt, wir haben heute dem Hohen Haus eine Regierungsvorlage über weitere Konsolidierungsmaßnahmen gemeinsam mit den Ländern, mit den Gemeinden im Hin­blick auf eine Schuldenbremse in der Verfassung zugeleitet. Wir werden in die Verfas­sung jene Kriterien schreiben, zu denen wir uns bereits verpflichtet haben, und wir wer­den einen gemeinsamen konsolidierten Pfad weiter gehen – ein bisschen ambitio­nierter als bisher, auch um insgesamt die Stabilität zu signalisieren, zu der wir uns be­kennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur durch stabile Finanzen können wir gesichert in die Zukunft schauen. Wir werden ganz sorgsam diese Schuldenbremse mit den neuen Ausgabenobergrenzen, die wir im Frühjahr an Brüssel melden müssen, in weiterer Folge in Angriff nehmen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausgabenobergrenzen, zu denen wir uns bisher bekannt haben, wurden auch immer eingehalten, obwohl die Konjunktur im zweiten und dritten Quartal heuer etwas schwächer geworden ist.

Wir bemühen uns hier, auch konjunkturell klug vorzugehen und im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum die Maßnahmen des Staates so zu setzen, dass wir das Kon­junkturpflänzchen nicht vertrocknen lassen. Aber wir bekennen uns auch dazu, dass alle helfen müssen – sowohl die Länder als auch die Gemeinden. Unser Haushalts-


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recht, dieser mehrjährige Planungspfad mit den Ausgabenobergrenzen gilt inzwischen in ganz Europa als Best-Practice-Modell. (Ruf beim BZÖ: Super!) Er gilt inzwischen auch für alle europäischen Staaten als Vorbild, um Haushaltskonsolidierungen zu errei­chen.

Daher werden wir auch danach trachten, dass sich unsere Länder, Gemeinden und Städte an diesem Haushaltsrecht orientieren und es auch entsprechend, wie der Bund es schon getan hat, umsetzen, denn das führt zur Schuldenbremse. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. (Abg. Strache: Oje! Das war immer der, der gegen die Schuldenbremse gewettert hat!) 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.27.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Frauen Bun­desministerinnen! Herr Bundesminister! Die Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Zu­erst möchte ich bemerken, diese Regierung zeigt mit der Schnelligkeit, mit der die Be­schlüsse auch gestern gefasst worden sind, dass sie dann, wenn es notwendig ist, sehr, sehr klar und sehr, sehr schnell die notwendigen Maßnahmen, die für unser Land nützlich sind, setzen kann (Abg. Bucher: Vor einer Woche waren Sie noch dagegen!) und das auch tut. Danke – in diesem Fall stellvertretend –, Herr Staatssekretär und Frau Bundesministerin. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber bleiben wir gleich bei diesem Thema. Wieso ist das so schnell notwendig? – Die Wahrheit ist doch, dass wir in diesem Land mit unserem Haushaltsrecht – die Frau Bundesministerin hat darauf hingewiesen – eines der besten Modelle haben, um sorg­fältig und vorausschauend budgetieren zu können.

Wir sind mit knapp über 3 Prozent unter den besten Ländern in Europa. (Zwischenruf des Abg. Bucher.) Wir haben in diesem Land eine gute Budgetpolitik. Dennoch kom­men von den sogenannten Finanzmärkten und Rating-Agenturen Zweifel, ob Öster­reich gut genug ist. Wir sind zu klein als Land und die Regeln sind nicht da, um die in die Schranken zu weisen, sodass wir keine andere Möglichkeit haben, als sozusagen brav und rasch solche Dinge umzusetzen.

Darauf, meine Damen und Herren, sollten wir in Zukunft unser Augenmerk legen: auf diese Art von Diktat, dass Demokratien ferngesteuert werden von Finanzmärkten und Rating-Agenturen, wie wir es in Griechenland erlebt haben, wie wir es teilweise in der ganzen Union sehen. (Abg. Scheibner: Aber wir machen seit Jahren nichts!) Da ist entscheidender Widerstand angesagt.

Sie alle, meine Damen und Herren, sind Vertreter, die von einem einzigen Souverän gewählt worden sind, und das ist das Volk, nicht die Finanzmärkte. Sie sind verpflich­tet, sich dagegen zu wehren, dass Dritte über das Schicksal der Menschen, des Lan­des und der Gesellschaft entscheiden. Diese Aufgabe haben wir vor uns, und ich glau­be, da werden wir noch entscheidende Schritte setzen müssen. Ich freue mich über die heutige Initiative im Europaparlament dazu.

Aber wir setzen hier auch – und ich komme jetzt zum Abänderungsantrag, den wir vor­gelegt haben – die richtigen Schritte hier. Ich möchte betonen, dass wir mit dem neuen Außenwirtschaftsgesetz 2011 und den Änderungen, die wir jetzt hier machen, einen richtigen Schritt setzen. Es kann nicht sein, dass Infrastruktur-Unternehmen, Unterneh­men, die die unmittelbare Daseinsvorsorge der Menschen in Österreich betreffen, von der Feuerwehr bis zum Krankenhaus, von der Energieversorgung bis zur Telekommu­nikation, dass diese Unternehmen samt ihrem Versorgungsauftrag zum Spielball einer Spekulation werden können. Daher machen wir ein Gesetz, dass dort, wo eine be-


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stimmende Mehrheit erworben wird, der Wirtschaftsminister erst eine Genehmigung erteilen kann. Das ist der richtige Weg, um zu verhindern, dass von außerhalb ein ent­scheidender Eingriff vorgenommen wird.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch beim Koalitionspartner bedanken. Wir haben in sehr kooperativer Art ein sehr, sehr gutes Gesetz in die Wege geleitet. Es ist auch eine Maßnahme, um sicherzustellen, dass wir in diesem Land als Demokratie über die Lebensumstände bestimmen und nicht Dritte, schon gar nicht die Finanzmärkte und schon gar nicht Spekulanten.

In diesem Sinne freue ich mich auf den gemeinsamen Kampf, diese Finanzmärkte zu regulieren, die Rating-Agenturen in die Schranken zu weisen, und darauf, es vielleicht in den nächsten Jahren auch zu schaffen, wieder zu dem zurückzukommen, für das wir gestanden sind (Zwischenruf des Abg. Jury): Wir sind eine Demokratie und nicht eine von Spekulanten gesteuerte Republik. Und das ist gut so. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Kirchgatterer zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


13.31.33

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! In wirtschaft­lich schwierigen, in wirtschaftlich unruhigen Zeiten ist eine breite Zusammenarbeit ein großes Plus. Gerade in Österreich können wir auf unsere Sozialpartnerschaft beson­ders stolz sein, insbesondere in schwierigen Zeiten, in Krisenzeiten. (Zwischenruf des Abg. Jury.)

Ich erinnere an 2008, an die Zeit, als Auftragsbücher nur mehr zu 60 Prozent voll wa­ren, als die Arbeitsmöglichkeiten sehr begrenzt waren. Die Kurzarbeit war eine wirklich segensreiche Lösung für die Kaufkraft in Österreich, für die wirtschaftliche Entwicklung. Und das, was am teuersten ist, ist nun einmal die Arbeitslosigkeit.

Meine Damen und Herren, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in budgetär schwierigen Zeiten ist die Frage zu stellen: Wer kann mehr für die Allgemeinheit bei­tragen? Wenn uns der internationale Vergleich zeigt, dass das oberste Prozent in Ös­terreich im Schnitt bedeutend weniger beiträgt als im Ausland, so ist es sehr berechtigt, hier verstärkt einzuladen, mitzuwirken. Wie es so schön heißt: starke Schultern tragen mehr.

Ich möchte auch auf die Wichtigkeit des gut funktionierenden Staates in Österreich hinweisen. Eine gut funktionierende Justiz, eine gut funktionierende Verwaltung, ein ausgebauter Sozialstaat ist und bleibt für die Österreicher das Wichtigste (Abg. Petz­ner: Jessas na! Wo leben Sie? Leben Sie in Österreich?), was sie von der Gemein­schaft zu erwarten haben. Auch die Schwerpunkte, die im Budget vorgesehen sind, nämlich Bildung und Beschäftigung, sind zukunftsweisend. (Abg. Petzner: Sie kom­men auch aus der Kampfredner-Fraktion!)

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir können auf hohem Niveau in die Auseinan­dersetzung gehen, die vor uns liegt. Und ich glaube, wir werden auch wirtschaftlich er­folgreich sein, wenn die Opposition auch die Budgetdisziplin aufbringt, die sie von uns allen erwartet. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.34

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 107

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Klubobmann Bucher zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.34.15

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Das war jetzt eine unmittelbare Aufforderung des Redners der SPÖ, dass wir uns an die Budgetdisziplin halten sollen. Das machen wir, und wir machen auch einen Vorschlag. Die Frau Finanzministerin hat im Rahmen ihrer Ausführungen gesagt, dass das alles nicht reichen wird, um ein Budget in Ordnung zu bringen. Das ist nicht genug, haben Sie gesagt. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Antrag!) Ich sage Ihnen 

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Bucher, Sie kennen die Ge­schäftsordnung als Klubobmann sehr gut. Ich darf Sie bitten, einen Antrag zu formu­lieren, diesen dann kurz zu begründen, andernfalls muss ich Ihnen das Wort entzie­hen. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (fortsetzend): Das war ja wohl die Einleitung und die Be­gründung: Es beklagen sich alle inklusive der ÖVP, dass hier so viele Schulden entste­hen, aufgrund dieser Begleitgesetze und dieses Budgets. Daher stellen wir den Rück­verweisungsantrag gemäß § 73 Abs. 3. Geben wir das zurück in den Budgetaus­schuss, um dort die Beratungen fortzusetzen, damit wir wirklich die Schulden abbauen und den Österreicherinnen und Österreichern ein sorgsames Budget vorlegen! (Beifall beim BZÖ.)

13.35

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Kopf zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.45

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt im Zuge dieser Debatte einiges, vor allem in Richtung ÖVP, an Versuchen zur Geschichtsfälschung betrieben worden, und das muss ins rechte Licht gerückt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war der ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, in dessen Kanzlerschaft zwischen den Jahren 2000 und 2007 die Staatsschuldenquote von 67 Prozent auf 59 Prozent gesenkt wurde! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Falsch!)

Es waren die ÖVP-Finanzminister Molterer und Josef Pröll (Rufe bei FPÖ und BZÖ: Grasser!), die die Finanzkrise derart erfolgreich bewältigt haben, meine Damen und Herren (Abg. Bucher: Keine Geschichtsfälschung betreiben! – Abg. Petzner: Da musst ja selbst du dabei lachen!), dass diese Krise bei der Realwirtschaft in Österreich nicht nur nicht angekommen ist, sondern auch auf den Arbeitsmarkt keine Auswirkung gehabt hat. Dieses Land und die Bevölkerung dieses Landes sind dank der erfolg­reichen Tätigkeit von Molterer und dann Pröll von den Auswirkungen dieser Krise verschont geblieben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Grasser wird schon wieder vergessen!)

Ich wundere mich einigermaßen, wenn das BZÖ sich hier so permanent echauffiert. Sie waren in den Jahren 2000 bis 2007 in nicht ganz unbeträchtlichem Ausmaß mitver­antwortlich. (Abg. Grosz: Das BZÖ wurde erst 2005 gegründet!) Also, warum wollen Sie diesen Erfolg der Regierung Schüssel, nämlich die Verschuldung von 67 Prozent auf 59 Prozent zu senken, mit uns nicht teilen? (Abg. Grosz: Wir haben ja mit der ÖVP nichts zu tun!) Warum eigentlich nicht? (Abg. Grosz: Sie haben den Grasser verges­sen!) Ich glaube, Sie sind so verbohrt in Ihrer Oppositionstätigkeit und Ihre hooligan-


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artigen Auftritte (Zwischenrufe beim BZÖ), die Sie hier permanent an den Tag legen, dass Sie gar nicht mehr unterscheiden können zwischen Realität und Phantasie. (Bei­fall bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.)

Kollege Bucher, eines überrascht mich bei dir schon einigermaßen: Ich habe dich bis­her nicht zu diesem Sektor gezählt, aber wenn ich Ausdrücke in Richtung ÖVP höre wie zum Beispiel Hinterhältigkeit (Abg. Bucher: Das ist so gewesen!) oder schleicht euch aus der Regierung, dann muss ich meine Meinung, dich nicht zu diesem Kreis zu zählen, revidieren. Du gehörst genauso zu diesem Sektor! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, zu den Fakten. Die Krisenbewältigung und die Tatsache, dass es uns gelungen ist, die Realwirtschaft in Österreich von der Finanzkrise zu ver­schonen, hat Geld gekostet, keine Frage. Wir haben Defizite in Kauf genommen, zu­letzt 2010 von 4,9 Prozent, um eben bei den Menschen die Krise nicht ankommen zu lassen, und hätte es die Regierung Schüssel nicht gegeben, dann wären wir nicht bei 75 Prozent Staatsverschuldung, sondern bei 80 Prozent oder 85 Prozent. (Abg. Stra­che: Wir sind ja schon bei 89 Prozent! Da sind ja die ausgelagerten Schulden nicht da­bei!) Das heißt, wir sollten dieser Regierung von damals noch einmal dankbar sein für diesen Kurs. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war Finanzminister Josef Pröll und in Fortsetzung Finanzministerin Fekter, die dann Österreich wieder auf einen Budgetsanierungspfad gebracht haben, der im Jahr 2016 bei 2 Prozent Neuverschuldung landen würde. Das ist ein ambitionierter Weg, das ist ein akzeptabler und guter Weg, aber wir müssen heute erkennen, Kollege Matznetter hat schon darauf hingewiesen, dass es in den nächsten Jahren trotz dieses einge­schlagenen guten Weges noch mehr brauchen wird.

Und jetzt wollen Sie einer Finanzministerin, die uns schon auf einen guten Pfad ge­bracht hat und jetzt mit dem Vorschlag, eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, noch eines drauflegt – das heißt, wir verstärken unsere Bemühungen –, das Misstrauen aussprechen? Ja sind Sie noch zu retten? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Und was ist mit der Auslagerung von Schulden?)

Ganz im Gegenteil! Ich weiß nicht, was mit Ihnen in den letzten Tagen passiert ist, aber diese Ministerin verdient unser volles Vertrauen und unsere volle Unterstützung auf diesem Wege! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie monieren jetzt, dass zu diesem neuen Pfad, der uns bereits 2016 eine minimale Neuverschuldung von nur 0,35 Prozent, die Sie übrigens vor ein paar Tagen selbst gefordert haben, bringen wird, nicht gleich auch die Maßnahmen mitgeliefert werden. – Jeder Weg beginnt mit der Formulierung von Grundsätzen und eines Ziels, und dann werden in den nächsten Wochen und Monaten selbstverständlich die Maßnahmen in dieses Hohe Haus nachgeliefert. (Abg. Bucher: Das hören wir schon seit zehn Jah­ren!) So geht man vernünftigerweise vor, wenn man das tun muss, was wir tun müs­sen, nämlich das Budget in Ordnung bringen, damit wir eines nicht tun müssen, näm­lich die Menschen in diesem Land mit neuen Steuern belasten. (Abg. Bucher: Das schau’ ich mir an!) Die Alternative zum Sparen sind Steuererhöhungen, und die wollen wir nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann nur an alle appellieren, die hier zum Teil ziemlich deftige Ausdrücke verwen­det haben (Ruf beim BZÖ: Hooligan!), die völlig unangebracht sind angesichts der Vor­schläge, die diese Regierung dem Hohen Haus gemacht hat, um uns auf einen guten Sanierungspfad zu bringen, und die jetzt auch noch den Vorschlag hinzugefügt hat, das sogar verfassungsrechtlich abzusichern, sich einmal den Fakten zuzuwenden. Sie schwadronieren herum von neuen Steuern und neuen Schulden. (Abg. Petzner: Von „schwadronieren“ zu sprechen, das ist auch nicht die feine Art!) Anhand der Fakten werden Sie erkennen, dass diese Bundesregierung dieses Land auf einen erfolgrei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 109

chen Kurs gebracht hat und jetzt auf einen noch erfolgreicheren Kurs bringen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Es gibt mehr Schulden denn je zuvor!)

13.42


13.42.53Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Klubobmann Kopf, für den Ausdruck und die Phrase „hooliganartige Vorgehensweise des BZÖ“ erteile ich Ihnen einen Ordnungs­ruf (Beifall beim BZÖ)  dies auch im Sinne der Ausführungen in der letzten Präsidial­sitzung. (Abg. Kopf: Ich kann da gerne den Wahrheitsbeweis antreten!)

*****

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Krainer zu Wort ge­meldet. Ich verweise auf die Geschäftsordnung und erteile Ihnen das Wort. – Bitte.

 


13.43.08

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Mein Vorredner, Klubobmann Kopf, hat gesagt, dass die Verschuldung von 67 Prozent im Jahr 2000 unter der Kanz­lerschaft von Schüssel auf unter 60 Prozent gesenkt wurde.

Ich berichtige tatsächlich und darf dazu auf den Budgetbericht der Finanzministerin, Seite 78, verweisen: Das Budgetdefizit wurde von 66,2 auf 62,3 Prozent gesenkt.

Auf unter 60 Prozent wurde es unter der Kanzlerschaft von Gusenbauer gesenkt.

Im Übrigen stimme ich mit der Bewertung der Arbeit dieser Bundesregierung überein. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.44.00

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren von der ÖVP! (Abg. Mag. Donnerbauer: Gruß aus Brüssel!) Bitte? (Abg. Mag. Donnerbauer: Gruß aus Brüssel!) – Das glaube ich schon. Du kannst es kaum mehr erwarten, gell, aber in der Zwischenzeit wirst du dir schon noch ein biss­chen etwas anhören müssen!

Also: Heute stand hier der „arbiter elegantiarum“ in Person. Er teilte Zensuren aus: Das sind Hooligans, das sind die, die es nicht verstanden haben, die, die braucht man gar nicht ernst zu nehmen, die haben sowieso keine Ahnung, aber die Noblesse kulminiert natürlich bei der ÖVP. – Natürlich, ja, selbstverständlich!

Gut, meine Damen und Herren von der Noblesse-Fraktion, oder soll ich sagen, von der Senioritätsfraktion, weil bei Ihnen ja jeder unter 100 Jahren rücktrittsgefährdet ist, wie am Beispiel des Kollegen Grillitsch sichtbar wurde. Lachen Sie nicht, Kollege Stumm­voll! Wenn sich ein Älterer findet, der dir nachfolgen kann, bist du auch fällig! (Heiter­keit und Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Untersuchen wir doch einmal, warum die Ös­terreichische Volkspartei, die ach so jugendliche Österreichische Volkspartei – als ich von der jüngsten Personalentwicklung in der ÖVP gehört habe, habe ich mir gedacht, man sollte einmal ein paar Schwarze neben die Dinosaurierknochen im Naturhistori­schen Museum stellen und dann die Preisfrage stellen, wer jünger ausschaut. (Heiter­keit und Beifall beim BZÖ.)

Untersuchen wir das doch einmal: Seit wann sitzt die ach so großartige Sparfraktion Österreichische Volkspartei in der Regierung? Seit wann? Habt ihr das selbst noch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 110

nicht überprüft? – Seit einem Vierteljahrhundert sitzen Schwarze in der Regierung, und seit einem Vierteljahrhundert tun sie so, als ob sie mit dem Budget nichts zu tun hätten. Keine Verschuldung ist jemals den Schwarzen vorzuwerfen gewesen. Nie! Die haben immer gekämpft gegen jede einzelne neue Milliarde, die ins Budget hineinge­schrieben wurde. (Abg. Höfinger: Lernen Sie Geschichte!) – Bitte? – (Abg. Höfinger: Lernen Sie Geschichte!) – Ja eben, ich bin gerade dabei, Geschichte zu lernen! Ich versuche, sie aufzuarbeiten. Helfen Sie mir doch ein bisschen, Sie als Fachmann von der ÖVP-Senioritätsfraktion.

Ja, seit einem Vierteljahrhundert sitzen Sie in der Regierung und haben mit Schulden nichts zu tun. Warum? – Wie Sie wissen, nach ÖVP-Vorstellung, heißt Schulden im­mer Bruno Kreisky, Schulden ist immer Rot, Schulden ist immer Kreisky, denn Schwarz hat immer alles getan, um dafür zu sorgen, dass wir keine Rekordverschuldung haben. (Abg. Dr. Lopatka: Ist das falsch?) Dass Frau Fekter jetzt auf einmal nicht mehr zur ÖVP gehört, ist ein anderes Kapitel. Das ist mir so vorgekommen, denn wenn man Kollegen Kopf zuhört, bekommt man das Gefühl, das jetzige Budget habe mit der ÖVP nichts zu tun. 10 Milliarden € zusätzliche Schulden, das hat mit der ÖVP nichts zu tun, das ist Frau Fekter gewesen. Und Frau Fekter macht das nur, weil sie von der SPÖ da­zu gezwungen wird. Arme Frau Fekter, meine Damen und Herren!

So viel zum Thema Hinterhältigkeit. Was glauben Sie, Herr Kollege Kopf, was sich der Wähler dabei denkt? Der Wähler sieht 10 Milliarden € Neuverschuldung, und gleichzei­tig tritt die ÖVP an die Öffentlichkeit und sagt: Wir waren immer schon für die Schul­denbremse, wir waren nie mit Schulden unterwegs, wir haben nie Schulden gemacht im Budget. – Wie nennt der Wähler so etwas, Herr Kollege Kopf? – Ich habe den Ver­dacht, dass „hinterhältig“ noch eher die Schmeichelvariante dafür ist. (Abg. Kopf: Hoo­ligan!) – Nein, nicht Hooligan! Ach, jetzt ist der Wähler auch schon ein Hooligan. Oje, oje, meine Damen und Herren Wählerinnen und Wähler, wenn Sie zu den Hooligans gehören, die eine ehrliche Politik verlangen, dann machen Sie einen riesigen Bogen um die Österreichische Volkspartei. Das ist mein Ratschlag, meine Damen und Herren, Hohes Haus! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wann hat die ach so ehrliche, immer treue, immer der Wahrheit verpflichtete ÖVP – ich könnte jetzt anführen, wann Frau Fekter das letzte Mal gesagt hat, dass sie gegen eine Schuldenbremse ist, aber ich weiß ja, sie gehört nicht mehr zu euch – das letzte Mal gesagt, dass sie eigentlich dagegen ist, dass man den Euro in einen Kerneuro und in einen Südeuro aufspaltet? Mittlerweile wird das innerhalb der ÖVP und nicht nur der ÖVP vorbereitet, sondern auch all ihre Schwesterparteien in der EVP machen sich schon Gedanken darüber, darunter ihre Schwesterpartei CSU in Deutschland, die mit der ÖVP engstens verflochten ist. Natürlich hat da, so scheint es, auch die CSU das nicht richtig verstanden und gehört damit auch schon zu den Hooligans. Ist das so, meine Damen und Herren? Dann werden wir das denen ausrichten.

Gehen wir weiter: die Milliarden nach Griechenland. Ich erinnere mich noch, wie man ehrlich gesagt haben, das ist ein Riesengeschäft. Zugegeben, Frau Fekter hat es so nicht gesagt, sie hat nur auf ihren Vorgänger angespielt. Der hat es allerdings aus­drücklich so gesagt, Herr Josef Pröll. Der hat gesagt, das wird ein Geschäft sein, da herinnen, ja! Wissen Sie, Herr Kollege Kopf, so sehr leiden manche oder einige hier herinnen noch nicht an Gedächtnisschwund, dass wir das nicht mehr gut in Erinnerung hätten. Ein Riesengeschäft! Aber nein, ich weiß ohnehin: Josef Pröll gehört auch nicht mehr zur ÖVP, so, wie Herr Strasser nicht mehr zur ÖVP gehört, wie Grasser nicht mehr zur ÖVP gehört.

Es war wirklich köstlich, zu beobachten, welche Amnesie Klubobmann Kopf bei der Aufzählung der Finanzminister der ÖVP hatte: Er hat den davor und den danach ge­nannt, aber Grasser, der dazwischen war, hat er vergessen. Warum wohl? – Weil Herr


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Grasser momentan natürlich ein bisschen unpopulär geworden ist – ist das so? Daher gehört er schon nicht mehr zur ÖVP, denn zur ÖVP gehört grundsätzlich nur, was po­pulär ist, zur ÖVP gehört grundsätzlich nur, was die Schulden hinuntergetrieben hat, nichts, was Schulden hinaufgetrieben hat.

Wie nennt man so etwas im Volksmund, meine Damen und Herren von der Seniori­tätsfraktion? Wie nennt man so etwas im Volksmund? – Da ist „hinterhältig“ ein Nobel­ausdruck dagegen. Ich würde einmal sagen: der Wahrheit geringstens verpflichtet – und das ist eine noble Umschreibung dessen, was ich mir wirklich denke, meine Da­men und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Machen wir weiter im Kontext dessen, was die ÖVP vertreten hat. Die ÖVP hat gesagt: Der EFSF, das ist jetzt die Rettung des ganzen Projekts und das funktioniert!, und jetzt lesen wir heute in der Zeitung, dass sogar die ÖVP schon erkannt hat, dass die Gelder, die der EFSF auf den Markt geschmissen hat, zum Teil von ihm selbst aufgebracht werden müssen, weil sie die Anleihen, die aufgelegt wurden, selbst kaufen mussten. Also: Der Rettungsschirm rettet den Rettungsschirm, meine Damen und Herren! Das ist die „Ehrlichkeit“ der Österreichischen Volkspartei.

Die Österreichische Volkspartei, die heute den ganzen Tag lang behauptet hat, etwas für den Kinderschutz zu tun, rührt in Wirklichkeit aber keinen Finger, wie wir von der Justizministerin wissen. Die ÖVP sagt die ganze Zeit, was sie alles für die Familien tut. In Wirklichkeit ist Herrn Mitterlehner die Familie jedoch völlig „Powidl“, weil er als Wirt­schaftsbündler dafür keine  (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber natürlich!

Vom Herrn Wirtschaftsminister und Familienminister Mitterlehner kommt gar nichts, was die Familien wirklich schützt und ihnen nützt. Im Gegenteil. Er richtet sich danach, was im Wirtschaftsbund gewünscht wird, und dort spielen die Familien keine Rolle, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist alles Ihre Ehrlichkeit! Wissen Sie, wenn man hier heraus kommt, Herr Kollege Kopf, und so tut, als wäre man die fleischgewordene Honorität, die fleischgewordene Moral, dann muss man sich vorhalten lassen, wie unmoralisch man seit Jahr und Tag in der ÖVP Politik betreibt. Und da bleiben Sie sich gegenseitig nichts schuldig. Sie brauchen nicht mit dem langen Finger auf die Roten zu zeigen, wenn es um Schulden geht. Sie von der ÖVP sind in erster Linie die Schuldenpartei dieses Landes, da haben Sie längst die SPÖ abgelöst. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.51

13.51.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin beziehungsweise der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen, den Gegenstand an den Budgetausschuss rückzuverwei­sen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Budgetbegleitgesetz 2012 in 1500 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Krainer, Mag. Aubauer, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Artikel 2, 19 und 21 eingebracht.


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Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Krainer, Mag. Au­bauer, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Be­jahung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 74 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Ver­fassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich zunächst diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1495 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in der drit­ten Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.54.443. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Bericht der Bundesre­gierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeit­raum 2009–2010 (III-251/1491 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1621/A(E) der Ab­geordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnah­me von Verhandlungen mit den Sozialpartnern hinsichtlich der Verbesserung der Einkommenssituation von Frauen (1492 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1604/A(E) der Ab­geordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbes­serung der steuerlichen Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten (1493 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 113

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.55.51

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich habe gerade bemerkt, dass viele meiner Kollegen fluchtartig den Raum verlassen haben. Ich hoffe, sie sind hungrig und es ist nicht das Desinteresse am Bericht betreffend den Abbau von Be­nachteiligungen von Frauen, den wir jetzt behandeln.

Der Schwerpunkt des diesjährigen Berichts liegt im Bereich des Arbeitsmarktes, betrifft also die Gleichstellung von Frauen und Männern im Berufsleben. Anstatt sich dieser Problematik jedoch mit praktischen Maßnahmen anzunehmen, bleibt der Bericht in ei­nem gendertheoretischen Diskurs stecken. Ich kann mich erinnern, Herr Kollege Cap, dass Sie meine Ausführungen dazu immer besonders interessiert haben. Ich wieder­hole das also gerne wieder. Allein schon die ständige Verwendung von Anglizismen, vor allem von Gender Pay Gap, wenn man ganz simpel ausgedrückt von Einkommens­unterschieden zwischen Männern und Frauen spricht, zeigt ganz deutlich, dass man in diesem ewiggestrigen sozialwissenschaftlichen feministischen Diskurs steckengeblie­ben ist und damit eigentlich in den achtziger Jahren steckengeblieben ist.

Das englische Wort „Gender“, also die Erfindung des sogenannten sozialen Ge­schlechts anstelle des biologischen Geschlechts, also anstelle von Männern und Frau­en, bezeichnet nur mehr Wesen, die zu Männern und Frauen erzogen wurden, kons­truiert wurden. Wie ich schon ausführte, ist man in solchen Theorien verhaftet geblie­ben. Es ist also nicht verwunderlich, dass man nicht mehr fähig ist, reale praktische Lö­sungen für die wahren Probleme zu finden. Wir Freiheitlichen sagen, dass das wahre Problem nicht der sogenannte Gender Pay Gap ist, also zu Deutsch die Einkommens­unterschiede zwischen Männern und Frauen, sondern die Einkommensunterschiede zwischen Frauen mit Kindern und Frauen ohne Kinder, also zwischen Müttern und Nicht-Müttern. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau an diesem Punkt, Frau Ministerin, sehr geehrte Damen und Herren, müssen po­litische Maßnahmen ergriffen werden. Es muss ein nationaler Aktionsplan her, hier muss angesetzt werden, damit Mütter nicht finanziell ins Hintertreffen geraten. Wenn Frauen sich entscheiden, die ersten ein, zwei oder drei Jahre selbst für ihre Kinder zu sorgen, darf das nicht dazu führen, dass sie für diese Entscheidung finanziell bestraft werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist unserer Meinung nach falsch, wenn nicht nur die zuständige Ministerin, sondern die gesamte Regierung das Problem damit lösen will, dass man die Frauen dazu drängt, ihre Kinder kurz nach der Geburt in Krippen und anderen Einrichtungen unter­zubringen. Die Benachteiligung aufgrund von Mutterschaft, aber auch durch die Be­treuung alter Familienangehöriger gehört beseitigt. Die sogenannte „Europa 2020“-Strategie sieht vor, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen weiter erhöht wird. Für uns Freiheitliche sind nicht die von der EU vorgeschriebenen Ziele anstrebenswert, die sich ausdrücklich marktwirtschaftlichen Kriterien unterwerfen, sondern wir richten uns nach den wahren Bedürfnissen von Frauen, Männern und Kindern; insbesondere Kin­der werden bei solchen Überlegungen immer vernachlässigt. Wir Freiheitliche wollen nicht Barcelona-Ziele umgesetzt wissen, sondern darauf achten, dass das familiäre Umfeld in Österreich verbessert wird. Zum jetzigen Zeitpunkt, in einer Zeit der Umbrü­che, sich auf irgendwelche Gendertheorien zu versteifen, das ist falsch.


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Frau Ministerin, man sollte den Frauen nicht sagen: Wenn du nicht außer Haus er­werbstätig bist, wirst du ein Leben lang immer Probleme haben!, sondern man muss Maßnahmen ergreifen, damit Frauen durch die Tatsache, dass sie Kinder bekommen und sich ihnen eine Spanne ihrer Lebenszeit lang widmen, nicht finanziell bestraft wer­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Sozial- und Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal spricht von einer mittelbaren Frauendiskriminierung, wenn Frauen eine Babypause machen und in Karenz gehen. Seit 20 Jahren weisen Experten auf dieses Versagen der Sozialpartner hin, und man könnte das eigentlich mit einem Federstrich lösen. Hier gehören Ungerechtigkeiten be­seitigt.

Ich finde, dass Frauenpolitik, Genderpolitik und Familienpolitik unter einer großen ge­meinsamen Interessensklammer stehen sollten, damit man zum Wohle von Frauen, Männern und Kindern geeignete Maßnahmen ergreifen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.00.24

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir diskutieren heute den Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frau­en. Sie haben, Frau Abgeordnete Unterreiner, in einer Sache recht: Da ist von viel Un­gerechtigkeit die Rede, weil die Einkommensunterschiede – und darauf wurde der Fo­kus von der Bundesregierung in den letzten zwei Jahren gelegt – ungerecht sind. Aber es wird Ihnen, Frau Kollegin, nicht gelingen, einen Keil zwischen die Frauen, die Mütter sind, und die Frauen, die nicht Mütter sind, zu treiben. Das wird Ihnen nicht gelingen! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es geht darum, dass wir mehr Gerechtigkeit schaffen – da bin ich Ihrer Meinung –, aber Gerechtigkeit schaffen wir, indem wir Maßnahmen dahin gehend setzen, dass Frauen die Möglichkeit haben – aber auch die Schneid und den Mut –, andere Berufe zu ergreifen als die drei berühmten, nämlich Verkäuferin, Friseurin und Bürokauffrau.

Es geht darum, dass Frauen Möglichkeiten haben, gut zu verdienen. Da sind wir in Be­reichen, die ich kurz erwähnen möchte: Zum Beispiel haben die Metaller gerade eine gute Lohnrunde verabschiedet, und da ist es gelungen, sehr geehrte Damen und Her­ren, dass Karenzzeiten für Vorrückungszeiten angerechnet werden, nämlich 16 Monate pro Kind, und zwar nicht nur für ein Kind, sondern pro Kind.

Das ist ein großer Fortschritt! Frau Gartelgruber, damit hat sich Ihr Antrag im Endeffekt erübrigt. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.) Das Gleiche wird man machen. Und da ist eine große Bewegung in der Gewerkschaft, bei den Sozialpartnern, beim Unterneh­merflügel der Sozialpartner eingetreten, indem man genau darauf Rücksicht nimmt, dass vor allem Frauen auch bestimmte Erziehungs- oder Kinderbetreuungstätigkeiten machen. Darauf wird reagiert. (Abg. Gartelgruber: Na endlich!)

Wir sind in dem Gender-Index, den Sie hier irgendwie belächelt haben, Frau Unterrei­ner, um einige Plätze nach vorne gerückt. Diese Maßnahmen haben gefruchtet, von denen wir uns viel versprochen haben. Ich spreche da von der Einkommenstrans­parenz. Ich spreche auch davon, dass die Stelleninserate ausgeschrieben werden, und zwar so, dass man auch weiß, was man verdienen kann, ob es eine Überzahlung gibt.

Ab 1. Jänner ist es so, dass alle Betriebe, die die Transparenzregeln nicht befolgen, ei­ne Verwaltungsstrafe zu zahlen haben werden. Auch damit ist ein weiterer Schritt ge­setzt worden. Es ist ein ganz zentrales Anliegen, dass da eine gewisse Transparenz eintritt.


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Wir SPÖ-Frauen sind mit einer Werbekampagne, mit einer Aufklärungskampagne im Endeffekt hinausgegangen, wo es darum gegangen ist, den Frauen zu sagen: Fordere mehr, trau dich zu sagen, dass du etwas wert bist! (Demonstrativer Beifall der Abge­ordneten Markowitz und Petzner.) Genau darum geht es hier! Wir haben schon eini­ges erreicht, und wir werden da selbstverständlich weitermachen. An dieser Stelle ist auch der Ministerin zu gratulieren, die da wieder einmal Bewegung in die ganze De­batte gebracht hat. Wir brauchen keine Unkenrufe, Frau Mag. Unterreiner, sondern wir brauchen das, was Sie auch angeführt haben, nämlich einen Konsens, einen Zusam­menhalt. Was wir aber nicht brauchen können, ist, dass die Frauen auseinanderdivi­diert werden. (Abg. Mag. Unterreiner: Das tun wir nicht!)

Wir müssen schauen, dass die Frauen überall vertreten sind: im Parlament, auf den Ar­beitsplätzen, in den Managerinnenpositionen, und, und, und. Das soll unser gemeinsa­mes Anliegen sein – und dafür kämpfe ich! (Beifall bei der SPÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.30

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ampel steht nach wie vor auf Rot bei den Frau­eneinkommen, und das geht aus dem vorliegenden Bericht auch eindeutig hervor. Dieser Bericht zeigt einmal mehr auf, wie es um die Situation der österreichischen Frauen steht, und diese Situation ist unverändert schlecht. Die Kennzahlen verdeutli­chen, Brutto- und Netto-Einkommen, Arbeitslosengeld und Pensionen sind weit von den Vergleichswerten der Männer entfernt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Und wenn es die Männer auch nicht interessiert und wenn sie es auch nicht gerne hö­ren wollen – und es sind ja jetzt auch nicht sehr viele Männer hier anwesend (die Ab­geordneten Petzner und Markowitz heben die Hand); ich lobe all jene, die anwesend sind und die sich dieser Debatte auch stellen und zuhören –, muss es trotzdem gesagt werden, denn wir müssen hier auch das Bewusstsein dafür schaffen. Wir müssen es hier leider immer wieder predigen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Verbesserungen sind angeführt lediglich in den Bereichen Teilzeitarbeit und Kinderbe­treuung. Da verzeichnet man prozentuale Mehrbeteiligung. Aber im Großen und Gan­zen zeigt der Bericht nichts Neues beziehungsweise nichts anderes auf als das, was nicht ohnehin schon der letzte Bericht aufgezeigt hat.

Die geringe Beschäftigungsquote von Migrantinnen ist auch ein Indiz dafür, dass es um die Integrationspolitik nicht am besten bestellt ist, und mit Inseraten, wie von Ihrem Staatssekretär Kurz, wird sich diese Situation der Migrantinnen auch nicht verbessern. Diese kosten nur wieder viel Geld, bringen aber den Migrantinnen nichts. Sie werden nicht in den Arbeitsprozess integriert.

Die Zahl der Maßnahmen wurde allerdings von 127 auf 213 erhöht, was aber nichts über die Qualität und Effizienz dieser Maßnahmen aussagt. Wir haben im Ausschuss gegen diesen Bericht gestimmt, weil für uns einfach zu viel fehlt. Es fehlen zum Bei­spiel Maßnahmen für Frauen 50-plus, die im Regierungsübereinkommen festgeschrie­ben sind. Es gibt da keine Maßnahmem. Die Frau Ministerin verweist lediglich auf die Frauenförderungen, darauf, dass die Frauenhäuser vermehrt unterstützt werden und dass sich die Frauen 50-plus an diese wenden sollen. Sehr geehrte Frau Ministerin, das ist aber keine ausreichende Antwort für die Frauen 50-plus, die ohne Arbeit da­stehen, die keine Arbeit haben. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Heinisch-Hosek.) – Sie kommen dann ohnehin zu Wort, Frau Ministerin!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 116

Ebenso ist es um den Pflegebereich, der ein sehr wichtiger Bereich ist, bestellt. Auch dort fehlen leider wirksame Maßnahmen. Wir wissen, die Pflege ist weiblich. Von den 420 000 Pflegegeldbeziehern werden 350 000 zu Hause gepflegt, und 80 Prozent die­ser Pflegearbeit wird von Frauen gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren. 80 Prozent! Die Pflege ist weiblich, die Frauen haben eine doppelte und dreifache Be­lastung, und auf diese Frauen wird hier in keiner Weise eingegangen und nicht Rück­sicht genommen. (Beifall beim BZÖ.)

Stattdessen wird der Gehaltsrechner durchgesetzt, der 500 000 € kostet, der nichts bringt, der falsch rechnet. Und nicht einmal der Frau Ministerin ist es gelungen, alle Da­ten zu bekommen, die sie dafür braucht, nämlich alle Kollektivverträge, um Vergleiche machen zu können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und den Frauen wird ge­raten, sich an die Sozialpartner zu wenden, wenn sie Auskunft über diverse Kollektiv­verträge gerne haben möchten.

So kann es nicht weitergehen! Dieser Bericht zeigt auf, wie schlimm es um die öster­reichische Frauenpolitik steht. Dieser Bericht gibt aber keine Empfehlungen, keine wei­teren Anweisungen, wie es gehen könnte.

Es liegen von uns viele, viele Anträge in den Ausschüssen, meine sehr geehrten Da­men und Herren, über 1 000 Oppositionsanträge, und ich würde Sie dringend ersu­chen, sich in den zuständigen Ausschüssen dieser Anträge anzunehmen, sie ernst zu nehmen und die Opposition in so wichtigen Fragen miteinzubeziehen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schittenhelm. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.08.22

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über einen Be­richt, der auch schon im Gleichbehandlungsausschuss zu Diskussionen geführt hat. Da geht es aber nicht nur um die Gleichbehandlung zwischen Frauen und Männern, son­dern auch um die Gleichbehandlung zwischen Männern und Männern. Und an dieser Stelle möchte ich es nicht verabsäumen, auf die Äußerungen des Herrn Kollegen Stad­ler hinzuweisen, der am Sonntag in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ von Religion und Werten sprach, sich aber hier heute hergestellt hat und einen Kollegen als Dinosaurier bezeichnet hat, ihn hämisch verachtend tituliert hat. (Abg. Grosz: Falsche Debatte, Frau Kollegin!)

Ich finde das ungeheuerlich! Für diese Art und Weise gibt es nur einen Begriff, nämlich Pharisäertum. Und genau das ist es, was der Herr Stadler hier an den Tag gelegt hat. (Abg. Grosz: „Pharisäertum“ steht auf der Liste für Ordnungsrufe, Herr Präsident! – Abg. Petzner: Die Bezeichnung „Pharisäertum“ ist genauso inakzeptabel!)

Meine Damen und Herren! Die Schwerpunkte des diesjährigen Berichts betreffen die Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Die Kollegin Unterreiner hat ge­sagt – ich habe das mitgeschrieben –, Frauen werden von der Frau Bundesministerin in die Erwerbstätigkeit gedrängt beziehungsweise dazu gezwungen.

Niemand wird dazu gezwungen! Ganz im Gegenteil: Unsere Aufgabe ist es, den Frauen die Wahlfreiheit zu geben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Unterreiner.) Die Frau­en in Österreich sind gescheit genug, intelligent genug, offen genug, um für sich selbst entscheiden zu können, welche Form des Lebens sie wählen, und unser größtes Anlie­gen und unsere Arbeit muss daher sein, unseren Töchtern sowie den Söhnen und auch den Enkeltöchtern die beste Ausbildung, die schon im Kindergarten zu beginnen


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hat, zu bieten. Es ist unsere Aufgabe, zu schauen, dass sie eine gute Lehrstelle haben, zu schauen, dass sie auch entsprechend gerecht entlohnt werden, bei gleichwertiger Arbeit so entlohnt werden wie die Männer, und auch zu schauen – und das ist mir per­sönlich ganz, ganz wichtig, das halte ich für wesentlich –, dass in den Lebenswelten, vom Kindsein über Jugend und Erwerbstätigkeit bis ins hohe Alter, für die Frauen die Sicherheit gegeben ist.

Diese Sicherheit ist das, wofür wir kämpfen und wofür ich eintrete. Nur, meine Damen und Herren: Wir wünschen uns alle, dass das Gewähren dieser Sicherheit auch durch eine Verehelichung funktioniert. Tatsache ist aber, dass wir in Österreich eine Schei­dungsrate von 54 Prozent haben. Auch in den Bundesländern liegen wir bei knapp 50 Prozent. Es ist also ganz einfach diese Lebensversicherung Ehe nicht mehr vorhan­den. Wir müssen der Realität ins Auge blicken. Das heißt, wir brauchen Selbstvorsorge für die Frauen, und das geht nur mit einem eigenen Einkommen, wo die Frau auf sich zählen kann, wo sie auch Pensionsansprüche hat. Genau das wird in diesem Bericht sehr eindrucksvoll von den AutorInnen dokumentiert, denen ich zu diesem Bericht gra­tuliere!

Eines müssen wir auch sagen: Die Erwerbsquote von Frauen liegt um knapp 9 Prozent unter jener der Männer. Interessanterweise senkt sich die Erwerbsquote der Männer ein wenig ab, während die der Frauen steigt. Während im Jahr 2009 77 Prozent der Männer und 65,4 Prozent der Frauen erwerbstätig waren, stehen wir heute bei den Frauen, die erwerbstätig sind, bei 81 Prozent.

Meine Damen und Herren, die Frauen haben aber, abgesehen von der Erwerbstätig­keit, auch mehr Humankapital einzubringen, ob in der Mittelschule, ob in den Schulen generell oder auch bei den Studierenden. Der Bericht schlägt daher ganz klar eine ge­schlechtersensible Strategie im Rahmen der ausstehenden Bildungsstrategie vor. In ei­ner Studie – und ich darf diese hier beispielhaft ganz kurz anführen – wurde bei paar­weise identischen AbsolventInnen, also solchen mit arbeitsmarktrelevanten Charakte­ristiken, Folgendes aufgezeigt: Nach einem gleichrangigen Berufseinstieg war nach drei Jahren ganz klar erkennbar, dass sowohl beim Gehalt, bei der Position und auch bei der Verantwortung im gleichen Bereich die Frauen massiv zurückgefallen sind, gleichgültig, ob sie die Karenzzeit in Anspruch genommen haben oder nicht. Ich rede hier von der sogenannten „gläsernen Decke“, die ebenfalls sehr ausführlich in diesem Bericht dokumentiert ist. Die „gläserne Decke“, meine Damen und Herren, ist eine un­sichtbare Barriere, die ein gleichwertiges berufliches Vorankommen behindert und ver­hindert.

Als Resultat dieses Berichtes ist auch ganz klar erkennbar, dass die Frauen über weni­ger Einkommen verfügen, obwohl sie gleich produktiv wie die Männer sind, und sie folglich im Erwerbsalter, so wie ich es schon gesagt habe, und insbesondere im Pen­sionsalter deutlich stärker armutsgefährdet als die Männer sind. Das zu verhindern, ist die Aufgabe von uns Frauenpolitikerinnen.

Wie aus den statistischen Kennzahlen herauszulesen ist, meine Damen und Herren, liegen die Brutto- und Nettoeinkommen und damit die Arbeitslosengelder und in der Folge auch die Pensionen von Frauen deutlich unter den Vergleichswerten der Män­ner. Das sind Fakten, das ist nicht erfunden, das sind Tatsachen, die es ganz einfach gibt!

Zu den 2,2 Millionen Pensionisten sind allein im Jahr 2010 121 000 Pensionisten dazu­gekommen, und da sind wieder ein Drittel mehr an Frauen, die sich da einfinden. Und obwohl bereits im Jahr 2003 63 Prozent der Frauen einen eigenen Pensionsanspruch und 50 Prozent eine eigene Alterspension hatten, so liegt dennoch das Pensionsein­kommen für die Frauen heute, im Jahr 2011 – die Berechnungen stammen aus dem


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Jahr 2010 –, oft 60 Prozent unter dem der Männer. Auch das zeigt der Bericht ganz, ganz klar. Das kann und darf nicht sein, dagegen ist aufzutreten!

Meine Damen und Herren! Generell dokumentiert der Bericht die deutlichen Anstren­gungen der Bundesregierung, Verbesserungen für die Frauen zu erreichen, und zwar für die Frauen in allen Altersgruppen, in allen Lebenslagen. Es werden große Anstren­gungen auch vonseiten der Frau Bundesministerin unternommen, die sich durch alle Ressorts ziehen. Ich bin sehr, sehr froh, dass wir den Nationalen Aktionsplan in dieser Weise seinerzeit beschlossen haben, der mittlerweile Schritt für Schritt umgesetzt wird. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesministerin Heinisch-Hosek: Danke schön!)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gartelgruber: 3 Minuten Redezeit. (Abg. Grosz: Ordnungsruf für „Pharisäertum, Herr Präsident!)

Herr Kollege, am Ende ist es die Entscheidung des Präsidenten, wann und welcher Ordnungsruf erteilt wird. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Grosz: Aber es steht auf der Liste!) Manche Begriffe – und das wird Ihnen auch schon untergekommen sein – sind einfach überholt, und da erteile ich grundsätzlich keinen Ordnungsruf. (Abg. Grosz: Das ist aber eine eigenartige Auslegung!)

Bitte, Frau Abgeordnete Gartelgruber, Sie sind am Wort.

 


14.14.16

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Wir disku­tieren heute den Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen. Ich möchte inhaltlich kurz darauf eingehen, weil Sie, Frau Minister – Sie haben im Aus­schuss darüber gesprochen –, einen sehr thematischen und methodischen Zugang da­zu haben, aber meines Erachtens sind Kettenschaubilder, Kennzahlen und Ampeln als Messindikatoren für die Lebenswirklichkeiten der Frauen in Österreich nicht wirklich dienlich. Dabei ist ja auch bekannt, dass derartige sozialwissenschaftliche Studien ganz wesentlich auf die Fragestellung abzielen und das Ergebnis damit stark beein­flussen.

Also, bildet der Bericht wirklich ab, was die Lebensrealitäten der Frauen in Österreich betrifft, oder wird da versucht, eine eigene Politik in einem passenden Bericht zu un­termauern? – Wenn man sich das anschaut, dann sieht man, dass auch der Pflege­bericht aus dem Jahr 2007 zitiert wird, und da stellt sich die Frage: Gibt es dazu keine neuen Erkenntnisse? Also man muss schon einmal den ganzen Bericht ein wenig hin­terfragen. Auch bleiben Sie uns Lösungsansätze mehr oder weniger schuldig. Auf den Gehaltsrechner wird dann meine Kollegin noch eingehen, den lasse ich jetzt außen vor.

Frau Kollegin Wurm, Sie haben die Rede meiner Kollegin Unterreiner angesprochen, die von Gehaltsunterschieden zwischen Frauen, die Kinder haben, und Frauen, die kei­ne Kinder haben, gesprochen hat. Dazu gibt es sehr wohl Studien. Auch der bekannte Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal hat das in seinem Bericht, den wir der „Presse“ entnommen haben, am 9. Mai thematisiert, und er spricht da von einer mittelbaren Frauendiskriminierung, davon, dass Frauen mit Kindern schlechter bezahlt werden als Frauen ohne Kinder. Es gibt nämlich gar keinen so großen Unterschied zwischen den Gehältern von Männern und jenen von Frauen, die keine Kinder haben, wo der Un­terschied ungefähr 11 Prozent beträgt, während der Unterschied zu den Frauen, die Kinder haben, 29 Prozent ausmacht. Das ist schon ein sehr großer Unterschied, und da müssen wir ansetzen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Wenn Sie jetzt sagen, mein Antrag sei obsolet, dann muss ich dem entgegenhalten: Diesen Antrag habe ich letztes Jahr schon gestellt, und letztes Jahr wurde er abgelehnt und damit nicht erreicht, dass die Karenzzeiten in den Kollektivverträgen mit berück­sichtigt werden. Sie haben das letztes Jahr abgelehnt, aber heuer wird darüber disku­tiert. Ich freue mich darüber, denn das bestätigt, dass ich damit recht gehabt habe, dass das notwendig ist. Was ich aber mit dem Antrag auch noch erreichen wollte, ist, dass ein Nationalratsbeschluss auch die Möglichkeit gibt, die Unternehmer damit zu entlasten und hier kostenneutral auch für die Wirtschaft einen Anreiz zu leisten. Durch den entsprechenden Anreiz für die Wirtschaft, Frauen mit Kindern zu beschäftigen, wird auch ein weiterer Schritt gesetzt, um die angesprochene Benachteiligung zu ver­hindern.

Also wir haben in Österreich frauenpolitisch noch sehr viel vor. Frau Minister, ich bitte Sie, hier tatkräftig zu werden und mich auch weiterhin bei diesem Antrag zu unterstüt­zen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner: 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.17.59

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Werte Zuschauerin­nen und Zuschauer! Hohes Haus! Frau Kollegin Unterreiner, weil Sie vom „Gender Pay Gap“ sprechen und sich über das Wort „Gender“ lustig machen und da von „Ewiggest­rigkeit“ reden, möchte ich Sie auf einen Artikel in der Ausgabe von „News“ von vor un­gefähr zwei Wochen hinweisen, wo Männer Ihrer Partei, die jetzt leider alle nicht da sind, ihr Frauenbild dargelegt haben. (Die Abgeordneten Zanger und Ing. Höbart – die Hand hebend –: Hier!) Oh, hallo! – Das, was sie dort dargelegt haben, ist ein Neander­taler- und Steinzeitfrauenbild. Da würde ich Ihnen empfehlen: Reden Sie einmal in­nerhalb Ihrer Partei darüber, was man da tun könnte oder tun müsste! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Das wird nichts helfen!)

Das ist mehr als irritierend: Da werden Begriffe aus der Tierwelt strapaziert, und da ist die Rede vom Nestbauerinstinkt, bis zum Löwenmännchen, das Samen ausstreut. Das ist dermaßen peinlich und unfassbar, vor allem, was die Löwenmännchen betrifft. (Abg. Dr. Pilz – auf die Sitzreihen der FPÖ zeigend –: Löwenmännchen!) Ja, da hinten sitzen die Löwenmännchen. – Also schauen Sie sich das einmal an, und dann reden Sie wei­ter von Ewiggestrigkeit! Okay? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

Nun zu Ihrem Antrag, Frau Kollegin Gartelgruber: Sie kennen offensichtlich Ihren eige­nen Antrag nicht, denn da steht nicht nur die Anrechenbarkeit von Karenzzeiten drin­nen, sondern Sie schreiben darin auch von der Anrechenbarkeit der Kinderbetreuungs­zeiten. Das ist ein ziemlich großer Unterschied, denn das heißt, wenn man Ihrem An­trag folgt, dass, wenn eine Frau zehn Jahre bei ihren Kindern bleibt, dieser die Betreu­ungszeit angerechnet werden soll? So steht das in Ihrem Antrag drinnen! Und da frage ich Sie schon: Welcher Arbeitgeber nimmt nach zehn Jahren eine Frau, die zehn Jahre weg war vom Arbeitsmarkt, zum gleichen Preis wie eine, die zehn Jahre gearbeitet hat? Ich glaube, die Antwort liegt auf der Hand, und insofern ist Ihr Antrag nahezu naiv, kann man nur sagen.

Wenn es um die Karenzzeiten geht, sind wir durchaus mit dabei. Man muss aber dazu­sagen, dass es in den Kollektivverträgen weitaus andere Diskriminierungsgründe gibt. Da geht es um die Anrechenbarkeit, um Aufstockungen, Zulagen und sehr viele andere Dinge, eben nicht nur um die Kinderbetreuung. Die Kinder sollten übrigens auch von den Vätern betreut werden; wenn, dann müsste man das auch umlegen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)


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Jetzt zu dem Bericht, den wir eigentlich diskutieren. Erstens: Positiv ist, dass wir diesen Bericht im Plenum, auch wenn es schütter besetzt ist, diskutieren. Zweitens ist es inter­essant, dass es immer mehr Maßnahmen gibt, mitunter auch sehr gute Maßnahmen. (Abg. Grosz: Es sitzen bei den Grünen auch nur vier Abgeordnete!) Irritierend ist je­doch, dass es mittlerweile schon über 200 Maßnahmen sind, die gesetzt werden, vor allem zur Beseitigung der Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist eine ziemlich große Fülle. Was mir aber fehlt, das sind Zielsetzungen. Es ist nach wie vor nicht klar, wie diese Maßnahmen koordiniert sind, wie sie mit anderen Ressorts übereinstimmen. Und es ist meiner Ansicht nach auch im Ausschuss nicht beantwortet worden, wie das künftig geschehen soll. Es ist immer wieder so, wir sehen das auch in anderen Bereichen, dass es zwar auf der einen Seite wichtige Maßnahmen gibt, dass aber auf der anderen Seite Dinge eingestellt werden.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Sie, Frau Minister, und Ihr Kollege Hundstorfer haben ei­ne große Kampagne für Mädchen und Burschen gemacht, die Inseratenkampagne „Finde deinen eigenen Weg!“ Das heißt, entscheidet euch bei der Berufswahl genau, schaut auf nicht so typische Berufe. Es wurde schon gesagt, die klassischen Lehrberu­fe – und die Männer gehen in die eine Richtung, die Frauen in die andere. Sie machen also eine große Kampagne, die sicher nicht wenig kostet, und auf der anderen Seite stellt das Bildungsministerium genau die Projekte, die in diese Richtung gehen, ein, wie zum Beispiel „Mädchen und Technik“, „Frauen in die Technik“, „FIT“ und „mut!“, genau die Projekte, bei denen es um genau diese Dinge gehen würde. Es wird dann immer argumentiert, dass das jetzt in Lehr- und Ausbildungsplänen verankert ist, nur, wenn man dann näher hinschaut, gewinnt man nicht diesen Eindruck beziehungsweise wird das nicht bestätigt.

Das stört mich also und ist ein gutes Beispiel dafür, dass da viele Maßnahmen sozusa­gen gegeneinander laufen.

Wie wenig Übereinstimmung es gibt, zeigt auch das Beispiel Steiermark, aus der ich komme. Sie sagen dann meistens, dass Sie dafür nicht zuständig sind, weil das Län­dersache ist, aber es ist einigermaßen schizophren, dass auf der einen Seite viele Maßnahmen gesetzt werden, auf der anderen Seite aber dermaßen empörende Ein­sparungen stattfinden, gerade in einem Bereich, in dem Frauen beschäftigt sind, durch den Frauen entlastet werden, etwa in der Kinderbetreuung. So wurde beispielsweise das Kindergarten-Gratisjahr wieder zurückgenommen. Es wurden aber auch der ge­samte Pflegebereich, der Pflegebereich bei den Behinderten und auch der Sozialbe­reich enorm gekürzt. Und das betrifft nicht zuletzt Frauen. Es ist einigermaßen schizo­phren, wenn wir auf der einen Seite Maßnahmen setzen und auf der anderen Seite dann Parteikollegen und Landeshauptleute aus derselben Partei Maßnahmen setzen, die genau in die Gegenrichtung gehen. Das ist für mich nicht nachvollziehbar und das halte ich für völlig schizophren.

Der Gender Gap Report – auch wenn Sie dieses Wort nicht mögen, Frau Kollegin, „gender“ heißt nichts anderes, als dass man sich genau anschaut, inwieweit etwas Be­nachteiligungen und Auswirkungen auf die beiden Geschlechter hat; das heißt „gen­der“, das können wir auch noch sehr oft wiederholen, bis es endlich ankommt –, der Global Gender Gap Report von heuer bestätigt genau wieder, dass es auf dem Ar­beitsmarkt und im Bereich der Bildung enorme Defizite gibt.

Ich sehe da schon eine Übereinstimmung und auch Wechselwirkungen, die der Be­richt, den wir heute diskutieren, auch bestätigt, und ich finde, dass viel zu wenig dahin gehend gemacht wird, dass gerade im Bildungsbereich Geschlechtersensibilität leider kein Thema ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.24



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 121

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.24.17

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich werde mich nicht mit dem gängigen Frauenbild beschäftigen, denn das gibt es nicht, da wir immer noch die Wahlfreiheit haben, unser Frauenbild selbst zu bestimmen. Ich werde mich auch nicht mit der Anwesenheit, damit, wie viele Männer hier sind oder nicht hier sind, beschäftigen, sondern ganz konkret mit zwei Anträgen, die von der FPÖ eingebracht wurden.

Ein Antrag befasst sich damit, die Einkommenssituation für Frauen zu verbessern. Das ist meiner Meinung nach ein konkreter Antrag, der darüber hinausgeht, dass es nur Gehaltsrechner beziehungsweise unverbindliche Gehaltsangaben bei Stellenaus­schreibungen gibt. Der Antrag der Kollegin Gartelgruber, dass Frauen nach der Ka­renz, beim Wiedereinstieg diese Zeiten besser angerechnet bekommen, ist richtig und gut, denn diese Zeiten sind bisher für Frauen eigentlich verloren gegangen und wurden ihnen in keiner Weise angerechnet. Es ist ein ökonomisches Defizit, das Frauen da ha­ben.

Man sieht wieder, dass gerade die Familienarbeit nach wie vor unbezahlte Arbeit ist, auch wenn wir damals in unserer Regierungszeit zwischen 2000 und 2006 dafür ge­sorgt haben, dass Kindererziehungszeiten entsprechend angerechnet werden, das ers­te Mal. Seither hat sich daran nichts geändert, aber das war eine gute und richtige Ent­scheidung, nur: Die Zeit der Karenz ist eigentlich auch etwas, was aufgrund der wert­vollen Tätigkeit mit eingerechnet werden muss. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Haushaltstätigkeit, Managementtätigkeit ist etwas, was etwas wert sein soll. Und ich glaube, auch im Hinblick darauf, dass mehr Männer in Karenz gehen, wäre das ganz wichtig. Würde diese Zeit bewertet werden und wären diese Zeiten, wie gesagt, nicht ökonomisch verlorene Zeiten, dann würden sich automatisch mehr Männer dafür ent­scheiden.

Der zweite Antrag seitens der FPÖ bezüglich der Verbesserung der steuerlichen Be­rücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ist grundsätzlich zu begrüßen. Ich glaube allerdings, so, wie er gestellt ist, wursteln wir eigentlich in einem sehr indifferenten und sehr komplizierten Steuersystem weiter. Die Grenze für die Kinderbetreuungskosten anzuheben ist aus unserer Sicht einfach zu wenig, denn dieses Steuersystem muss durchschaubar und fair gemacht werden, derzeit ist es wirklich absurd.

Wie absurd es ist, zeigt ja auch die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, der gesagt hat, dass Großeltern zum Beispiel nicht qualitätsvolle Vorbildung haben, wenn sie nur sechs Stunden für Kinderbetreuung absolviert haben. Das ist für mich wirklich absurd und bringt in das ganze System noch viel mehr Unruhe.

Wir haben daher die geltende Regelung betreffend die Abschreibung von Kinderbe­treuungskosten nur bis zu zehn Jahren und ausschließlich Kosten für Personen, die nicht dem Haushalt angehören – Großeltern werden da sozusagen ausgegrenzt –, im­mer sehr stark kritisiert. Es funktioniert ja auch nicht. Ich glaube, 150 Millionen € sind für diese Abschreibung bereitgestellt, und maximal ein Fünftel wird von den Eltern ab­geholt. Da muss man sich auch fragen. Irgendetwas funktioniert bei diesem System nicht.

Daher ist unser Vorschlag, einerseits unbürokratisch und transparent die Familien zu fördern, dass das Geld bei den Familien auch wirklich ankommt, und andererseits rasch eine Reform des Steuersystems durchzuführen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 122

Wir vom BZÖ haben diesbezüglich klare Vorstellungen mit der sogenannten Flat-Tax. Unser Modell des fairen Steuersystems beinhaltet einen generellen Absetzbetrag für Kinder pro Jahr in der Höhe von 9 000 €. Das ist an keine Altersgrenze gebunden, ist nicht davon abhängig, wer Kinder betreut, denn Kinder erzeugen Kosten, das ist ganz klar, und diese Kosten sollen auch im System berücksichtigt werden.

Leistung muss sich wieder lohnen. Das gilt insbesondere für die Familien, denn die Fa­milien haben in den letzten Jahren schon genug gezahlt. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Mag. Unterreiner.)

14.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Binder-Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.51

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zwei Bemerkungen zu Ihnen, Frau Gartelgruber: Ich denke, wenn ein wissenschaftlicher Bericht erstellt wird, hängt dieser mit Fragestellungen zu­sammen. Anders kann man meiner Meinung nach einen Bericht nicht gestalten.

Zum Zweiten: Wenn man Ihre Logik fortsetzt, also Frauen mit und ohne Kinder, würde das bedeuten, Frauen, macht euch das untereinander aus, 48 Prozent der Gesellschaft entlassen wir aus der Verantwortung. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.) – Das ist nicht mein Zugang, um den Abbau der Benachteiligung von Frauen zu forcieren.

Meine Damen und Herren! Der Bericht bietet eine sehr genaue und graphisch sehr an­sprechende wissenschaftliche Übersicht über jene Maßnahmen, die wichtig und not­wendig sind und zum Abbau bestehender gesellschaftlicher, familiärer und wirtschaftli­cher Benachteiligungen von Frauen gesetzt wurden. Die Methode ist eine Ampelkenn­zeichnung, die eine rasche Zuordnung zulässt; so gesehen sehr sinnvoll.

Gelöste Problemfelder werden grün dargestellt, wie zum Beispiel der Aufbau von Hu­mankapital von Frauen und das Aufschließen in der Erwerbstätigkeit. Die Orientierung erfolgte am Lissabon-Ziel der EU. Mit einer mehr als 70-prozentigen Erwerbsquote hat Österreich somit dieses Ziel erfüllt. Die gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung haben somit einen messbaren Erfolg herbeigeführt.

Gelb markierte Bereiche sind weiter zu beobachtende Aktionsfelder. Das heißt, da ist noch etwas zu tun, zum Beispiel in der Frage der Vereinbarkeit oder im Zusammen­hang mit dem Durchstoßen der sogenannten gläsernen Decke. Nicht immer, wie die AutorInnen festhalten, eine Bildungs- oder Ausbildungsfrage, sondern es bedarf vieler Rädchen, an denen zu drehen ist, um Veränderungen zu erreichen, damit besser aus­gebildete Frauen, gut ausgebildete Frauen auch ein höheres Gehalt erhalten.

Rot markiert sind jene wenigen Bereiche, wo nur geringe Veränderungen sichtbar und spürbar wurden, zum Beispiel beim Aufbrechen der Geschlechterrollen. Es zeigt sich, dass Mädchen bei der Berufswahl wieder verstärkt traditionelle Berufe ergreifen, zu tra­ditionellen Berufen tendieren – trotz geringer Aufstiegschancen, trotz niedrigerer Ein­kommen und oftmals geringer gesellschaftlicher Akzeptanz. Die Hürden, dass Mäd­chen das wieder verstärkt tun, sind geschlechtstypische Rollenzuschreibungen, Lehr­stellensuche und Arbeitsumfelder. Diese Hürden müssen abgebaut werden.

Insgesamt wurden 213 Maßnahmen von der Bundesregierung gesetzt, um den Abbau der Benachteiligung von Frauen voranzutreiben. Der Fokus lag vor allen Dingen in der arbeitsmarktpolitischen Tätigkeit und Aktivität.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Viele Räder sind in Bewegung, vie­le müssen noch angetrieben werden. Frau Ministerin, wir werden Sie bei der Umset­zung Ihrer Ziele im Sinne der Frauen tatkräftig unterstützen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.32



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 123

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.34

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­ter! Ich komme zu dem Entschließungsantrag, den ich eingebracht habe, und zwar be­treffend Verbesserung der steuerlichen Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten und Ausdehnung der Betreuungszeiten von derzeit zehn Jahre auf zumindest bis zum Ende der Schulpflicht.

Ich komme nicht umhin, zunächst zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Schit­tenhelm etwas zu sagen. Kinder erziehen und einen Haushalt managen, möchte ich jetzt sagen, ist eine Arbeit, die die Frauen sicher nicht minder gut können und die nicht minder viel wert ist, als wenn die Arbeit durch eine Putzfrau, ein Kindermädchen, eine Tagesmutter oder jemanden gemacht wird, der für die Männer zu Hause ist und kocht oder für die Familien, für die Frauen zu Hause ist und kocht. (Abg. Silhavy: Für die Männer, das passt schon!)

Solange man die Hausarbeit und die Erziehung der Kinder, die Leistung der Mütter nicht so anerkennt, wie es ihnen gebührt, wird es da nie zu einer Gedankenänderung kommen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Schwentner.)

Wenn wir die Leistung, die die Mütter – jetzt sage ich wieder, Mütter – erbringen, nicht hochhalten, wie soll sich dann ein Vater oder ein Mann bereit erklären, zu Hause zu bleiben und die Kinder zu erziehen, wenn es eben heißt, es ist eine minderwertige Ar­beit? Da muss ein Umdenken stattfinden, damit die Männer zu Hause bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun aber zur Erziehungszeit, zu den Betreuungsarbeiten. Das Bildungsvolksbegehren von Androsch hat einen Bauchfleck erlitten. Dieses sozialistische Einheitsmodell hat nun endlich eine Absage erfahren, aber solange das noch immer so gesehen wird, ist es natürlich schwierig, etwas zu erreichen. Einen Nutzen hat das Volksbegehren aller­dings: Es wird über die Bildung und über die Erziehung und Bildung unserer Kinder ge­sprochen. Das wurde wieder mehr in den Fokus der Politik gerückt.

Unser Entschließungsantrag bedeutet eine Verbesserung der steuerlichen Berücksich­tigung der Kinderbetreuung und ist eine Nagelprobe für jeden Politiker in diesem Haus, der mehr für Bildung tun will. Es muss so geregelt werden, dass da nicht nur ein Voll­internat Berücksichtigung findet, sondern dass es auch berücksichtigt wird, wenn eine qualitativ hochwertige Nachhilfe für Kinder beansprucht wird und man den Kindern Bil­dung zukommen lässt. Auch das muss Berücksichtigung finden. (Beifall bei der FPÖ.)

Schaffen wir hier die Möglichkeit, unseren Kindern Bildung zukommen zu lassen, denn laut Pisa-Studie erhält jedes zweite Kind Nachhilfe, muss jedem zweiten Kind geholfen werden, um dem Unterricht folgen zu können und die Anforderungen zu erfüllen.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag wollen wir auch erreichen, dass die Al­tersgrenze, die derzeit willkürlich mit zehn Jahren festgelegt ist, ausgedehnt wird auf zumindest das Ende der Schulpflicht. Solange die Kinder an die Schule gebunden sind, sollte jedenfalls die Absetzbarkeit von Betreuungsleistungen gegeben sein. Denn ein Kind mit zehn Jahren kann ich nicht allein zu Hause lassen – ein Kind mit elf Jahren aber schon? Auch in diesem Alter des Kindes muss die Möglichkeit der Absetzbarkeit der Kosten gegeben sein, um eine qualifizierte Betreuung zu haben.

Ich kann es Ihnen ganz einfach machen: Treten Sie mit uns in konstruktive Verhand­lungen ein! Wir haben in diesem Zusammenhang – meine Vorrednerin Haubner hat da von der Flat-Tax gesprochen – ein sehr durchdachtes und ausgefeiltes System, um Fa­milien zu berücksichtigen, um Familien steuerlich gerechter zu behandeln. Das wäre ein Modell, das wir hier behandeln könnten und von dem alle profitieren könnten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 124

Wir haben mittlerweile schon die Aufgaben Ihrer Partei, die für die Mittelschicht und den „kleinen“ Mann ist, übernommen, wir setzen uns dafür ein, dass diese Menschen es sich auch leisten können, ihre Kinder betreuen zu lassen. Wir setzen uns da für den „kleinen“ Mann und die „kleine“ Frau ein (Abg. Markowitz: Wir setzen uns für alle ein, egal, ob groß oder klein!) und versuchen, ein gerechtes Steuersystem zu erarbeiten, sodass all diese zusätzlichen Grenzen, die wir in diesem Antrag angeführt haben, nicht mehr notwendig sind.

Ich sage: Unser Geld darf nicht in die EU wandern. Unser Geld darf nicht nach Grie­chenland gehen. Unser Geld brauchen wir für unsere Familien, für unsere Jugend und für Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

14.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Marek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.37.38

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Eine Fülle von Maßnahmen zeigt der vorliegende Bericht auf. Das ist gut so, denn es braucht eine Fülle von Maßnahmen, ein riesiges Puzzle, um die noch bestehenden Benachteiligungen von Frauen abzubauen.

Der Bericht zeigt aber auch auf – das ist von den Vorrednerinnen bereits angespro­chen worden –, wo zentraler Handlungsbedarf besteht. Und dieser besteht unter an­derem insbesondere bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein Knack­punkt und bleibt ein Knackpunkt, denn die Erwerbstätigkeit von Frauen ist und bleibt nun einmal eine zentrale Herausforderung. Die Ehe als Versorgung – auch das ist be­reits angesprochen worden – ist Gott sei Dank nicht mehr die Zukunft. Die ökonomi­sche Unabhängigkeit von Frauen, das zeigen auch die Scheidungszahlen, ist das zen­trale Ziel, und uns muss es wichtig sein, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Wir haben da mit der Anrechnung pensionsbegründender Zeiten aus der Kindererzie­hung wesentliche Eckpunkte geschaffen. Damit ist Wesentliches gelungen. Aber öko­nomische Unabhängigkeit, um gerade Altersarmut zu vermeiden, erreicht man eben nur durch eigene Erwerbstätigkeit, und deswegen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die zentrale Herausforderung. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es geht da nicht nur um Kinderbetreuung, sondern auch – und das zeigt der Bericht auch ganz klar auf – um die Betreuung von älteren und alten Angehörigen. Und diesbezüglich haben wir bei Weitem noch nicht die Lösungsangebo­te wie bei der Kinderbetreuung. Wir haben da in den letzten Jahren in die Kinderbe­treuung massiv investiert, sehen die ersten Erfolge und sind da auf einem richtigen Weg. Bei der Betreuung und Pflege älterer Menschen ist der Weg noch ein sehr lan­ger, gerade auch, wenn es um das Bewusstsein in den Betrieben geht, denn für Mitar­beiterinnen – und da sind es in erster Linie die Frauen –, die als Betreuende ältere An­gehörige pflegen, ist das Verständnis in den Betrieben noch ein schnell enden wollen­des.

Ein weiteres Thema im Bericht ist die Gleichstellung beziehungsweise Nichtgleichstel­lung von Frauen und Männern in Führungspositionen. Da haben wir noch Handlungs­bedarf. In der Bildung, in der höheren Bildung sind wir gut aufgestellt. Die Frauen ha­ben hier einen sehr hohen Anteil, aber leider nicht am beruflichen Aufstieg. Da müssen wir gemeinsam mit der Wirtschaft ansetzen, denn, meine Damen und Herren, es ist keine Frage von sozialer Verantwortung, dass Frauen in Top-Positionen sind, sondern schlichtweg eine Frage von Business, denn: Wer kann erfolgreich sein, wenn man auf 50 Prozent der Talente verzichtet? Und jene Unternehmen sind erfolgreich – und das zeigen internationale Studien, wie etwa von McKinsey, ganz klar –, die auf Frauen set-


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zen, die zumindest zu 30 Prozent – aber natürlich ist ausgewogen viel besser – auf Frauen setzen. Die entwickeln sich nachhaltiger und stabiler, und diese Unternehmen sind nachhaltig erfolgreich.

Hier müssen wir auf entsprechende Instrumente setzen. Ich würde mich freuen, wenn es gelänge, hier im Corporate-Governance-Kodex eine echte Selbstverpflichtung für die Ausgewogenheit der Geschlechter zu erreichen. Das wäre ein Instrument. Für Top-Positionen, Aufsichtsratsgremien der Unternehmensanteile der öffentlichen Hand gibt es diesbezüglich ja bereits eine Regelung – hier freue ich mich auf die ersten Berich­te –, aber es gibt auch Förder- und Unterstützungsprogramme wie „Zukunft.Frauen“. Da geht es darum, Frauen Mut zu machen, Frauen zu unterstützen. Ich hoffe, dass es gelingt, diese weiter auszubauen. Darauf müssen wir weiter setzen, denn es hilft uns nicht, wenn die Frauen topqualifiziert sind, aber sich selber diese Jobs, den Sprung in die Führungsebene nicht zutrauen. Hier müssen wir weiter ansetzen, und ich bin über­zeugt, dass wir hier auf einem guten Weg sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.41.50

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Kollegin Wurm! Ich denke, wir pflegen hier die freie Rede, und somit ist es völlig unangebracht, meiner Kollegin Unterreiner vorzuschreiben, was sie hier zu sagen hat, und sei ihre Rede noch so bluthochdruckverdächtig. (Beifall bei der FPÖ.)

Und Frau Kollegin Schittenhelm möchte ich noch sagen: Sie haben gemeint, Sie sind Frauenpolitikerin. Sie meinen wahrscheinlich damit auch Ihre Kolleginnen aus der ÖVP. – Wir von der FPÖ bezeichnen uns nicht als Frauenpolitikerinnen. Wir bezeich­nen uns als Politikerinnen für Frauen und Männer. Für uns ist das eine Einheit, ei-
ne harmonische Gegebenheit. (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Wurm.)

Grundsätzlich möchte ich zu dem bereits erwähnten Bericht nur Folgendes sagen: Kri­tik wurde ja bereits im Ausschuss geübt in Bezug auf die grafische Darstellung, auf die Ampeln. Mir kommt das gelegentlich so vor, als wäre es ein Chemielehrbuch aus der Unterstufe. Ist eben so. Aber das Tatsächliche und das Relevante sind eigentlich die 213 externen ministeriellen Maßnahmen, die die Frau Ministerin getroffen hat, und alle mit arbeitspolitischem Kontext. Nur, wenn man liest: 213 Maßnahmen, dann ist man einmal großartig begeistert, muss aber leider die Begeisterung sofort unterdrücken, denn es wird dann im selben Ton und im selben Absatz noch weiter ausgeführt, dass dies wenige Auswirkungen hat, und dies deshalb, weil viele dieser Maßnahmen, und das muss man berücksichtigen, noch in den Kinderschuhen stecken und somit noch keine tatsächlichen Beträge und Erträge zeigen können. Ich meine: Wäre es da nicht sinnvoller gewesen, um etwas mehr Effizienz zu zeigen, dass man diesen Bericht ganz einfach auf später verschoben hätte?

Diese Maßnahmen sind Angebote der Beratung und der Qualifizierung und auch der Öffentlichkeitsarbeit und richten sich hauptsächlich an Mädchen, an Migrantinnen, an ältere Frauen und an Arbeitnehmerinnen. Und in dem Zusammenhang ist es eben lei­der so, dass sie sowohl in der Realwirtschaft als auch bei den relevanten Kennzahlen keinerlei positive Veränderungen oder nur wenig positive Veränderungen gebracht ha­ben, denn Sie selbst kennzeichnen ja den Gender Pay Gap mit einer roten Ampel, das heißt, es ist unendlich viel zu tun. Ich habe leider nicht mehr allzu viel Zeit, um das nä­her auszuführen.


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Eines möchte ich noch hinzufügen: Weil man uns immer wieder vorführt und vorsagt und vorwirft, wir könnten mit dem Wort „Gender“ und mit dem Wort „Gender Pay Gap“ nicht umgehen, möchte ich Ihnen sagen, es ist uns sehr wohl bewusst, dass es ein Be­griff aus der Volkswirtschaftslehre und aus der Soziologie ist, und es bedeutet eigent­lich geschlechterspezifisches Verdienstgefälle.

Es gibt ja dazu auch noch etwas, und da wirkt dieser Gender Pay Gap ja hinein, näm­lich den Gender Gap Index oder Gender Gap Report. Und da steht Österreich wirklich nicht gut da. Wenn Frau Kollegin Schittenhelm gemeint hat, wir sind ja etwas vorge­rückt: Was heißt „vorgerückt“? Wir sind in der Gesamtbewertung von Stelle 37 auf Stel­le 34 vorgerückt, und bei der Lohngerechtigkeit sind wir immer noch an 116. Stelle.

Ich muss auch das Positive sagen. In der ÖVP gibt es auch dazu etwas, nämlich einen Vorstoß der Senioren, die sagen, dass man die Pensionszeiten für Kinder, beziehungs­weise für ein Kind und dann in Folge für mehrere Kinder, mit vier Jahren anrechnen soll. Das heißt, man soll sogenannte Kindererziehungszeiten in die Berechnung mit einbeziehen. – Das ist eigentlich das, was wir auch immer gefordert haben.

Daher – und jetzt komme ich zum Schluss – muss ich feststellen: Die FPÖ ist die so­ziale Heimatpartei, und die FPÖ ist die eindeutig bessere Familienpartei. (Beifall bei der FPÖ.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.46.11

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Kitzmüller, weil ich mich hauptsächlich mit Ihrem Antrag be­schäftigen werde, möchte ich mich auch kurz mit Ihrer Rede beschäftigen. Ich weiß ja nicht, wie Sie oder Ihre Partei zu Schönheitsoperationen steht, aber das, was Sie hier angedeutet haben, was Sie sich für die Bildung vorstellen, ist maximal kosmetisch und hat nichts damit zu tun, dass unser Bildungssystem nachhaltig reformiert und positiv verändert würde, wenn Sie hier beispielsweise Nachhilfe und sonstige Geschichten he­rausgreifen.

Wenn Sie ein Bildungsvolksbegehren, das von über 380 000 Menschen unterschrieben worden ist, als „Bauchfleck“ bezeichnen, dann würde ich Ihnen dringend raten, sich mit Ihrem Verfassungssprecher und allen, die sich in Ihrer Partei zu direkter Demokratie geäußert haben, zusammenzusetzen und wirklich einmal eine klare Position der FPÖ auszuarbeiten zur Frage: Wie sollen sich Wählerinnen und Wähler, wie sollen sich Bür­gerinnen und Bürger am Gesetzgebungsprozess beteiligen? (Beifall bei den Grünen.)

Sie selber haben am 12. Oktober einen Antrag eingebracht, in dem Sie gefordert ha­ben, dass ab einer Hürde von 150 000 Unterschriften eine zwingende Volksabstim­mung zu Volksbegehren stattzufinden hat. Und dann nennen Sie mehr als 380 000 Men­schen, die sich hier zu einem Volksbegehren begeben haben, obwohl sie wussten, dass das noch nicht automatisch dazu führen wird, dass entsprechende Reformen ein­geleitet werden, weil eben, wie die Erfahrung bei anderen Volksbegehren gezeigt hat, auch die Gefahr besteht, dass das Parlament sich nicht darum kümmert, einen „Bauch­fleck“? Das kann ich wirklich absolut nicht verstehen. – Wir Grünen werden hier, ge­nauso wie wir das Volksbegehren unterstützt haben, ganz klar dafür sorgen, und Eva Glawischnig hat das in den letzten Tagen auch ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass dieses Volksbegehren in diesem Haus nicht einfach in irgendeiner Schublade landet oder kosmetisch behandelt wird, sondern wirklich ein Auftakt ist zu wichtigen Refor­men, die längst überfällig sind. (Beifall bei den Grünen.)


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Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen auch noch einmal – ich hätte diesen Begriff nicht bemüht, wenn Sie ihn nicht bemüht hätten – den „kleinen Mann“ vor Augen füh­ren, und damit komme ich auch schon zu Ihrem Antrag und zum „kleinen Mann“, zur „kleinen Frau“, für die Sie sich, wie Sie sagen, einsetzen.

Das Familienentlastungspaket 2008, das zu einer angeblichen Familienentlastung im steuerlichen Bereich geführt hat, hat eben genau diesen „kleinen Mann“ und diese „kleine Frau“ nicht umfasst. Wenn wir zum Beispiel von der Absetzbarkeit der Kinder­betreuung sprechen, dann wissen Sie ganz genau, dass nur jene Menschen diese ab­setzen können, die überhaupt so viel verdienen, dass sie Steuern zahlen, und auch nur jene Menschen Kinderbetreuung absetzen können, die überhaupt einen Kinderbetreu­ungsplatz haben.

Es fehlen Tausende Plätze, und es fehlen vor allem Tausende Plätze für jene Men­schen, die diese dringend bräuchten, damit sie einer Tätigkeit nachgehen können, um eben nicht an der Armutsschwelle oder unterhalb der Armutsschwelle zu leben. Und die sind ganz weit weg davon, Kinderbetreuung absetzen zu können. Also hier vom „kleinen Mann“ und von der „kleinen Frau“ zu sprechen, ist gegenüber diesen „kleinen Männern und Frauen“ ein absoluter Hohn.

Was ist der Status quo? – Man kann das eben absetzen, aber es gibt hier eine große Unsicherheit. Der unabhängige Finanzsenat hat eben vor Kurzem eine Entscheidung getroffen, in der er ganz klar davon gesprochen hat, dass die sogenannten Oma- und Opa-Kurse eben nicht den Qualitätskriterien von Kinderbetreuung entsprechen. Es gibt totale Unklarheit, welcher Kurs, welche Ferienbetreuung absetzbar ist oder nicht. Das kann doch wohl nicht in unserem Sinn sein.

Was dadurch erstmals auch ausgelöst wurde – und hier im Parlament im Rahmen der Thematik Kinderbetreuung von uns schon lange eingefordert wird –, ist die Frage der Qualitätsdiskussion: Was bedeutet überhaupt Qualität in der Kinderbetreuung? – Das bedeutet nicht nur einfach aufbewahren, sondern das bedeutet auch, Rahmenbedin­gungen zu finanzieren, die hier eben Bildung möglich machen. Und die sind in all die­sen Bereichen nicht gegeben.

Daher wollen wir etwas ganz anderes. Wir sagen, jedes Kind ab dem ersten Lebens­jahr hat einen Anspruch auf einen Platz: in einer Krippe, in einem Kindergarten, in einer Bildungseinrichtung, bei einer Tagesmutter – und das ist von der öffentlichen Hand zu finanzieren, und zwar nicht von den Gemeinden und nicht von den Ländern alleine, sondern hier muss der Bund ganz klar einspringen und Gelder zur Verfügung stellen, und zwar nicht nur die 10 Millionen, die wir heuer hergegeben haben, und nicht nur die 15 Millionen für die nächsten Jahre, sondern weitaus mehr, damit jedes Kind einen An­spruch auf diesen Platz hat.

Dann erübrigt sich auch die Diskussion rund um die Frage: Was ist absetzbar und was nicht? Wenn nämlich jedes Kind einen Anspruch hat, dann bedeutet das auch, dass diese Plätze nichts kosten dürfen – sprich: es sind Gratisplätze –, und dann bedeutet das auch, dass alle – wurscht, ob ihre Eltern so viel verdienen, dass sie Steuern zah­len, oder so wenig verdienen, dass sie darunter fallen – dort Bildung erhalten. Und dann erübrigt sich die Diskussion über die Absetzbarkeit, weil man da keine Kosten mehr hat.

Vor diesem Hintergrund mein Appell: Setzen wir endlich den Rechtsanspruch für alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr um, und halten wir uns nicht mit Steuerdiskussionen auf! (Beifall bei den Grünen.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 128

14.51.17

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gleich zu Beginn möchte ich auf die Ausführungen der Frau Abgeordneten Winter eingehen. Ich glaube, Frau Abgeordnete, Sie unterliegen hier einem Missverständnis. Ich darf Ihnen sagen, dass Kinderbetreuungszeiten in der Pen­sionsversicherung bis zu maximal vier Jahren angerechnet werden. Also ich denke mir, da dürfte sich bei Ihnen irgendwo eine Informationslücke eingeschlichen haben. – Das nur zu den Pensionen und zur Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Bericht an sich. Der Bericht wird – und das wurde ja schon erwähnt – alle zwei Jahre vorgelegt und ist ein gutes Werkzeug in die Richtung hin, dort weiterzuar­beiten, um ganz einfach gemeinsam die Benachteiligung von Frauen in Österreich zu bekämpfen. Ich darf mit Stolz feststellen, dass das IHS der Bundesregierung – und so­mit Ihnen, Frau Bundesministerin – ein gutes Zeugnis ausgestellt hat. Es zeigt deutlich, dass sich die Situation der Frauen in Österreich verbessert hat.

Nichtsdestotrotz ist es notwendig, in vielerlei Hinsicht weiter aktiv und tätig zu sein, ins­besondere dann Maßnahmen zu setzen, wenn es sich um den Bereich des Arbeits­marktes, der Berufstätigkeit und der Beseitigung von Hemmnissen, die einer durchge­henden Berufstätigkeit von Frauen entgegenstehen, handelt.

Sie haben in der letzten Zeit, Frau Bundesministerin, sehr gute Ansätze und sehr gute Gesetze umgesetzt. Ich darf daran erinnern, dass es zu einem Gesetz kam, das zu einer Offenlegung der Einkommen verpflichtet, und ich darf auch daran erinnern, dass wir gemeinsam daran arbeiten, dass sich Frauen auch verstärkt in höheren Positionen wiederfinden. Auch das wird einen ganz gewaltigen Beitrag dazu leisten, die Einkom­mensunterschiede, aber auch die weiteren Unterschiede im Zusammenhang mit dem Einkommen – bei den Pensionen, bei den Arbeitslosengeldern – zu beseitigen.

Ganz besonders freut es mich auch als Gewerkschafterin, dass es insbesondere auch auf Ihr Drängen, Frau Bundesministerin, gelungen ist, dass die Sozialpartner gemein­sam mit der Industriellenvereinigung einen Arbeitsplan im Zusammenhang mit dem na­tionalen Arbeitsplan zur Gleichstellung erarbeitet haben. Dieser umfangreiche Plan, dieses Übereinkommen, aktiv auf die Beseitigung der Diskriminierungen von Frauen in der Arbeitswelt hinzuwirken, umfasst 16 Punkte, die schwerpunktmäßig zum Beispiel bei der Berufsauswahl von Männern und Frauen ansetzen und bis hin zu Maßnahmen reichen, die dazu führen sollen, dass es zu einer stärkeren partnerschaftlichen Auftei­lung von Kinderbetreuungspflichten zwischen Männern und Frauen kommen wird, aber auch zu Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Ich denke mir: Gute Maßnahmen, die dazu führen werden, Ihren guten Weg, den Sie beschreiten, Frau Bundesministerin, auch vonseiten der Sozialpartner zu unterstüt­zen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Durch­schlag. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.30

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Themen Gleichstellung von Mann und Frau sowie Chancengerechtigkeit stehen über allen drei zu behandelnden Anträgen. Zum Bericht der Bundesregierung über den Abbau der Benachteiligung von Frauen könnte man sehr flapsig sagen, wenn man schnell drüberliest: Im Westen nichts Neues!, oder: Eigentlich beackern wir seit hundert Jahren in etwa die gleichen Themen, die da sind:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 129

Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit dem Hauptschauplatz Kinderbetreuung, glei­cher Lohn für gleichwertige Arbeit mit der Großbaustelle der Einkommensunterschiede und auch Frauen in Führungspositionen, was mit entsprechendem statistischem Mate­rial untermauert wurde. Wenn man da etwas ungeduldig veranlagt wäre, könnte man leicht verzweifeln.

Allerdings ist es auch angebracht, die Dinge anzusprechen und anzuschauen, die ge­lungen sind. Da gibt es 213 Maßnahmen – das wurde schon angesprochen –, die die Bundesregierung umgesetzt hat, die klarerweise auch in der Dauer der Wirksamkeit relativ unterschiedlich sind, und es gibt auch – und das finde ich sehr positiv und das wird notwendig sein, wenn wir etwas erreichen wollen für Frauen – Maßnahmen ande­rer Gebietskörperschaften.

Beispielsweise hat in Oberösterreich die Einführung des Gratis-Kindergartens für Kin­der ab 30 Monaten dazu geführt, dass wesentlich mehr Kinder in den Kindergarten ge­hen, was sich sehr positiv auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auswirkt, und nebenbei auch noch eine stattliche Anzahl an neuen Jobs geschaffen wurde. Die Ein­führung des K3, des Kompetenzzentrums für Karenz und Karrieremanagement, ist auch ein sehr guter und wesentlicher Baustein für Frauen in diesem Bereich.

Beim Thema Frauen in Führungspositionen zeigen sich immer noch enorme Defizite, wenn in den österreichischen Unternehmen in den Vorstandsetagen zirka 3 bis 5 Pro­zent Frauen sind, je nach Unternehmen. Oberösterreich beispielsweise hat sich hin­sichtlich der gläsernen Decke zum Ziel gesetzt, zumindest was die landeseigenen Un­ternehmen und die Aufsichtsratspositionen betrifft, diese bis zum Jahr 2014 mit 35 Pro­zent Frauen auszustatten. Es haben auch bereits zwei Lehrgänge zum Thema Auf­sichtsrätinnen-Schulung stattgefunden. – Also durchaus sehr positive Zeichen.

Und die Einkommensberichte, die ab jetzt erstellt werden müssen, die ja auch die Ein­kommensunterschiede transparent machen sollen, sind ebenfalls ein positives Signal an Frauen. Oberösterreich geht mit sehr gutem Beispiel voran und hat heuer etwa zum 31. Juli bereits die Einkommensberichte aus landeseigenen Unternehmen mit mehr als 150 MitarbeiterInnen gelegt. Das müssten sie eigentlich erst Ende 2014. Also es gibt durchaus auch Anlass zur Hoffnung, auch wenn das Thema, wie gesagt, eines ist, das sehr langwierig ist.

Ein paar Worte noch zum Antrag der Kollegin Kitzmüller: Es gibt ein afrikanisches Sprichwort, das besagt, an der Erziehung eines Kindes ist ein ganzes Dorf beteiligt, oder dafür ist ein ganzes Dorf notwendig. – Ich wäre schon froh, wenn es sich nicht um ein Dorf handelte, sondern um Vater und Mutter, also um beide Elternteile und nicht nur um die Mutter. Daher haben wir diesen Antrag dann auch dem Familienausschuss zugewiesen, weil wir der Meinung sind, dass er dort besser aufgehoben ist. Über den Inhalt lässt sich sicher diskutieren, auch über das Thema der steuerlichen Absetzbar­keit der Kosten der Kinderbetreuung. Und da ist nicht eine extreme Ausbildung vonnö­ten, denn es geht ja bei vielen um die stundenweise Betreuung der Kinder, beispiels­weise durch Babysitter. Also darüber kann man durchaus reden, auch über die Alters­regelung. Wie gesagt, das war für uns der falsche Ausschuss, darum haben wir es dem Familienausschuss zugewiesen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Krist zu Wort. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir um 15 Uhr die Behandlung der Tages­ordnung unterbrechen müssen. Ich stelle daher die Uhr auf knapp 2 Minuten ein. – Bitte.

 


14.58.27

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Herr Bundesminister! Eingangs möchte ich einmal festhalten, dass es sehr er-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 130

freulich ist, dass dieser Bericht im Plenum diskutiert wird und ich als 15. Redner und als erster Mann auch ein paar Worte dazu sagen darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist erfreulich, dass das IHS so eine positive Stellungnahme abgegeben hat. Der Bundesregierung wird ein gutes Zeugnis ausgestellt, obwohl vieles noch verbesse­rungswürdig ist, wie wir alle wissen, zwei Bereiche ganz besonders: die Einkommens­schere und die hohe Teilzeitquote. Zum Thema der Teilzeit möchte ich ein aktuelles und konkretes Beispiel bringen, weil es verdeutlichen soll, wie geduldig Papier sein kann und auch ist.

Meine Damen und Herren, Sie kennen sicher die großen Einkaufstempel in Österreich mit den bekannten namhaften Geschäften und mit den namhaften Boutiquen. Fast aus­schließlich sind dort Frauen in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt. So weit, so gut – großes Fragezeichen –, wenn da nicht meist 20- oder 25-Stunden-Arbeitsverträge an­geboten und auch unterschrieben würden von Menschen, die dann aber in der tägli­chen Arbeit auf 30, 40, ja sogar 50 Wochenstunden kommen. Das wird erwartet, das wird vorausgesetzt und auch unverblümt verlangt – ohne jeden Ausgleich: kein Zeit­ausgleich, keine Mehrarbeitsbezahlung und schon gar keine Überstundenvergütung. Meine Damen und Herren, das ist völlig inakzeptabel! Das möchte ich einmal in aller Deutlichkeit hier festhalten.

Das ist nicht nur ein großer Verlust für die Beschäftigten, sondern auch für das Steuer- und Sozialversicherungsaufkommen, aber das brauche ich, glaube ich, in diesem Kreis nicht extra zu erwähnen.

Leider fehlt den Frauen aus den verschiedensten Gründen oftmals der Mut, diese Missstände zur Anzeige zu bringen; meistens weil sie die Arbeit und das Einkommen dringendst benötigen. Fakt ist aber, dass diese Verfehlungen täglich passieren. So gut wie immer sind Frauen die Leidtragenden, so gut wie immer gibt es keine Konsequen­zen für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

So erfreulich es ist, eine positive Entwicklung im vorliegenden Bericht zu erkennen, so bedauerlich sind die tatsächlichen Erfahrungen in der Arbeitswelt. Sigmund Freud hat einmal gesagt: Arbeit ist das stärkste Band des Menschen an die Realität. – Wir alle, meine Damen und Herren hier in diesem Haus, die wir tagtäglich gesetzliche Rahmen­bedingungen schaffen und beschließen, müssen auch darauf achten (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen) – gleich kommt der Schlusssatz –, dass wir der Einhaltung der Gesetze und der verbrieften Rechte der Arbeitnehmerinnen mehr Beachtung schenken und diesbezüglich verstärkt kontrollieren.

Abschließend möchte ich Herrn Sozialminister Rudi Hundstorfer und unserer Frauen­ministerin Gabi Heinisch-Hosek dafür danken, dass sie derartige Missstände, sofern sie öffentlich gemacht und bekannt werden, rigoros bekämpfen. Wir alle sind angehal­ten, sie dabei zu unterstützen. (Präsident Dr. Graf gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Ich werde das machen, denn es kann nicht sein, dass Arbeitnehmerinnen in den ge­nannten Bereichen wie Leibeigene behandelt werden und um ihren gerechten Lohn be­trogen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 5 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringli­chen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.01.30Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Causa General Enta­cher (9769/J)

 



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 9769/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am 4. Februar 2011 brachte die FPÖ einen Antrag auf Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos ein. Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Bundesminister Darabos hat den Chef des Generalstabes, General Entacher, am 24.1.2011 abberufen. Dieser Abberufung ist ein medialer Aufruf einer Boulevardzeitung unmittelbar voraus gegangen. Offiziell wurde diese Maßnahme mit dem Vertrauensver­lust des Ministers begründet, zumal sich der General in einem Interview für die Beibe­haltung der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen hat. Der OTS259 vom 24.Jän-
ner 2011 war unter dem Titel ,Presseerklärung von Verteidigungsminister Norbert Da­rabos‘ zu entnehmen: ,() Durch diese öffentlichen Aussagen und den dadurch ent­standenen Vertrauensverlust sah ich mich heute, Montag, im dienstlichen Interesse veranlasst, den Generalstabschef abzuberufen. ()‘.

Diese Vorgehensweise ist offenkundig gesetzeswidrig: Das Beamten-Dienstrechtsge­setz normiert in § 40, dass die Abberufung eines Beamten von seiner bisherigen Ver­wendung einer Versetzung gleichzuhalten ist, wenn die neue Verwendung der bisheri­gen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder dem Beamten keine neue Verwen­dung zugewiesen wird.

Da es für den Generalstabschef keine gleichwertige Position in die er versetzt werden könnte gibt, erweist sich die von BM Darabos gewählte Vorgehensweise schon aus diesem Grund als gesetzeswidrig, zumal die gesetzlichen Voraussetzungen einer Ver­setzung nicht gegeben sind:

Gemäß § 38 Beamten-Dienstrechtsgesetz ist eine Versetzung von Amts wegen nur zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Ein wichtiges dienst­liches Interesse liegt insbesondere vor bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerber vorhan­den sind, wenn der Beamte die für diesen Arbeitsplatz erforderliche Ausbildung und Eignung aufweist, oder wenn der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

Dass diese Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt seien wurde von BM Darabos bis dato nicht einmal ansatzweise behauptet. Davon abgesehen erweist sich die Abberu­fung des General Entacher auch als völlig unverhältnismäßig. General Entacher weist eine tadellose Offizierslaufbahn auf. Die ihm zur Last gelegte Handlung, nämlich sich in einem Interview für die verfassungsrechtlich normierte immerwährende Neutralität der Republik Österreich und für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht ausgespro­chen zu haben, ist offenkundig vom verfassungsrechtlich eingeräumten Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Daraus nachteilige Rechtsfolgen abzuleiten ist verfehlt, zumal es die Aufgabe des Heeres, wie der Beamtenschaft im Allgemeinen ist, die be­stehende Verfassungsordnung zu schützen.“

Dieser Antrag fand lediglich aus Gründen der Koalitionsräson keine Mehrheit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 132

Die Ausfertigung des Versetzungsbescheides wider General Entacher wurde am 24. Au­­gust 2011 zugestellt.

Am 7. November 2011 war einer OTS (OTS 171) des Bundesministeriums für Landes­verteidigung und Sport zu entnehmen, dass die Berufungskommission beim Bundes­kanzleramt, im Verfahren des General Edmund Entacher gegen den Versetzungsbe­scheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport, für den General ent­schieden hat.

Wortwörtlich steht in dieser Aussendung:

„Die Gründe, die nach Auffassung des Dienstgebers den Vertrauensverlust gegenüber dem Leiter der Behörde, Bundesminister Darabos, untermauern, wurden von der Beru­fungskommission nicht anerkannt. Der angefochtene Bescheid, so das Urteil, wird er­satzlos behoben. Damit ist die Versetzung von General Entacher rechtlich nicht mög­lich.“

In diesem Zusammenhang ergeht an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

Dringliche Anfrage:

1. Welche Gründe waren für die Versetzung von General Entacher maßgeblich?

2. Wann und in welcher Form wurde General Entacher von Ihnen über seine Verset­zung informiert?

3. Haben ressortfremde Personen wie zum Beispiel Bundeskanzler Faymann oder die Abgeordnete zum Nationalrat Rudas die Abberufung und Versetzung von General En­tacher mit beeinflusst?

4. Wenn ja, in welcher Form?

5. Wie lautete die wesentliche Begründung des rechtswidrigen Versetzungsbe­scheides?

6. Wann wurde dieser Bescheid erlassen?

7. Wie lange dauerte das Ermittlungsverfahren?

8. Haben Sie den rechtswidrigen Versetzungsbescheid persönlich genehmigt?

9. Wenn ja, welche persönlichen Konsequenzen ziehen Sie daraus?

10. Wie lautet die wesentliche Begründung des Berufungsbescheides mit dem der Be­rufung General Entachers statt gegeben wurde?

11. In wie ferne war Ihre Nationalratsrede vom 20. Mai 2010 für die Entscheidung der Berufungskommission relevant?

12. Wie beurteilen Sie diesen Bescheid in rechtlicher und in politischer Hinsicht?

13. Wie hoch sind die zusätzlichen Personalkosten, die durch die rechtswidrige Verset­zung des General Entacher entstanden sind?

14. In welcher Form haben Sie den Dienstantritt von General Entacher entgegen ge­nommen?

15. Ist es richtig, dass Sie eine Organisationsänderung planen um Kompetenzen vom Generalstab auf andere Organisationseinheiten zu verlagern?

16. Welche Organisationsänderungen sind in Aussicht genommen?

17. Welche Pilotprojekte zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht planen Sie?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 133

18. Welche Standorte werden davon betroffen sein?

19. Was ist die Rechtsgrundlage für diese Pilotprojekte?

20. Bekennen Sie sich zu dem in der Verfassung verankerten Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht?

21. Wenn nein, wie ist Ihr Verhältnis zur Rechtstreue im Allgemeinen und zum Lega­litätsprinzip im Besonderen?

22. Sind die Pilotprojekte zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht Teil des Regie­rungsübereinkommens oder in anderer Art und Weise mit ihrem Regierungspartner ak­kordiert?

23. Was bedeutet die Einschätzung des Präsidenten der ÖOG, dass die Armee jedes Vertrauen in Sie verloren hat?

24. Ist Ihnen bekannt, wie der Oberbefehlshaber Ihre "Leistungen" beurteilt?

25. Wenn ja, wie?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dring­lich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begrün­dung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Fichtenbauer als erstem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort.

 


15.01.53

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Herr Staatssekretär! Die hinter uns liegenden Tage sind wohl als einmalig zu be­zeichnen, wobei man natürlich mit diesem Wort sorgsam umgehen muss. Aber die Ein­maligkeit des Erkenntnisprozesses, dass sich ein auf die Verfassung angelobter Bun­desminister partout weigert, die Bestimmungen der Verfassung einzuhalten, darf wohl betont werden. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Der gewiss nicht der Freiheitlichen Partei zuzurechnende Leitartikler Herbert Lackner hat im „profil“ diesen Sonntag/Montag die Sache ziemlich genau auf den Punkt ge­bracht. Er schreibt:

„Es ist schon lange her, dass ein Politiker von der überwiegenden Mehrheit der Zeitun­gen so herzhaft kritisiert wurde wie Norbert Darabos vergangenen Dienstag: Er habe eine ,Blamage‘ (,Oberösterreichische Nachrichten‘), eine ,Schlappe‘ (,Der Standard‘), ein ,Waterloo‘ (,Kurier‘) erlitten und stehe nun vor einem ,Scherbenhaufen‘ (,Kleine Zei­tung‘).“

Das ist die konzentrierte Richtigkeit der Betrachtung des Vorgehens, die wir heute zu besprechen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist überhaupt so, dass beklagenswerterweise eine schwankende Beurteilung der Tätigkeit des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung zu verzeichnen ist. Man muss einmal traurig sein und möchte dann wiederum nahezu hysterisches Gelächter anstimmen. Die gerade Linie eines erkennbaren verlässlichen politischen Kurses so­wohl des österreichischen Heeres als auch bei der Beachtung der Verfassungsbestim­mungen lässt der Herr Bundesminister bedauerlicherweise vermissen. (Beifall bei der FPÖ.)

Betrachten wir die Genesis in kurzen Schlagworten! Es beginnt mit dem Eurofighter-Wahlversprechen, das der Herr Bundesminister als damaliger Referent für die SPÖ er-


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funden hat und das wohl auch Ursache dafür gewesen war, dass er in Ministersphären gehoben worden ist, weil selbst seine eigenen Genossen neugierig waren, wie er denn bei überraschendem Gewinn der Mehrheit dieses Eurofighter-Auflösungsprozedere ge­winnen würde. (Abg. Prähauser: Das war keine Überraschung!) – Lieber Freund, du weißt genau, wie groß die Überraschung gewesen ist. Die Roten haben sich gar nicht erfangen können ob der Tatsache, dass sie tatsächlich die Nase vorne hatten. Aber das ist Zeitgeschichte.

Wie hat Darabos sein Wahlversprechen umzusetzen getrachtet? – Er ist in Verhand­lungen getreten. Wie sind die Verhandlungen schließlich ausgegangen? – Er hat einen Eurofighter-Vergleich erreicht, der seinem Tun zweifelsfrei die äußerste Kraftanstren­gung abgefordert hat, aber bis heute hat er ihn weder in der Öffentlichkeit noch im Ver­teidigungsausschuss kundgemacht. Jedoch hat der Rechnungshof klare Worte zu die­sem Eurofighter-Vergleich zu finden Ursache gehabt.

Zusammengefasst: Eine reine Katastrophe! Kern der Angelegenheit war, nur 15 Euro­fighter zum selben Geld, aber fünf gebrauchte. Wenn man in diesem Zusammenhang einen Vergleich mit einem Auto anstellen würde, könnte man sagen: Es wurde ein Mer­cedes 600 SEL gekauft, abbestellt aber wurden ABS-Schutzeinrichtungen und ebenso sonstige elektronische Modernitäten – und das eigentlich zum gleichen Preis. Der Mi­nister behauptet, er hat 350 gespart; der Rechnungshof sagt, auch das ist nicht richtig. Also es ist an Staatsschaden eine Dimension erreicht worden, die von Anfang an die Spur der Handlungsdimension des Ministers ausgemacht hat. – So weit, so schlecht.

Der Herr Minister hat versprochen, dem Heer mehr Geld zuwenden zu können. Das ist freilich nicht geschehen. Anstelle dessen hat er bei Neuauflage der Koalition zusätzlich die Position des Sportministers übernommen und rechnet seither bei Ausrechnung der Modelle, die er so gerne umsetzen möchte, die Kosten des Sports nicht ab, sondern belässt sie im Block des Gesamtbudgets für das Heer. Auch das hat der Rechnungshof zu kritisieren Ursache gehabt.

Wir kommen nun zum Fortgang des Geschehnisses des Jahres 2010. Am 2. Okto­ber 2010 verkündete der Bundesminister für Landesverteidigung seine Überzeugung zur gesetzlichen Wehrverfassung. Für ihn – und diese Worte wurden schon oftmals wiederholt und in die Annalen der Zeitgeschichte geschrieben – war die Wehrpflicht „in Stein gemeißelt“.

Zwei Tage später kommt Bürgermeister Häupl drauf, dass die Wiener Wahl für die SPÖ wahrscheinlich schiefgehen wird und dass man die Stimmen der Jungen, sprich der Wehrpflichtigen, brauchen könnte, und oktroyiert im Bündnis mit dem Boulevard dem Minister, eine 180-Grad-Kehrtwendung einzunehmen und sich von der allgemei­nen Wehrpflicht zu verabschieden, die er drei Tage zuvor öffentlich im Beisein des Bundespräsidenten und aller in Frage kommenden höheren Würdenträger des Landes als „in Stein gemeißelt“ bezeichnet hat. Er schwenkt von einem Tag auf den anderen auf das Modell des Berufsheeres um. – So weit, so schlecht.

Es ist natürlich nicht einfach, aus verschiedenen Modellen der Wehrverfassung ein dem Land und seiner anzunehmenden Bedrohungslage gerecht werdendes Modell der Verteidigungsmöglichkeit zuzumessen, die Sache ist nur immer absurder geworden. Um Schwurzeugen für die Richtigkeit seines Überlegungsprozesses zu haben, hat sich Minister Darabos darauf berufen, dass Experten aus anderen Ländern Europas zu ei­nem Hearing nach Österreich gekommen sind, die ihre Wehrsysteme vorgestellt ha­ben. Ich war dabei und kann sagen, es waren hochgradige Referenten, ausgerechnet aus Ländern, an denen sich Österreich wegen der Größe, der geographischen Gege­benheiten des Landes und der Höhe der Einwohnerzahl kein Beispiel nehmen kann, nämlich aus der Bundesrepublik Deutschland – ich darf daran erinnern, dass es sich hiebei um ein Land mit 80 Millionen Einwohnern handelt – und aus Schweden, dessen


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Länge in geographischen Dimensionen 2 500 Kilometer ausmacht, aus Ländern also, die ein wehrgeographisch völlig anderes Territorium aufweisen. Schweden – es hat im­mer großes Augenmerk auf Luftwaffen und Marine gelegt; in Österreich ist davon selbstredend keine Spur – wird unpassenderweise als Beispiel herangezogen, aber ein Land, das als Beispiel auf der Hand läge, nämlich die Schweiz, wird geflissentlich aus­gelassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Fragwürdigkeit dieses Denkprozesses, der in einer Gedankenlinie von Bürgermeis­ter Häupl über die „Kronen Zeitung“ zum Minister führt, ist das Vorspiel dieses Dramas. Zur Tragödie wird die Sache, als Generalstabschef Mag. Entacher von seinem Recht als Staatsbürger Gebrauch macht, der freien Meinungsäußerung zuspricht und sich überdies getreu seinem Beamteneid, zum Wohl der Republik zu handeln, auf sein Fachwissen beruft, sich dazu zu berufen veranlasst sieht und darauf hinweist, dass diese Modell-Rechnungen des Ministers nie und nimmer möglich sind. Der Minister be­fiehlt daraufhin, die Erstrechnung so zu verändern, dass sie seinen politischen Aussa­gen entsprechend wird. (Ruf bei der SPÖ: Woher wissen Sie das?) Da das auch nicht funktioniert, kommt es zu einer Nacht- und Nebel-Aktion – kann man aber nicht sagen, denn es ist eine Nachmittagsaktion gewesen –, deren Vorgang an Beschämung nicht unterboten werden kann.

Es hieß, das Vertrauen sei verloren. Das ist das gute Recht jedes Menschen im Ver­hältnis zu einem anderen.

Es hieß ferner, er habe sich mit dem Generalstabschef auseinandergesetzt und man kam zu dem Ergebnis, der Generalstabschef sei abzuberufen. Das ist evidentermaßen unwahr. Wahr ist vielmehr, dass eine halbe Stunde, bevor nicht der Minister selbst, wie er unwahr dem Parlament gegenüber behauptet hat, sondern ein von ihm beauftragter Sektionschef dem Generalstabschef die Abberufung verkündete, die „Kronen Zeitung“ (Abg. List: Keine Werbung!) bereits per Eilmeldung verkündet hat, der Generalstabs­chef werde abberufen. – Das ist wirklich nicht zu glauben und an Schande für das Sys­tem der österreichischen Bundesregierung, die der Verfassung gegenüber verantwort­lich ist, nicht zu überbieten. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun hat Generalstabschef Entacher entgegen der Erwartung, die offenkundig bezüg­lich seiner Person vorhanden war, Steherqualität bewiesen und sich entschlossen, sich nicht durch das Lüftchen, das ihm entgegengebracht worden ist, davonwehen zu las­sen, sondern seine Rechte als Staatsbürger und Beamter wahrzunehmen. – Das Er­gebnis dessen besprechen wir heute. (Abg. Grosz: Wo ist General Entacher? Ist Enta­cher auch da?)

Nicht nur, dass ein halbes Jahr und mehr vergangen ist, bis das Ministerium unter der Leitung des Herrn Bundesministers einen 200 Seiten langen Schrieb, der dann als Be­scheid bezeichnet worden ist, verfasst hatte, der die mündliche Abberufungsweisung durch bescheidmäßige Verschriftlichung ergänzen sollte, strotzt dieses Dokument an Rechtswidrigkeit. (Abg. Dr. Moser: Von!) Die Berufungskommission unter dem Vorsitz einer Berufsrichterin und unter dem Beisitz eines Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertre­ters kam zu dem Erkenntnis, dass dieser Bescheid ersatzlos aufzuheben ist. Das ist in den von mir eingangs schon erwähnten Zeitungsberichten eindeutig kommentiert.

Statt dass der Minister, sagen wir, einsichtig – ich will nicht sagen, reumütig, das wäre zu viel, aber mannhaft einsichtig – sagt: Ich habe einen Fehler gemacht, ich entschul­dige mich bei Entacher, und ich entschuldige mich beim Staat!, kommt er zu einem zweiten Erklärungsmodell: Ja, es war schon alles richtig, was ich gemacht habe, es gilt nämlich der Primat der Politik! (Abg. List: Das Primat!) – Bitte, es gibt unterschiedliche Auffassungen, ob „das Primat“ oder „der Primat“, entscheiden wir uns für „der Primat“.

Es gilt der Primat der Politik. – Das ist interessant! Dieses völlig nichtssagende Wortge­bilde kenne ich schon, das gibt es in Kompanien, wenn der Oberleutnant den Rekruten


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beim Staatsbürgerunterricht erklärt, dass nicht die Offiziere, der General und die Ge­neralität die Gesetze machen, dass nicht sie schuld sind für die Wehrverfassung, dass nicht der Oberbefehlshaber des Heeres etwas dafür kann, dass es wenig Geld gibt, da­her wenig Ausrüstung, sondern Regierung und Parlament. Das meint der einfache Mensch, der seinen Leuten etwas erklären möchte, mit „Primat der Politik“.

Das kann man ja noch angehen lassen, aber man muss sich schon klar darüber sein, dass es brauchbare und unbrauchbare Ausdrucksformen gibt. „Primat der Politik“ kommt in der Verfassung nicht vor, kommt in der Literatur nicht vor, kommt in keinem einzigen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vor, aber wenn man dieses Gebilde gedanklich umkreist und wie ein Insekt aufspießen möchte, so sollte man erkennen, Politik, politisches Tun und politisches Handeln sind das Bemühen, im Rahmen des Rechts politische Vorstellungen zu entwickeln und diesen, so gut es geht, auch zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist im Wesen das Strukturgebilde der Staaten westlicher demokratischer Verfassung. Aber erst aufgrund der Verfassungslage erhält jedwede politische Idee rechtliche Verbindlichkeit.

Der Gipfelpunkt der ganzen Sache war, verfassungswidriges Verlangen gegenüber En­tacher mit seiner Abberufung zu versehen und andere Offiziere, die getreu der Verfas­sung in ihrer Haltung wären, ebenso mit dem Hinauswurf zu bedrohen. Das ist der Skandal! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.) Entacher hat im Rahmen und auf Grund der Verfassung gehandelt und seine Stimme erhoben.

Es gilt in Österreich das Legalitätsprinzip nach Artikel 18 Abs. 1 B-VG: „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“

Wir haben in der Verfassung in Artikel 9a den Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht. Daher sind auch die darauf beruhenden einfach gesetzlichen Vorschriften entspre­chend der Bundesverfassung wahrzunehmen und in Vollziehung zu bringen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.) Jemanden, der sich in Ausübung seiner Voll­zugstätigkeit auf die Verfassungslage beruft, hinauszuschmeißen, das ist ein Verfas­sungsskandal. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Donnerbauer:  nicht der Einzige!) – Möglicherweise, lieber Herr Kollege, gibt es andere, die neben der Verfassung ihren Trampelpfad suchen, deswegen wird die Tat von Verteidigungsminister Darabos nicht besser.

Auf den Punkt gebracht: Herr Bundesminister, wenn Sie den vielfachen Zurufen, zu­rückzutreten, nicht Folge leisten wollen, was ich aus verschiedenen Gründen durchaus einsehe, so wäre etwas höchst an der Zeit: Es wäre zu erkennen, dass, wenn Sie Ihr Ministerium führen, die Verfassung an der Spitze und die darunter liegenden Gesetze aufgrund der Verfassung in Anwendung zu bringen sind. Sie können selbstverständ­lich – das steht Ihnen frei – hier im Haus eine Mehrheit suchen, und zwar eine Verfas­sungsmehrheit, die Artikel 9a außer Kraft setzt, und Ihr Lieblingsmodell der allgemei­nen Wehrpflicht abschaffen und ein Berufsheer einführen. Das ist legitim. Das in Ihrem Ministerium aufgrund dieser Rechtslage, die Sie hier im Haus erst erreichen müssen, vollziehen zu lassen, ist erst dann legitim, wenn dieses Gesetz beschlossen werden sollte. Ich darf mir die bescheidene Prognose erlauben, dass Sie fernab von der Reali­tät eines solchen Prozedere sind, wenn ich den Ankündigungen vonseiten der ÖVP – was ich gerne tue – Glauben schenken darf.

Daher ist jede Vollzugshandlung, jede Weisung, die Sie aufgrund einer nicht bestehen­den Verfassungslage geben, per se rechtswidrig. Ich ersuche Sie daher, Rechtswidrig­keiten künftig zu unterlassen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Sie sind zum Schaden der Republik, sie sind zum Schaden des Heeres, sie sind zu Ih­rem persönlichen Schaden, und ich bitte darum, dass Sie das höhere Gut, nämlich Be­stand und Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in die Armee und in ihre Füh-


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rung, respektieren. Es lebe das österreichische Bundesheer! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Klikovits. – Abg. Mag. Donnerbauer: Das war ein anwaltlicher Rat des Kol­legen Fichtenbauer!)

15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 20 Mi­nuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.20.44

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! So wie Sie das heute dargestellt haben, Herr Kollege Fichtenbauer – als Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses haben wir ganz gut zusammengearbeitet –, gibt es auch mir die Möglichkeit, diesen Bogen weiter zu spannen, als ich es eigentlich vorgehabt habe. (Abg. Grosz: Ist das jetzt die Abschiedsrede?) Sie habe sozusagen insgesamt die Frage des österreichischen Bun­desheeres hier aufgeworfen, und ich möchte Ihnen am Beginn ganz offen eines sagen: Uns im österreichischen Bundesheer wurden im Jahr 2011 sehr große sicherheitspoliti­sche Herausforderungen zur Bewältigung vorgelegt, und diese Aufgaben wurden höchst professionell erfüllt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

Das österreichische Bundesheer hat beispielsweise vom Jänner dieses Jahres bis zum Juni dieses Jahres die Battlegroups beschickt, die Krisenfeuerwehr der Europäischen Union – beste Leumundszeugnisse innerhalb der Europäischen Union, bestens abge­arbeitet!

Das österreichische Bundesheer hat in Libyen, in Ägypten Evakuierungen nicht nur ös­terreichischer Staatsbürger, sondern auch Staatsbürger anderer Nationen durchge­führt – bestens durchgeführt!

Wir haben Reserveeinheiten in den Kosovo entsenden müssen, nachdem es im Nord­kosovo Unruhen gegeben hat; wir sind dort mittlerweile der stärkste Nicht-NATO-Trup­pensteller – bestens erfüllt!

Wir in der Bundesregierung gemeinsam mit dem Koalitionspartner ÖVP haben be­schlossen, 160 Soldatinnen und Soldaten in den Libanon zu schicken – bestens erfüllt!

Das ist das österreichische Bundesheer, hinter dem die österreichische Bundesregie­rung steht, hinter dem die Republik Österreich steht und hinter dem ich als Verteidi­gungsminister stehe! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben  (Abg. Doppler: Reden Sie zur Sache! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Sie haben einen Misstrauensantrag gestellt, also insofern darf ich, glaube ich, diese Wortmeldung benutzen, um mich gegen dieses Misstrauen auch mit Fakten zu wehren und Ihnen diese Fakten hier heute auch zu präsentieren.

Wir haben insgesamt 1 500 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz – 1 500! Das ist ein Wert, den wir in der Geschichte des österreichischen Bundesheeres selten aufweisen konnten, ein Wert, der auch weit über die Vorgaben der österreichischen Bundesregierung hinausgeht, der mich aber stolz macht, der uns unter die Topnatio­nen weltweit bringt und der uns auch dazu bringt, dass wir in Europa top sind. 1 500 Soldatinnen und Soldaten! Wir haben das Kontingent für den Libanon und auch für die Golanhöhen erst verabschiedet. – Das ist das österreichische Bundesheer, hin­ter dem die Regierung steht und hinter dem ich stehe!

Wir haben im letzten Jahr 41 000 Arbeitsstunden im Katastrophenschutz absolviert, und ich hoffe, dass wir uns zumindest da einig sind, dass das ganz, ganz wichtige Stunden für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung sind. (Beifall bei der SPÖ.)


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Und wir haben Assistenzeinsätze absolviert, beispielsweise auch an der Ostgrenze Ös­terreichs, die jetzt zu Ende gehen, die aber über 20 Jahre dafür gesorgt haben, dass das österreichische Bundesheer für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung da war. – Das ist das Bundesheer, für das die Bundesregierung steht und für das ich als Verteidigungsminister stehe! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Aufzählung dieser Leistungen könnte noch weitergehen. Ich werde Ihnen das heu­te ersparen (Ruf: Danke!), aber es macht mich stolz – es erfüllt mich mit Stolz! –, dass das Bundesheer seinen Aufgaben zu 100 Prozent nachkommt – ich sage das im ös­terreichischen Parlament ganz bewusst –, zu 100 Prozent in der Vergangenheit nach­gekommen ist und zu 100 Prozent in der Zukunft nachkommen wird.

Der Grundstein für diese hohe Qualität des österreichischen Bundesheeres ist auch, dass wir – meine Vorgänger und ich – immer darüber nachdenken, dass wir Reform­maßnahmen im österreichischen Bundesheer brauchen. Und alle im Parlament vertre­tenen Parteien, alle Parteien, die hier heute vertreten sind, haben im Jahr 2005 im Rahmen der Bundesheerreformkommission gemeinsam beschlossen, dass wir diese Reform auch vorantreiben. Und von 118 Empfehlungen dieser Reformkommission, da­mals noch unter Helmut Zilk, sind 106 voll, überwiegend oder teilweise realisiert.

Es gibt – das möchte ich auch ganz bewusst sagen, weil Sie sozusagen betreffend un­sere Reformfreudigkeit offensichtlich Zweifel hegen oder auch andere Gründe haben für diesen Antrag heute – aus meiner Sicht kein Ministerium, das derartig reformfreudig vorgegangen ist. Ich weiß, dass das die Opposition nicht gerne hört und dass sehr vie­le Maßnahmen sozusagen ein Auf-die-Zehen-Steigen für gewisse Vertreter auch ihrer Parteien bedeutet, aber es entspricht den Fakten: Es gibt kein Ministerium, in dem so viele Reformen bisher angedacht und umgesetzt worden sind wie im Verteidigungsmi­nisterium. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Ich sage Ihnen auch gleich konkret, weil Sie mich jetzt sozusagen auch rhetorisch hier ansprechen, welche Reformen das sind.

Wir haben die Zentralstelle von 1 200 Personen auf 900 reduziert. – Sie, liebe Kollegin­nen und Kollegen von der FPÖ, gehören doch einer Partei an, die immer wieder diesen Reformstau beklagt. Wo ist denn dann die Unterstützung, wenn man diese Reform auch wirklich in die Tat umsetzt? (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Ich habe von Ihnen nichts gehört: von Ihren Vertretern im Ressort nicht und auch von Ihnen hier im Parlament nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Reduzierung von 1 200 auf 900 Beamte gekoppelt mit sozial verträglichen Maßnah­men. (Abg. Mag. Donnerbauer: Zählt da der General  auch dazu?) – ich bin kein un­sozialer Mensch. Es geht darum, sozusagen fit zu machen für die Zukunftsaufgaben, und das machen wir. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Wir haben den Verwaltungsaufwand um 10 Prozent verringert.

Wir haben 118 Liegenschaften – auch mit der Vorarbeit meines Kollegen Günther Plat­ter; 118 Liegenschaften! – des österreichischen Bundesheeres bereits verkauft: ein Liegenschaftserlös von 185 Millionen €!

Wir haben die Zahl der Militärattachés im Ausland reduziert. Wir haben damit auch ein Einsparungspotenzial geschaffen.

Und wir haben eines erreicht – und das ist ganz, ganz wichtig; und ich möchte heute auch über Reformen reden; ich würde mir wünschen, dass das ganze Parlament zu diesem Reformprozess steht (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer) –, und zwar haben wir gemeinsam mit der Frau Finanzminister, die hier heute auch auf der Regie­rungsbank sitzt, geschafft, dafür zu sorgen, dass 400 Beamtinnen und Beamte des Ver-


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teidigungsressorts in das Finanzressort übergeführt werden können, um dort Aufgaben nachzugehen, die wichtig sind für Österreich, wie etwa die Bekämpfung der Korruption, die Bekämpfung der Schwarzarbeit oder die Bekämpfung des Glücksspiels, wenn es il­legal ist. – Ich finde, das ist ein Prozess, den man doch auch anerkennen sollte. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist Reform, wie man sich das im österreichischen Verwaltungssys­tem vorstellen sollte!

Ich habe der Frau Innenminister 200 Beamte angeboten, die über Stand sind, um auch dafür zu sorgen, dass die Polizistinnen und Polizisten auf die Straße gehen können und wir im Verwaltungsbereich etwas weiterbringen können. Auch das ist doch keine ideologische Frage des Verteidigungsministers Darabos, das ist eine Frage, die die gesamte Republik betrifft! Und jeder von uns in diesem Hause sollte doch der Meinung sein, dass mehr Polizistinnen und Polizisten auf der Straße gut sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Und wenn ich mit der Kollegin Mikl-Leitner mit einer Verwal­tungsmaßnahme, innovativ gesetzt, dafür sorgen kann, dann sollte von Ihnen – ich er­warte keinen Applaus, aber zumindest ein Nicken – ein anerkennendes Nicken kom­men, denn das ist eine Verwaltungsreform, die wir in anderen Ressorts auch andenken könnten, und es ist eine gute Reform. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Und wie ist das mit dem Mobbing bei Entacher?) – Herr Kollege Strache, ich komme auf diese Fra­ge noch zu sprechen.

Und auch das sollte nicht gering geschätzt werden – bei aller Kritik, die Sie als Oppo­sitionsparteien gerne immer wieder auch artikulieren sollen, das ist ja durchaus auch das Salz in der Suppe der Demokratie –: Ich möchte darauf hinweisen, dass während meiner Ministerschaft 2,5 Milliarden € – nicht Schilling, sondern 2,5 Milliarden €! –in die Modernisierung der Truppe investiert worden sind.

Wir haben Lastkraftfahrzeuge gekauft, wir haben Mehrzweckfahrzeuge gekauft, 150 an der Zahl, wir haben Radaranlagen neu angeschafft, das System Goldhaube – das ja auch bekannt sein dürfte, selbst wenn man sich sozusagen nicht täglich mit dem Bun­desheer beschäftigt – neu ausgefasst. Wir haben den „Kampfanzug neu“ – ein Wunsch der Truppe – neu ausgegeben, wir haben das Truppenfunksystem CONRAD mit 5 000 Geräten an die Truppe weitergegeben, wir haben für die Maschine Hercules C-130 Sanitätscontainer angeschafft, wir haben das Upgrade der 23 Hubschrauber vom Typ AB 212 durchgeführt, wir haben 15 neue Allschutztransportfahrzeuge angekauft für den ABC-Schutz, also für atomare, biologische und chemische Bedrohungen, und wir haben 420 Millionen € in Infrastrukturmaßnahmen investiert. – Das ist das Bundes­heer, das ich mir für die Zukunft vorstelle!

Ich könnte mir auch gerne noch mehr Geld für das österreichische Bundesheer vorstel­len, wir sind aber in einem schwierigen Prozess; erst heute haben wir in der Regie-
rung eine Schuldenbremse beschlossen. Es wird in den nächsten Jahren nicht ein­facher werden, aber es ist doch darauf hinzuweisen, dass da investiert wird, und zwar 420 Millionen €! Ich sage jetzt ein Beispiel: Güssing. Ein zweites Beispiel: Melk, das wird bis 2015 fertiggestellt werden.

Ich möchte diese Gelegenheit heute auch dazu nutzen, Ihnen ganz klar zu sagen: Ich lasse mir aus parteipolitischen Gründen das österreichische Bundesheer nicht schlecht­reden. (Ruf bei der ÖVP:  ihr selber!) Die Leistungen werden vom österreichischen Bundesheer geschaffen, und wir schaffen die finanziellen Voraussetzungen, um in In­frastruktur und Beschaffungen zu investieren. Insofern ist das Schlechtreden auch ein Akt, den man hintanhalten sollte, wenn er hier aus parteipolitischen Gründen sozusa­gen vorgetragen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Klikovits: Das machen ja nicht wir, Herr Minister!)

Zur Frage Entacher, die heute angesprochen wurde: Natürlich gibt es einen politischen Hintergrund, der hier auch zu diskutieren ist, und insofern bin ich Ihnen für diese Dring-


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liche heute auch dankbar. – Das Bundesheer steht nicht vor einem „Abgrund“, wie Sie behaupten, es steht aber vor einer Richtungsentscheidung: Belassen wir alles so, wie es ist, oder versuchen wir, das Bundesheer fit zu machen für die Zukunft unter ge­änderten finanziellen Rahmenbedingungen? Sind wir bereit, alte Zöpfe abzuschneiden, um das sehr salopp zu sagen? Sind wir bereit, die hohe Qualität des österreichischen Bundesheeres mit Reformmaßnahmen abzusichern? Und sind wir bereit, die Heraus­forderungen der Zukunft auch gemeinsam anzugehen? – Ich bin der Auffassung – und dazu stehe ich zu 100 Prozent –, dass wir diese Veränderungen angehen müssen, dass wir diese Veränderungen auch brauchen. Und es gibt drei wesentliche Gründe, das – und diese Dringliche gibt uns die Möglichkeit dazu – heute auch einmal im Ho­hen Haus zu diskutieren.

Erstens: Zum einen ist nach dem Ende des Kalten Krieges – und ich hoffe, da sind wir uns alle einig – vor mehr als 20 Jahren diese Ost-West-Geschichte tot, sie ist wegge­fallen. Damit ist aus meiner Sicht auch die Grundlage für ein Massenheer weggefallen.

Zum Zweiten erfordern neue Einsatzszenarien ein flexibles, aus meiner Sicht schlanke­res und rasch einsetzbares Bundesheer aus Profis und Spezialisten.

Und zum Dritten darf ich daran erinnern, dass Sie das gemeinsam hier im Hohen Haus beschlossen haben, nämlich die Empfehlungen der Bundesheerreformkommission. Da heißt es wörtlich: „die Gliederung des Bundesheeres 2010“ ist „so zu gestalten, dass spätere Entwicklungen, etwa auch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Umstellung auf ein Freiwilligenheer, möglich sind.“ – Nicht mehr und nicht weniger tue ich.

Wir stehen vor neuen Herausforderungen: internationaler Terrorismus – ich hoffe, da sind wir uns auch einig, dass das eine ganz große Herausforderung ist –, das Schei­tern von Staaten – wir haben das gesehen in Afrika, in anderen Regionen der Welt. Wir haben Folgen von Angriffen auf die Sicherheit unserer IT-Systeme zu bewältigen, wir haben die Bedrohung strategischer Infrastruktur zu bewältigen. – Das sind nur einige der Gefahren, die auf uns zukommen, und ich glaube, dass wir das mit dem von mir vorgeschlagenen Modell machen können.

Wir haben uns in der Regierung mittlerweile darauf geeinigt, immer 12 500 Soldaten für den Katastrophenschutz bereitstellen zu können und mindestens 1 100 Soldatinnen und Soldaten für den Auslandseinsatz. Ich erinnere daran, wir haben mittlerweile 1 500 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz.

Und ich darf heute auch die Frage stellen, denn es ist ja offensichtlich eine Frage ... (Abg. Neubauer: Nein, Sie sollen die Fragen beantworten! – Ruf: Zur Sache!) – Ja, ich beantworte Ihre Fragen, Sie brauchen keine Angst zu haben.

Bei den Grundwehrdienern sind fast 60 Prozent von den 24 000 in systemerhaltenden Funktionen zu finden: Fahrer, Köche, Kellner, Schreiber. (Abg. Strache: Zivildiener, die wir brauchen!) – Ich frage mich wirklich, ob das sozusagen Ihr Zukunftskonzept für das österreichische Bundesheer ist. Meines ist es nicht, sage ich ganz offen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube daher, dass es höchst an der Zeit ist, Pilotprojekte durchzuführen – und ich werde das bei der Fragebeantwortung noch einmal ansprechen –, die auch darauf ab­zielen, ein neues österreichisches Bundesheer zu schaffen. Ich sehe auch keinen Grund, hier emotional zu reagieren. Es geht um die Aufstellung von Musterverbänden mit Be­rufs- und Zeitsoldaten. Es geht um die Stärkung und Aufwertung der Miliz. (Abg. Stra­che: Das sieht die Miliz völlig anders!) Das sollte auch in Ihrem Sinne sein und auch im Sinne der Miliz. Es geht um die Reduktion von Systemerhaltern, und ich hoffe, da sind wir uns auch einig, dass das ein Zukunftsprojekt für das österreichische Bundesheer ist. (Abg. Ing. Höbart: Die Offiziersgesellschaft sieht das anders!)


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Und diese Pilotprojekte knüpfen an Ihre Maßnahmen an! Diese Pilotprojekte sind be­reits auf Grundlage der Empfehlungen der Bundesheerreformkommission so ange­dacht worden, und insofern fühle ich mich dem Auftrag des österreichischen Parla­ments verpflichtet und tue nicht mehr, als Sie schon im Jahr 2005 sozusagen mir be­ziehungsweise meinem Vorgänger anempfohlen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es werden zu Recht Reformen eingefordert. Ich versuche, diese Reformen auch durchzuführen. Es ist nicht immer angenehm – ich muss das aushalten, das ist keine Frage, aber ich stehe dazu. (Abg. Ing. Höbart: Sie sind auf dem Holzweg!) Und wir haben auch schon beim Tschad-Einsatz, um zum Ab­schluss dieses allgemeinen Teiles noch ein Symbol zu nennen, gesehen – wo auch sehr viele von Ihnen dagegen waren –, dass wir da auf dem richtigen Weg sind, näm­lich, dass wir mit Profis und mit Milizsoldaten den Aufgaben des österreichischen Bun­desheeres nachkommen können. Und ich lasse mich von diesem Weg auch nicht ab­bringen.

Zu den Fragen. – Ich werde jede Frage einzeln beantworten.

Zur Frage 1:

Die Begründung für die Versetzung war amtswegig und war aus meiner Sicht in wich­tigem dienstlichen Interesse gegeben.

Zur Frage 2:

Die Verständigung über die Versetzung des Generals Entacher erfolgte mit Bescheid der Dienstbehörde am 24. August 2011.

Zur Frage 3, ob irgendwelche ressortfremden Personen in diese Entscheidung invol­viert gewesen sind, sage ich ein klares Nein. (Abg. Grosz: Häupl, Dichand, Rudas!)

Damit entfällt auch die Beantwortung der Frage 4.

Die Frage 5 ist ebenfalls in der Begründung für amtswegige Interessen zu sehen und war durch einen Vertrauensverlust von mir aus legitimiert.

Zur Frage 6:

Der Bescheid wurde am 24. August 2011 erlassen.

Zur Frage 7, wie lange das Ermittlungsverfahren dauerte:

Im Laufe des Verfahrens wurden mehrere Anträge auf Verlängerung der Frist zur Stel­lungnahme eingebracht, und diesen wurde auch stattgegeben. Somit wurden der Ver­fahrensverlauf und die Dauer des Verfahrens maßgeblich auch von den Einwendungen des Rechtsvertreters von General Entacher beeinflusst. Das Ermittlungsverfahren dau­erte daher bis Mitte August 2011. (Ruf: Ein Jahr!)

Zur Frage 8:

Nein. Das fällt in die Zuständigkeit der Dienstbehörde.

Zur Frage 9:

Diese entfällt aufgrund der Beantwortung der Frage 8.

Zu den Fragen 10 und 11:

Die Berufungskommission bestätigte, wie Sie ja wissen, den Vertrauensverlust – aus der Sicht dieser Kommission – nicht. Die Entscheidung der Kommission wird von mei­ner Seite – und das ist die Beantwortung der Frage 12 – zur Kenntnis genommen, und ich habe, wie Sie ja wissen, General Entacher auch wieder eingesetzt, auch per Minis­terweisung.


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Zur Frage 13:

Es sind keine Kosten entstanden.

Zur Frage 14: In welcher Form haben Sie den Dienstantritt von General Entacher ent­gegengenommen?:

Ich habe mit dem General am 8. November um 7.30 Uhr ein persönliches Gespräch geführt (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath) und auch die weitere Vorgangsweise so­wohl im Ressort als auch außerhalb des Ressorts besprochen.

Zur Frage 15, ob es zu einer Umstrukturierung des Generalstabes kommt:

Es wird nicht der Generalstab umstrukturiert, sondern die gesamte Zentralstelle. Es ist das Ziel, Doppelgleisigkeiten zu beseitigen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Grosz.) – Weil Sie gelacht haben: Es wird keine „Lex Entacher“ geben. (Abg. Grosz: Jetzt legt er Sektionen zusammen, damit er neu ausschreiben kann!) Es geht um schnellere Abläu­fe, es geht um die Verschlankung der Strukturen, und es wird nach dem Bundeshaus­haltsgesetz, das in diesem Haus beschlossen wurde (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Silhavy und Grosz), Herr Abgeordneter, die vorgesehene Wir­kungskontrolle in der Zentralstelle auch abgebildet werden, in Zusammenarbeit der Sektion 1 und des Generalstabs.

Zu den Fragen 17 und 22:

Es handelt sich bei den von mir angesprochenen Pilotprojekten um Maßnahmen – aus meiner Sicht – zur weiteren Professionalisierung der Streitkräfte. Diese Pilotprojekte basieren auf den Empfehlungen der Bundesheerreformkommission und leiten sich aus dem Regierungsprogramm ab. Dazu ist unter anderem angeführt:

„Verwendungen im Bereich der Systemerhaltung sind auf ein Mindestmaß zu redu­zieren.“

Das ist ein Zitat aus dem Regierungsprogramm; daher das Pilotprojekt zur Reduzie­rung der Zahl der Funktionssoldaten.

Zweites Zitat:

„Die neuen Aufgaben sind nur durch bestens ausgebildete Soldaten und Soldatinnen und hochqualifizierte Spezialisten und Spezialistinnen zu bewältigen.“

Daher auch die Aufstellung eines Musterverbandes ausschließlich mit Berufs- und Zeit­soldaten.

Und das dritte Zitat aus dem Regierungsprogramm:

„Modernisierung und Professionalisierung der Miliz im Rahmen der Umsetzung der Bundesheerreform.“

Daher auch ein Projekt zur Stärkung der Miliz.

Und ich darf die Herren und Damen von der FPÖ daran erinnern, dass in der Bundes­heerreformkommission in diesem von mir schon angesprochenen Konsens aller Par­teien im Kapitel 3.2 Folgendes festgeschrieben wurde – ich zitiere –:

„die Gliederung des Bundesheeres 2010 so zu gestalten, dass spätere Entwicklungen, etwa auch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Umstellung auf ein Freiwilligenheer, möglich sind.“ – (Abg. Strache: Möglich, aber nicht rechtsgültig zurzeit!) – Möglich sind, deswegen mache ich auch die Pilotprojekte.

Zur Frage 18:

Ich ersuche um Verständnis, dass ich aufgrund des Bearbeitungsstandes derzeit noch keine detaillierten Auskünfte geben kann, was Standorte betrifft. Faktum ist, dass viele


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Verbände – das möchte ich heute auch ausdrücklich betonen – großes Interesse be­kunden, an diesen Pilotprojekten teilzunehmen. (Abg. Ing. Höbart: Sicher!)

Zur Frage 19: Was ist die Rechtsgrundlage für die Projekte?:

Die Rechtsgrundlagen sind das geltende Dienst- und Besoldungsrecht sowie das Wehr­recht.

Zur Frage 20:

Herr Abgeordneter, Sie haben das jetzt zu Recht eingeworfen: „Bekennen Sie sich zu dem in der Verfassung verankerten Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht?“ – Ich be­kenne mich selbstverständlich zur österreichischen Bundesverfassung, gleichzeitig se­he ich es als meine Aufgabe an, notwendige Reformen voranzutreiben und auch für das Hohe Haus, im Fall des Falles, Gesetzesänderungen vorzubereiten. Aber natürlich bekenne ich mich zur Verfassung und damit auch zum verankerten Prinzip.

Zur Frage 21:

Die entfällt. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Zu den Fragen 23 bis 25:

Diese betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung, obwohl ich Ihnen (Abg. Grosz: Herr Bundesminister, die Frage kann nie entfallen, nur die Antwort! Zwischenrufe des Abg. Ing. Westenthaler. Die Frage entfällt aufgrund der Beantwortung der vorheri­gen. Sie haben das ja vor sich liegen. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und BZÖ.) Die Beantwortung der Frage entfällt, okay.

Die Fragen 23 bis 25 sind kein Gegenstand der Vollziehung, aber ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe eine gute Gesprächsbasis mit dem Oberbefehlshaber des österreichi­schen Bundesheeres, aber Sie können Ihn natürlich gerne auch selbst befragen, wie er Leistungen meinerseits beurteilt. (Abg. Ing. Höbart: Der Herr Bundespräsident ist an­derer Meinung als Sie!) Aber grundsätzlich ist es keine Frage der Vollziehung, und da­mit entfällt diese Antwort.

Ich danke für die Aufmerksamkeit, ich werde mich auf dem Reformweg jedenfalls nicht beirren lassen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


15.42.35

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich glaube, jetzt muss man wirklich einmal die Möglichkeit nutzen, hier mit der einen oder anderen Unwahrheit aufzuräumen. Sehr geehrter Herr Bundes­minister, ich habe mir eine Rede vorbereitet, aber ich habe aufgrund Ihres allgemeinen Teiles und aufgrund Ihrer Anfragebeantwortung diese Rede umschreiben müssen, denn, Herr Bundesminister, wer einmal die Unwahrheit sagt, dem glaubt man nicht mehr. Das gilt auch hier im Hohen Haus. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ing. Höbart: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!)

Wenn Sie, Herr Bundesminister, in Ihrem Eingangsstatement behaupten, das österrei­chische Bundesheer erfüllt zu 100 Prozent die geforderten Aufgaben, dann sage ich: Jawohl, das ist richtig. Aber nicht Sie, Herr Bundesminister, erfüllen diese Aufgaben,


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sondern die Bediensteten, die Soldatinnen und Soldaten des Bundesheeres – trotz Ih­rer Chaos- und Verunsicherungspolitik der letzten Jahre. (Beifall bei der FPÖ. Zwi­schenruf des Abg. Grosz.) Hier, von diesem Rednerpult aus, muss man auch einmal den Bediensteten, die trotz dieser Verunsicherungspolitik jeden Tag motiviert und mit einem großen Leistungswillen ihren Dienst versehen, danke sagen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Nächste Unwahrheit, Herr Bundesminister: Sie schreiben selbst im Begleitheft zum Budget 2012, dass mit den vorhandenen Budgetmitteln der eingeschränkte Betrieb des Bundesheeres sichergestellt ist. Jetzt hier so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre, ist gegenüber dem Bundesheer, der gesamten Bevölkerung Österreichs einfach unwahr und eine Sauerei. – Entschuldigen Sie diesen Ausdruck. (Beifall bei der FPÖ. He-Ruf bei der SPÖ.)

Nächste Unwahrheit, Herr Bundesminister: Sie behaupten, aufgrund Ihrer großartigen Reformen der letzten Jahre ein Vorbild für die gesamte Bundesregierung zu sein. Jetzt frage ich Sie, warum wir bei der Personalvertretungswahl im Jahr 2009 im Dienststel­lenausschuss des BMLVS 1400 Wahlberechtigte gehabt haben und nicht, so wie Sie es behaupten, gerade rund 900. Das ist die nächste Unwahrheit, Herr Bundesminister, auch damit gehört einmal aufgeräumt. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Strache: 1 400 Wahlberechtigte! Eigenartig!)

Der Unterschied, Herr Bundesminister, zwischen unserer Auffassung von Reform und Ihrer Auffassung von Reform ist folgender: Ja, es ist richtig, wir haben 3 500 Bediens­tete im österreichischen Bundesheer, die über Stand geführt sind. Das bedeutet, dass diese in Wahrheit keine Aufgabe haben. – Aber: Wenn Sie heute den Wechsel zum Finanzministerium, in das Finanzressort als großen Wurf feiern, dann sage ich Ihnen als Personalvertreter und als Stabswachtmeister des Bundesheeres: Der Altersschnitt dieser Menschen ist 40,7 Jahre. Das sind hochqualifizierte Unteroffiziere und Offiziere, die in Ihrem Bundesheer, Herr Bundesminister, keine Zukunft mehr sehen und deshalb leider aus unserem Ressort abwandern. Es sei Ihnen auch einmal ins Stammbuch ge­schrieben: Niemand geht freiwillig von seinem Beruf weg, in ein anderes Ministerium. Das sind Ihre Rahmenbedingungen der letzten Jahre. (Beifall bei der FPÖ.)

Nächste Unwahrheit, Herr Bundesminister: Evaluierungskommission zu den Punkten der Reformkommission, wo Sie der Meinung sind, 80 Prozent sind umgesetzt. Erstens gibt es keinen Endbericht der Evaluierungskommission, das wissen Sie. Es gibt ein Pa­pier, wonach rund 50 Prozent dieser Punkte umgesetzt sind. Und, meine Damen und Herren, wir alle hier in diesem Haus wissen, es sind jene Dinge umgesetzt, die einfach zu finanzieren waren. Dort, wo allerdings Geld in die Hand genommen hätte werden müssen, ist nichts passiert, Herr Bundesminister.

Ich werde Ihnen hier auch einige Ihrer Aussagen vorlesen. Zum Thema Budgeterhö­hung: Sie haben am 11. Februar 2010 gesagt: Ja, ich werde mehr Budget verlangen müssen. – Faktum ist, Herr Bundesminister, im Jahr 2011 stehen um rund 64 Millio­nen € weniger für das Bundesheer zur Verfügung. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Faktum ist auch, Herr Bundesminister, dass Sie auch hier in diesem Haus gesagt ha­ben, dass mit dem vorhandenen Budget die Reform, wie sie von der Bundesheer-Re­formkommission vorgeschlagen worden ist, nicht umsetzbar ist. Also: Heute hier zu sagen, es ist alles auf Schiene, ist ganz einfach nicht richtig, es ist unwahr. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Der nächste Vorwurf, Herr Bundesminister, den ich Ihnen auch nicht ersparen kann – wurde auch bereits diskutiert, aber hier noch einmal für alle im Hohen Haus –, ist die Manipulation und die Schönfärberei und Schönrechnerei Ihres berühmten Modell 3. Sie, Herr Bundesminister, behaupten in der Zeitung „Österreich“ am 8. Jänner 2011, das neue Heer koste keinen Cent mehr.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute wissen wir, das so lange herum ge­rechnet worden ist, auch mit ganz bewusst falsch gewählten Zahlen, bis man auf diese berühmten 2,18 Milliarden € Budget gekommen ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Petzner und Grosz.) Faktum ist, dass man rund 0,5 Milliarden € ganz einfach verges­sen hat, um dieses Modell 3, das vom Herrn Bundesminister präferiert wird, zu bevor­zugen. (Abg. Grosz:  du auch noch versetzt wirst, nach Sibirien! Ruf bei der FPÖ: Unredlich!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, dass alle hier in diesem Haus vertretenen Parteien – ich sage es jetzt einmal vorsichtig – so leichtgläubig sind, dass sie dieses Zahlenspiel nicht auch durchschauen, und nicht umsonst gibt es ja auch massive Kritik aus Ihren eigenen Reihen, was diese Berechnungen betrifft.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, wir sind ja nicht zum ersten Mal heute hier. Ich glaube, Sie sind der Rekordhalter, was Misstrauensanträge in diesem Haus betrifft – wohl auch zu Recht. Ein Großteil dieser Anträge wurde auch von uns in den letzten Jahren gestellt. Aber ich kann es Ihnen wirklich nicht ersparen, denn die Causa Enta­cher ist ja nur das i-Tüpferl einer ganzen Verkettung von, ich sage es einmal so, un­glücklichen Umständen – leider durch Sie auch entsprechend vorangetrieben.

Mir ist vollkommen klar, dass Sie bei der Anfragebeantwortung die Frage 11 nicht be­antwortet haben, nämlich die Frage, ob Ihre Nationalratsrede aus dem Jahr 2010 – wo Sie gefragt worden sind, wie das Verhältnis zum Generalstabschef Entacher aussieht, und Sie behauptet haben, es passe kein Blatt Papier zwischen Sie und den General­stabschef und er sei der beste Mann des Bundesheeres (Zwischenruf bei der FPÖ) – auch Teil der Beurteilung der Berufungskommission gewesen ist. – Ja natürlich war das auch Teil der Beurteilung der Berufungskommission, es war sogar eine der Haupt­begründungen, warum dieser Bescheid in Wahrheit nicht in dieser Form durchgegan­gen ist.

Herr Bundesminister, wenn man schon hier vor dem Hohen Haus Fragen beantwortet, dann bitte ich, auch unangenehme, vielleicht etwas peinliche Fragen zu beantworten, dafür sind wir beziehungsweise auch die parlamentarischen Kontrollmechanismen da. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend, Herr Bundesminister, darf ich aufgrund der jetzt aufgezählten Tatsachen und Fakten folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Fichtenbauer, Kunasek und weiterer Abgeordneter betref­fend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe das schon öfter hier von diesem Rednerpult aus gesagt: Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, es ist wirklich an der Zeit, die­sem Treiben ein Ende zu setzen. Ich sage es auch immer wieder ganz bewusst an die­se Seite, auch an die ÖVP. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Petzner.) Ir-


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gendwann einmal ist auch Ihre Verantwortung gefragt, und ich frage mich, wie lange Sie noch zuschauen möchten, wie ein Bundesminister fernab Ihres Regierungskom­mens, fernab – ich hoffe es zumindest – von Absprachen mit Ihrer Fraktion Politik be­treibt und das Bundesheer und die Sicherheit Österreichs leichtfertig für parteipolitische Zwecke aufs Spiel setzt.

Ich fordere Sie auf, bekennen Sie endlich Farbe und seien Sie endlich diese Sicher­heitspartei, die Sie immer vorgeben zu sein! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Strache: Viel­leicht gibt es ein paar Sideliner!)

15.50

15.50.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kunasek, durch die Ent­schuldigung für das Wort „Sauerei“ (Abg. Ing. Westenthaler: Schweinerei!) kann ich davon ausgehen, dass Sie dieses Wort zurückgenommen haben? (Abg. Kunasek: Nein!)

Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. Rufe bei FPÖ und BZÖ: 1 000 €! Abg. Grosz in Richtung des Abg. Kunasek –: Pass auf, dass du nicht versetzt wirst!)

Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. (Abg. Ing. Westenthaler:  ein paar Anträge für die Frau Präsi­dentin einbringen! Unruhe im Saal.)

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Dr. Fichtenbauer, Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter in der 130. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 15. November 2011.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähau­ser. – Bitte.

 


15.51.09

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Weit haben wir es gebracht, wenn man für das Wort „Sauerei“ noch Beifall in diesem Haus findet! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Meine Damen und Herren, das weise ich auf das Entschiedenste zurück! (Abg. Grosz: Einsperren! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) – Herr Kollege Grosz, wenn Sie den Mund aufmachen, denke ich mit Wehmut an den Kollegen Faul, mehr sage ich nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren, der Misstrauensantrag heute ist nicht nur nicht gerechtfer­tigt, es wäre auch, wie es der Herr Antragsteller selber ausgeführt hat, einsehbar, wenn der Minister nicht zurücktreten würde. Das ist die Wahrheit und des Pudels Kern.

Meine Damen und Herren, was wir heute einem Minister vorwerfen, hätten wir eigent­lich jedem Minister in der Riege der letzten acht Minister vorwerfen müssen (Abg. Stra­che: Also gegen die Verfassung hat keiner gehandelt!), zum Beispiel zu wenig Geld verlangt zu haben, zu wenig Geld bekommen zu haben. Jeder von uns weiß, wie ein Ministerium zu einem Budget kommt. Die Gesamtmöglichkeiten des Staates sind die Grundlage, die Anforderungen sind die Grundlage.

In Zeiten, wo die Bildung, wo die Gesundheit, wo die Pensionen, wo die Wirtschaft gro­ße Probleme haben, wird man dort sparen müssen, wo morgen nicht die große Bedro­hung vor der Haustüre wartet. Aber natürlich darf nicht übersehen werden, die Pflich­ten, den Schutz der Bevölkerung, Katastrophenschutz, Auslandseinsätze zu bewerk­stelligen. Und das ist in der Verantwortung des Ministers, und in seiner Verantwortung liegt es auch, zu beurteilen, wie diese Aufgabe am besten zu lösen ist. Unsere Auf-
gabe kann sein, zu kontrollieren und Ratschläge mit einzubringen. (Zwischenruf des
Abg. Petzner.)

Ratschläge von Ihnen nehmen wir immer gerne auf, Herr Kollege, aber nicht in Sachen Bundesheer. (Abg. Strache: Sie haben doch parteiintern den Herrn Bundesminister auch kritisiert!)  Herr Kollege, wenn ich etwas zu kritisieren habe, sage ich das auch, verstecke mich nicht und schreie das nicht hinaus, sondern versuche, sachlich zu argu­mentieren. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Petzner: Haben Sie den Mut, das auch zu sagen!)

Es gibt natürlich Meinungsunterschiede, das ist auch keine Frage. Dass bei 183 Abge­ordneten alle einer Meinung sind, das möchte ich gar nicht erleben. Das wäre keine Demokratie, und daher ist es gut, wenn es kritische Stimmen gibt, die vielleicht auch dafür sorgen, Fehler zu vermeiden. Aber ausschließlich für sich zu behaupten, recht zu haben, ich glaube, das steht keinem von uns hier in diesem Hause zu! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ein beliebtes Angriffspunkterl oder -ziel ist ja immer wieder der Versuch, die Eurofighter nicht kaufen zu müssen oder wenigstens zu reduzieren. Wir wissen, dass die Regierung, die nach der Wahl noch im Amt war, es noch ge­schafft hat, einen Knebelungsvertrag zu zimmern, der es nahezu unmöglich gemacht hat, aus dem Vertrag auszusteigen. Wir haben also drei Flieger weniger bekommen. Man kann das diskutieren, in welcher Form auch immer, in welchem Zustand diese Flieger sind, aber sehr alt waren sie in Wirklichkeit auch nicht. Da sollten wir uns nichts vormachen!

Ich habe mir die Mühe gemacht, einmal die Betriebskosten dieser Eurofighter durchzu­rechnen – ich war auch im Eurofighter-Ausschuss dabei, habe also die Versprechen der damaligen Minister immer wieder gehört. (Ruf bei der FPÖ:  Foto von den Euro­fightern!  ist ein Fan von Eurofightern! Abg. Mag. Stadler: Lenken Sie nicht ab!) Ich gehe einmal von den drei Fliegern aus. Jeder weiß, drei Flieger, einer um rund 100 Millionen €, das sind 300 Millionen € weniger. Wir haben damals gehört, mehr als 45 000 € würde die Stunde nicht kosten, was die Betriebskosten betrifft. Wir wissen, damals sind schon von den Kritikern, auch von uns, 75 000 € im Raum gestanden – das ist heute relevant, das wissen wir. (Zwischenrufe beim BZÖ. Abg. Strache: Für ein Foto!)

Allein die Tatsache, dass drei Flieger weniger zu bewegen sind, erspart uns im Jahr 22,5 Millionen €, in zehn Jahren sind es 225 Millionen € nach Adam Riese. Dazu kom­men noch die 350 Millionen €, die an Flugzeugen eingespart wurden, das ist also eine


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Ersparnis von 572 Millionen € gegenüber 600 Millionen €, die Sie uns vorgegaukelt haben beim Abschluss dieses Vertrages, was dieses Flugzeug uns kosten wird. Und heute den Minister dafür haftbar zu machen, kein Geld für notwendige Reformen zu haben, das ist zweischneidig, meine Damen und Herren. Das müsste man sich vorher überlegen. (Abg. Mag. Stadler: Was hat das mit dem Entacher zu tun? Heißt eines dieser Flugzeuge Entacher? Zwischenrufe des Abg. Petzner.)

Und wenn ich mir das BZÖ und die Freiheitliche Partei anschaue, dann sehe ich, der Zugang zu dieser Diskussion ist ein unterschiedlicher. Bei der Freiheitlichen Partei orte ich ja vielleicht noch ehrliches Bemühen, etwas hineinzubringen. Beim BZÖ verstehe ich die Aufregung nicht. Sie waren von Anfang an dafür, die Flieger zu beschaffen. Sie waren von Anfang an für das Berufsheer. Sie waren von Anfang an dafür, letztendlich genau bis 2006, und ab diesem Zeitpunkt waren Sie dagegen (Ruf beim BZÖ: Das stimmt!), nur weil Herr Minister Darabos einen Weg beschreitet, der ein Ziel hat, näm­lich das Bundesheer mit den Mitteln zu reformieren, die er zur Verfügung hat. Und die Mittel, die er zur Verfügung hat, beschließen wir, indem wir die Budgetmittel im Auftrag der Ministerien verteilen. (Ruf bei der FPÖ: Das gibt’s ja nicht! Abg. Petzner: Sie ha­ben es nicht verstanden! Danke, setzen! Abg. Strache: Das ist der Mobbing-Grund gegen Entacher?!)

Daher bitte ich, nachzudenken, welche Dinge bei uns Priorität haben. Die Leistungen des Heeres leiden nicht. Die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten im Ausland, im Inland sind hervorragend und Sie werden sie auch nicht schlechtreden können. Gott sei Dank sind die Leistungen nicht mit dem vergleichbar, was Ihre Partei sich bei den Finanzen in Kärnten geleistet hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Mit Wehmut denke ich an den Herrn Faul zurück! Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ sowie Gegenrufe der Abg. Silhavy.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.56.32

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine ge­schätzte Frau Bundesministerin und Herren aus der Bundesregierung! Geschätzte Da­men und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister Darabos, Sie haben in Ihrer Anfra­gebeantwortung und Ihrem Kurzstatement darauf hingewiesen, dass das österreichi­sche Bundesheer im vergangenen Jahr und in der Vergangenheit zweifelsfrei seiner Aufgabenstellung nachgekommen ist und sie sehr professionell erfüllt hat.

Diese Meinung kann ich durchaus mit Ihnen teilen, und Sie haben zu Recht auch auf die positiven Aufgaben, die wir im Ausland erfüllen, hingewiesen und den zuletzt einge­setzten Libanon-Einsatz angesprochen. All das kann ich teilen. Und ich kann auch die Meinung teilen, dass das österreichische Bundesheer mit seinem Kader, mit seinen Milizsoldaten und vor allem mit seinen Rekruten ausgezeichnete Arbeit leistet. Dafür möchte ich mich auch namens der Österreichischen Volkspartei sehr herzlich bedan­ken und Sie ermutigen, auch in der Zukunft, trotz größerer Schwierigkeiten, diesen Auf­gabenstellungen nachzukommen.

Aber, Herr Bundesminister: „Wer nicht bereit ist, mit mir gemeinsam das Bundesheer in eine neue Zukunft zu führen, der muss wissen, dass ich nicht vor personellen Konse­quenzen zurückschrecken werde.“

Mit dieser Ankündigung, Herr Bundesminister, haben Sie am Beginn dieses Jahres die Causa Entacher eingeleitet, die für Sie zu einem persönlichen Waterloo geworden ist, was wir heute, mit dieser Entscheidung, wissen. Für das Bundesheer ist letztendlich ein noch größeres Chaos entstanden, und Sie haben das mit zu verantworten.


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Herr Bundesminister, die Ankündigung einer Einführung eines Berufsheeres hat nicht nur Unverständnis bei uns als Koalitionspartner hervorgerufen, sondern vielfach natür­lich auch bei anderen Parteien und vor allem auch bei Teilen des österreichischen Bundesheeres. Es hat große Verunsicherung beim Kader hervorgerufen, und es hat dazu geführt, dass die Rekruten für die Zukunft verunsichert wurden. (Abg. Mag. Stad­ler: Misstrauen! Abg. Petzner: Rücktrittsreif! Bleiben Sie dabei?)

Selbst der Herr Bundespräsident hat letztendlich gemeint, dass er an den verfassungs­mäßigen Aufgabenstellungen, der Beibehaltung der Wehrpflicht durchaus festhält. Und Sie haben willkürlich, mit der Begründung des Vertrauensverlustes, Entacher abge­setzt. Ich sage, in Wirklichkeit war es kein Vertrauensverlust von Ihnen, sondern es war ein undemokratischer Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ. – Abg. Grosz: Misstrauensantrag!)

Herr Bundesminister, es besteht kein Zweifel daran, dass das Primat der Politik vor al­lem beim Bundesheer gilt, wenn es um politische Entscheidungen geht. Aber das Pri­mat der Politik hat nicht das Recht, sich über den Rechtsstaat hinwegzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des BZÖ. – Abg. Grosz: Deswegen Rücktritt!)

Ich habe vorher erwähnt, dass Sie die Abberufung Entachers eigentlich ohne Not her­beigeführt haben. Sie haben das Berufsheer eingeleitet, obwohl Sie selbst in Ihrer An­fragebeantwortung ... – Übrigens muss man auch einmal ansprechen, Herr Bundesmi­nister, wie Sie Anfragen beantworten. Das ist schlichtweg eine Farce und eine Provo­kation für jeden Abgeordneten! (Demonstrativer Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Mag. Gaßner. – Abg. Strache: Nicht, dass er als Nächster aus der ÖVP ausgeschlossen wird! – Abg. Ing. Westenthaler: Der schaufelt sich gerade sein eige­nes Grab!)

Herr Bundesminister! Sie haben das alles betreffend das österreichische Bundesheer, das Berufsheer, zweifelsfrei ohne unsere Zustimmung und ohne Absprache mit uns durchgeführt. (Abg. Mag. Stadler: Ich glaube, dass Sie bald ... versetzt werden! – Zwi­schenruf des Abg. Grosz.) Herr Bundesminister, Sie haben das letztendlich zu verant­worten; aber nicht nur Sie, sondern auch der Herr Bundeskanzler, der Sie in diese Funktion berufen hat. Ich persönlich habe in der Öffentlichkeit Kritik geübt und gesagt, Sie seien rücktrittsreif. Persönlich habe ich davon nichts zurückzunehmen, weil sich die Fakten nicht geändert haben.

Aber, Herr Bundesminister, wir als ÖVP werden natürlich diesem Rücktrittsersuchen der Opposition nicht nachkommen und daher auch diesen Antrag nicht unterstützen, weil wir in der Koalition nach wie vor daran glauben, dass wir vielleicht künftighin ge­meinsam weitere Verbesserungen für das österreichische Bundesheer umsetzen kön­nen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Misstrauensantrag ja oder nein? – Abg. Neu­bauer: Bei so einer Haltung werdet ihr bald bei 15 Prozent liegen! – Abg. Mag. Stad­ler: Das ist wahr! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. – Bitte.

 


16.02.10

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Wehr­sprecher der SPÖ, Kollege Prähauser, hat einiges sehr Wichtiges zur Dringlichen An­frage bezüglich Eurofighter-Beschaffung gesagt. Nur steht das heute nicht zur Ver­handlung. Zur Verhandlung steht eine Dringliche Anfrage zur Causa Entacher, und ich hätte es begrüßt, wenn es vonseiten der SPÖ irgendeine Stellungnahme dazu gege­ben hätte. Meiner Meinung nach wäre dazu durchaus einiges zu sagen, und zwar nicht nur gegen den Verteidigungsminister, sondern auch in Bezug auf General Entacher. (Abg. Grosz: Das macht dann der Kollege Cap!)


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Ich habe Herrn General Entacher in der Bundesheer-Reformkommission, in der ich ge­meinsam mit Vertretern der anderen Fraktionen unter der Leitung von Helmut Zilk Re­formvorschläge erarbeiten durfte, persönlich und fachlich sehr gut kennengelernt. Ich schätze ihn persönlich als außerordentlich integren Menschen und Offizier und habe fachlich, was die notwendige Reform des österreichischen Bundesheeres betrifft, zu ihm nicht das geringste Vertrauen. In der Bundesheer-Reformkommission war es unser Konsens, das österreichische Bundesheer zum damaligen Zeitpunkt als ein Heer von bestenfalls vorgestern zu erachten – trotz der vielen qualifizierten und engagierten Per­sonen, die dort ihren Dienst versehen und sich etwas anderes verdient hätten. Ich ha­be Herrn General Entacher im Grunde, auch bevor er Generalstabschef geworden ist, in seiner Tätigkeit als eine Art Museumswärter eines Bundesheeres von vorgestern empfunden. Das war sicherlich nicht die Person, die das österreichische Bundesheer an der Spitze gebraucht hätte.

Jetzt ziehe ich einen Vergleich zum Innenministerium, ich werde das später noch ein­mal tun. Als die ÖVP das Innenministerium übernommen hat, ist unter Ernst Strasser einmal politisch gesäubert und umgefärbt worden. Als die SPÖ mit Herrn Mag. Dara­bos das Verteidigungsministerium übernommen hat, ist etwas ganz anderes gesche­hen. Herr Mag. Darabos hat sich trotz vieler Warnungen auch aus Kreisen der Bundes­heer-Reformkommission Herrn General Entacher als Generalstabschef geholt, und zwar nicht aufgrund seiner fachlichen Qualifikation (Abg. Strache: Er ist ja SPÖ-Mit­glied!), nicht aufgrund seiner Erfahrungen und seiner Unterstützung der Bundesheer-Reformkommission (Abg. Strache: Aufgrund des Parteibuches!), sondern ausschließ­lich aufgrund seines Parteibuches.

Jetzt sehen wir den Unterschied zwischen SPÖ und ÖVP auch in diesem Fall: Wäh­rend die Österreichische Volkspartei die Parteibuchwirtschaft höchst professionell be­treibt (Abg. Grosz: Und die SPÖ macht es unprofessionell!), geht bei der SPÖ sogar die Parteibuchwirtschaft schief. (Abg. Grosz: Ja!) Der Fall Entacher ist ja nichts ande­res als völlig schiefgegangene Parteibuchwirtschaft. Man hat jemanden genommen, dem man sachlich eigentlich nicht vertraut hat, aber man hat gesagt, er ist unser rang­höchstes Parteibuch in der militärischen Landesverteidigung.

Herr Verteidigungsminister Mag. Darabos! Das war meiner Meinung nach der Beginn einer Entwicklung, die nur schiefgehen konnte. Ich glaube Ihnen persönlich, dass Sie die Bundesheerreform umsetzen wollten, das ist aber völlig schiefgegangen. Sie woll­ten die Eurofighter nicht, das ist völlig schiefgegangen. Sie wollen die Wehrpflicht ab­schaffen, ich befürchte Ähnliches. Aber darauf komme ich noch zurück.

Jetzt haben Sie Modelle in Auftrag gegeben und vernünftigerweise und richtig zu Ge­neralstabschef Entacher gesagt: Herr Generalstabschef, lassen Sie das einmal durch­rechnen, ich brauche plausibel durchgerechnete Modelle. Entacher hat gerechnet und geliefert, und dann hat er etwas getan, wofür ich an Ihrer Stelle auch kein Verständnis gehabt hätte: Er hat Ihnen die Modelle übergeben. Sie haben dann das Ihrer Meinung nach sinnvollste Modell präsentiert, und dann ist der Modelldurchrechen-General auf­gestanden und hat gesagt: Ätsch, alles Blödsinn, ich bin dagegen, ich habe zwar die Modelle geliefert, aber ich distanziere mich schärfstens davon. Jetzt kann man sagen: Okay, da hat es einen doppelten Entacher gegeben. Aber welche Rechte hat der Mi­nister in dieser Situation?

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Erzählen Sie mir einmal etwas darüber, wie Ihre Regierungsmitglieder mit Beamten umgehen (Abg. Grosz: Strasser! So ist es!), die etwas anderer Meinung sind als, sagen wir einmal, eine ehemalige Innenministerin! Ich kann mir das vorstellen. Glauben Sie wirklich, dass irgendein Beamter im Innenmi­nisterium, wenn er aufgestanden wäre und gesagt hätte: Ich bin mit einer Maßnahme der Ministerin nicht einverstanden oder ich bin nicht ganz ihrer Meinung! (Abg.


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Mag. Stadler: Der Herr Strasser hätte einen Laptop-Hagel ...! ), das auch nur einen Tag lang überlebt hätte? (Abg. Grosz: Nein, ein Laptop-Hagel!) Glauben Sie das wirk­lich? Herr Kollege Grosz, Sie haben recht, ein Laptop-Hagel (Heiterkeit des Abg. Grosz) wäre unter Ernst Strasser auf diesen Beamten niedergegangen, plus Disziplinarverfah­ren. (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Entschuldigen Sie, fragen Sie einmal Dr. Haidinger! Meine Damen und Herren von der ÖVP! Kommen Sie heraus und erklären Sie uns, warum Sie Dr. Haidinger im Innen­ministerium bis zum letzten schwarzen Blutstropfen verteidigt haben! Er hat nämlich seine eigene Meinung gesagt. Natürlich haben Sie für ihn gekämpft. Es kann sich nur niemand in der ÖVP mehr daran erinnern, wie sehr Sie für ihn gekämpft und dann ge­gen eine parteifreie Innenministerin verloren haben. Das war die Situation.

Und jetzt wird Entacher verteidigt! Herr General Entacher hat ein einziges Glück, näm­lich dass er ein Angehöriger des österreichischen Bundesheeres und nicht der Polizei ist. Das ist sein einziges Glück, denn Minister Darabos lässt ihm wenigstens noch den Rechtsweg offen. Das hätte ich mir angeschaut, ob Frau Dr. Fekter dem Polizeigeneral Entacher auch nur den geringsten Rechtsweg offengelassen hätte! (Abg. Grosz: Ein­gesperrt hätte sie ihn! – Abg. List: Die hätte ihn eingesperrt!) Trotzdem ist diese rechtsstaatliche Erkenntnis bezüglich Entacher zur Kenntnis zu nehmen.

Es bleibt aber eine Frage: Soll ein Ministerium und insbesondere das österreichische Bundesheer von einem Verteidigungsminister geführt werden, der niemals wieder und meiner Meinung nach zum Teil auch aus guten Gründen Vertrauen zu seinem Gene­ralstabschef haben kann? Ist das wirklich das neue Beamtenheldentum? Ich kann mir schon vorstellen, dass Kollege Neugebauer das so sieht. Aber ich sehe das etwas an­ders. Es muss doch in diesem Land noch möglich sein, dass man reformieren kann und dass ein politisch Verantwortlicher seinen Beamten Weisungen so erteilt, dass sie dann Reformen umsetzen oder auf ihre Funktion verzichten. Aber es geht doch wohl nicht, dass sich Beamte hinsetzen – so wie es seinerzeit ein Generaldirektor für öffent­liche Sicherheit unter einem sozialdemokratischen Innenminister, den ich persönlich sehr geschätzt habe, gemacht hat –, es einfach allen schwermachen und sagen: Re­form? Nein, die Reform schaffe ich über die Disziplinarkommission und die Gerichte und so weiter, und Beamtendienstrecht ist stärker als die Reform.

Das, was hier zur Debatte steht, ist nicht die Frage, wer anständig und wer unanstän­dig ist, sondern die Frage, ob das Beamtendienstrecht so gebraucht werden kann, dass man, wenn ein oder mehrere Personen das wollen und öffentliche Unterstützung bekommen, jede Reform abdrehen kann. Wollen wir das oder wollen wir das nicht? Das kann nicht General Entacher entscheiden. Er ist den Rechtsweg gegangen, und das ist sein gutes Recht. Das kann auch der Verteidigungsminister nicht entscheiden, sondern wir als Gesetzgeber sind die Einzigen, die das entscheiden können. Hat ein Minister/eine Ministerin die Möglichkeit, bei einem begründeten Vertrauensverlust in seine/ihre Spitzenbeamten Konsequenzen zu ziehen? (Abg. Mag. Stadler: Ohne Ein­satz von Laptops!) Kann er oder sie Konsequenzen ziehen, ohne ein Gesetz zu bre­chen? (Abg. Mag. Stadler: Und ohne einen Laptop einzusetzen! – Abg. Grosz: Oder Brieföffner!) Darüber müssten wir im Nationalrat offen reden. Wir brauchen in diesen Punkten eine Änderung des Beamtendienstrechtes, sonst kann nicht reformiert wer­den.

Die, die nicht reformieren wollen, haben es leicht, sie brauchen ja nur nichts zu tun. Nur die, die reformieren wollen, haben Schwierigkeiten, und es ist ja völlig wurscht, welche Farbe sie haben. Sie werden das bei einer bestimmten Art von Beamten und bei einer bestimmten Art von Interessenskonflikten immer wieder erleben.

Ich erspare mir jetzt alles, was an diesem Punkt zur Amtsführung von Herrn Mag. Da­rabos als Verteidigungsminister zu sagen wäre. Ich habe nur den persönlichen Ein-


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druck, dass alles – von der Bundesheerreform über die Sicherheitsstrategie und über die Eurofighter bis hin zur versuchten Abschaffung der Wehrpflicht – genauso gut ge­meint wie schlecht gemacht wird. Das ist schon fast eine Regel dieser Ministerschaft. Das sind alles gute Überlegungen, im Grunde gibt es sehr viele gute Ideen, aber schlechter kann man sie nicht umsetzen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Der Minister hat in vielen Punkten nicht das Falsche gewollt, sondern ist auf exempla­rische Art gescheitert. Ich glaube auch, dass er in seiner jetzigen Verfassung und mit seinem jetzigen Standing innerhalb der militärischen Landesverteidigung und der Bun­desregierung und auch gegenüber der österreichischen Bevölkerung keine Möglichkeit mehr hat, auch gegen seinen jetzigen Koalitionspartner wichtige Reformen wie die Abschaffung der Wehrpflicht durchzusetzen. Deshalb wäre es sinnvoll, ihn durch eine geeignetere Person zu ersetzen – aber durchaus unter Anerkennung dessen, was er wollte und zum Teil versucht hat.

Aber eines sage ich schon: Ich bin absolut dagegen, dass Herr Mag. Darabos alleine geht. Ich bin sehr dafür, dass auch Herr General Entacher seinen Posten räumt – und zwar so schnell wie möglich – und in allen Ehren in den Ruhestand geht, den er sich in jeder Hinsicht verdient hat. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter List. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Wir sollten vielleicht die Sitzung kurz unterbrechen, weil der Raiffeisen... da ist!)

 


16.13.08

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Selbstverteidi­gungsminister Darabos, Ihre Rede zeigt, dass Sie keine Ahnung vom Zustand der Truppe draußen haben. Kollege Kunasek hat Sie in vielen Bereichen der Unwahrheit überführt. Herr Kollege, Kompliment, das ist sehr mutig! (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Für Sie als Wehrdienstverweigerer ist es natürlich allzu logisch, dass Sie sich im Ver­teidigungsressort nicht auskennen.

Geschätzte Damen und Herren, jetzt zur Dringlichen: General besiegt Darabos, Abset­zung war ungültig – eine Lagebeurteilung des BZÖ zum Fall Entacher. Sie, Herr Noch-Verteidigungsminister Darabos, haben sich in dieser Angelegenheit gewaltig blamiert. Ihr Versuch, einen unliebsamen Untergebenen, General Entacher, mundtot zu ma­chen, ist kläglich gescheitert. (Beifall beim BZÖ.)

Dabei haben Sie, Herr Minister, bewusst das Dienstrecht ignoriert. Die Berufungskom­mission beim Bundeskanzleramt hat Sie dafür richtig aufgeblattelt. Der von Darabos in Auftrag gegebene Absetzungsbescheid wurde aufgehoben. Mit dieser schweren Nie­derlage hat sich Darabos selbst die schlimmste Demütigung zugefügt. (Abg. Grosz: Ein Schuss in die Munitionskammer! Volltreffer!) Herr Bundesminister! Die einzige und logische Konsequenz, nämlich Ihre Entlassung aus der Regierung, ist längst überfällig.

Herr Auslaufminister! Eine Feststellung noch zu Ihren peinlichen und völlig überzoge­nen Aktionen: Sie haben General Entacher in einem siebenstündigen Gespräch über die Gründe seiner Abberufung in Kenntnis gesetzt. In der Öffentlichkeit wurde er von Ihnen mit dem Hinweis auf einseitigen Vertrauensverlust abmontiert. Gleichzeitig ha­ben Sie Entacher angeschwärzt, er habe keine Qualifikationen für dieses höchste mili­tärische Amt im Staat, und weiter wörtlich: Seine Freunde, die sind nicht die meinen.

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben sicherlich keine Kameraden mehr beim Bun­desheer. (Abg. Grosz: Hatte er nie!)

Es bleibt aber die Frage, warum Entacher von Ihnen überhaupt als Generalstabschef installiert wurde. Herr Rücktrittsminister, wir vermuten, das war so, weil er aus dem ei-


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genen roten Stall stammt und ein rotes Parteibuch besitzt. Allein das Ergebnis dieser peinlichen Personalmaßnahme beweist, dass Sie, Herr Darabos, nicht fähig dazu sind, Ihr Ressort zu führen. Im Ressort herrschen chaotische Zustände. (Beifall beim BZÖ.)

Ihnen, Herr Bundesminister, werden mangelnde Managementkompetenzen vorgewor­fen. Unter Ihrer Verantwortung wird das Bundesministerium für Landesverteidigung in den Medien bereits als „Intrigantenstadl“ bezeichnet. Das ist eine schlimme Bewertung in der Öffentlichkeit. Sie, Herr Darabos, sind damit als Minister gescheitert.

Sie allein, Herr Minister, tragen die Verantwortung für die öffentliche Bewertung, und trotzdem versuchen Sie verzweifelt, eine Rechtfertigung für Ihre Niederlage gegen En­tacher zu finden. Dabei wenden Sie Regeln aus der Privatwirtschaft an und glauben, eine Rückkehr Entachers auf seinen alten Posten wäre im Privatbereich unmöglich ge­wesen. Allein dieser billige Vergleich zeigt, dass Sie auch im Bereich der Privatwirt­schaft völlig ahnungslos sind. Dort herrschen nämlich andere Gesetze. Jeder Mana-
ger Ihres Formats, der einen Betrieb wie das österreichische Bundesheer mit rund 23 000 aktiven Mitarbeitern und einem Budget von rund 2,24 Milliarden jährlich an die Wand fährt, wird mit einem nassen Fetzen verjagt. (Beifall beim BZÖ.)

Die Privatwirtschaft hätte Sie als Verantwortlichen und Ihr politisches Führungsteam, auch Ihren Kabinettschef, längst in die Wüste geschickt! So schaut es aus, Herr Selbst­verteidigungsminister! (Ruf bei der SPÖ: Aber solche Mitarbeiter schickt man auch in die Wüste!) Kein einziger Betrieb braucht einen gescheiterten Minister, der sich immer hinter dem Primat der Politik versteckt, nur um die roten Parteiinteressen zu wahren.

Meine lieben Genossen, Sie haben ein Ziel, nämlich die Einsatzbereitschaft des Bun­desheeres ganz abzuschaffen. Herr Bundesminister! Sie werden bereits als Hochsi­cherheitsrisiko eingestuft, und das ist fatal. Sie als abzulösender Minister haben bereits ein sicherheitspolitisches Vakuum in Österreich geschaffen. Das ist grob fahrlässig und muss sofort abgestellt werden. Bundeskanzler Faymann soll Sie endlich absetzen. Da­mit würde er Ihnen und ganz Österreich einen großen Gefallen tun. (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Es wird ohnehin bereits spekuliert. Herr Bundesminister Darabos, da Sie sich mit dem Fall Entacher bereits selbst in die Luft gesprengt haben, steht Ihre Ablöse unmittelbar bevor. Sie werden dem neuen rot-schwarzen Stillstand geopfert werden. Auch der schwarze Wehrsprecher Klikovits, üb­rigens ein Landsmann von Ihnen, fordert vehement Ihren Rücktritt. Burgenländer ge­gen Burgenländer. (Abg. Grosz: Das ist brutal: Burgenländer gegen Burgenländer!)

Es kommt zu schweren Angriffen innerhalb der Regierungsparteien, aber beim Miss­trauensantrag wird Kollege und Wehrsprecher Klikovits nicht mitgehen, das ist logisch. Es gibt aber eine andere Strategie: Umgestellt auf eine schwarze Gewerkschaftsmuni­tion hat die ÖVP jetzt das Feuer auf ihr Feindbild in der Regierung, den roten bald Ex-Minister Darabos, verstärkt. Als zusätzliches schweres Geschütz wird dabei der al­te/neue Generalstabschef Entacher in Stellung gebracht.

Entacher ist, ob gewollt oder nicht, in die Abhängigkeit der ÖVP geraten. Bekanntlich hat Gewerkschaftsurgestein Präsident Neugebauer dem entmachteten General jede mögliche Hilfe im Verfahren zugesichert und ihm gesagt: Herr General, wir werden dei­ne Berufung mit unseren Anwälten schon schaukeln, keine Angst!

Wie Sie sehen, war die Berufung ein Erfolg auf allen Linien. Damit steht Entacher in der Schuld des ÖGB. Der General wurde zum Pfeifendeckel von Neugebauer und beim Gewerkschaftskongress als Sieger über Darabos frenetisch gefeiert. Ein General, der von Korporal Neugebauer zur Vertretung der ÖVP-Linie vergattert wurde, ergibt eine neue Situation beim österreichischen Bundesheer. Jetzt muss Entacher wieder verstärkt Werbung für die Beibehaltung der Wehrpflicht machen.


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Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ohne seriöse Lagebeurteilung, in Unkenntnis und im Nichtwissen darüber, welche Aufgaben ein Bundesheer der Zu­kunft zu bewältigen haben wird, haben Sie katastrophale Zustände im Ressort ge­schaffen! Herr Noch-Bundesminister Darabos, Sie sind völlig orientierungslos und mit mangelnder Führungskompetenz ausgestattet. Das zeigt besonders der anhängige Fall Entacher. Für diese Missstände in der Landesverteidigung sind alleine Sie als Minister verantwortlich.

Sie haben Ihr Ressort nicht im Griff. In der Ressortführung haben Sie versagt. Sie sind für das österreichische Bundesheer als Minister nicht geeignet. Herr Bundesminister Darabos, das BZÖ spricht Ihnen das Misstrauen aus. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Darabos, nehmen Sie mit dem letzten Funken von Anstand Ihren Hut und räumen Sie den Ministersessel! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Sehr gut!)

16.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pod­gorschek zu Wort. – Bitte.

 


16.20.25

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Herren, mittlerweile, auf der Regierungsbank! Herr Bundesminister Darabos, ein für allemal: Kritik an Ihnen persönlich und an Ihrer Arbeit ist nicht Kritik am österreichi­schen Bundesheer. Das möchte ich ganz klar feststellen. (Beifall bei der FPÖ.) Wir re­den das österreichische Bundesheer nicht schlecht, sondern wir machen uns nur Sor­gen über den Zustand des österreichischen Bundesheeres.

Aber ich darf Sie jetzt mit ein paar Zitaten konfrontieren:

„Auch bei der aktuellen Debatte über die allgemeine Wehrpflicht stellt sich die Frage: Wieso sollen wir von einem Kurs abgehen, der sich gerade für einen kleinen neutralen Staat wie Österreich jahrzehntelang außerordentlich gut bewährt hat? Das Mischsys­tem aus Berufssoldaten, Freiwilligen (...), Miliz und Grundwehrdienern funktioniert.“ – Erstes Zitat. (Abg. Mag. Donnerbauer: Wer hat das gesagt?)

Nächstes Zitat:

„Viele Berufsarmeen in Europa haben enorme Aufbringungsprobleme.“ (Abg. Mag. Don­nerbauer: Wer sagt das?)

Nächstes Zitat:

„Auch die von Wehrpflichtgegnern gerne ins Treffen geführten Pläne des Nato-Mitglied­staates Deutschland sind kein Grund, an unserem Erfolgsmodell zu rütteln.“

Nächstes Zitat:

„In Österreich hingegen herrscht Wehrgerechtigkeit: Alle 18-jährigen österreichischen Staatsbürger werden zu Wehr- oder Zivildienst einberufen.“ (Abg. Mag. Donnerbauer: Von wem sind die Zitate?)

Ich kann das noch fortsetzen, es ist sehr interessant:

„Meine Aufgabe als Verteidigungsminister ist es, den Menschen Schutz und Hilfe durch das Bundesheer zu garantieren – und zwar 365 Tage im Jahr. Mit einem Aus der Wehrpflicht wäre es nicht mehr möglich, die verfassungsmäßigen Vorgaben zu erfül­len. Ohne Grundwehrdiener könnten etwa nicht mehr zumindest 10.000 Soldaten für den Katastrophenfall (...) bereit gestellt werden. Die Wehrpflicht ist darüber hinaus die notwendige Basis für die Rekrutierung von Berufssoldaten.“

Es geht noch weiter:


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„(...) 56 Prozent der österreichischen Soldaten im Ausland werden durch die Miliz ge­stellt.“ (Abg. Mag. Donnerbauer: Von wem sind die Zitate?)

Noch ein Zitat – ich bin dann gleich fertig, Herr Kollege Donnerbauer –:

„,Die Bundesregierung bekennt sich zu einem Bundesheer, das auf der allgemeinen Wehrpflicht, Miliz- und Berufskomponenten aufbaut sowie zur Beibehaltung des auf sechs Monate verkürzten Wehrdienstes.‘ Daher werden die jungen Staatsbürger auch in Zukunft Dienst für unsere Gesellschaft leisten – ob als Rekrut oder als Zivildiener.“

Dies alles sind Zitate von Bundesminister Mag. Norbert Darabos, getätigt am 3. Sep­tember 2010. (Abg. Mag. Donnerbauer: Das gibt es ja nicht!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mit diesen Aussagen und Ihrer 180-Grad-Wen­dung sind Sie aus unserer Sicht unglaubwürdig und untragbar! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das war sicherlich ein anderer!)

Entgegen Ihren jüngsten Aussagen haben europäische Staaten massive Probleme mit der Abschaffung der Wehrpflicht. Das wissen Sie, aber Sie beharren auf einem Irrweg und gefährden damit die Einsatzbereitschaft – sowohl, was die Verteidigung, als auch, was den Katastrophenfall anbelangt.

Nun: Wie schaut es aus in Europa und in der restlichen Welt? Beginnen wir bei den größten Armeen der Welt! In den USA war der erste Soldat, der im Irak ums Leben ge­kommen ist, interessanterweise ein gebürtiger Guatemalteke. Es finden von den USA massive Anwerbungen in Südamerika statt, weil sie im eigenen Land keine Leute mehr bekommen. Von 2004 bis 2007 hatten die USA 64 Prozent mehr Vorbestrafte bei der Armee, fast 40 Prozent sind funktionelle Analphabeten.

In Großbritannien können Häftlinge direkt zur Armee gehen. Der durchschnittliche Bo­dy-Mass-Index bei der Armee in Großbritannien – auch ganz interessant – ist 32. Bei 30 ist man bereits krankhaft fettleibig.

Und ich kann Ihnen Beispiele von anderen europäischen Armeen erzählen, überall schaut es ähnlich aus. In Deutschland hätte man zum Beispiel im März 2011 3 077 Sol­daten benötigt, ganze 306 hat man aufgenommen. Also gerade einmal 10 Prozent. Ich kann nur eines (Bundesminister Mag. Darabos: Warum 21 Armeen von 27 ...?) – Ja, weil sie alle auf dem Irrweg sind. Die Einzigen, die das aus unserer Sicht richtig er­kannt haben, sind die Finnen. Der finnische Verteidigungsminister hat ganz klar ge­sagt: Eine Berufsarmee mit 50 000 Mann für Finnland würde vier Mal so viel kosten wie das Wehrpflichtsystem.

Daher ist das, was Sie vorhaben, aus unserer Sicht unmöglich. Herr Bundesminister! Ich kann Ihnen nur eines sagen: Treten Sie zurück, ehe Ihre mittlerweile in Butter ge­meißelte Vorstellung einer Berufsarmee noch mehr Schaden für die Einsatzbereitschaft Österreichs verursacht! Dieses Land, unsere Republik Österreich hat einen besseren Verteidigungsminister verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Donnerbauer: Herr Minister, können Sie sagen, dass die Zi­tate nicht von Ihnen stammen? – Abg. Pendl  in Richtung des Abg. Mag. Donner­bauer –: Soll ich dir dem Pauli Kiss seine Rede vorlesen, was er gesagt hat vor ein paar Jahren?)

 


16.25.54

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mit­glieder auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! In der vorigen Rede des Kollegen von den Freiheitlichen haben Sie ein beeindru­ckendes Beispiel für die Scheinheiligkeit der Freiheitlichen Partei geboten bekommen.


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1997 hatten Sie in Ihrem Parteiprogramm, Herr Kollege, dass es eine Berufsarmee ge­ben und dass Österreich der NATO beitreten soll. (Abg. Ing. Westenthaler: „Schein­heilig“! – 300 €!)

2004 hat sich Herr Kollege Scheibner, damals noch bei den Freiheitlichen, ebenfalls dafür ausgesprochen, dass Österreich eben eine Berufsarmee einführen und der NATO beitreten sollte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Bezüglich der Menschen, die sich in Deutschland zum militärischen Dienst melden, Herr Kollege Podgorschek: Das sind aktuell 4 958. Eine falsche Zahl, die Sie genannt haben. (Abg. Podgorschek: März 2011!) Und in 21 von 27 europäischen Ländern gibt es bereits ein professionelles Berufsheer. Wir sind im 21. Jahrhundert, werter Herr Kol­lege, und nicht in der ewiggestrigen Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Dringliche Anfrage der Freiheitlichen ist ein Beispiel dafür. Herr Kollege Dr. Fich­tenbauer tritt heute als Schutzmantelbrigadier für jenen General ein, der unter Ihrer Regierungszeit als Milizbeauftragter in den hintersten Entscheidungswinkel des Bun­desheeres gesetzt wurde und dort sein Dasein fristen musste. – Scheinheilig, werte Kollegen von der Freiheitlichen Partei! (Abg. Ing. Westenthaler: Weiterer Ordnungs­ruf!)

Scheinheilig ist auch Folgendes (Abg. Mag. Stadler: Das summiert sich!): Es fahren nicht amtsführende Wiener Stadträte zu Diktatoren, um im Ausland Diktatoren zu ho­fieren, und geben das dann in Österreich als Friedensmission aus. So geschehen im Juli 2011 von dem nicht amtsführenden Stadtrat Lasar, der sonst in Gesundheitsfragen unterwegs ist, aber damals eine Friedensmission in sich verspürt und Schokolade in ein Land mitgebracht hat, das seit mehreren Jahrzehnten von einem Diktator be­herrscht wurde. (Abg. Podgorschek: Waren Sie mit in Nordkorea?)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung aller Parteien der Bundesheerre­formkommission ist festgeschrieben worden, dass nämlich die Gliederung des öster­reichischen Bundesheeres so zu gestalten ist, dass spätere Entwicklungen, etwa auch das Aussetzen der Wehrpflicht und die Umstellung auf ein Freiwilligenheer, möglich sind. Das Bundesheer für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts zu wappnen, das sind andere Herausforderungen: Wir müssen den Kampf aufnehmen gegen den inter­nationalen Terrorismus und gegen Cyber-Crime. (Abg. Dr. Fichtenbauer steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Mag. Darabos.)

Ich finde es sehr interessant, Herr Kollege Dr. Fichtenbauer, dass Sie hier mit dem Minister scherzen, ihm aber vorhin Ihr Misstrauen ausgesprochen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit.)

Es gibt im 21. Jahrhundert folgende Anforderungen: Es muss die Abwehr von Bedro­hungen der strategischen Infrastruktur gewährleistet sein, es müssen Katastrophen be­kämpft und internationale Einsätze ausgestattet werden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Dass wir dabei auf einem guten Weg sind und noch viel besser werden wollen, das ist die Hauptaufgabe. Die Professionalisierung, die ordentliche Ausstattung, Investitionen, die beste Ausbildung zur Stärkung der Leistungsfähigkeit sind für das österreichische Bundesheer – mit seinem Minister an der Spitze – oberste Aufgabe.

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen! Legen Sie Ihre Scheinheiligkeit ab! (Abg. Grosz: Viertes „scheinheilig“! Jetzt sind wir bei 1 200 €! – Abg. Ing. Westen­thaler: Mindestens 3 000 €!) Wenden Sie sich dem 21. Jahrhundert zu, denn wir ste­hen zu unserem Minister und zum österreichischen Bundesheer. Wir führen das öster­reichische Bundesheer ins 21. Jahrhundert – im Gegensatz zu Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.30

16.30.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 157

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Lapp, bezüglich des Ge­brauchs des Wortes „scheinheilig“ (Abg. Grosz: Viermalig!) erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf und komme damit dem inständigen Wunsch einiger Herren, vor allen Dingen des BZÖ, „scheinheilig“ aus der Liste zu streichen, nicht nach. (Heiterkeit. – Beifall und Bravoruf des Abg. Dr. Fichtenbauer. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie hat es aber vier Mal gesagt, nicht ein Mal!)

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


16.30.27

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! (Abg. Silhavy: Wir sind im Parlament, nicht im Kinder­garten, meine Herren! – Abg. Grosz: Wir passen halt auf, dass die Würde des Hohen Hauses gewahrt bleibt! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zurück zum Thema. Selbstver­ständlich kommt von der ÖVP ein ganz klares Ja zum österreichischen Bundesheer, danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tagtäglich weit über ihre dienstlichen Verpflichtungen hinaus für die Sicherheit dieses Landes arbeiten. Keine Frage, wir ste­hen dahinter. Und wir sagen jetzt wirklich herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich, Herr Bundesminister, geht es auch um die Zusammenarbeit, was die Sicher­heitsfrage in diesem Land betrifft. Aber diese heutige Diskussion und Situation kommt auch nicht überraschend. Das müssen wir so sehen. Das ist ja mittlerweile das Ergeb­nis einer längeren Entwicklung.

Herr Bundesminister Darabos, Sie sind damals in dieses Amt berufen worden, und das war ja nicht wirklich ein Wunschkonzert, wie wir alle miteinander wissen. Bei diversen Auftritten, bei denen Sie sich dafür entschuldigt haben, dass Sie bis jetzt nicht dem Bundesheer angehört haben, und so weiter, haben wir auch gemerkt, dass Sie sich nicht ganz wohl in dieser Frage fühlen. Und niedergeschlagen hat sich das – das muss ich auch so sagen – teils in manch lustloser oder vielleicht manchmal sogar desin­teressierter Arbeit für das österreichische Bundesheer.

Und der Gipfel dieser Entwicklung ist nun einmal jetzt die Causa General Entacher, wo Sie – und das haben wir mittlerweile bestätigt – willkürlich gehandelt haben, wo Sie ge­gen die Prinzipien des Rechtsstaates verstoßen haben. Dies wurde Ihnen auch durch diese Berufungskommission des Bundeskanzleramtes bestätigt.

Dies alles ausgelöst hat die Frage: Wehrpflicht – ja oder nein? Und was hat General Entacher in dieser Sache in Wirklichkeit getan? – Er hat lediglich aus seiner fachlichen Sicht kundgetan, dass aus seinen Berechnungen und aus seiner Erfahrung heraus ein Berufsheer die teurere Variante und auch jene mit den höheren Risiken ist.

Die Wehrpflicht ist ein Thema, Herr Bundesminister, bei dem Sie selbst – und ich sage dazu: leider – umgefallen sind wie ein Stück Holz. Und es sind heute schon einige Zita­te genannt worden:

„Unter meiner Amtsführung wird es kein Hinentwickeln des Bundesheeres zu einem Berufsheer geben. An der Wehrpflicht darf nicht gerüttelt werden.“

Weiters: „Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt.“

Außerdem: Minister bekennt sich im Soldaten-Leitfaden des heurigen Jahres, 2011, zur Wehrpflicht. „Sie ist somit ein Garant für die Sicherheit und Stabilität Österreichs.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 158

Und man könnte noch mehr zitieren.

Aus all diesen Bekenntnissen heraus, Herr Bundesminister, haben Sie einen Schwenk vollzogen, als Bürgermeister Häupl – wir wissen das – ein paar Tage vor der Wiener Wahl einen neuen Aufhänger gebraucht hat. Und was ist zurückgeblieben? – Ein Still­stand in Fragen der Sicherheitspolitik, eine völlige Verunsicherung, was die Strukturen des österreichischen Bundesheeres betrifft (Zwischenruf des Abg. Keck), und eine de­motivierte und abgekanzelte Belegschaft von Offizieren, Unteroffizieren und Angehöri­gen des österreichischen Bundesheeres.

Und diese Mitglieder des österreichischen Bundesheeres sind nicht deshalb demoti­viert, weil sie – wie manche sagen – ihre Felle davonschwimmen sehen, sondern weil sie merken, dass in manchen Belangen einfach nichts weitergeht (Bundesminister Mag. Darabos: Genau!), dass ihre fachliche Meinung eben nicht gehört oder nicht ernst genommen wird.

Hier meine Frage: Herr Bundesminister, auf wen hören Sie denn, wenn die Offiziere, die Personalvertreter, die Offiziersgesellschaft, der Milizverband und sogar der Ober­befehlshaber des österreichischen Bundesheeres, Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, selbst ihre Bedenken äußern? Hören Sie da nur auf die Löwelstraße? Hören Sie auf den Bürgermeister von Wien? Oder vielleicht auf die Zurufe von manchen Zeitungen? (Abg. Mag. Donnerbauer: Es gibt noch mehr Experten!) Sie haben sich in dieser Fra­ge ganz klipp und klar nicht hinter das Regierungsprogramm gestellt. Sie haben sich neue Aufgaben in dieser Frage gesucht.

Ich sage es gleich vorweg: Wir von der ÖVP werden dem Misstrauensantrag nicht zu­stimmen (Abg. Ing. Westenthaler: „Überraschung“!), aber ich denke, Sie haben die In­halte, die wir Ihnen heute mitgegeben haben, gehört. Und ich freue mich deshalb auf eine gedeihliche und konstruktive Zusammenarbeit in nächster Zeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Markowitz: Nach der Rede ist das super!)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Wind­büchler-Souschill. – Bitte.

 


16.35.04

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Führung eines Ministeriums infrage gestellt wird, muss man sich als Abgeordnete zum Nationalrat durchaus Gedanken machen, wie argumentiert wird, wie abgestimmt wird, welche Beweggründe es gibt und vor al­lem welche Grundlagen es auch gibt.

Gerade das Landesverteidigungsministerium – das wissen und erleben wir auch in diesem Hohen Haus immer wieder – steht sehr oft in Kritik, in sehr schwerer Kritik. Ei­nerseits, und das hört man immer wieder, geht es darum, dass zu wenige finanzielle Mittel in das Bundesheer fließen. Andererseits kommt die Kritik, dass zu viele finan­zielle Mittel in das österreichische Bundesheer fließen. Und da ist es natürlich eine schwierige Aufgabe – das muss man schon auch einmal sagen – für einen Minister/ei­ne Ministerin, hier auch die Balance zu finden.

Es ist – das muss auch einmal gesagt werden – natürlich für einen Verteidigungsminis­ter auch schwierig, dieses Erbe anzutreten, das eben durch die Vergangenheit, durch die anderen politischen Fraktionen, durch die Besetzung des Landesverteidigungsmi­nisteriums entstanden ist. Kein Zweifel! Aber schwierig ist auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es einen Reformweg geben sollte, der hier äußerst schwam­mig formuliert wird. Ein schwammiger Weg, ein schwammiges Ziel ohne Rückgrat – das ist der viel schwerwiegendere Punkt in dieser ganzen Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 159

Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, wieso dieser schwammige Weg umgesetzt wer­den sollte. Es ist nicht nachvollziehbar für das Hohe Haus und vor allem auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Landesverteidigungsministeriums, für die Solda­ten und Soldatinnen, wohin es mit diesem Bundesheer geht.

Und dafür möchte ich Ihnen gerne einige Beispiele bringen.

Erstes Beispiel: Frauen beim Bundesheer. Frauen sind seit 1998 in allen Funktionen und Waffengattungen tätig. Zurzeit gibt es einen Frauenanteil von 2 Prozent, 372 Sol­datinnen gibt es beim österreichischen Bundesheer. (Abg. Keck: Da ist doch nicht der Minister schuld, oder?!)

Das Verteidigungsressort ist meilenweit entfernt von der Gleichstellung von Frauen und Männern. Meilenweit entfernt! Und das ist die Schuld eines Ministers/einer Ministerin, der/die die Gleichstellung trotz bundesverfassungsrechtlicher Verankerung nicht for­cieren kann. (Abg. Mag. Stadler: Bemühen Sie sich um mehr Frauen! Ein bisschen mehr Anstrengung!) Es gibt Gender Budgeting, das ist nichts Neues, und die Führung kann den Frauenanteil erhöhen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Minister Da­rabos hat auch schon des Öfteren öffentlich kundgetan, auch in Ausschusssitzungen, dass er alles versuchen wird, den Frauenanteil zu erhöhen; alles versuchen wird.

Es passiert aber nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es passiert einfach nichts! Durch die Führung wird der Frauenanteil nicht erhöht. Ganz im Gegenteil! Der Frauenanteil bei der Drop out-Rate in der Ausbildung ist in den letzten Jahren höher geworden.

Zweites Beispiel: Auslandseinsätze. Jedes Mal, wenn Minister Darabos über die Aufga­ben des Ministeriums und auch über seine eigenen Aufgaben spricht, spricht er über die Auslandseinsätze und wie wichtig diese als internationales Aushängeschild, EU-Kooperationspartner, UNO-Kooperationspartner seien. Und die Bemühungen sind na­türlich sehr vielfältig und sehr positiv, gerade – und das haben wir auch immer wieder erwähnt – im zivilmilitärischen Bereich vom Schulaufbau bis hin zu humanitärer Unter­stützung.

Doch die Geschichte Österreichs, gerade zur Zeit des Nazi-Regimes, erfordert, dass Soldaten und Soldatinnen korrekt mit der Geschichte Österreichs umgehen. Es kann nicht sein, dass schon wieder herausgekommen ist und dies schon wieder Berichte bestätigen, dass ein österreichischer Soldat in Syrien eine Hakenkreuzfahne gekauft und diese auch noch öffentlich präsentiert hat. Das kann es nicht sein für das österrei­chische Bundesheer! Es kann nicht sein, dass sich Soldaten mit dem Hitler-Gruß be­grüßen im Kosovo, im ehemaligen Jugoslawien. Und es kann auch nicht sein, dass Soldaten einschlägige Tätowierungen haben und dann ins Ausland entsendet werden.

Das alles liegt in der Verantwortung des Ministers. Und dazu muss er nicht nur Stellung beziehen, sondern auch klare Maßnahmen setzen, die das österreichische Bundes­heer aus dieser rechtsradikalen Ecke herausbringen. Rechtsradikalität und Rechts­extremismus haben im österreichischen Bundesheer einfach nichts zu suchen.

Das Dritte: Genauso sieht es aus bei Gewalt an Frauen. Im Sommer wurde bekannt, dass das österreichische Bundesheer Anzeige erstatten musste gegen einen Milizsol­daten, gegen den eigenen Soldaten, der seit 2009 dort stationiert war, weil ihm Verge­waltigung, sexuelle Nötigung und Ausnützung eines Autoritätsverhältnisses vorgewor­fen wurden. Ein österreichischer Soldat soll angeblich, deshalb auch die Anzeige des österreichischen Bundesheeres, eine Frau vergewaltigt haben.

Jeder Soldat und jede Soldatin repräsentiert Österreich im Ausland, und es obliegt der Verantwortung des Ministers, genau auf das zu sehen. (Bundesminister Mag. Dara­bos: Das habe ich ja gemacht! – Abg. Haberzettl: Das ist eine Märchenstunde! – Abg.


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Prähauser: Ungerecht sollte man nicht sein!) Diese Führung ist diesbezüglich nicht mehr tragbar, und es wurden auch noch keine dementsprechenden Maßnahmen ge­setzt. (Bundesminister Mag. Darabos: Wer hat denn den „Ulrichsberg“ abgeschafft?)

Die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht – zurzeit hier herinnen gerade wieder sehr debattiert, in der öffentlichen Wahrnehmung eher stillgelegt. Die Schwankungs­breite, Wehrpflicht abschaffen oder nicht abschaffen, differenziert in der öffentlichen Meinung sehr, es ist eine Gratwanderung, anscheinend abhängig auch vom Medium, welches diese Meinungsumfragen bringt.

Wir sind davon überzeugt, dass die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist, notwendig für die Zukunft österreichischer junger Männer. Es ist möglich für Österreich, ohne Wehrpflicht auszukommen, davon sind wir überzeugt. Es ist auch möglich, den Zivildienst so umzustrukturieren, dass er zu einem freiwilligen Zivildienst umfunktioniert wird. Dieses Geld, diese 140 Millionen €, die der Zivildienst jetzt kostet, würde dann eben in ein anders geartetes System fließen. Das ist alles möglich, aber es braucht dazu klare Entscheidungsbekenntnisse. Ich muss klar sagen, was ich will, und das ist das, was zurzeit fehlt.

Das sieht man auch bei der Sicherheitsdoktrin: groß angekündigt, klein in der Schubla­de verschwunden. Die alte Sicherheitsdoktrin gehört reformiert, keine Frage, die Stra­tegie braucht einen neuen Wind, braucht einen neuen Anstrich, aber sie ist zurzeit in der Schublade verschwunden. Was passiert mit der Sicherheitsdoktrin? Es weiß nie­mand. Gibt es im Ausschuss weitere Debatten? Es weiß niemand. Wird sich wieder je­mand zusammensetzen und darüber diskutieren? Es weiß niemand. Das ist ein schwammiger Weg, der hier gegangen wird.

Als Wiener Neustädterin kenne ich die Strukturen des Bundesheeres, und mir begeg­nen im alltäglichen Leben natürlich auch immer wieder angehende Offiziere und Offi­zierinnen, und die einhellige Meinung derer, mit denen ich gesprochen habe, um das auch einmal hier zu sagen, ist, dass es nicht darum geht, welche politische Ausrichtung der Verteidigungsminister hat, wenn er dazu stehen würde, wenn er einen Weg gehen würde, der ein klar formuliertes Ziel im Auge hat. Dann wären wahrscheinlich auch die Offiziere und Offizierinnen, die Soldaten und Soldatinnen mehr auf der Seite des Lan­desverteidigungsministers.

So geht es mir auch, ganz ehrlich, denn es gibt hier keinen Weg, es gibt keine poli­tische Willensbekundung, wohin es wirklich gehen soll. Ich glaube an die Chance einer Reform, aber nur einer Reform mit Rückgrat. (Beifall bei den Grünen.)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. – Bitte.

 


16.44.00

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich war immer der Meinung, man sollte einen Pyromanen nie zu einem Feuerwehrkomman­danten machen, und ich habe auch immer offiziell die Meinung vertreten, dass es falsch gewesen ist, den Zivildienstverweigerer Darabos zum Verteidigungsminister zu machen (Abg. Mag. Muttonen: Ein Zivildiener ist kein Verweigerer! – Abg. Keck: Er ist kein Zivildienstverweigerer!), einen Heeresverweigerer zum Minister für Landes­verteidigung zu machen, Frau Kollegin Lapp, um das richtig auszudrücken. Ich hoffe, es ist bei Ihnen angekommen.

Im Prinzip geben uns ja die Fakten recht. Wenn Sie das Bundesfinanzrahmenge-
setz 2012 durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass da drinnen steht: Der Betrieb des Bundesheeres ist in absehbarer Zeit nur mehr eingeschränkt möglich. – Also in


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Wahrheit eine Bankrotterklärung des Ministers, der dafür die Verantwortung trägt, Frau Kollegin Lapp von der SPÖ.

Es fehlt aber auch eine klare Auflistung der Beschaffungs-, Einsatz- und Übungsvor­haben, was eigentlich in allen anderen Parlamenten dieser Welt selbstverständlich ist, damit die Parlamentarier wissen, was Sache ist beim Bundesheer. Das gibt es bei uns auch nicht.

Das Budget ist rückläufig, wenn Sie den Sport oder auch die Gehaltserhöhungen he­rausrechnen. – Eigentlich auch eine Absage an das Bundesheer, wobei wir ja wissen, dass der Prozentsatz des BIP, den man international anstreben sollte, bei weitem nicht eingehalten wird.

Jetzt zum Operativen. Wie schaut es aus bei der Beschaffung? Da ist für neues Gerät, das dringend notwendig ist, nicht viel vorhanden, eigentlich gar nichts vorhanden. Herr Minister, Sie haben uns einige Dinge aufgezählt, die angeschafft werden. Das ist gut, aber das ist nur das Allernötigste, das man braucht. Es gibt noch viele andere Berei­che, wo Nachholbedarf besteht, etwa bei modernen Funkmeldegeräten.

Stellen Sie sich vor, dass die drei Taskgroups des Jagdkommandos nicht einmal mit Headsets ausgestattet werden können! Das ist, glaube ich, einzigartig auf der ganzen Welt, dass man die Elitetruppe des Bundesheeres nicht einmal mit dem notwendigsten Einsatzgerät ausstattet.

Was ist mit der Nachfolge der SAAB 105? Auch da ist alles offen.

Was ist bei den Kfz, bei den geschützten Allzweckfahrzeugen? Da ist die Ausschrei­bung zurückgenommen worden, obwohl man das Gerät dringend braucht. Die Finan­zierung bis 2015 steht in den Sternen, aber nicht im Budget.

Was ist mit den Radpanzern? Auch darüber wird diskutiert, aber sie werden nicht an­geschafft.

Und umgekehrt: Dort, wo man Geld hereinholen könnte, um das Notwendigste zu fi­nanzieren, geschieht auch nichts. Denken Sie an die Panzerhaubitze M109, die wir zur Genüge haben, die wir nicht mehr in diesem Umfang brauchen werden! Oder denken Sie etwa auch an den Leopard 2! Die Frage ist, ob der in absehbarer Zeit überhaupt noch verkaufbar sein wird. Dann sitzen wir auf einem alten Gerät, das keiner mehr ha­ben will. Da waren die Schweizer wesentlich geschickter als wir.

Warum ist das so? – Weil in der Regierung bei der Frage der Landesverteidigung Lan­desverzweiflung herrscht, weil es kein Konzept gibt.

Wir müssen zunächst einmal die Aufgaben, die Strategien ganz klar festlegen und von der Strategie abgeleitet die Struktur, und von der Struktur abgeleitet muss dann die Frage der Wehrpflicht ja oder nein beantwortet werden. Aber nicht umgekehrt, weil es Ihnen gerade populistisch in den Wahlkampf hineinpasst, die Wehrpflicht abzuschaf­fen, wobei der Herr Minister noch zwei, drei Monate vorher gesagt hat, diese ist „in Stein gemeißelt“! Das war offenbar nicht einmal Sandstein, in den er diese Wehrpflicht gemeißelt hat.

Daher sage ich Ihnen: Dieser Minister ist völlig auf dem Holzweg, was eine glaubwür­dige Landesverteidigung betrifft, und daher ist er auch rücktrittsreif. Und wenn er nicht zurücktritt, dann werden wir ihn entsprechend dazu auffordern.

Sie sehen also, dass da einige Dinge im Argen liegen – und dann kommt noch die Causa Entacher dazu. Die Causa Entacher ist bereits sehr intensiv diskutiert worden, aber sie ist sehr vielschichtig. Abgesehen davon weiß ich nicht, wo das Headquarter des Bundesheeres ist: bei einer renommierten österreichischen Tageszeitung oder beim Herrn Minister beziehungsweise beim Herrn Bundespräsidenten? Gibt die Tages-


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zeitung die Befehle oder der Herr Minister? Diese Frage ist einmal zu stellen, wenn man auf Abruf Beamte in diesem Land politisch „entsorgen“ kann, wenn sie nicht mehr hineinpassen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vertreten schon die Meinung, dass noch immer die Politik, sprich der Souverän, der Nationalrat, vorgibt, was zu passieren hat, und nicht der Beamte. Aber ein guter Beam­ter hat gut zu beraten, er hat Vorteile aufzuzeigen und Nachteile aufzuzeigen – und der Minister und die Politik haben die Entscheidungen zu treffen. Das, Herr Kollege Pilz, kann man auch bereits mit dem derzeit gültigen Dienstrecht machen, dass man Wei­sungen erteilt, so und so hat das zu geschehen. Das ist bereits jetzt möglich, aber es gibt mit Sicherheit noch entsprechende ausbaufähige Möglichkeiten.

Herr Minister, ich gebe Ihnen als Milizoffizier einen Rat: Wenn Sie wieder einen Beam­ten politisch abschießen wollen, denken Sie das zu Ende, denken Sie eine Strategie zu Ende, denn Sie müssen schon bedenken, wenn Sie einen roten oder der SPÖ nahe stehenden Beamten abschießen, dass dann die ÖVP-Gewerkschaft, nämlich in Person des Herrn Neugebauer, natürlich Spaß daran hat, diesen zu vertreten, um daraus ein Polittheater zu machen – zum Schaden des Landes und zum Schaden des Bundes­heeres in diesem Land.

Ich bin daher gespannt, ob es wirklich stimmt, dass es keine „Lex Entacher“ geben wird. Ich bin gespannt, ob der Aufgabenbereich des Herrn Entacher kleiner werden wird. Ich bin auch gespannt, was mit dem Kollegen List, der heute sehr mutig einige Dinge vorgetragen hat, noch passieren wird. Aber ich hoffe, du hast eine gute Position, dich wird das nicht persönlich betreffen.

Zur Frage Wehrpflicht. Da war ich schon sehr verwundert über die FPÖ. Die FPÖ ist jetzt wieder etwas mehr hier herinnen vertreten, sie war ja kaum vertreten während der Debatte, wo es doch ihre Anfrage ist. Aber eines ist schon interessant: dass Sie hier eine Schmusestunde abführen, wo Sie doch vorher dem Minister das Misstrauen aus­gesprochen haben. Kollege Fichtenbauer, das verstehe ich nicht! Entweder gibt es ein Misstrauen, aber dann kann man nicht hergehen und hier auf Spaß machen, dann muss man auch dazu stehen und das durchziehen, meine Kollegen von der FPÖ! (Bei­fall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie von der FPÖ sprechen hier am Vormittag für die Jugend und am Nachmittag ge­gen die Jugend, indem Sie die Wehrpflicht aufrechterhalten wollen, 60, ja 70 Prozent der jungen Menschen weiter zwangsverpflichten wollen, Dienst beim Bundesheer zu verrichten, denen dann das Einkommen fehlt, die oft Kredite aufnehmen müssen, die de facto für das Leben kaum mehr profitieren von der Systemerhaltungsfunktion, die sie ausgeübt haben. In der Sache hat der Herr Minister recht, nur wie er es umsetzt, ist völlig verkehrt gewesen. Da seid ihr wirklich auf dem Holzweg, aber die FPÖ vertritt hier lieber die Konzepte der Vergangenheit und nicht die der Zukunft, denn die sind beim BZÖ! (Beifall beim BZÖ.)

Daher sagen wir vom BZÖ ganz klar: Es gibt nur ein neues Modell der Wehrpflicht, das heißt ein starkes Berufsheer, ergänzt durch eine Freiwilligen-Miliz, mit entsprechenden Anreizen versehen. Das ist die Zukunft, so wie das viele Länder in Europa und auf der Welt bereits vormachen. Alles andere ist Verrat an der Jugend, Verrat am Land und schafft nicht eine moderne, schlanke Armee, die mit klaren Aufgaben ausgestattet ist.

Herr Minister, ich habe versucht, einige Vorwürfe herauszuarbeiten: Sie haben versagt in der Budgetfrage. Sie haben versagt in der Sicherstellung einer ordentlichen, zu­kunftsfähigen Struktur des österreichischen Heeres. Sie haben versagt in der Umset­zung der Frage der Wehrpflicht. Und Sie haben versagt im korrekten Umgang mit den Beamten in diesem Land. Daher ist der Misstrauensantrag gegen Sie gerechtfertigt und zu unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

16.51



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 163

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


16.51.02

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Widmann, das war jetzt aber ein untauglicher Versuch, die Wehrpflicht mit dem Jugendthema seitens der FPÖ zu verknüpfen. (Beifall bei der FPÖ.) Das war untauglich und spricht für sich selbst.

Aber zurück zum Thema. Nachdem sich die Debatte hier schon etwas dem Ende zu­neigt, gestatten Sie mir eine kurze Zwischenbilanz: Was haben wir hier bis jetzt erlebt?

Wir haben einen Verteidigungsminister erlebt, der die Fragen in unserer Dringlichen Anfrage mehr als halbherzig beantwortet hat.

Wir haben einen Verteidigungsminister erlebt, der, wie Kollege Kunasek hier sehr ein­drucksvoll aufgezeigt hat, überführt wurde, dass er es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nimmt.

Wir haben einen Verteidigungsminister erlebt, der uns in seinen Ausführungen darge­legt hat, dass er gerne bereit ist, Reformen im österreichischen Bundesheer anzuge­hen, die aber offensichtlich nur einen Zweck verfolgen: alles zu zerstören, was momen­tan hier noch an Substanz vorhanden ist, von den Personalstrukturen bis hin zu bauli­chen Einrichtungen.

Wir haben einen Verteidigungsminister erlebt, der einer Fraktion angehört, deren Wehrsprecher sich hier eine Themenverfehlung geleistet hat, nur um die Sache Enta­cher nicht so genau ansprechen zu müssen.

Wir haben einen Verteidigungsminister erlebt, der einen Koalitionspartner hat, dessen Wehrsprecher hier den Rücktritt des Ministers gefordert hat.

Also wenn Sie mir hier eine Zwischenbilanz gestatten, dann kann ich nur sagen: Wenn es einen Namen für politische Inkompetenz gibt, dann lautet dieser Verteidigungsmi­nister Norbert Darabos. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Verteidigungsminister, Sie haben nicht nur sachlich, Sie haben auch politisch völlig versagt. Nicht nur, dass Sie offensichtlich völlig den Bezug zu Ihrem Ressort ver­loren haben, haben Sie offenbar auch das Vertrauen der Armee verloren, wie es der Präsident der Offiziersgesellschaft erst vor kurzem ausgeführt hat. Und es ist auch bestürzend, wenn man wahrnimmt, wie Sie Ihr Amt als Verteidigungsminister in der Öf­fentlichkeit präsentieren. Bestürzend und gleichzeitig beängstigend, wobei der Höhe­punkt wohl die Absetzung des Generalstabschefs Entacher war – völlig ohne Rechts­grundlage, stümperhaft vorbereitet und absolut ungesetzlich. Ein Fall von politischem Dilettantismus!

Auch wenn Sie sich politisch in Ihrem eigenen Ressort nicht durchsetzen können, ha­ben Sie sich als Minister an die gesetzlichen Bestimmungen, an das Dienstrecht zu halten. Das gilt für Sie als Minister genauso wie für jeden anderen Bediensteten im Ressort. Die Absetzungsmethoden, die Sie hier angewendet haben, sind demokratie­politisch absolut bedenklich und gehen bestenfalls noch in Nordkorea durch, aber si­cherlich nicht in einem europäischen Land mit einem Demokratiestandard, wie wir ihn gewohnt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenngleich ich davon ausgehe, dass unser Misstrauensantrag heute aus Koalitions­disziplin wohl nicht die wünschenswerte Mehrheit finden wird, so hoffe ich doch, Herr Verteidigungsminister, dass Sie Ihren Weg ins politische Nirwana so bald als möglich antreten werden.


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Ich wünsche unserem Bundesheer einen neuen Verteidigungsminister, der hinter den Bediensteten des österreichischen Bundesheeres steht, die wahrlich einen verantwor­tungsvollen und hervorragenden Job machen, nicht nur im Katastropheneinsatz, son­dern auch, wenn es um die sonstigen Belange des Bundesheeres geht.

Und ich wünsche mir auch einen Verteidigungsminister, der zur gesetzlich und verfas­sungsmäßig festgelegten Wehrpflicht steht, so wie sich das die Republik und die Be­diensteten des österreichischen Bundesheeres erwarten dürfen. – Danke schön. (Bei­fall bei der FPÖ.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Stauber zu Wort. – Bitte.

 


16.56.05

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren auf der Re­gierungsbank! Hohes Haus! Ein altes Sprichwort sagt: Im Leben hat alles zwei Sei­ten. – Jetzt wurde uns das wieder vorexerziert vom Kollegen Herbert. Er hat halt seine Seite dargestellt und seine Zusammenfassung der Diskussion, und er wünscht sich ei­nen neuen, einen super Verteidigungsminister.

Ich kann dir sagen, wir vertreten die andere Seite. Wir wünschen uns, dass uns unser Verteidigungsminister noch lange erhalten bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke – Frau Kollegin Windbüchler-Souschill hat das vorhin auch zum Ausdruck gebracht –, dass Herr Minister Darabos sicher einen der schwierigsten Parts in der Re­gierung zu erfüllen hat. Es ist sicherlich nicht einfach, aber er stellt sich der Aufgabe, dass das Bundesheer sich einer Reform unterziehen muss. In ganz Europa haben sich die sicherheitspolitischen Standards und Ausgangslagen geändert, sodass in ganz Eu­ropa über ein neues Bundesheer beziehungsweise über neue Aufgaben desselben dis­kutiert wird. Und nichts anderes macht auch unser Herr Bundesminister.

Bundesminister Darabos stellt sich dieser Aufgabe, und er hat das auch schon be­wiesen, denn von den 118 Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission hat er bereits 106 voll oder zumindest teilweise umgesetzt. Das ist keine Kleinigkeit gewesen, sondern das war eine tolle Leistung, und er ist dabei, auch die übrigen Punkte umzu­setzen. Aber natürlich braucht er da die Unterstützung von uns allen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Umsetzung all dieser Punkte ist eines ganz wichtig: das Vertrauen. Und da sage ich gleich dazu, dass ein Chef eines Res­sorts seinen engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertrauen und sich auf sie ver­lassen können muss. Da bringe ich das Beispiel von mir als Bürgermeister: Mein Amts­leiter muss auch loyal zu mir stehen, und ich muss ihm vertrauen können, dass er das, was wir im Gemeinderat beschlossen haben oder ich als Bürgermeister ihm im Auftrag des Gemeinderates anordne, ordnungsgemäß mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern umsetzt. Genauso ist es im Landesverteidigungsressort, und ich denke, dass es ganz wichtig war, dass der Herr Bundesminister, nachdem das Vertrauen von Herrn General Entacher ihm gegenüber verloren gegangen ist, dementsprechend gehandelt hat.

In der Dringlichen Anfrage der FPÖ steht auch, dass Herrn General Entacher eine ta­dellose Offizierslaufbahn bescheinigt wird. Das war auch der Grund, warum ihn Herr Minister Darabos zum obersten Chef des Generalstabs berufen hat. Nicht aus partei­politischen Gründen, Herr Kollege Pilz, sondern weil er eben ein tadelloser Militär war und noch immer ist.

Ich denke, dass die beiden Herren, sowohl Herr General Entacher als auch der Herr Minister, sich zusammenreden werden und durchaus eine Form der Zusammenarbeit,


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für die nächsten Monate zumindest, finden werden. (Abg. Markowitz: Monate? Warum Monate?)

Es hat heute viele Rücktrittsaufforderungen gegeben, von allen möglichen Seiten, aber ich glaube, dass gerade Kollege Klikovits aus der ÖVP-Fraktion sich einmal überlegen sollte, ob nicht in der Zeit von 2000 bis 2007 einige Rücktrittsaufforderungen an den damaligen Minister angebracht gewesen wären.

Damals hat die Regierung überlegt, den Rubikon zu überschreiten und selbst die Neu­tralität für obsolet zu erklären, und sie hat auch den NATO-Beitritt favorisiert. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Hagen, Grosz und Petzner.) Das wäre ein Grund für ei­nen Rücktritt gewesen, weil das ein Bruch der Verfassung gewesen wäre. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Der Rubikon ist aber nicht die Drau! Ich sage es nur! Der Ru­bikon ist woanders!) – Ja, ihr Steirer wisst wohl nicht, wo die Drau ist (Heiterkeit des Abg. Petzner), aber irgendwo in Slowenien kommen wir schon zusammen. Da hast du schon recht. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Abg. Grosz: Was ist denn am Rubikon passiert?) Ich glaube, dass der Herr Bundesminister unsere Unterstützung bei der Um­setzung seiner Reformvorschläge braucht. Geben wir ihm das Vertrauen! Wir von der SPÖ geben es ihm. Wir stehen hinter dir, Herr Minister! (Zwischenrufe der Abgeordne­ten Grosz und Petzner.) Ich denke, wir stehen mit einem klaren Ja zur Neutralität, sa­gen klar nein zum NATO-Beitritt, und wir stehen für eine intensive sachliche Diskus­sion im Sinne des Bundesheeres für eine gute Zukunft. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Gegenruf: ... in der Schweiz einmarschieren, oder was?)

 


17.01.08

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Leicht machen Sie es uns heute nicht. (Abg. Markowitz: Deswegen hast du die schwarze Krawatte! Jetzt verstehe ich es!) – Nein, die schwarze Krawatte trage ich, weil meine Mutter gestorben ist. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.)

Meine Damen und Herren! Wenn ein Bundesminister in einem Fernsehinterview er­klärt, dass er keinen Grund sehe (Abg. Petzner: Habt ihr schon ... gefunden?), sich zu entschuldigen, als ihn der Redakteur darauf hinweist, dass seine Entscheidung der Ab­berufung des Kollegen Entacher rechtswidrig war, dann würde ich sagen, das verdien­te sich mehr Demut. Einfach zu sagen: Nein, ich entschuldige mich nicht!, ist aus mei­ner Sicht zu wenig Demut vor dem Amt, vor der Rechtsstaatlichkeit.

Artikel 18 B-VG schreibt ganz klar vor, dass die gesamte staatliche Verwaltung nur auf­grund der Gesetze zu erfolgen hat. Herr Bundesminister! Daher ist es gut so, dass es dieses Gesetz gibt und sich Herr General Entacher beschweren konnte. Daher ist es gut so, dass diese Kommission auch weisungsunabhängig entscheiden konnte. Diese Kommission, die von Ihnen in diesem Interview als „nur“ – unter Anführungszeichen – beamtete Kommission dargestellt wurde (Ruf bei der FPÖ: Ist ja ein Wahnsinn!), gilt es zu verteidigen. (Abg. List: ... ÖVP-Kommission! ÖVP-Kommission!)

Diese Kommission ist per Verfassungsgesetz weisungsfrei gestellt, diese Kommission wird von einer Verwaltungsrichterin aus dem Verwaltungsgerichtshof geführt und be­steht aus zwei weiteren Beamten, einer von der Dienstgeberseite und einer von der Dienstnehmerseite. Meine Damen und Herren! Wer trifft denn in diesem Staat die Ent­scheidungen? – Es sind immer Beamte. Jeder Richter ist ein Beamter. Wenn Sie be-


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ginnen, Entscheidungen, die in diesem Rechtsstaat vonseiten der Beamten getroffen werden, infrage zu stellen, dann stellen Sie den gesamten Rechtsstaat infrage, und da können Sie nicht mit unserer Unterstützung rechnen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Graf und Dr. Fichtenbauer. – Bundesminister Mag. Darabos: Das habe ich nicht gesagt! – Abg. List: ... Kommission!)

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben in diesem Interview auch erklärt, dass Ihre Entscheidung aus Ihrer Sicht legitim war. Ich musste unbedingt im Duden nachschau­en, was unter „legitim“ steht. (Heiterkeit beim BZÖ.) Unter „legitim“ stehen zwei Aus­drücke. (Ruf beim BZÖ: Dazu brauchen Sie einen Duden?) Der erste lautet: Es ent­spricht dem Gesetz, erlaubt, genehmigt, gesetzlich – und die Kommission hat festge­stellt, dass es das nicht ist; also in diesem Sinne ist es nicht legitim.

Es ist nur im anderen Sinn des Wortes legitim, nämlich wenn Sie meinen, das wäre be­greiflich. – Ja, aus Ihrer Sicht kann die Haltung vielleicht begreiflich sein. Die Entschei­dung war jedenfalls nicht legal, und das ist der entscheidende Punkt. (Abg. Mag. Stad­ler: Was steht ...?) Wenn Sie auf andere Punkte – auch von anderen Ministern – und auf Parteipolitik verweisen, dann muss ich Ihnen sagen (Zwischenruf des Abg. Petz­ner): Dort hatten die entsprechenden Minister keine Aufhebung eines Bescheids durch die Berufungskommission zu verantworten. Die haben nur Sie zu verantworten, Herr Bundesminister. (Ruf beim BZÖ: Ein Mandatar ...!)

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben in diesem Interview auch immer wieder das Primat der Politik genannt. (Abg. Grosz: Nicht zu verwechseln mit ...!) Es gebührt, sich noch einmal damit auseinanderzusetzen. „Das Primat der Politik“ wurde nämlich erst­mals unter Metternich verwendet, und ich glaube nicht, dass Sie in Wirklichkeit die Poli­tik des absolutistisch regierenden Metternich verteidigen wollten. Ich glaube, dass Sie im Grunde sagen wollten: Die Politik – oder die Entscheidungslage – im österreichi­schen Bundesheer hat nicht von den Militärs bestimmt zu sein, sondern von den de­mokratisch gewählten Volksvertretern.

Ressortleiter sind dem Parlament und damit den Gesetzen, die hier im Parlament ver­abschiedet werden, verantwortlich. Herr Kollege Darabos! Das halte ich in einer klaren Amtsführung für besonders wichtig – in einer Amtsführung, die entsprechend dem Ge­setz durchgeführt werden muss, weil gerade die Landesverteidigung ein ganz beson­ders wichtiges Ressort ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist das Entscheidende. Ich glaube, hier sind sehr viele Personen, die nicht das ös­terreichische Bundesheer schlechtmachen wollen, wie Sie, Herr Bundesminister, in Ih­rem Redebeitrag vermutet haben. Im Gegenteil: Es ist die Sorge um das österreichi­sche Bundesheer, die es uns gebietet, noch klarer, noch deutlicher auf Ihre Ressort­führung zu schauen – im Interesse des österreichischen Bundesheeres, für die öster­reichische Landesverteidigung und für die österreichischen Soldatinnen und Soldaten, zum Wohle unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


17.06.48

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Die heutige Debatte darf durchaus als etwas Einzigartiges bezeichnet werden. Es ist einzigartig, dass ein Bescheid von einer weisungsunabhängigen Kommission, die durch den Minister veranlasst wurde, aufge­hoben wurde. Dieser Bescheid hat einen Spitzenbeamten des Ministeriums getroffen, der von diesem Minister in diese Funktion gebracht worden war.

Nun hatte Bundesminister Darabos die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge darzulegen. Er hat das ja sehr breit angelegt. Herr Bundesminister! Wenn Sie glauben, dass Sie


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nur einen davon überzeugt haben, dass Sie ein Minister sind, dem sinnvolle Reformen ein Anliegen sind, dann sage ich Ihnen: Ich würde das nicht vermuten. Es gibt in den SPÖ-Reihen Leute, die sagen ... – Das sagt sogar der Wehrsprecher; er hat in seinem Debattenbeitrag nicht ein einziges Mal den Namen Entacher in den Mund genommen (Abg. Mag. Stadler: Das war bezeichnend! – Zwischenruf des Abg. List.) – also eine Rückenstärkung für den Minister habe ich hier nicht erkannt. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben uns einige Dinge aufgezählt, von denen Sie meinen, sie würden sogar die Bezeichnung „Verwaltungsreform“, „positiver Ansatz“ verdie­nen. Sie sagen, Sie haben 400 Beamte vom Verteidigungsministerium in das Finanz­ministerium gebracht, 200 in das Bundesministerium für Inneres. – Eine Verwaltungs­reform ist das beileibe nicht. (Ruf beim BZÖ: Sicher nicht!) Das war die Flucht Ihrer eigenen Beamtenschaft, die unter Ihrer Führung keine Perspektive mehr erkennt. Sie sind geflüchtet. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie die Verwaltungsreform wirklich ernst nehmen, haben Sie es ganz einfach: Im Rechnungshofbericht ist alles detailliert aufgeführt. Wir verlangen das von Sitzung zu Sitzung. Einzig und allein: Sie haben bis heute noch kein Resultat zuwege gebracht. Herr Bundesminister! Wenn Sie sagen, von 1 200 in der Zentralstelle haben Sie auf 900 Stellen reduziert, dann sage ich: Hoffentlich haben diese 300 Menschen nicht Be­scheide bekommen wie der oberste Militär Entacher. Ich hoffe, dass sie wenigstens rechtskonforme Bescheide erhalten haben. Sie sehen uns aber sicherlich als Partner bei sinnvoller Entbürokratisierung, bei sinnvoller Verwaltungsreform, damit man dort die Zahl weiter nach unten drückt.

Herr Bundesminister, Sie haben einen – aus meiner Sicht – wichtigen Bereich ange­sprochen, nämlich die Frage der Loyalität, die sich ein Minister erwarten darf. Wir ha­ben in der Vergangenheit leider Gottes immer wieder gesehen, wie man mit Beamten verfährt, wenn sie dem Minister nicht nach dem Mund reden. Sie haben der Sache al­les andere als einen guten Dienst erwiesen, indem Sie einfach sagten, er sei immer gegen das, was Sie wollen – wobei sich bei Ihnen die Frage stellt, was Sie überhaupt wollen, denn Auslöser war die Debatte um Wehrpflicht.

Ich darf erinnern: Am 2. Oktober 2010 hat der Minister verkündet, die Wehrpflicht sei „in Stein gemeißelt“. Entacher und Co haben gesagt: Jawohl, das ist unser Minister; seine Meinung werden wir vertreten!

Allerdings sagt zwei Tage später – Löwelstraße, schlechte Umfragewerte bei den jungen Wählern – Spitzenkandidat Häupl im Verein mit der „Krone“: Jetzt treten wir ei­ne Debatte los und sagen, weg mit der Wehrpflicht!

Was machte der Bundesminister aus voller Überzeugung? – Was er am 2. Oktober ge­sagt hat, hat drei Tage später nichts mehr gezählt; es gab sofort die andere Debatte. Herr Minister, Sie dürfen sich nicht wundern, wenn Ihre Spitzenbeamten mit dem ra­santen Tempo gar nicht mitkommen – ja nicht mitkommen wollen. Ich habe daher durchaus Hochachtung vor Beamten, die noch den Mut aufbringen, eine Meinung zu vertreten, die jener, die der Minister vertritt, diametral gegenübersteht. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie haben aber in Bezug auf das Berufsbeamtentum eine für mich wesentliche Frage angesprochen, und ich glaube, das sollte Anlass für Überlegungen sein, in Hinkunft Spitzenbeamte nur mehr auf Legislaturperioden zu besetzen. Ich halte das wirklich für diskutabel. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Ich sage allerdings gleich da­zu, dass man bessere Schutzklauseln und auch finanzielle Abfederungen im Dienst- und Besoldungsrecht einführen muss. Vorstellbar ist auch ein parlamentarisches Anhö­rungsrecht wie in den USA, wo sich Beamte zuerst bewerben müssen und dann jeder­zeit vor dem Ausschuss erscheinen können, um ihre Sachmeinung abzugeben – nicht nur gefiltert durch den Minister.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich glaube, das ist ein wirklich ernsthaftes Problem. Wir kennen den Umgang, den insbesondere ÖVP-Minister hier gepflogen haben. Wir haben jetzt den Fall Darabos beziehungsweise Entacher. Ich glaube, es ist Zeit, im gesamten öffentlichen Dienst umzudenken. Es wäre klug, wenn wir bei den Spitzenbeamten hier ein deutliches Zeichen setzen. Die Systemfrage ist al­so eine – wie ich meine – wesentliche, die nach dieser Debatte übrig bleibt.

Die Entsolidarisierung, die wir feststellen, ist eindeutig auf die Führung des Verteidi­gungsministeriums zurückzuführen. Herr Bundesminister für Landesverteidigung! Ich glaube, in einer stillen Stunde wäre es angebracht, dass Sie selbst darüber nachden­ken, was für die Republik Österreich, für das Verteidigungsressort, aber – bei diesen Umfragen! – vielleicht auch für Ihre Partei das Klügste wäre. Vielleicht finden Sie einen Job in der burgenländischen Landesregierung oder durch eine Umgruppierung. Be­freien Sie dieses Verteidigungsministerium! (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben uns heute etwas gesagt, das mich bestärkt, dass wir diesen Misstrauensantrag unterstützen. Sie haben angekündigt, sich auf Ih­rem Weg nicht beirren zu lassen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist kein guter Weg. Das ist ein schlechter Weg, und daher werden wir das Misstrauensvotum auch unterstützen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


17.13.19

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Herr Bundesminister, lassen Sie mich kurz auf Ihre Rede, auf Ihre Beantwortung unserer Fragen eingehen. Sie haben da irgendetwas missverstan­den: Wir Freiheitliche sind nicht der Meinung, das österreichische Bundesheer arbeite schlecht, sondern Sie als Verteidigungsminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Das österreichische Bundesheer arbeitet unter den gegebenen Umständen Ihrer Re­gentschaft als Verteidigungsminister sogar sehr, sehr gut. Ich möchte mich ebenfalls beim Kaderpersonal und bei den Rekruten recht herzlich bedanken.

Herr Bundesminister, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie besuchen keine Kaser­nen – was ich ja nicht glaube –, oder Sie besuchen Kasernen mit verschlossenen Au­gen und nicht so wie ich als Personalvertreter. Ich schaue mir immer die Anschlag­tafeln, die Informationstafeln in den Kasernen an. Wenn Sie sich die auch anschauen würden, dann wäre es für Sie wahrscheinlich ernüchternd und erschreckend, was Ihr Koalitionspartner – also die Fraktion Christlicher Gewerkschafter –, aber auch Ihre Fraktion, die FSG, von Ihnen hält.

Sie äußern sich in den Kasernen schon gar nicht mehr, sie wollen Sie gar nicht mehr verteidigen. Darum ist es löblich, dass Ihre Parlamentsfraktion Sie hier noch verteidigt, aber die rote Personalvertretung hat sich schon längst von Ihnen als Bundesminister für Landesverteidigung verabschiedet. Ich glaube, das spricht Bände. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt lachen Sie, Herr Bundesminister. Zeitweilig sitzen Sie da, als wären Sie schon zu­rückgetreten, aber ich glaube, das Thema ist nicht so lustig, dass Sie hier grinsend auf der Regierungsbank sitzen sollten. Ich nenne Ihnen nur noch einmal ein paar Fakten, sie sind ohnehin schon mehrmals genannt worden.

2. Juli 2010, Website Ihres Ministeriums: Darabos klar für Wehrpflicht. Noch am selben Tag: Wehrpflicht ist „in Stein gemeißelt“, und, und, und. Kurz vor der Wiener Landtags­wahl haben Sie angesichts der Umfragewerte – das haben wir heute schon gehört – ei­nen Schwenk um 180 Grad vollzogen.


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Herr Bundesminister, entschuldigen Sie bitte diesen Ausdruck, aber das ist in Ihrem Ressort überhaupt nicht gefragt, das ist schon fast ein bisschen Feigheit, wie Sie da leider Gottes vorgehen, denn Aufgabe der Landesverteidigung – wie Sie als Bundesmi­nister für Landesverteidigung ja sicher wissen – sind der Schutz der verfassungsmä­ßigen Einrichtungen und der demokratischen Freiheiten der Einwohner und die Auf­rechterhaltung der Sicherheit.

Herr Bundesminister, die Sicherheit der Bevölkerung wurde von der SPÖ und von Ih­nen aus wahlkampftaktischen Gründen schäbig verkauft. Das ist skandalös, und das ist irgendwie auch zum Schämen. Das muss man eigentlich so drastisch sagen. Für Sie sollte nicht immer nur die böse Opposition ein Warnzeichen sein, da machen Sie es sich sehr einfach.

Sie wissen ja ganz genau, wer sich schon von Ihnen verabschiedet hat: Milizverband, Offiziersgesellschaft, Medien und Bevölkerung, Opposition, Koalitionspartner, Teile Ih­rer Partei, Ihrer Personalvertretung haben Ihnen schon den Rücken gekehrt und sehen den Bundesminister Darabos eigentlich nur mehr als Belastung an.

Herr Minister Darabos, es wäre höchste Zeit zu gehen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte. (Ruf: Zugsführer Cap!)

 


17.17.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Einige Anmerkungen müssen da schon noch eingebracht werden (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer), denn welches De­mokratieverständnis ist denn das, dass Diskussion und Misstrauensantrag nur mehr ein kurzer Weg sind, wenn es eine Diskussion gibt und ein Minister seine Meinung äu­ßert. Ich kann nicht ganz nachvollziehen (Zwischenruf des Abg. Amon), woraus man dann den Schluss zieht, dass es einen Rücktritt geben muss.

Der zweite Punkt, der mir dabei wichtig zu sein scheint: Es hat zwei Rechtsmeinungen gegeben – natürlich –, die unabhängige Kommission hatte eine andere Rechtsmei­nung. Der Herr Minister hat immer gesagt, dass er das respektiert, aber deswegen da­raus, dass der Minister eine Rechtsmeinung geäußert hat, den Schluss zu ziehen und zu sagen, das sei ungeheuerlich, da müsse ein Misstrauensantrag her, er müsse zu­rücktreten, das kann ich ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Wenn wir schon über Rücktritte reden: Wenn ein General in der alten österreichischen Armee eine andere Meinung hatte als die Führungsmeinung, dann hat der General Abschied genommen. Da hat man sich nicht vor einer unabhängigen Kommission oder sonst wo getroffen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Grosz und Scheibner.) – Ich re­spektiere die österreichischen Gesetze, selbstverständlich.

Der General hat sich öffentlich geäußert und gesagt, dass er mit einem Reformprojekt des Ministers nicht übereinstimmen kann. Die Logik in der früheren Armee wäre ge­wesen, dass er sagt, das muss halt jetzt ein anderer machen; ich kann das nicht mehr mittragen. So war das damals. (Abg. Kopf: Gefährliche Argumentation!) – Nein, nein, nicht gefährlich. Ich rede von der alten Armee. (Abg. Grosz: Ein sehr gefährlicher Ver­gleich!)

Wir diskutieren da die Frage, ob ein General öffentlich gegen die Politik des Ministers Position bezieht (Zwischenruf des Abg. Amon) und ob das eine Einschränkung der demokratischen Meinungsfreiheit ist. Also welche Vorstellungen einer staatlichen Orga­nisation haben Sie eigentlich in Bezug – zum Beispiel – auf das Heer? (Abg. Amon: Rechtsstaat!) Wenn ich zu Ende denke, was Sie sagen, heißt das, das Heer wählt sich


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den Minister selber, oder die Soldaten treffen sich und wählen sich ihre Offiziere selbst. Das hatten wir in den Jahren 1918, 1919. – Nein, nein, so nicht. – Das war damals ge­nau die Linie. Das verstehe ich nicht.

Es muss doch noch legitim sein, wenn man sich heute herstellt und sagt, dass man ein Reformprojekt hat, dass man analog zur Mehrheit aller Mitgliedsländer der Europäi­schen Union über ein Profiheer, ein Freiwilligenheer nicht nur nachdenken möchte, sondern auch versuchen, es umzusetzen – zum Beispiel indem man diese Pilotpro­jekte jetzt einmal im Rahmen des Möglichen andenkt, im Rahmen der Regeln, die jetzt in diesem Ministerium gegeben sind. (Abg. Strache: Aber es gibt keinen politischen Auftrag dazu! Es gibt keinen parlamentarischen Auftrag!)

Ehrlich gesagt, wenn ich grundsätzlich dagegen bin, dass man Projekte über Reformen der Heeresorganisation macht (Abg. Strache: Es gibt keinen parlamentarischen Auftrag dazu!), dann hätte die Diskussion auch schon früher einsetzen müssen. Da oben (auf die Regierungsbank weisend) ist Bundeskanzler Schüssel gestanden bei seiner Regierungserklärung im Jahr 2000 und hat hier bereits die Schiene gelegt für eine Entwicklung, für eine Reformdebatte in der Reformkommission unter dem Vorsitz von Helmut Zilk in Richtung Berufsheer. Da (erneut auf die Regierungsbank weisend) ist er gesessen, der damalige Bundeskanzler. Die Blauen waren damals in der Regie­rung, später die Orangen, haben dann immer das Verteidigungsministerium gehalten und haben fleißig in dieser Kommission mitgearbeitet, wo es noch wörtlich geheißen hat, es sei „die Gliederung des Bundesheeres 2010 so zu gestalten, dass spätere Ent­wicklungen, etwa auch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Umstellung auf ein Frei­willigenheer, möglich sind“. (Abg. Strache: Möglich, ja, aber nicht zwingend!)

Ja, aber da hat keiner gesagt: Herr Verteidigungsminister Scheibner oder Herr Bundes­kanzler Schüssel – oder wer auch immer dann damals verantwortlich war –, treten Sie zurück, das entspricht nicht der österreichischen Verfassung, wir haben da die allge­meine Wehrpflicht! – Da habe ich das nicht gehört. Jetzt plötzlich, weil es Ihnen irgend­wie nicht ins Konzept passt, wird da das Ganze aus der Lade gezogen.

Es ist also eine ziemlich unseriöse Debatte, die da geführt wird, und es ist auch eine in­direkte Diskussion, eine Scheindiskussion. Ihnen geht es gar nicht um Entacher. Ihnen geht es nicht um Entacher, Ihnen geht es um die Frage Profiheer – ja oder nein, Frei­willigenheer – ja oder nein. Das ist die entscheidende Frage, aber die kann man doch bitte ausdiskutieren, genauso wie man die Konzepte diskutieren kann, die den Ersatz des Zivildienstes betreffen, wo es auch Vorschläge gegeben hat. (Abg. Bucher: Aber der vermasselt ja alles!)

Aber was ist die Endentwicklung dessen, was Sie da sagen? Wo soll das enden?, fra­ge ich mich. Wo soll das enden? Ich bin ganz verwundert über das, was hier teilweise in den einzelnen Diskussionen eingebracht wurde.

Ehrlich gesagt verstehe ich es auch nicht ganz, wenn man sagt, ich stimme da nur mehr zu aus Koalitionsräson. Ich habe die Begründung auch vom Abgeordneten Kliko­vits nicht ganz verstanden, warum er das so zuspitzt, warum er sagt: nur aus Koali­tionsräson. Man kann sich ja herstellen und sagen: Okay, der Herr Minister hat die Vor­stellung A, wir haben die Vorstellung B. Manche in der ÖVP-Parlamentsfraktion, die damals, unter Schüssel, hier ihre Arbeit verrichtet haben, waren damals schon der Mei­nung, dass man ein Profiheer machen soll, und andere haben eben eine andere Mei­nung. Aber es muss doch einmal eine Diskussion darüber geben! Das ist doch eine für den Staat wesentliche Einrichtung, mit der man sich da auseinanderzusetzen hat. Das kann man doch nicht einfach so herunterdiskutieren, als wäre das irgendeine Neben­frage.

Als ich mir heute die einzelnen Debattenbeiträge angehört habe, die Art und Weise, wie auch mit dem Minister umgegangen wird, die Wortwahl, habe ich mir gedacht, da


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kommt eine Einstellung zum Ausdruck, die ich nicht akzeptieren kann. Ich finde, man soll sich offen deklarieren und sagen: Die FPÖ will diese Art der Heeresorganisation, das BZÖ jene, wer auch immer, und dann werden wir in aller Ruhe darüber debattie­ren, steigen ein auf die Vorschläge, die der Minister Darabos hat.

Bei allem Respekt vor Dienstrecht und vor Gesetzen: Wenn jemand Minister ist und er hat dort hauptverantwortliche Mitarbeiter, dann ist Vertrauen die Basis, Loyalität und Kompetenz die Voraussetzung, und letztlich ist Teamgeist gefragt, um das auch wirk­lich alles umzusetzen. So verstehe ich das: Dass sich Ministerien, Ressorts, Länder or­ganisieren, und nicht, dass der Minister einen Vorschlag macht, und sein wichtigster, höchster Mitarbeiter sagt in einem Interview in einem Magazin: Na, so geht das nicht! – Das ist ja unvorstellbar! Wo gibt es so etwas? Darüber müsste eigentlich die Diskus­sion gehen, wieso das möglich ist und wieso nicht dieser Aufschrei zu diesem Zeit­punkt erfolgt ist. (Abg. Strache: Ein verfassungstreuer Beamter war er!)

Was dann gewesen ist – okay, da kann man unterschiedlicher Meinung sein. Es waren zwei Rechtsmeinungen, und es wurde letztlich so entschieden. (Abg. Dr. Graf: Bei uns haben sie Unterschriften gesammelt, aber keinen rausgehaut!) Aber das rechtfertigt noch lange nicht die Tonlage der Debatte gegenüber dem Minister. Und meiner Mei­nung nach, meiner politischen Meinung nach, rechtfertigt es auch noch lange nicht, dass man hier einen Misstrauensantrag gegen einen Minister stellt, der den Mut hat, auch Tabu-Grenzen zu überschreiten, der Reformprojekte präsentiert, der über Lang­zeitreformen des Heeres nachdenkt – einmal einer, der nicht von einem Tag auf den anderen denkt.

Was haben wir denn in der Vergangenheit schon alles erlebt?! – Panzerkäufe, die kein Mensch gebraucht hat, Panzer, die jetzt irgendwo in der Gegend herumstehen, die Eu­rofighter, wo wir da x-mal gestanden sind und gesagt haben: Für die Luftraumüberwa­chung brauchen wir diese sündteuren, milliardenteuren Eurofighter, mit einem Vertrag, wo keiner mehr hat aussteigen können? Das müsste man heute diskutieren, nicht, wie jemand hier gesagt hat, der Minister hat zwar einiges eingespart, aber das ist so, wie wenn ich einen Mercedes kaufe, wo ein paar Bremsen fehlen – oder wie auch immer das formuliert wurde. (Abg. Strache: Die Draken-Marizzi-Geschichte!)

Herr Kollege Fichtenbauer, Sie wissen, ich habe totalen Respekt vor vielen Ihrer Äuße­rungen. Aber wieso haben Sie da nicht eingebracht, dass man bei dieser Art des Ver­trages mit Eurofighter nicht mehr heraus hat können, dass das eigentlich ein Knebe­lungsvertrag war – gerade für Sie als Rechtsanwalt wäre das ein interessantes Thema gewesen –, damit man ja keine Alternative dazu hat und damit man die Luftfotos weiter mit diesen teuren Jagdflugzeugen macht?

Wir können darüber diskutieren, was in Wahrheit das Konzept gewesen ist, dass Euro­fighter angeschafft werden. Was war der Hintergedanke? – Nicht bloß die Luftraum­überwachung! Das wäre eine seriöse Diskussion, die sich dieses Heer verdient hätte, weil dort fleißige Menschen am Werk sind, weil dort gearbeitet wird und weil diese Menschen auch ein Anrecht auf Respekt und Anerkennung haben.

Ich finde, wir sollten trachten, da wieder zusammenzukommen, wieder gemeinsam an diese Frage heranzugehen, dass wir die Tonlage gegenüber dem Minister ändern und konstruktive Debatten führen – und das nicht zu einem billigen Spiel machen und par­teipolitisches Kleingeld auf dem Rücken all derer wechseln, die im Bundesheer tätig sind und für die Republik ihr Bestes geben wollen. Das würde ich gerne hier einmah­nen, und für diesen neuen Diskussionsstil würde ich stehen. Vielleicht redet der Kolle­ge Grosz nach mir – er ist ja der beste Garant dafür, dass der Diskussionsstil auch wirklich eingehalten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 172

17.26.28

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Klubobmann Cap, ich bin sehr begeistert, denn wir sind alle Zeugen einer historischen Situation geworden: dass Sie nach 50 Jahren im Parlament das erste Mal hier komplett ratlos sind. Aber ich möchte Ihnen gerne auf die Sprünge helfen, auch Ihrer Nachvollziehbarkeit auf die Sprünge helfen, warum es so notwendig ist, einen Misstrauensantrag gegen diesen Minister einzubrin­gen, aber warum es auch notwendig ist, ihn aus dem Amt zu wählen. Darum geht es uns: Nicht den Antrag einzubringen um der reinen Antragstellung willen, sondern um endlich wieder eine Gesetzmäßigkeit im Landesverteidigungsressort dieser Republik herzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich jetzt kurz die heutige Debatte Revue passieren lasse – zweieinhalb Stunden hat sie gedauert –: Es ist mir schon einiges auf­gefallen, und es war auch einiges entlarvend und auch peinlich. Herr Kollege Fichten­bauer, es kann nicht sein, dass Sie allen Mut zusammennehmen und heraus ans Pult gehen, den Minister kritisieren – und zehn Minuten später, nachdem die Kameras weg­geschwenkt haben, begeben Sie sich da an der Regierungsbank in eine Kuschelei mit dem Minister, so nach dem Motto: Ja, war ich halt schiach zu dir, aber ich habe es eh nicht so gemeint. Wenn du mir den Kaiser-Franz-Joseph-Orden dafür verleihst, sind wir wieder gut.

So macht man auch nicht Wehrpolitik in diesem Land! (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Oberstleutnant Kurt List vom BZÖ hat heute die Gründe für das berechtigte Misstrauen hier angeführt, ebenso der Kollege Kunasek von der FPÖ, nämlich dass das Misstrauen gerechtfertigt ist, da dieser Minister, seit er im Amt ist, mehrmals gezeigt hat, dass er das Ressort nicht führt. Er mag das Ressort nicht, er hat keine persönliche Emotion, keine Empfindung gegenüber der Landesver­teidigung, er führt es auch nicht selbst, sondern es führt der der ÖBB-Oberwacht­meister und Kabinettchef Kammerhofer. Das ist eigentlich der wahre Minister, der zehn Meter versetzt von der Regierungsbank steht, aber eigentlich hier sitzen sollte. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist auch jener sogenannte Minister, der mündliche Weisungen seit drei Jahren in diesem Ressort erteilt, aber sich hier nicht der Verantwortung gegenüber dem Parla­ment stellt. Das ist doch die Realität des Ministeriums: Nicht der Minister schafft an, sondern sein Kabinettchef, ÖBB-Oberwachtmeister Kammerhofer. Reden wir doch ein­mal offen darüber, wie das dort abläuft.

Das Zweite: Der Minister will das Ministerium nicht führen, er kann es nicht führen – an drei Beispielen festgemacht.

Eurofighter-Debatte: Einmal mehr zieht der mächtige Don Quichote aus und kommt als „Friedrich mit der leeren Tasche“ vom Schlachtfeld retour. Er zieht aus, nimmt den gan­zen Mut zusammen, versucht den Eurofighter-Deal aufzuknüpfen und die Kosten zu senken. Und womit kommt er nach Hause? – Es hat Mehrkosten verursacht. Der erste Wahnsinn dieses Ministers!

Den zweiten Wahnsinn erleben wir bei der richtigen und sachlich wichtigen Debatte um die Wehrpflicht. Es kann ja nicht sein, dass das Bundesheer die Beschäftigungsthe­rapie für die Defizite im familiären Umfeld ist, die dann das Bundesheer im Rahmen der Wehrpflicht zu erledigen hat. Daher halte ich ja die Wehrpflicht wirklich für sinnlos, weil sie auch nichts mehr bringt, auch sachlich nichts mehr bringt. Welchen Krieg wollen wir mit in sechs Monaten ausgebildeten Rekruten in dem Land noch gewinnen? (Abg. Dr. Graf: Wir wollen gar keinen Krieg gewinnen!) Da können Sie nicht einmal gegen die Schweizergarde antreten, denn da werden sie auch verlieren, wenn sie gegen den Vatikan beim Fußball antreten. (Beifall beim BZÖ.)


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Das heißt, diese wichtige und sachliche Diskussion um die Wehrpflicht wurde von die­sem Minister verunmöglicht, weil er auch in dem Bereich gescheitert ist und diese Dis­kussion schlussendlich peinlich abrutschen ließ. Seien wir uns doch ehrlich: In dem Be­reich ist er gescheitert!

Und der dritte Bereich, die Krone sozusagen: Entacher und die emotionale Ablöse zwi­schen dem Frühstücksei und dem Büro-Gang: Jetzt habe ich aber den Entacher end­lich satt, jetzt werfe ich ihn hinaus!, um dann in Widerspruch mit dem Beamten-Dienst­recht zu geraten und Entacher nach einem Jahr kleinmütig wieder einstellen zu müs­sen.

Sehr geehrter Herr Minister! Der Misstrauensantrag, den heute die Freiheitliche Partei einbringt, ist auch Ausdruck des Mitgefühls, das wir mit Ihnen haben: Herr Minister Darabos, wir wollen Sie erlösen von dieser Last – und wir wollen das österreichische Bundesheer von Ihnen erlösen! Aber wir wollen Sie, Herr Darabos, von einer Fehlbe­setzung erlösen, die Ihnen Ihr Alt-Bundeskanzler Gusenbauer eingebrockt hat.

Sie, Herr Darabos, wollten dieses Ministerium ohnehin nicht; Sie wollten niemals Ver­teidigungsminister werden. Und das ist der Ausdruck dessen, was Sie dem Ministerium gegenüber tun: Sie signalisieren den österreichischen Soldatinnen und Soldaten ja nichts anderes, als dass Sie von ihnen nichts halten.

Und das Schlimmste, das einem Politiker, vor allem einem Regierungspolitiker, passie­ren kann, ist der mangelnde Respekt, den Ihnen die eigene Truppe entgegenbringt.

Seien wir doch ehrlich: Die Angehörigen Ihres Ressorts haben keinerlei Respekt mehr vor Ihnen, Herr Minister Darabos, und sie behandeln Sie abschätzig. Hinter vorgehalte­ner Hand heißt es: Was willst du denn mit diesem Zivildiener bei uns; der ist zu nichts zu gebrauchen! – Nichts gegen Zivildiener, aber, Herr Minister: Sie werden in Ihrem ei­genen Ressort als Führungsperson nicht mehr wahrgenommen, und Sie werden auch in der Bevölkerung nicht mehr als führendes Organ eines Ministeriums wahrgenom­men.

Daher gebietet es der Anstand, aber auch Ihre eigene höchstpersönliche Erlösung, dass Sie, Herr Minister Darabos, die Konsequenzen ziehen. Dieses Herumtheatern, das von Monat zu Monat in diesem Ressort passiert – und das seit drei Jahren –, das ist doch keine Regierungspolitik, Herr Darabos! Und das merken Sie doch selbst.

Die Truppe mag Sie, Herr Minister, nicht. Die Soldatinnen und Soldaten haben vor Ih­nen keinen Respekt; Sie behandeln diese ja auch abschätzig. Das ist mir auch voll­kommen bewusst: Sie behandeln die Truppe abschätzig. Sie glauben, dass Sie mit Ge­nerälen des österreichischen Bundesheeres wie mit Schachfiguren umgehen können.

Sie halten auch das Dienstrecht nicht ein, Herr Minister. Der eigentliche Verteidigungs­minister ist doch der Herr Kammerhofer.

Herr Minister Darabos, treten Sie zurück!

Wir vom BZÖ werden heute diesem Misstrauensantrag zustimmen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


17.32.06

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Hohes Haus! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Die doch sehr armseligen Äußerungen, die mein Vorredner in meine Richtung auszusprechen geneigt war (Beifall bei der FPÖ), haben folgenden Hinter­grund: Frau Kollegin Lapp hat eine Rede hier gehalten, die mich geradezu gequält hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 174

Aus diesem Grund habe ich die Gelegenheit ergriffen und das Schriftstück betrachtet, das mir der Herr Verteidigungsminister entgegengehalten hat, nämlich das Partei­programm der FPÖ aus dem Jahre 1997 mit der Empfehlung, ein Berufsheer unter NATO-Beitritt zu schaffen.

Daraufhin habe ich ihm gesagt: Na ja, die Römer waren 15 nach Christus auch hier – und trotzdem reden wir nicht mehr über eine politische Zusammenarbeit mit ihnen. Ich könnte noch hinzufügen: Nächstes Mal bringe ich ein paar Aussprüche des Austro­marxisten Dr. Otto Bauer mit und vergleiche sie mit politischen Positionen der SPÖ heute. Und das wird auch nicht ganz passen.

Aber eines lasse ich mir nicht nehmen, von wem immer: Ich bin in politischer Gegner­schaft zu Ihnen, Herr Minister – und dazu brauche ich gar keinen „Mut“. Mut hatte ich schon, da waren Sie noch nicht einmal auf der Welt, lieber Herr Vorredner. Ich stehe in politischer Gegnerschaft, die ich bezüglich des Ministers Darabos klar zum Ausdruck gebracht habe. Ich habe aber eine andere Wortwahl als manche andere. Und eines kann mir hier niemand anschaffen, nämlich zur persönlichen Feindschaft überzuge­hen. (Beifall bei der FPÖ.)

Niemand der politischen Konkurrenten hier veranlasst mich, politische oder persönli­che Feindschaft zu projizieren. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Auch wenn der Misstrauensantrag gegen Minister Darabos Erfolg hätte, würde ich in derselben Minute nachher mit derselben mir anerzogenen und von mir geübten Höf­lichkeit und Freundlichkeit Herrn Darabos wieder begegnen. Und das empfehle ich al­len hier in diesem Haus: politische Gegnerschaft ja, persönliche Feindschaft, die ist des Teufels; dazu stehe ich. (Beifall bei der FPÖ.)

Wer das nicht hören und anerkennen will, der sollte Nachhilfestunden in politischer Kul­tur nehmen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Nächster Punkt: In fehlerhafter Weise ist das von mir mehrmals vorgehaltene verfas­sungswidrige Vorgehen des Bundesministers für Landesverteidigung Darabos von selbigem mit Reform verwechselt worden. Das ist jedoch gewiss nicht verwechselbar, weil es für diese „Reform“ – im Zusammenhang mit der dem Generalstabchef Entacher mediale Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde – einer Verfassungsänderung hier in diesem Haus bedürfte.

Daher, lieber Dr. Cap, machen auch Sie nicht diesen Fehler!

Politik ist Politik, ist per se Reform, kein Zweifel – aber Vollziehung eines Gesetzes hat aufgrund der Verfassungslage zu erfolgen. Daran führt kein Weg vorbei. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Sinne lade ich alle ein, dem Misstrauensantrag zu folgen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.35

17.35.40

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG.

Zu einem solchen Beschluss des Nationalrates ist die Anwesenheit der Hälfte der Ab­geordneten erforderlich. Ich stelle diese ausdrücklich fest.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abge­ordneten unterstützt wird, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Wir gehen daher so vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 175

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind grauen Stimmzettel – beziehungsweise die Bezeichnung „Nein“ – das sind die rosafar­benen Stimmzettel. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimm­zettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Antrag auf Versagen des Vertrauens stim­men, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nun Herrn Schriftführer Abgeordneten Zanger, mit dem Namensaufruf zu be­ginnen; Herr Abgeordneter Auer wird ihn später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abge­ordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte die Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmen­zählung vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.40 Uhr unterbrochen und um 17.45 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 168; davon „Ja“-Stimmen: 66, „Nein“-Stimmen: 102.

Der Antrag ist somit abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ.)

(Siehe Korrektur durch Präsidenten Neugebauer S. 197.)

Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten (korrigierte Fassung):

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 176

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kitzmüller, Kogler, Korun, Kunasek;

Lausch, Linder, List;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Petzner, Pilz, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz, Winter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Hölle­rer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Ferdinand, Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Mu­chitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schön­pass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Wittmann Peter, Wurm.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 177

17.45.47Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 5 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


17.46.09

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Von den militärischen Angelegen­heiten wieder zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 5, unter anderem dem Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen.

Im 21. Jahrhundert sollte es, wie ich meine, in einer Republik eigentlich eine Selbstver­ständlichkeit sein, dass Gleichberechtigung gelebt wird, und ich glaube, es wird in die­sem Staat auch so gemacht. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn es aber zu Verfehlungen kommt, so ist das auch zu ahnden.

Mein Vorredner in dieser Debatte, Herr Abgeordneter Krist, hat ein Beispiel dafür ge­bracht, wo es in Einkaufszentren oder Konzernen zu gravierenden Benachteiligungen von Frauen kommt. Ich selbst komme ja aus der Wirtschaft. Er hat ausgeführt, dass es Arbeitsverträge gibt, die 20, 25 Stunden umfassen, obwohl die MitarbeiterInnen dort 40, 50 Stunden arbeiten müssen. Wie gesagt, solche Fälle sind mir bei Weitem nicht bekannt. Sollte das wirklich so sein, so gehört dies auf den Tisch. Und wir wissen, dass wir die gesetzlichen Voraussetzungen dafür haben, um das abzustellen, was ja bis zum Entzug der Gewerbeberechtigung geht. Das liegt in der öffentlichen Hand, sprich bei den Bezirkshauptmannschaften.

Wie sieht die Aufteilung der Bediensteten gerade im öffentlichen Bereich aus? Wir ken­nen die Quote. Von den 320 000 Bundesbediensteten sind zirka 60 Prozent Männer, 40 Prozent Frauen. Die Entwicklung geht dort in eine positive Richtung. 2001 waren nur 18 Prozent Frauen in Führungspositionen, im Jahr 2009 waren es schon 27 Pro­zent.

Wie schaut das in der Privatwirtschaft aus? Dort ist es so, dass die zirka 400 000 Un­ternehmen zu zirka 40 Prozent von Frauen geleitet werden. In der Privatwirtschaft sind auch zirka 30 Prozent der Führungskräfte Frauen.

Wir wissen, dass es da und dort, wie gesagt, zu Nachjustierungen kommt. Wir wissen, dass die Wirtschaft froh ist, tüchtige Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Die Wirt­schaft stellt etwas ganz klar: Bei gleicher Leistung darf das Geschlecht keine Rolle spielen. Jeder Unternehmer ist froh, für eine Führungsposition eine tüchtige Frau zu bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


17.49.05

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Obernosterer! Wenn dem so wäre, wie Sie gesagt haben, würden wir keinen Unterschied beim Einkommen der Frauen und Männer haben, außer Sie unterstellen, dass die Frauen weniger leisten als Männer, und davon gehe ich nicht aus. Es liegt daher nicht an einer geringeren Leistung der Frauen! Daher ist es leider in der Realität nicht so, wie Sie behauptet haben, dass Frauen für gleichwertige Arbeit gleiches Einkommen erzielen, aber wir arbeiten daran, dass es in Zukunft so sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 178

Meine Damen und Herren, wir sprechen jetzt über den Bericht über den Abbau von Benachteiligungen von Frauen, der eine Periode von zwei Jahren umfasst. Dieser Bericht ist ja eine Folge des Gleichbehandlungspaketes 1992. Zur Erinnerung: Das Gleichbehandlungspaket war ein Ergebnis des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses vom Dezember 1990 betreffend geschlechterspezifisches Pensionsanfallsalter. In die­sem Zusammenhang wurde ja auch von allen Parlamentsparteien, mit Ausnahme der FPÖ, die Anhebung des Anfallsalters für die Alterspension von Frauen schrittweise ab dem Jahr 2024 bis 2033 in der Verfassung festgeschrieben.

Übrigens war das eine Folge dessen, dass man die Pensionsansprüche von Frauen verbessern wollte und pensionsrelevante Kindererziehungszeiten von vier Jahren ein­geführt hat, die erstmals auch additativ angerechnet wurden. Das heißt, auch wenn man gearbeitet hat, kommt zur Bemessungsgrundlage ein Zurechnungsbetrag dazu, um die Pensionshöhe anzuheben. Seit damals gibt es das also schon. Manche sollten sich vorher informieren, bevor sie Forderungen hier erheben.

Im Jahr 1992 ist man noch von der Annahme ausgegangen, dass bis zu diesem Zeit­punkt, also bis zum Jahr 2024, die Benachteiligung von Frauen beseitigt sein würde. Der nun vorliegende Bericht zeigt aber auf, dass wir derzeit noch einen weiten Weg zur echten Gleichstellung von Frauen vor allem in ökonomischen und sozialen Belangen, aber auch in demokratischer Ermächtigung und in der Beseitigung der „gläsernen De­cke“ vor uns haben.

Trotz zahlreicher Bemühungen seitens der Politik ist es leider nicht gelungen, die hori­zontale Segregation und die Geschlechterteilung auf dem Arbeitsmarkt zu überwinden. Daher ist eine einseitige Diskussion über eine vorzeitige Anhebung des Pensionsan­fallsalters für Frauen verfehlt. Wir brauchen eine Beschleunigung beim Abbau von Be­nachteiligungen von Frauen.

In diesem Zusammenhang darf ich positiv die Einkommensberichte, die Bestimmungen für Stellenausschreibungen und die Erhöhung der Sanktionen nach dem Gleichbe­handlungsgesetz hervorheben, und ich möchte mich bei dir, werte Frau Ministerin, nochmals für deinen Einsatz sehr herzlich bedanken.

Der Nationale Aktionsplan für Gleichstellung ist ein gutes Hilfsmittel zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Der Bericht zeigt uns aber auch, wie notwendig eine qualitative und zielorientierte Umsetzung von Gender-Budgeting in öffentlichen Haushalten ist. Da sind alle Ressorts gefordert, meine Damen und Herren. Hilfestellungen dazu werden in qualitativer Form vom Frauenministerium angeboten. Für diese gute und engagierte Arbeit, Frau Bundesministerin, nicht nur der Dank an dich, sondern ich bitte dich, auch an die MitarbeiterInnen deines Hauses diesen Dank weiterzugeben.

Es wird an uns allen liegen, welchen Drive die Gleichstellungspolitik erhält. Mit Gender-Budgeting steht uns jedenfalls ein weiteres Hilfsmittel zur Verfügung. Ich denke, das sind wir den Frauen in Österreich schuldig, dass es zuerst eine tatsächliche Gleich­stellung gibt, bevor wir von weiteren Änderungen in Bezug auf den Verlauf von Le­bensbiographien hier in diesem Hause sprechen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


17.52.44

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte fortsetzen bei dem, was Frau Kollegin Silhavy gesagt hat, aber auch ein­gehen auf das, was Frau Schittenhelm in dieser Diskussion um die Erhöhung des Pen­sionsantrittsalters bei den Frauen argumentiert hat. – Ich sehe Kollegin Schittenhelm jetzt nicht, ich bitte Sie daher, es ihr auszurichten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 179

Unter anderem argumentiert Kollegin Schittenhelm, aber auch andere Kollegen von der ÖVP mit der sogenannten Altersarmut der Frauen. Die Ursachen für Altersarmut – das zeigt ja auch dieser Bericht – sind aber ganz andere. Trude Unruh bezeichnete im Übrigen einmal die Altersarmut als das „zynische Ende der christlichen Familienpolitik“.

Die Ursachen von Altersarmut: geringere Einkommen der Frauen, fehlende Kinderbe­treuungseinrichtungen, die Zunahme geringfügiger Beschäftigung, die fehlende Beteili­gung der Männer bei Haushalt und Kindererziehung sowie schlechtere Bewertungen sogenannter Frauenberufe.

Und dazu zählen weiters auch – das muss man schon erwähnen – die Pensionsre­form 2003, bei der abgegangen wurde vom Prinzip der besten 15 Jahre, und man ist übergangen zu einer Verlängerung der Durchrechnungszeiträume. Das hat die Frauen bis zu 15 Prozent an Pension – jetzt ist Kollegin Schittenhelm wieder hier – ge­kostet beziehungsweise hat zu einem enormen Pensionsverlust geführt. Das ist der Hintergrund für die Altersarmut bei den Frauen.

Als in Österreich die Diskussion über die Anhebung des Pensionsantrittsalters begon­nen hat, hat die Ministerin, hat die Doyenne der österreichischen Frauenpolitik, Johan­na Dohnal, festgehalten: Erst dann, wenn es Gleichstellung gibt zwischen Frauen und Männern, kann es, und zwar am Ende all dieser Benachteiligungen, eine Angleichung des Pensionsantrittsalters von Frauen und Männern geben, aber vorher nicht.

Es hat ein breites Frauenbündnis hier in diesem Haus gegeben  (Abg. Dr. Barten­stein: Wir sind das einzige Land in Europa!) – Aber Sie hören meinen Argumenten schon zu! Ich erzähle Ihnen jetzt gerade von all diesen Hintergründen, und Ihr einziges Argument ist: „Wir sind das einzige Land in Europa!“ Hallo!, kann ich da nur sagen, denn das ist echt ein bisschen wenig, Herr Bartenstein, zu sagen: „Wir sind das einzige Land in Europa!“ Das ist mir wirklich zu wenig. Man muss sich das strukturell an­schauen, was die Ursache für Altersarmut bei Frauen ist. Wenn argumentiert wird, dann bitte auch hinhören; ich habe jetzt leider nicht mehr viel Zeit.

Nur kurz: Es hat ein breites Frauenbündnis gegeben, wo wir gesagt haben: Ende der Benachteiligungen, und wenn es keine mehr gibt, dann kann man auch über das Pen­sionsantrittsalter bei Frauen reden.

Jetzt damit anzufangen und den Frauen zu erklären, alle Benachteiligungen seien vor­bei, so kann es doch nicht sein! Und dieser Bericht zeigt deutlich auf, dass es nach wie vor Benachteiligungen von Frauen gibt. Daher: Dagegen müssen wir weiter kämpfen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

17.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


17.55.28

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Der vorliegende Bericht widmet sich unter anderem dem brisanten Thema „Benachteiligung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt“, wobei aber positiv hervor­zuheben ist, dass diese Bundesregierung auf dieses Thema einen besonderen Fokus gelegt hat.

Im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter wurden zwar schon erste Schritte ge­setzt, aber viele Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans befinden sich erst in der Re­alisierungsphase.

Der Einkommensvorteil der Männer liegt derzeit nach wie vor bei rund 30 Prozent; da­mit liegt Österreich bedauerlicherweise im EU-Vergleich im Schlussfeld. Die Einkom­mensunterschiede lassen sich teilweise durch berufs- und branchenspezifische Entgel-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 180

te begründen. „Typische Frauenberufe“ sind von vornherein schlechter bezahlt als „ty­pische Männerberufe“.

Es ist auch erwiesen, dass den Frauen größtenteils die Kindererziehung sowie die Pflege von Angehörigen übertragen wird. Gerade durch dieses Rollendenken werden Frauen automatisch für viele andere Bereiche ins Abseits gedrängt.

Einkommensgerechtigkeit zwischen Frauen und Männern ist eine Frage der Fairness und muss endlich zu einer Selbstverständlichkeit werden.

Bedauerlicherweise steigt zurzeit die Frauenarbeitslosigkeit wieder an – und da im Be­sonderen die älterer Arbeitnehmerinnen. Dank Minister Hundstorfer wird aber dieser Situation mit speziellen Programmen, mit dem Fokus auf ältere Frauen und Wiederein­steigerinnen, gegengesteuert. Dass es jedoch trotzdem beim Einkommen beziehungs­weise auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor zu geschlechterspezifischen Unterschieden kommt, belegt der vorliegende Bericht.

Abschließend möchte ich noch einen Appell an Sie alle richten: Unser aller Ziel muss es sein, eine Gleichstellung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von Geschlecht oder Alter zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek zu Wort. – Bitte.

 


17.57.36

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich für jeden einzelnen Redebeitrag bedanken, weil Kolleginnen und Kollegen auf der einen Seite eigene Sichtweisen einbringen, auf der anderen Seite aber auch sehr klar die einzelnen unterschiedlichen Positionen ersichtlich werden.

Auch wenn wir alle ein Ziel verfolgen – und ich glaube, es war niemand, der hier etwas gegen eine Gleichstellung von Frauen und Männern gesagt hat –, ist es doch so, dass oft unterschiedliche Wege dorthin führen sollen: aufgrund unserer Ideologie oder unse­rer Parteizugehörigkeit.

Sagen können wir jedenfalls, dass Österreich noch kein frauenpolitisches Paradies ist. Was meine ich damit? – Als frauenpolitisches Paradies können wir Österreich dann be­zeichnen, wenn Frauen in jedem Bereich so teilhaben können, wie es der Bevölke­rungsaufteilung entspricht. Das ist jedoch noch nicht der Fall, wobei ich nie jemandem vorschreiben würde, welchen Lebensentwurf jemand für sich selber machen soll, wel­che Familienform jemand wählen soll, ob jemand berufstätig sein möchte oder nicht, wie sich jemand versorgt sehen will, et cetera.

Leider aber ist es nicht so, dass sich jede Frau das so aussuchen kann. Es ist nicht egal, wo jemand lebt, es ist nicht egal, welche Ausbildung jemand begonnen hat, denn das heißt nicht, dass Ausbildungen so fortgesetzt werden können, wie sie ursprünglich von der Schulausbildung oder von der Lehrausbildung her begonnen wurden. Es kön­nen Dinge eintreten im Leben wie die Geburt eines Kindes, das vielleicht eine schwere Behinderung hat, wodurch oft Lebensentwürfe, Lebensplanungen umgestellt werden müssen. Es können Trennungen erfolgen, Übersiedelungen, die eine ganz neue Si­tuation und große Herausforderungen für Frauen, aber auch für Männer darstellen.

Der Bericht versucht einfach, aufzuzeigen, was nicht nur auf der einen Seite die Regie­rung, Ressort für Ressort, bis jetzt gemacht hat, sondern auch den Schwerpunkt: Wie können wir auf dem Arbeitsmarkt – worüber heute auch viel gesagt wurde –, wo noch nicht Gleichstellung herrscht, diese herstellen?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 181

Da gibt es auch unterschiedliche Zugänge. Auf der einen Seite kann die Politik, können wir, können Sie hier im Hohen Haus Gesetze erlassen, die dann gewisse Dinge vor­schreiben, mit Sanktionen oder ohne Sanktionen. Aber das ist nur eine Seite der Me­daille; ich glaube, die zweite Seite sollten wir nie außer Acht lassen: Wie wird dann da­mit umgegangen? Was ist, wenn sich jemand nicht an das Gesetz hält? Was passiert dann, wenn nichts passiert? Hilft es den Frauen, oder hilft es den Frauen nicht?

Das heißt, es geht auch um die Benachteiligungen, die erfolgen, auch wenn es gar kei­nes Gesetzes bedarf, die einfach auf dem Tisch liegen, die einfach an Frauen herange­tragen werden: Mach das, oder du verlierst deinen Arbeitsplatz! Es geht um diesen Druck, dem Frauen oft ausgesetzt sind. Auch da ist es nicht egal, in welcher Region je­mand lebt, ob jemand – auch das wurde schon gesagt – nur eine Teilzeitstelle ange­boten bekommt und wie die dann gelebt wird.

Warum arbeiten in Österreich nur 7 Prozent Männer in Teilzeit? Weil sie noch immer mehr verdienen als Frauen – ist das die richtige Antwort? Oder geht es auch darum: Wie wird bezahlte und unbezahlte Arbeit überhaupt gesehen? Wie wird sie bewertet? Und wie kann damit umgegangen werden, dass Männer mehr in Karenz gehen, dass junge Väter diese Möglichkeit auch nutzen?

Ich glaube, das Ampelsystem des Berichts ist für uns alle wichtig, auch wenn es für die einen oder anderen Erklärungsbedarf hat. Die drei Autorinnen – zwei davon waren ja im Gleichbehandlungsausschuss anwesend – haben uns diese Rot-, Gelb- und Grün-Ampeln nähergebracht, sodass man im Lauf der Zeit – alle zwei Jahre muss dieser Be­richt gelegt werden – sozusagen auf einen Blick sieht, was sich verändert hat. Wenn es zu kompliziert ist – auch das wurde gesagt –, wird beim nächsten Bericht versucht wer­den, es noch simpler darzustellen, sodass wir auf einen Blick sehen können, ob wir auf dem richtigen Weg sind und was sich getan hat.

Der Schwerpunkt des Berichtes – da ist auch noch nicht alles erledigt, aber vieles be­gonnen –, ist der Nationale Aktionsplan: Die Bundesregierung möchte hier Verände­rung, möchte aufzeigen, dass Ungleichbehandlung da ist, möchte einfach Verbesse­rungen. Da sind wir immerhin in 40 von 55 Maßnahmen mitten drinnen, wenn sie nicht schon erledigt sind; das ist nicht so schlecht. Es wird nicht gleich wirken. Wir bekom­men international Zeugnisse ausgestellt, die nicht besonders nachahmenswert sind, aber wir haben Maßnahmen gesetzt, damit wir hier auch Veränderungen herbeiführen können.

Ich glaube, dass wir beim nächsten Bericht, in zwei Jahren, hoffentlich schon sagen können: Wir sind nicht mehr an vorletzter Stelle, wir sind bei dem globalen Report, der herausgegeben wurde, schon um viel mehr Plätze aufgerückt. Wir haben die Dinge, die einzusetzen wir vor zwei, drei Jahren begonnen haben, dann schon so weit ge­bracht, dass die Vereinbarkeit kein Thema nur mehr allein für Frauen ist, sondern dass es schon für Männer und Frauen ein wichtiges Thema ist, dass wir mehr Väter in Karenz haben, dass Frauen Arbeitsplätze haben, von denen sie leben können, und, und, und. Ich möchte das jetzt nicht länger ausführen.

Ich möchte mich sehr herzlich bedanken, auch für die Debatte im Gleichbehandlungs­ausschuss. Sie muss uns natürlich ein Ansporn sein, auch weiterzutun, aber hier sind wieder wir alle gefragt. Mein Schlussappell, den Sie schon kennen: Es kann nur ge­meinsam gehen! Frauenpolitik geht alle etwas an, Gleichstellungspolitik ist Gesell­schaftspolitik. Das kann nicht nur zu den Frauen geschoben und gesagt werden: Na, macht einmal, und ich schaue mir das dann an!

Ich sage in diesem Sinne: Herzlichen Dank! Ich glaube, dass noch vieles zu tun ist, aber wir sollten wirklich auch stolz auf das sein, was schon erreicht wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03

18.03.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 182

Präsident Fritz Neugebauer: Da hiezu keine Wortmeldung mehr vorliegt, schließe ich die Debatte.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen, Berichts­zeitraum 2009–2010, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1492 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 1493 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

Ich weise den Antrag 1604/A(E) dem Familienausschuss zu.

18.04.326. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß §§ 48 und 49 Bundesbahngesetz, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 95/2009, sowie gemäß § 3 Privatbahngesetz 2004 über die im Jahr 2010 durch den Bund bei den ÖBB sowie bei den Privatbah-
nen bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (Gemeinwirtschaftlicher Leis­tungsbericht 2010) (III-276/1488 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Kunasek vor. – Bitte.

 


18.04.50

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir werden, wie auch schon im Ausschuss, den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsbericht 2010 ablehnen, da wir – wie auch im Aus­schuss schon festgestellt – durchaus Unterschiede in Anspruch und Realität feststellen und hier Anspruch und Realität teilweise doch meilenweit auseinanderklaffen.

Frau Bundesminister, ich werde heute, zum Thema passend, auch wieder unsere Di­rekt-Zugverbindungen in der Steiermark thematisieren, da hier unserer Meinung nach ein ganz massiver Kahlschlag passiert, den wir Freiheitliche so nicht hinnehmen kön­nen, auch hinsichtlich der Tatsache, dass unser Landesrat Gerhard Kurzmann mit sehr beschränkten Mitteln für diese Direkt-Zugverbindungen kämpft, aber seitens Ihres Res­sorts bis dato wenig bis gar keine Gesprächsbereitschaft zu finden war.

Sehr geehrte Frau Bundesminister, wir fragen uns auch, was Regelungen wie zum Bei­spiel der Verkehrsdienstevertrag bewirken, wenn Leistungen wie eben diese Direkt-Zugverbindungen permanent heruntergefahren werden. Da sagen wir Freiheitliche ganz klar: Wenn Leistungen heruntergefahren werden, dann muss auch die finanzielle Leistung heruntergefahren werden! Genau das ist aber in den Planungen Ihres Res-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 183

sorts nicht erkennbar: Wir haben in diesem Bereich bis 2019 in Summe eine Steige­rung auf 687 Millionen €.

Positiv zu erwähnen – auch das soll hier angesprochen werden – ist das sogenannte Bonus-Malus-System, eine Qualitätssicherung, die im Bereich Pünktlichkeit, Sauber­keit, Beschwerdemanagement und dergleichen auch für uns einen ersten richtigen Schritt darstellt. Aber – und ich komme jetzt wirklich zum Thema der Direkt-Zugverbin­dungen – es ändert nichts an der Tatsache, Frau Bundesminister, dass die Steiermark und ganz besonders Graz hier einem massiven Kahlschlag zum Opfer gefallen sind: Graz–Linz, Graz–Innsbruck, Graz–Bregenz und jetzt auch die Streichung von drei Di­rekt-Zugverbindungen von Salzburg nach Graz!

Man hat ja fast den Eindruck, Frau Bundesminister, dass Sie hier die Steiermark ganz bewusst aufs Abstellgleis stellen, um möglicherweise Landeshauptmann Voves den Vortritt zu geben, der jetzt auch medial das Wort ergriffen und gemeint hat: Na ja, dann wird eben er das in Anspruch nehmen oder wird er das entsprechend in Angriff neh­men, was unser Landesrat, nämlich der freiheitliche Landesrat Kurzmann, nicht schafft.

Realität und Tatsache ist, dass gerade im Bereich des Verkehrs in der Steiermark ganz massiv der Sparstift angesetzt worden ist – nämlich von der SPÖ und dem Reformpart­ner ÖVP – und dass es einfach nicht möglich ist, die geforderte 1 Million € zusätzlich in die Hand zu nehmen. Das ist aus dem Budget des Landesrates Kurzmann nicht zu be­decken.

Frau Bundesminister, wir fordern Sie deshalb zu wiederholtem Male auf, diesen für uns unfassbaren Kahlschlag in der Steiermark zu beenden. Ich sage es auch hier und habe es bereits im Ausschuss angesprochen, was die Argumentation seitens Ihres Ministe­riums oder der ÖBB betrifft, immer die fehlenden Fahrgastzahlen in den Mittelpunkt zu rücken: Wir wissen heute aus gesicherten Informationen, dass die Zählungen in die­sem Bereich nicht richtig durchgeführt worden sind, dass da nur Personen gezählt worden sind, die in Graz oder in Salzburg eingestiegen sind, aber nicht jene, die in an­deren Bereichen zugestiegen sind. Somit ist eine seriöse Beurteilung unserer Meinung nach nicht durchführbar.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Kunasek und weiterer Abgeordneter ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, werden ersucht, auf das ÖBB-Management einzuwirken, den Personenfernverkehr auf der Strecke ‚Salzburg–Graz–Salzburg‘ im bisherigen Umfang weiterhin sicherzustellen und in diesem Sinne die geplanten Strei­chungen der drei IC-Zugsverbindungen auf dieser Strecke zurückzunehmen‘.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem einen oder anderen Abgeordneten ge­rade von der SPÖ wird dieser Entschließungsantrag bekannt vorkommen. (Abg. Hakel: Kurzmann blockiert alles!) Kurzmann blockiert überhaupt nichts, Frau Kollegin. Sie ver­suchen jetzt, mit – ich sage es ganz bewusst – Petitionen vorzugaukeln, dass sich die SPÖ für die Direkt-Zugverbindung einsetzt. (Abg. Hakel: Ist alles ausverhandelt!) Heu­te haben Sie die Möglichkeit – gerade auch die Unterzeichner dieser Petition von der SPÖ –, unseren Antrag zu unterstützen. Dann hätten wir für die Steiermark wirklich et­was erreicht! (Beifall bei der FPÖ.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 184

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Sicherung der IC-Zugverbindungen Salzburg-Graz-Salzburg sowie verbindliche Regelungen im Schie­nenpersonenverkehr für alle Bahnanbieter in Österreich,

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6, Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gem. §§ 48 und 49 Bundesbahngesetz zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 95/2009 sowie gemäß § 3 Privatbahngesetz 2004 über die im Jahr 2010 durch den Bund bei den ÖBB sowie bei den Privatbahnen bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (Gemeinwirtschaftli­cher Leistungsbericht 2010) (III-276/1488 d.B.) in der 130. Sitzung des Nationalrates am 15. November 2011.

„Was mit dem vorletzten Fahrplanwechsel der ÖBB bereits begonnen hat - nämlich mit der Streichung der für Pendler entlang der Strecke wichtigen IC-Frühverbindung zwi­schen Klagenfurt und Salzburg und der letzten IC-Verbindung in die Gegenrichtung - und was mit der Streichung der Direktverbindungen zwischen Linz und Graz seine Fortsetzung gefunden hat, soll nun mit der Einstellung von jeweils 3 der 6 Direktverbin­dungen von Salzburg nach Graz und von Graz nach Salzburg mit dem Fahrplanwech­sel Ende 2011 fortgesetzt werden.

Auch die Tagesverbindung „Graz - Innsbruck“ wird gestrichen. Die logische Folge: Es kommt zu einem Fahrgastschwund. Reisende werden vom öffentlichen Verkehrsmittel Bahn vertrieben, obwohl im Einzugsbereich des „IC Salzburg - Graz“ zirka eine Million Menschen wohnen.

Diese Fahrplanänderung stellt auch einen dramatischen Rückschlag für die inneralpi­nen Regionen entlang der Strecke dar. In Salzburg ist davon insbesondere die Region „Enns-Pongau“ schwer getroffen. Vor Jahren wurde bereits der Regionalzugverkehr zwischen Bischofshofen und Radstadt eingestellt bzw. auf Bus umgestellt. Nun wird eine leichte Erreichbarkeit der Region „Enns-Pongau“ (Salzburg-Radstadt) – die bisher noch mit diesen Intercityverbindungen zwischen Salzburg und Graz einigermaßen auf­geschlossen war – in Frage gestellt. Aus einem Zweistundentakt wird nun ein Sechs­stundentakt. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit bis auch die verbliebenen Zug­verbindungen Salzburg-Graz-Salzburg verschwinden, da bereits drei Busunternehmen einen Konzessionsantrag für dieselbe Strecke gestellt haben. Der ruinöse Wettbewerb zwischen Schiene und Straße könnte dann vermutlich auch noch diese letzten drei in­ternationalen Verbindungen zur Einstellung bringen.

Die ab 2012 geplante Einstellung dieser drei Verbindungen stößt aber auch in der Stei­ermark auf heftigste Kritik („Damit wird das Land Steiermark vom internationalen Ver­kehr abgenabelt“). Befürchtet wird ferner, dass durch die Netzwirkung in den Knoten Leoben, St. Michael, Selzthal für das Murtal, das Mürztal und das Ennstal verloren geht und damit noch weniger Reisende das öffentliche Verkehrsmittel Bahn nutzen. Das Er­gebnis: Bahnhöfe ohne Halt, diese Bahnhöfe haben keinen internationalen Verbin­dungsanschluss mehr.

WM Schladming und Tourismusregion

Das ÖBB-Management hat auch bei seinen angesagten Fahrplanänderungen schein­bar vergessen, dass 2013 in Schladming die Ski-Weltmeisterschaft stattfindet. Allein dies stellt den ÖBB kein gutes Zeugnis aus, wenn der Austragungsort einer Ski-Welt­meisterschaft in der Wintersaison mit der Bahn nur beschränkt erreichbar ist. Der Bahnhof in Schladming wird zur Zeit für 14 Tage Ski-WM 2013 mit einem Kostenauf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 185

wand (lt. BMVIT-Rahmenplan Steiermark) von 14,4 Mio. Euro (!) errichtet. Wozu, wenn dann ohnehin weniger Züge diese Strecke fahren? Dieser finanzielle Aufwand für ein­mal Ski-WM und einmal jährlich Nachtslalom ist aus Sicht der Steuerzahler mehr als hinterfragungswürdig.

Das Management und die Führungsspitze der ÖBB argumentiert die Einsparung von bestimmten Verkehrsverbindungen u.a. damit, dass etwa auf der Bahnstrecke Graz-Salzburg nur 32 Personen täglich fahren würden. Ein unhaltbares Argument aus Sicht der Benutzer, da die Bundesbahn Graz - Salzburg nicht Non Stop fährt, sondern in Le­oben, St.Michael, Selzthal usw. stehen bleibt, wo Reisende (Pendler) aus der Region aus- oder zusteigen. Auch die bisherigen Zweistundentaktverbindungen Wien-Villach-Wien mit Umstieg in Leoben Richtung Graz und Enntals werden dadurch obsolet. Die Wahrheit ist eine andere. Die Waggons sind in dieser Region gut bis sehr gut ausge­lastet, aber dies zählt für den Intercity-Verkehr und die Zählweise des ÖBB-Manage­ment scheinbar nicht.

Die eigentlichen Hintergründe dieser Vorgangsweise des ÖBB-Managements sind in Wirklichkeit durch die Liberalisierung des Bahnmarktes begründet.

Auf dem österreichischen Bahnnetz bringen sich private Anbieter für den Markteintritt in Position und machen der ÖBB Konkurrenz. Ab Dezember 2011 wird auf der West­bahnstrecke die „Westbahn Management GmbH“ einen Personenfernverkehr zwischen Salzburg und Wien anbieten. Damit tritt ein privater Anbieter just auf einer Strecke in den Markt ein, die bereits bis dato zur bestbedienten Strecke in Österreich zählt. Auf dieser Strecke gibt es trotz des dichten Fahrplanangebots der ÖBB offenbar noch et­was zu verdienen, zumindest im Wege des Verdrängungswettbewerbs über den Preis. Und das wirtschaftliche Risiko scheint auf

dieser Strecke gering zu sein. Dies erklärt auch, warum mit 26 Prozent nun die fran­zösische Staatsbahn SNCF beim Westbahnbetreiberunternehmen „Rail Holding AG“ eingestiegen ist. Leider zeigt dieser neue private Anbieter sein Können nicht auf der Strecke zwischen Salzburg und Graz oder Linz und Graz oder zwischen Innsbruck über den Pinzgau (Saalfelden, Zell am See, Taxenbach) und den Pongau (Schwar­zach, St. Johann, Bischofshofen) nach Salzburg/Graz und dann nach Wien. Denn of­fenbar gibt es auf diesen Strecken für die privaten Aktionäre nichts zu verdienen!

Schließlich müsse man sich von „unrentablen Zügen“ trennen - heißt es in der ÖBB hinter vorgehaltener Hand - um den privaten Anbietern im Wettbewerb Paroli bieten zu können. Für Sentimentalitäten wie die Versorgung der Regionen bzw. für Pendler Ver­kehrsleistungen zu erbringen, ist da kein Platz mehr. Notwendig ist scheinbar eine ge­füllte „Kriegskasse“, um mit einem privaten Anbieter auf der ohnehin bestversorgten Westbahn in eine Art „kannibalischen“ Wettbewerb treten zu können. So lautet offenbar die Devise. Das ist natürlich das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit, bedeutet Scha­den für Regionen und Nachteile für die ÖBB-Reisenden, insbesondere die Pendler.

Mit dieser Entwicklung zeigt die Bahnliberalisierung – noch bevor sie richtig begonnen hat – ihr wahres Gesicht.

Um diesen Teufelskreis der Liberalisierung zu durchbrechen, bedarf es dringend ver­bindlicher Regelungen zur Sicherung des Personenverkehrs in Österreich. Das abseh­bare Marktversagen zu Lasten der ländlichen Regionen muss im Keim verhindert wer­den. In Analogie zu einem anderen Dienst der Daseinsvorsorge - dem Postmarkt - braucht es daher auch für den Personenverkehr auf der Schiene verbindliche Regelun­gen für alle Anbieter, um das „Rosinenpicken“ bzw. ein „Marktversagen“ zu verhindern.

Man kann nicht den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) allein die Last der wenig rentablen bzw. unrentablen Bahnstrecken umhängen. Die neuen privaten Betreiber auf der Westbahn wollen übrigens am Pendlerverkehr kräftig mitnaschen und verlangen –


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noch bevor sie einen Zug auf die Schienen gesetzt haben – 20 Mio. Euro an öffentli­chen Subventionen. (SN. 20.10.2010) Genau so haben sich die ÖsterreicherInnen eine Liberalisierung immer vorgestellt. „Rosinenpicken“ und auch noch die Hand aufhalten.

Analog zum Postmarktgesetz (Universaldienst) sollte daher auch beim Schienenperso­nenverkehr ein klar definiertes Grundangebot in Österreich gesetzlich vorgeschrieben werden. Als Grundsatz muss gelten: Alle Bahnanbieter (Marktteilnehmer) - ÖBB wie Private - müssen sich an der Versorgung der Regionen mit Schienenpersonenver­kehrsleistungen beteiligen, sei es durch einen Ausgleichsfonds oder durch die Über­nahme von Strecken und Zugsverbindungen mit geringer Nachfrage. Nur so kann der Wettbewerb insgesamt auf der Schiene in Österreich halbwegs fair ablaufen.“,

so die Begründung der im September 2011 von SPÖ-Abgeordneten eingebrachten Pe­tition 121/PET.

Bislang hat diese Petition zu keinen Änderungen von Fahrplänen oder der Geldflüsse vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hin zur ÖBB (insbe­sondere im Rahmen der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen) im Sinne dieser Petition geführt. Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, werden ersucht, auf das ÖBB-Management einzuwirken, den Personenfernverkehr auf der Strecke ‚Salzburg-Graz-Salzburg‘ im bisherigen Umfang weiterhin sicherzustellen und in diesem Sinne die geplanten Strei­chungen der drei IC-Zugsverbindungen auf dieser Strecke zurückzunehmen (Inneralpi­ner Fernverkehr).“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


18.09.27

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Der Gemeinschaftliche Leistungsbericht ist, würde ich sagen ... (Abg. Dr. Bartenstein: „Gemeinwirtschaftliche“! – Zwischenruf des Abg. Zanger.) Der Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Neben einer guten Infrastruktur sind eben die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der zweite und entscheidende Baustein, um die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene zu errei­chen.

Ein paar Zahlen: Laut dem Bericht 2010 wurden 731 Millionen € an die ÖBB-Personen­verkehr, die Rail Cargo und an diverse Privatbahnen ausgeschüttet. Dies bedeutet ei­nen Anstieg von zirka 14 Millionen € gegenüber 2009 – also eine Erfolgsgeschichte!

Weiters: Im vergangenen Jahr konnten damit über 70 Millionen Zugkilometer bestellt werden. Die ÖBB beförderte 210 Millionen Fahrgäste. Wieder der Vergleich: Gegen­über 2009 konnten damit sowohl die Zahl der Zugkilometer als auch die Zahl der Fahr­gäste wirklich stark gesteigert werden.

Wie ebenfalls aus dem Bericht hervorgeht, wurde zur Qualitätsverbesserung und He­bung der Kundenzufriedenheit 2010 ein Qualitätsmanagement mit einem Bonus-Malus-System eingerichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Auch die Verlagerung des Gütertrans­ports auf die Rollende Landstraße war 2010 sehr erfolgreich, auch wenn es zu Rück-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 187

gängen – eben durch die Wirtschaftskrise – gekommen ist. Nur zur Verdeutlichung, was der GWL bringt: Würde es keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen geben, so würde das heißen, dass es 36 000 zusätzliche Lkws – das umfasst fast ein Drittel aller in Österreich transportierten Güter – und Millionen von Autokilometern mehr gäbe. Wenn es keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen gäbe, so würde das auch den Zu­sammenbruch des Verkehrs auf der Straße bedeuten!

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zusammenfassend: Die gemeinwirt­schaftlichen Leistungen leisten einen wichtigen Beitrag zu einer erfolgreichen und nachhaltigen Verkehrspolitik. Dass im Budget 2012 die zur Verfügung stehenden Mittel noch einmal um 50 Millionen € erhöht werden, trägt ihrer Bedeutung Rechnung. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


18.12.11

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Lieber Kollege Heinzl, eine einzige Erfolgsgeschichte ist es leider nicht! Die Wer­mutstropfen muss ich jetzt leider der Reihe nach aufzählen, obwohl ich Ihnen durchaus attestiere, Frau Ministerin: Erstens sind Sie persönlich sehr bemüht, zweitens haben wir jetzt mehr Geld für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Drittens haben wir jetzt endlich ansatzweise transparente Verhältnisse, sprich, wir haben einen Bericht, der nach einem jahrelangen – ich möchte nicht gerade sagen, jahrzehntelangen, sondern jahrelangen – wirklich miserablen Zustand, dass er nur drei, vier Seiten umfasste, al­lerdings von fast 550 Millionen handelte, jetzt endlich das Wort „Bericht“ auch verdient und den Sachverhalt einigermaßen übersichtlich darstellt.

Das sind die drei positiven Aspekte, die ich gerne herausstreiche, noch dazu ange­sichts dessen, dass wir vonseiten der Frau Finanzministerin – das zitiert Herr Direktor Kern von den ÖBB immer wieder – jährlich Geld im Umfang von 1,6 Milliarden € auf­wenden, um im Pkw-Bereich, im Firmenwagenbereich Privilegien zu subventionieren. Demgegenüber steht der vergleichsweise geringere Betrag für die gemeinwirtschaftli­chen Leistungen öffentlicher Verkehr.

Aber in der Entwicklung sehe ich trotzdem einen Rückschritt – bevor ich noch auf die Wermutstropfen zu sprechen komme –, denn wir haben jetzt sicherlich erstmals genau die Gegenüberstellung: Das wird bestellt, das wird bezahlt, und das wird gefahren. Nur: Unterm Strich wird zum Teil weniger gefahren – das ist ja immer der Disput zwischen uns –, als früher das Angebot gewesen ist. Unterm Strich ist manches ausgedünnt wor­den, anderes natürlich etwas besser versorgt worden.

Jetzt komme ich zu den Wermutstropfen und stelle gleich an den Anfang die ewige Disput-Frage auch zwischen uns: die Verbindung Graz–Linz! Mein Vorredner aus der Steiermark hat schon darauf hingewiesen: Die Direktverbindungen von Graz aus sind ausgedünnt worden, und zwischen Linz und Graz gibt es überhaupt nur mehr die Um­steigerelation.

Frau Ministerin, Sie sagen immer, die Bundesländer müssen zahlen. Aber wir sagen immer wieder – und hinter uns steht ja auch die Mehrheit der öffentlichen Meinung –, die Verbindung zwischen Landeshauptstädten ist prinzipielle Grundangebotsaufgabe des Bundes! Da brauche ich keine Länder, sondern die Verbindung von Landeshaupt­städten ist eine Bundesaufgabe, ganz egal, wie jetzt die einzelnen Relationen im Detail ausschauen. Wozu haben wir denn einen Bundesstaat Österreich, wenn wir nicht ein­mal die Direktverbindung der Landeshauptstädte über die Bundeszuwendungen finan­zieren? Da sind wir also sehr, sehr unterschiedlicher Meinung, und da bleiben wir – ob


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aus Oberösterreich, als Steirer oder als Gesamt-Österreicher – einfach auf unserem Standpunkt.

Aber gehen wir jetzt zu den einzelnen Wermutstropfen.

Herr Kollege Heinzl, es gibt leider eine konkurrenzfreie Direktvergabe. Man hätte diese gemeinwirtschaftlichen Leistungen auch ausschreiben und damit einen Wettbewerb etablieren können. Sicherlich hätten sich die ÖBB dann nicht so leicht getan; ich ver­stehe diesen Vertrag teilweise auch als Arbeitsplatzförderung bei den ÖBB. (Abg. Ha­berzettl: Ist das schlecht?) Okay, so war es. (Abg. Haberzettl: Und? Ist das schlecht, Frau Kollegin?) Wir hätten praktisch günstigere Kilometerpreise für den Zug haben können. (Abg. Haberzettl: Wie denn? Das glaube ich nicht, Frau Kollegin!) Aber wir haben wieder auf die Verhältnisse bei den ÖBB Rücksicht genommen.

Wir hätten die Kapitalrenditen sehr wohl niedriger ansetzen können, wir setzen sie sehr großzügig an. Die EU sieht 3 bis 4 Prozent vor, bei uns sind es bis zu 10 Prozent. Der Personenverkehr kann Gewinn machen, die Gewinne drücken sich dann in Boni für die Direktoren oder Direktorinnen aus. Nur: Das Grundangebot – und das ist für mich ganz wesentlich –, das Grundsätzliche nämlich für optimalen Geldeinsatz, die optimale Ge­genleistung für die Fahrgäste, für die Bevölkerung, für die Pendlerinnen und Pendler, das haben Sie mit diesem Vertrag nicht erreicht!

Wir brauchen an sich noch eine Effizienzsteigerung. Mit den eingesetzten, aufgestock­ten Mitteln – Frau Ministerin, ich bin ja dankbar dafür, dass Sie sie aufgestockt haben – wäre sicherlich noch ein Mehr an Leistung durchaus möglich. Gerade diese Kapital­renditenregelung macht mich sehr, sehr misstrauisch. Das ist ein großer Wermuts­tropfen.

Wir hätten ausschreiben können – ich habe es schon gesagt –, wir hätten Kontrollen machen können, die wirklich dieses Wort verdienen. Aber was machen wir? – Voran­gemeldete Kontrollen! Wir hätten bei den Regionalbahnen nicht jetzt schon wieder die Diskussion beginnen können, obwohl ja die Leistung bestellt ist. Ich sage: Gutenstein, Niederösterreich – jetzt ist schon wieder die Rede davon, dass dort zugesperrt werden soll!

Wir hätten praktisch auch mehr Qualität anfordern können. Die Unternehmensdaten sind hier die einzige Basis, nicht eine unabhängige Feststellung der Qualität. Da wäre auch mehr drinnen gewesen, genauso bei den Qualitäts- und Effizienzanreizen.

Insgesamt denke ich mir, Frau Ministerin, im Regierungsprogramm steht das Öster­reich-Ticket. Ich weiß, das kostet 40, 50 oder 60 Millionen – bitte, setzen Sie es doch um! Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind eine erste Vorstufe in Richtung Ange­bot, aber es gehört verbessert und auch tariflich nachgebessert.

Somit tut es mir leid, dass ich diesem Bericht, auch wenn er besser als seine Vorgän­ger ist, meine Zustimmung nicht geben kann. Ich bin aber sehr dafür, dass die ÖBB ih­re Leistungen weiterhin ausdehnen. (Beifall bei den Grünen.)

18.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


18.18.25

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Selten war ich so sehr einer Meinung, in fast allen Punkten, wie heute mit Frau Kollegin Moser, auch wenn Sie das jetzt überrascht; ich hoffe, nicht schockiert. (De­monstrativer Beifall der Abg. Dr. Moser.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 731 Millionen haben sie gekostet, die ge­meinwirtschaftlichen Leistungen im Jahre 2010, und der Löwenanteil davon ging in


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Richtung ÖBB – sehr viel Geld, wenngleich im Übrigen nur 15 Prozent dessen, was der Steuerzahler insgesamt Jahr für Jahr an Cash in Richtung ÖBB zu bezahlen hat!

Anzuerkennen ist – und das haben auch Sie positiv erwähnt – in Sachen Qualitäts­management eines: Bestellte Kilometer; da ist das eine oder andere weitergegangen.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass ausgerechnet die Westbahn keine gemein­wirtschaftlichen Leistungen bekommt – nämlich ein Schelm, der meint, dass das etwas mit der Westbahn und Herrn Haselsteiner zu tun haben könnte, der dadurch jetzt na­türlich keinen Zugang zu gemeinwirtschaftlichen Leistungen auf dieser Strecke hat.

Der Bericht weist mit Stolz darauf hin, dass 70 Millionen Kilometer pro Jahr bestellt werden. Leider Gottes sind da die Kilometer zwischen Graz und Linz nicht dabei! Sie waren nicht mehr drin, obwohl es nur gut über 200 Kilometer sind. Da entwickelt sich jetzt eine schwarz-grüne Achse zwischen der Steiermark und den Oberösterreichern oder zumindest der Oberösterreicherin. Das sage ich schon: Wenn so viel Geld seitens des Steuerzahlers in einen Bereich hineingepumpt wird, dann sollte eine Grundver­kehrsverbindung zwischen den Landeshauptstädten allemal drin sein! (Beifall bei ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zwei Punkte noch zum Schluss. Der erste: Manche sagen, dieser GWL-Vertrag ist auch so etwas wie eine Vollkaskoversicherung der ÖBB. Ich wollte das Ganze geprüft wissen, jedoch steht dem Parlament leider Got­tes der Vertrag selber nicht zur Verfügung – ein etwas besserer Bericht schon, aber der Vertrag leider nicht.

Es wäre doch schön, wenn man diesen Vertrag sehen könnte, um damit Gerüchte zu entkräften, dass sogar Stromtariferhöhungen – im Übrigen Stromtarife, die die ÖBB selbst aus den eigenen Kraftwerken heraus fixieren – oder der Verlust durch aufkei­mende Konkurrenz wie zum Beispiel Herrn Haselsteiner auf der Westbahn durch den GWL-Vertrag abgegolten werden. Es wäre schön, wenn es da eine Offenlegung gäbe.

Zum Zweiten, und da bin ich jetzt noch einmal bei der Frau Kollegin Moser: Schön, wenn es ein Mehr an Ausschreibung gäbe. Bei diesen gemeinwirtschaftlichen Leis­tungen, 730 Millionen €, wäre es doch wirklich gut, diese einmal auszuschreiben. Es gibt jetzt die WESTbahn und es gibt eine GKB, die sich überlegt, die Strecke Graz–Salzburg zu fahren.

Also: Es können, müssen aber nicht immer die ÖBB sein. Daher auf zu neuen Ufern! Schreiben Sie doch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen in Zukunft aus! Das ist durchaus möglich. Vielleicht verbessern sich dann die Leistungen. Wir müssen über­haupt das Thema „Bahn“ neu denken. Infrastruktur, das ist eine staatliche Aufgabe, aber wer darauf fährt – das können einmal die ÖBB sein oder auch jemand anderer, der es vielleicht besser macht. (Beifall bei der ÖVP.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


18.21.43

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Bartenstein hat vorhin sinngemäß gesagt: Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass die Westbahn keine Förderungen mehr bekommt bezie­hungsweise genau jene Strecken keine Förderung bekommen, auf denen die WEST­bahn fährt.

Ich mag mich jetzt einmal als Schelm bezeichnen in Ihren Augen, denn es ist wirklich komisch, dass genau auf der Westbahnstrecke, auf der die WESTbahn in Kürze fahren und mit den ÖBB konkurrieren wird, diese gemeinwirtschaftlichen Förderungen plötz-


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lich eingestellt werden; und wenn die WESTbahn überlegt, die Strecke Salzburg–Graz zu fahren, auch dort plötzlich keine förderungswürdige Strecke mehr ist. Irgendwo beißt sich da die Katze in den Schwanz. Ich glaube, da sollten Sie über Schelme und so weiter doch ein bisschen nachdenken.

Bedenklich ist auch die Situation – Sie haben es erklärt – dass nur 15 Prozent des Bundesbudgets, das in die ÖBB geht, in die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gehen. Ich möchte später noch auf die Pensionssituation zurückkommen, zuvor aber noch ein Thema ansprechen, das mir sehr unter den Nägeln brennt.

Wenn wir uns den Güterverkehr anschauen, so sind dort die ÖBB Monopolist, kann man fast sagen. Es gibt eigentlich kaum eine Möglichkeit für eine Privatbahn, dort et­was voranzubringen beziehungsweise wirtschaftlich  (Zwischenruf des Abg. Haber­zettl) – Herr Kollege, Sie kommen auch noch dran! – beziehungsweise wirtschaftlich etwas voranzubringen.

Neulich war ich an einem Wochenende auf einer Veranstaltung in Tirol. Da hat ein Beamter der Europäischen Kommission vorgetragen, dass von der Europäischen Kom­mission geplant ist, eine Verbindungsstrecke zwischen Bludenz und Verona zu ma­chen, um dort den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen – natürlich mit Augenmerk auf den süddeutschen Raum, das heißt auf Schwaben beziehungsweise Bayern.

Ich habe ihm dann erklärt, dass zwischen Lindau und Bregenz eine eingleisige Strecke vorhanden ist – sodass dort schon der Personenverkehr fast überfordert ist, an Güter­verkehr ist also überhaupt nicht zu denken – und dann zwischen Bregenz und Bludenz eine zweigleisige Strecke ist, die im Halbstundentakt mit dem Personenverkehr belas­tet ist, sodass dort mit dem Güterverkehr nicht viel los sein wird; der süddeutsche Raum wird durch diese Strecke garantiert nicht entlastet, der Güterverkehr kann dort nicht auf die Schiene gebracht werden. Es ist also Utopie, was da geplant ist.

Jetzt noch kurz zu den Pensionen. Herr Haberzettl! Sie haben sich zu Recht aufgeregt. Sie kennen unseren Antrag. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Der wird jetzt am Samstag zwei Jahre alt, nämlich der Entschließungsantrag betreffend die Um­setzung der Rechnungshofempfehlungen zu den ÖBB. Da geht es um die Pensionie­rungen.

Wenn ich dann noch einmal kurz erklären darf: 40 000 pensionsberechtigte ÖBB-Be­dienstete verursachen Kosten von 1,2 Milliarden € für Sonderregelungen. Ich weiß schon, warum Sie zurückgetreten sind, Herr Haberzettl: Sie können das auch nicht mehr verantworten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haberzettl.) Aber hier wurden für die ÖBB-Bediensteten 1,2 Milliarden € an Pensionszuckerln zusätzlich geschaffen, und zwar bei der Nebenbezugspauschale, die in die Pension eingerechnet wird. Das heißt, in keinem anderen Bereich, nur im geschützten Bereich der ÖBB gibt es das, dass die Nebengebühren eingerechnet werden und die Beamten der ÖBB früher in Pension gehen können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haberzettl.)

Das heißt, für jede Überstunde, die geleistet worden ist, kann der ÖBB-Bedienstete frü­her in Pension gehen. Hier ist eine Ungerechtigkeit, die repariert gehört, meine Damen und Herren! Kollege Haberzettl hat den richtigen Schritt gesetzt. Er kann das selbst nicht mehr verantworten, deswegen wird er zurückgetreten sein. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kuzdas: Lauter Unsinn!)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


18.25.35

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst möchte ich mich


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bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses für diesen hervorragen­den Bericht bedanken. Ich glaube, dass er die oft zu Recht eingeforderte Transparenz über Leistungen, die der Bund für den öffentlichen Verkehr tätigt, auch klar darlegt.

Ich glaube, dass es tatsächlich ein gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht ist, dass es nicht Subventionen oder undurchsichtige Zahlungen an irgendein Unternehmen gibt – das würden im Übrigen auch EU-wettbewerbsrechtliche Regelungen gar nicht ermögli­chen –, sondern dass der Bericht auch ganz deutlich macht: Was ist die Leistung, die ein Unternehmen erbringen soll? Welche dieser Leistungen hat ein Unternehmen – egal, ob es im Eigentum des Bundes oder ein Privatunternehmen ist – eigenwirtschaft­lich zu führen? Wo kann man auch beim Bahnfahren ein „Geschäft machen“?

Der Bericht zeigt auch, wo wir im öffentlichen Bereich Tarife stützen müssen, nämlich beispielsweise bei den Schülerinnen und Schülern, dass wir organisieren müssen, dass für Pendlerinnen und Pendler das Angebot leistbar ist. Und da gilt für den Bund sowie für Länder und Gemeinden: Wenn wir dafür sind, dass wir einen guten öffentli­chen Verkehr haben, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass er für die Bevölkerung auch in Zukunft leistbar ist; denn das ist die Voraussetzung dafür, dass er angenom­men wird.

Ich glaube – auch aus den bisherigen Debattenbeiträgen geht das hervor –, dass es außer Streit steht, dass der öffentliche Verkehr etwas ganz Bedeutendes ist und den Bundesbahnen da eine ganz wesentliche Rolle zukommt – was den Klimaschutz, die Mobilität der Menschen, aber auch den Wirtschaftsstandort betrifft. Auch der Güter­transport ist aus guten Gründen – und, wie gesagt, auch aus meiner tiefen Überzeu­gung – auf der Schiene besser aufgehoben als auf der Straße.

Dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel, wie es die Eisenbahn ist, im Personen- und im Güterverkehr zu haben, das verdient wirklich gemeinsame Anstrengung. Wir kön­nen jetzt hier stehen und sagen: Das in der Steiermark ist ein Kahlschlag. Wir können uns herstellen und sagen: Es gibt plötzlich ein Bündnis der ÖVP mit den Grünen in der Frage der Bahnverbindung zwischen Linz und Graz.

Dieses Bündnis in diesem Bereich gibt es, weil es die Landesregierung war, nämlich die schwarz-grüne Landesregierung in Oberösterreich, die diese gemeinsame Kraftan­strengung nicht mehr unterstützt hat (Abg. Dr. Moser: Das ist ja nicht ihre primäre Aufgabe!), die nämlich ihren Anteil an der Verpflichtung für den öffentlichen Verkehr in einer Pressekonferenz eingestellt hat. Also ich würde sagen, diese plötzliche „Verbin­dung“ und Gemeinsamkeit ist in diesem Fall leicht durchschaubar. (Abg. Dr. Barten­stein – in Richtung Grüne –: Durchschaut! Ertappt! Pech!)

Was die Frage der Steiermark und der Zugverbindungen zwischen Salzburg und Graz betrifft – auch da geht es um die Frage: Was ist Aufgabe des Bundes? Die Aufgabe des Bundes haben Sie, die Damen und Herren dieses Hohen Hauses, definiert, indem Sie beziehungsweise wir ein Zielnetz beschlossen haben. Da ist klar definiert, wie viele Kilometer Bahnleistung der Bund zur Verfügung stellt und wie viel die Länder zusätz­lich an diesen öffentlichen Verkehren bestellen können.

Bei der Diskussion um die Strecke Salzburg–Graz habe ich – das war auch schon im Ausschuss so – das Gefühl, als würden Sie vermitteln, dass da keine Eisenbahn mehr fährt. 251 Züge fahren täglich zwischen Salzburg und Graz. Davon sind 6 Züge Direkt­verbindungen, vom Bund und vom österreichischen Steuerzahler und von der österrei­chischen Steuerzahlerin finanziert.

Wenn es durch gemeinsame Kraftanstrengung gelingt – und ich bin da sehr zuversicht­lich, ich führe konstruktive Gespräche mit der Steiermark und mit Oberösterreich –, dass wir alle einen Beitrag leisten, nämlich Bund und Länder, um dieses Angebot zu erhöhen – es spricht doch nichts dagegen –, dann werden wir das auch tun. (Abg.


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Dr. Moser: Das ist nicht Länderaufgabe!) Und ich gehe davon aus, dass wir eine große Chance haben, diese Leistungen auch zu steigern.

Was mir noch wichtig ist, weil das im Leistungsbericht so deutlich wird: Wir fahren nicht weniger Bahn. In diesem Land sind noch nie so viele Kilometer Eisenbahn gefahren worden wie heute. Um Ihnen einige Zahlen aus den letzten Jahren zu nennen: Im Jahr 2007 waren es 92 Millionen Kilometer, die die Eisenbahn jedes Jahr zurückgelegt hat; und im Jahr 2010, nur 3 Jahre später, waren es über 95 Millionen Kilometer.

Noch nie wurde in diesem Land so viel Bahn gefahren. Deshalb ist es gut investiertes Geld, das in den öffentlichen Verkehr investiert wird. Noch nie haben wir in diesem Land so viele Menschen mit der Eisenbahn befördert. Noch nie haben wir in diesem Land so viele Tonnen an Gütern transportiert, und wir haben alle etwas davon.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mir ebenfalls wichtig ist: Natürlich kön­nen wir sagen: Öffnen wir den Markt! Es gibt ein privates Unternehmen – das ich sehr unterstützt habe, weil ich für den Wettbewerb bin –, das in Zukunft auf der Westbahn fahren wird. Das ist eine eigenwirtschaftlich geführte Strecke, auch für die ÖBB. Da gibt es keinen Zuschuss, da kann man nämlich Geld verdienen.

Aber schreiben wir 92 Millionen Kilometer aus, was heißt denn das? Die deutsche Staatsbahn? Ist das der Wettbewerb? (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Oder die franzö­sische Bahn? Also ich würde sagen: Wir haben ein gutes rot-weiß-rotes Unternehmen, das wir stärken sollen, wo wir die Kundenfreundlichkeit erhöhen sollen, wo wir so viel an Leistung erbringen wie noch nie – dieser Bericht stellt das klar.

Insofern würde ich mir wünschen: Bei aller Kritik – die wichtig ist, denn nur die bringt ei­nen weiter –, seien wir ein bisschen mehr stolz auf die ÖBB! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ferdinand Maier.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


18.31.57

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Danke, dass ich jetzt nach Ihnen drankomme. Das ist für mich eine Freude, weil ich dann lückenlos anschließen und so manchen Mythos, so manche Din­ge, die in der Öffentlichkeit nicht richtig dargestellt werden, richtigstellen kann. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.) – Kollege Hörl, da gehörst auch du oft dazu.

Wir sind, glaube ich, alle einer Meinung, dass es notwendig ist, dass es auch in dünn besiedelten Gebieten im ländlichen Raum einen öffentlichen Personenverkehr gibt. Da­zu ist es eben auch notwendig, dass es gemeinwirtschaftliche Leistungen gibt – so wie es übrigens auch Förderungen zum Beispiel für Bergbauern braucht, die ich absolut nicht in Abrede stelle, aber auch nur für wirklich echte Bergbauern (demonstrativer Bei­fall bei der ÖVP), denn da ist auch das Spektrum manchmal etwas zu weit.

Wenn dann von Vollkaskoversicherung gesprochen wird, dann ist das, glaube ich, nicht die richtige Bezeichnung. Es ist sicher nicht seriös, dass man auf der einen Seite Dinge gutheißt und auf der anderen Seite dann sozusagen aus politischem Kalkül das prinzi­piell Gleiche anders bewertet. Die sogenannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind sicher keine Subventionen, sondern das sind bezahlte Beträge für tatsächliche Leistungen, und die müssen vom Bund, vom Land, von den Ländern und von den Ge­meinden bestritten werden.

Damit wäre ich schon bei einigen Kollegen. Kollege Kunasek! Das ist nicht nur vom Bund zu zahlen, sondern, wie es die Frau Ministerin schon ausgeführt hat – Verbin­dung nach Graz –, da ist auch der FPÖ-Landesrat gefragt. (Beifall bei der SPÖ.)


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Zu den Kollegen Deimek und Hagen: Zum Beispiel im Ausschuss wurden die Ge­meinden mehr in die Pflicht genommen. Als Bürgermeister kann ich Ihnen sagen, dass das ein großes Problem ist und dass wir wirklich schon aus dem, wenn Sie mir den Ausdruck verzeihen, letzten Loch pfeifen. Es ist sicher besser, sich Gedanken über ein gerechteres Steuersystem zu machen, wo wir neue Einnahmen lukrieren können.

Damit wäre ich schon bei Frau Dr. Moser und bei Herrn Kollegen Bartenstein, die ja meinen, dass zum Beispiel Salzburg–Wien auf der Westbahnstrecke gemeinwirtschaft­lich gefördert werden sollte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Bartenstein und Dr. Moser.) – Das haben Sie im Ausschuss gesagt, Herr Kollege Bartenstein. Da bin ich absolut dagegen.

Noch etwas, das Sie immer wieder falsch, auch mit anderen, an die Öffentlichkeit be­ziehungsweise in Umlauf bringen: Sie haben die 15 Prozent genannt, die absolut nicht stimmen. Das sind nämlich hochgerechnet die von Ihnen immer wieder kolportierten 6,7 Milliarden €. Die sind absolut nicht richtig. Nur ein Drittel ist tatsächlich den ÖBB zuzurechnen, das andere sind 2,1 Milliarden € für die Pensionisten, die wir zum Bei­spiel auch bei den Bauern nicht dem Landwirtschaftsressort zuzählen.

Schauen Sie sich das bitte einmal an, sonst vermisse ich den guten Willen. Der Rest, die 2,4 Milliarden €, sind Haftungen, wo sogar noch die ÖBB 150 Millionen € an die Fi­nanzministerin bezahlen. Nur ein Drittel basiert also auf Wahrheit, und das ist nicht viel Wahrheit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin sehr froh, bei der SPÖ zu sein. Wir von der SPÖ werden die ÖBB nicht fallen lassen, sondern wir sind dabei, sie wieder besser auszubauen, weil sie nämlich in vie­len Jahren vernachlässigt und fast totgewirtschaftet wurden. Wir wissen, von wem. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Kühne Behauptung! – Ruf bei der SPÖ: Wahrheit tut weh!)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.35.32

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kol­leginnen und Kollegen! Also vielen Dank für die Vorlage dieses Berichtes hier im Par­lament.

Gerade das von Ihnen angesprochene Zielnetz wurde nicht hier im Parlament be­schlossen, sondern eher hinter dem Rücken des Parlaments; deswegen finde ich es schon eigenartig, dass Sie das hier so erwähnen, Frau Ministerin.

Generell wundere ich mich schon, dass, wenn es Zahlungen des Bundes gibt, das An­gebot für die Fahrgäste der ÖBB, für die Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer, nicht bes­ser, sondern eher schlechter wird.

Ein besonders krasses Beispiel dafür gibt es im Südburgenland. Da ist massiv Steu­ergeld in die Südburgenländische Regionalbahn geflossen – oft mit viel Kritik vom Rechnungshof, was die Vergabe dieser Mittel angeht.

Der Witz daran ist aber, dass kurze Zeit später die Verbindungsstrecke oder die vorge­lagerte Strecke zwischen Oberwart und Friedberg eingestellt wurde. Also ich finde, das ist schon ein besonderer Schildbürgerstreich und eine besondere Verschwendung von Steuergeldern, und ich frage mich, wieso die ÖBB da nicht Abzüge bekommen, wenn sie Leistungen einstellen, wenn sie Strecken einstellen und sich das Angebot für die Kundinnen und Kunden verschlechtert.

Ich frage mich beziehungsweise Sie auch: Wieso greift Ihr Ministerium, das BMVIT, nicht durch, wenn die ÖBB auch aktiv versuchen, NachfolgebetreiberInnen für diese


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Strecke zu finden? Da, finde ich, hätten Sie Handlungsbedarf. Dass der Weiterbetrieb nicht durch einen anderen Betreiber erfolgt, mag vielleicht im Interesse der ÖBB oder auch von regionalen Busunternehmen liegen, aber EU-rechtskonform ist es nicht, mit einer modernen Verkehrspolitik hat es nichts zu tun und im Klimainteresse ist es schon gar nicht.

Ich ersuche Sie, Ihre klimapolitischen Verantwortungen wahrzunehmen! Wir erleben ja im Moment eher eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße als umgekehrt. Wenn die Mittel so vergeben werden, dass sich das Angebot dann für die KundInnen erst recht nicht verbessert, ist das auch kein Wunder.

Ich meine, Kollege Josef Auer hat vorher gesagt, auch in ländlichen Regionen soll es ein öffentliches Angebot geben. – Ja, da soll es ein qualitativ gutes Angebot geben, un­bedingt. Aber zuerst muss dieses Angebot auch einmal da sein, damit es die Kundin­nen und Kunden und die Menschen in den Regionen nutzen können.

Ich glaube, es gibt viele Bahnstrecken – diese Bahnstrecke Oberwart-Friedberg ist ein Beispiel dafür –, die wichtig für die Regionen sind, damit auch Menschen in ländlichen Regionen an den öffentlichen Verkehr angebunden sind, die Möglichkeit haben, öffent­lich zu fahren, und nicht nur auf das Auto angewiesen sind.

Ein Auto ist nicht nur eine Belastung für das Klima, sondern auch eine sehr große Be­lastung für Familien im ländlichen Raum, die sich ja oft zwei Autos leisten müssen. Da erwarte ich mir von Ihnen mehr Engagement, wenn Sie zukunftsgerechte Verkehrspoli­tik machen wollen, mehr in die Schiene zu gehen als in dieses umfassende Straßen­programm, das ja immer noch völlig wahnwitzig vorliegt.

Also noch einmal. Sie haben vorher gesagt: „Seien wir () stolz auf die ÖBB!“ – Ich wäre sehr, sehr gerne stolz auf die österreichische Klimabilanz. Das geht leider nicht, die österreichische Klimabilanz ist mehr als beschämend. Um diese Klimabilanz zu ver­bessern, müssen auch Sie einen Beitrag leisten. Das fordere ich ein!

Dennoch bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und en­gagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


18.39.11

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin ja froh, dass es tatsächlich gelungen ist, wichtige Verkehre aufrechtzuer­halten oder auch neu einzuführen.

Das Land Tirol und viele andere Bundesländer nehmen dafür jetzt sehr viel mehr Geld in die Hand als in den vergangenen Jahren. Man möchte meinen, dass dieses Mehr an Geld auch der Bundesländer in Zusammenschau mit den gemeinwirtschaftlichen Leis­tungen, die seitens des Bundes geleistet werden, in Summe in einem ungefähr ähnli­chen Ausmaß eine Verdichtung der Zugsverbindungen zustande gebracht hätte.

Das ist leider nicht der Fall, aber ich glaube, es ist schon entscheidend, dass wir uns überlegen, so wie Frau Kollegin Moser es heute auch angesprochen hat, ob wir denn überhaupt noch Bundeszuständigkeiten bei den ÖBB brauchen, wenn nicht einmal mehr auf den großen Transversalen zwischen den Landeshauptstädten eine alleinige Bundeszuständigkeit besteht und auch da Landeszuschüsse, als würde eine Bahn in ein entlegenes Tal fahren, notwendig und erforderlich sind.

Ich würde mich noch gar nicht darüber aufregen und halte es auch nicht für absolut falsch – da bin ich bei Kollegin Moser und bei Kollegen Bartenstein –, wenn nicht


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gleichzeitig bei den ÖBB ein neuer Vertrag abgeschlossen worden wäre, der uns ja nicht vorliegt, bei dem es eigentlich nur noch darum geht: Welche defizitäre Strecke wird zur Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs mit wie viel Geld gefördert? Das kann es nicht sein, weil hier die Qualitätskriterien, die früher immerhin zugrunde lagen, angeblich völlig herausgefallen sind. Frau Bundesminister, korrigieren Sie mich; wir kennen die Details dieses Vertrages nicht. (Abg. Mag. Josef Auer: Sie hören ja nicht zu! Sie hat es bereits erklärt!)

Die Westbahn, wo der meiste Personenverkehr ist, die meisten Personenkilometer ge­fahren werden, ist zur Gänze herausgefallen. Das kann ja nicht mehr korrelieren mit nur annähernd der Anzahl der Personen, der Anzahl der gefahrenen Kilometer, und das Ganze wird im Durchschnitt über zehn Jahre 7 bis 8 Prozent jährlich teurer, wäh­rend wir in Dänemark gemeinwirtschaftliche Leistungsverträge haben, die über zehn Jahre eine Verbilligung durch Effizienzsteigerung von 30 Prozent zur Folge haben. Zu­mindest 10 Prozent effizienter zu werden, könnte man aus meiner Sicht von den ÖBB in jedem Fall verlangen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Moser.)

Aus diesem Grund erscheint mir dieser gemeinwirtschaftliche Leistungsvertrag an sich dem Steuerzahler nur sehr schwer zumutbar, permanente Kostensteigerungen in die­sem absolut übermäßigen Ausmaß kann ich nicht nachvollziehen.

Auf der anderen Seite – auch an den Kollegen Auer; Sie kennen die Diskussionen, die gerade in Ihrer Gemeinde Radfeld, wo Sie Bürgermeister sind, über Lärmschutzwände geführt werden; vielleicht wäre es doch im gemeinsamen Interesse –: Ich will jetzt den ÖBB gar nichts wegnehmen, lieber Kollege, du, lieber Bürgermeister, aber es wäre, glaube ich, sinnvoller, den Leuten auch deiner Gemeinde eine Lärmschutzwand mehr hinzustellen (Beifall des Abg. Gahr), als sinnlos Zehn-Jahres-Verträge zum Geldverju­xen für die ÖBB zu verfassen. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haberzettl. – Bitte.

 


18.42.51

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich darf meine Ausführungen mit einer Bitte beginnen. Herr Präsident Neugebauer, da Sie neu gewählter Vorsitzender der GÖD sind, würde ich Sie eines bit­ten: Versuchen Sie – mir wird es nicht mehr gelingen –, dem Abgeordneten Hagen ein­mal zu erklären, was die Pauschalierung der Nebengebühren bei Beamten und ehema­ligen Beamten bedeutet, denn er konsumiert sie auch, nur hat er es noch nicht begrif­fen. Bitte, erklären Sie es ihm endlich; ich habe resigniert in der Zwischenzeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

Ich darf auch einige Dinge richtigstellen. Frau Kollegin Moser, Sie behaupten, die RCA sei ein Monopolist, doch es finden insgesamt bereits acht Güterverkehrsunternehmun­gen Platz auf dem österreichischen Netz, und ich glaube, gerade hier findet ein ganz ordentlicher Wettbewerb statt.

Die Grünen haben im Jahr 2009 den Ansätzen zum Zielnetz 2025 zugestimmt. (Abg. Dr. Moser: Nur den Ansätzen, nicht allem!) Sie haben vielleicht den Prozess nicht ganz durchgelesen, aber Sie haben im Zuge der Veränderung im Bundesbahngesetz mitgestimmt.

Es gibt zum Thema Ausschreibungen einige Zugänge, aber noch viel besser sind die Erfahrungen, die es bereits in Europa gibt. Schauen Sie bitte nach Dänemark, schauen Sie bitte nach Schweden, schauen Sie auch nach Holland, hier wurde der Ausschrei­bungsfetischismus – so nennen Sie es in der Zwischenzeit selbst – auf die Spitze ge­trieben. Eines der markantesten Unternehmungen im Nahverkehr war das Unterneh-


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men ARRIVA. Es machte dort Verträge mit fünfjähriger Vertragsdauer mit enorm hohen Einstiegsprämien unter dem Titel Investitionsprämien, und als die Investitionsprämien verbraucht waren, sind sie nach fünf Jahren alle verschwunden.

Das ist nicht der richtige Zugang, und Gott sei Dank hat die Frau Bundesminister diesen Zugang zur Liberalisierung im Nahverkehr nicht, vielmehr ist, glaube ich, mit der Neufassung für die betriebswirtschaftlichen Leistungen, für die gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge etwas ganz Ordentliches gelungen.

Und warum die Beträge steigen müssen, Frau Kollegin, erkläre ich Ihnen anhand der Vergangenheit. Wir haben zwischen 2000 und 2007 keine Steigerungen, nicht einmal eine Indexsicherung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen gehabt, das heißt, dort haben wir einen Realverlust der Leistungsabgeltung gehabt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Karin Hakl.) Seit 2007 gibt es sie erst und eine Kilometersteigerung auch.

Wer glaubt denn da herinnen im Parlament, glauben Sie, 3 Millionen Kilometer fahren wir nur in der Werkstatt hin und her? Die 3 Millionen Kilometer, das ist bei den Kunden, aber dort, wo sie auch gebraucht werden. (Abg. Mag. Karin Hakl: Aber sie müssten auch einmal billiger werden!) Das ist in dem Sinne, wie Sie es immer fordern von der ÖBB, nämlich dort die Mittel einzusetzen, wo die Kunden auch unmittelbar etwas da­von haben. Und dort haben sie es.

Es tut mir leid, die Hunderttausende von Reisenden zwischen Graz und Salzburg gibt es einfach nicht. Es ist so. Aber wir haben Hunderttausende Reisende im Bereich Wels, Linz, Wien, Graz, Attnang-Puchheim, wenn Sie so wollen, Salzburg, Wörgl, Inns­bruck, und dort werden sie auch mit vernünftigen Fahrplänen bedient. Die ÖBB erfüllt nur den Auftrag, nämlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu handeln. Ich glau­be, das sollte man auch anerkennen.

Frau Bundesminister! Ich möchte mich abschließend bedanken für die Weiterentwick­lung des gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrages. Er ist wirklich ein richtiger Schritt in die richtige Richtung im Sinne der Kundinnen und Kunden und vor allem im Sinne der Pendler. (Beifall bei der SPÖ.)

18.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte. (Zuruf von der SPÖ in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Rädler. – Heiterkeit.)

 


18.46.32

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Jetzt ha­be ich eine Vorgabe bekommen. Ich werde mich daran halten. Gut. Ich sage nicht, wel­che.

Es war schon ein Feuerwerk, das der Kollege Heinzl da losgelassen hat. Unbeein­druckt davon bleiben natürlich 6,7 Milliarden € über. Ob man jetzt sagt, das ist nicht richtig oder es ist richtig, die stehen hier unten drauf beim Bundeszuschuss an die ÖBB.

So, und jetzt gehen wir her und sagen: Alles toll, alles ein Erfolg!, so wie Kollege Heinzl es getan hat. Von den 731 Millionen für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gehen 536 Millionen in den Personenverkehr. Das sind auch plus 20 Millionen. Alles super! Großartige Steigerung.

Im Qualitätsbereich haben wir uns gesteigert, da brauchen wir den Vergleich mit der Schweiz gar nicht mehr zu scheuen. Ob wir jetzt 96,4 Prozent Kundenzufriedenheit haben oder 97 Prozent so wie in der Schweiz, ich glaube, das ist wirklich eine tolle Leistung, die da erbracht wurde.


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Mir gefällt in diesem Bericht der Ansatz ganz gut, dass künftighin 56 Millionen € dafür zur Verfügung gestellt werden, dass man von der Straße auf die Schiene in jenem Gü­terverkehr kommt, der bis zu 25 Tonnen geht, also unterhalb der 25 Tonnen. Das be­deutet für uns in den ländlichen Regionen einen gewaltigen Fortschritt. Doch – Sie ha­ben es angesprochen, Frau Kollegin Moser – wenn ich an die Gutensteiner Bahn den­ke, dann tut es mir weh, dass die jetzt von Pernitz bis Gutenstein eingestellt wird. Das bedeutet natürlich für alle Forstwirte da hinten, aber auch für die Papierfabrik einen gewaltigen Transport, der künftighin auf der Straße durchgeführt werden muss. Wenn es uns da gelingt, Anreize zu schaffen, dass wir diesen Transport auf die Schiene brin­gen können, dann ist schon einmal sehr viel gemacht.

Ich möchte aber abschließend zum Kollegen Haberzettl, da er aus seiner Funktion als Vertreter der Eisenbahner im Gewerkschaftsbund ausscheidet, sagen: Du warst einer, der sich hier an diesem Rednerpult immer gerne gegen die Bundesbahnstrukturreform geäußert hat. Ich erinnere mich, im Jahr 2003, nach Abschluss dieses Unterausschus­ses, hat damals der Herr Bundeskanzler gesagt, dass diese Bundesbahnstrukturre­form, die Schwarz-Blau eingeleitet hat, der Todesstoß für die Bundesbahn ist. Heute hören wir einen Erfolgsbericht von der Frau Bundesminister, einen Jubelbericht vom Abgeordneten Heinzl. Und der damalige Verkehrssprecher, dein Vorgänger, der Natio­nalratsabgeordnete Eder, hat überhaupt gemeint, 12 000 Eisenbahner müssen entlas­sen werden.

In den 6,7 Milliarden € sind auch die Pensionen der Eisenbahner drinnen. 72 000 Bun­desbahner sind noch immer beschäftigt. Einer verlässt jetzt das Schiff, der Kollege Ha­berzettl.

Ich möchte zum Abschluss jetzt auch noch der Kollegin Brunner sagen: Ich wünsche mir, dass dieses Land auch künftighin keine grüne Verkehrsministerin hat. Das wäre gut so. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.49

18.50.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, den vorliegenden Bericht III-276 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Sicherung der IC-Zugverbindungen Salzburg–Graz–Salz­burg sowie verbindliche Regelungen im Schienenpersonenverkehr für alle Bahnanbie­ter in Österreich.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein zustimmendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

*****

18.51.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Bevor ich die nächsten Tagesordnungspunkte aufrufe, gebe ich bekannt:

Bei der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Dr. Fichtenbauer, Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, ein-


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gebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage, wurden zwei Stimmkarten mit dem Aufdruck „Ursula Haubner“ abgegeben.

Das richtige Ergebnis lautet daher: Abgegeben: 168, „Ja“-Stimmen: 65, eine ungültig, „Nein“-Stimmen: 102.

Die Differenz hat auf das Abstimmungsergebnis keinen Einfluss.

*****

18.51.277. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1396 d.B.): Ver­einbarung über die Beendigung der Vereinbarung vom 27. Juni 1997 über die Be­reitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirkskontrollzentrale des oberen Luftraums für die zentraleuropäischen Flugsicherungsdienste und der Besonderen Vereinba­rung zur Durchführung von Artikel 6 der CEATS Vereinbarung (1489 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1394 d.B.): Über­einkommen zur Errichtung des Funktionalen Luftraumblocks „Zentraleuropa“ (1490 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 7 und 8 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


18.52.08

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Luftfahrt und speziell bei der Flugsicherung kommt immer größere Bedeutung zu. Es ist abzusehen, dass die Kapa­zitäten jedes Nationalstaates für sich allein angesichts des immer stärker werdenden Flugverkehrs an ihre Grenzen stoßen werden. Der Zusammenschluss mehrerer mittel­europäischer Staaten zu einem einzigen Luftraumblock wird absehbaren Engpässen in der Luftraumkapazität entgegenwirken und aktiv den rapid steigenden Verkehrszahlen im Flugverkehr begegnen.

Hohes Haus! In Europa fügen sich verschiedene Systeme zu einem stark zersplitterten Fleckerlteppich zusammen und erschweren somit eine moderne und kundenorientierte Flugsicherung. Zurzeit gibt es europaweit 36 einzelne Lufträume, die alle gesondert verwaltet werden. Das bringt eben Wartezeiten, Verspätungen, Umwege und auch re­lativ hohe Kosten, die wiederum auf die Passagiere abgewälzt werden.

Nur als Beispiel: Obwohl in den USA doppelt so viele Flüge abgewickelt werden wie in Europa, gibt es dort 74 Prozent weniger Verspätungen und Flugsicherungskosten. Al­lein an diesem Beispiel, so glaube ich, lässt sich klar erkennen, warum es wichtig ist, einen einheitlichen europäischen Luftraum zu schaffen.

Österreich wird dabei zusammen mit Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Tschechien, Un­garn, Slowakei und Slowenien den Luftraumblock „Zentraleuropa“ bilden.

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren: Mit der Arbeit im einheitlichen euro­päischen Luftraum und mit der vom BMVIT und der Wirtschaft ausgearbeiteten Road Map Luftfahrt 2020 ist Österreich auf dem Gebiet der Luftfahrt wirklich gut gerüstet. Die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 199

Zukunft dieser wichtigen Wirtschaftsbranche sehe ich damit dauerhaft gesichert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Maier. – Bitte.

 


18.54.28

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Heinzl hat das ja sehr gut beschrieben, worum es da geht. Ich möchte nur kurz darstellen, dass wir natürlich für dieses Abkommen sind, das ist ja keine Frage, aber es gibt auch einen Bericht der EUROCONTROL, und der enthält so ein bisschen die Kritik an dem, was bei uns im zuständigen Ministerium, was die Luftfahrtbehörde anlangt, in Wirklichkeit nicht funktioniert.

Wir begrüßen das Single-European-Sky-Abkommen, wir kennen auch die Ziele, das Traurige ist nur, dass wir jene Ziele, die durch die eurocontrol definiert wurden, nicht erreicht haben. Wir sind in diesem Zusammenhang, wie es in dem Papier heißt, „Worst Performer“, zu Deutsch: Wir sind ganz schlecht, Herr Kollege Heinzl! Ganz schlecht! Wir sind nämlich eines von den fünf Ländern, die die Ziele nicht erreicht ha­ben. Das ist peinlich, glaube ich. Wenn wir uns die Ziele anschauen, sehen wir, wir ha­ben etwa das Ziel der Kostenreduktion nicht erreicht. Das wundert mich bei der Frau Bundesminister aber nicht, denn auf Kosten schaut sie nirgends, wenn wir nur zu den ÖBB schauen. Wir werden wahrscheinlich, wenn irgendwann dann die Ratingagentu­ren kommen, noch eine Diskussion haben, wie das eigentlich mit den ÖBB ist.

Auch die Verspätungsziele wurden dreimal überzogen, sagt uns dieser Bericht. Das Einzige, worauf die Frau Bundesminister geschaut hat, ist, dass die Performance der Austro Control so bleiben kann, wie sie bisher ist. Ja nicht angreifen, ja nicht billiger und effizienter agieren lassen! Alles soll so bleiben, wie es ist.

Daher glaube ich – das werden wir ja erleben –, Sie werden diesen Performanceplan überarbeiten müssen. Den werden wir noch einmal überarbeiten müssen, und das ist natürlich gerade jetzt, wo wir in dieser Allianz, die Herr Kollege Heinzl angesprochen hat, arbeiten sollten, wiederum peinlich.

Ein Wort noch zur Road Map, die die Frau Bundesminister vorgelegt hat – vielleicht kommen Sie auch noch darauf zu sprechen; ganz interessant –: Ein unverbindliches Papier, ich würde fast sagen, lieblos, belanglos, wie eben die Luftfahrtpolitik manchmal so war in diesem Land. Es gibt weder einen Hinweis auf die Finanzierung noch ein Budget, noch Projektverantwortliche und auch keine Projektorganisation. Das sind aber die Punkte, die wir brauchen, wenn wir eine effiziente Luftfahrtpolitik haben wollen.

Ich hoffe, dass die Frau Bundesminister in der nächsten Zeit vielleicht auch in diesem Bereich die Ziele definiert und diese von mir vorgegebenen Maßnahmen in der Road Map Luftfahrt entscheiden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. die­mek. – Bitte.

 


18.57.31

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Single European Sky, wie es so schön heißt, der gemeinsame europäische Luftraum, von der Vision zur Realität, bei uns Stu­fe für Stufe, aber halt manchmal auch, wie Kollege Maier schon angemerkt hat, mit Rückschritten. Dass ein gemeinsamer Luftraum in ganz Europa durchaus Vorteile hat, um zum Beispiel die sogenannten Bottlenecks, also die Engpässe zu vermeiden, um steigenden Verkehrskennzahlen entgegenzukommen, ist klar. Nachteile gibt es ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 200

bisschen – ich sage, im durchaus beachtlichen Bereich –, nämlich die Aufgabe von staatlichem Einfluss. Das ist aber noch der angenehmere Teil, der im Zuge dieser gan­zen europäischen Vereinheitlichung zu verkraften ist.

Wir sind grundsätzlich in Europa auf gutem Weg. Alle Kosten, die Österreich entstan­den sind, sind in den Jahren 2008, 2009 und 2010 getilgt worden. Das ist die frohe, gu­te, positive Botschaft. Damit kommen wir aber schon wieder in einen Bereich, den auch Kollege Maier angesprochen hat, denn es ist zu bemerken, dass sich im Reich – wenn man ein bisschen die monarchistischen Begriffe von früher nimmt –, im Königreich des BMVIT der Frau Minister durchaus eine Grafschaft breitgemacht hat, die da ein bisserl nach Gutsherrenart hemdärmelig agiert. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Maier, es war nicht die EU oder sonst jemand, es war die AEA, die Ver­einigung der europäischen Flugbetreiber, also so etwas wie Lufthansa, Air France, Bri­tish Airways, AUA und so weiter, die genau das gesagt haben, was Sie zitiert haben, nämlich wir sind eines von zehn Ländern, die bei der Pünktlichkeit enorme Probleme haben, wir sind eines von 20 Ländern, die bei der Kosteneffizienz Probleme haben – und, und das ist die Bemerkung aus der Wirtschaft, immer wieder für den Staat. Ich zi­tiere aus dem Bericht: „This lack of ambition is totally unacceptable.“

Das heißt, in der Austro Control wird in Gutsherrenart agiert, wie es den Herrschaften passt. Es gibt keine Kontrolle, es gibt keine Übersicht und so weiter.

Hier aber jetzt Frau Bundesminister Bures direkt einen Vorwurf zu machen, wäre ha­nebüchen und populistisch, denn sie hat das ja sozusagen nur geerbt. Sie hat ja etwas geerbt, was davor schon geschaffen, gehegt und gepflegt wurde, und unter der Herr­schaft ihres Vorgängers Faymann war das teilweise noch viel schlimmer. (Abg. Wenin­ger: Forstinger war ... Vorgänger!) Sie muss jetzt die Früchte der Missstände, die von ihrem Vorgänger hinterlassen worden sind, ernten und kann alles wieder ausbügeln.

Kommen wir aber zur Europäischen Kommission. Was hat die Kommission selbst ge­sagt? Was wird sie am 24. November in ihrem Endbericht sagen? – Sieben von acht Kriterien wurden nicht erfüllt. Und würde man die Kaufkraftpriorität, sprich den Kosten­faktor, noch berücksichtigen, dann wären wir nicht nur Letzter, sondern dann wären wir irgendwo im Bodenlosen verschwunden.

Was macht die Austro Control – sie ist ja ein durchaus interessantes Sammelsurium – sonst noch? – Sie verbockt die Pilotenlizenzen. Sie ist bei Kosten und Gebühren jen­seits dessen, was die Fliegerei verträgt und vieles mehr. Da wird wirklich nach Guts­herrenart gehandelt. Dort wird getan, was man will.

Frau Bundesminister, in der Road Map steht einiges, aber nehmen Sie diese zur Hand und greifen Sie vor allem in dieser Grafschaft Austro Control durch! Schaffen Sie dort Transparenz! Reduzieren Sie die Kosten! Kommen Sie von der Bürokratie zur Service­orientierung, denn die Fliegerei und der Flugverkehr sind sehr wichtige Wirtschafts­zweige, und die haben es sich nicht verdient, weder im Bereich der Privatfliegerei noch im Bereich der großen Wirtschaftsfliegerei, im Bereich der Linien, so schlecht behan­delt zu werden, wie es die Austro Control derzeit macht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.02.09

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ja, natürlich ist bei der Austro Control auch Kritik angebracht. Kei­ne Frage, dort muss sich einmal der Effizienzgedanke etwas mehr etablieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 201

Frau Ministerin! Aber in erster Linie geht es mir auch darum, dass wir endlich im ge­samten europäischen Luftraum effizient arbeiten.

Dieses Abkommen, das wir jetzt unterzeichnen, und sozusagen das Ruhenlassen des anderen Abkommens sind ein Schritt in die richtige Richtung, und deswegen unterstüt­zen wir beide Regierungsvorlagen. Uns liegt einfach viel daran, dass Sprit gespart wird durch zielgenaues Fliegen, durch zeitlich effiziente Abwicklung des Flugverkehrs, durch übergreifend gut organisierte Übergaben in der Luft. Uns liegt auch viel daran, dass man einfach durch eine bessere Abwicklung des Flugverkehrs Treibstoff spart und dass man einerseits den Fahrgästen mehr Pünktlichkeit bietet und andererseits die Umwelt entlastet. Darum haben Sie unsere Unterstützung.

Aber es gibt jetzt auch noch ein anderes Problem im Zusammenhang mit der Luftfahrt in Österreich, insbesondere im Raum Wien. Und ich möchte die Gelegenheit nicht ver­absäumen, Ihnen wieder einmal unsere Position im Hinblick auf die dritte Piste in Schwechat zu präsentieren: Wenn wir schon den Effizienzgedanken im Flugverkehr verfolgen, dann soll das auch zur Folge haben, dass wir nicht nur bei der Übergabe, bei der Kontrolle in der Luft zusammenarbeiten, sondern auch bei der Abwicklung am Boden.

Warum gibt es nicht engere Kooperationen mit Bratislava? (Zwischenruf des Abg. Neu­bauer.) Warum müssen wir in Schwechat extra eine dritte Piste bauen? Warum nutzen wir nicht diese Kooperationsmöglichkeiten mit dem Nachbarstaat? Insgesamt hätte das dann gerade für die Bevölkerung in Wien, zum Beispiel in Wien-Süd, erhebliche Vor­teile und wäre auch sicherlich für die Umwelt besser. Die Verkehrsanbindungen nach Bratislava sind sicher in Zukunft auch noch genauso gut, wie bei verschiedenen gro­ßen internationalen Flughäfen die Anbindung zu den nächsten Metropolen ist.

Frau Ministerin! Darum ist unsere Zustimmung hier gepaart mit der Kritik an der Austro Control und vor allem mit der Kritik an der Fortführung der Politik einer dritten Piste. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.05.00

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Auch wir werden dem zustimmen, weil es eine vernünftige Regelung ist, um die Engpässe in diesem Bereich etwas besser verwalten zu können beziehungs­weise damit es da weniger Engpässe gibt und der Flugverkehr in Europa besser funk­tionieren kann.

Aber etwas hat mich schon verwundert, als Kollege Maier hier herausgegangen ist: Ich hatte mir eigentlich gedacht, bei solch einer Einheitsmaterie müsse eigentlich Einstim­migkeit in der Koalition herrschen. Aber selbst da hat Kollege Maier nachgeholfen, dass diesbezüglich keine Einigkeit in der Koalition erkennbar ist. (Abg. Neugebauer: Bei der Abstimmung schon! Keine Sorge!) Ich frage mich nur, wann wir dann wieder „Es reicht!“ haben. Aber das werden wir dann sehen.

Bei der Kritik zur Austro Control kann ich mich anschließen. Es ist von einigen Vorred­nern schon gesagt worden, dass dort vieles falsch läuft. Vielleicht kann ich das Ganze an einem einzigen Beispiel ein bisschen veranschaulichen: Es stimmt mich schon be­denklich, wenn ein ORF-Mitarbeiter von Wien Heute, Markus Pohanka, einen gut do­tierten Job beim ORF verlässt und als Pressesprecher zur Austro Control wechselt. Wir alle wissen, dass bei der Austro Control sehr hohe Gehälter, überhöhte Gehälter be­zahlt werden und dass im privaten Bereich von der Austro Control in viele Bereiche hi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 202

neingepfuscht wird. Ich möchte nur die Flugrettung ansprechen, wo vieles im Argen liegt, wo von der Austro Control sicher ganz klar eingewirkt worden ist, und das auf nicht ganz korrekte Weise. Das will ich hier einmal behaupten. Wir müssten daher die­sen Verein wirklich einmal ausmisten. Frau Minister, das liegt in Ihrer Verantwortung. Bitte tun Sie das! (Beifall beim BZÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.33

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hagen, eines kann ich dir sicher sagen: Wenn Herr Kollege Ferry Maier Kritik übt an dem Ganzen, dann ist das sicher eine gute Sache, dann hat diese Ministerin sicher gut gearbeitet, denn sonst hätte er das nicht gemacht.

Im Sinne der einschlägigen EU-Verordnungen und vor dem Hintergrund des einheit­lichen europäischen Luftraumes wird es zweifellos zu einer Verbesserung des Luft­fahrtssicherheitsstandards kommen und zu einer Effizienzsteigerung des Flugverkehrs­managements sowie der Flugverkehrssicherungsdienste. Außerdem werden wir mit der Einrichtung der grenzüberschreitenden funktionalen Luftbrücke die Flugsicherungs­dienste im Sinne der grenzüberschreitenden Organisation und Zusammenarbeit mit den betroffenen Flugsicherheitsorganisationen optimieren. Das FABCE-Übereinkom­men ist aber auch insofern offen, als eine Erweiterung auf Nicht-EU-Staaten nicht nur möglich ist, sondern sogar gefördert werden soll. Es sollen ja auch Kroatien und Bos­nien und Herzegowina dazukommen.

Dennoch wird die nationale Hoheit der Vertragsstaaten durch dieses Übereinkommen nicht beeinträchtigt. So behält etwa jeder Staat weiterhin seine bisherigen Vorrechte, insbesondere im Sicherheits- und Verteidigungsbereich. Es liegt auch im Ermessen je­des Vertragsstaates, den Umfang des Luftraumes sowie der beizusteuernden Flugsi­cherungsdienste selbst festzulegen. Außerdem können die nationalen Aufsichtsbehör­den entsprechende Vereinbarungen über eine engere Zusammenarbeit treffen, welche die Aufsicht aller im FABCE-Luftraum zertifizierten und benannten Flugsicherungsorga­nisationen gewährleistet.

Sehr positiv ist auch, dass in finanzieller Hinsicht den Menschen in Zentraleuropa keine Mehrkosten aus der Beendigung der CEATS-Vereinbarung entstehen werden, weil alle daraus resultierenden Kosten bereits im Zeitraum 2008 bis 2010 getilgt wurden und auch keine finanziellen Verpflichtungen zu den CEATS-Vertragspartnern bestehen.

Auf die Republik wird das FABCE-Übereinkommen keine finanziellen Auswirkungen haben, weil sämtliche aus dem Übereinkommen entstehenden Kosten im Wege von Flugsicherungsgebühren durch den Luftraumnutzer getragen werden.

Aufgrund der europarechtlichen Erfordernisse und auch deshalb, weil dieses FABCE-Übereinkommen sicher einen Fortschritt gegenüber den bisherigen CEATS-Vereinba­rungen darstellt, stimmen wir natürlich dieser Vereinbarung gerne zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminis­terin Bures zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.09.19

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe der Redner-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 203

liste schon entnommen, dass es sich ausschließlich um Pro-Redner handelt, wobei man bei dem einen oder anderen manchmal nicht ganz diesen Eindruck gewinnen konnte. Das zeigt, dass wir offensichtlich einer Meinung sind, dass das, was heute be­schlossen wird, etwas sehr Positives ist, nämlich dass wir 36 europäische Lufträume in Zukunft auf neun reduzieren.

Das ist nicht nur eine geringere Zahl an Luftraumblöcken, die damit eingerichtet wer­den, sondern das bedeutet für die Fluggäste, dass sie in Zukunft kürzere Flugzeiten haben werden. Kürzere Flugzeiten bedeuten kürzere Strecken und damit geringeren Kerosinverbrauch und auch einen wirtschaftlichen Nutzen für die Airlines. Weniger Ke­rosinverbrauch bedeutet aber natürlich auch weniger Schadstoffausstoß und daher wieder einen wesentlichen Beitrag für eine CO2-Reduktion.

Das ist das Positive, das wir heute beschließen, und ich bedanke mich bei Ihnen dafür, dass Sie das offensichtlich einstimmig über alle Parteigrenzen hinweg unterstützen.

Ich möchte nur noch einen Satz zur Strategie sagen, nämlich was die Road Map Luft­fahrt betrifft. Wir haben erstmals in Österreich eine klare Luftfahrtstrategie bis zum Jahr 2020 entwickelt. Was bedeutet das für den Wirtschaftsstandort? Was bedeutet die Luftfahrt für den Tourismus unseres Landes? Dafür haben wir eine Strategie entwi­ckelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz ausführen, wer aller an dieser so wichtigen Luftfahrtstrategie, an dieser Road Map mitgearbeitet hat: das Bundesministerium für Finanzen, das Bundesministerium für Inneres, das Wirtschafts­ministerium, das Lebensministerium, die Wirtschaftskammer Österreich, die Airlines, die Flughäfen, die Arbeiterkammer und internationale Experten. Ich gehe davon aus und hoffe, dass diese Gruppe an Experten, Interessenvertretern und Wirtschaftsvertre­tern nur für den Abgeordneten Maier ahnungslose Banausen sind. Ich bedanke mich bei den Experten für diese hervorragende Road Map und glaube, sie bringt uns auch eine gute Zukunft, was die österreichische Luftfahrt betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

19.11.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Vereinbarung über die Be­endigung der Vereinbarung vom 27. Juni 1997 über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirks­kontrollzentrale des oberen Luftraums für die zentraleuropäischen Flugsicherungs­dienste und der Besonderen Vereinbarung zur Durchführung von Artikel 6 der CEATS-Vereinbarung, in 1396 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungs­gesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen zur Errichtung des Funktionalen Luftraumblocks „Zentraleuropa“, in 1394 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 204

Wer diesem zustimmen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen. (Ruf bei der SPÖ: Dass ich das noch erleben durfte! – Bundesmi­nisterin Bures: Ich wundere mich auch!)

19.13.489. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Be­richt 2011 der Bundesregierung (III-274/1419 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.14.16

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte nun etwas zum Grünen Bericht 2011, den Bericht über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft sagen. Uns ist allen bewusst und es muss uns bewusst sein, dass die Landwirtschaft ein fixer und unverzichtbarer Bestandteil unserer heimischen Wirtschaft ist und auch bleiben muss, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft stieg 2010 um 9,1 Prozent auf 8 Milliarden €, davon kamen 6,5 Milliarden € von der Landwirtschaft und 1,5 von der Forstwirtschaft. Die Zahl der Bauernhöfe geht stark zurück. Von den zirka 187 000 land­wirtschaftlichen Betrieben gaben gut 30 000 in letzter Zeit auf und bewirtschaften ihre Höfe nicht mehr.

Sehr bedenklich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch die Entwicklung bei den Bergbauern, die unter schwierigsten Bedingungen ihre harte Arbeit verrichten und mit ihrem Einkommen bei Weitem nicht mehr auskommen. 2010 gab es gut 66 000 Bergbauernhöfe, die bewirtschaftet wurden, 2009 waren es noch um Tausend mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Entwicklung so weitergeht, dass alle Jahre Zigtausende Bauern, vor allem Bergbauern, aufgeben, schaut die Zukunft für unsere Landschaft, für unseren Fremdenverkehr nicht gut aus. Da muss vonseiten der Politik alles unternommen werden, um dem Bauernsterben massiv entgegenzutreten.

Wir Freiheitlichen fordern eine gerechtere Aufteilung der Ausgleichszahlungen. Es soll nicht mehr so sein wie jetzt: Der Lebensmittelindustrie stopft man Millionen an Euro in den Rachen, den Bauern, und da vor allem den kleinen und mittleren Betrieben, gibt man einen Hungerlohn im Vergleich dazu. Wenn es da keine gerechte Aufteilung gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden viele Bauern gezwungen werden, die Stalltür für immer zu schließen, und der Grüne Bericht bleibt als Geschichtsbuch übrig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.16.31

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Grüne Bericht ist ein umfangreiches Nachschlagewerk, das über Jahr­zehnte hin Vergleiche möglich macht, und ich darf mich recht herzlich bedanken für dieses Werk. Ich darf mich bedanken bei den Mitarbeitern im Bundesministerium, auch bei der LBG, aber natürlich in erster Linie bei den Bäuerinnen und Bauern, die die Ar­beit leisten, und insbesondere bei jenen, die die Daten und Unterlagen zur Verfügung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 205

stellen. Wenn man den Grünen Bericht zum Vergleich hernimmt, dann kann man na­türlich eine Beurteilung der Entwicklung vornehmen, und er ist auch Grundlage für die Agrarpolitik. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Wenn man uns vergleicht mit den anderen Ländern in Europa, dann stehen wir eigent­lich in fast allen Parametern besser da. Und wenn der Kollege Doppler vom Bauern­sterben redet und vom Strukturwandel, dann muss ich sagen: Der ist wesentlich ge­ringer in Österreich als in allen anderen Ländern Europas. Ein Vergleich mit Bayern, das größer ist als Österreich: Dort gibt es 80 000, 90 000 Bauern, in Österreich sind es doppelt so viele.

Wenn man von Land- und Forstwirtschaft redet, dann redet man eigentlich von sehr vielem. Wir reden von Arbeitsplätzen, die in der Landwirtschaft knapp 200 000 betra­gen, in den vor- und nachgelagerten Bereichen sind es mindestens so viele, wenn nicht doppelt so viele. Wir reden von Lebensmitteln. Die Bauern sind in der Lage, Le­bensmittel in hoher Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen, und die Versorgungssouveränität und die Versorgungssicherheit sind sicherlich für die Zukunft zwei wichtige Dinge, für deren Bestand wir sorgen sollten. Wir reden auch von einem Lebensraum mit Lebensqualität, und da sind wieder unsere Bauern dafür ver­antwortlich, dass wir das haben.

Ich freue mich, dass sich eigentlich alle Fraktionen, wie ihren Wortmeldungen zu ent­nehmen ist, um die Bauern bemühen. Mir ist es allerdings wichtig, dass alle auch da­nach handeln, und da ist nicht unbedingt immer eine Einigkeit zu erzielen. Eine flä­chendeckende Bewirtschaftung durch bäuerliche Familienbetriebe ist das Ziel der Ös­terreichischen Volkspartei, und dazu ist es notwendig, dass die Bauern ein Einkommen erwirtschaften können. Es ist vom Kollegen Doppler schon angesprochen worden, dass 8 Milliarden € in etwa die Wertschöpfung ist. Mehr als 50 Prozent davon gehen wieder in die Wirtschaft, werden wieder investiert. Ich darf auch bestätigen, dass die Einkommensentwicklung im letzten Jahr – der Bericht 2011 behandelt das Jahr 2010 – doch erfreulich war. Es gab ein Plus von 20 Prozent. Allerdings muss man auch da der Objektivität halber dazusagen, dass man einen längerfristigen Vergleich machen muss, denn das Jahr 2009 war ein sehr, sehr schlechtes Jahr.

Das muss man dazusagen. Wir sind derzeit auf einem Niveau, das durchaus noch ver­besserungsfähig ist, das nicht an andere Berufsgruppen herankommt, aber innerhalb der Landwirtschaft europaweit durchaus dem Vergleich standhält.

Agrarpreise sind wichtig. Direktzahlungen und Entgelte werden wir für die österreichi­sche Bauern auch in der Zukunft brauchen, weil wir nicht die guten Produktionsbedin­gungen haben, wie sie andere Länder Europas haben. Hinzu kommt noch, dass wir den Bauern nicht zu viel Bürokratie vorgeben sollten, sondern einfache Regelungen sollten in der Zukunft vermehrt Platz greifen.

Ich bedanke mich bei den Bäuerinnen und bei den Bauern, und ich glaube, dass wir diesen Bericht so zur Kenntnis nehmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Linder. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.20.13

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Der Grüne Bericht stellt wirklich ein imposantes Zahlenwerk dar mit vielen Informationen, mit viel Inhalt. Natürlich kann ich die aus­schließlich positive Sichtweise des Kollegen Eßl nicht ganz teilen, und ich bin sogar ein bissel irritiert, dass einer der höchsten Kammervertreter diesen Bericht so positiv sieht und nur die positiven Aspekte herausgreift.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 206

Es ist richtig, plus 20 Prozent bei den Einkommen hört sich gut an. Schauen wir jedoch ein bisschen mehr in die Tiefe: Mit diesem Plus von 20 Prozent liegen wir noch immer unter dem Einkommen von 2007. In einer Zeit, in der jeder sagt, dass die Inflationsab­geltung in jedem Einkommen drinnen sein muss, reden wir heute von einem Ergebnis, das unter dem von 2007 liegt. (Abg. Eßl: Das hab ich erwähnt!) – Ja, aber nur so ne­benbei und nicht wirklich deutlich angesprochen. Du hast das so schön umschrieben. Tatsache ist jedoch, dass wir darunter liegen.

Was mich auch sehr irritiert, ist, dass der Abstand zwischen den Einkommen der her­kömmlichen Talbauern und jener der Bergbauern noch weiter auseinandergedriftet ist. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir weiterhin diese kleinstrukturierte Landwirtschaft haben wollen mit all ihrer Vielfalt, mit Flächenbewirtschaftung, oder ob wir sagen, dass die Bergbauern und die Berggebiete für uns uninteressant sind.

Auch wenn wir, wie du sagst, eine gesunkene Zahl von Arbeitsplätzen haben, tut mir das weh. Wenn wir im Vergleich der EU-27 nur an 15. Stelle liegen bei den Einkom­men pro Arbeitskraft, irritiert mich das ebenfalls, dass man da nicht noch mehr den Fin­ger draufhält und sagt: Es ist uns wichtig, dass wir in diesem Bereich noch mehr helfen und den Betroffenen besser zur Seite stehen!

Richtig ist: Der Strukturwandel passiert, er geht vor sich, und trotzdem können wir nicht einfach darüber hinweggehen und sagen: Na ja, in Bayern sind noch weniger Bauern, und wir wollen denen auch helfen! Wenn wir uns dazu bekennen, müssen wir insge­samt zur Vielfalt der Bauernwirtschaft stehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein bissel irritiert haben mich heute Pressemeldungen zum Thema Schuldenbremse, in denen schon ganz unverblümt die Landwirtschaftsförderungen als Pfand zum Ab­tausch gegen Einsparungen bei den ÖBB gehandelt werden. Und ich hoffe, liebe Bau­ernbundvertreter, dass ihr wirklich zu den Bauern steht, und nicht so wie du heute, lie­ber Kollege Eßl, einen Bericht, der sehr ernste Probleme aufzeigt, schönredest und versuchst, den Problemen auszuweichen.

Unsere Bauern haben es nicht verdient, als Tauschobjekt behandelt zu werden. Es ist ganz wichtig, dass wir die Bürokratie eindämmen und dass wir durch die Festlegung von Förderobergrenzen das vorhandene Geld anders verteilen. Es wird nicht mehr Geld geben, aber ein Transfer der öffentlichen Gelder von den großen Betrieben hin zu den kleinen, um denen mehr Sicherheit zu geben, damit sie auch über das Jahr 2014 hinaus in der Landwirtschaft verbleiben, könnte dazu führen, dass wir dann einen Grü­nen Bericht bekommen, der ein rundum positives Bild zeichnet und nicht mehr um­schrieben zu werden braucht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordne-
ten Markowitz und Grosz.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


19.23.19

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Grüne Bericht analysiert, so denke ich, sehr schön die Stärken und Schwächen der österreichischen Landwirtschaft. Posi­tiv zu vermerken ist schon vor allem, dass, wie im letzten Bericht verzeichnet, eine Ein­kommenssteigerung von plus 20 Prozent gegeben ist (Abg. Huber: Herr Kollege, das ist das Niveau von 2008!), und positiv ist auch, dass die Zahl der Bio-Betriebe zu­nimmt, und zwar genau dort, wo wir es eigentlich nicht so erwartet hätten: Bis zu 75 Pro­zent der Bio-Betriebe sind Bergbauernbetriebe.

Als negativ vermerkt ist im Grünen Bericht auch ganz klar, dass die Einkommensunter­schiede zwischen Betrieben unterschiedlicher Größenordnung nach wie vor sehr ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 207

wichtig sind. An Negativem zeigt der Grüne Bericht auch auf, dass die Einkommens­schere zwischen den verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebsarten weiter ausein­andergeht. Wenn man plus 44 Prozent Einkommen bei den Marktfruchtbetrieben fest­stellt und minus 4 Prozent Einkommen bei Bergbauernbetrieben in extremen Lagen hat, dann denke ich sehr wohl, dass da Handlungsbedarf gegeben ist.

Es ist nicht Art der SPÖ, unsere Kollegen von der ÖVP, Funktionäre der Landwirtschaft zu kritisieren, sondern ich gehe eher davon aus, dass wir jetzt vielleicht die Chance ha­ben, einen neuen Weg zu beschreiten. Die Vorschläge der SPÖ, die Ihnen ja allen be­kannt sind, gehen dahin, für neue Strukturen, für neue Richtlinien der Förderpolitik in der Landwirtschaft einzutreten. Wir sind dazu jedenfalls gerne bereit, und ich hoffe, dass sich die Legislative vonseiten der beiden Regierungsparteien ÖVP und SPÖ hier zusammenrauft und wir neue Wege finden. Ich lade jedenfalls recht herzlich dazu ein und würde mich freuen, mit Kollegen Auer auch in dieser Hinsicht einen Fortschritt zu erzielen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vock. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.25.27

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Mein Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der Grüne Bericht ist natürlich ein sehr gutes Zahlenkonvolut, eine schöne Übersicht. Ich habe mir einige Zahlen zum Tierschutz angeschaut, die mich als Tierschutzspre­cher interessieren, und bin dann gleich einmal draufgekommen, Herr Minister, dass ein paar Zahlen komplett falsch sind. Ich hoffe, dass das zufällig gerade nur die Zahlen sind, die ich gesucht habe, und dass sich das nicht durch den ganzen Bericht wie ein roter Faden durchzieht, dass immer wieder falsche Zahlen dabei sind.

Ich habe mir zum Beispiel die durchschnittliche Rinderzahl je Halter angeschaut. Da steht im Bericht 25,9 Rinder. Bei 2 Millionen Rindern und 71 000 Haltern bin ich auf ei­ne Zahl von 28,1 gekommen. Viel mehr ist mir aber aufgefallen, dass von durchschnitt­lich 71,1 Schweinen pro Halter gesprochen wurde. Bei 3,1 Millionen Schweinen und 30 000 Haltern hätte man vor PISA – ich meine, jetzt mit den Ergebnissen der PISA-Studien vor Augen ist das natürlich schon schwieriger – sofort gesagt, da muss eine Zahl um die 100 herauskommen; genau sind es 101,7 statt 71. Und ich finde, es ist schon ein Unterschied, ob ich 71 Schweine oder 100 Schweine pro Halter habe. Das ist schon ein deutlich größerer Betrieb. Und das im Durchschnitt, bitte!

Daher weiß ich auch nicht, wie weit der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch stimmt. Das habe ich mangels genauer Zahlen nicht nachgerechnet. Es ist jedoch interessant, dass der seit Jahren nahezu unverändert ist. Wir haben Rindfleisch mit 18,3 Kilogramm pro Kopf, Schweinefleisch mit 56,8 Kilogramm pro Kopf, Geflügel 20,1 Kilogramm pro Kopf und Milch 91,4 Kilogramm pro Kopf pro Jahr.

Kollegen von mir – Kollege Doppler und Kollege Linder – haben bereits darauf hinge­wiesen, dass die Zahlen, was die Verringerung der Zahl der Bauern betrifft, erschre­ckend sind. Die Zahl der Rinderhalter ist von 2006 bis 2010 von 80 161 auf 71 563 zu­rückgegangen; es hat also jeder zehnte Hof zugesperrt. Bei den Schweinhaltern waren es 2006 45 036, 2010 30 805 – da hat jeder dritte Hof zugesperrt. Deswegen ist auch die durchschnittliche Zahl der Schweine pro Halter deutlich gestiegen. Wenn wir hier das sagen  (Abg. Huber: Was heißt Schweinehalter?) – Es geht um Schweine pro Halter. Es geht darum, wie viele Schweine jeder einzelne Halter durchschnittlich hat, ob er einen Kleinbauernhof mit fünf Schweinen hat oder einen Bauernhof mit hundert Schweinen, Herr Kollege. Das ist ganz einfach zu erklären.

Wenn ich dann in der Diskussion über die Kastenstandhaltung höre, dass das Verbot der Kastenstandhaltung die Schweinebauern gefährdet, dann muss ich sagen: Herr Mi-


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nister, Sie gefährden jetzt schon unsere Schweinebauern! Bereits jetzt sperrt jeder dritte Hof zu – und das noch vor Beginn der Diskussion um die Kastenstandhaltung.

Da frage ich mich schon: Was tun Sie als Minister aktiv gegen dieses Bauernsterben? Ich merke nur, dass Sie zum Beispiel in der Diskussion um die Kastenstandhaltung jegliches Gespräch mit dem Gesundheitsminister verweigern. Sie setzen sich für Ihre Bauern nicht ein, und ich nehme an, dass das auch in anderen Bereichen so ist.

Herr Minister! Ich fordere Sie daher auf, endlich Maßnahmen zu ergreifen, die unseren Bauernstand schützen. Wir können mit der EU-Massentierhaltung nicht weiter mithal­ten, das beweisen die vorgelegten Zahlen. Nur qualitativ hochwertige Produktion unter Berücksichtigung des Tierschutzes rechtfertigt höhere Preise und hilft unseren Bauern, höhere Erträge zu erwirtschaften. (Beifall bei der FPÖ.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.29.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden dem Grünen Bericht 2011 unsere Zustimmung geben. Der Bericht ist sehr umfangreich, wie jedes Jahr. Wir werden ihm explizit auch deswe­gen zustimmen, weil man aus den darin enthaltenen Analysen eigentlich ausreichend ableiten kann, was notwendig wäre, um die österreichische Landwirtschaft voranzu­bringen.

Einige Aspekte hat Kollege Vock, einige haben die anderen Vorredner bereits erwähnt. Die große Herausforderung besteht darin, dass die Landwirtschaft unter den Sektoren der Volkswirtschaft einer der extrem schrumpfenden Bereiche ist.

Extrem schrumpfend! Warum? – Weil die Politik nicht bereit ist, die Vorzüge einer kleinbäuerlichen Familienlandwirtschaft ernsthaft in den Mittelpunkt der Agrarpolitik zu stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist im Prinzip die Analyse, die man anstellen muss, wenn man jahrelang diesen Grünen Bericht verfolgt hat. Schauen Sie sich die Ist-Situation an: 40 Prozent der Landwirte sind derzeit im Haupterwerb, das heißt Vollerwerbsbetriebe und solche, die einen Zuerwerb nur in einem bestimmtem Ausmaß haben. Bei 60 Prozent aller Betrie­be geht der Betriebsleiter, die Betriebsleiterin in die Arbeit, kommt heim, zieht sich um, geht hinaus in den Stall, geht aufs Feld, geht arbeiten, Samstag, Sonntag, am Abend. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Das ist heute Realität in der österreichischen Landwirtschaft! Und das sind 60 Prozent der Betriebe.

Auch im Biolandbau, obwohl wir da sehr professionelle Betriebe haben, keine Frage, und im Durchschnitt sogar auch etwas größere Betriebe, ist die Situation nicht viel an­ders. Wir sind zweifelsfrei Europameister, das stimmt, da hat der Herr Bundesminister nicht unrecht. Das hat bestimmte historische Gründe, positive Gründe. Einerseits ha­ben wir eine alpine Landwirtschaft, die selbstverständlich anders angepasst an das Kli­ma und anders angepasst an die natürlichen Verhältnisse ist. Anderseits ist dies na­türlich auf die Agrarpolitik zurückzuführen, die in diesem Fall beim damaligen Vize­kanzler Riegler ihren Ausgang genommen hat, der Landwirtschaftsminister war, der damals ganz entschieden massiv Dinge gemacht hat, über die heute die gesamten Landwirtschaftskammern toben und schreien.

Minister Riegler hat damals zum Beispiel eine Düngemittelabgabe eingeführt, eine Maissaatgutabgabe eingeführt und eine Pestizidsteuer angedacht. All das sind Dinge, die richtig sind und ökologische Steuerungselemente darstellen, die aber heute von den


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Landwirtschaftskammern nicht einmal angedacht, nicht einmal vorausgeplant werden. Nein, sie laufen derzeit Sturm gegen das sogenannte Greening der Europäischen Ag­rarpolitik. Das ist lächerlich! Das ist furchtbar lächerlich und traurig, dass bei einer Landwirtschaft mit 20 Prozent Biofläche die Landwirtschafts-, die Agrarvertreter nichts anderes zu tun wissen, als die Ökologisierungsmaßnahmen der Europäischen Union in Bausch und Bogen abzulehnen. Das ist schwach, meine Kollegen von der ÖVP! Das ist sogar sehr schwach! Und ich würde Sie wirklich ersuchen, darüber nachzudenken.

Wenn Sie die Analyse des Grünen Berichts durchdenken, dann werden Sie sehen, dass es zwingend und notwendig ist, unsere Strategien auf Europa zu übertragen und in Europa durchzusetzen anstatt zu sagen, Europa darf auf keinen Fall eine ökologi­schere Agrarpolitik machen, denn da könnten wir ja nicht mehr Vorreiter sein. Ich weiß auch nicht, welche Ängste da die ÖVP reiten.

Das Dramatischste ist aber, wie gesagt, die Einkommenssituation. Da schwanken na­türlich die Jahresergebnisse. Die Volatilität auf den Märkten muss man anerkennen. Das ist ein äußerst komplexer Prozess, und da brauchen wir Sicherheit in der Agrar­politik. Wir brauchen also nicht Deregulierung der Agrarmärkte in Europa, sondern wir bräuchten eine sinnvolle, eine durchdachte Marktpolitik, die einen Rahmen abgibt, da­mit Landwirte, aber auch die KonsumentInnen von Ernährungssicherheit nicht nur in Sonntagsreden und bei entsprechenden Messen und Veranstaltungen hören, sondern damit das auch erlebbar wird und die Bäuerinnen und Bauern auch sehen, dass sie preismäßig nicht die Letzten in der Kette sind, nicht die Letzten, die die Hunde beißen.

Derzeit ist es so, dass die Bäuerinnen und Bauern keine ordentlichen Preise bekom­men. Die Konsumenten können auch nicht nachvollziehen, wo das Geld, das sie für die Lebensmittel ausgeben, wirklich hingeht. Es versickert in allen möglichen Kanälen.

Kollege Auer, auch das werden wir und sollten wir ausführlich im Rahmen der nächs­ten Beratungen der Agrarausschüsse besprechen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen vorausschauend einmal sagen, dass ich davon ausgehe, dass Sie Kollegen Gril­litsch auch im Ausschuss beerben werden. Ich hoffe, wir werden das konstruktiv dis­kutieren. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Kollegen Grillitsch von diesem Platz aus baldige Besserung wünschen. Unabhängig von den politischen Sträußen, die wir im­mer wieder ausgefochten haben, wünsche ich ihm eine baldige Genesung. (Allgemei­ner Beifall.)

Herr Bundesminister, wenn wir uns die Herausforderungen für die österreichische Landwirtschaft, vor denen wir stehen, vornehmen und gemeinsam vielleicht den einen oder anderen Punkt anschauen, dann, muss ich sagen, bin ich zum Beispiel bei dem, was die Käfighaltung und die Probleme bei der Produktion von Lebensmitteln, die Eier enthalten, und was die Kennzeichnungsproblematik betrifft, durchaus bei Ihnen. Es ist positiv, wenn Sie die Diskussionen, die wir hier im Haus schon länger geführt haben, aufgreifen, nämlich dass Eier in verarbeiteten Produkten derzeit nicht gekennzeichnet werden müssen, dass solche Produkte ein massives Dumping für die Produktion ver­ursachen, nämlich für jene Bäuerinnen und Bauern, die artgerecht produzieren, die Ei­er in Freilandhaltung in Österreich produzieren, die für die Konsumenten an und für sich positiv und akzeptabel sind.

Daher bringe ich den Entschließungsantrag betreffend Kennzeichnungspflicht für ver­arbeitete Eier ein.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zur Be­schlussfassung zuzuleiten, in der die rechtlichen Bestimmungen zur Lebensmittelkenn­zeichnung dahingehend geändert werden, dass Angaben zur Haltungsform der Lege-


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hennen bei allen Lebensmitteln, die Ei als Zutat enthalten und in der Gastronomie an­geboten werden, verpflichtend angegeben werden müssen.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um ab 1. Januar 2012 ein striktes Importverbot für Eier aus jenen EU-Staaten durchzusetzen, welche das Käfighaltungsverbot noch nicht umgesetzt haben.

Ferner wird die Bundesregierung aufgefordert, auf EU-Ebene Initiativen zu ergreifen, damit die EU-weite Kennzeichnungspflicht für Eier auf eierhaltige Produkte jeder Art ausgedehnt wird, sowie die Öffentlichkeitsarbeit über artgerechte Tierhaltung und de­ren Kennzeichnung zu fördern und zu stärken.“

*****

Herr Bundesminister Berlakovich hat ja in einer der letzten Sitzungen des Agrarminis­terrates, weil die Mitgliedstaaten säumig sind, zu Recht urgiert, dass die Käfighaltung eigentlich auslaufen müsste, mit 1. Jänner 2012 überhaupt nur mehr ausgestaltete Kä­fige zugelassen sind, andere Mitgliedstaaten das aber noch nicht umgesetzt haben.

Daher: Geben Sie sich einen Ruck! Wir könnten den Herrn Bundesminister und auch den zuständigen Minister Stöger unterstützen, der das natürlich im Detail verhandeln muss, denn fachlich, sachlich ist er natürlich in Österreich für diesen Bereich zuständig.

Ich hoffe auf Ihre Unterstützung. In diesem Sinne wäre das eine gute Gelegenheit, ein­mal zu zeigen, dass wir mit einer Zunge sprechen können, wenn es darum geht, wirk­lich mit einem ganz klaren Antrag die notwendigen Schritte zu setzen, damit die öster­reichische Landwirtschaft auch eine Zukunft hat. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen.)

19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend un­terstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier eingebracht im Zuge der De­batte zu TO 9: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2011 der Bundesregierung (III-274/1419 d.B.)

Begründung

Ab 1. Jänner 2012 ist in der EU die Haltung von Legehennen in nicht ausgestalteten Käfigen verboten. Einige EU-Mitgliedstaaten werden die Frist des Verbots von Lege­batterien zum 31. Dezember 2011 nicht einhalten.

In Österreich ist seit 1. Jänner 2009 die Haltung von Legehennen in konventionellen Käfigen untersagt. Diese Vorreiterrolle bot die Chance, die KonsumentInnen zum Kauf von tierschonenden österreichischen Produkten zu bewegen. Die Bewusstseinsbildung bei den KonsumentInnen – hin zur artgerechten Tierhaltung, zu heimischen Produkten und in weiterer Folge zum Erhalt einer kleinstrukturierten Landwirtschaft – ist ein wich­tiger Faktor für die Kaufentscheidung.

Beim Einzel-Ei wird über die Kennzeichnung durchgängig über Herkunft und Haltungs­form informiert (EU-VO 557/2007): Auf jedem Ei befindet sich eine Identifikationsnum-


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mer, die Informationen zu Haltungsform und Herkunft gibt und eine komplette Rückver­folgbarkeit bis zum Legebetrieb gewährleistet. Die Code-Nummer auf dem Ei steht für das Haltungssystem (0=Bio-Freilandhaltung, 1=konventionelle Freilandhaltung, 2=Bo­denhaltung, 3=Käfighaltung) – Herkunftsland (AT=Österreich) und die Herkunft (Lege­betrieb mit Stallnummer; z.B. 0-AT-1234567 steht auf einem Bio-Ei aus Österreich, vom Legebetrieb mit der Nummer 1234567).

Für Produkte, in denen Eier weiterverarbeitet wurden (z.B. Nudeln, Kuchen, Kekse, Backmischungen) sowie in der Gastronomie gibt es diese Kennzeichnungspflicht nicht. Die KonsumentInnen können daher nicht erkennen, ob diese Produkte Eier aus Käfig-, Boden- oder Freilandhaltung enthalten. Dies ist insofern von Bedeutung, als zwei Drit­tel der verwendeten Eier über Produkte wie Mehlspeisen, Mayonnaise oder Nudeln konsumiert werden.

Derzeit sind die KonsumentInnen in diesem Bereich auf eine freiwillige Kennzeichnung angewiesen. Heimische Bäuerinnen und Bauern befürchten, dass die Eierverarbei­tungsindustrie billigere Eier aus dem Ausland beziehen könnte, anstatt österreichische, tierfreundlicher produzierte Eier aus Boden-oder Freilandhaltung zu verwenden. Eine Kennzeichnungspflicht nach Herkunft und Haltungsform gibt sowohl den Konsumen­tInnen die Möglichkeit, sich für Produkte zu entscheiden, die den Grundsätzen des Tierschutzes entsprechen, als auch den heimischen Bäuerinnen und Bauern die Mög­lichkeit, ihre tierschutzfreundlicher produzierten Eier entsprechend zu vermarkten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zur Be­schlussfassung zuzuleiten, in der die rechtlichen Bestimmungen zur Lebensmittelkenn­zeichnung dahingehend geändert werden, dass Angaben zur Haltungsform der Lege­hennen bei allen Lebensmitteln, die Ei als Zutat enthalten und in der Gastronomie an­geboten werden, verpflichtend angegeben werden müssen.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um ab 1. Januar 2012 ein striktes Importverbot für Eier aus jenen EU-Staaten durchzusetzen, welche das Käfighaltungsverbot noch nicht umgesetzt haben.

Ferner wird die Bundesregierung aufgefordert, auf EU-Ebene Initiativen zu ergreifen, damit die EU-weite Kennzeichnungspflicht für Eier auf eierhaltige Produkte jeder Art ausgedehnt wird sowie die Öffentlichkeitsarbeit über artgerechte Tierhaltung und deren Kennzeichnung zu fördern und zu stärken.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 3 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.37.07

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Den Grünen Bericht 2010 diskutieren wir heute, und da feiert sich die ÖVP als der große Sieger. Und der Bundesminister feiert sich selbst mit der Begründung, das Einkommen sei gestiegen. Die Realität ist vielmehr die: Wir haben 2010 ein Einkom­men, das dem Einkommen von 2008 entspricht.

Stellen wir uns bitte einmal vor, irgendein Gewerkschaftspräsident würde verkünden, dass die Lohnerhöhung das Niveau von 2008 erreicht. Das ist de facto eine Kürzung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 212

Und dann geht er noch her und feiert sich selbst als der große Sieger. Ich glaube, lang wird sich das die Bauernschaft nicht mehr gefallen lassen, denn, Herr Bundesminister, die ÖVP ist ja wirklich bereits Jahrzehnte in der Agrarpolitik führend und die Rahmen­bedingungen müssen schon wir schaffen.

Der Kollege Präsident der Landwirtschaftskammer Salzburg hat gesagt, das sei ein Nachschlagewerk über Jahrzehnte. Schauen wir einmal ein bisschen dahinter! 1983 hat der Bauer für einen Festmeter Holz 1 400 S bekommen. Im Vergleich dazu hat eine Holzarbeiterstunde 42 S gekostet, und für einen Liter Milch hat er 7,50 S bekommen. 1983! Heute bekommt der Landwirt 100 €, also in etwa dasselbe wie 1983. Für einen Liter Milch bekommt er umgerechnet auf Schilling 5,20, nämlich 37 Cent. Und dann geht die Politik noch her und sagt, das sei ein großer Erfolg! – Das ist die ÖVP-Politik!

Ihr lernt auch nichts daraus, wenn jedes Jahr Tausende Bauern die Pforten schließen, wenn Existenzen vernichtet werden, wenn der Arbeitsmarkt dadurch belastet wird. Ihr lernt überhaupt nichts daraus! Ihr seid nicht bereit, endlich einmal Schritte zu setzen, wozu es von uns schon viele Anträge gegeben hat, die in die richtige Richtung führen würden. Nein, da seid Ihr überall dagegen!

Und es kann nur eine konkrete Forderung geben: Der Landwirt muss endlich zum Un­ternehmer werden, und der Unternehmer Landwirt muss einen Wechsel erfahren. Es darf kein ÖVP- oder Raiffeisen-Bittsteller mehr sein, sondern muss ein selbständiger Unternehmer sein, der von seiner Produktion leben kann. (Beifall beim BZÖ.)

Der Landwirt muss neben der Agrarproduktion, der Garantie, dass die Bevölkerung mit frischen, gesunden Lebensmitteln versorgt wird, auch Energie produzieren können. Und der Landwirt ist auch zuständig für die Landschaftspflege und für den Zivilschutz. Aber nein, was macht die ÖVP? – Die ÖVP geht her und fordert massiv Spekulationen! Ein Beispiel dafür: Die Österreichische Volksbanken-AG macht eine OTS und garan­tiert jedem Anleger 160 Prozent Rendite, wenn er auf den Agrarrohstoff  (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Es steht wortwörtlich hier „Garant“. Garant ist übrigens eine Raiff­eisenfirma, ein Unternehmen der Raiffeisengruppe, aber vermarktet wird es von der Volksbank. Da heißt es: Bei uns können Investoren reiche Ernte einfahren! – Das ist die Politik der ÖVP: reine Bankenförderung, Spekulationen und Abzocken und damit eine Gefährdung des ländlichen Raumes und der Bauern! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

An der Existenzgefährdung seid nur ihr von der ÖVP schuld. Wenn es uns nicht ge­lingt, endlich die Produktion zu steigern, dann hat die Landwirtschaft wirklich eine düs­tere Zukunft vor sich. Denn was geht auch aus dem Grünen Bericht eindeutig hervor: Wir importieren heute dank der Federführung durch die ÖVP zwei Millionen lebende Schweine jedes Jahr und 100 000 Rinder. Wir sind in Österreich nicht mehr autark bei der Nahrungsmittelversorgung, wir sind nicht mehr in der Lage, uns selbst zu ernähren. Das ist ein Faktum!

Aber was macht die ÖVP? – Die ÖVP fördert den Import von gentechnisch verseuch­ten Futtermitteln, fördert extrem die Spekulation, vertreten durch Raiffeisen, wechselt Leute, die sich in der Agrarpolitik auskennen, aus, damit Raiffeisen noch stärker an die Macht kommt. Das alles sind Schritte, die die Bauern nicht mehr tolerieren werden.

Und was macht man in Tirol? – In Tirol werden Tausende private Liegenschaftseigen­tümer enteignet – federführend durch die ÖVP! Die ÖVP sagt, da gibt es Erkenntnisse, die der Verfassungsgerichtshof getroffen hat. Obwohl auch im Urteil steht, dass die Be­sitzverhältnisse nie geklärt wurden, sagt der Tiroler Landeshauptmann Platter, dass diese Enteignungen auf Punkt und Beistrich durchgeführt werden. Das Ganze ist nur entstanden auf Grund eines Irrtums, weil es eine Namensverwechslung gegeben hat. Früher – ich will jetzt nicht zu weit in die Geschichte zurückgehen – hat es die Agrar-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 213

gemeinden gegeben. Die hat es schon lange vor der ersten politischen Gemeinde ge­geben. 1847 waren es die Tiroler Bauern, die sich gegen die Obrigkeit aufgelehnt ha­ben und dadurch von den Fürsten den Besitz erworben haben. 1869 wurde die erste politische Gemeinde in Tirol namentlich erwähnt. – Auch gegen diese Sauerei werden wir uns einsetzen! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, schaffen Sie bitte endlich gerechte Rahmenbedingungen, damit wir in Österreich zu gleichen Bedingungen produzieren können wie im gesamten EU-Nachbarland. In Italien zum Beispiel ist der Agrar-Diesel von der Mineralölsteuer be­freit. Setzen Sie sich endlich ein, gehen Sie bei unseren Anträgen mit, wo wir fordern, dass die Landwirtschaft endlich gerechte Voraussetzungen bekommt, damit sie auf dem europäischen Markt mitmischen kann, und sorgen Sie dafür, dass Österreich end­lich einmal der Feinkostladen Europas wird! Das hängt einzig und allein davon ab, ob Sie Ihre Blockade-Politik weiterführen. Hören Sie endlich auf damit!

Neuer Herr Bauernbund-Obmann, ich hoffe, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten werden, damit wirklich die Landwirtschaft nach vorne gebracht wird! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

19.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.43.58

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Huber, Österreich ist ein Feinkostladen! Wir exportieren mehr Lebensmittel in die Schweiz, als wir aus der Schweiz nach Österreich importieren (Abg. Huber: Weil wir es subventionieren!), und wir exportieren mehr Lebensmittel nach Italien, als wir aus Italien importieren – beides Länder, die für ihre hohe Qualität bekannt sind und wo der österreichische Agrarsektor plus der Lebensmittelindustrie er­folgreich die Märkte bewirtschaftet. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir diskutieren heute den 52. Grünen Bericht, und mein Dank gilt auf jeden Fall den bäuerlichen Betrieben, die dafür Daten liefern, und auch den Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern meines Hauses für die gewissenhafte Erstellung.

Erfreulich ist, dass das Einkommen – und die Bauern sind Unternehmer, das zeigt auch die Volatilität dieser Einkommen – um 20 Prozent zugelegt hat. Im Vorjahr gab es allerdings ein Minus von 28 Prozent. Daher wurde dieses Plus an Einkommen nicht kompensiert durch die Jahre 2007 und 2008, wo das Einkommensniveau ein etwas hö­heres war. Da sieht man, wie schwankend die Einkommen sind und wie wichtig es ist, dass es Sicherheitsnetze gibt.

Im Übrigen ist es so, dass die Aufwendungen gestiegen sind. Bei Futtermittel, Saatgut und Pflanzenschutzmittel gibt es einen Anstieg, daher halte ich nichts von dem, was der Herr Abgeordnete Pirklhuber gesagt hat, nämlich dass man die Betriebsmittel mit Abgaben belastet, denn das würde die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe noch negativer darstellen, noch mehr verschlechtern. Es ist wichtig, dass die Betriebe produ­zieren können, und daher ist es erforderlich, dass sie nicht durch Abgaben belastet, sondern von diesen entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Übrigen ist es auch so, dass es den Strukturwandel in der Landwirtschaft immer ge­geben hat. Herr Abgeordneter Vock, ich ersuche Sie, die Zahlen richtig zu interpretie­ren. Es ist in manchen Statistiken von Stückzahlen die Rede, in manchen Statistiken von Großvieheinheiten. Ich bitte, das nicht zu verwechseln. Großvieheinheiten sind ein standardisierter Wert, wo man ein Rind, ein Schwein, ein Huhn standardisieren kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 214

Ich bitte nochmals um die richtige Interpretation. Die Zahlen des Grünen Berichts sind nicht falsch, aber es wird auch auf Großvieheinheiten verwiesen, und da ist ein anderer Umrechnungsfaktor.

Wie schon gesagt: Den Strukturwandel hat es immer schon in der Landwirtschaft gege­ben, das hat auch nie jemand abgestritten. Interessanterweise ist der Strukturwandel im Ackerbaugebiet stärker als im Berggebiet. Er hat sich aber im Vergleich zu den siebziger Jahren halbiert. Das heißt, die Agrarpolitik hat schon den Effekt gehabt, dass Betriebe ein Auskommen haben und weiter wirtschaften können. Aber es wird auch in Zukunft passieren, dass Betriebe schließen, dass manche sagen, sie wollen nicht mehr, und dass zwangsläufig manche immer größer werden, weil die Marktverhältnisse so sind.

Daher ist es wichtig, dass im Zuge der Agrarreform der Gemeinsamen Agrarpolitik da­rauf geschaut wird, dass die Rahmenbedingungen auch ab 2014 entsprechend pas­sen. Wir hatten gestern einen Agrarministerrat, wo wir einzelne Themenbereiche disku­tiert haben. Herr Abgeordneter Pirklhuber, noch einmal: Österreich kritisiert nicht, dass die Gemeinsame Agrarpolitik ökologischer werden soll. Im Gegenteil: Wir sagen, ja, die Agrarpolitik soll ökologischer werden, so wie es Österreich seit dem EU-Beitritt bereits praktiziert. Wir wollen unseren Weg einer ökologischen, nachhaltigen Landwirtschaft fortsetzen, und auch Europa muss dem folgen.

Was wir allerdings kritisieren, ist die Ausgestaltung des Greenings, und da ist Öster­reich nicht allein. Gestern war das auch ein Gegenstand der Debatte. Die westeuro­päischen, die mittel- und auch die osteuropäischen Länder sagen, wenn das Greening so kommt, wie es die Kommission vorhat, dann hat das eine unglaubliche Bürokratie zur Folge, die niemand haben will. Die Bauern lehnen das ab und sagen, es ist schon viel zu viel Bürokratie da. Und wenn das Realität wird, dann kann das niemand kontrol­lieren. Das ist der Hauptkritikpunkt, der sich quer durch alle politischen Gruppierungen auf der europäischen Ebene zieht. Es ist niemand gegen die Ökologisierung der Land­wirtschaft, aber die Ausgestaltung ist es, gegen die man sich wendet. Da hat Öster­reich schon Vorschläge gemacht, zum Beispiel anstatt der einzelnen Komponenten des Greenings eine ökologisierte Basisprämie und, und, und.

Nächster wichtiger Punkt: Es kommen Meldungen aus Brüssel, dass bei der Agrarpoli­tik alles in Ordnung ist und dass Österreich nicht viel verliert. Leider ist dem nicht so, das muss man ganz klar sagen! Da ist noch sehr viel politischer Kampf notwendig, denn in der ersten Säule gibt es ein leichtes Minus der Agrarpolitik, was auch nicht ver­tretbar ist, und in der zweiten Säule ist überhaupt noch nicht sicher, wie viel Geld Ös­terreich und die einzelnen Mitgliedstaaten bekommen – also die zweite Säule mit un­serem Umweltprogramm, Bergbauernprogramm, Investitions- und LEADER-Programm. Das Programm Ländliche Entwicklung ist das Herzstück der österreichischen Agrar­politik, und da bietet die EU drei Varianten an, wie man das Geld aufteilt, und bei all diesen Varianten würde Österreich verlieren. Das wollen wir nicht zulassen. Das will ich nicht zulassen und das wollen Teile Österreichs, wichtige Teile der Agrarpolitik nicht zulassen, weil wir eben diesen Weg weitergehen wollen.

Es muss so sein, dass bei einem Staat wie Österreich, der schon von Anbeginn an auf Ökologie gesetzt hat, das auch honoriert wird und er nicht bestraft wird. In diesem Wechselspiel befinden wir uns jetzt.

Das ist ein wichtiger Punkt, und das muss man den Bauern klar sagen. Wir müssen uns hier noch sehr anstrengen, um die Finanzierung der Agrarpolitik zu retten, aber auch die politische Ausgestaltung. Wir müssen schauen, dass hier nicht zusätzliche Auflagen kommen, die uns in der Produktion behindern. Wir wollen diesen Weg weiter­gehen. Es ist ein Faktum, dass wir trotz aller Behauptungen, die immer wieder aufge-


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stellt werden, eine bäuerliche Landwirtschaft haben, im Gegensatz zu anderen Län­dern in Europa, die in Großbetrieben Massentierhaltung haben, die wir nicht wollen.

Nun zum Budget. – Weil hier gesagt wurde, es gäbe einen Budgetabtausch – dort ÖBB, hier Landwirtschaft – zukünftig bei der Schuldenbremse, kann ich nur eines sa­gen: Die Landwirtschaft hat bei den letzten Budgets bewiesen, dass sie ihren Teil zur Budgetsanierung beiträgt. Wichtig war mir, dass die Programme für die Bauern wie Umweltprogramm und Bergbauernprogramm ausfinanziert sind, und trotzdem haben wir unseren Sparbeitrag geleistet.

Zu den Förderungen. – An den immer vom WIFO zitierten Förderungen von zirka 15 Milliarden € hat die Landwirtschaft einen Anteil von rund 4,5 Prozent. Ich betone: 4,5 Prozent von den 15 Milliarden €! Laut WIFO sind die Hauptförderempfänger das Gesundheitswesen, der Verkehrsbereich und die ÖBB. Lesen Sie nach beim WIFO!

Mir geht es darum, dass man alles ordentlich diskutiert, nicht ideologische Feindbilder aufbaut, wo man meint, etwas lukrieren zu können. Der Großteil der Gelder, den die Bauern bekommen, kommt direkt aus der EU. Und es war immer österreichische Poli­tik, dass wir das Geld aus der EU auch auslösen, was ein wichtiger Punkt ist.

Abschließend, weil wir es gestern diskutiert haben und weil es auch in die aktuelle Dis­kussion passt: Die EU hat ein Verbot der Käfighaltung für Legehennen ausgesprochen, das jetzt mit 1. Jänner 2012 wirksam wird. Österreich hat gesagt, wir wollen Vorreiter im Tierschutz sein, und hat mit 1. Jänner 2009 dieses Verbot realisiert. Auch viele För­dermittel – insgesamt 100 Millionen € – haben die Bauern da investiert, um umzustel­len. Siehe da, nur zehn Staaten in der Europäischen Union haben tatsächlich umge­stellt und 17 Staaten, mittel-, ost- und westeuropäische, nicht. So, und jetzt ist der Punkt der, dass wir in einem freien Markt leben und dass die Eier natürlich überall ge­handelt werden können. Es gab gestern den Versuch von vielen europäischen Staaten, die nicht umgestellt haben, hier Ausnahmen zu bekommen. Ich habe mich strikt dage­gen ausgesprochen, denn EU-Recht muss gelten, und mit 1. Jänner 2012 ist das daher umzustellen.

Warum sage ich das? – Weil wir aktuell eine Diskussion zum Ferkelschutzkorb führen und da ein ähnliches System diskutiert wird. Wenn wir österreichischerseits diese Auf­stallungssysteme abschaffen, haben wir nicht nur einen Nachteil in der Produktion, sondern bekommen aus Teilen Europas, die nicht umstellen, auch noch das Schweine­fleisch zu uns herein. Daher kämpfe ich dagegen an und erwarte mir, dass wir uns auf eine Lösung einigen, wo wir im Laufe der Jahre ein Aufstallungssystem neuerer Art entwickeln. Dazu stehen wir, das hat die Landwirtschaft auch angeboten. Aber ich bin nicht dafür, dass wir diese Aufstallungssysteme verbieten, der Rest der Europäischen Union es aber nicht macht und das Geschäft macht, weil er das Schweinefleisch zu uns exportiert.

Ich möchte auch eines klarstellen: Ich habe mich nie diesen Verhandlungen verweigert, ich habe mit dem Kollegen Stöger – und er weiß das auch, und er bestätigt es ja auch – mehrmals verhandelt, wir sind nur noch nicht zusammengekommen. Auch die Schweinewirtschaft hat Angebote gemacht, entgegenzukommen und einen gemein­samen Weg zu gehen. Ich hoffe, das wird zu einem guten Ende kommen.

Die Käfighaltung bei den Legehennen ist ein warnendes Beispiel: Das ist EU-Recht in einem Monat, und trotzdem haben 17 Staaten das nicht umgesetzt. Wir dürfen densel­ben Fehler nicht beim Ferkelschutzkorb bei den Schweinen machen: dass wir einseitig Zugeständnisse machen, und die anderen machen dann das Geschäft. (Beifall bei der ÖVP.)

19.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 216

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Praßl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.52.46

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Landwirtschaft hat sich im Jahr 2010 verbessert, Gott sei Dank verbessert. Wir haben in den Jahren davor Schwierigkeiten gehabt, aber das Wesentliche ist, dass sich die Landwirtschaft danach ausrichtet, wel­che Verbesserungen wir durchführen sollen, welche Verbesserungen wir machen sol­len.

Ich kann nur eines sagen, wenn ich mir die Bezirke Feldbach, Radkersburg und Fürs­tenfeld anschaue: Es gibt dort 88 Gemeinden, und dort gibt es fast 10 000 landwirt­schaftliche Betriebe. Und wenn man hört, dass so viele landwirtschaftliche Betriebe schließen, kann ich nur eines sagen: Wir hatten Betriebe mit 2 Hektar, 3 Hektar, und jetzt wurden diese Betriebe zusammengelegt. Nicht der Junge hat das übernommen, weil er einen anderen Beruf gehabt hat, sondern der Grund ist verpachtet worden, und dadurch ist eine Verbesserung eingetreten.

Warum hebe ich diese drei Bezirke hervor? – In diesen drei Bezirken werden zirka 60 verschiedene Produkte angebaut. Warum bauen die Bauern das an? – Weil die Konsumenten das wollen. Gott sei Dank gibt es so gute Konsumenten, die sagen, die­ses und jenes ist für uns sehr wichtig, das wollen wir haben. Und die Bauern bauen das an, und die können das auch sehr gut gestalten und weiterentwickeln.

Nun zu dem, was ich hier gehört habe, nämlich die Landwirtschaft sei von der ÖVP ab­hängig und, und, und. – Die Landwirtschaft ist von der ÖVP allein nicht abhängig, aber wir sind sehr froh, dass die ÖVP da ist und für die Landwirtschaft eintritt. Gott sei Dank! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Und zur Ausbildung möchte ich Folgendes sagen: In meinen Bezirken haben wir sehr gute Produkte, und wir haben auch eine sehr gute Ausbildung im Bereich der Landwirt­schaft, zum Beispiel in Hatzendorf. Nach Hatzendorf kommen Schülerinnen und Schü­ler aus ganz Österreich und lassen sich dort ausbilden. Gott sei Dank werden sie gut ausgebildet und können sich weiterbilden.

Wichtig ist auch die Beziehung zu anderen Landsleuten. Da hat man früher einmal ge­sagt, na das sind Ungarn, da braucht man gar nicht zu reden, die Gefahr ist da. – Um Gottes Willen, das ist keine Gefahr! Wenn ich nach Szombathely oder nach Körmend oder nach St. Gotthard fahre, dann erlebe ich, dass die mit uns gemeinsam bespre­chen wollen, was wir verbessern können, was wir anders machen können. Und das ist sehr, sehr gut. Ich habe da auch schon viele Schüler mitgenommen, und wir haben dort gute Gespräche über die Zukunft der Landwirtschaft geführt. Das tut der Landwirt­schaft gut, und das tut letztendlich auch den Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich gut. In diesem Sinne sage ich: Alles Gute für die Landwirtschaft! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Königsber­ger-Ludwig zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.54

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wir sind auch für die Sicherheit bei den Einkommen, das ist überhaupt keine Frage. Wir finden es auch gut, dass im Bericht ersichtlich ist, dass die Einkommen gestiegen sind, wissend, dass sie noch immer auf einem relativ niedrigen Niveau sind. Wir sind aber schon auch dafür, dass die Einkommen ziemlich gleich steigen sollen und nicht wieder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 217

Unterschiede bei den bäuerlichen Betrieben zutage kommen, noch dazu, wenn man bedenkt, dass 80 Prozent der bäuerlichen Einkommen auf Förderungen beruhen. Des­wegen muss man einfach schauen, dass die Verteilung stimmt, dass die Verteilung ge­rechter wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Huber.)

Das heißt nicht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass wir gegen Förderungen sind. Wir sind nicht gegen Ausgleichszahlungen, wie die Kollegen der ÖVP das immer sagen, wir anerkennen die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern natürlich, weil wir auch um den Stellenwert der Pflege unserer Kulturlandschaft wissen, die ein ganz wichtiges Gut in Österreich ist. Wir wissen auch um den Stellenwert von hochwertigen Nahrungsmitteln, und deswegen schätzen wir auch die wertvolle Arbeit der Bäuerinnen und Bauern.

Was wir aber wollen, ist eben, wie schon angesprochen, eine gerechtere Verteilung der Mittel, und da ist aus unserer Sicht noch sehr viel zu tun, Herr Minister. Und weil Sie politische Handlungsfelder ansprechen: Da ist gerade die Verteilungsgerechtigkeit ein ganz, ganz wichtiges politisches Handlungsfeld, wo man einfach tätig werden muss, nämlich innerösterreichisch, aber auch auf europäischer Ebene. Sie alle kennen die Zahlen: 35 Prozent der Betriebe erhalten rund 6 Prozent der Fördermittel, wobei die Höhe nur 2 083 € beträgt, und 3 Prozent der Betriebe am oberen Ende erhalten 17 Prozent der Förderungen, wo die Förderungshöhe 78 000 € beträgt. Das ist nicht gerecht! (Abg. Eßl: Was ist das für eine Förderung?) Eine Ausgleichszahlung; ich habe es ohnehin schon vorhin gesagt, Herr Kollege Eßl.

Und man muss sich einmal vorstellen: EU-weit bekommen 25 Prozent der größten Far­men zirka 74 Prozent der Fördermittel! Ich meine, Herr Minister, da gibt es politisches Handlungsfeld genug. Aus unserer Sicht ist das einfach nicht gerecht. Wir sind dafür, dass es Förderobergrenzen gibt, wir sind dafür, dass es Modulation gibt, und wir sind auch dafür, dass das Arbeitszeitmodell bei den Direktzahlungen eingerechnet wird.

Wenn bei der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik von Förderobergrenzen gesprochen wird, dann möchte ich daran erinnern, Herr Minister, dass man trotz allem den natio­nalen Spielraum einfach nützen muss, weil unsere Landwirtschaft anders strukturiert ist als die große industrielle Landwirtschaft in vielen europäischen Ländern. Diese Förder­obergrenzen, die jetzt angedacht sind, würden in Österreich nur 17 Betriebe betreffen, und deswegen muss man, davon bin ich überzeugt, einfach den nationalen Spielraum auch ein Stück nutzen.

Das ist, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, wirklich kein Klassen­kampf, sondern es geht einfach um Verteilungsgerechtigkeit. Obwohl die OECD viele Fortschritte in der Agrarpolitik anerkennt, hat die OECD geschrieben, dass es so ist, dass die reichen Bauern noch immer am meisten gefördert werden. Das kann ja auch nicht in Ihrem Sinne sein, Herr Minister, und das ist sicher auch nicht in unserem Sin­ne. Ich sehe die GAP-Diskussion als eine wirklich große Chance, dass wir in der För­derpolitik, in der Agrarpolitik eine Änderung herbeiführen.

Herr Minister, ich möchte Sie abschließend auch noch an die weltweite Verantwortung erinnern: Es gibt ein Recht auf Nahrung für alle Menschen, und das sollte auch bei der GAP-Diskussion miteinbezogen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.59.28

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Wenn der Grüne Bericht diskutiert wird, findet das jährliche Hochamt der Schönrednerei vor allem bei der Österreichischen Volkspartei statt, wo sie einmal mehr die Realität in der Landwirtschaft völlig negiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 218

Sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur beim Lesen dieses Grünen Berichts, son­dern auch in Gesprächen mit vielen Bäuerinnen und Bauern in Österreich, vor allem mit Bäuerinnen und Bauern in der Steiermark, werde ich den Eindruck nicht los – und der manifestiert sich auch in den Zahlen des Grünen Berichtes –, dass das Sterben der bäuerlichen Betriebe leider weitergeht.

Immer mehr bäuerliche Betriebe in Österreich sperren zu, weil sie keine Lebenschan­ce, keine Überlebenschance in diesem wesentlichen Faktor der Landwirtschaft mehr sehen. Immer mehr Bauern klagen über geringere Einkommen, klagen über – im Übri­gen auch im Grünen Bericht jetzt dokumentiert – gleich bleibende Einkommen, wie Abgeordneter Huber auch vorgerechnet hat, Schilling/Euro-Umrechnung, seit dem Jahr 1983. Gleich bleibende Einkommen, geringerer Erwerb – auch alles hier doku­mentiert. Das ist keine Erfindung, sondern steht in diesem Grünen Bericht schwarz auf weiß. Und die Bauern klagen darüber, dass ihnen immer mehr die bäuerliche Existenz in diesem Land schlichtweg geraubt wird. Das ist – noch einmal – keine Erfindung der Österreichischen ... Entschuldigung, des BZÖ – jetzt hätte ich schon gesagt, der Öster­reichischen Volkspartei. Sie sind bestenfalls die Schuldigen, aber nicht die Erfinder. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist also keine Erfindung des BZÖ, sondern die traurigen Tatsachen unserer öster­reichischen Landwirtschaft sind dokumentiert. Und immer mehr Menschen, auch in der Landwirtschaft, leben von der Substanz, um sich das tägliche Einkommen zu sichern.

Sehr geehrte Damen und Herren, solange wir im österreichischen Ernährungssystem breitestflächig den Einsatz von Kunstkäse fördern und pardonieren und in sehr vielen Produkten in den heimischen Regalen und der Großhandelsketten Kunstkäse Platz fin­det und günstig angeboten wird und wir das zu Recht auch kritisieren in sehr vielen De­batten (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes), aber auf der anderen Seite österreichi­sche Bauern dazu gezwungen werden, die wertvoll erzeugte Milch wegzuschütten, da­mit Kunstkäse weiterhin Platz greift, ist das die Perversion Ihrer Landwirtschaftspolitik und ist das Verrat an den Bäuerinnen und Bauern. (Beifall beim BZÖ.)

Daran wird sich auch nichts ändern, solange Sie von der ÖVP die Landwirtschaft in Österreich nur als Exerzierfeld Ihrer persönlichen Eitelkeiten sehen. Kollege Auer, bei allem Respekt, aber wenn Sie die Zukunftshoffnung der österreichischen Bauern sind, möchte ich nicht wissen, wie dort das Elend ausschaut; kurz gesagt. Und solange Sie die Zukunftshoffnung der österreichischen Bauern sind und damit den elften Nebenjob kassiert haben – ich beobachte Sie ja schon den ganzen Tag, Sie sitzen hier wie ein aufgeputzter Christbaum, vorweihnachtliche Zeit. (Beifall beim BZÖ.) Jetzt freuen Sie sich, dass die 15. Funktionskugel auf Ihrem Tannenzweig hängt.

Aber solange die österreichische Landwirtschaft nur ein Exerzierfeld der Intrigen der Österreichischen Volkspartei ist, wo man vor wenigen Tagen den Bauernbundpräsi­denten in einem politischen Meuchelmord abgemurkst hat, um auf der anderen Seite Herrn Auer zum Präsidenten zu machen, nur damit er nicht Herrn Konrad im Raiffei­sen-Konzern nachfolgen kann – das ist ja der wahre Grund, sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie das noch immer nicht kapiert? (Beifall beim BZÖ.)

Herr Auer sitzt hier, weil Herr Konrad der Meinung ist, noch drei Jahre als Generaldi­rektor der Raiffeisenkasse weiter dienen zu wollen, und er genau weiß, wenn sein Kon­kurrent aus der oberösterreichischen Raiffeisenbank Auer Ihr Klubobmann-Stellvertre­ter ist, kann er nicht Generaldirektor der Raiffeisenbank sein. Dafür musste Bauern­bundpräsident Grillitsch weichen, wurde ins Krankenhaus verfrachtet – oder man hat ihm so zugesetzt, dass ihm gar nichts anderes übrig geblieben ist, auch gesundheitlich, als dass er jetzt im Krankenhaus sitzt, nur, damit die ÖVP ihre Posten- und Planspiele einmal mehr durchsetzt. (Abg. Kopf: das ist so etwas von unglaublich! Schäm dich! Schäm dich!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 219

Sehr geehrte Damen und Herren, und Sie glauben tatsächlich, dass man Ihnen in Ös­terreich das Schicksal der Bäuerinnen und Bauern in die Hand geben soll?! Ihnen, die Sie so mit eigenen Parteikollegen umgehen und den politischen Meuchelmord pflegen! Ja glauben Sie, da hat ein Bauer, nur ein ... (Abg. Kopf: Ständig nur persönliche Unter­griffe! Eine miese Kreatur bist du!) – „Miese Kreatur“ ist, glaube ich, relativ eindeutig. „Miese Kreatur“, dieser Zuruf des Herrn Abgeordneten Kopf ist relativ eindeutig für ei­nen Ordnungsruf. Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Und Sie glauben wirklich, Herr Abgeordneter Kopf, dass man Ihnen das Schicksal der Bäuerinnen und Bauern in die Hand gibt? – Nein, sicher nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das Einzige, das Sie mit Landwirtschaft zu tun haben, ist, dass Sie anscheinend politi­sche Champignonzüchter sind: Zuerst streuen Sie Ihre Saat aus, dann schmeißen Sie ein bisschen Mist drauf, wenn irgendwo ein weißer Champignon heraussteht, dann wird ihm sofort der Kopf abgeschnitten, aber nur, wenn ein Nachfolger, der mindestens über 100 Jahre alt ist, auch dafür parat steht, die Funktion des anderen einzunehmen.

Das ist keine Landwirtschaftspolitik! Und das ist am heutigen Tag des Berichtes über den Grünen Bericht einmal mehr eine Schande (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Kraut-und-Rüben-Rede, die du da hältst!), nämlich die Vorgänge innerhalb der ehemaligen Bauernpartei und nunmehrigen reinen Funktionärspartei ÖVP. (Beifall beim BZÖ.)

20.04

20.04.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeord­nete! Ich kann nicht auf Zuruf, weil jetzt etwas behauptet wird, einen Ordnungsruf ertei­len, wenn ich es nicht gehört habe. Den Einzigen, den ich gehört habe, dass er das Wort „Kreatur“ verwendet hat, war Abgeordneter Grosz. Ich werde mir aber das Proto­koll kommen lassen, und wir werden das nachprüfen und schauen, wie die  (Abg. Kopf: Herr Präsident, ich gestehe!) – Ein Geständnis? (Abg. Grosz: „Miese Kreatur“ war es! – Abg. Kopf: Ich lege Wert auf „mies“, auf „miese Kreatur“! – Weitere Zwi­schenrufe.) – Dann erübrigt sich das, und wir ersparen der Parlamentsdirektion einiges an Arbeit, nämlich in diesem Punkt das Protokoll beizuschaffen.

Für die Bezeichnung „miese Kreatur“ in Richtung des Herrn Abgeordneten Grosz er­teile ich Herrn Abgeordnetem Kopf einen Ordnungsruf. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Scheibner: 2 000 €!)

*****

Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mayer zu Wort. – Bitte.

 


20.05.49

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Grosz, nach Ihrer Rede bleibt für mich nur eine Frage übrig: Für wen sind Sie eigentlich die Zukunftshoffnung in diesem Lande? (Ironische Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Schickhofer. – Abg. Grosz: Das war jetzt ein sogenannter Sickerwitz!)

Aber nun zum Grünen Bericht: Die Gesellschaft stellt an die Bauern eine Vielzahl von Anforderungen. Sie erwartet sich eine sichere Lebensmittelproduktion in einer ausrei­chenden Qualität und Menge, die Pflege der Kulturlandschaft und Erhaltung der natür­lichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft sowie die Bereitstellung von erneuerbaren Energien in einer nachhaltigen Form.

Die Herausforderungen und die Aufgaben nehmen natürlich zu. Wir haben in der Land­wirtschaft einen Flächenverlust durch Verbauung, durch Errichtung von Infrastruktur,


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die natürlich notwendig ist. Wir haben auch die Anforderung, einen Vertragsnatur­schutz zu erfüllen, Natura 2000, Biodiversitätsmaßnahmen, was natürlich alles notwen­dig ist und seine Berechtigung hat, das ist klar. Wir haben aber auch höchste Anforde­rungen im Tierschutz und im Umweltschutz zu erfüllen.

Wir in Österreich nehmen eine Vorreiterrolle ein, wie Abgeordneter Pirklhuber heute schon erwähnt hat, beim Käfigeierverbot, das wir schon seit 2009 umgesetzt haben. Ei­nige Länder sind da in der Umsetzung ab 2012 säumig.

Den Antrag, den Sie da eingebracht haben, können wir über weite Strecken unterstüt­zen. Es gibt ja bereits mehrere Anträge von uns, die in die Richtung gehen, in der Gas­tronomie das Verarbeitungsei auch zu kennzeichnen, nämlich woher es kommt. Wir könnten auch diesen Antrag goutieren, aber in dem Bereich, wo es um das strikte Importverbot geht, gibt es, glaube ich, noch Abstimmungsbedarf über den rechtlichen Rahmen und die rechtlichen Möglichkeiten. Daher werden wir heute nicht zustimmen, aber für weitere Gespräche für einen gemeinsamen Antrag sind wir natürlich offen.

In diesem Zusammenhang brauchen wir auch unseren Konsumentenschutzminister. Minister Stöger ist hinsichtlich der Kennzeichnungsfrage sehr gefordert.

Über den Einkommensverlust ist heute schon ausreichend gesprochen worden, eines muss ich jedoch noch anmerken: Das Programm Ländliche Entwicklung war immer ein gutes Instrument, um Leistungen unserer Bäuerinnen und Bauern, die vom Markt nicht abgegolten worden sind, entsprechend zu honorieren und abzugelten. Und dieses Pro­gramm wurde in der Vergangenheit sehr gut angenommen. Zum Beispiel hatten wir bei den Biobauern im Jahr 2010 ein Plus von 4 Prozent bei den Betrieben, und auch das Umweltprogramm wurde von den konventionellen Betrieben immer noch in ausreichen­dem Maße angenommen. Wir gehen da einen eindeutigen Weg, es gibt einen Run in Richtung Ökologisierung der Landwirtschaft in Österreich, und diesen wollen wir natür­lich auch in einer Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2013 weiterführen. Da geht es daher auch um Budgetdebatten, um eine Diskussion betreffend die Kofinanzierung der Maß­nahmen, die wir in der zweiten Säule brauchen.

Abschließend möchte ich nur noch eines anführen: Neiddebatten unter dem Deckman­tel einer Gerechtigkeitsdiskussion sind das Allerletzte, das unsere Bauern brauchen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Königsberger-Ludwig: Niemand hat Neid geschürt!)

Wenn es hier um Forderungen geht, die in Richtung einer Substanzbesteuerung ge­hen, was eindeutig in Richtung Enteignung geht, so ist deren Erfüllung zu verhindern und zu verneinen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Zum Schluss kommend möchte ich festhalten: Unsere Bauern brauchen die Unterstüt­zung aller politischen Kräfte, damit sie wieder gerüstet sind, um den Anforderungen der Konsumenten gerecht werden zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09

20.09.50

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herrn Abgeordnetem Grosz erteile ich für den im Rahmen seiner Rede gemachten Vorwurf in Richtung ÖVP, die ÖVP betreibt „politi­schen Meuchelmord“ am Parteikollegen Grillitsch, ebenfalls einen Ordnungsruf. (Abg. Grosz: Das ist aber die Wahrheit! – Abg. Kopf: Das von mir aber auch!)

*****

Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Schönpass zu Wort. – Bitte.

 


20.10.01

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Grüne Bericht bringt klar zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 221

Ausdruck, dass die Fördermittel sehr ungleich verteilt sind, wenn es auch der Abgeord­nete Mayer nicht hören will.

Große Betriebe mit viel Fläche erhalten viel Geld, kleine Betriebe hingegen nur wenig. So lukriert fast die Hälfte der Betriebe zusammen nur 10 Prozent der Gelder, während 35 Prozent der Betriebe im unteren Förderbereich im Durchschnitt nur 2 083 € je Be­trieb erhalten und einen Förderanteil von nur 6 Prozent haben. 3 Prozent der Betriebe am oberen Ende lukrieren 17 Prozent aller Fördermittel, im Durchschnitt 78 000 € je Betrieb.

Sehr geehrte Damen und Herren, in einer Studie wurden 50 Prozent der Marktord­nungsprämien in Österreich nach dem Standard Arbeitszeitbedarf auf die Betriebe neu verteilt. Bei dieser Neuverteilung würden in Österreich 66 Prozent der Betriebe profitie­ren, vor allem Betriebe mit einem hohen Arbeitseinsatz, das heißt insbesondere Milch­viehbetriebe und/oder Bergbauernbetriebe. Kleinere und mittelgroße Betriebe würden im Durchschnitt Direktzahlungen und somit Einkommen dazugewinnen, Marktfruchtbe­triebe und große Bauern verlieren. Übrigens: In Deutschland kommt bereits bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ein Arbeitszeitmodell zum Einsatz.

Wir wollen keine Förderung von Millionären. Es sollen nur jene Betriebe Prämien be­kommen, die tatsächlich und aktuell Flächen bewirtschaften. Dadurch würde auch der Erhalt der kleineren und regionalen landwirtschaftlichen Strukturen möglich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.12.17

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Danke, Herr Kollege Grosz, dass ich Ihrerseits so ge­würdigt wurde betreffend die Zukunftshoffnung. Ich erinnere mich an einen Wahlkampf­auftakt und an ein Versprechen des Kollegen Grosz in der Steiermark, dass er sein Mandat zurücklegen würde, wenn der Landtag für ihn unerreichbar bliebe. Offensicht­lich waren Sie nicht die Zukunftshoffnung für die Steiermärker. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und nicht nur nicht die Zukunftshoffnung, sondern er hat auch sein Versprechen gebro­chen. Gratuliere dazu, meine Damen und Herren!

Außerdem kann ich ihn beruhigen: Kollege Konrad ist nicht der Generaldirektor irgend­einer Raiffeisenbank, sondern er ist der Generalanwalt – damit das klargestellt ist. Viel­leicht können wir die operativen und die anderen Bereiche einmal auseinanderhalten. Aber das begreifen zu wollen wäre vielleicht ein bisschen schwierig.

Meine Damen und Herren, ja, es stimmt, täglich sperrt in Österreich eine bestimmte Zahl an Betrieben zu. Das ist richtig. Man sollte aber auch dazusagen, warum.

Ich sage Ihnen nur ein Beispiel aus meinem Bezirk: Dieser Bezirk hat in knapp 20 Jah­ren um etwa 12 000 Einwohner mehr aufzuweisen. Wie viel Fläche für Wohnbau, Stra­ßenbau, Eisenbahnbau und so weiter verwendet wurde, das sollte man auch dazusa­gen. Jeden Tag werden in Österreich 24 Hektar verbetoniert! (Abg. Dr. Pirklhuber: Da müsst ihr das Bodenschutzgesetz !)

Und dann tut man immer so, als ob dies die Agrarpolitik wäre! – Seien wir froh, dass sehr viele Bewohner in der Lage sind, sich ein Eigenheim zu errichten, weil damit auch Wertschöpfung und Sicherheit gewährleistet sind, meine Damen und Herren!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 222

Auch das sei zugegeben, dass größere Betriebe, Frau Kollegin Schönpass, deutlich mehr Geld erhalten als die kleinen Betriebe oder die kleineren Betriebe. Da könnte ich die Gegenfrage stellen, und ich glaube sicher, dass die Voest oder ein anderer Groß­betrieb in Österreich ungleich mehr Geld erhält – ob nun für Entwicklung, Forschung oder andere Bereiche – als ein kleiner Dorfschmied. Ich kenne die Zahlen, Kollege Keck. Daher sollte man nicht so tun, als ob das nur in der Landwirtschaft so wäre.

Grundsätzlich ist dieser Grüne Bericht auf den ersten Blick sehr positiv, auf den zwei­ten Blick wird bestätigt, dass trotz des Einkommensplus die Verluste der beiden voran­gegangenen Jahre nicht aufgeholt werden konnten (Beifall des Abg. Huber), aber – und das sei auch deutlich gesagt – ich gratuliere Herrn Bundesminister Berlakovich für seine Erfolge, auch im europäischen Konzert. Die sind herzeigbar! Seien wir stolz auf die Leistungen der österreichischen Bäuerinnen und Bauern! (Beifall bei der ÖVP.) Die haben viel erreicht! Österreich ist in vielen Bereichen Vorreiter.

Noch ein Wort zu Ihnen, Herr Kollege Vock, weil Sie heute auch Ihren Standpunkt so deutlich gemacht haben, was die Debatte um den Ferkelschutzkorb und so weiter betrifft. Ich würde Ihnen Folgendes empfehlen: Vorige Woche fand in der Heimatge­meinde des sehr geschätzten früheren Kollegen und heutigen Landesrates Haimbuch­ner der Hausruckviertler Bauernstammtisch statt. Da war Herr Kollege Graf, Landwirt­schaftskammerrat aus Oberösterreich – der in Kürze hier sein wird, so wird mir ge­sagt –, und der hat massiv die Diskussion um den Ferkelschutzkorb kritisiert. Ich würde Sie bitten, sich mit Ihrem Parteikollegen ins Einvernehmen zu setzen. Der wird Ihnen die Leviten lesen, weil aus der Praxis etwas anderes bekannt ist, als Sie hier darstel­len, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Landwirtschaft ist Wirtschaft am Land (Zwischenruf des Abg. Vock), und wir haben uns den internationalen Marktbedingungen zu stellen. Niemand nimmt Rücksicht darauf. Vergleichen Sie Marktberichte aus Deutschland, aus anderen Ländern Europas! Wenn die Marktpreise reduziert werden, haben wir dieselben Auswirkungen zu tragen. Es ist nicht so, dass die Bauern nicht wollen oder kein Verständnis für den Tierschutz hätten. Ich lade Sie ein, meine Damen und Herren: Am 22. dieses Monats, nächste Woche, besichtigen wir einige oberösterreichische Betriebe – ich bedanke mich bei jenen, die sich bereits gemeldet haben –, um nicht mit den „bösen“ Politikern, sondern mit den Bäuerinnen und Bauern vor Ort die Praxis zu erleben und zu sehen, unter welchen Be­dingungen sie wirtschaften müssen.

Insgesamt, da ich in Zukunft vielleicht etwas mehr an Verantwortung für die Landwirt­schaft zu tragen haben werde, lade ich die Agrarsprecher aller Fraktionen zu einem konstruktiven Gespräch ein. Ich möchte manche Dinge verändern, auch etwas mehr Zeit im Landwirtschaftsausschuss ermöglichen. Letztlich wird niemanden interessieren, wer etwas fertiggebracht hat, sondern ob wir für die Bauern insgesamt miteinander et­was fertigbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.17.24

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Lieber neuer Agrarsprecher der ÖVP, herzlichen Dank für die Einladung! Ich möchte als Agrarsprecher der FPÖ nur eines vorausschicken: Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, dass weder der Herr Minister noch du als neuer Agrarsprecher hier beim Thema Grüner Bericht ein Wort des Dankes gegenüber dem Kollegen Grillitsch, der immerhin zehn Jahre lang hier herinnen gesessen ist, ausspricht. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 223

Auch von unserer Seite – man hört, er liegt im Krankenhaus – von dieser Stelle gute Besserung! Wenn ich das hier so erlebe – kein einziger ÖVP-Abgeordneter hat sich hier am Rednerpult bei ihm für seine Leistungen bedankt; auch wir und Kollege Gril­litsch haben unterschiedliche Auffassungen gehabt, aber wir haben den Anstand und bedanken uns für die gute Zusammenarbeit –, dann verstehe ich auch, warum er jetzt leicht und vielleicht auch gerne zurückgetreten ist, denn wenn man sich ansieht, was man mit ihm in den letzten 14 Tagen gemacht hat, dann muss man das schlichtweg als menschenverachtend bezeichnen.

Dort oben sitzt der Abgeordnete Schmuckenschlager, der unter dem Schutz der nie­derösterreichischen ÖVP, unter ihrem Deckmantel, gezielt in einer niederösterreichi­schen Tageszeitung, in den „Niederösterreichischen Nachrichten“, und in der „Tiroler Tageszeitung“ Artikel gegen Fritz Grillitsch gestreut hat. Und jetzt verurteile ich beson­ders, dass er nicht den Mut hatte, dann die Verantwortung zu übernehmen, sondern dich, Kollege Auer, als neuen Agrarsprecher vorgeschickt hat. Das ist kein Ruh­mesblatt für den Abgeordneten Schmuckenschlager. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Donnerbauer: Was hast du für Sorgen?) – Warte nur, du kannst noch heraus­kommen! (Abg. Grosz: lieber ein Hooligan, bevor ich menschlich so beinander bin!)

Noch ein Wort zu Thilo Sarrazin: Thilo Sarrazin als Vorwand zu nehmen, um Fritz Gril­litsch parteiintern abzuschießen, das ist ja besonders eigenwillig. Thilo Sarrazin ist ein bekennender Sozialdemokrat, und Fritz Grillitsch hat nicht einmal die Positionen von Thilo Sarrazin übernommen, er hat ihn lediglich eingeladen für den Bauernbund – und ich glaube, bei kaum einer Bauernbund-Veranstaltung waren so viele Leute wie bei jener, wo er den Thilo Sarrazin eingeladen hat! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ihr hättet Grillitsch gratulieren müssen, dass er dem Bauernbund etwas geöffnet hat und jemanden einlädt, der in Deutschland äußerst beliebt ist und der die Dinge auf den Punkt bringt, auch wenn man nicht alle Positionen teilen kann. Aber er hat den Bauern­bund auch interessant gemacht – und dafür wird er von euch abgeschossen. Das ist alles andere als verständlich und alles andere als korrekt, wie da vorgegangen wurde. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Jetzt aber grundsätzlich zum Grünen Bericht, den wir heute diskutieren. Wir werden dem Grünen Bericht nicht die Zustimmung erteilen, weil er keinerlei Ausblick oder Empfehlungen und Ratschläge gibt. Und diejenigen Empfehlungen – da korrigiere ich mich –, die er abgibt, sind in der §-7-Kommission behandelt worden und sind im Grü­nen Bericht aufgeführt. Ich lese jetzt vor, was die §-7-Kommission an Empfehlungen abgibt, die alle sehr, sehr wertvoll sind, die aber nicht die größten Probleme der Land­wirtschaft betreffen.

Erste Empfehlung: Verstärkter Zugang von Bäuerinnen zu frauenspezifischen Bil­dungsprogrammen. – Diese Empfehlung können wir absolut unterschreiben.

Zweitens: Förderung der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen im ländlichen Raum. – Absolut zu unterstützen.

Drittens: Empfehlung betreffend Chancengleichheit im ländlichen Raum.

Das sind die drei Empfehlungen im Grünen Bericht. Das kann doch, bitte, nicht die Ar­beit der §-7-Kommission sein! – Kein Wort über den fortschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft! Seit 1999 sind es 30 000 Betriebe, die zugesperrt haben! Und, lie­ber Kollege Auer, das ist nicht nur mit dem Grundverkauf alleine zu begründen, das ist ein wirtschaftliches Problem in der Landwirtschaft. (Abg. Jakob Auer: Auch!) – Ja, auch.

Es findet sich im Grünen Bericht keine Empfehlung, dass wir uns auf den Preis für landwirtschaftliche Produkte konzentrieren müssen. Das wäre das Wichtigste, um end-


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lich die Bauern aus diesem Fördersystem herauszubringen und ihnen wieder Freiheit zu geben, denn momentan sind sie von der Willkür der Landwirtschaftspolitik, der Ag­rarpolitik abhängig. (Beifall bei der FPÖ.)

Es findet sich im Grünen Bericht auch kein Wort zur mittlerweile unerträglich geworde­nen Debatte über die Lebensmittelkennzeichnung. Hier ersuche ich nochmals den Landwirtschaftsminister, sich im Interesse der Bauern mit dem Gesundheitsminister zu einigen.

Kein Wort findet sich im Grünen Bericht auch über das Auslaufen der Milchquoten und die Konsequenzen für die Bauern. Wir verlangen eine Entschädigung für jene Bauern, die in die Milchquote investiert haben, denn das, was jetzt passiert – dass viele Bau­ern, die in die Milchquote investiert haben, jetzt nichts mehr dafür bekommen –, das ist schlichtweg Diebstahl am bäuerlichen Eigentum! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: So ist es!)

Kein Wort auch zu den absolut notwendigen Förderobergrenzen, zu einer Verteilungs­gerechtigkeit in der Agrarpolitik. Wir wissen, dass noch immer der Großteil der Förde­rung in die Verwaltung, in öffentliche Körperschaften, in Handels- und Industriebetriebe geht und nicht zum aktiven Landwirt. Wir verlangen, dass das landwirtschaftliche Geld zu den Bauern kommt und nicht in Mateschitz-Sponsoring fließt, nicht in die Pago Fruchtsaft, nicht was weiß ich noch wohin. Hier wird viel zu viel Geld in viel zu wenige Betriebe gegeben, und die kleinen Betriebe bekommen tatsächlich viel zu wenig. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ein Wort noch zur Bürokratie: Es wäre einmal interessant, wenn der Grüne Bericht er­heben würde, wie sehr sich in den letzten zehn Jahren die Anzahl der Stunden ver­ändert hat, die die Bauern am Computer, am Telefon mit der AMA, in Sitzungen bei der Landwirtschaftskammer oder bei Landesregierungen verbracht haben, um ihre För­deransuchen abzuwickeln. Darüber gibt es keine Statistik. Eine solche Statistik müsste ernüchternd sein, denn jeder, der aktiv Landwirt ist, weiß, wie viel Zeit er für diese gan­ze Zettelwirtschaft, die die Landwirtschaftspolitik derzeit produziert, aufwendet.

Und letztendlich enthält der Grüne Bericht auch keine Empfehlung, wie es mit der So­zialversicherung der Bauern weitergehen soll. Hier haben wir einen Einzahler auf mehr als 1,2 Pensionisten. Keiner weiß, wie die Finanzierung in der Unfallversicherung nach 2013 weitergehen wird.

Aus all diesen Gründen – und diese Liste ließe sich noch fortsetzen – werden wir dem Grünen Bericht die Zustimmung nicht erteilen.

Eine Sache möchte ich heute noch ansprechen. Es ist in eurem Klub ja schon disku­tiert worden darüber, und hier können Sie beweisen, vor allem die Bauernbundabge­ordneten unter Ihnen, dass Sie im Interesse der Landwirtschaft arbeiten, denn: Das Führerscheingesetz, das am 30. Juli mit eurer Zustimmung geändert worden ist, das können Sie heute ändern.

Für die, die mit der Sache nicht so vertraut sind: Dieses Führerscheingesetz wurde am 30. Juli geändert, und wir möchten eine Rückführung dieses Führerscheingesetzes in den ursprünglichen Zustand.

Wir haben diesbezüglich folgenden Antrag vorbereitet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Dipl.-Ing. Deimek und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 225

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, wird ersucht, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die ur­sprüngliche Rechtslage des § 14 Absatz 2 Führerscheingesetz wiederherstellt und Len­ker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Fahr­ten im Umkreis von nicht mehr als zehn Kilometern vom dauernden Standort des Fahr­zeuges von der Führerscheinmitnahmepflicht ausnimmt.“

*****

Ich erwarte, dass sich zumindest die ÖVP besinnt und bei dieser namentlichen Abstim­mung, die wir heute verlangen, wenigstens in diesem Punkt im Interesse der Bauern handelt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, DI Deimek und weiterer Abgeordneter betreffend Nicht-Mitnahmepflicht des Führerscheines für Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 km vom dauernden Standort des Fahrzeuges

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2011 der Bundesregierung (III-274 d.B./1419 d.B.), in der 130. Sitzung des Nationalrates am 15. November 2011

Seit Inkrafttreten der im Juli 2011 beschlossenen 14. FSG-Novelle ist die Mitnahme des Führerscheins bei Fahrten mit dem Traktor oder anderen selbstfahrenden, land­wirtschaftlichen Arbeitsmaschinen verpflichtend.

Bei der landwirtschaftlichen Arbeit werden Arbeitsgeräte oft gewechselt; die perma­nente Mitnahme des Führerscheines im Zuge landwirtschaftlicher Tätigkeit birgt die große Gefahr des Verlustes bzw. der Verschmutzung und Beschädigung des Führer­scheins.

Die derzeitige Regelung ist absolut praxisuntauglich und geradezu bauernfeindlich. Daher ist eine Abänderung zugunsten der Landwirten, d.h. die Wiederherstellung der ursprünglichen gesetzlichen Regelung, unumgänglich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, wird ersucht, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die ur­sprüngliche Rechtslage des § 14 Absatz 2 Führerscheingesetz wiederherstellt und Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 km vom dauernden Standort des Fahrzeu­ges von der Führerscheinmitnahmepflicht ausnimmt.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 226

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich mache darauf aufmerksam, dass ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung vorliegt. Wir werden daher so vor­gehen.

Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


20.25.51

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Krokodilstränen, die das BZÖ und die FPÖ heu­te Herrn Grillitsch nachweinen, sind wirklich mehr als eigenartig. (Abg. Neubauer: Wie­so? Wieso meinen Sie denn das?) Soweit ich informiert bin, ist Herr Grillitsch nach wie vor Mitglied des Hohen Hauses, wird bei unseren Sitzungen sowohl hier als auch im Landwirtschaftsausschuss wieder anwesend sein, und dann können Sie ihm persönlich sagen, wie sehr er Ihnen fehlt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wünsche ihm von dieser Stelle aus, wenn er gesundheitlich angegriffen ist, baldige und gute Genesung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

Es ist schade, dass ein so wertvolles Zahlenkonvolut wie dieser Grüne Bericht nur für relativ kurze Zeit und immer zu später Tageszeit zur Diskussion steht. Es wären hier, und das hat man jetzt in der Diskussion schon gesehen, sehr, sehr viele Punkte zu dis­kutieren. Vielleicht gelingt es uns einmal, uns etwas länger und eingehender mit dem Grünen Bericht zu beschäftigen. Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgearbeitet haben. Es ist eine gute und wesentliche Grundlage für die Beschäftigung mit der Land­wirtschaft, die bekanntlich ja alle angeht – und nicht so, wie Herr Praßl gemeint hat, nur die ÖVP. Die Landwirtschaft geht uns alle an, würde ich meinen.

Zu den Anträgen, die heute vorliegen, ist wieder zu sagen, Herr Kollege Pirklhuber, auch zu Ihrem Entschließungsantrag bezüglich Eier: Es wäre ja gut, wenn wir diese Anträge im Vorfeld miteinander diskutieren und dann vielleicht zu einem gemeinsamen Abschluss kommen könnten. So bringen Sie ihn ein, und jetzt wird er sicherlich wieder abgelehnt werden.

Dasselbe gilt für den Antrag des Herrn Jannach zum Führerscheingesetz. Das ist eine ganz komplizierte Angelegenheit. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir werden sie heute sicher nicht mit Ihnen beschließen. Wobei ich aber zu bedenken gebe, Herr Jannach: Einen Bauarbeiter, der auch dreimal am Tag sein Fahrzeug wech­seln muss, verpflichtet man sehr wohl, den Führerschein einzustecken. – Also, so ein­fach ist es ja nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gäbe, wie gesagt, noch so viele Dinge dazu zu sagen. Kollege Auer, ich freue mich auf die Zusammenarbeit in Zukunft. Nur: Du hast jetzt schon zum zweiten Mal als Bei­spiel für die Gründe des Bauernsterbens, also dass so viele weniger sind, gesagt: weil so viel verbaut wird. – Ich höre von Landwirten, die ihren Betrieb einstellen, dass es für sie schwierig ist, die landwirtschaftlichen Flächen überhaupt verpachten zu können. Also an den Flächen liegt es nicht in erster Linie. Aber gut, wir werden uns darüber noch eingehend unterhalten können.

Kollege Jannach hat auch davon gesprochen, dass sich die §-7-Kommission hier nur mit drei Empfehlungen beschäftigt hätte. – Das stimmt so nicht. Die §-7-Kommission leistet hervorragende Arbeit, und es waren 16 Anträge da. Herr Minister, ich rege an, dass in Zukunft auch die abgelehnten Anträge im Grünen Bericht drinnen stehen, damit wir sie auch hier im Hohen Haus diskutieren können. Das wäre, glaube ich, wichtig.

Was ich auch noch anregen würde, Herr Minister, und vielleicht lässt sich das ein­richten, das ist, dass man im nächsten Grünen Bericht erfährt, was mit den Empfeh-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 227

lungen der §-7-Kommission tatsächlich geschehen ist. Dort arbeiten, ich weiß jetzt nicht, wie viele Leute, es gibt gute Empfehlungen, aber wir wissen nicht, ob sie umge­setzt werden oder nicht. Das sollte im Grünen Bericht auch noch angeführt werden.

Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Agrarpolitik und den diesbezüglichen Verhandlungen haben Sie gemeint, das werde noch ein politischer Kampf werden. Wir würden gerne mit Ihnen kämpfen, wenn Sie uns etwas mehr infor­mierten, und genau darum bitte ich Sie. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Pirklhuber. Wunschgemäß sind 2 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


20.30.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Ganz kurz in Richtung des Kollegen Gaßner, der gemeint hat, der Antrag zur Kennzeich­nungspflicht für verarbeitete Eier sei so kurzfristig eingebracht worden. Herr Kollege Gaßner! Ein fast wortidenter Antrag ist schon im Jahr 2009 eingebracht worden. Hier in diesem Haus wurde darüber diskutiert, und damals kam es nur zu einer freiwilligen Kennzeichnung. Jetzt hat der Minister auf europäischer Ebene ganz entschieden die Säumigkeit der anderen Mitgliedstaaten kritisiert. Das finde ich korrekt und richtig. Es wäre nur folgerichtig, dass wir eine entsprechende Rückendeckung geben und Maß­nahmen setzen, damit Eier, die nicht unseren Standards entsprechen, in Österreich auch nicht mehr verarbeitet werden und eine Kennzeichnungspflicht eingeführt wird. Das entspricht klipp und klar dem Entschließungsantrag, den wir eingebracht haben. Sie brauchen jetzt nicht wieder zwei Jahre lang zu überlegen, darüber kann man heute abstimmen.

Zur Frage Führerscheinpflicht, angesprochen vom Kollegen Jannach, sage ich eindeu­tig: Das ist wirklich eine Komödie, die sich da abspielt, aber leider eine schlechte Ko­mödie. Bäuerinnen und Bauern müssen bei ihrer täglichen Arbeit rund um ihren Hof immer wieder vom Auto auf den Traktor umsteigen und müssen dabei absurderweise auch jedes Mal den Führerschein mitnehmen, und das vielleicht in Arbeitshandschu­hen und so weiter, aber Sie kennen die Realität in der Landwirtschaft. – Das ist lächer­lich! Wenn ein Bauer im Umfeld seines Hofes angehalten wird, dann ist es zumutbar, dass die Behörden gemeinsam mit ihm zum nächsten Fahrzeug gehen und dann ent­sprechend nachprüfen, ob der Führerschein und die entsprechende Zulassung vorlie­gen.

Meine Damen und Herren! Auch das ist ein Antrag, über den man heute sofort abstim­men kann. Wir werden dem zustimmen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

20.32

20.32.38

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, den vorliegenden Bericht III-274 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 228

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nicht-Mitnahmepflicht des Füh­rerscheines für Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeits­maschinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 Kilometer vom dauernden Standort des Fahrzeuges.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“, das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise „Nein“, das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Antrag der Abgeordneten Jannach, Kolle­ginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimm­zettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Lohfeyer, mit dem Namensauf­ruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Jakob Auer wird sie später dabei ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer und den Schriftführer Jakob Auer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet. Die damit beauf­tragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.38 Uhr unterbrochen und um 20.43 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis wie folgt bekannt:

Abgegebene Stimmen: 158, davon „Ja“-Stimmen: 58, „Nein“-Stimmen: 100.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenom­men.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 229

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brunner Christiane;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kitzmüller, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Linder, List;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner;

Fazekas, Franz, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Peter, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 230

Oberhauser, Obernosterer;

Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schön­pass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Wittmann Peter, Wurm.

*****

20.43.5110. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 46, 75, 77 bis 97, 99 bis 103, 105 bis 111, 114 bis 116, 118 bis 120, 122 und 123 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26, 27, 30 und 31 (1420 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Winter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.44.32

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Für den Aus­schuss für Petitionen und Bürgerinitiativen an dieses Pult treten zu dürfen, bedeutet eigentlich immer eine sehr große Freude, denn die Mitglieder dieses Ausschusses sind sich dessen bewusst, dass sie ein demokratiepolitisch wichtiger Ausschuss sind und dass die Bürger mit ihren Forderungen, Bitten, Wünschen und auch Beschwerden di­rekt an sie herantreten können. Dadurch wird in diesem Ausschuss auch immer wieder versucht, die Möglichkeiten für die Bürgerbeteiligung zu erweitern und möglichst im Zu­sammenhang und im Einklang mit der Geschäftsordnung auch entsprechende Neue­rungen durchzuführen.

Eine dieser Neuerungen, die erst vor der letzten Ausschusssitzung in Kraft getreten ist, ist die elektronische Zustimmungsmöglichkeit zu Petitionen und Bürgerinitiativen. Diese wird – und das konnte man bis dato schon überprüfen – von der Bevölkerung sehr gut angenommen, und das ist auch eine gewisse Zustimmung, dass die Arbeit dieses Aus­schusses sehr gut gemacht wird.

Ein zweites Thema, eine zweite Neuerung war, dass wir in der letzten Ausschusssit­zung, die, wie Sie gesehen haben, sehr viele Tagesordnungspunkte, nämlich 60, um­fasst hat, ein Hearing abgehalten haben. Diese 60 Tagesordnungspunkte sind zum Großteil von der Thematik Atom beziehungsweise Ausstieg aus Atomenergie herge­leitet worden, und zu diesem Thema gab es auch erwähntes Hearing. Zehn von diesen Tagesordnungspunkten sind diesmal nur – muss ich sagen – zur Kenntnis genommen worden, sieben sind an verschiedene Ausschüsse zugewiesen worden, und der Rest wird mit Stellungnahmen von den entsprechenden Ministerien versorgt.

Bei diesem Hearing ging es einerseits um den weltweiten Atomausstieg, initiiert
von der Anti-Atom-Initiative der Umweltschutzorganisation Global 2000. Sie haben 700 000 Unterschriften gesammelt, natürlich auch die Unterschriften aus den Gemein­den aus ganz Österreich, die sich diesem Atombegehren angeschlossen haben. In­teressant war, dass sämtliche Abgeordnete dieses Ausschusses sehr wohl damit kon-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 231

form gehen konnten, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist und daher alles unternom­men werden muss, um dieses Risiko nicht zu groß werden zu lassen beziehungsweise so gut wie möglich wieder einzuschränken und aus der Atomenergie auszusteigen. Auch Greenpeace war davon überzeugt, dass Atomstrom im Verbot das Risiko für In­vestoren für neue Atomreaktoren wesentlich erhöht und das ein machbares Instrument der Bundesregierung wäre. Der Österreichische Gemeindebund vertrat die Ansicht, dass er durch seine Energiesparmaßnahmen auch wesentlich zur Energieeffizienz bei­trägt und damit ein guter Ratgeber in Bezug auf Ausstieg von Atomenergie ist.

Grundsätzlich möchte ich noch sagen, dass es eine Petition gegeben hat, auf die ich kurz eingehen möchte, und zwar ist das die Petition unseres Abgeordneten Norbert Hofer, in der es um die Bereitstellung von neuen Arbeitsplätzen für Behinderte geht. Leider wurde diese Petition der Kenntnisnahme zugeführt – und das ist für mich alle­mal ein Begräbnis erster Klasse. (Beifall bei der FPÖ.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.48.30

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Sammelbericht zu Petitionen und Bürgerinitiativen enthält wieder eine Vielfalt an Themen aus den Bereichen Umwelt, Verkehr, Gesundheit und Bildung. Zahlreiche Petitionen und Bürgerinitiativen wurden an die zuständigen Fachausschüs­se zur inhaltlichen Bearbeitung weitergeleitet. Allein 28 Petitionen davon zum Thema weltweiter Atomausstieg wurden dem Umweltausschuss zu einer intensiven Beschäfti­gung zugewiesen. Zu diesem Thema gab es, wie schon erwähnt, beim letzten Aus­schusstermin ein Hearing mit VertreterInnen von Umweltorganisationen wie Glo­bal 2000, Greenpeace und der Initiative Atomstopp sowie Vertretern des Österreichi­schen Gemeindebundes, aus verschiedenen Ministerien beziehungsweise dem BKA. Es gab eben eine breite Front gegen die Nutzung der Atomkraft, weil diese jederzeit aus dem Ruder laufen kann.

Bereits vor dem Sommer hatten zahlreiche Gemeinden aus verschiedenen Bundeslän­dern zur Petition von Global 2000 ihre Petitionen zum weltweiten und europaweiten Atomausstieg eingebracht. Vor allem die großen Gefahren, die von den Kraftwerken ausgehen, wurden im Hearing einmal mehr klar. Katastrophen sind im Zusammenhang mit Atomkraftwerken unvorhersehbar und die Gefahren so überdimensional, wie uns bei der Katastrophe in Fukushima wieder vor Augen geführt wurde.

Umso mehr ist mit Nachdruck auf erneuerbare Energieträger zu setzen und dagegen zu arbeiten, dass zum Beispiel auch neue Atommülllager in der Nähe der österreichi­schen Grenze errichtet werden.

Seit Oktober können ja sämtliche bereits eingebrachten Petitionen und Bürgerinitiati­ven über die Parlamentsseite online unterstützt werden, und ich möchte auf diesen Fol­der hinweisen (die Rednerin hält ein Schriftstück mit der Aufschrift „Elektronische Zu­stimmung zu Petitionen und Bürgerinitiativen. Neue Möglichkeiten der BürgerInnenbe­teiligung“ in die Höhe) und an dieser Stelle alle Kollegen und Kolleginnen im Hohen Haus bitten, darauf auch in ausreichendem Maße aufmerksam zu machen.

Auf der Startseite der Parlamentshomepage kann mit einem Mausklick auf den Dau­men-hoch-Button unkompliziert die Liste aller in Verhandlung stehenden Petitionen und Bürgerinitiativen eingesehen und eine Zustimmung dazu abgegeben werden. Vor allem für junge Menschen finde ich diese Online-Möglichkeit als Teil unseres parlamentari­schen Systems sehr wichtig. Sie tauschen sich über soziale Netze aus und nutzen den Computer als Alltagsmedium, und durch diese Form der Online-Zustimmung, denke


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 232

ich, kann es gelingen, dass die Auseinandersetzung mit Politik an Interesse gewinnen kann. Engagierten Menschen werden damit wichtige und gute Möglichkeiten geboten, sich an politischen Prozessen der direkten Demokratie zu beteiligen.

Es ist uns im Petitionsausschuss ein gemeinsames besonderes Interesse, mit diesen Initiativen wertschätzend umzugehen und sie effektiv in den politischen Prozess einzu­binden.

Ich möchte an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Parlamentsdirektion für die gute Zusammenarbeit bezüglich dieser elektronischen Zustimmung anbringen und auch an Präsidentin Prammer für ihre Zusage, stark unterstützte Bürgeranliegen – ähn­lich wie im Jahresbericht des Deutschen Bundestages – in regelmäßigen zeitlichen Ab­ständen publizieren zu wollen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber zu Wort gemeldet. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Auf dem Weg zum Rednerpult trifft Dr. Pirklhuber mit Abg. Kopf zusammen, der an der Regierungsbank steht.)

 


20.52.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Lohmeyer hat das ja schon sehr schön und  (Rufe bei der SPÖ: Lohfeyer!) – Entschuldigung, Lohfeyer natürlich! So geht es einem: Kollege Kopf ist mir jetzt dazwischengekommen. Die Kollegin Lohfeyer hat das schon sehr, sehr präzise und klar dargestellt: Es ist ein gemeinsamer Erfolg für mehr Bürgerbeteiligung im Parlament. Viele Kolleginnen und Kollegen haben das wahr­scheinlich noch gar nicht wahrgenommen.

Ich möchte das auch bekräftigen und noch einmal unterstützen: Schauen Sie sich das bitte an! Diese Online-Unterstützung hat, ohne dass wir Werbung dafür gemacht ha­ben, in Kürze etwa 3 000 Bürgerinnen und Bürger dazu gebracht, dass sie eine einge­brachte Petition im Rahmen dieses Verfahrens noch einmal zusätzlich elektronisch un­terstützt haben.

Das ist eine ausgezeichnete Möglichkeit für uns Abgeordnete wahrzunehmen, ob diese Anliegen sozusagen sehr sektoral oder isoliert sind oder ob dahinter wirklich ein regio­naler Anspruch oder sozusagen ein lokaler Impetus steckt, den wir als Abgeordnete natürlich dann ganz anders oder verstärkt noch einmal wahrnehmen können und auf den wir auch im weiteren Procedere der Abwicklung, glaube ich, verstärkt Augenmerk legen können.

Einiges noch zu den thematischen Feldern. – Atomausstieg: Das ist sicher die Nagel­probe nach Fukushima, die Nagelprobe für die Bundesregierung, die Nagelprobe letzt­lich auch für uns im Parlament hier, welche Maßnahmen, welche Entscheidungen, wel­che Möglichkeiten es gibt, sozusagen Atomstrom-Importe nach Österreich hintanzu­stellen, vollkommen frei von Atomstrom zu werden. Das ist die Fragestellung nach der Umsetzbarkeit, nach den Möglichkeiten des Umsetzens.

Wir müssen eines sehen: Wenn Gemeinden solche Resolutionen bisher eingebracht haben, sind sie zwar meistens in den Klubs wahrgenommen, aber nicht im Prozess im Parlament behandelt worden.

Das Nächste: Es ist gut und richtig, dass, wenn sich GemeindebürgerInnen, wenn sich regionale Gemeinderäte gemeinsam zu solchen Petitionen sozusagen durchringen und diese an das Parlament herantragen, wir diese auch im Petitionsausschuss versuchen zu behandeln, zu bündeln und, wie wir es inzwischen bereits gemacht haben, in meh­reren Hearings zu verschiedenen Themen – das letzte jetzt eben zum Atomausstieg – auch sozusagen der interessierten Öffentlichkeit, insbesondere diesen Menschen und


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uns gegenüber auch im Prozess selbst mit den Stellungnahmen der Ministerien eine Möglichkeit geben, sich vertiefend damit auseinanderzusetzen und ernsthaft zu versu­chen, aus diesen Initiativen auch mehr zu machen als nur das übliche Durchwinken und Durchdiskutieren im Haus.

Ein Dankeschön an die Frau Nationalratspräsidentin: Sie hat uns immer unterstützt. Ich erinnere auch an unsere Reise: Mehr als eineinhalb Jahre ist es her, dass wir vom Pe­titionsausschuss aus im Deutschen Bundestag waren und gesehen haben, wie gut das greift. Also mein Ersuchen an Sie ist folgendes: Wir sollten weitergehen, auch in der Geschäftsordnungsdebatte, und versuchen, dieses Instrument der Online-Unterstüt­zung weiter auszubauen zu einem öffentlichen Petitionswesen.

Sie werden eines sehen: Jetzt haben wir eine kurze Zeit, in der die BürgerInnen das unterstützen können, nämlich bis es dann im Ausschuss behandelt wurde. Das ist sehr unterschiedlich, sozusagen je nach der Anzahl der Ausschüsse pro Jahr, und da wird es davon abhängen, ob wir hier noch optimieren können. Das wird man nach einem halben, nach einem Jahr einmal sehen, und man wird schauen müssen, was wir tun können, um dieses Instrument für die BürgerInnen noch besser und transparenter zur Verfügung zu stellen. Und wir werden das sicher auch evaluieren müssen, was sozu­sagen die Ergebnisse betrifft.

Im Einzelnen: Warum können wir jetzt aber trotzdem dem Sammelbericht nicht unsere Zustimmung geben? – Weil einige Zuweisungen aus unserer Sicht nicht passiert sind. Es macht nämlich Sinn, Petitionen, die sachlich-inhaltlich eindeutig einem Ausschuss zugehören, dort auch hinzuverweisen.

Stichwort ist da zum Beispiel die Gentechnikfreiheit: Wir haben eine Petition für die gentechnikfreie Fütterung eingebracht. Da gibt es ein Regulativ auf europäischer Ebene, das man ändern kann, da gibt es Diskussionen, die sowieso geführt werden, auch im Landwirtschaftsausschuss. Man könnte sie also dem Landwirtschaftsaus­schuss zuweisen.

Oder die Petition „Weg mit dem Spitalskostenbeitrag für Kinder“ von meinen Kollegen Öllinger und Schatz – diese haben mehr als 800 Menschen unterstützt. Da hätten wir uns gewünscht, dass sie dem Gesundheitsausschuss zur weiteren Behandlung zuge­wiesen worden wäre, denn dann hätte es im Rahmen einer breiteren Diskussion noch einmal eine Fachdiskussion gegeben.

Also das sind jetzt Dinge, die wir, glaube ich, noch verbessern können, denn wenn eine Petition wirklich erledigt ist, dann können wir sie auch zur Kenntnis nehmen, aber wenn Punkte noch offen sind, dann sollten wir sie an sich dem Ausschuss zuweisen. Das ist unsere Sichtweise.

Darum würde ich ersuchen, dass wir diese konstruktive Arbeit fortsetzen und gemein­sam überlegen, auch im Rahmen der Debatte über die Geschäftsordnung, welche Än­derungen in nächster Zeit möglich sind. Und ich bin überzeugt, dass wir uns auch ein­mal in den Fraktionen verständigen sollten und diese Anliegen aus dem Petitionsaus­schuss in die Fraktionen und dann auch in den Geschäftsordnungsausschuss tragen sollten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57.55

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Das sehr anspruchsvolle und auch sehr interessante Hearing zum Thema Atomausstieg wurde bereits von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen. Es waren die geladenen Experten, auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 234

die Beamten der Ministerien nicht nur bestens informiert, sondern sie haben uns auch über Atomtechnologie und die Gefahren, die damit verbunden sind, sehr objektiv infor­miert – immer gesehen vor dem Hintergrund von Fukushima. Wir sind natürlich auch überzeugt davon, dass dieses Thema im Umweltausschuss sehr prominent behandelt werden wird.

Als besonderer Erfolg, auch das wurde schon hervorgehoben, ist natürlich auch die Ar­beit des Ausschusses zu bezeichnen, und ich bedanke mich auch bei der Frau Präsi­dentin für die Unterstützung, insbesondere natürlich auch bei der Umsetzung der On­line-Unterstützung, die sehr gut angenommen wurde.

Ich habe natürlich die Gelegenheit genutzt und schon hineingeschaut, welche Petitio­nen da besonders unterstützt wurden. Die Petition bezüglich „Verbot von Kastenstän­den in der Schweinehaltung“ hat viele Unterstützungen erfahren. Ich habe auch ge­merkt, dass viele Unterstützer Wienerinnen und Wiener sind, die bestimmt nur einen sehr theoretischen Zugang zur Schweinehaltung haben.

Lassen Sie mich daher auf eine E-Mail eingehen, die mich vor Kurzem erreicht hat, und zwar von einer Bäuerin, also wirklich einer Frau, die aus der Praxis spricht – heute war beim Grünen Bericht auch schon von der kleinbäuerlichen Familienlandwirtschaft die Rede. Dort arbeiten die Frauen mit, und diese wissen also genau, worum es geht.

Die Bäuerin schreibt in dieser E-Mail, dass sie in ihrem Betrieb bereits Ferkelhaltung in Gruppen hatten, dass aber eine Dorfhelferin, die sie während der Schwangerschaft im Betrieb entlasten sollte, von einer Muttersau in die Hand gebissen und so schwer ver­letzt wurde, dass sie in Krankenstand gehen musste, dass dann die Bäuerin als Hoch­schwangere selbst wieder die Stallarbeit zu machen hatte und dass sie beim Ausmis­ten bei den Ferkeln von einer Zuchtsau, also von einer Muttersau schwer attackiert wurde. Nur weil ein kleines Ferkel geschrien hat, ist diese ganz aggressiv auf sie los­gegangen und hat sie zu Boden geworfen. Sie konnte sich alleine dieser Muttersau auch nicht erwehren, aber ihr Mann hörte ihre Schreie und konnte ihr zu Hilfe kommen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Sie fragt natürlich: Wo bleibt in dieser Diskussion der Menschenschutz? Sollte man nicht auch die Sicherheit in Erwägung ziehen und auch diese Seite der Medaille im Zuge der Verhandlungen um die Kastenstände oder besser gesagt die Ferkelschutz­körbe mit in Erwägung ziehen?

Ich möchte mich bei der Gelegenheit auch bei Fritz Grillitsch bedanken, der die Inter­essen der Bäuerinnen immer bestens unterstützt hat, und wünsche ihm natürlich auch, dass er bald wieder in unserer Mitte sein kann und auch beste Gesundheit! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schenk und Weninger.)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir heute natürlich einen sehr umfang­reichen Sammelbericht zu behandeln haben. Es wurde auch von meinen Vorrednerin­nen und Vorrednern hier schon angesprochen, dass viele Themen in all ihrer Vielfalt beim Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen landen, dass es also die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger sind, die uns in diesem Ausschuss beschäftigen und die es natürlich auch verdienen, von uns bestmöglich weiterbetreut zu werden. Das ma­chen wir in diesem Ausschuss.

Auch ich denke, dass eine Weiterentwicklung notwendig und möglich ist, und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

21.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mühlberghuber zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 235

21.01.33

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Meine Kollegin Susanne Winter hat schon ausführlich über den Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen berichtet und auch über das Hearing betreffend den Atomausstieg. Ich möchte auf eine Bürgerinitia­tive und auf eine Petition näher eingehen.

Die Bürgerinitiative 27 ist eine überparteiliche Bürgerinitiative zur Ergänzung des § 46 Schulorganisationsgesetz und wurde durch mehr als 7 100 Unterschriften unterstützt. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Bürgerinitiative sind der Meinung, dass die Möglichkeit des Nachholens eines Berufsschulabschlusses die Chance der Ausbildungswilligen für einen positiven Abschluss der Lehrabschlussprüfung wesent­lich erhöht und somit nicht nur zur persönlichen Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation des Einzelnen führt, sondern für die gesamte österreichische Wirt­schaft ein wichtiger Beitrag zur Qualitätssteigerung ist. – Diese Bürgerinitiative wurde im Ausschuss einstimmig dem Unterrichtsausschuss zugewiesen.

Nun zur Petition 96, deren Titel „Weg mit dem Spitalskostenbeitrag für Kinder“ lautet. – Diese Petition wurde von 848 Personen unterstützt, und es geht um Krankenhaus­selbstbehalte für mitversicherte Kinder unter 18 Jahren. Diese sind von Bundesland zu Bundesland verschieden und kosten die Eltern zwischen 15 und 17,30 € pro Tag. Und wenn ein Elternteil sein Kind beim Krankenhausaufenthalt begleitet, gibt es dann noch zusätzliche Kosten. In Niederösterreich kostet eine Begleitperson für ein Kind ab dem ersten Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr 30 € pro Tag und dann ab dem 14. Lebensjahr 65 € pro Tag.

In einer Stellungnahme des Herrn Bundesministers für Gesundheit wurde uns mitge­teilt, dass er in der Angelegenheit dieses berechtigten Anliegens bereits im Dezem­ber 2010 an die Gesundheitspolitikerinnen und -politiker der Länder mit der Frage herangetreten ist, ob eine Streichung des Kostenbeitrages für Kinder möglich ist. Und in der Stellungnahme heißt es weiter, dass dies erst im Zuge der nächsten Finanz­ausgleichsverhandlungen zum Thema gemacht werden kann. – Dieses wichtige The­ma Spitalskosten wurde auch schon einige Male im Gesundheitsausschuss diskutiert und besprochen und im Mai 2010 auch hier in einer Debatte diskutiert.

Meine Damen und Herren! Für junge Familien ist ein Krankenhausaufenthalt eines Kin­des eine große psychische Belastung und der Selbstbehalt, von dem viele Familien oft gar nichts wissen, zusätzlich noch ein großer Schock.

Diese Petition ist im Ausschuss zur Kenntnis genommen worden. Das Thema Spitals­kosten wird auch in den Landtagen sehr oft und auch immer wieder zum Thema ge­macht. Wir hoffen, dass es bei den Finanzausgleichsverhandlungen ein positives Er­gebnis für unsere Familien und für ihre Kinder gibt, nämlich dass es gut verhandelt wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. – Bitte.

 


21.05.34

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Aus dem Petitionsausschuss gibt es immer wieder Neues und Interessantes zu berichten. Beispielsweise, dass wir immer mehr Petitionen und Bürgerinitiativen auf demokratischem Wege zugeleitet bekommen und viele Menschen, viele Bürger dieses Landes die direkte Demokratie mehr denn je wählen, vor allem wenn es um wichtige Anliegen geht, wie zum Beispiel im Falle von zwei Bürgerinitia­tiven, die heute leider endbehandelt werden: „SOS – Familie!“, wo sich die Bürger zu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 236

sammengeschlossen und gegen das Sparpaket dieser Regierung im Familienbereich protestiert haben, oder betreffend die „Freie Schulwahl ohne Schulgeld – Jetzt!“ im Sinne der Wahlfreiheit für die Eltern, dass Privatschulen genauso unterstützt werden wie öffentliche Schulen. Hier haben wir gut diskutiert, auch im Ausschuss, aber leider ist es bisher zu keinen Änderungen gekommen.

Wir hatten letztes Mal, wie meine Vorredner schon gesagt haben, sehr, sehr viele An­träge von den Gemeinden bezüglich Atomausstieg, aber auch was die Atommüllendla­ger betrifft, die jetzt auch entsprechend an den zuständigen Ausschuss zugewiesen werden. Das ist immer ein sehr wichtiger Schritt, wenn die Ausschussberatungen von Petitionen hier weitergeführt werden.

Ein wichtiger gemeinsamer Erfolg – das ist heute schon angesprochen worden – und auch ein erster Schritt war die Möglichkeit der elektronischen Zustimmung und Unter­stützung von Petitionen und Bürgerinitiativen. Meine Vorredner haben es schon ge­sagt: Es ist schon sehr viel Gebrauch davon gemacht worden, und Sie alle werden si­cher schon einmal hineingeschaut haben.

Dabei gibt es so ein paar Spitzenreiter, wie zum Beispiel die Initiative „110-kV ade!“. Ich selbst habe mit dieser Bürgerinitiative dort gesprochen und auch die Beweggründe erfahren, warum sie diese Initiative nicht nur so stark unterstützen, sondern sie ins Le­ben gerufen haben. Da sind zum Beispiel schon weit über 500 Unterschriften zusam­mengekommen. Das muss man einmal zusammenbringen ohne große Werbung!

Oder zum Beispiel die Petition betreffend die Zugsverbindungen Salzburg–Graz, dass es da bessere Zugsverbindungen gibt – das ist ja heute schon im Rahmen der Ver­kehrsdebatte besprochen worden –: Auch da gibt es über 200 Unterstützerinnen und Unterstützer.

Diese bewusste Wahrnehmung durch die Bevölkerung zeigt also, dass dieser Moder­nisierungsschub, wenn ich ihn so bezeichnen darf, richtig und notwendig gewesen ist. Ich möchte mich hier sehr herzlich nicht nur bei meinen Kolleginnen und Kollegen von den einzelnen Fraktionen bedanken, sondern auch bei Ihnen, Frau Präsidentin, auch für die Gespräche, was die weitere Vorgangsweise anbelangt, und vor allem auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, die uns hier wirklich sehr flexibel, sehr offen in der technischen Abwicklung unterstützt haben.

Ich denke aber auch, dass ein nächster Schritt oder nächste Schritte unbedingt folgen müssen. Wir dürfen uns hier nicht ausruhen und wir müssen schauen, wie wir diesen Zugang noch weiter erleichtern können. Ich glaube, ein notwendiger Schritt wäre auch, dass Petitionen endlich nicht an Nationalratsabgeordnete und eine Überreichung durch diese gebunden sind, sondern dass man Petitionen auch direkt als Bürger einreichen kann. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist wirklich etwas – und da, glaube ich, sind wir uns alle einig – aus den Zeiten der Monarchie, als der Bürger dem Kaiser nicht direkt von Angesicht zu Angesicht entge­gentreten durfte. Ich glaube, diese Zeiten sind wirklich längst vorbei.

Ich möchte aber eine Idee, die wir seitens des BZÖ auch als Antrag in einem anderen Ausschuss bereits eingebracht haben, weiterdenken, nämlich dass man zum Beispiel Volksbegehren über das Internet initiieren kann und dass Volksbegehren so möglich sind, denn diese Überlegung ist, glaube ich, sehr, sehr wichtig, gerade auch jetzt im Zusammenhang mit der Diskussion des Bildungsvolksbegehrens, wo auch diskutiert wurde, dass das Interesse für Volksbegehren bei den Leuten sinkt: Das interessiert niemanden mehr und so weiter.

Ich glaube, es ist heute nicht mehr zeitgemäß, dass man nur zu bestimmten Zeiten im Rathaus, in der Gemeinde vorsprechen kann, dort mit Ausweis seine Unterschrift leis-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 237

ten muss, sich vielleicht freinehmen muss, damit man dorthin gehen kann. Das ist also mit sehr vielen Mühen verbunden, und das wollen die Leute heute nicht. Sie wollen ei­nen einfachen, direkten Weg wählen. Daher müsste man wirklich andenken, ob diese Initiierung auf elektronischem Weg nicht eine mögliche wäre. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wären da nicht die Vorreiter, denn es gibt ähnliche Modelle in England. Wenn Sie sich erinnern, meine werten Kolleginnen und Kollegen, wir waren in Deutschland, da gibt es bereits auch so ein Modell. Natürlich muss es klare Kriterien gegen Missbrauch geben, und so weiter. Die Expertenmeinungen in Österreich, was ich zumindest gehört habe, sind auch sehr, sehr positiv. Ich denke, es würden auch Volksbegehren wie zum Beispiel das Bildungsvolksbegehren wesentlich mehr Unterstützung bekommen, wenn dieser Zugang einfach, schnell und unbürokratisch ist. Das sollten wir immer vor Augen haben!

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, moderne Demokratie braucht moderne Bürgerbeteiligung. Ich werde mich als Obfrau dieses Ausschusses weiter dafür einset­zen, und ich hoffe auch sehr, dass die anderen Fraktionen mich nicht nur unterstützen, sondern auch mitgehen. – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Steibl.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen kurzen Zwischenstopp machen. Ich möchte den Dank, den jetzt viele an mich gerichtet haben, wirklich an die Parlamentsdirektion weitergeben, die da sehr unbüro­kratisch und den Ausschuss unterstützend tätig war. Frau Abgeordnete, Sie waren ja auch im Nachhinein bei mir, und wir haben es ja schon vereinbart: Ich plane auch, in regelmäßigen Abständen in Absprache mit dem gesamten Ausschuss Publikationen über die einzelnen Bürgerinitiativen – denn ich glaube, da muss man zwischen Petitio­nen und Bürgerinitiativen unterscheiden – zu machen.

Es geht darum, zu sehen, was eingelangt ist und wie es behandelt worden ist. Dies dient dazu, dass man den Initiativen auch etwas in die Hand geben kann, auch als Re­sultat der Arbeit, zur besseren Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Das werden wir bis Mitte nächsten Jahres hingekriegt haben. Das dient, glaube ich, auch Ihrer Unter­stützung und Ihrer Arbeit. – Das ist so weit auch nur eine Informationsweitergabe, kei­ne Wortmeldung.

*****

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Bravo Harald!)

 


21.12.53

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Danke, Werner! – Frau Präsidentin, ich kann eigentlich nahtlos an das anknüpfen, was Sie gerade gesagt haben, und darf auch der Kollegin Haubner versichern: Immer wenn es um mehr Demokratie geht, sind wir Grünen an deiner/Ihrer Seite.

Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich in den letzten Tagen von einer speziellen Ini­tiative/Petition mehrere Mails bekommen habe. Da geht es um die Schule, um die freie Schulwahl. Und, Frau Präsidentin, ich werde mir nicht anmaßen, Sie zu korrigieren, aber ich möchte vielleicht doch als Gedankenanstoß mitgeben, dass auch diese Peti­tionen von Bürgerinnen und Bürgern kommen, die sich engagieren, die eine Initiative einbringen und die, glaube ich, schon das Recht haben, dass wir das, was sie uns mit­teilen, auch ernst nehmen und entsprechend diskutieren.

Bei dieser Petition beispielsweise ist das jetzt nicht der Fall. Da ist relativ großer Frust bei Eltern entstanden, die das Gefühl haben, sie haben sich engagiert, sie haben Un-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 238

terschriften gesammelt, sie haben Argumente für die freie Schulwahl gesammelt, ha­ben diese Argumente an uns, den Nationalrat, herangetragen, und das Ergebnis aus Sicht dieser Eltern ist gegen null tendierend.

Bei all dem Dank, Frau Präsidentin, der heute an Sie gerichtet worden ist, lassen Sie mich auch eine Forderung an Sie richten, nämlich dass Sie sich für diese Sache auch verstärkt einsetzen. Es geht bei diesen Schulen in freier Trägerschaft im Prinzip darum, dass sie konfessionellen Schulen gleichgestellt werden. Wir haben im Unterrichtsaus­schuss schon intensiv darüber diskutiert. Wir Grünen haben mehrere Anträge dazu ein­gebracht. Alle diese Anträge sind jetzt auf die lange Bank geschoben. Es gibt im Un­terrichtsausschuss ein spezielles Verfahren, um solche Anträge zu beerdigen. Das ist auch unseren Anträgen passiert. In diesem Zusammenhang möchte ich dieser Initiative nicht wünschen, dass dasselbe geschieht. Aber dass das wenigstens dem Unterrichts­ausschuss zugewiesen wird, das, glaube ich, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Ich möchte nur einen kurzen Ausschnitt aus diesem Mail eines Vaters aus Graz vorle­sen, der sein Mail mit der Feststellung beendet: Also hätte sich ja die Initiative Freie Schulwahl jetzt die Arbeit sparen können. – Und das ist Frust. Das ist das, was wir in Österreich gerade in Zeiten wie diesen nicht brauchen können. Wir brauchen enga­gierte Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen froh sein, wenn sich Bürgerinnen und Bür­ger einbinden. Und von daher sollte das auch eine Warnung sein. Desinteresse und Frustration bei Bürgerinnen und Bürgern sind genau das, was wir vermeiden sollten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Weninger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.16.30

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zum Reformfortschritt und zur Arbeitsweise des Ausschusses gehört, glaube ich, zur Vervollständigung auch noch ein Lob an die Vorsitzende, die Frau Kollegin Haubner. Im Zusammenhang mit der Gesamtarbeit, den Erneuerungen der letzten Monate und Jahre hat sich auch die Diskussion hier im Plenum über die Arbeit des Petitionsaus­schusses wesentlich verbessert. Ich sehe all diese Entwicklungen tatsächlich als ein Zeichen einer gefestigten demokratischen Verfasstheit. (Beifall des Abg. Hornek.)

Worüber wir uns aber einmal in einer gesonderten Runde auseinandersetzen sollten – das betrifft die Wortmeldungen des Kollegen Walser und vorher des Kollegen Pirklhu­ber –, ist die Frage der Eigeninterpretation unserer Arbeiten, was zugewiesen werden soll und ob die Art der Behandlung, wie sie jetzt geschieht – mit intensiven Beratungen, Einholung von Stellungnahmen, die wir auch über die Ministerien hinaus ausgeweitet haben, ASFINAG, andere Dienststellen, und Diskussionen im Petitionsausschuss –, tatsächlich eine ist, die demokratiepolitisch nicht so zufriedenstellend ist, wie das die Kollegen der Grünen, aber auch die Frau Kollegin Winter hier artikulieren.

Ich bin aus Sorge um die Qualität des Petitionsausschusses der Meinung, dass auch Enderledigungen möglich sein müssen. Ich möchte keinen Ausschuss, der de facto nur eine Briefkastenfunktion übernimmt, indem man einlangende Bürgerinitiativen und Petitionen nach deren Inhalt an den zuständigen Fachausschuss weiterleitet. Damit würde der Petitionsausschuss seine politische Schlagkraft verlieren. Ich glaube, dass darüber diskutiert gehört, auch um, was Kollege Walser jetzt angesprochen hat, die Österreicherinnen und Österreicher zu ermutigen, Bürgerinitiativen einzubringen und die Online-Petition wahrzunehmen, um so am demokratischen Prozess noch mehr teil­zuhaben als in der Vergangenheit.

Ich wollte ursprünglich einige Worte zu der Anti-AKW-Initiative sagen. Wir haben die zahlreichen Petitionen zum Atomausstieg sehr ausführlich mit den ExpertInnen disku-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 239

tiert und dem Umweltausschuss zugewiesen. Darüber hat im Petitionsausschuss große Übereinstimmung geherrscht. Ich sehe diese Petitionen auch als ein Signal der posi­tiven Unterstützung der Initiativen seitens der Bundesregierung – mit der Erklärung, mit dem ersten Anti-AKW-Gipfel, mit der Entschließung des Nationalrates. Diese Kombi­nation aus parlamentarischer Tätigkeit, Arbeit der Bundesregierung und Engagement der Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen wird uns inhaltlich in unserem gemein­samen Anti-AKW-Konsens weiterbringen. Ich hoffe, dass wir als Umweltausschuss da­rüber auch einen guten Bericht an den Petitionsausschuss rückmelden können. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Jury zu Wort. – Bitte.

 


21.20.01

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann in diese vorangegangene Lobhudelei gewisser Abgeordneter von Rot und Schwarz nur bedingt einstimmen oder nicht einstimmen (Ruf bei der SPÖ: Entweder – oder! – Zwischenruf der Abg. Silhavy), weil ich immer wieder der Meinung bin, dass man gerade den Bürgerinitiativen, die wirklich sehr viel Herzblut, Engagement und Ini­tiative in ihre Tätigkeit und ihre Anliegen gegenüber der Politik stecken, die Wertschät­zung, wie es die Frau Abgeordnete Lohfeyer gesagt hat, nicht angedeihen lässt und dieses Engagement eigentlich einfach enderledigt. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum letzten Ausschuss, zum Atom-Hearing noch ein paar Anmerkungen: Es ist wirklich eine große Sauerei, sage ich jetzt einmal – Frau Präsidentin, verzeihen Sie meinen Ausdruck –, dass wir als österreichische Bundesregierung immer noch Mitglied im Eu­ratom-Vertrag sind. Das ist widersprüchlich und eine große Sauerei, wie Sie sagen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Austreten!) 22 Millionen € stecken wir jährlich in den Euratom-Vertag, um die Atomlobby zu stärken. Die Gewinne, die diese Atomlobby, die Konzerne einfahren, und die Verluste, die irgendwann kommen werden, sollten soziali­siert werden, das heißt, sie sollten von der Allgemeinheit getragen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil wir beim vorigen Punkt über die Landwirtschaft diskutiert haben, möchte ich noch auf Folgendes eingehen: Es gibt immer wieder gute Petitionen und Bürgerinitiativen für eine gesunde, für eine bäuerliche Landwirtschaft. Der Test der Stiftung Warentest, der Konsumentenschützer, von Olivenöl hat gezeigt, dass da auf Teufel komm raus ge­pantscht wird und dass die Konsumenten belogen werden. (Der Redner hält die aktuel­le Ausgabe des Magazins „Konsument“ in die Höhe.) Die EU jedoch schafft mit 1. Ap­ril 2011 noch Verordnungen, dass der Anteil von Alkylester – das sind Lipide, das sind Fettsäuren von verdorbenen Früchten – im Olivenöl noch angehoben werden kann.

Das ist nicht die Politik, die wir uns von der Europäischen Union erwarten, das ist nicht der Weg, der auf ein freies Österreich und freie Bürger abzielt. (Beifall bei der FPÖ.) Diese Politik ist hintanzustellen, damit wirklich dieser Gedanke der freien Bürger Eu­ropas wieder Platz greift. (Beifall bei der FPÖ.)

21.23

21.23.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jury, ich gebe Ihnen noch die Möglichkeit, den Ausdruck „Sauerei“ zurückzunehmen. (Abg. Jury: Nein!) – Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 240

21.23.29

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollege Jury, ich glaube, in der Atomfrage ist eines wichtig, nämlich dass wir hier in diesem Haus ge­schlossen sind, und dass wir hier in diesem Haus den Weg festlegen, wie Österreich sich insgesamt in die Atomfrage einbringt. Es geht darum, wie wir durch Geschlossen­heit dieser Frage begegnen können.

Aus meiner Sicht hat dieses Hearing auch wesentlich dazu beigetragen, dieses Thema weiterhin zu sensibilisieren und Aufmerksamkeit zu wecken. Diese Anti-Atom-Petition ist eine wichtige Unterstützung für die Arbeit der Bundesregierung, und ich glaube, es ist wichtig, dass wir über Parteigrenzen hinweg Nuklearenergie ablehnen, da es keine beherrschbare Energie und keine Option für die Zukunft ist. Also raus aus Atom, hinein in erneuerbare Energien! Österreich hat ja trotzdem noch Austauschstrom, und ich glaube, es ist wichtig und muss unser oberstes Ziel sein, dass wir uns komplett aus der Atomenergie zurückziehen.

Diese Petitionen zeigen, dass es in Österreich möglich ist, auf direktem Weg Anliegen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger zu transportieren. Wenn man die 47 Petitio­nen aus diesem Sammelbericht betrachtet, sieht man, hier gibt es unterschiedlichste Anliegen. Ich glaube, es ist eine tolle Möglichkeit, das Demokratieverständnis zu för­dern und zu optimieren, und es ist die Chance und die Möglichkeit, auch öffentlich zu diskutieren. Als Abgeordneter, so ist mein Empfinden, und ich habe einige Petitionen eingebracht, ist es auch sehr hilfreich und gibt einem ein gutes Gefühl, wenn man mit den Leuten mitarbeitet und mitdiskutiert und das damit hier direkt einbringen kann.

Es geht in diesem Ausschuss darum, dass wir zukünftig noch mehr Menschen in den politischen Prozess mit einbinden. Gerade diese Online-Plattform, muss ich sagen, ist wirklich eine tolle Sache und wichtig für die Zukunft, damit sich auch speziell junge Menschen einbringen können und sich ganz unkompliziert am Prozess einer Petition oder einer Bürgerinitiative beteiligen können.

Abschließend eine Petition, die ich selbst eingebracht habe: Sofortiger Baustopp am Brenner-Basistunnel. Es waren im Tiroler Wipptal 30 000 Personen betroffen, elf Bür­germeister sind an mich herangetreten, und wir haben diese Petition eingebracht. Es wurden die Stellungnahmen eingeholt, und aus diesen Stellungnahmen kann man rückschließen, dass jetzt ein klarer Fahrplan besteht. – Wenn es einige auch nicht wahrhaben wollen, aber es gibt Beschlüsse dazu und es gibt einen klaren Fahrplan.

Daher: Petitionen und Bürgerinitiativen bringen mehr Demokratie, mehr Mitsprache und mehr Chancen, und wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass wir diese Chancen für unsere Bürgerinnen und Bürger nützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Lausch gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.26.18

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich komme zur Petition 81, zu einer Petition, die sehr interessant ist. Diese wurde vom Abgeordne­ten Ewald Sacher von der SPÖ eingebracht. Es ist immer so eine Sache bei den Pe­titionen und Bürgerinitiativen, denn die verkommen leider Gottes in letzter Zeit immer mehr zu einem PR-Gag. So auch diese. Da hat es zwar ein schönes Fotoshooting mit allen Parteien in der Säulenhalle gegeben, da war der Kollege Sacher natürlich auch gleich voll und live dabei, aber wenn man sich dann den weiteren Verlauf dieser Peti­tion anschaut – da komme ich wieder auf die Kollegin Winter zurück –, stellt man fest, da kommt es im Prinzip zu einem Begräbnis erster Klasse.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 241

Man hat das dann im Ausschuss behandelt, und am 5. Oktober 2011 hat man im Aus­schuss mit Mehrheit die Kenntnisnahme beschlossen – nichts anderes. Man hat diese Petition schubladisiert, man hat dem Verein Neue Thayatal-Bahn natürlich Hoffnungen gemacht, dass man diese Bahn reaktivieren wird, obwohl man ganz genau weiß, dass Teile dieser Bahn schon seit Jahren stillgelegt sind. Dieses doppelbödige Spiel geht weiter, auch seitens des Koalitionspartners, denn der macht es natürlich nicht anders und ist da auch nicht viel ehrlicher.

Da übernimmt Landeshauptmann Pröll 2008, rechtzeitig zur Landtagswahl, 28 Neben­bahnen in Niederösterreich, eine davon diese Thayatal-Bahn, wo man auch ganz ge­nau weiß, dass man die nicht betreiben kann, dass man Streckenteile schon stillgelegt hat. Der ganze „Quargel“ ist natürlich, dass man gar nicht vorhat, diese Bahnen zu be­treiben. (Abg. Höllerer: Sie kennen sich ja gar nicht aus!) Man will nur Wählertäu­schung betreiben, da können Sie jetzt noch so herunterschreien. Reine Wählertäu­schung betreibt ihr da, kein ehrliches Spiel! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da seid ihr mit dem Koalitionspartner schon eins, wenn es darum geht, PR-Gags zu machen, Fotos in der Säulenhalle zu machen, um das in Wahlkampfzeiten zu nutzen. Dann nimmt man es auf, dann wird es zur Kenntnis genommen, schubladisiert, und dann – da bin ich schon bei der Kollegin Winter – gibt es ein Begräbnis erster Klasse. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


21.28.58

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Lausch! Ich spreche auch zur Petition 81. Auch mir sind die Hintergründe dieser Petition bekannt, ich kenne die Initiatoren dieser Petition und habe heute Vormittag noch einmal mit einem dieser Initiatoren ein Gespräch ge­führt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Der Hintergrund dieser Petition ist bekannt. Die Thayatal-Bahn ist Teil eines Gesamt­konzeptes, einer Grundsatzvereinbarung zwischen Bund, Land Niederösterreich und den ÖBB, die im Jahr 2010 – hat also nichts mit den Landtagswahlen zu tun – abge­schlossen worden ist. Es geht dabei um die Übernahme von 28 Regionalbahnen, die damals vom Land Niederösterreich übernommen wurden.

Der Ausschuss hat zwei Stellungnahmen zu diesen Petitionen eingeholt, eine vom BMVIT und eine vom Bundesministerium für Finanzen. Beide Stellungnahmen beinhal­ten negative Aussagen zur Bundeszuständigkeit. In der Stellungnahme des BMF wird darauf hingewiesen, dass mit Jänner 2011 dem Land Niederösterreich eine aufrechte öffentliche Eisenbahnstrecke übergeben wurde und dass sämtliche Entscheidungen über die Zukunft dieser Bahnstrecke, auch des ehemaligen Streckennetzes, in die Zu­ständigkeit des Landes Niederösterreich fallen.

Meine Damen und Herren! Es gibt viele Betrachtungsweisen für regionale Verkehrs­politik, und jedes einzelne Anliegen ist nicht für alle Menschen von gleicher Bedeutung. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass man auch vonseiten des Landes mit den Proponen­ten dieser Petition und dieser Initiativen Gespräche führen muss – für eine Weiterent­wicklung in der Region und auch für eine Weiterentwicklung im Hinblick auf die Nach­barschaftsbeziehungen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 242

21.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Let­tenbichler. – Bitte.

 


21.31.13

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich zu der von mir eingebrachten Petition betreffend Errichtung von Lkw-Stellplätzen in Angath durch die ASFINAG zu Wort melden.

Zu Ihrer Information und zur Information der sicherlich noch zahlreichen Zuschauer via ORF 3 einige Daten dazu: In Angath bestehen derzeit 43 Stellplätze, und diese Zahl soll laut ASFINAG auf 210 verfünffacht werden. Ich darf vorwegschicken, dass ich den Transit, den Lkw-Verkehr per se nicht verteufle, im Gegenteil, ich bekenne mich dazu. Es ist wichtig, dass wir eine zeitgemäße und effiziente Verkehrsinfrastruktur haben, da­mit Lkws rollen können, die die Güter des täglichen Bedarfs bringen. Sie beliefern auch unsere Betriebe – ich spreche hier für Tirol –, sie versorgen sie mit Rohstoffen, mit Gü­tern, die weiterverarbeitet und dann ausgeliefert werden können. Ebenso ist es wichtig, dass Lkw-Fahrer, um ihre Lenk- und Ruhezeiten einhalten zu können, menschen­würdige Möglichkeiten vorfinden, zu duschen, sanitäre Anlagen zu nützen, beziehungs­weise auch in Sicherheit zu schlafen. Das ist auch wichtig.

Deswegen ist es für mich unverständlich, dass die ASFINAG entgegen ihrer bisherigen Position handelt. Sie hat sehr gute und schöne Anlagen – Parkplätze, Lkw-Stellplätze – entlang der Inntal-Autobahn angelegt, im Bereich von Zirl/Inzing, in Vomp, in Weer und in Münster. Nun verletzt sie eigentlich den Grundsatz, solche Stellplätze fernab vom Siedlungsgebiet anzulegen, denn die Lkw-Stellplätze in Angath befinden sich unmit­telbar beim Siedlungsgebiet, nicht einmal 100 Meter entfernt von den ersten Häusern der Siedlung Fürth.

Diese Situation führt zu Verunsicherung und war auch der Grund dafür, dass hunderte Angather bei einer Bürgerversammlung im September, unterstützt durch die Gemein­deführung, in einer heißen Diskussion mit der ASFINAG, mit den Verantwortlichen, ih­rem Unmut Ausdruck verliehen haben. Ein erster Etappenerfolg ist gelungen. Es ist nun zu einer Studienerstellung gekommen, heute sollte die Studie eigentlich fertig sein. Der Bedarf wird grundsätzlich erhoben, und zwar nicht nur in Tirol, sondern im ge­samten Korridorbereich von Rosenheim bis nach Brixen. Auf diese Studie freuen wir uns, denn sie ist ein Signal für Transparenz. Man hat damit einmal eine Grundlage, dieses Thema auch anhand von Zahlen zu diskutieren.

Ich vermisse hier aber die Unterstützung des Koalitionspartners auf Landesebene, ich erwarte mir mehr Mut, mehr Einsatz in Innsbruck. Erst vor wenigen Wochen haben wir diesen Einsatz vermisst, als die Verkehrsministerin sich nicht mehr von einem Maut­zuschlag im Unterinntal abbringen lassen wollte. 25 Prozent soll dieser Mautzuschlag ausmachen. Dabei kommt natürlich nur die heimische Wirtschaft zum Handkuss, hei­mische Betriebe müssen mit diesem Standortnachteil leben. Diese Unterstützung und ein stärkeres Auftreten gegenüber der Parteikollegin auf Bundesebene fordern wir nun vom Koalitionspartner ein.

Wie man es macht, hat der Landtag gezeigt. Dort gibt es einen Allparteienantrag, und um die Unterstützung, die wir da erfahren haben, ersuche ich Sie auch hier im Hohen Haus. Schauen wir gemeinsam, dass diese große Anzahl – mit 210 Stellplätzen wäre das die größte Anzahl an Lkw-Stellplätzen in Gesamttirol – nicht realisiert wird! Ich lade Sie um Unterstützung ein und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Aber die Maut-Idee war vom Herrn Platter! – Weitere Zwi­schenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Neugebauer: Aber nur, weil du in Rufweite bist!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 243

21.35.23

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Her­ren des Hohen Hauses! Der Bericht über die Petitionen und die vier Bürgerinitiativen wurde von den Vorrednern schon ausführlich kommentiert. Ich möchte nur auf die Bürgerinitiative Nummer 27 eingehen, die sich mit der außerordentlichen Zulassung zur Landesberufsschule von Jugendlichen und Personen, die in einer Initiative des Ar­beitsmarktservice stehen, befasst. Wie schon angeführt, wurde diese Bürgerinitiative von über 7 100 Personen unterstützt.

Im Berufsausbildungsgesetz, genauer gesagt in § 23 Abs. 5, ist die ausnahmsweise Zulassung zur Lehrabschlussprüfung bereits geregelt, jedoch ist für diese Personen der Besuch der Berufsschule nur bedingt möglich. Mit der Abänderung des § 46 des Schulorganisationsgesetzes soll nunmehr auch für Jugendliche, die qualifizierungs- und lernwillig sind, und für jene Personen, die in Ausbildungsmaßnahmen des AMS stehen, die Möglichkeit geschaffen werden, zur Erleichterung des Lehrabschlusses und damit einer Berufsqualifikation den Anspruch stellen zu können, die Landesberufs­schule zu besuchen. Damit ist natürlich auch eine wesentliche Erleichterung verbun­den, sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können.

Geschätzte Damen und Herren! Die Öffnung dieser Tür, es diesen Personen und Ju­gendlichen zu ermöglichen, die Berufsschule zu besuchen, um zu einem Lehrab­schluss zu kommen, ist uns ein wichtiges Anliegen. Das wurde schon im Ausschuss ausreichend diskutiert, und ich freue mich, dass Einstimmigkeit verzeichnet werden konnte.

Ich glaube, dass wir nicht nur vom Standpunkt der bildungspolitischen Gerechtigkeit, sondern auch aus volkswirtschaftlicher Sicht gut beraten sind, diese Bürgerinitiative im Unterrichtsausschuss zu behandeln. Dieses Land braucht Facharbeiter, und ich bin überzeugt davon, dass wir diese Bürgerinitiative positiv behandeln werden – im Sinne unserer Jugend und im Sinne der Qualifikationen, die ein wichtiges Fundament für den Menschen in der Gesellschaft darstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. Ich mache den SPÖ-Klub darauf aufmerk­sam, dass es eine Gesamtrestredezeit von 5 Minuten gibt. – Bitte.

 


21.38.46

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsident! Ich werde diese Restredezeit nicht ausnützen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Meine Damen und Herren, der heutige Sammelbericht aus dem Petitionsausschuss umfasst 43 Petitionen und vier Bürgerini­tiativen. Alleine 30 Petitionen befassen sich mit dem weltweiten Atomausstieg. Damit wird auch im Petitionsausschuss sehr deutlich gemacht, dass das Thema Atomstrom und Atomkraftwerke die Menschen bewegt. Es waren Petitionen, die von den Städten und Gemeinden in den Gemeinderatssitzungen beschlossen wurden.

Es ist gut und wichtig, dass diese Petitionen in den Gemeinderatssitzungen beschlos­sen wurden. Aber richtig wäre es im Sinne einer verstärkten Demokratie auch, den Ta­gesordnungspunkt Petitionen und Bürgerinitiativen nicht schon wieder als einen der letzten Tagesordnungspunkte hier in diesem Haus festzulegen, sondern zu versuchen, ihn als Punkt eins der Tagesordnung festzulegen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Petzner.) Wenn man bedenkt, wie viele Menschen hinter diesen Petitionen und Bür­gerinitiativen stehen, ist es notwendig, dass dieser Tagesordnungspunkt als Punkt eins festgelegt wird.

Ich appelliere an die Klubobmänner, an den Kollegen Cap genauso wie an den Kolle­gen Tschop, Kopf (Heiterkeit bei der FPÖ) – alle anderen fehlen ja in diesem Haus –,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 244

bei der nächsten Präsidiale auf ihre Klubdirektoren einzuwirken und auch selbst darauf zu schauen, dass der Tagesordnungspunkt Petitionen und Bürgerinitiativen als Tages­ordnungspunkt 1 festgelegt wird, und dass auch mehr Zeit für diesen Tagesordnungs­punkt vorhanden ist.

Kollege Lausch, eines muss man auch sagen: Es wird im Petitionsausschuss nicht ver­sucht, es zu einem Begräbnis erster Klasse kommen zu lassen. In diesem Petitions­ausschuss werden Petitionen nicht nur als Show behandelt, sondern es wird versucht, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Anliegen hier in diesem Haus vertreten zu können. Es wird auch versucht, diesen Menschen zu zeigen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen. Wenn wir durch Stellungnahmen, die eingeholt werden, feststellen, dass eine Petition oder eine Bürgerinitiative abgehandelt werden kann, so werden wir das eben mit dieser Erklärung hier in diesem Haus machen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, hätten wir hier mehr Zeit, dann könnten wir auch jede ein­zelne Petition und Bürgerinitiative ausführlich behandeln und erklären, wieso es zu die­ser Enderledigung gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Und die SPÖ hat keine Redezeit mehr!)

21.41

21.41.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1420 der Beilagen hinsichtlich der Petitionen Nr. 46, 75, 77 bis 97, 99 bis 103, 105 bis 111, 114 bis 116, 118 bis 120, 122 und 123 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 26, 27, 30 und 31 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.42.1311. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1624/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Information in EU-Angelegenheiten erlassen wird („EU-Informationsgesetz“, „EU-InfoG“) (1444 d.B.) (Dritte Lesung)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesord­nung.

Da der vorliegende Gesetzentwurf bereits in zweiter Lesung angenommen wurde, kommen wir zur dritten Lesung.

Ich lasse nun in dritter Lesung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1444 der Beilagen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Le­sung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.43.0112. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolle-


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ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) ge­ändert wird (1445 d.B.) (Dritte Lesung)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Da der vorliegende Gesetzentwurf bereits in zweiter Lesung angenommen wurde, kommen wir nun zur dritten Lesung.

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes findet die dritte Lesung frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung statt.

Die zweite Lesung wurde am 20. Oktober 2011 abgeschlossen. Somit ist die 24-stün­dige Frist erfüllt.

Der vorliegende Gesetzentwurf kann gemäß § 82 Abs. 2 Z. 2 der Geschäftsordnung nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich lasse über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1445 der Beilagen in der Fassung des Beschlusses in dritter Lesung abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Le­sung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich ange­nommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

21.44.4313. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsge­setz 1975 geändert wird (1623/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Ta­gesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Stadler, zu Wort. Ich stel­le die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. Ich mache darauf aufmerksam, dass eine Ge­samttagesrestredezeit von 12 Minuten existiert. – Bitte.

 


21.45.17

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag ist rasch erklärt. Der § 91 unserer Geschäftsordnung sieht Folgendes vor, ich zitiere: „Anfragen, die ein Abgeordneter innerhalb einer Tagung an die Bundesregierung oder an eines ihrer Mitglieder richten will, sind dem Präsidenten schriftlich mit mindestens vier Abschriften zu übergeben.“

Das heißt also, zum einem ist die Schriftlichkeit vorgesehen, und zum anderen ist das Ganze aber auf einen Zeitraum begrenzt, nämlich innerhalb der Tagung. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Die Aufgabe der Abgeordneten, die Exekutivgewalt zu kontrollieren, ist mittlerweile zu einer immer bedeutenderen parlamentarischen Aufgabe geworden.


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Es ist nicht einzusehen, warum während der tagungsfreien Zeit, sprich während der Sommerpause, keine parlamentarischen Anfragen möglich sein sollen, zumal das Gan­ze ohnehin schriftlich abgewickelt wird und daher technisch ohne weiteres möglich ist. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass in mehreren Landtagen auch während der Sommerzeit, also auch während der tagungsfreien Zeit, parlamentarische Anfragen auf Landtagsebene möglich sind. Wenn das auf Landtagsebene möglich ist, dann bin ich der Meinung, dass es auch auf Bundesebene ohne weiteres administrierbar ist.

Es gibt keinen vernünftigen sachlichen Grund, warum wir während der Sommerpause keine parlamentarischen Anfragen an die Regierung stellen können, zumal aufgrund der relativ langen Beantwortungsfrist ohnehin eine zu Beginn der Sommerpause ge­stellte parlamentarische Anfrage erst zu Beginn der Herbsttagung wieder in Beant­wortung vorliegen wird. Ich meine daher, dass diese Regelung antiquiert ist. Durch die Streichung der Worte „innerhalb einer Tagung“ – das ist eine relativ einfache Maß­nahme – könnte diesem Umstand Rechnung getragen werden, und es könnten auch während der tagungsfreien Zeit, also während der Sommerpause, parlamentarische Anfragen von den Abgeordneten gestellt werden. (Beifall beim BZÖ.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. Es gibt 2 Minuten Gesamtrestredezeit. 1 Minute. – Bitte.

 


21.47.24

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Gerade in dieser GP haben wir zahlreiche Geschäftsordnungs­diskussionen gehabt, und ich wäre fast angeleitet, zu sagen, wir haben Marathonbe­sprechungen gehabt. Es wurden auch einige wichtige Beschlüsse, was die Geschäfts­ordnung betrifft, umgesetzt.

Ich kann mir durchaus vorstellen – ich lade alle Fraktionen dazu ein –, dass wir dieses Thema bei der nächsten Gelegenheit aufgreifen. Man wird dann sehen, wie die Diskus­sionen sind. Wir haben ja bei der Geschäftsordnung einiges im Fluss. Das würde die Diskussion noch zusätzlich bereichern. Grundsätzlich glaube ich, dass wir da auch et­was zusammenbringen könnten. Ich lade dazu, wie schon gesagt, alle sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

21.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Brosz gelangt nun zu Wort. 3 Minuten Redezeit; Gesamtrestredezeit für Ihre Fraktion: 7 Minuten. – Bitte.

 


21.48.10

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Ich habe fast befürchtet, dass wir wieder alle eingeladen werden. Das Problem bei der Geschäftsordnung ist, dass wir meistens einladen, dass aber nichts geschieht. Gerade in diesem Fall ist der Antrag natürlich hochgradig berechtigt. Kollege Pendl, es war übrigens auch so, dass zumindest die Grünen diese Forderung – ich weiß nicht, ob das die anderen Fraktionen auch gemacht haben – bei den Punktationen der Geschäftsordnung in den letzten Ver­handlungsrunden immer wieder eingebracht haben. Es liegt sozusagen schon lange vor.

Gerade angesichts der Debatten in den letzten Monaten hinsichtlich Korruptionsver­dacht, hinsichtlich aufklärungswerter Vorgänge ist es völlig antiquiert, dass über zwei Monate de facto keine Anfragen eingebracht werden können; da hat Kollege Stadler vollkommen recht. Wenn man es genau nimmt, stimmt das ja gar nicht, im Bundesrat geht es nämlich schon. Da kommt dann das lustige Spiel zustande, dass man die glei­chen Anfragen über den Bundesrat spielen muss. Es macht einfach überhaupt keinen Sinn mehr, daran festzuhalten.


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Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir zumindest diesen Punkt vielleicht einmal un­bürokratisch, ohne großartige andere Reform durchsetzen können. Da brauchen wir nicht lange einzuladen. Das kann man relativ rasch machen, das sollte innerhalb kür­zester Zeit gehen. Es wäre im Sinne der parlamentarischen Kontrolle an der Zeit, diese antiquierte Regelung aufzuheben. (Beifall bei den Grünen.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich weise den Antrag 1623/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

21.49.3914. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jän­ner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafge­setzbuch – StGB), BGBl. I Nr. 111/2010, geändert wird (1652/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Antragsteller Dr. Hübner erhält zunächst das Wort. 4 Minuten Redezeit; Gesamt­restredezeit 8 Minuten. – Bitte.

 


21.50.10

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um Folgendes: Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass diejenigen, die das Gastrecht in Österreich missbrauchen, die sich also hier niederlassen und straf­fällig werden, das Land verlassen müssen.

Das ist auch in unserer Rechtsordnung so vorgesehen, aber in einer nicht effektiven und, wie wir meinen, nicht sinnvollen und viel zu teuren Weise. Es ist nämlich so, dass der rechtskräftigen Verurteilung in einem Strafverfahren erst ein Verwaltungsverfahren nach dem Fremdenpolizeigesetz folgen muss, und in diesem Verwaltungsverfahren, das bis zum Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof durchgezogen werden kann, ist dann zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot vorliegen.

Das ist sehr ineffektiv und teuer, und das zeigt sich auch in der Statistik: Im Jahr 2010 hatten wir in etwa 12 400 Verurteilungen von Ausländern wegen Straftaten, und in le­diglich 2 400 Fällen, also in etwa 20 Prozent, wurde ein Aufenthaltsverbot verhängt. Das heißt, in 80 Prozent der Fälle der Verurteilung von Straftätern wurde kein Aufent­haltsverbot verhängt. Und in den 20 Prozent der Fälle, in denen es verhängt wurde, wurde es erst – in vielen Fällen, nicht immer, aber in vielen Fällen – nach jahrelangen Verfahren, die teilweise bis zu den Höchstgerichten gingen, verhängt.

Zu diesem Zeitpunkt war ein Teil der Leute unauffindbar, abgetaucht und so weiter, so­dass diese 20 Prozent auch nicht annähernd die Zahl derjenigen, die tatsächlich nach der Straffälligkeit das Land verlassen mussten, darstellen. Diese Zahl ist weit geringer und dürfte bei 12, 13 Prozent liegen. Unerfreulich!

Angesichts des Redens über Verwaltungsvereinfachung, über Sparzwang und ange­sichts der generellen Notwendigkeit, Gesetze durchzusetzen, haben wir daher über die Grenzen gesehen und geschaut, wie die Dänen das heuer im Sommer geregelt haben.

Sie haben das sehr einfach gemacht, sie haben den Verlust des Aufenthaltsrechts, al­so das Aufenthaltsverbot als Nebenfolge in das Strafverfahren eingeführt. Es gibt also kein weiteres Verfahren, sondern – wie bei uns etwa der Amtsverlust – bei Verurteilung


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zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr wird das Aufenthaltsverbot dort auto­matisch verhängt, sofern nicht zwingend internationale Verträge entgegenstehen. Das ist etwa dann der Fall, wenn in dem anderen Land die Todesstrafe droht wegen eines anderes Deliktes oder weil der Betreffende wegen Todesdrohung oder Ähnlichem ge­flüchtet ist.

Wir haben legistisch vorgeschlagen – und das ist in dem Antrag so formuliert –, dass dem § 27 – das ist der Paragraph des Strafgesetzbuches, der die Nebenfolge des Amtsverlustes vorsieht – ein weiterer Absatz, ein dritter Absatz hinzugefügt wird, in dem als eine weitere Folge bei ausländischen Straftätern, also bei Straftätern mit nicht­österreichischer Staatsbürgerschaft, dann, wenn sie wegen eines Vorsatzdeliktes oder eines grob fahrlässig begangenen Deliktes verurteilt werden, die Landesverweisung, das Aufenthaltsverbot automatisch auszusprechen ist.

Mit dem Strafverfahren ist daher das fremdenpolizeiliche Verfahren miterledigt. Ein all­fälliges Rechtsmittel gegen diese Nebenfolge ist mit einem allfälligen Rechtsmittel ge­gen die Hauptverurteilung abzuwickeln.

Das wäre effektiv, kostengünstig und würde die Rechtsordnung durchsetzbar machen. Dagegen sollte es nach unserer Ansicht keine Einwendungen geben. Wir können im Laufe des Verfahrens über alles diskutieren. Man kann darüber reden, ob die von uns vorgeschlagene zwanzigjährige Dauer zu lang ist, ob man mit zehn Jahren auskommt oder mit 15 Jahren.

Man kann auch darüber diskutieren, ob man gewisse Bagatelldelikte von dieser auto­matischen Folge ausnimmt, aber im Kern sollte das, so glaube ich, eine effektive, günstige, rasche und vereinfachende Regelung werden, die unsere Strafordnung und ihre Durchsetzbarkeit verbessert. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. 1 Minute Gesamtrestredezeit. – Bitte.

 


21.54.07

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich halte diesen Antrag erstens für legistisch falsch, zweitens für völlig überzogen und drittens auch nicht dem dänischen Modell entsprechend.

Erstens: Falsch ist er deswegen, weil es eine grobe Fahrlässigkeit in Strafverfahrens­bestimmungen nicht gibt. Daher kann man nicht davon ausgehen.

Zweitens: Stellen Sie sich vor, Sie verurteilen einen angesehenen Geschäftsmann, der hier lebt, hier sein Geschäft hat, wegen eines Autounfalls wegen fahrlässiger Körper­verletzung! Dann müsste er auf 20 Jahre ausgewiesen werden. Unmöglich, diese Fol­ge abzuleiten!

Und die Dänen selbst haben das an eine einjährige Haftstrafe gebunden. Sie würden das an Fahrlässigkeit binden. Ich halte das für weit überzogen, undurchführbar und ei­nen sehr schlechten legistischen Antrag. (Beifall bei der SPÖ.)

21.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


21.55.00

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Kollege Wittmann, ich muss Ihnen gratulieren: Sie haben es geschafft, in einer Minute alles Wesentliche über diesen An­trag zu sagen, aber das liegt natürlich am Antrag; insofern war das nicht so schwierig. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Aber trotzdem mein Kompliment.


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Ergänzend: Wie manipulativ in diesem Antrag mit Zahlen umgegangen wird: Da ist von Tatverdächtigen die Rede, da kommt man dann auf die große Summe von 69 188.

Das sagt natürlich gar nichts aus. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Ihr steirischer Partei­obmann Kurzmann war ein Tatverdächtiger. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Er wurde halt freigesprochen. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) In Ihrer Statistik würde Sie ihn als Tatverdächtigen führen.

Anschließend sagen Sie, diese Zahlen würden für sich sprechen, und sagen dann, nur 2 421 haben ein Aufenthaltsverbot bekommen. Zuerst schaffen Sie künstlich eine gro­ße Zahl, und dann stellen Sie dieser die kleine Zahl gegenüber und erwecken so den Eindruck, als ob es sich bei den Tatverdächtigen um Verurteilte handeln würde. Das ist natürlich Unsinn. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Zweitens: Der Antrag – und da habe ich sowieso schon gesagt, dass da der Kollege Wittmann alles gesagt hat  ist ein Unsinn. Er ist überschießend. Sie gehen gar nicht darauf ein, um welches Delikt es sich handelt, um welchen Strafrahmen, um welche Strafhöhe – alle diese Unterscheidungsmerkmale interessieren Sie nicht.

Der Antrag ist unverhältnismäßig, weil Sie nicht darauf eingehen, welche Bindung die betroffene Person zu diesem Land hat. Er ist systemwidrig: Jetzt ist das im Fremden­polizeigesetz geregelt, Sie zersplittern die Rechtsgrundlage.

Aber er ist wahrscheinlich auch EMRK-widrig, weil Sie nämlich, KollegInnen von der FPÖ, einen Automatismus vorsehen, mit 20 Jahren auf einen relativ langen Zeitraum abzielen und damit ein Aufenthaltsverbot für den gesamten EU-Raum bewirken. Und das wird in der Regel nicht mit dem Recht auf Familienleben nach der EMRK vereinbar sein.

Dieser Antrag wird im Ausschuss zu diskutieren sein, das lässt sich nicht vermeiden. Ansonsten ist alles gesagt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stad­ler. – Bitte.

 


21.57.16

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Kollege Steinhauser, über die juris­tische Qualität des Antrages kann man tatsächlich streiten, aber EMRK-widrig ist er nicht.

Selbstverständlich ist es, wenn ein Richterspruch im Interesse der Republik ist, das heißt, der öffentlichen Ordnung, dann zulässig, einen Aufenthaltsverbotstitel gegen ei­ne betreffende Person, die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar­stellt, auszusprechen. (Abg. Mag. Steinhauser: 20 Jahre?) – Auch die EMRK sieht keine Jahresfrist vor, sondern es geht darum, ob es vom Grundsatz her zulässig ist oder nicht – und es ist zulässig! – Das ist das Erste.

Das Zweite ist, dass man hinsichtlich der Schwere eines Deliktes durchaus auch der Meinung sein kann, dass 20 Jahre gerechtfertigt sind.

Was nicht gerechtfertigt sein kann, ist bei Fahrlässigkeit. Bei Fahrlässigkeit halte ich das erstens für falsch, denn: Es gibt keine grobe Fahrlässigkeit mehr in unserem StGB. Und zweitens halte ich das für Fahrlässigkeitsdelikte wirklich nicht für angebracht. Je­mandem zu unterstellen, dass er damit gezielt gegen die Rechtsordnung des Gastlan­des verstößt, ist einfach nicht richtig.

Man kann über das Anliegen des Antrages durchaus vernünftig diskutieren, aber dieser Ansatz ist falsch. Richtig ist, dass man darüber diskutieren kann, ob mit dem Urteils-


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spruch im Sinne der Verkürzung der Verfahren – das ist auch Verfahrensökonomie – nicht gleichzeitig als nebenfolgender Rechtsspruch des Gerichtes ein Aufenthaltsverbot miterledigt werden soll. Das macht Sinn.

Das ist ja auch bei Politikern der Fall; wenn sie etwa zu einer mehr als zwölfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt werden, dann ist zwingend der Amtsverlust damit verbunden.

Ich habe dazu zwei Auffassungen. Erstens bin ich der Meinung, dass man hier durch­gängig – ich glaube, der Amtsverlust ist auch im § 27 geregelt – bleiben sollte, auch die Rechtsfolge eines mehrjährigen – und jetzt kann man es abstufen – Aufenthaltsver­botes, das als Nebenfolge ausgesprochen wird, an eine Verurteilung von zwölf Mona­ten unbedingter Haft zu knüpfen.

Damit ist eigentlich relativ klar, welche Delikte das sind. Das ist dann keine Neben­sächlichkeit mehr, wenn eine zwölfmonatige unbedingte Haft damit verbunden ist.

Und das Zweite ist, dass man dann auch sagen kann, dass ein mehrjähriges und auch langjähriges Aufenthaltsverbot damit verbunden ist. Das heißt, in einer abgeänderten Form kann man darüber durchaus diskutieren und dann auch, so meine ich, mit einer Einschränkung auf Vorsatzdelikte, die mit einer mehr als zwölfmonatigen rechtskräfti­gen Freiheitsstrafe verbunden sind, ein Aufenthaltsverbot aussprechen. Das halte ich für sinnvoll und für verfahrensökonomisch, denn im Verwaltungsverfahren ist es ja dann auch so. Es ist ja jetzt schon so. Das ist ja geltende Rechtslage. Wenn man den Antrag richtig einschränkt, würde es Verfahrensökonomie bedeuten, dass alles, was später durch die Fremdenbehörde auszusprechen ist, vorher schon gleichzeitig beim Urteilsspruch des Gerichtes miterledigt wird.

Meine Damen und Herren, was ich zum Schluss noch gerne gewusst hätte, ist, warum sich die ÖVP eigentlich nie mehr an den Debatten betreffend erste Lesungen von An­trägen beteiligt.

Interessiert Sie das nicht mehr oder spricht der Koalitionspartner schon für Sie? – Ich weiß es nicht, ich hätte es ganz gerne gewusst. Es würde mich einfach nur als Abge­ordneter, als Parlamentarier interessieren, Herr Präsident Neugebauer, warum Ih-
re Fraktion sich an keiner Debatte mehr beteiligt.
(Beifall bei BZÖ und Grünen. – Abg. Petz­ner: Zu faul zum Arbeiten!)

Oder wollen Sie die erste Lesung abschaffen? – Die ÖVP hat also keine Meinung zur Frage, ob man während der Sommerpause zumindest einmal parlamentarische Anfra­gen stellen darf. (Abg. Neugebauer: Das ist sonnenklar!) – „Das ist sonnenklar“; dann hätten wir das gerne gehört.

Darf ich für das Stenographische Protokoll festhalten: Präsident Neugebauer sagt für die ÖVP: „Das ist sonnenklar“, nämlich? Zustimmung oder Ablehnung? – Zustimmung. Selbstverständlich Zustimmung. Bravo! (Beifall des Redners sowie Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Ich bin der Meinung, wir sollten dem Herrn Präsidenten Applaus zollen, denn damit haben wir sozusagen durch meinen Debattenbeitrag auch geklärt, was die ÖVP will. Das ist ja auch eine Möglichkeit. Sie können das gerne über mich machen, nur nicht mehr lange. Leider! Nicht mehr lange. Also Sie werden darüber diskutieren müssen, ob Sie sich an den Erste-Lesung-Debatten noch beteiligen.

Herr Präsident! Kann man noch eine Meinung erfahren zu diesem Antrag, der jetzt in Debatte steht? Der Herr Justizsprecher? Herr Justizsprecher, können wir auch noch eine Meinung der ÖVP für das Stenographische Protokoll transportieren? (Abg. Mag. Donnerbauer: Nach der Sitzung!) – „Nach der Sitzung“. Also gut, die ÖVP disku­tiert so etwas grundsätzlich nur nach der Sitzung. Okay, das ist auch ein Zugang zum Parlamentarismus.


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Er entspricht eher der Mauschelqualität, die ist in der Geschäftsordnung nicht vorgese­hen. Aber gehen wir einmal davon aus, dass wir nach der Sitzung ein wenig mit der ÖVP weitermauscheln müssen. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1652/A dem Justizausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.02.15Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1720/A(E) bis 1726/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 9769/J bis 9802/J eingelangt.

Schließlich sind die Anfragen 68/JPR und 69/JPR der Abgeordneten Grosz, Kollegin­nen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.03 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.02.54Schluss der Sitzung: 22.02 Uhr

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Parlamentsdirektion

1017 Wien