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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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204. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 23., und Freitag, 24. Mai 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

204. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 23., und Freitag, 24. Mai 2013

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 23. Mai 2013: 9.05 – 24.00 Uhr

Freitag, 24. Mai 2013: 0.00 – 0.03 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Inter­nationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank

4. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subven­tionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internatio­nalen Währungsfonds

5. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen

6. Punkt: Bericht über den Produktpirateriebericht 2012 der Bundesministerin für Finanzen

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinder­teneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeits­ver­tragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1498/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend systematische Erfassung der zum Gleichbehandlungsgesetz ergangenen Entscheidungen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1988/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beweislast im Gleichbehandlungsgesetz

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1632/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Straftatbestandes „Zwangsehe“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1905/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sensibilisierung von Unternehmen gegenüber Wie­der­einsteigerinnen

12. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013), und Bericht über den

Antrag 2155/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine existenzbedrohende Reduktion der Grundförderung des ÖBSV (Österreichischen Behindertensportverbandes)

13. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2011/3

14. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2012/6

15. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2011/2

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 17

Ordnungsruf ................................................................................................................. 137

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen betreffend die für diese Sitzung vorliegende Tagesordnung:

Herbert Scheibner .................................................................................................  17, 18

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 18

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 18

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 19

Unterbrechung der Sitzung .................................................................  51, 118, 127, 227

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 13547/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 54

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 173

Redner/Rednerinnen:

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 173

Staatssekretär Sebastian Kurz ................................................................................. 176

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 178

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ... 179

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 181

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 182

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 184

Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1623/A der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 11. Juni 2013 zu setzen – Ablehnung  54, 293


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 3

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 55

Wortmeldungen in Bezug auf eine Äußerung von Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter im Rahmen ihrer Ausführungen zu Tagesordnungs­punkt 1:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 88

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 89

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .........................  117, 226

Fragestunde (29.)

Bundeskanzleramt ....................................................................................................... 19

Kai Jan Krainer (205/M); Konrad Steindl, Josef Bucher, Mag. Bruno Rossmann, Mag. Roman Haider

Mag. Wolfgang Gerstl (203/M); Mag. Rainer Widmann, Mag. Daniela Musiol, Maximilian Linder, Dr. Peter Wittmann

Elmar Podgorschek (202/M); Kai Jan Krainer, Adelheid Irina Fürntrath-Moretti, Dr. Wolfgang Spadiut, Mag. Werner Kogler

Mag. Werner Kogler (207/M); Mag. Gernot Darmann, Dr. Christoph Matznetter, Gabriel Obernosterer, Stefan Petzner

Josef Bucher (209/M); Dr. Ruperta Lichtenecker, Bernhard Themessl, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Gabriele Tamandl

Ing. Robert Lugar (208/M); Mag. Wolfgang Gerstl, Gerald Grosz, Mag. Bruno Rossmann, Alois Gradauer, Mag. Elisabeth Grossmann

Mag. Christine Muttonen (206/M); August Wöginger, Gerhard Huber, Karl Öllinger, Ing. Christian Höbart, Martina Schenk

Mag. Silvia Grünberger (204/M); Stefan Petzner, Dieter Brosz, MSc, Harald Vilimsky, Dr. Josef Cap

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  51, 229, 239

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend: Bankgeheimnis erhalten statt EUdSSR gestalten! (14873/J) ...................................... 127

Begründung: Mag. Rainer Widmann ......................................................................... 132

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................. 137

Debatte:

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 139

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 142

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 144

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 146

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 149


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 4

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 152

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 154

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 156

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 158

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 160

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 162

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 164

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 167

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ... 169

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 170

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 172

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2251 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2320 d.B.)      ............................................................................................................................... 55

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ..... 55

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 57

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 58

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 64

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 65

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 70

Ing. Robert Lugar ................................................................................................  71, 112

Bundeskanzler Werner Faymann ......................................................................... ..... 74

Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 76

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 77

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 79

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 80

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ..... 82

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 83

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 86

August Wöginger .................................................................................................... ..... 90

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 91

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 92

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 94

Franz Glaser ............................................................................................................ ..... 97

Kurt List ................................................................................................................... ..... 98

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ..... 99

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 100

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 102

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 103

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 109

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 109

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 110

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 113

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 114

Ing. Franz Windisch ................................................................................................ ... 115

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen betreffend 7 Punkte für den Universitätsstandort Österreich – Ableh­nung ...........................................  68, 117


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 5

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Finanzierungslücke in Millionenhöhe für Umsetzung der FTI-Strategie und Vorlage eines Forschungsfinanzierungsgesetzes – Ableh­nung ..................................................  96, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend: mehr Mittel für die Entwick­lungs­zusammenarbeit! – Ablehnung (namentliche Abstimmung) .......................................................................................................  102, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend: Steuern senken statt Geld an Banken verschenken! – Ablehnung ...............................................  106, 120

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 117

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2264 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (2344 d.B.) .......................... 120

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2266 d.B.): Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (2345 d.B.) .............................................................................................. 120

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2296 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subventions­konto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Interna­tionalen Währungsfonds (2346 d.B.) ...................................... 120

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2301 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen (2347 d.B.) .................................................................................................................... 120

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 120

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 122

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 123

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 124

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 125

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 185

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 186

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ... 189

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 190

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 191

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 193

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 193

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 194

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ... 195

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2344, 2345 und 2346 d.B. ................................ 196

Genehmigung des Staatsvertrages in 2347 d.B. ......................................................... 197

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Produktpirateriebericht 2012 der Bundesministerin für Finanzen (III-405/2343 d.B.) ......................................................................................... 197

Redner/Rednerinnen:

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 197

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 200


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 6

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 201

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 202

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 203

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ... 204

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 205

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 206

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ernest Windholz, Kollegin und Kolle­gen betreffend Verschärfung der Produktpirateriebekämpfung – Ablehnung ....................................................  199, 207

Kenntnisnahme des Berichtes III-405 d.B. ................................................................... 207

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungs­vorlage (2300 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsan­walt­schaft, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleich­stel­lungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (2326 d.B.)           ............................................................................................................................. 207

8. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1498/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend systematische Erfassung der zum Gleichbehandlungsgesetz ergan­genen Entscheidungen (2327 d.B.) ......................... 207

9. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1988/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beweislast im Gleichbehandlungsgesetz (2328 d.B.) .................................................................................................................... 207

Redner/Rednerinnen:

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 208

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 209

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 210

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 212

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 213

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 214

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 215

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 216

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 218

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 221

Christine Marek ....................................................................................................... ... 221

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 223

Irene Szep ................................................................................................................ ... 224

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 225

Johann Hell .............................................................................................................. ... 225

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Diskriminierung im Gleichbehandlungsgesetz – Ablehnung (namentliche Abstimmung)  219, 226

Annahme des Gesetzentwurfes in 2326 d.B. .............................................................. 226

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2327 und 2328 d.B. .......................... 229

Zuweisung des Antrages 1498/A(E) an den Justizausschuss .................................... 229


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 7

10. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den An­trag 1632/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Straftatbestandes „Zwangsehe“ (2329 d.B.) .................................................................................................................... 229

Redner/Rednerinnen:

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 229

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 230

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 231

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ............................................................................... ... 231

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 232

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 233

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2329 d.B. ................................................... 234

11. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1905/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sensi­bilisierung von Unternehmen gegenüber Wiedereinsteigerinnen (2330 d.B.) ............................................................................... 234

Redner/Rednerinnen:

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 234

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 235

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 236

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 236

Ursula Haubner .......................................................................................................... 237

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 238

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2330 d.B. ................................................... 239

Zuweisung des Antrages 1905/A(E) an den Familienausschuss ................................ 239

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (2149 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013), und über den

Antrag 2155/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine existenzbedrohende Reduktion der Grundförderung des ÖBSV (Österreichischen Behindertensportverbandes) (2305 d.B.) ..................................................................... 240

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 240

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 243

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 244

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 246

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 248

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 251

Bundesminister Mag. Gerald Klug ....................................................................... ... 253

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 256

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 258

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 259

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 259

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 260

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 261

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 261

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 262

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Verbleib der Sportart Ringen im Programm der Olympischen Spiele – Ablehnung ...............  250, 263


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung geeigneter leerstehender Sportstätten des Bundes­heeres für sportliche Zwecke – Ablehnung     252, 263

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 263

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2305 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Erhalt der Sportart Ringen im Programm der Olympischen Spiele (E 304) .......................... 263

13. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2011/3 (III-220/2331 d.B.) .................................................................................... 263

Redner/Rednerinnen:

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 263

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 264

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 265

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 266

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 267

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 268

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 269

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 270

Kenntnisnahme des Berichtes III-220 d.B. ................................................................... 274

14. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2012/6 (III-336/2332 d.B.) .................................................................................... 274

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp, MA ........................................................................................... 274

Johann Singer ......................................................................................................... ... 275

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 276

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 278

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 279

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 279

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 280

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 280

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend budgetäre Aufstockung für den Rechnungshof – Ablehnung ...............................................  276, 281

Kenntnisnahme des Berichtes III-336 d.B. ................................................................... 281

15. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2011/2 (III-208/2333 d.B.) .................................................................................... 281

Redner/Rednerinnen:

Johann Hell .............................................................................................................. ... 281

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 282

Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................................................................ ... 283

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 283

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 285

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 286

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 287

Johann Singer ......................................................................................................... ... 287

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 288

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 288

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 289

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ........................................................... ... 290


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 9

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 292

Kenntnisnahme des Berichtes III-208 d.B. ................................................................... 293

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 51

2334: Bauproduktenotifizierungsgesetz 2013 – BPNG 2013

2335: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrich­tun­gen

2336: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

2337: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

2338: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird (UWG-Novelle 2013)

2348: Bundesrahmengesetz zur Einführung einer neuen Ausbildung für Pädagoginnen und Pädagogen

2356: Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2013 – GesRÄG 2013

2357: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Justiz – VAJu

2358: Patent- und Markenrechts-Novelle 2014

2359: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen geändert wird

2360: Bundesgesetz, mit dem das Bankeninterventions- und -restrukturie­rungs­gesetz erlassen sowie das Bankwesengesetz und das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz geändert werden

Berichte ......................................................................................................................... 53

III-417: Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes über den Zeitraum Jänner bis Dezember 2012; BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend

III-418: Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2012; BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend

III-419: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Öster­reich 2012; BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend

III-420: Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2013; BM f. Wissenschaft und Forschung und BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Kostenbeteiligung in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) (2306/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 10

Ursula Haubner und Kollegen betreffend rasche Umsetzung der Gesundheitsberufe-Registrierung durch die überbetriebliche Interessenvertretung der zuständigen Berufs­verbände im Gesundheitsbereich (2307/A)(E)

Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014) (2308/A)

Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (WKG-Novelle 2013) (2309/A)

Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Ziviltechniker­kammergesetz 1993 geändert werden (2310/A)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend bedenkliche Aussagen des tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman über die Vertreibung der Sudetendeutschen (2311/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Deutsch als Wissen­schafts­sprache stärken (2312/A)(E)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Doppelgleisigkeiten ÖW und der AWO (2313/A)(E)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahme für Arbeits­kräfte im Tourismus (2314/A)(E)

Angela Lueger, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dramatische Situation in Syrien und deren Auswirkungen für die Region und auch für Europa (2315/A)(E)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung (2316/A)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Um­setzung des Rechts auf bilingualen Unterricht (2317/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung des Rechts auf bilingualen Unterricht (2318/A)(E)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Zuwendung für die Höhere Technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt Ferlach (2319/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern (Ökostromgesetz 2012 – ÖSG 2012) und das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz 2011 – GWG 2011), geändert wird, geändert werden (2320/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der Übergangs­fristen für die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Rumänien und Bulgarien (2321/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 11

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend budgetäre Aufstockung für den Rechnungshof (2322/A)(E)

Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und das Energie-Control-Gesetz geändert werden (2323/A)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesund­heitsberufe-Registrierung durch MTD-Austria (2324/A)(E)

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Einrichtung eines Kinder- und Jugendrates (2325/A)(E)

Ursula Haubner, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (2326/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung von Gemeinde­wachkörpern [(2293/A)(E)] [(Zu 2293/A)(E)]

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend: Bankgeheimnis erhalten statt EUdSSR gestalten! (14873/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Hisbollah-Drogendealer in Österreich (14874/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Konzept zur Unterbringung von „geistig Abnormen“ in der JA Sonnberg (14875/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufnahmeoffensive bei der Polizei – Dienstbehörde im Widerspruch (14876/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Bauvorhaben in Kasernen (14877/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Anzahl von Hisbollah-Mitgliedern in Österreich (14878/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend ein Dschihad-Rekrutierungsnetzwerk in Österreich (14879/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Geldwäsche in Österreich und die libanesische Hisbollah (14880/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Mitglieder des „Emirates Kaukasus“ in Österreich (14881/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Genehmigung der antisemitischen Al-Quds-Tag-Demonstration (14882/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 12

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Aufnahme der libanesischen Hisbollah in den Verfassungsschutzbericht (14883/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend den Hisbollah-Spezialisten Matthew Levitt in Österreich (14884/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahren gegen Fohnsdorfs Bürgermeister (14885/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Schwermetalle in Gartendüngemitteln (14886/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend neue Sektion V (14887/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gefahrenpotenziale durch militante Strukturen der Hisbollah (14888/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Hisbollah-TV in Österreich (14889/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend tschetschenische Asylanten im Syrienkrieg (14890/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Reparatur von Fahrzeugen der Post in Ungarn (14891/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ausflüge von zurechnungsfähigen geistig abnormen Rechtsbrechern (14892/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend die Wohnungsvergabe an Heeresangehörige (14893/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Neufestsetzung des Regelbedarfs gemäß § 140 ABGB (14894/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14895/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14896/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14897/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14898/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14899/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14900/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 13

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14901/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14902/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14903/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen an Vorfeldorgani­sationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regie­rungsparteien (14904/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP bezie­hungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14905/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14906/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14907/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Förderungen an Vorfeldorganisationen an SPÖ und ÖVP beziehungsweise an nahestehende Vereine der Regierungsparteien (14908/J)

Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend bessere Unterstützung für den Gedenkdienst (14909/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Gesundheit betreffend finanzielle Situation bei der Tiroler Gebietskran­kenkasse (14910/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend finanzielle Situation bei der KGKK (14911/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend finanzielle Situation bei der StGKK (14912/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Platznot an den Universitäten und die daraus resultierenden Schadensersatzklagen (14913/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dienstleistungen der Öster­reichi­schen Bundesforste AG (14914/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ehrenzeichenverleihung anstelle Amtsverlust nach Verurteilung gemäß § 111 StGB (14915/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 14

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umbau und Sanierung Justizzentrum Eisenstadt (14916/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Vorrückungsstichtag (14917/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Warnung der USA vor Anschlägen der Hisbollah in Europa (14918/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend geschlossene Kleinschulen (14919/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode – Bereich Sport, Verstärkung der Kooperation Sport und Bildung (14920/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Umsetzung des SP/VP-Regierungsprogrammes für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, Reform und Rahmenbedingungen des österreichi­schen Sports (14921/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die burgenlandkroatische Volksgruppe in Österreich (14922/J)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Anstellungsverhältnis von N.N. im Europäischen Rechnungshof und Dienstzuteilung zum österreichischen Rechnungshof (14923/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend illegale Straßenrennen (14924/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Bekämpfung der Schattenwirtschaft im Kfz-Handel“ (14925/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Nicht-Anhebung der Mittel für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit bei gleichzeitiger Anhäufung von Rücklagen (14926/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (14015/AB zu 14295/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (14016/AB zu 14293/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen (14017/AB zu 14301/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14018/AB zu 14302/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 15

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (14019/AB zu 14303/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (14020/AB zu 14314/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (14021/AB zu 14315/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14022/AB zu 14323/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (14023/AB zu 14305/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (14024/AB zu 14308/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (14025/AB zu 14310/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (14026/AB zu 14311/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (14027/AB zu 14312/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (14028/AB zu 14313/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14029/AB zu 14319/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14030/AB zu 14327/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen (14031/AB zu 14307/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen (14032/AB zu 14309/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14033/AB zu 14321/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14034/AB zu 14328/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14035/AB zu 14409/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (14036/AB zu 14410/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 16

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14037/AB zu 14317/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14038/AB zu 14318/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14039/AB zu 14324/J)

 


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 17

09.05.08 Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Darabos, Großruck, Ing. Hofer, Mag. Schatz und Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde voraussichtlich bis 10.30 Uhr live auf ORF 2 übertragen wird. ORF III überträgt die Sitzung live und in voller Länge.

Bevor wir nun zur Fragestunde kommen, hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

09.05.41 *****

 


9.05.43

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Meine Wortmeldung zur Geschäftsordnung bezieht sich auf die heutige Tages­ordnung. Ich habe namens des BZÖ in der letzten Präsidiale beantragt, dass dem Herrn Bundeskanzler die Gelegenheit gegeben werden sollte, heute hier als ersten Tagesordnungspunkt von sich aus eine Erklärung zu den Ergebnissen des letzten EU-Gipfels abzugeben, weil es dabei um so wichtige Dinge wie etwa das Bankgeheimnis in Österreich gegangen ist. Dazu gibt es ja unterschiedliche Meldungen: Die Frau Finanzministerin von der ÖVP hat sich lange als Verteidigerin dieses Bankgeheim­nisses geriert, der Herr Bundeskanzler hat das anders gesehen.

In der Präsidiale hat Herr Abgeordneter Cap gemeint, dass das durchaus möglich wäre, es aber davon abhängt, ob der Herr Bundeskanzler auch anwesend ist, denn wenn der Gipfel länger gedauert hätte, wäre das natürlich nicht der Fall gewesen. Jetzt sehe ich mit Freude, dass der Herr Bundeskanzler da ist und die Fragestunde gestal­ten wird, ich habe aber noch nicht erkennen können, dass sich das auf die Tages­ordnung ausgewirkt hätte.

Deshalb meine Frage, Frau Präsidentin: Haben Sie eine Information dahin gehend, dass der Herr Bundeskanzler – was eigentlich selbstverständlich ist – den österreichi­schen Nationalrat und die Bevölkerung hier authentisch über die Ergebnisse des letzten EU-Gipfels informieren wird? Ich hoffe, dass das so ist. Wenn nicht, sage ich auch gleich, wird das BZÖ ihm Gelegenheit geben, das im Rahmen einer Dringlichen Anfrage nachzuholen. (Beifall beim BZÖ.)

9.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheibner, Sie sind schon sehr lange im Haus, Sie kennen die Geschäftsordnung sehr genau und wissen, dass bereits seit gestern Abend – auch auf Ihrem Platz – die Tagesordnung für den heutigen Tag aufliegt, also einsehbar ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 18

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

 


9.07.32

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich glaube, Herr Abgeordneter Scheibner sollte sich ein bisschen die Augen reiben, einmal das linke, einmal das rechte, denn sogar im Teletext ist gestan­den, dass der Herr Bundeskanzler im Rahmen seiner Stellungnahme zum Bundes­finanzrahmengesetz auch über die Ergebnisse beim EU-Gipfel eine Erklärung abgeben wird. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Sie müssen nur zu einem Fernsehapparat gehen, kurz drücken, dann noch einmal drücken, Teletext, und dann ganz ruhig lesen. Sollten Sie das noch immer nicht wissen oder registriert haben, dann kommen Sie doch zu mir, ich sage Ihnen das noch einmal genau, aber halten Sie hier nicht sinnlos die Zeit auf, sondern lassen Sie uns endlich in die Fragestunde mit dem Herrn Bundeskanzler eintreten! (Beifall bei der SPÖ.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Noch einmal kurz zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


9.08.18

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Es stimmt, dass ich schon einige Zeit hier im Nationalrat Abgeordneter bin, es stimmt auch, dass Sie schon einige Zeit Präsidentin sind, deshalb möchte ich Sie nicht umgekehrt belehren, aber Sie wissen ganz genau, dass der Herr Bundeskanzler jederzeit, auf jeden Fall noch jetzt, vor Eingang in die Tagesordnung, die Möglichkeit hätte, eine Erklärung anzukündigen, und deshalb eine Tagesordnung, die gestern aus­gegeben worden ist, nicht unbedingt dem entsprechen muss, was wir heute hier debat­tieren und beschließen werden.

Herrn Kollegem Cap bin ich sehr dankbar dafür, dass er uns darüber informiert, dass nun der Teletext das Informationsorgan des Nationalrates über die Tagesordnung, über die wir hier debattieren, sein wird. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

9.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


9.09.05

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Wir haben das in letzter Zeit schon öfter erlebt, dass gerade Kollege Cap auch im EU-Hauptausschuss die neue Transparenz der SPÖ so interpretiert, dass man am besten in den Zeitungen nachliest. Ich sehe auch die Maßregelung von Abge­ordneten, die hier ein Anliegen vorbringen, in dieser Form nicht ein, noch dazu, wenn sie geschäftsordnungsgemäß völlig falsch ist. Natürlich hat der Bundesfinanzrahmen einen anderen Auftrag, als eine Erklärung des Bundeskanzlers zum gestrigen EU-Gipfel zu ermöglichen, gleichwohl da oder dort eine sachliche Verschränkung exis­tieren mag.

Zum Allerletzten: Natürlich wäre es sinnvoll, eine solche Erklärung hier zu debattieren, denn Sie wissen, dass das Recht der Fragestunde, das wir jetzt dann hoffentlich doch noch ausüben dürfen, einen ganz anderen Charakter hat.

Zusammengefasst: Es wäre sinnvoll, über derart weitreichende Gipfel-Debatten informiert zu werden, zumal wir in Österreich diese Dinge dauernd debattiert haben: Aufhebung des sogenannten Bankgeheimnisses?, Wird Steuerbetrug bekämpft oder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 19

nicht?, Was ist die Rolle der Frau Finanzministerin, des Herrn Bundeskanzlers? – Wochenlang widersprechen sie sich in den Zeitungen, die Sie uns als Informations­quelle empfehlen, also werden wir doch hier einmal darüber debattieren dürfen! Das vor dem Hintergrund, dass das Parlament in Österreich bei diesen Entscheidungen eigentlich ohnehin viel mehr zu reden haben sollte. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

9.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


9.10.23

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Auch wenn der Teletext, wie Herr Kollege Scheibner weiß, nicht das offizielle Informationsorgan des Parlaments ist, seit gestern spätestens ist die gesamte Tagesordnung bekannt, und ich weiß nicht, Herr Kollege Scheibner, ob Sie darauf irgendeine Erklärung des Bundeskanzlers finden. (Rufe beim BZÖ: Eben deshalb! Darum geht es ja!) Das ist nicht der Fall. (Abg. Scheibner: Richtig erkannt! – Abg. Mag. Kogler: Deshalb fordern sie’s ja!)

Kollege Kogler hat vollkommen zu Recht darauf verwiesen, es gibt beim Bundes­finanzrahmen eine unmittelbare Verschränkung zur Thematik, und wenn sich der Herr Bundeskanzler im Rahmen dieser Debatte dazu erklärt, ist das, glaube ich, aus­reichend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Der Amon hat nichts verstanden!)

9.11

*****

09.11.04Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen. Sie kennen die Regel. Der Herr Bundeskanzler wird vom Rednerpult der Abgeordneten die Beantwortung durch­führen.

Anfrage- und Zusatzfragesteller haben 1 Minute Redezeit, die Beantwortung der Hauptfrage durch den Herrn Bundeskanzler soll 2 Minuten nicht überschreiten und die der Zusatzfragen jeweils 1 Minute. Ich werde jedes Mal kurz vor Ende der Redezeit mit dem Glockenzeichen darauf hinweisen.

Bundeskanzleramt

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 205/M, des Herrn Abgeordneten Krainer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bun­deskanzler! Meine Frage bezieht sich – wenig überraschend – natürlich auch auf das, was beim Europäischen Rat war. Zunächst wollte ich Ihnen gratulieren zur Haltung, die Sie in der österreichischen Bundesregierung durchgesetzt und auch in Europa vertre­ten haben, nämlich dass der Kampf gegen Steuerhinterziehung, gegen Steuerbetrug wichtiger ist als das Bankgeheimnis für Menschen, die das Bankgeheimnis miss­brauchen, um Steuern zu hinterziehen. Das haben Sie in der Regierung durchgesetzt. Ich halte es für sehr gut und sehr richtig, dass Österreich das macht.

Meine Frage lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 20

205/M

„Was sollte Österreich auf europäischer Ebene unternehmen, um sich im Kampf gegen Steuerbetrüger und Steuerhinterzieher an die Spitze zu setzen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Abgeord­nete! Sehr verehrter Herr Abgeordneter Krainer, erstens möchte ich unterstreichen – was Sie in Ihrer Frage bereits formuliert haben –, dass gestern beim Europäischen Rat ein wichtiger Schritt gelungen ist, nämlich: festzulegen, dass wir bis Ende des Jahres in zwei Bereichen Entscheidungen, und zwar nicht nur möglicherweise, sondern tatsächlich treffen werden.

Eine Entscheidung wird sein, innerhalb der Mitgliedsländer der Europäischen Union einen automatischen Datenaustausch über ausländische Konten einzuführen. Das ist klar zu trennen vom österreichischen Bankgeheimnis für österreichische Bürgerinnen und Bürger, das davon nicht betroffen ist. Dieser Datenaustausch auf europäischer Ebene ist dringend notwendig geworden, und nicht nur diese, sondern mehrere Maßnahmen werden notwendig sein, um Steuerbetrug zu bekämpfen. Wir bekommen jeden Tag irgendeine neue Information über Steuerbetrug.

Zweitens ist dafür zu sorgen, dass auch Länder außerhalb der Europäischen einbe­zogen werden in Regelungen im Kampf gegen Steuerbetrug. Und deshalb ist diese Mandatserteilung wichtig gewesen.

Der dritte wichtige Bereich ist darüber hinaus auch die Frage, wie man bei Konstruk­tionen – englische Trusts kann man hier gut als Beispiel anführen –, die als Versteck, nicht für alle, aber für viele, als gutes Versteck gelten, entsprechende rechtliche Maßnahmen und Änderungen setzen kann.

Das heißt, dieses Thema ist umfangreicher, es geht um mehr als um diesen Daten­austausch, aber es sind damit gestern in einigen wichtigen Punkten, wie ich meine, die richtigen Maßnahmen eingeleitet worden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wir lesen jetzt wieder sehr aktuell – weil Konni Steindl von der Wirtschaftskammer hier ist –, dass es, während die Zehntausenden Klein- und Mittelbetriebe brav ihre Steuern in Österreich zahlen, internationale Kon­zerne gibt, die Milliardengewinne machen und fast gar keine Steuern bezahlen, und dass sich auf der anderen Seite auch sehr, sehr reiche Einzelpersonen in Kantonen in der Schweiz mit dem dortigen Finanzminister auf einen Fixbetrag einigen und dadurch weniger Steuern und Abgaben zahlen als jeder Einzelne in Österreich, auch als jene mit einem sehr, sehr niedrigen Einkommen von ein paar hundert Euro.

Was muss oder was kann Österreich tun, um diesen Steuerbetrug international, aber auch in Österreich zu bekämpfen, um den Kampf gegen Schwarzarbeit, Steuer­hinterziehung und so weiter noch stärker voranzutreiben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Das eine ist, zu bekämpfen, dass Betrug, der ja eigentlich nicht erlaubt ist im jeweiligen Land, deshalb unauffällig und ohne Kon­sequenzen bleibt, weil das Geld, dessen Herkunft nicht klar ist oder das nicht ver­steuert wurde, in anderen Ländern versteckt werden kann. Das bedeutet Transparenz, Datenaustausch.


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Das ist aus meiner Sicht der einzige Weg, um Ländern, die Betrüger verfolgen wollen, auch den Gerichten, den Finanzbehörden, die Möglichkeit zu geben, möglichst rasch und auch möglichst unkompliziert festzustellen, ob ein Betrug vorliegt oder nicht. All das, was in der Praxis langmächtig und schwierig und nicht durchführbar ist, schützt Betrüger, und daran hat Österreich gar kein Interesse, wir wollen ja an der Spitze der Betrugsbekämpfung stehen.

Das Zweite ist die Steuerharmonisierung, ein schwierigeres Thema. Wie kann man in Europa erreichen, dass wir nicht mit Steuerdumping – das gibt es ja in verschiedenen Bereichen – versuchen, gegenseitig Anreize zu schaffen, wer denn gerade jenen, die mehr beitragen könnten für das Gemeinwohl, die besten, sprich, günstigsten Steuern anbietet?

Beides ist gestern ausführlich diskutiert worden, und ich sehe hier einen wichtigen Fortschritt in der Europäischen Union. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Steindl.

 


Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Dr. Holzinger hat am 4. Mai 2013 im ORF-„Journal zu Gast“ klar gesagt, dass es in Österreich keine Bestimmung gibt, die Steuerhinterzieher schützen kann. Auch Sie, Herr Bundeskanzler, haben im ORF in der Sendung „Report“ am 21. Mai 2013 gesagt, dass das Bankgeheimnis in Österreich keine Behinderung für die Verfolgung von Steuerbetrügern ist, weil Sie natürlich wissen, dass, wenn Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht, selbstverständlich die Finanz Bankkonten, aber auch Sparbücher öffnen kann.

Welche Verschärfungen, Herr Bundeskanzler, in Bezug auf die Bekämpfung der Steuerhinterziehung in Österreich sind aus Ihrer Sicht noch notwendig?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Die Staatsanwälte der Korruptionsstaats­anwalt­schaft und auch darüber hinaus beklagen sehr oft, dass es doch auch langwierige Prozesse sind, die man wesentlich verkürzen könnte. Das heißt, auch in Österreich, wo wir ja die Banken verpflichtet haben, diese Daten nicht dem Staat weiterzugeben, aber innerhalb der Bank aufzubereiten, könnten diese Daten den Ermittlungsbehörden rascher zur Verfügung gestellt werden. Ich sehe hier durchaus noch Verbesserungs­möglichkeiten auch im eigenen Land, aber, wie Sie richtig gesagt haben, das österreichische Bankgeheimnis ist von dem Datenaustausch, der für die internationale und europäische Betrugsbekämpfung notwendig ist, nicht betroffen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Klubobmann Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Bundeskanzler, nur für den Fall, dass Sie es nicht wissen: Das BZÖ hat sich immer dafür eingesetzt, dass es zu einem Daten­austausch, was Nichtösterreicher betrifft, kommt. Nur für den Fall, dass Sie es falsch interpretieren, wenn ich Ihnen jetzt folgende Frage stelle:

Können Sie eine Garantie abgeben, dass für Österreicher das Bankgeheimnis auf­recht­erhalten bleibt, nachdem Sie jetzt auf europäischer Ebene die Zustimmung gegeben haben, dass es zu einem automatischen Informationsaustausch kommt, und es auch berechtigte Zweifel daran gibt, dass das Bankgeheimnis in dieser Form, wie es in Österreich jetzt angewendet wird, aufrechterhalten bleibt, und dass es nicht zu Konto-Schnüffeleien kommt, was von vielen befürchtet wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 



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Bundeskanzler Werner Faymann: Der Verfassungsdienst hat dazu klar Stellung genommen und gesagt, das österreichische Bankgeheimnis ist so aufrechtzuerhalten, weil hier eine klare, auch nachvollziehbare, auch rechtlich absolut begründbare Trennung zwischen ausländischen Konten und eine Gleichbehandlung innerhalb dieses Sektors ausländischer Konten erfolgt. Daher ist diese klare Trennung zu den Bestimmungen des österreichischen Bankgeheimnisses möglich, erklärbar und auch rechtlich vertretbar.

Ich gehe davon aus, dass das österreichische Parlament – noch dazu ist das eine Zweidrittelmaterie; wie Sie wissen, ist das ja mit Zweidrittelmehrheit abgesichert – nicht vorhat, das österreichische Bankgeheimnis zu verändern. Das müssen Sie als Abge­ordneter aber natürlich noch besser wissen als ich, ob es da Initiativen der Abge­ordneten gibt. Ich habe jedenfalls nicht vor, das österreichische Bankgeheimnis zu ver­ändern, und sehe in der Begründung des Verfassungsdienstes eine ausreichende Grundlage, das auch behaupten zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. (Ruf bei der ÖVP: Professor Rossmann!)

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Im Rahmen der Zinsenrichtlinie hätten Sie ja bereits mit heutigem Tag die Möglichkeit, den automatischen Informationsaustausch in Bezug auf die Bankkonten umzusetzen; da müssen Sie nicht warten, bis die Abkommen mit Drittstaaten geschlossen sind.

Warum tun Sie das nicht, und warum schützen Sie damit Steuerhinterzieher und Steuerbetrüger weiterhin so lange, bis die Abkommen mit Drittstaaten bestehen werden? (Bravoruf bei den Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wir haben gestern festgelegt, dass wir mit Ende des Jahres diese Einführung machen. Sie wissen, dass dem viele Diskussionen vorausgegangen sind. Ich möchte eine als durchaus berechtigt hervorheben, das ist die über den Datenaustausch, zu dem wir uns bekennen; ab Ende des Jahres sollen da auch die Beschlüsse voll gelten. – Und das sagen wir jetzt schon; das machen wir nicht von irgendwelchen Blockaden oder so abhängig, sondern da sagen wir jetzt schon ganz deutlich: Wir wollen das als Betrugsbekämpfung bewusst politisch auch verbunden haben mit einem gewissen Druckaufbau, dass auch andere Themen des Betruges einbezogen werden.

Es kann nicht sein, dass jetzt jemand sagt, damit ist der Steuerbetrug schon bekämpft, sondern wir haben durchaus unsere Zustimmung und unsere klare Haltung, die ich hier immer zum Ausdruck gebracht habe (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen), verbunden mit der Forderung, dass auch englische Trusts, dass auch Steueroasen, dass auch Länder, die nicht der Europäischen Union angehören, aber in diesem Tätigkeitsfeld sehr aktiv sind, nicht nur unter die Lupe genommen werden, sondern dass auch ein Druck auf sie ausgeübt wird, ebenfalls bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs mitzumachen. Ich halte es daher durchaus – auch von der Vorgangs­weise her – für eine richtige Vorgangsweise, und wenn es ab Ende des Jahres gilt, ist es ja wohl absehbar. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Haider.

 


Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundeskanzler! Praxis der Schweizer Banken ist es, den Anlegern von Schwarzgeld zu sagen: Du kannst zwar bei uns das Geld anlegen, aber es wird in Singapur bei einem verbundenen Bankinstitut verwaltet! Dieses Kapital steht dann der Wirtschaft in Asien


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zur Verfügung und tritt somit auch in Konkurrenz zu europäischen Unternehmen; die so produzierten Güter werden dann wahrscheinlich mit der neuen Breitspureisenbahn noch viel schneller direkt nach Österreich gebracht, von Verkehrsministerin Bures.

Angesichts dieser Praxis geht es gar nicht mehr so sehr darum, was auf europäischer Ebene beim Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung geschieht; ange­sichts dieser Praxis geht es darum, dass man Leuten wie Präsident Obama sagt, er muss seine Steueroasen in Delaware oder in Nevada trockenlegen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es ist daher auch die 

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Zeit ist abgelaufen! Die Frage, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Roman Haider (fortsetzend): Ich bin bei der Frage, Frau Präsident. (Rufe bei der SPÖ:  zu spät!)

Die Frage ist: Welche Maßnahmen gedenkt die EU bei diesen Steueroasen weltweit – und nicht nur innerhalb der EU – zu treffen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens würde ich auch die Meinung vertreten, dass es natürlich eine halbe Sache ist, wenn man Steuerbetrug nur in Europa bekämpft. Ich würde aber der Aussage, dass es keinen Sinn hat, hier in Europa eine Vorreiterrolle einzunehmen, widersprechen; im Gegenteil: Die moralische Legitimation, Steuerbetrug international zu bekämpfen, steigt, wenn Europa auch klare Spielregeln hat, im eigenen Bereich, dort wo es die Gestaltungsmöglichkeit zur Gänze in der Hand hat.

Wir haben gestern aber sehr wohl – wie Sie das auch angesprochen haben – für die Vertretung der Europäischen Union im internationalen Bereich – da gibt es die G 20 und andere formalisierte Formen des Treffens, darüber hinaus auch politisch viel weiter gehende – eine gemeinsame Politik beschlossen, wo wir das international voran­treiben. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es gilt nämlich wie bei anderen Themen auch: Gewonnen ist dieses Thema erst, wenn wir auch internationale Regelungen haben, die stark genug sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 203/M des Herrn Abgeordneten Mag. Gerstl. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Wir diskutieren in diesem Haus seit einiger Zeit die Stärkung der direkten Demokratie. Wir haben in der Zwischenzeit auch einen gemeinsamen Vor­schlag von SPÖ und ÖVP ausgearbeitet, und die Haltung der ÖVP ist klar, dass eine Volksabstimmung stattfinden soll, wenn 10 Prozent der Wahlberechtigten ein Volksbegehren unterschrieben haben. Nach dem letzten Volksbegehren über direkte Demokratie haben Sie sich auch positiv zur Stärkung der direkten Demokratie geäußert.

Ich spüre, dass wir hier im Haus sehr unterschiedliche Meinungen, teilweise auch in Ihrer eigenen Fraktion, zu diesem Thema haben, daher meine Frage:

203/M

„Welche Maßnahmen zur Stärkung der direkten Demokratie werden Sie vorschlagen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 



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Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens: Ich unterstütze den Initiativantrag, den Klubobmann Cap und Klubobmann Kopf erarbeitet und eingebracht haben. Sie wissen, Sie können sogar dafür stimmen, ich kann ihn nur unterstützen mit meiner Haltung. Das heißt, ich halte das durchaus für einen wichtigen Schritt. Neben der zentralen Wähler­evidenz ist mit der Möglichkeit, Volksbegehren elektronisch besser zu unter­stützen, aber auch der verbesserten Einbeziehung der Proponenten des Volks­be­gehrens in den parlamentarischen Prozess ein wichtiger Schritt erfolgt, wie ich meine.

Ich habe aber auch immer klargestellt, wenn die Abgeordneten dieses Hauses Wege suchen und finden, die darüber hinausgehen, wo man eine gewisse Anzahl an Unterschriften und damit eine starke Unterstützung aus der Bevölkerung für eine Initiative etwas stärken möchte – das Wort „Automatismus“ ist da nicht angebracht, glaube ich, aber die Worte „ernst zu nehmen“ und „umzusetzen“ sind angebracht –, wenn da also eine rechtliche und politische Möglichkeit, auf die sich die Abgeordneten einigen, gefunden wird, hat das meine Unterstützung. Auch ich habe ja ein Interesse daran, dass das österreichische Parlament, das ja die Verantwortung hat, etwa für die Formulierungen, die bei einer Volksabstimmung oder bei einer Volksbefragung vor­liegen, die Rahmenbedingungen für eine derartige verpflichtende Volksbefragung oder Volksabstimmung natürlich ausdiskutiert, dass diese Rahmenbedingungen also von den Abgeordneten gemeinsam geschaffen werden.

Ich bin überzeugt davon, da gibt es unterschiedliche Meinungen – nicht nur in meiner Fraktion, auch in anderen Fraktionen –, aber es schadet ja der parlamentarischen Diskussion nicht, wenn es verschiedene Meinungen gibt, und ich hoffe daher, dass dieser Prozess konstruktiv weitergeführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Gerstl.

 


Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, Ihre Antwort ermuntert mich, dass wir hier zusätzlich zu diesem Paket, das wir bisher ausverhandelt haben, noch weitere Schritte setzen können. Eine Möglichkeit dazu wäre nämlich, um den Willen des Bürgers wirklich ernst zu nehmen – und das sind jetzt auch Ihre Worte, die ich hier gerne gebrauchen möchte –, ohne eine Gesamtänderung der Bundes­verfassung, dass wir bei einer bestimmten Anzahl von Unterschriften in eine Volks­befragung gehen und damit zu noch mehr Klarheit in der Entscheidungsfindung kommen. Das wäre eine Möglichkeit, die wir auch vor der Wahl noch leicht beschließen könnten.

Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag, Herr Bundeskanzler?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn Sie so einen Vorschlag ausarbeiten, der natürlich Grund- und Freiheitsrechte – aber das brauche ich Ihnen nicht zu sagen – als Rahmenbedingungen berücksichtigt und die Handlungsfähigkeit des Parlaments, hier auch gestaltend einzugreifen – nicht einfach zu sagen: Egal, welche Frage, sie wird eins zu eins so vorgelegt, und egal, welche Grundrechte davon betroffen sind, das spielt alles keine Rolle!; ich bin überzeugt, dass Sie das sehr gewissenhaft prüfen werden –, dann können Sie sich auf mich verlassen; ich nehme ihn ernst und werde ihn sehr ernsthaft unterstützen, wenn er vorliegt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Widmann.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Bundeskanzler! Der Frust der Bürger über die etablierten Parteien ist sehr groß. Auch in wichtigen Lebensfragen –Thema EU, Thema Gentechnik, Thema Atom – fühlen sich die Menschen nicht mehr


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direkt vertreten. Sie wollen direkt mitsprechen. Wir seitens des BZÖ sind Verfechter des Ausbaus der direkten Demokratie. Was die Regierung vorgelegt hat, verdient diese Bezeichnung nicht, das sind nur Peanuts. Wir sind auch Vertreter der Volksgesetz­gebung, mit allen Problematiken, die dahinterstecken.

Seitens des BZÖ war unser Vorschlag daher, nach einem Volksbegehren, das 4 Prozent Unterstützung erreicht hat, zumindest verpflichtend eine Volksbefragung durchzuführen – und das ist auch ein Kompromissvorschlag hier im Parlament.

Was werden Sie tun, um diesen Vorschlag, diesen ersten Schritt in die richtige Rich­tung zu setzen, um die direkte Demokratie entsprechend auszubauen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich habe zur Stunde keinen gemeinsamen Antrag hier vorliegen, den ich als für die Regierung verantwortlicher Regierungschef kommentieren oder politisch aus meiner Sicht bewerten könnte. Sie erarbeiten das als Abgeordnete; wenn Sie so einen Vorschlag haben, legen Sie ihn bitte vor. Sie wissen, dass die Frage der Menschenrechte, die Frage von religiösen Einstellungen, die Frage von Minderheiten gewichtige Themen sind, die bei so einem gemeinsamen Antrag zu berücksichtigen sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Musiol.

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Bundeskanzler, Sie haben schon Ihre grundsätzliche Unterstützung für den Ausbau von direkter Demokratie angesprochen. Sie haben sich dazu auch öffentlich schon mehrfach zu Wort gemeldet. Die Diskussion im Parlament dauert schon sehr lange, nicht zuletzt Ihre Fraktion hat hier massive Bedenken gegenüber einer Volksabstimmung nach ausreichend unterstütztem Volksbegehren vorgebracht.

Wir Grüne haben da ein ganz klares Modell vorgelegt, und der Kompromissvorschlag aller Oppositionsparteien ist nun, eine Volksbefragung nach ausreichend unterstütztem Volksbegehren vorzulegen; die von Ihnen angesprochene Wahrung von Minderheiten­rechten, Grundrechten, Europarecht, Völkerrecht ist da natürlich enthalten, sonst wären die Grünen selbstverständlich nicht dabei. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Sie haben aber auch angesprochen, dass es in Ihrer Fraktion unterschiedliche Sicht­weisen gibt, meiner Wahrnehmung nach 

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage!

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (fortsetzend):  – das ist die Frage –, meiner Wahrnehmung nach von absolut kein weiterer Ausbau der direkten Demokratie bis hin zur Unterstützung unseres Modells (Rufe: Frage! Frage!), wie beispielsweise durch die Präsidentin. Wo finden Sie sich in diesem Spektrum?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn es eine Möglichkeit gibt, jene Menschen­rechte und Grundrechte, die Sie angesprochen haben, abzusichern, dann stehe ich dem Vorschlag, das bei einer gewissen Anzahl von Unterschriften so ernst zu nehmen, dass es nicht in einer Schublade verschwindet, sondern auch tatsächlich vorgelegt wird, sehr positiv gegenüber. Ich würde Sie aber schon ersuchen, dass Sie das im Bereich der Abgeordneten gemeinsam erarbeiten, denn Sie werden ja nicht von mir erwarten, dass ich eine Art Weisung erteile; Sie wissen, Abgeordnete haben zu Recht


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keine Weisung entgegenzunehmen, sondern nach ihrem eigenen Gewissen zu ur­teilen.

Wenn Sie mich aber danach fragen: Meine politische Sympathie hat es, hier die direkte Demokratie zu stärken; mir sind aber auch die Rahmenbedingungen sehr wichtig, die Sie auch angesprochen haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Linder.

 


Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie sich eine Art Automatismus einer verpflichtenden Volksabstimmung nicht vorstellen können. Umgekehrt haben Sie aber im Zuge Ihrer Kanzlertour – so werden Sie in mehreren Presseartikeln zitiert – gesagt, eine aus­reichend unterstützte Volksbefragung sollte oder kann problemlos in eine ver­pflich­tende Volksabstimmung münden.

Jetzt liegt vonseiten der Oppositionsparteien der Vorschlag vor, bei 4 Prozent bezie­hungsweise rund 250 000 Unterschriften eine verpflichtende Volksbefragung durchzu­führen. Stehen Sie noch zu Ihren Aussagen bei der Kanzlertour, oder haben Sie zwischenzeitlich Ihre Meinung geändert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich habe nicht einmal in der Berichterstattung das Wort „problemlos“ gelesen, denn mir ist natürlich völlig klar, dass der Teufel im Detail, weil in den grundsätzlichen Fragen steckt: Welche Rolle spielt das österreichische Parlament dann bei der tatsächlichen Fragestellung? Welche Materien sind wie erfasst? Welche Rechte sind zu schützen, und ist das möglich?

Das ist ja leicht ausgesprochen – Grundrechte, Menschenrechte, religiöse Rechte, das ist ja schnell aufgezählt (Abg. Strache:  gutes Beispiel!) –, aber wie sieht denn so ein Vorschlag tatsächlich aus? Daher habe ich sicher nicht das Wort „problemlos“ verwendet, dazu kenne ich die Gegensätze und auch die Aufgabenstellung zu genau.

Ich bleibe aber dabei: Ich würde es positiv sehen, die direkte Demokratie zu stärken. Ich habe übrigens in dieser Legislaturperiode, wie Sie wissen, eine derartige Volks­befragung unterstützt, habe das daher nicht nur theoretisch diskutiert (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), was auch notwendig ist, sondern habe hier mit Ihnen gemeinsam auch ein praktisches Beispiel gesetzt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Wittmann.

 


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Als Vorsitzender des Verfassungsausschusses bin ich sehr froh, dass Sie den Vorschlag der Klubobmänner Cap und Kopf unterstützen, weil das eine Weiterentwicklung der direktdemokratischen Möglichkeiten in diesem Land bietet; es gibt aber trotzdem eine Problematik, die ich hier ansprechen will.

Wie stehen Sie zu der Problematik, dass durch manche Maßnahmen der direkten Demokratie auch in die Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen wird? Was ist da Ihre Position und Ihre Stellungnahme dazu?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin überzeugt davon, Herr Abgeordneter, dass das der Grund für die längere Diskussion ist. Wenn unkompliziert feststellbar wäre, dass bei wesentlichen Fragen der Grund- und Freiheitsrechte, die zu schützen sind, eine einfache rechtliche Möglichkeit greift, dann hätten Sie sich schon geeinigt – so gut kenne ich nicht nur die Abgeordneten meiner Fraktion, sondern mittlerweile durch die


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Zusammenarbeit auch viele andere Abgeordnete dieses Hauses. Ich weiß daher, dass die Nagelprobe eines Vorschlages in diese Richtung genau bei den Grund- und Freiheitsrechten liegt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 202/M des Herrn Abgeordneten Podgorschek. – Bitte.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Wir haben ja heute auch schon gehört – nicht nur in den Medien, sondern es ist ja eingangs schon erwähnt worden –, dass Sie für den Fall des Bankgeheimnisses eintreten. Laut Ihrer eigenen Aussage soll das nur für Ausländer gelten. Wenn jetzt aber zum Beispiel ein EU-Bürger dagegen beruft beziehungsweise den Verfassungs­gerichtshof anruft, gibt es durchaus Experten, die es für möglich halten, dass es zu einer Gleichstellung kommen muss – und dann müsste das für Inländer auch fallen. In der BRD zum Beispiel kann eine Behörde jederzeit Einblick in die Konten nehmen, unter Missachtung der Privatsphäre.

Daher meine Frage:

202/M

„Wie wollen Sie sicherstellen, dass nach dem Ende des österreichischen Bankge­heimnisses keine Bankdaten von Sozialleistungsbeziehern, so wie derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gehandhabt, von den zuständigen Sozialbehörden auto­matisch abgefragt werden dürfen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Abgeordneter, da möchte ich doch die zwei Bereiche trennen. Das eine – was Kollege Bucher zu Recht angesprochen hat – ist die Frage, wie denn die rechtlichen Chancen stehen für jemanden, der behauptet, dass die Behandlung von ausländischen Konten übereinstimmen müsste mit der Behandlung von österreichischen Staatsbürgern und deren Bankgeheimnis. Da hat der Verfas­sungs­dienst eine klare Haltung. Ich schließe nie aus, dass es zu einem Themenfeld auch einen Juristen gibt, der anderer Meinung ist, aber da hat der Verfassungsdienst eine klare und, wie ich meine, eine sehr nachvollziehbare Haltung, indem er sagt: Es ist ja eine Gleichbehandlung ausländischer Konten.

Wenn jemand übersiedelt und bei uns lebt und daher kein ausländisches Konto mehr hat, sondern ein Konto eines österreichischen Bürgers, dann fällt er ja ohnehin ins österreichische Bankgeheimnis. Wenn man aber im Ausland lebt, dann werden eben alle Ausländer, egal, woher sie sind, gleich behandelt. Das erscheint mir rechtlich nachvollziehbar und richtig, und der Verfassungsdienst ist ja dazu da, hier die größtmögliche Sicherheit dieser rechtlichen Position auch auszudrücken. Das ist die eine Antwort.

Die andere, auf die Frage, wohin man die Daten schickt und an wen, wenn es in Österreich ein Bankgeheimnis vergleichbar dem deutschen gäbe, wenn also unser jetziges verändert wird, ist: Das beschließen ja Sie. Und da ich nicht davon ausgehe, dass sich das österreichische Bankgeheimnis ändert, stellt sich für mich auch nicht diese Folgefrage.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Podgorschek.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Ihr Experte Markus Marterbauer hat einmal im Expertenhearing festgestellt, dass man mit ungefähr


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300 000 € schon vermögend ist, andere Vertreter der Arbeiterkammer sagen, das ist bereits mit 150 000 € der Fall. Im Grunde genommen sind das ja nur bescheidene Woh­nungen oder bescheidene Einfamilienhäuser. Wenn jemand sich dann aber zusätzlich doch noch ein bisschen etwas erspart hat und das auf einem Konto liegen hat, dann könnte natürlich schon die Gefahr sein, dass auch das Finanzamt Einblick in diese Konten nimmt und das einer Eigentumssteuer oder Vermögensteuer unterliegen wird.

Können Sie garantieren, dass in Zukunft die Bankdaten inländischer Bürger nicht an das Finanzamt übermittelt werden, um eine allfällige Vermögen- oder Eigentumssteuer lukrieren zu können?

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ja, Herr Abgeordneter, Sie wissen doch, dass das österreichische Bankgeheimnis von Ihnen mit Zweidrittelmehrheit geschützt ist. Sie werden ja doch davon ausgehen, dass das Gesetz gilt, das Sie beschlossen haben, daher wird das an niemanden übermittelt. Die Vermutung, dass das bei 150 000 €, 300 000 € oder 500 000 € übermittelt wird, ist daher irrelevant, weil es nicht übermittelt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bei der ursprünglichen Frage ging es ja um Sozialleistungen, also um Armutsbekämpfung. Die wahrscheinlich erfolgreichste Form der Armutsbekämpfung ist, wenn Menschen Arbeit haben, von der sie leben können. Da war ja die Bundesregierung nicht unerfolgreich. Österreich ist eines der ganz wenigen Länder in der Europäischen Union, das heute mehr Arbeitsplätze hat als vor der Krise.

Was kann und was muss Österreich noch tun, um da noch besser zu werden und genug Arbeit für die Bevölkerung zu schaffen, damit die Arbeitslosigkeit weiter sinkt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin überzeugt davon, dass neben konkreter Unterstützung im Bereich Bildung, Ausbildung, Forschung, Entwicklung und Infra­struktur im eigenen Land diese Notwendigkeit auch für die europäische Ebene gilt. Ich sehe da den direkten Zusammenhang zwischen Fragen der Kaufkraft in Europa und unseren Arbeitsplätzen, weil wir ein Land sind, das doch auch sehr stark Arbeitsplätze im Exportbereich und im Zulieferbereich schafft. Es sind ja nicht nur die Firmen, die für ihre Exporte bekannt sind, sondern es sind ja auch viele Zulieferer betroffen. Es ist daher so, dass, wenn in Europa die Kaufkraft insgesamt wieder wächst, die Stärke Europas in den Ländern wieder wächst, dort auch etwas kaufen zu können, dies Österreich als Exportland besonders nützt.

Daher arbeite ich da auch intensiv mit – neben konkreten Maßnahmen wie der Aus­bildungsgarantie, die wir in Österreich vorbildlich geschaffen haben. Mit dem dualen Ausbildungssystem haben Deutschland und die Niederlande ähnliche Modelle wie wir, aber der Großteil der europäischen Länder kennt diese Form der Ausbildung nicht – und das in einer Zeit, in der viele junge Menschen auf der Straße stehen. Ich halte das für ein vordringliches Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti.

 


Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Wieder zurück zur Steuer, Herr Bundeskanzler. Für die Besteuerung gibt es ja zwei Möglichkeiten. Die eine


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Möglichkeit ist: Die Behörde erhält die Daten und ermittelt so die Steuer. Die andere Möglichkeit ist: Die Steuer wird direkt an der Quelle eingehoben, wie wir das bei­spielsweise bei der Kapitalertragsteuer haben.

Für welches System würden Sie sich entscheiden beziehungsweise welches halten Sie für das effektivere?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wir haben in Österreich, wie Sie wissen, die Quellensteuer. Diese ermöglicht es auch, wenn wir das noch verbessern, den öster­reichi­schen Gerichten, aufgrund unseres Bankgeheimnisses zuzugreifen, weil ja die Daten von den Banken ermittelt werden und quasi in den Banken liegen. Das lässt sich sicher von den Abläufen her noch verbessern, aber hier haben wir, wie ich meine, für die Österreicherinnen und Österreicher ein gutes Modell.

Im internationalen Bereich ist das natürlich um einiges schwieriger: Wenn im inter­nationalen Bereich ein automatisierter Datenaustausch erfolgt, dann gelingt es den Behörden sicher im Fall der Betrugsverfolgung, rascher zuzugreifen. Also in Österreich bin ich mit unserem Modell der Quellensteuer zufrieden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Spadiut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Bundeskanzler, gerade große Vermögen wurden aus Griechenland und Zypern rechtzeitig abgezogen, um einen staatlichen Zugriff zu verhindern.

Wie wird auf EU-Ebene sichergestellt, dass große Vermögen den Belastungen durch die Rettung maroder Banken und Pleitestaaten nicht entzogen werden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ja, das ist eine der schwierigsten Aufgaben. Wenn wir nicht über die nötige Transparenz verfügen, welche Vermögen ins Ausland ge­bracht werden, ob es sich um legale Quellen handelt, wie diese Vermögen erreicht wurden, und ob es sich um versteuertes Geld handelt, wird es schwierig. Das sind ja auch noch verschiedene Fragen: Wo ist das Geld her? Ist es versteuert? Welche Form der Steuer wurde hinterzogen? Oder ist das vielleicht ein Fall, wo die Quelle in Ordnung und alles versteuert ist, und jemand bringt das Geld ins Ausland? So einen Fall gibt es auch.

Also das sind unterschiedliche Themen. Das beschäftigt uns ebenso intensiv, weil es himmelschreiend ungerecht ist, dass Pensionen, Kleinstpensionen gekürzt werden müssen, weil Länder Südeuropas oft nicht mehr anders ihre Aufwendungen und ihren Sozialstaat finanzieren können – und andere nutzen die Lücken, um sich ihrer Steuerpflicht zu entziehen. Das ist ja der Grund dafür, warum wir diese Maßnahmen gestern beschlossen haben und warum ich mich so intensiv darum bemühe, dass Österreich auch das Image hat, wir sind an Betrugsbekämpfung genau aus diesen Gründen interessiert, weil wir niemandem erklären können, dass wir Steuermittel in große Schutzschirme investieren und ein Teil, der es sich leisten könnte, macht das nicht und entzieht uns diese Beträge.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundeskanzler! Die Zusatzfrage­stel­lerInnen haben es so gewollt, wir sind jetzt bei der Debatte Quellensteuer versus Lüften der Anonymität gelandet. Wenn jetzt alles auf den automatischen Daten­aus-


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tausch hingeht, Sie unbedingt dafür sind, eigentlich schon alles beschlossen ist, wie Sie vorher suggeriert haben, dann stellt sich in wenigen Jahren das Problem, dass Österreich ein Schweiz-Abkommen und ein Liechtenstein-Abkommen hat, wo sehr wohl wieder die Anonymität im Vordergrund steht. Wie lösen Sie diesen Konflikt auf? – Aus meiner Sicht sollten das Schweiz-Abkommen und das Liechtenstein-Abkommen am besten gar nicht in dieser Form in Kraft treten.

Abschließend und im Übrigen würde das ja bedeuten, dass sich in Österreich weiter unsere vielen Hunderte Uli Hoeneße, die auch Steuern hinterzogen haben und sich in der Schweiz und in Liechtenstein verstecken, durch das von Ihnen bis jetzt zumindest favorisierte Abkommen geschützt fühlen. Die werden da nicht herauskommen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Verehrter Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass die Schweiz – und auch andere Länder – jetzt durch die Mandatserteilung, die gestern und in den Vorgesprächen vereinbart wurde und erfolgt ist, mit der Kommission verhandelt, dass wir hier natürlich zu einem Ergebnis kommen werden, aber es kann noch keiner sagen, ob wir gleich zu einem automatischen Datenaustausch kommen, es weiß auch keiner mit welchem Datum.

Und meines Erachtens ist die Regelung, die wir mit der Schweiz beschlossen haben, die sich nach dem Quellensteuer-Modell orientiert, eine Übergangsregelung. (Abg. Mag. Kogler: Okay!) Mir ist lieber, dass wir bis zum Zeitpunkt X etwas bekommen als nichts. Ich finde es daher als Übergangsregelung sehr sinnvoll.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 4. Anfrage, 207/M, des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundeskanzler! Wir bleiben sozusagen am europäischen Parkett, aber tragischerweise mit dem Thema österreichi­sche Problembanken – ich sage es ausdrücklich dazu –, weil wir eine Reihe von Banken haben, die zwar Staatskapital nach dem Bankenpaket aufgenommen haben, halbwegs funktionieren und auch die Zinsen zahlen, es gibt aber auch welche, die Löcher reißen – und zwar Milliardenlöcher!

Und das vor dem Hintergrund, dass uns ÖVP-Finanzminister live und via Fernsehen erklärt haben, dass das ganze Bankenpaket ein Geschäft wird. Ich halte das mittler­weile für einen derartigen Hohn, nachdem klar ist, dass wir mit diesen Problembanken alleine in dieser Legislaturperiode, in der ach so schönen Geschäftszeit der ÖVP-Finanzminister ein Loch von 10 Milliarden € zu gewärtigen haben. Das wird nicht falsch sein. – Ich komme dann gleich zur Frage. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Was ist das von der Dimension her? – Das sind eine Million Sparbücher à 10 000 €. Das können wir abschreiben. Und jetzt frage ich Sie: Wie wollen wir diesen Schaden noch minimieren, vor dem Hintergrund, dass zunächst natürlich ein schwarz-blauer

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage ist zu stellen! – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend):  – genau – und vor dem Hintergrund, dass Ihre ÖVP-Finanzministerin in Brüssel immer noch mehr Porzellan zerbricht. Wie also wollen Sie Aktivitäten setzen  (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier. – Rufe bei der ÖVP: Frage! – Abg. Amon: Typischer Missbrauch!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Sie haben 1 Minute, die ist abgelaufen, und Sie haben die Frage noch nicht gestellt. Daher bitte zügig die Frage stellen!

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 31

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Das ist eh ungefähr das Thema in diesem Haus, das 10-Milliarden-Löcher in einer Minute abgehandelt werden sollen. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Also:

207/M

„Welche Aktivitäten setzen Sie auf österreichischer und europäischer Ebene, um das drohende Milliardendebakel durch die Abwicklung der Hypo Alpe-Adria-Bank zu entschärfen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich halte nur fest, die Geschäftsordnung gilt für alle.

Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Abgeordneter, ich möchte zuerst unter­streichen, was Sie gesagt haben: dass ein Teil der österreichischen Banken hin­sichtlich des Partizipationskapitals und der Zinsen, die wir dafür vorgesehen haben, seine Verpflichtungen auch voll erfüllt, einige sogar überlegen, das wieder zurück­zuzahlen. (Abg. Mag. Kogler: Die müssen das zurückzahlen!) Also glücklicherweise gibt es einen Unterschied im Bankensektor, wie Sie es ja selbst gesagt haben.

Zweitens: die Hypo Alpe-Adria. Das Problem der Hypo Alpe-Adria ist durch eine Landeshaftung von rund 20 Milliarden € entstanden. Unverantwortlich, als damals die FPÖ in Kärnten und das Land Kärnten diese Haftung beschlossen haben und anschließend sichtlich keine, auch nur geringste Kontrolle über die Entwicklung dieser Bank ausüben konnten. Das ist so unverantwortlich, dass ich davon ausgehe, dass sich diese 20 Milliarden nicht mehr ungeschehen machen lassen.

Der Schaden, ob kriminell oder nicht werden die Gerichte entscheiden, aber dieser Schaden in Milliardenhöhe existiert. Es gibt, Herr Petzner, niemanden, der einen Restrukturierungsplan auf die Beine bringen kann, der mit null ausgeht. Die Frage ist doch nur noch: Wie hoch ist ein Schaden, der ursprünglich mit 20 Milliarden Haftung jetzt bei 14 Milliarden Haftung liegt, wie weit lässt sich dieser verringern, um zum Schluss zu sagen, dieses Abenteuer, diese unverantwortliche Übernahme einer derartigen großen Haftung eines Bundeslandes, das sich im Schadensfall nicht einmal 10 Prozent leisten kann, nicht einmal 10 Prozent davon aus Eigenmitteln zu Verfügung stellen könnte, wann trifft das in welchem Ausmaß bei der Abrechnung ein?

Hier haben Sie einige Milliarden genannt. Ich gebe Ihnen aber in einem Punkt recht, das kann nicht null werden. Daher ist es jetzt bei der sogenannten Verringerung des Schadens – das Wort „Restrukturierung“ erscheint mir übertrieben, denn das lässt viel zu viel Hoffnung aufkommen, dass das Richtung null gehen könnte –, bei dem Schaden­minimierungsprogramm, das derzeit abläuft, für uns gewonnene Zeit, wenn wir etwa in Bereich des Balkans, des Westbalkans im Zusammenhang mit dem Engagement der Hypo und damit dem Verkauf, der ja für diesen Bereich geplant ist, halt ein paar Monate mehr zu Verfügung haben, um hier eine Schadenminimierung durchzuführen.

Daher setze auch ich mich dafür ein, dass dieser Schaden aus einem Abenteuer so gering wie möglich wird, wobei ich froh bin, dass es bereits Gesetze gibt, die Bundesländer nicht mehr in die Situation versetzen, solche Haftungen überhaupt übernehmen zu können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 32

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die von Ihnen erwähnte mögliche Rückzahlung von Kapitalien auch der gerade noch gesunden Banken, Herr Bundeskanzler, ist keine Goodwill-Veranstaltung, das ist in den Auflagen gegenüber diesen Banken hoffentlich enthalten, denn diese hat dieses Haus so beschlossen. Sonst hätten wir nämlich die nächste Havarie mit der Europäischen Union – das läuft auf fünf Jahre, sonst gibt es Probleme. Die haben wir genau bei der Hypo deshalb bekommen – jetzt komme ich zur Zusatzfrage –, weil das jahrelang verschlafen wurde.

Wir haben eine Notverstaatlichung gemacht, die höchst aufklärungsbedürftig ist. Bis heute ist nicht klar, womit die Republik Österreich von den Bayern derartig erpressbar war. (Abg. Kößl: Das ist keine Frage!) Und dann kommt die Frau Finanzministerin, die jahrelang untätig ist, fährt nach Brüssel, führt sich dort auf wie am Oktoberfest, und jetzt müssen Sie das zusammenräumen. (Beifall bei Grünen und BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe Sie gefragt: Welche Aktivitäten setzen Sie, um die Verluste zu minimieren? – Im Übrigen: Die 16 Milliarden sind natürlich das Horrorszenario, das kann normaler­weise nicht schlagend werden, wenn man es richtig macht. Das sind Liquiditätsfragen. Aber die wirklichen Verbindlichkeitsfragen müssten mit wesentlich weniger erreichbar sein.

Also ich frage Sie: Wie machen Sie das, nachdem die Finanzministerin alles „vergurkt“ hat? (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Die Abge­ordneten Grosz und Petzner: Gut! Bravo!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass die Bank selbst, mit ihren Aufsichtsorganen, ihrer Führung und Geschäfts­führung, das Beste gibt, um das, was an Schadensminimierung möglich ist, auch zu erreichen. Und ich habe selbst mitgeholfen, gemeinsam mit Gouverneur Nowotny, dem ehemaligen Gouverneur Liebscher und vielen anderen, die hier sehr hilfreich tätig sind, auch auf europäischer Ebene diese Zeit zu gewinnen, die notwendig ist, um den Schaden möglichst zu minimieren. Und ich sage noch einmal dazu: Die Illusion, dass es zum Schluss null ist, habe ich nicht.

Ich möchte noch einmal aufklären, was ich mit „Partizipationskapital zurückzahlen“ meine. Ich gehe nicht nur davon aus, dass die Zinsen bezahlt werden und das zum Schluss auch zurückbezahlt wird, sondern es gibt sogar Überlegungen, dass es vorzeitige Rückzahlungen gibt. Das habe ich gemeint. Und das ist doch auch eine gute Nachricht, um zu zeigen, dass in diesem Bankensektor nicht alles so ausschaut wie in der Hypo. (Abg. Neubauer: Oder wie in der Kommunalkredit!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Bundeskanzler, die von Ihnen angesprochene Landeshaftung, nämlich die letztgültige des Landes Kärnten, wurde – und das soll einleitend festgehalten werden, um der Wahrheit die Ehre zu geben – mit den Stimmen der SPÖ mitbeschlossen. Das heißt, die Kritik, die Sie hier geäußert haben, wird auch als Selbstkritik der SPÖ zu verstehen sein.

Aber es gäbe in diesem Zusammenhang gerade und insbesondere im Hinblick auf die Notverstaatlichung einer bayerischen Hypo Alpe-Adria – keiner Kärntner Hypo Alpe-


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Adria (Abg. Mag. Kogler: Richtig), sondern einer bayerischen Hypo Alpe-Adria – durch den österreichischen Steuerzahler eine Vielzahl von Fragen zu stellen (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ), die trefflich in einen Untersuchungs­ausschuss hier im Hohen Haus passen würden, die aber von SPÖ und ÖVP verhindert werden. (Abg. Mag. Kogler: Zudecker!)

Herr Bundeskanzler, in diesem Zusammenhang wird hier noch eine Vielzahl von Fragen im Sinne aller Kontrollmechanismen des Hohen Hauses zu stellen sein. (Rufe: Frage!) – Zur Zusatzfrage darf ich kommen, um die Aufgeregtheit in Ihren Reihen wieder etwas zu dämpfen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen):

Wie ist der derzeitige Stand des Beihilfeverfahrens der Republik Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof hinsichtlich der Notverstaatlichung einer bayerischen Bank durch den österreichischen Steuerzahler? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich den Herrn Bundeskanzler ersuche, zu antworten, nur zur Klarstellung: Wir werden aufgrund der Nichteinhaltung der Redezeit in der nächsten Präsidiale noch einmal über die Abwicklung der Fragestunde zu beraten haben. (Abg. Grosz: Frau Präsidentin, mit der Glocke werfen!)

Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens hat es sich bedauerlicherweise bei der Hypo Alpe-Adria, auch zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung, um eine österreichische Bankenlizenz gehandelt und nicht um eine deutsche. Also es gibt nicht nur den Eigentümer einer Bank, sondern es gibt auch die Lizenz einer Bank, verehrter Herr Abgeordneter.

Zweitens hat sich, unangenehmerweise, die Haftung des Landes Kärnten – damals etwa mit 17 Milliarden, wenn ich das richtig in Erinnerung habe – in einem Ausmaß befunden, wo es zur Schadenminimierung notwendig war, nicht einfach die 17 Milliar­den zu übernehmen, weil ja wohl klar war, dass das Land Kärnten – wie auch immer sie zum Schluss ausgesehen hätte – nicht einmal 10 Milliarden übernehmen hätte können, geschweige denn 17 Milliarden.

Und drittens darf man nicht übersehen, dass es auch einen österreichischen Teil, damals und auch jetzt, gibt, bei dem Österreich eine Ausfallshaftung hat – das kommt noch an Verpflichtungen des österreichischen Staates dazu – für Gelder, die dort bis 100 000 € liegen.

Also Österreich hat guten Grund, dafür zu sorgen, dass dieser Schaden minimiert wird und dass nie wieder ein Landeshauptmann – oder wollen Sie mir da auch erklären, das waren mehrere gleichzeitig? –, ein Landeshauptmann der FPÖ erstens überhaupt wieder zustande kommt und zweitens so eine Haftung je wieder übernehmen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Darmann: Keine Beantwortung der Frage!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

 


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin, wir scheinen noch eine Zusatzfragenrunde zu haben.

Herr Bundeskanzler, ich bin ja an sich kein Freund davon, dass man, wenn es wo brennt und die Feuerwehr kommt, nachher noch diskutiert, die Feuerwehr sei schuld, weil sie Wasser geholt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Hübner.)


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Daher eine präzise Frage dazu: Wer sind nach Ihrer Einschätzung die wahren Verantwortlichen für dieses Hypo Alpe-Adria-Desaster? (Abg. Petzner: Was ist das für eine Frage?)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Für mich ist klar, dass, wenn ein Landeshaupt­mann eine Haftung von 20 Milliarden € übernimmt, eine politische Verantwortung gegeben ist. Ich bin froh darüber, dass wir ein Gesetz geschaffen haben, dass jemand, selbst wenn er so etwas in dieser Republik je wieder vorhätte, das nicht mehr machen kann. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ober­nosterer.

 


Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Die Frage der politischen Verantwortung haben Sie ja jetzt beantwortet. Gott sei Dank, wie gesagt, sind die ausstehenden Haftungen vom Land Kärnten von 21 Milliarden € auf gut 14 Milliarden € gesenkt worden.

Kann man aus heutiger Sicht sagen, dass diese Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria-Bank der einzig richtige Weg – in dem Fall für die Republik und natürlich auch für Kärnten – war?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Schauen Sie, nach meiner politischen Sichtweise und jenen Experten und Verantwortlichen, auch der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarkaufsicht, die natürlich noch viel detailliertere Informationen haben und hatten, ist uns, um Schaden abzuwenden, nichts anderes übrig geblieben, als alles zu tun, um diesen Schaden von ursprünglich 20 Milliarden an Haftungen auf möglichst wenig zu reduzieren.

Daher ist dieser Weg, den wir auch heute noch gehen, schmerzhaft. Auch heute gehen wir nicht in eine Insolvenz der Bank, sondern müssen uns die Mühe machen, diese nicht einfach morgen abzuwickeln, sondern dass die Geschäftsführung dieser Bank, dass die Aufsichtsgremien dieser Bank, dass das Finanzministerium, dass alle Verantwortlichen das Beste geben, dass zum Schluss der Schaden so gering wie möglich ist. Jede Milliarde Schaden weniger ist ein Vorteil, und alles, was man seither unternommen hat und was man noch unternehmen muss, muss dieser Schadenmini­mie­rung dienen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Petzner.

 


Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Bundeskanzler! Es ist schon gesagt worden, dass es sich bei der Hypo um die Notverstaatlichung einer deutschen Bank, in deutschem Eigentum, auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers gehandelt hat.

Daher meine Frage dazu: Wann haben Ihren Informationen nach die Verhandlungen zwischen der Republik Österreich und dem Freistaat Bayern über die Notver­staatlichung der Hypo Alpe-Adria begonnen?

Warum hat in weiterer Folge Finanzministerin Maria Fekter die auch von Staats­sekretär Schieder vorgeschlagene Einrichtung einer Bad Bank abgelehnt, obwohl eine solche bei der Kommunalkredit sehr wohl möglich war?

Und ergänzend in diesem Zusammenhang: Wie schaut der Restrukturierungsplan aktuell aus, der seitens Österreichs an die EU-Kommission in Brüssel übermittelt wird? Wie ist diesbezüglich Ihr Informationsstand?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 35

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Damals ist die öffentliche Diskussion über die Verhandlungen mit Bayern aus meiner Sicht so geführt worden, dass ich denselben Informationsstand hatte, wie er in der öffentlichen Dis­kussion war, die damals stattgefunden hat. Also ich habe da kein anderes Datum als das, das damals auch in der Öffentlichkeit bekannt war, für mich als Information zur Verfügung.

Das Finanzministerium berät ja heute noch gemeinsam mit der Finanzmarktaufsicht und anderen Gremien, in welcher Form eine Bad Bank oder andere Einrichtung geschaffen werden kann, um einerseits die Assets, die da noch verwertbar sind, verwerten zu können und andererseits alles, was nicht mehr performt, also alles, was man nicht mehr retten kann, so abzuwickeln, dass man mit geringstem Schaden aussteigt.

Aus meiner Sicht ist die Konstruktion auch deshalb heute noch nicht unter Dach und Fach, weil das Finanzministerium da noch keinen endgültigen Vorschlag gemacht hat.

Die Begründung der Finanzministerin kennen Sie ja – Sie haben ja die Möglichkeit, sie auch zu fragen. Die Begründung der Finanzministerin ist: um das Budget möglichst zu schonen, denn je weniger an Schaden herauskommt und je weniger wir in den Schuldenstand Österreichs oder in das Defizit übernehmen müssen, umso besser für unser Land.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 209/M des Herrn Abgeordneten Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Bundeskanzler, Sie sind bekannt dafür, dass Sie immer sehr großzügig sind (Bundeskanzler Faymann: Das hängt davon ab!) – wenn es um die Banken geht, wenn es um die Pleiteländer geht. Sie haben aber leider Gottes kein Verständnis für die Sorgen und Nöte der Bürger und vor allem der Steuerzahler, denn die Steuerzahler in Österreich haben eine Steuer- und Abgabenlast zu ertragen wie noch nie zuvor in der Zweiten Republik. Für die Bürgerinnen und Bürger ist das Leben in unserem Land so teuer geworden, dass sie sich oftmals vieles, auch das Notwendigste, nicht mehr leisten können. Ihr Geld, ihr hart verdientes Steuergeld, fließt jedoch in marode Banken und Pleiteländer.

Es sind vor allem die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen betroffen, es handelt sich um die neue Armut des Mittelstandes und auch der kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserem Land.

Herr Bundeskanzler, meine Frage daher:

209/M

„Wann kommt endlich eine spürbare Entlastung für den leistungsbereiten Mittelstand?“

(Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: In unserem Land gibt es eine Reihe von Unter­nehmen, gar nicht so wenige, die von unseren Exporterfolgen in Europa direkt abhängig sind. Wer also für den österreichischen Mittelstand, sowohl die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die dort tätig sind, als auch die Unternehmen des Landes, die als Zulieferer an den Exporterfolgen Österreichs mitwirken, etwas tun will, wird ja wohl verstehen, dass sich ein Land, wenn es nicht mehr in der Lage ist, die eigene Kaufkraft einigermaßen aufrechtzuerhalten, auch keine österreichischen oder deut-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 36

schen Produkte, deren Zulieferer wir sind, mehr leisten kann. (Abgeordnete des BZÖ halten ein Transparent mit der Aufschrift „BZÖ – Steuern runter! Wohlstand rauf!“ in die Höhe.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, eine Sekunde.

Meine Herren vom BZÖ, ich bitte Sie, das Transparent wieder einzurollen. (Zwi­schenrufe beim BZÖ.) – Wollen Sie jetzt meiner Aufforderung Folge leisten oder warten Sie auf einen Ordnungsruf? (Ruf beim BZÖ: Warum denn heute so grantig?)

Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich habe es gelesen. – Was ist eigentlich aus Ihren Buttons geworden?

Also: Die mittelständische Wirtschaft ist daher doch besonders interessiert daran, Herr Kollege Bucher, dass in Europa gewisse Stabilität dahin gehend unterstützt wird. Autos kaufen nun einmal keine Autos, wie Sie wissen, sondern Menschen, die es sich leisten können müssen, auch österreichische oder deutsche Produkte – von auch österreichi­schen Zulieferern – zu kaufen.

Den Menschen vorzuspielen, dass wir mit einer Steuerentlastung die Arbeitsplätze sichern, dann die Erfolge haben, die Exporte sichern, alles sichern, ist doch falsch, wenn die Steuerentlastung nicht im Einklang mit einer europäischen Politik steht, die stark genug ist, dass die österreichische Wirtschaft in Europa die Chancen, die sie hat, wahrnehmen kann.

Wir können den 70-, 80-prozentigen Anteil unseres Exports in die Europäische Union, innerhalb Europas ja nicht durch einen 80-prozentigen Export nach Asien ersetzen. Mit dem Wohlstand, den ich gerade auf Ihrem Transparent gelesen habe, und den sozialen und anderen Bedingungen, die wir in Österreich zu Recht haben, wird es nicht möglich sein, da einen Austausch vorzunehmen.

Wenn Sie dem Mittelstand in Österreich nicht etwas Falsches erzählen wollen, dann müssen Sie doch zugeben, dass diese europäische Politik, die Sie hier als großzügig bezeichnen, eine Voraussetzung dafür ist, dass auch der Mittelstand – sei es als Arbeit­nehmer oder als Arbeitgeber – Geld verdienen kann.

Daneben gibt es die Frage der Entlastung des Faktors Arbeit und der stärkeren Belastung von Faktoren, wo wir im OECD-Vergleich Schlusslicht sind, etwa bei Vermögen – eine richtige Diskussion, das sehe ich auch so. Aber Arbeit wird nicht durch Steuersysteme, sondern durch wirtschaftliche Leistungen geschaffen, begleitet durch Steuersysteme. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Klubobmann Bucher.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Arbeit wird auch durch Leistbarkeit geschaffen, Herr Bundeskanzler! Ich war 20 Jahre lang in der Selbständigkeit, in der Privatwirt­schaft tätig. Heute sind wir mit Arbeitsstundenkosten von 50 € konfrontiert! Gestern war in den Nachrichten zu hören: eine Mechanikerstunde kostet 200 €.

Der Mitarbeiter, den auch Sie vertreten, der Arbeiter, den Sie vertreten, bekommt nicht einmal 10 € auf die Hand, ausbezahlt. Jetzt frage ich Sie: Wo ist denn da noch die Rechtfertigung gegeben, 200 € Kosten auf der einen Seite und 10 € Einkommen für den Arbeitnehmer auf der anderen Seite? Da stimmt doch längst etwas nicht! Da herrschen ein Ungleichgewicht und Unfairness. Das ist in keiner Weise mehr gerecht­fertigt im Verhältnis zu der reinen Arbeitsleistung, die von einem Arbeiter in unserem Land erbracht wird. (Beifall beim BZÖ.)

Wann kommt es endlich zu einem gerechten Steuersystem in Österreich?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 37

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Bei jedem Beitrag für ein gerechteres Steuer­system, ein Steuersystem, das gerade beim Faktor Arbeit Entlastungen ermöglicht, werden Sie auch mich als Partner haben. (Abg. Bucher: Das ist schon längst nicht mehr!) Aber etwa 10 Prozent, wenn Sie schon von Mechanikern oder Technikern reden, der österreichischen Industrie sind Autoindustrie, und das sind in der Regel Zulieferer nach Deutschland für den gemeinsamen europäischen Markt. Und wer das übersieht, ist auf einem Auge blind, und da man in der Regel zwei Augen hat, ist das immerhin die Hälfte. (Abg. Bucher: Sie flüchten schon wieder!)

Daher bitte ich Sie, auch in der europäischen Politik mitzuhelfen, dass hier gemeinsam wirtschaftlich etwas geleistet werden kann, damit der Mittelstand auch etwas verdienen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bucher: Was sagen Sie dem Arbeiter? Der Arbeiter bekommt 10 €!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker.

 


Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler, Sie haben vorhin ausgeführt, dass es wichtig ist, den Wohlstand mit einer guten Wirtschaft zu sichern. Im Strategiepapier zum Bundesfinanzrahmen ist ausge­führt, dass die Sicherung des Wirtschaftsstandortes sehr wichtig ist und dazu zusätzliche Offensivmittel von großer Bedeutung sind, unter anderem für Forschung und Entwicklung. Fakt ist, dass im Bundesfinanzrahmen gerade für diesen zentralen Bereich Forschung und Entwicklung die Ausgaben in den nächsten Jahren gesenkt werden.

Und es stellt sich die Frage: Ist es Ihr Weg, einen solch wichtigen Sektor wie For­schung und Entwicklung so auszugestalten, dass die Wirtschaft auch tatsächlich gesichert wird?

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Forschung und Entwicklung, insbesondere der Bereich der angewandten Forschung, der dann noch im engeren Zusammenhang steht, obwohl auch Grundlagenforschung wichtig ist, weil sie ja zur angewandten Forschung werden kann und wird, also gerade der Bereich der angewandten For­schung ist auf drei verschiedene Ressorts verteilt.

Ich habe mit den Ressortverantwortlichen mehrfach gesprochen und habe das Gefühl, dass wir, obwohl wir ebenfalls sparen müssen und ebenfalls über ein zu geringes Wirtschaftswachstum verfügen, um alle Wünsche erfüllen zu können, darauf verzichtet haben, beim Bereich Bildung, Ausbildung und beim Bereich Forschung wie andere Länder den Sparstift anzusetzen.

Man kann natürlich Einzelpositionen miteinander vergleichen, und da wird sicher irgendwo eine geringer sein, aber die dafür Ressortzuständigen, die Verantwortlichen versichern mir – ich habe das auch in den Diskussionen, die ich mit Industrie und Gewerbe hatte, gehört –, dass wir insgesamt in Österreich ein sehr hohes Niveau an Forschung und Entwicklung haben. Aber wäre das Wirtschaftswachstum wieder etwas stärker und Sie würden mich fragen, was ich mir wünsche, wo man zulegen sollte, würde ich sicher die Bereiche Ausbildung und Forschung nennen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Themessl.

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Herr Bundeskanzler, Sie haben ein komisches Wirtschaftsverständnis,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 38

denn Sie haben dem Herrn Kollegen Bucher so quasi geantwortet: Wir müssen den Krisenländern Geld geben, damit sie dann unsere exportierten Waren kaufen können. – Das wird auf Dauer nicht funktionieren.

Aber jetzt zu meiner Frage. Herr Bundeskanzler, die KMUs in Österreich kämpfen in der Zwischenzeit mit einer Abgabenquote von weit über 53 Prozent. In den nächsten Jahren stehen über 60 000 Betriebe zur Übergabe an. Wie stellen Sie sich vor, dass die Arbeitslosigkeit, die jetzt die höchste in der Zweiten Republik ist, sinken soll, wenn aufgrund der großen Belastungen diese Firmenübergaben nicht mehr stattfinden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens: Wir haben trotzdem die geringste Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit in Europa – wenn Sie hier schon Zahlen und Vergleichswerte nennen.

Und zweitens: Ich bin auch dafür, dass man beim Faktor Arbeit, für kleine und mittlere Betriebe Entlastungen vornehmen kann, wenn man auf der anderen Seite auch den Mut hat, etwas zu finden, indem man beispielsweise im Bereich der vermögens­bezogenen Steuern etwas einführt. Es muss schon aufkommensneutral sein, plus Einsparungskapazitäten, die es in einem Staat immer gibt, denn zum Schluss muss ja auch für die Forschungsausgaben, über die ich gerade befragt wurde, und für andere Ausgaben des Staates etwas herauskommen.

Ich sehe den Zusammenhang der europäischen Politik nicht so, dass man einfach irgendwem Geld gibt und dann die Welt in Ordnung ist, aber ich sehe es umgekehrt so: Wenn wir die Aufgabe, das nachhaltige Wirtschaftswachstum in Europa gemeinsam zu stärken, durch Bildung, Forschung und Ausbildung, auch den Standort, den Industrie­standort Europa zu stärken, nicht gemeinsam erfüllen, dann hat die österreichische Wirtschaft nichts davon, weil letztlich auch die sogenannte mittelständische Wirtschaft, auch die kleinen Betriebe davon abhängig sind, dass wir kein wirtschaftliches Inselleben führen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas.

 


Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Österreich liegt im Spitzenfeld, wenn es um die Belastung des Fak­tors Arbeit geht, darüber herrscht hier im Haus Konsens.

Die Aussage des Kollegen Bucher ist nicht richtig, denn zu Zeiten eines Finanz­ministers Karl-Heinz Grasser war die Abgabenquote höher; das können Sie nachlesen.

Kollege Bucher ist auch auf dem zweiten Auge blind, wenn er nur von der hohen Abgabenquote spricht, denn die OECD stellt in ihrem Bericht regelmäßig fest, dass Österreich bei der Besteuerung des Faktors Vermögen sehr zurückhaltend ist. Konkret bedeutet das bei Steuern und Abgaben insgesamt den achten Platz innerhalb der OECD (Abg. Grosz: Das erklären Sie einmal dem österreichischen Steuerzahler!), bei den Einkommensteuern den 13., bei den Vermögenssteuern den 25. Platz innerhalb der OECD. Man kann also behaupten, ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage!

 


Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (fortsetzend): Herr Bundeskanzler! Welche Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit halten Sie für sinnvoll?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich halte es nicht nur für sinnvoll, durch Maß­nahmen im jetzt schon mehrfach angesprochenen Bereich der vermögens­bezo­genen


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Steuern auf der Gegenseite den Faktor Arbeit zu entlasten, sondern möchte darüber hinaus auch europäische Steuern haben oder Steuern, die in Europa im Einklang eingeführt werden sollen, wie beispielsweise die Finanztransaktionssteuer.

Ich bin überzeugt davon, dass man durch Steuerbetrugsbekämpfung – man muss sich vorstellen, dass da geschätzte eine Billion € an Werten existieren, also nicht ver­steuerte Beträge –, wenn man auch nur ein Drittel davon hereinbekäme, wenn man mit einer Finanztransaktionssteuer und anderen, wie ich sie nennen würde, verteilungs­gerechten Maßnahmen hier Einkünfte erzielen könnte, die erforderliche Kapazität und das Potenzial hätte, Entlastungen durchzuführen. Sonst sehe ich bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage keine großen Spielräume für sofortige Steuerreformen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Tamandl.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben sich heute hier schon des Öfteren zur Entlastung des Mittelstandes bekannt. Beim kommenden ÖGB-Kongress soll es einen Antrag geben, der eine Neueinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ab bereits 150 000 € enthält. Das soll am ÖGB-Kongress beschlossen werden.

Ich frage Sie daher, Herr Bundeskanzler: Wie beurteilen Sie den weiteren Frontal­angriff auf die Österreicherinnen und Österreicher, die sich aufgrund ihrer Leistungen Eigentum und Wohlstand geschaffen haben und das auch ihren Kindern weitergeben möchten? (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie kennen mein Modell der Erbschafts- und Schenkungssteuer, das von einer Millionengrenze und einem Schutz der Betriebe ausgeht. Und das wird ja nicht so wirtschaftsfeindlich sein, wenn es Angela Merkel in Deutschland eingeführt hat.

Ich bin davon überzeugt, dass da, wenn unser deutscher Nachbar – nicht unter sozial­demokratischer Führung – dieses Modell der Erbschafts- und Schenkungssteuer einführt – man kann es vielleicht noch besser machen; es ist ja nie falsch, wenn man etwas noch besser als der Nachbar macht –, ein gewisser Spielraum vorhanden sein muss, weil die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Deutschland weder den Mittel­stand ruiniert hat noch ... (Abg. Tamandl: Ab 150 000!) – Nein! Mein Modell kennen Sie ja. Ich bringe immer als Beispiel, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer auch in Deutschland eingeführt wurde, und das ist daran auch nicht wirtschaftlich zugrunde gegangen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Dann machen wir den deutschen Spitzensteuersatz!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 208/M des Herrn Abgeordneten Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler! Beim EU-Beitritt wurde auch von Ihrer Partei immer die Eigenverantwortung ins Treffen geführt. Auch bei der Euro-Einführung wurde immer die Eigenverantwortung der Länder ins Treffen geführt und betont, dass keiner für den anderen haften muss. Mittlerweile ist mit der Euro-Hilfe unverantwortliches Handeln belohnt worden. Sie haben es belohnt, dass sich manche Länder nicht an die Spielregeln gehalten haben. Sie haben hier eine Umverteilung von den reichen Ländern zu den armen Ländern in Gang gesetzt, ohne die Menschen zu fragen, ob sie das überhaupt wollen.

Deshalb meine Frage an Sie:


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208/M

„Mit der Griechenland- und Zypern-Hilfe hat Österreich den EU-Vertrag gebrochen, der eindeutig festlegt, dass kein Land für das andere aufkommen darf. Auch im ESM-Vertrag steht, dass Zypern nicht geholfen werden darf, weil es nicht systemrelevant ist. Wir haben also in allen beiden Fällen gegen Verträge verstoßen. – Wie rechtfertigen Sie eine widerrechtliche Hilfe, die noch dazu den Steuerzahler viel Geld kosten und wahrscheinlich zu höheren Steuern führen wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens gibt es ausreichend juristische Dienste der Europäischen Union – ich bin davon überzeugt, auch personell gut ausgestattet –, die in der Lage sind festzustellen, welche Maßnahmen die rechtlichen Grenzen zulassen. Ich bin überzeugt davon, dass diese Dienste um einiges rechtlich besser ausgebildet und erfahrener sind als jene in Ihrem Klub, und daher gehe ich davon aus, dass keine rechtlichen Grenzen oder Kriterien verletzt wurden.

Zweitens: Ich habe an den zwei Tagen Diskussion, als bei den Bankomaten in Zypern nicht das Richtige herausgekommen ist und dann eine Diskussion darüber war, dass in Zypern jeder plötzlich Geld verliert, gesehen, wie schnell die europäische Verant­wortung eingefordert wurde, wie rasch dann dieselben, die vorher gefragt haben, wieso man da überhaupt etwas macht, was uns das denn angeht, Schuldzuweisungen gemacht und gemeint haben, dass die europäische Politik da schneller eingreifen muss. Wochenlang war die Diskussion über Versagen, darüber, dass man Zypern nicht rasch genug, nicht schnell genug geholfen, unterstützt hat, dort eingegriffen hat, damit die zypriotische Bevölkerung, die kleinen Sparer geschützt werden.

Ich bin also im Gegensatz zu Ihnen der Meinung, wir sollten uns dieser europäischen Verantwortung nicht erst bewusst sein, wenn beim Bankomat nichts mehr heraus­kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Lugar.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie behaupten, dass hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist, es gibt aber sehr viele Experten, die beweisen, dass in den Verträgen eindeutig festgeschrieben ist, dass niemand für den anderen aufkom-men muss. Das heißt, Sie widerlegen diese These und sagen, wir müssen für die anderen aufkommen, obwohl das in Widerspruch zu den Verträgen steht. Es wurde da ganz bewusst von der Politik das Recht gebrochen, das war keine rechtliche, sondern eine politische Entscheidung.

Deshalb noch einmal meine Frage: Warum haben Sie Zypern gerettet, wobei Zypern nicht systemrelevant ist und laut ESM-Vertrag auch nicht unterstützt werden darf? Warum haben Sie da das Recht gebrochen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Aber Sie kennen doch hoffentlich auch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum ESM, das ist ja auch bei uns geprüft worden: Die Hilfen der EU-Länder für Krisenländer, die unter strengen Auflagen vergeben werden, sind mit den Verträgen vereinbar. Das sehen auch die europäischen rechtlichen Dienste so. Und ich weiß und bin davon überzeugt, dass, würden wir diese Grenzen, die existieren, nicht als politische Verantwortung sehen, der Schaden ein sehr großer wäre, und daher ist es richtig, dass wir innerhalb der rechtlichen Grenzen das Mögliche, und zwar so, wie es politisch sinnvoll ist, nutzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 41

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Gerstl.

 


Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Im Unterschied zum Team Stronach, das zwar die Erfahrungen im Wirtschaftsbereich in Kanada und im amerikanischen Raum gemacht hat und von den Erfahrungen eines großen Raumes profitiert hat, meine ich, dass es wichtig ist, dass wir uns auch in Österreich bewusst werden, welche Verantwortung wir in Gesamteuropa haben. Sie haben das ja schon angedeutet.

Ich wollte Sie daher fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Handelsströme Amerika, USA, Europa, welchen Stellenwert da Europa derzeit einnimmt und in welchem Verhältnis die direkten Zahlungen, die an Zypern gegangen sind, zu den indirekten Auswirkungen stehen, die sich ergeben würden, wenn man Zypern nicht als Teil von Europa ansehen würde?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich gehe davon aus, dass eine Folgewirkung, wenn ein Land aus der Eurozone herausgebrochen wird, auf alle Länder um vieles dramatischer ist, sodass jedenfalls die Bilanz sehr positiv ist. Man muss die Vorteile der österreichischen Bevölkerung gegenüber aufzeigen, etwa, dass wir mit 4 Prozent Verzinsung bei den Staatsanleihen in unserem Budget gerechnet haben und jetzt bei 2 Prozent und darunter liegen, dass wir in dieser Situation, wo es anderen schlechter geht, den Vorteil haben, dass in Deutschland, in Österreich, in den Niederlanden einfach mehr Anleihen gekauft werden, dass das Zinsniveau gesunken ist und billiger Geld zur Verfügung gestellt wird. Wenn man das einrechnet, dann sind wir in vielen Bereichen nicht nur Nettozahler, sondern auch Nettoverdiener.

Das sehe ich für die europäische Wirtschaft als ganz entscheidend und möchte daher auch nicht, dass ein Land in diesem internationalen Wettbewerb herausgebrochen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Bundeskanzler, Sie haben ja nicht nur mit Steuergeld eine bayerische Bank in Österreich notverstaatlicht, die Bayerische Hypo, sondern Sie haben ja auch Griechenland und Zypern notverstaatlicht und für euro­päische Pleiteländer Milliarden zur Verfügung gestellt: 2,3 Milliarden € an bilateralen Krediten für Griechenland, 2,23 Milliarden € Einzahlung in den ESM, 17,3 Milliarden € jederzeit abrufbare Bargeldleistungen in den ESM, Haftungen im Ausmaß von 28 Milliarden €. Dagegen klingen ja die Gelder für die Hypo und die Kommunalkredit wie ein Lercherl.

Herr Bundeskanzler, all diese Maßnahmen haben Zypern nicht davon abgehalten, die Bankeinlagen einzukassieren.

Meine Frage an Sie: Können Sie der österreichischen Bevölkerung garantieren, heute und hier, dass auch Sparguthaben von über 100 000 € in Österreich im Insolvenzfall einer Bank staatlich gesichert sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sie kennen die Gesetze unseres Landes und wissen, dass es im Insolvenzfall diese Einlagensicherung gibt, aber noch besser ist es, die Insolvenz zu vermeiden, weil auch diese Einlagensicherung mit 100 000 € eine Reihe von sehr negativen Folgeeffekten hat. Es verunsichert die Sparer, es verunsichert das Bankensystem, es zerstört das Vertrauen in das Bankensystem, und es vernichtet jene Vermögen oder Gelder, die in den Banken liegen, etwa aus dem


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Bereich der Wirtschaft, die nicht abgesichert sind durch diese Einlagensicherung. Daher würde ich Ihre Frage so beantworten: Unsere Einlagensicherung ist gut, aber weit besser ist es, zu verhindern, dass eine Bank insolvent wird, weil die Folge­schäden verheerend wären. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Rossmann.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Vor Gewährung der Finanzhilfen an Griechenland wurde ein brutaler Austeritätskurs über Griechenland verhängt: Lohn­kürzungen, Eingriffe in die Lohnfindungsprozesse, Kürzungen von Sozialleistungen, Privatisierungen, Steuererhöhungen und dergleichen mehr. Die Folgen sind katastro­phal, Sie kennen sie, und mit diesem Kurs, denke ich, wird Griechenland so schnell nicht wieder auf eigene Beine kommen.

Meine Frage an Sie vor diesem Hintergrund: Sind Sie dafür, dass der über Griechen­land und andere Staaten Südeuropas verhängte Austeritätskurs im Rahmen eines Paktes für Wettbewerbsfähigkeit über bilaterale Verträge zwischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission nun auf alle Mitgliedstaaten Europas ausgeweitet werden soll?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Man muss natürlich schon auch die zweite Seite der Medaille beachten, das ist, dass Griechenland selbst in seiner Politik etwa bei der Einführung von funktionierenden Steuerbehörden bis heute nicht auf dem euro­päischen Stand ist, den wir kennen.

Ich sehe die Maßnahmen, die hier zum Teil von der Kommission auch übertrieben oder, wie Sie gesagt haben, in Richtung Austeritätskurs vorgeschlagen wurden, nur als Teilwahrheit. Es hat auch die griechische Politik über Jahre und Jahrzehnte versäumt, rechtsstaatliche Strukturen aufzubauen, wo jemand, der Steuern zu zahlen hätte, sie auch bezahlt. Es haben auch andere südeuropäische Länder viel zu wenig Schwarz­märkte bekämpft oder verhindert, dass Steuerbetrug in ihrem Land, ohne geahndet zu werden, passiert.

Ich sehe da eine gewisse Mitverantwortung der Länder wie Griechenland oder andere südeuropäische Länder und wünsche mir daher, dass für den Fall, dass solche Verträge geschlossen werden, die europäische Politik einen Kurs ermöglicht, der Spielraum für Wachstum gibt, aber auch, dass das jeweilige Land eine Politik verfolgt, wo Maßnahmen zur Steuergerechtigkeit und Maßnahmen zu funktionierender Betrugsbekämpfung und funktionierenden Steuerbehörden genauso im Vordergrund stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Gradauer.

 


Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Die Europäische Union hat bekanntlich zugesehen, wie in Zypern ein Raubüberfall auf die Sparguthaben vorbereitet wurde. Ursprünglich sollten alle Sparer Zyperns, um eben Banken und Staatsfinanzen zu retten, zur Kasse gebeten werden. Es war die Rede von mindestens 7 Prozent Strafsteuer auf Sparguthaben.

Nach dem internationalen Aufschrei findet jetzt der Raub an Sparguthaben durch den Staat Zypern nur mehr bei Einlagen größer als 100 000 € statt. – So gut, so schlecht.

Herr Bundeskanzler, schließen Sie für die österreichischen Sparer eine ähnliche Vorgehensweise, nämlich Raubüberfall auf Sparguthaben, aus, wenn die Staatsschul-


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den nicht mehr beherrschbar sein sollten, und wie und wodurch garantieren Sie, dass es dazu niemals kommen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, Sie nicht so falsch einzuschätzen, dass Sie nicht wissen, wie es wirklich ist. Wenn die Banken in Zypern insolvent geworden wären und die Europäische Union – wo Sie so oft verlangen, dass sie nichts tut bei diesen Ländern – nichts getan hätte, dann wäre das Sparguthaben der Leute weg, denn dort, wo es keine Einlagensicherung gibt, ist das Sparguthaben zur Gänze weg. Und da wäre die Diskussion, in der sich dann öffentlich alle empört haben, noch eine Kleinigkeit gewesen gegen die Realität der Insolvenz der zypriotischen Banken. Daher ist es einfach falsch, von einem Raubüberfall der Europäischen Union zu sprechen.

Es war die Maßnahme, mit der zypriotischen Regierung anzudenken, dass die Kleinen etwas verlieren, falsch. Aber es war nicht ein Raubüberfall, sondern es war die Hilfe der Europäischen Union, die die Menschen in Zypern in die Lage versetzt hat, dass ein Land auch ohne Einlagensicherung nicht die ganzen Gelder verliert. Und das muss man einmal aussprechen. Der Raubüberfall würde passieren, wenn Ihre Politik, nämlich nichts zu tun, Platz greift. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das war jetzt eine treffliche Antwort!)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Grossmann.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Die immer noch von manchen geäußerten Schilling-Phantasien täuschen über die Tatsache hinweg, dass Österreich als stark exportorientiertes Land sehr vom Euro profitiert hat. Ich ersuche Sie daher um Klarstellung und nochmalige Erläuterung, welche Auswirkungen ein Auseinanderbrechen der Eurozone auf Österreich hätte.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Abgeordnete, ich habe jetzt in der Stunde oder länger schon Gelegenheit gehabt, ausführlich den Abgeordneten meine tiefe Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, dass unser Wohlstand und der Vorteil, den wir haben durch geringe Zinsen bei Staatsanleihen, durch hohe Exporte, durch Beschäfti­gung im Zusammenhang mit Produkten, die wir in Europa, in der Europäischen Union verkaufen, der Vorteil, den wir durch eine stabile und wirtschaftlich starke Europäische Union haben – mir wäre lieber, sie wäre noch stabiler und wirtschaftlich noch stärker, auch was das Wachstum betrifft –, dass die Vorteile so groß sind, dass ich es für unverantwortlich halte, diese Europäische Union und deren Bedeutung zu unter­schätzen oder eine Eurozone zerstören zu wollen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 206/M der Frau Abgeordneten Mag. Muttonen. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Danke, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Teile der EU stöhnen unter der enorm hohen Jugend­arbeitslosigkeit. Österreich hingegen wird wegen seiner geringen Jugendarbeitslosig­keit, der geringsten in der EU, als Musterbeispiel herumgereicht. Nun wurden auf Ihr Bestreben Mittel für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der EU vorgesehen.

Meine Frage lautet:


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206/M

„Sind die im EU-Finanzrahmen 2014–2020 für die Bekämpfung der Jugendarbeits­losigkeit in Europa vorgesehenen 6 Milliarden € ausreichend?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Für den Ausbau einer dualen Ausbildung, wie wir sie kennen, für die Finanzierung einer Garantie in der Jugendausbildung, wie wir sie kennen, braucht man erheblich größere Beträge. Die Arbeitsminister, Sozialminister Europas haben eine gemeinsame Tagung vereinbart, wo sie versuchen, mit den europäischen Banken ein Modell zu finden, ein Modell der Hebelung, mit dem man aus diesen 6 Milliarden mehr einsetzen kann für diese Maßnahmen. Ich bin davon überzeugt, das ist auch dringend notwendig.

Es wurde auch gestern vereinbart, dass sich der nächste Europäische Rat bereits im Juni mit dieser Frage beschäftigen wird, wie ich meine, zu Recht. Wir werden wie immer ein paar Schritte brauchen, bis wir dort sind, aber wir Österreicher werden diese Ausbildungsgarantie und die Zurverfügungstellung von erheblich mehr Mitteln, die dafür notwendig sind, vorantreiben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Muttonen.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Wie erwähnt, Österreich hat die geringste Jugendarbeitslosigkeit aller EU-Staaten. Und wenn ich hier so viele Jugendliche im Raum sehe (Heiterkeit), dann würde ich gerne wissen: Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung, um die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich noch weiter zu senken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Mit den Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung in unserem Land, aber auch zur weiteren Verbesserung der Ausbildungs­garantie – hier hat der Sozialminister eine Reihe von richtigen Vorschlägen gemacht –, andererseits mit wirtschaftlichen Maßnahmen, die Investitionen fördern, die Arbeit schaffen und die unser Wirtschaftswachstum wieder stärker vorantreiben, sehe ich die beste Voraussetzung, dass wir auch in Zukunft eine geringe Jugendarbeitslosigkeit haben. Und ich sage auch dazu, dass, obwohl wir die geringste Jugendarbeitslosigkeit haben, jeder arbeitslose Jugendliche einer zu viel ist. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Wöginger.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es wurde bereits erwähnt, Österreich hat Gott sei Dank mit Deutschland die niedrigste Jugend­arbeitslosigkeit mit 7,6 Prozent. Dennoch müssen wir alles tun, damit wir auch diese Zahl noch verringern. Die Politik schafft die Rahmenbedingungen, die Jobs schaffen vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmungen, unsere Betriebe.

Die duale Ausbildung ist das Erfolgsmodell in Österreich, die jungen Menschen gleichzeitig in den Betrieben und in der Berufsschule auszubilden.

Herr Bundeskanzler, meine Frage: Was werden Sie tun, um einerseits die Rahmen­bedingungen bezüglich Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung im Bereich der Jugendlichen noch zu verbessern beziehungsweise andererseits auch die Lehre zu attraktivieren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 



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Bundeskanzler Werner Faymann: Ich glaube, dass neben den finanziellen Anreizen und den immer wieder eingeführten, ein bisschen auslaufen gelassenen und wieder eingeführten Prämien für Betriebe doch auch das Image für unsere Lehrlings­ausbildung noch besser sein könnte. Ich bin davon überzeugt, dass etwa im Westen Österreichs das Ansehen der Lehre und auch das öffentliche Image besonders hoch sind.

Ich halte einen Ausbildungsfonds, wie er etwa in Vorarlberg existiert, durchaus für wünschenswert über Vorarlberg hinaus, weil ich glaube, dass dieser Schwerpunkt an dualer Ausbildung etwas ist, um das uns viele Länder Europas beneiden, die Jahr­zehnte brauchen werden, das einzuführen, und weil ich froh darüber bin, dass es das in Österreich gibt, und ich werde mich an einer weiteren Verbesserung beteiligen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Bundeskanzler, beim Finanzrahmen 2014 bis 2020 geht es ja auch um die Gemeinsame Agrarpolitik. Jetzt haben wir in Österreich die Situation, dass die letzten Jahre 50 000 Betriebe geschlossen werden mussten, weil sie ihre Existenz nicht mehr absichern konnten, dass der ländliche Raum ausgetrocknet wird. Auch der Konsument versteht es nicht, dass wir Milliarden in europäische Agrarfabriken einbezahlen, dass wir unfaire Wettbewerbsbedingungen haben, weil zum Beispiel der italienische Landwirt von der Mineralölsteuer befreit ist, der österreichische nicht.

Was machen Sie als Bundeskanzler konkret, damit es zu fairen Wettbewerbs­bedin­gungen innerhalb Europas kommt und damit dieses Geld nicht für europäische Agrarfabriken und für Großkonzerne, die ich jetzt namentlich nicht nenne, in Österreich aufgewendet wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin für sinnvolle Vorschläge immer dankbar, weiß aber, dass, wenn jetzt alle in Europa die gleichen Bedingungen hätten und es nicht ein Subventionsmodell gäbe, das auch unsere landwirtschaftlichen Produkte stützt, dies für Österreich ein erheblicher Nachteil gegenüber jenen Ländern wäre, wo entweder Grund und Boden sehr billig sind oder die Arbeitskraft sehr gering bezahlt ist. Daher ist das Schwierige bei diesem differenzierten System der Landwirtschafts­för­derung, ständig zu überprüfen, ob es den Richtigen zugutekommt, weil diese Fragen des Ausgleichs, den man in einem gemeinsamen Markt schaffen möchte, sehr komplex sind und ein ständiges Überarbeiten verlangen.

Also wenn Sie mich fragen: Kann man mehr tun für kleinere Bauern?, sage ich ja. Wenn Sie mich fragen: Sollte man dieses System abschaffen, oder ist es angebracht, es insgesamt schlechtzureden?, würde ich sagen nein. Es hilft uns, etwas aus­zugleichen, was wir für unsere österreichische Landwirtschaft und für den ländlichen Raum brauchen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundeskanzler! Der aktuelle Skandal Europas sind die Jugendarbeitslosigkeit, die in einigen Ländern gigantische Ausmaße hat, und die allgemeine Arbeitslosigkeit natürlich auch. Da ist es gut, wenn es arbeitsmarktpolitische Mittel gibt, ob das jetzt die duale Ausbildung ist oder die Verdoppelung oder Verzehnfachung dieser Mittel, die Sie schon erwähnt haben, aber es wird nicht reichen, denn schuld an dieser Entwicklung ist der Sparkurs, der Austeritätskurs in fast ganz Europa.


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Deshalb die Frage an Sie, Herr Bundeskanzler: Welche beschäftigungspolitischen Initiativen vertreten Sie innerhalb Europas, und welche würden Sie Europa vorschla­gen, damit wir in absehbarer Zeit eine geringere Arbeitslosigkeit haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich möchte nur einen Punkt in der Analyse sagen: Schuld daran ist, dass eine Finanzmarktkrise, dass Spekulation so viele Werte, Billionen vernichtet hat, die wir besser eingesetzt hätten für ein nachhaltiges Wirt­schaftswachstum, für Ausbildung, Forschung und andere Strukturen.

Schuld sind aber nicht nur die Expertenratschläge der Europäischen Kommission, wenn sie mit den jeweiligen Ländern über die Zukunft verhandelt, sondern schuld ist sehr oft auch die politische Einschätzung innerhalb der Länder. Es gibt bis heute eine Reihe von neoliberalen Regierungen, die auch jetzt für einen Sparkurs eintreten, ganz ohne Zutun der Europäischen Union, und die für Kürzungen von Kleinstpensionen eintreten, ganz ohne Ratschläge der Europäischen Union in diese Richtung.

Das heißt, ungerechte Politik entsteht schon auch durch viele politisch Verantwortliche in den jeweiligen Ländern. Daher glaube ich, dass wir, um da herauszukommen und Spielräume zu gewinnen, jene Kräfte stärken müssen, die auf Betrugsbekämpfung setzen, die auf mehr Einnahmen setzen, die auf Schuldentilgungsfonds setzen, die auf Spielräume setzen, die es uns möglich machen, wieder zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Höbart.

 


Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Wir erleben dramatische Entwicklungen der Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa. Raten von über 50 Prozent – ich erwähne in diesem Zusammenhang Spanien, Griechen­land – sind keine Seltenheit. In Österreich ist die Lage zwar besser, aber nicht gerade rosig. Wenn wir die Jugendlichen, die in den Überbetrieblichen Ausbildungszentren ausgebildet respektive geparkt werden, wie manche auch sagen, und die arbeitslosen Jugendlichen zusammenzählen, gehen wir Richtung 8 bis 10 Prozent.

Besonders schwierig ist auch die Lage der ausländischen Jugendlichen. Das muss man an dieser Stelle festhalten. Einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend zufolge haben wir festgestellt, dass bis zu 50 Prozent der ausländischen Jugendlichen aus dem Ausbildungs- und Bildungssystem ausscheren. Auch die Kriminalität ist in diesem Bereich ein Problem.

Meine Frage hierzu: Wie gedenken Sie diese Problemjugendlichen wieder auf Linie und auf Kurs zu bringen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bedaure, dass es nicht ein einfaches Rezept gibt, mit dem Arbeit geschaffen werden kann, ohne die wirtschaftlich richtigen Voraus­setzungen dafür zu treffen. Ich hätte auch gerne so einen Katalog, der sagt, wenn die Wirtschaft schon nicht funktioniert, sollte es wenigstens Arbeit für die Jungen oder für Ältere geben.

Es ist eben Beschäftigung von wirtschaftlichen Entwicklungen nicht trennbar, und daher bleibe ich bei dem, was ich heute schon oft festhalten konnte: Wenn wir nicht in Bildung, in Ausbildung und in Entwicklung im eigenen Land investieren und wenn wir nicht in Europa Spielräume schaffen, wo investiert werden kann, dann wird der Wettbewerbsstandort Europa im internationalen Wettbewerb nicht stark genug sein,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 47

dann wird die Kaufkraft in Europa nicht stark genug sein, Produkte zu schaffen und zu verkaufen, mittels welcher vielen Menschen ein Arbeitsplatz garantiert werden kann.

Diese Entkoppelung gibt es nicht, und diese Zusammenhänge existieren, und wenn man sich denen stellt, dann haben wir in einer gut koordinierten europäischen Politik auch eine starke Chance.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Die Arbeitslosensituation der Jugendlichen in Europa und in Österreich wurde schon thematisiert. Sie kennen sicher auch die Zahlen aus dem aktuellen Sozialbericht. Darin geht man laut Berechnungen von rund 75 000 jungen Menschen aus, die weder in Beschäftigung sind noch in einer Ausbildung sind, noch in einer Weiterbildung sind.

Meine Frage: Greift da die Ausbildungsgarantie der Bundesregierung nicht? Welche Maßnahmen wollen Sie diesbezüglich setzen? Und erklären Sie das vor allem im Wahljahr nun zur Chefsache?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Der Sozialminister hat nicht nur angekündigt, die Ausbildungsgarantie insgesamt zu verbessern und zu verstärken, sondern auch für den Bereich von Schulverweigerern oder -abbrechern, die den Hauptschulabschluss nachholen müssen, Maßnahmen zu setzen. Einiges davon wurde schon beschlossen, was das Nachholen von Schulabschlüssen betrifft. Aber da stehen wir sicher erst am Anfang.

Ich bin auch der Meinung, dass man gerade jungen Leuten, die in diesem Alter nicht im Arbeitsleben stehen, helfen muss; abgesehen davon, dass sie natürlich auch nichts verdienen aus dem Einsatz ihrer Arbeitskraft heraus, was auch für ihre weitere Entwicklung sehr negative Folgen hat.

Ich unterstütze natürlich das, was der Sozialminister angekündigt hat, nämlich sich der Problemjugendlichen oder der Jugendlichen, die in Probleme geraten sind, besonders anzunehmen und daher das Nachholen von Schulabschlüssen, die Ausbildung in überbetrieblichen Lehrwerkstätten, eine Verbesserung der Ausbildungsgarantie voran­zu­treiben. Da hat der Sozialminister meine volle Unterstützung. Ich halte das für eine der wichtigsten Aufgaben der Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur letzten Anfrage, 204/M, das ist die der Frau Abgeordneten Mag. Grünberger. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Silvia Grünberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Medienlandschaft und auch die Medientechnologien haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr verändert, und aufgrund der Konvergenz der Medien ist es aus meiner Sicht auch notwendig, bisherige Instrumente der Medienpolitik im Bereich der Qualitätssicherung und im Bereich der Förderung neu zu überdenken, um den Ansprüchen der KonsumentInnen, aber auch der Medienunternehmen gerecht zu werden.

Daher meine Frage:

204/M

„Welche budgetären und strukturellen Reformmaßnahmen zur Qualitätssicherung der österreichischen Medien schlagen Sie vor?“

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sie wissen, dass wir eine Reihe von Instrumenten trotz Kritik aufrechterhalten haben, etwa zur Förderung des ORF, wie beispielsweise die Gebührenrefundierung in dieser Legislaturperiode in der Höhe von 160 Millionen €. Wir haben aber auch einen „Fernsehfonds Austria“ eingerichtet, also darüber hinaus Förderungsmittel bereitgestellt. Wir haben im Printmedienbereich zwar Kürzungen vorgenommen, aber bewusst diese Förderung für die Vielfalt der Medien belassen.

Nun stellt sich für uns die Frage: In welche Richtung muss eine Reform gehen? – Ich weiß, dass der zuständige Staatssekretär, der Medienstaatssekretär dazu sehr viele Gespräche führt, um zu erarbeiten, wie sich dieses Modell, zu dem wir uns bekennen, durchsetzen lässt, denn wir sagen, auch wenn überall gespart werden muss, so sind uns trotzdem der Erhalt der Vielfalt der österreichischen Medien und deren Qualitäts­sicherung ein besonderes Anliegen.

In diesem Zusammenhang gibt es eine Studie von Professor Haas und auch andere, die besagen, dass man viel stärker auf den Online-Bereich setzen sollte und noch viel stärker in die Journalistenausbildung, in Journalisten, Korrespondenten et cetera inves­tieren sollte.

Ich halte das für einen richtigen Weg und eine richtige Diskussion und bekenne mich auch zu diesen Förderungen.

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Grünberger.

 


Abgeordnete Mag. Silvia Grünberger (ÖVP): Herr Bundeskanzler, Sie haben die Gebührenrefundierung beziehungsweise die staatliche Unterstützung für den ORF in Höhe von 160 Millionen € angesprochen. Zusätzlich bekommt der ORF jährlich vom Gebührenzahler in etwa 600 Millionen €. Trotzdem sind in der letzten Zeit Forderungen des ORF laut geworden, diese Gebührenrefundierung fortzusetzen, um Strukturen aufrechterhalten zu können.

Jetzt wissen wir aber, dass Strukturen des ORF teilweise noch immer aus der Zeit des Rundfunkmonopols stammen.

Wie stehen Sie dazu? Und sprechen Sie sich für eine Fortsetzung der Gebühren­refundierung aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich habe seinerzeit mit Josef Pröll für diese Legislaturperiode 160 Millionen € für die Refundierung der Gebühren vereinbart. Dazu muss man sagen, dass damals der ORF, um Strukturreformen durchführen zu können, dafür war – „Frontloading“ hat er das genannt –, am Anfang mehr zu bekommen. Jetzt zu sagen, es sei wenig, entspricht nicht dem eigenen Wunsch des ORF, nämlich am Anfang mehr zu bekommen.

Wir haben das nicht für die halbe Legislaturperiode, sondern für die ganze Legislatur­periode vereinbart, beschlossen und auch bezahlt. Ich gehe daher davon aus, dass in dieser Legislaturperiode keine neue Gebührenrefundierung ansteht.

In der nächsten Legislaturperiode ist das natürlich wieder zu beraten, aber unter Berücksichtigung der Frage: Wie verändert sich denn die Struktur des ORF? Wo kann gespart werden?

Man kann ja nicht deshalb, weil man über die medialen Möglichkeiten verfügt, glauben, man kann sich einer Strukturänderung verschließen. Daher bin ich dafür, dass wir in


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der nächsten Periode das sehr ernsthaft wieder miteinander beraten und neu verein­baren, aber unter der Auflage, ganz bestimmte Strukturänderungen durchzuführen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Petzner.

 


Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Kurze Zusatzfrage zur Gebührenrefundierung. – Es fällt ja auf, dass die Verkündung, dass es zu keiner Verlängerung der Gebühren­refundierung kommt, genau einen Tag später erfolgt ist, nachdem der ORF den Wunsch der SPÖ-Parteizentrale und des Herrn Wahlkampfleiters Darabos abgelehnt hat, die Zweierkonfrontationen durch Bürgerforen zu ersetzen.

Können Sie ausschließen, Herr Bundeskanzler, dass Sie im Rahmen Ihrer Funktion bezie­hungsweise Ihr Staatssekretär darauf Einfluss nehmen und den ORF damit erpressen, dass Sie eine Verlängerung der Gebührenrefundierung davon abhängig machen, dass der ORF Ihre Wünsche im Zuge des Wahlkampfes – Stichwort: Fern­seh­konfrontationen – erfüllt?

Und: Warum haben Sie offensichtlich Angst davor, sich zum Beispiel dem Klubobmann Bucher in einem Fernsehduell zu stellen? (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehen wir es umgekehrt: Nehmen wir an, der ORF würde beschließen, morgen diese Zweierkonfrontation durch ein Bürgerforum zu ersetzen.

Es gibt trotzdem keine Gebührenrefundierung in dieser Legislaturperiode, denn die 160 Millionen € gab es schon, die sind auch ausgezahlt worden.

Doch ein guter Gegenbeweis, oder?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Bundeskanzler! Wir haben in Öster­reich eine Situation, wo die Presseförderung, was Printmedien betrifft, nicht besonders üppig ausgestaltet ist, würde ich einmal sagen. Sie erfolgt vor allem nach Kriterien, die wenig mit momentanen realen Begründungen zu tun haben, sondern da werden einfach gewachsene Strukturen abgebildet. Stichwort: „Neues Volksblatt“. Die ÖVP-Parteizeitung in Oberösterreich ist einer der größten Empfänger der Presseförderung.

Wenn man diese Reform ernst nimmt – und Sie haben gesagt, Sie stehen für eine Reform –, so muss man sich auch um die Finanzierung kümmern. Ich stelle Ihnen daher zur Finanzierung die konkrete Frage:

Halten Sie es für sinnvoll, die Presseförderung auszuweiten, und zwar auch von der Quantität her, also mehr Presseförderung nach nachvollziehbaren Kriterien zu gewäh­ren und im Gegensatz dazu die Werbeausgaben der Ministerien auf Bundesebene zu reduzieren, denn das Geld, das da zusätzlich notwendig wäre, wird ja nicht so leicht zu beschaffen sein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Das von uns beschlossene Transparenzgesetz, aber auch die Aufforderung, Werbeausgaben zu reduzieren, haben ja bereits zu einer Reduzierung geführt – unabhängig von der Förderung der Printmedien.

Ich bin dafür, dass man zuerst festlegt, was man fördern möchte, und sich dann anschaut, wie viel das ausmacht. Und wenn hier eine gemeinsame Reform auch im Printmedienbereich erarbeitet wird, wo man nicht in Polemik versinkt, sondern wo man sich tatsächlich mit qualitativen Kriterien – Qualitätsförderung, Journalistenausbildung,


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Korrespondenten, Qualität im journalistischen Bereich – beschäftigt, dann hat das jedenfalls meine Zustimmung. Und den Betrag, der dann dafür notwendig ist, vertrete ich dann auch.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeord­neter Vilimsky.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Die Frage zielt ja nicht nur auf den Bereich der Presseförderung, also Gebührenerhöhung, Gebührenrefundierung und Verfünffachung der Presseförderung ab, sondern auch auf den Bereich der Qualitätssicherung.

Insbesondere interessiert mich vor dem Hintergrund des etwa heute aktuellen Fernsehprogrammes – ich darf nur kurz zitieren aus ORF eins: „Malcolm mittendrin“, als Wiederholung; dann folgt gleich noch einmal „Malcolm mittendrin“; dann kommen „The Middle“ und „Scrubs“ und „Two and a Half Men“; dann kommt eine zweimalige Wiederholung von „Dancing Stars“; dann folgen „Malcolm mittendrin“, „The Middle“ und „Scrubs“; und dann kommt „How I Met Your Mother“ in einer dreimal aufeinander­folgenden Staffel, die da im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dargeboten wird – die Antwort auf meine Frage zur Qualitätssicherung:

Wie sehen Ihre Maßnahmen der Qualitätssicherung öffentlich-rechtlicher Inhalte im öffentlich-rechtlichen zwangsfinanzierten ORF aus? Und was haben Sie da im Konkreten vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn es nach mir geht, wird der Stiftungsrat verkleinert, damit er wie ein Aufsichtsrat sowohl über die strukturellen Veränderungen, über die finanziellen Veränderungen als auch darüber wachen kann, ob das, was von uns gemeinsam als Unabhängigkeit und als öffentlich-rechtliche Aufgabe vorgegeben wird, eingehalten wird.

Ich würde mich aber nicht einmischen in die Frage, wie viele Wiederholungen es wo geben darf und welche Wiederholungen es geben darf. Da erinnere ich mich schon an alte Waldbrunn- und Farkas-Witze. Also die Frage der Wiederholungen im ORF ist wirklich nicht neu.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Cap.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Nur zur Ergänzung für all jene, die im Medien­bereich tätig sind und sich hier in der Fragestunde eingebracht haben: Studien haben ergeben, dass der ORF zu den erfolgreichsten öffentlich-rechtlichen Anstalten europa­weit gezählt wird, sowohl im Fernseh- als auch im Radiobereich. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Das sollte nicht vergessen werden, wenn hier so stille Interventionsversuche in Wortmeldungen seitens einzelner Abgeordneter von den Oppositionsparteien kommen. (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.)

Meine Frage ist aber eine andere, nämlich die: Es ist vom BKA der Auftrag zur Durchführung einer Studie an den renommierten Medienexperten Professor Haas ergangen. Er hat eine wissenschaftliche Studie zu dem Themenkomplex, den vor allem der Kollege Brosz angesprochen hat, erarbeitet.

Meine Frage dazu: Welche Schlussfolgerungen und Empfehlungen ergeben sich daraus, Herr Bundeskanzler?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Der zuständige Staatssekretär hat diese Studie als eine Grundlage – es gibt sicher noch andere zu erarbeiten – verwendet, um die Frage


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 51

mit den Medienvertretern zu diskutieren, inwieweit das Setzen auf den Online-Bereich und andere Umstellungen, die passieren, in Richtung einer Innovation gefördert werden können, ich möchte fast sagen, in Richtung einer Forschungs-/Entwicklungsför­derung, damit die Förderung nicht zu stark ins Gießkannen-Prinzip geht, sondern qualitative Schwerpunkte festgelegt werden.

Diese Diskussion ist im Gange, und ich bin überzeugt davon, dass sie am Beginn der neuen Legislaturperiode zu einem Abschluss geführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.

Es sind alle Fragen zum Aufruf gelangt.

Ich erkläre damit die Fragestunde für beendet.

Meine Damen und Herren! Ich werde jetzt die Sitzung unterbrechen, da in letzter Minute eine Dringliche Anfrage und ein Fristsetzungsantrag hereingekommen sind und das Croquis noch nicht fertig ist. Es wäre wahrscheinlich hilfreich, diese Verlangen etwas früher abzugeben. Das für die Zukunft!

Die Sitzung ist unterbrochen, bis das Croquis fertiggestellt ist.

*****

(Die Sitzung wird um 10.53 Uhr unterbrochen und um 10.55 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

10.55.10 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 14015/AB bis 14039/AB;

2. Regierungsvorlagen:

Bauproduktenotifizierungsgesetz 2013 – BPNG 2013 (2334 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2336 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2337 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird (UWG-Novelle 2013) (2338 d.B.),

Bundesrahmengesetz zur Einführung einer neuen Ausbildung für Pädagoginnen und Pädagogen (2348 d.B.),

Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2013 – GesRÄG 2013 (2356 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Justiz – VAJu (2357 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 52

Patent- und Markenrechts-Novelle 2014 (2358 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommuni­kations­endeinrichtungen geändert wird (2359 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankeninterventions- und -restrukturierungsgesetz erlas­sen sowie das Bankwesengesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geän­dert werden (2360 d.B.);

3. Anträge:

Zurückziehung: Zu 2293/A(E).

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz geändert wird (2323 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (2324 d.B.);

Budgetausschuss:

Antrag 2299/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 geändert wird,

Antrag 2300/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 geändert wird;

Familienausschuss:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (2335 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 2290/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der Hausärztin/des Hausarztes;

Justizausschuss:

Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2013 – SchiedsRÄG 2013 (2322 d.B.),

Antrag 2292/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schaffung eines Kinderschutzgesetzes;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 2298/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend EU-Holzverordnung (EU) Nr. 995/2010;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 53

Umweltausschuss:

Antrag 2297/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erfassung von Umgebungslärm und über die Planung von Lärmminderungsmaßnahmen (Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz – Bundes-LärmG) geändert wird;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 2295/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend standort­bezogenes Sprachförderungskonzept;

Verfassungsausschuss:

Antrag 2291/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalrats-Wahlordnung und Europawahlordnung – Barrierefreies Wählen,

Antrag 2294/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichts­barkeits-Ausführungsgesetz 2013, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das Ver­wal­tungs­gerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Amtshaftungsgesetz und das Bundes­ministe­riengesetz 1986 geändert werden,

Antrag 2303/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung von Gemeindewachkörpern;

Verkehrsausschuss:

Antrag 2301/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zukünftigen Belastungen der Bevölkerung von Angath – steigender Lärm und Abgase durch einen geplanten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offene Bahntrasse statt Untertunnelung,

Antrag 2302/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassung von Radar-Warngeräten;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K 2013 (2321 d.B.),

Antrag 2296/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgrenzung von künstlerischer Tätigkeit in der Gewerbeordnung;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie:

Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2013, vorgelegt vom Bundes­minister für Wissenschaft und Forschung und von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-420 d.B.);

Tourismusausschuss:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2012 (III-419 d.B.);


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Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes über den Zeitraum Jänner bis Dezem­ber 2012, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-417 d.B.),

Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2012, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-418 d.B.).

*****

10.55.21Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Widmann, Kollegin und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 14873/J der Abgeordneten Mag. Widmann, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Bankgeheimnis erhalten statt EUdSSR gestalten!“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

10.55.55Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte
über die Anfragebeantwortung 13547/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 13547/AB der Anfrage 13716/J der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für Euro­päische Bürgerinitiativen durch die Frau Bundesministerin für Inneres abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss daran stattfinden.

10.56.29Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Scheibner beantragt hat, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1623/A der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsord­nungs­gesetz 1975 geändert wird, eine Frist bis zum 11. Juni 2013 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 5 sowie 7 bis 9 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.


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Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde ein Tagesblockzeit von 7,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 7,5 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP 105, FPÖ 94, Grüne 83, BZÖ 71 sowie STRONACH 60 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich ersuche all jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.58.01 1. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2251 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2320 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


10.58.27

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuschauer auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen zu Hause! Dieses Bundesfinanzrahmengesetz ist nichts anderes als die verantwortungslose Fortsetzung der gewaltigsten Abkassieraktion in der Geschichte dieses Landes! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Trotz Rekordabgabenquote – ich betone: trotz Rekordabgabenquote! – schafft es diese Bundesregierung nicht, den Schuldenstand zu reduzieren oder gar die Ausgaben auch nur ansatzweise zu reduzieren.

Und noch schlimmer: Erstmals seit Einführung der Umsatzsteuer wird die Lohnsteuer die Umsatzsteuer überholen. Der Leiter des Budgetdienstes hier im Parlament, Dr. Berger, hat es in der Sitzung des Budgetausschusses ganz klar vorgerechnet: Die Einnahmen aus der Lohnsteuer werden nun durch die kalte Progression um 30 Prozent steigen, die Einnahmen aus der Umsatzsteuer um 17 Prozent. Und 2015, also bereits in zwei Jahren, wird die Lohnsteuer rund 27 Milliarden € ausmachen und die Umsatz­steuer 26,8 Milliarden. Und diese Schere wird sich dann bis in das Jahr 2017 von 30,4 Milliarden zu 28,7 Milliarden zugunsten der Lohnsteuer weiter aufmachen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Das ist das, was die Regierung mit diesem Bundesfinanzrahmen vorhat. Und dann plakatiert die SPÖ: Arbeit, von der man leben kann!, und spricht davon, den Faktor Arbeit zu entlasten. (Abg. Dr. Karlsböck: Ungeheuerlich!) Ja macht es doch!, möchte man der SPÖ zurufen. Macht es doch! Ihr seid seit 1971 mit sechs Jahren Unterbrechung in der Regierung, und ihr stellt den Bundeskanzler. Macht es doch! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 56

Aber ihr macht es nicht, ganz im Gegenteil: Die SPÖ tut nichts gegen die hohen Abgaben. Im Verein mit den grünen Handlangern schnalzen Sie in Wien die Gebühren und die Abgaben in die Höhe, dass sich die Menschen die Betriebskosten nicht mehr leisten können. Und dann plakatiert die SPÖ: Mieten, die man sich leisten kann!

Ja glauben Sie denn wirklich, dass Ihnen das noch irgendjemand in diesem Land glaubt? Glauben Sie wirklich, dass diese Verhöhnung der Menschen durchgehen wird? Sie werden am 29. September die richtige Antwort auf diese Verhöhnung der Menschen bekommen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Zanger: Wirklich wahr!)

Die ÖVP ist aber um gar nichts besser. Sie von der ÖVP sind immer und überall dabei, wenn es darum geht, die Steuerschrauben anzuziehen. Sie weigern sich standhaft, auch nur irgendeine Maßnahme zur Ausgabenreduktion anzudenken, geschweige denn auf die Förderbremse zu steigen. Österreich leistet sich 6,5 Prozent Förderquote. Der EU-Schnitt beträgt 3,5 Prozent, und in der Schweiz sind es gar nur 1,7 Prozent. Und da findet die ÖVP nichts, wo man sparen könnte!

Das haben Ihnen auch die Experten im Budgetausschuss gesagt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieser Finanzrahmen wird nicht halten! Sie haben 1 Milliarde € aus der Finanztransaktionssteuer budgetiert, die gar nicht kommen wird, weil sich Großbritannien querlegt. Die Milliarde aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz wird auch nicht so fließen, wie Sie sich das vorstellen – und schon gar nicht nach der gestrigen De-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses. Die Konjunkturprognose sinkt weiter. Die niedrigen Zinsen und die Inflation fressen die Ersparnisse auf.

Die Staatsschuldenquote beträgt jetzt zirka 73 Prozent. Sie wird aber noch weiter steigen, denn durch die neuen EU-Statistikregeln müssen ausgelagerte Schulden – ÖBB, ASFINAG, BIG und dergleichen – in Zukunft ins Budget eingerechnet werden. Dies wird die Schuldenquote auf über 77 Prozent steigern, wie Standard & Poor’s es ausgerechnet hat.

Das ist alles in diesem Finanzrahmen nicht eigerechnet, und da rede ich noch gar nicht von den 80 Milliarden € Haftungen für ESM, EFSF, EFSM und so weiter und so fort. (Abg. Krainer: Den EFSM kenne ich nicht! Ich glaube, er verwechselt was! Er meint den ESM!) Das Einzige, was Sie tun, ist zuzuschauen, wie durch die Zinspolitik der EZB die Vermögen der Sparer durch die niedrigen Realzinsen vernichtet werden, und andererseits tun Sie nichts – auch Sie nicht, Herr Kollege Krainer – gegen die kalte Progression und lassen die Steuerlast ungebremst steigen.

Sie stehen für Reallohnverlust, Enteignung der Sparer, kalte Progression, hohe Inflation und die höchste Abgabenquote aller Zeiten, gepaart mit den höchsten Schulden aller Zeiten. Das steht in diesem Finanzrahmengesetz! (Abg. Krainer: Von welchem Land reden Sie? Wir sind hier in Österreich!)

Habe ich etwas vergessen? – Ja, ich habe etwas vergessen: Das Ganze findet bei sinkender Gesundheitsvorsorge, Zweiklassenmedizin und immer niedrigeren Bildungs­standards statt. Das Gute daran ist, dass Sie seit Jahren nur noch reagieren und nicht regieren, denn sonst müssten wir wahrscheinlich sogar Essensmarken austeilen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Silhavy: Du warst auf Urlaub jetzt, gell? Abg. Krainer: Die höchste Steuern- und Abgabenquote war unter einem blauen Finanzminister, mit 45 Prozent! Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Es hat keinen blauen Finanzminister gegeben!  Abg. Krainer in Richtung der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein : Da hast du noch anders geredet, im 2er-Jahr!)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 57

11.03.34

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine Damen auf der Regierungsbank – heute gibt es eine Mehrheit der Damen, ein besonders schönes Bild, das die Regierungsbank hier bietet! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute das Bundesfinanzrahmengesetz. Wenn wir das tun, dann diskutieren wir auch den Strategiebericht und die längerfristige Budget­prognose bis 2050, eine Langfristprognose, die aufgrund des neuen Bundeshaus­halts­rechtes erstmals vorliegt. Wenn man sich diese drei Unterlagen anschaut – Bundes­haushaltsgesetz, langfristige Prognose und Strategiebericht –, so ist aus allen drei Unterlagen eine klare wirtschaftspolitische Strategie dieser Bundesregierung erkenn­bar, die auf drei Säulen beruht: erstens Budgetkonsolidierung, zweitens Strukturrefor­men und drittens Impulse für Wachstum und Beschäftigung. Meine Damen und Herren, das ist eine erfolgreiche Strategie! (Beifall bei der ÖVP.)

Budgetkonsolidierung hat Priorität: ein ganz klarer Budgetpfad! Das erste Ziel haben wir 2011 bereits erreicht, nämlich unter die 3 Prozent Defizitquote zu kommen. Das nächste Ziel ist 2017 ein strukturell ausgeglichener Staatshaushalt. Ein weiteres Ziel ist, 2020 unter die 60 Prozent Schuldenquote zu kommen.

Meine Damen und Herren, ich muss also sagen, das ist ein klarer, bisher sehr erfolgreicher strategischer Kurs dieser Bundesregierung. Wenn heute gescheite Leute in Brüssel und auch im Währungsfonds draufkommen, dass Sparen alleine nicht genügt, so muss ich sagen, dass wir das schon immer gewusst haben. Das hat auch die Regierung gemacht: Wir sind von Haus aus diese Dreifachstrategie gefahren, nämlich – ich sage es noch einmal – erstens Budgetkonsolidierung, zweitens Struktur­reformen und drittens Impulse für Wachstum und Beschäftigung.

Lesen Sie bitte nach: Budgetbegleitgesetz 2011, Stabilitätsgesetze 1 und 2 aus dem Vorjahr – ein klarer Kurs! Wir waren da von Haus aus auf der Linie, dass Sparen notwendig ist, aber Sparen alleine eindeutig zu wenig ist. Manche kommen heute erst drauf. – Die Bundesregierung und die Mehrheit des Hohen Hauses hat das schon sehr frühzeitig erkannt.

Meine Damen und Herren, dieser klare Kurs der Bundesregierung, der über Jahre eingehalten worden ist, zeitigt natürlich auch Erfolge. (Abg. Mag. Kogler: Genau, bei den Banken!) Ich nenne drei Beispiele. Herr Kollege Kogler, verwischen Sie die Daten und Fakten nicht! Die Daten und Fakten stimmen. (Abg. Mag. Kogler: Ich habe ja nur etwas von den Banken gesagt!) Wir haben in Österreich heute – auch wenn es noch niedrig ist – ein Wirtschaftswachstum, das doppelt so hoch ist wie jenes der EU insgesamt. Wir haben eine Arbeitslosenrate, die nicht einmal halb so hoch ist wie jene in der Europäischen Union. Und wir haben das Vertrauen der Finanzmärkte wieder gewonnen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Rossmann: Siehe Kommunal­kredit!)

Ich weiß nicht, wer von Ihnen bei der Jubiläumsfeier der Bundesfinanzierungsagentur dabei war. Da hat die Geschäftsführerin, Frau Dr. Oberndorfer, sehr deutlich auf dieses Vertrauen hingewiesen. Wir haben erstmals eine öffentliche Anleihe mit einer Laufzeit von 50 Jahren begeben. Das signalisiert das Vertrauen der Finanzmärkte in diese Strategie der Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wer borgt einem Staat auf 50 Jahre Geld? – Für mich ist das der beste Beweis dafür, wie sehr mit dieser Politik das Vertrauen in die Zukunft wiedergewonnen wurde. Wir sehen das auch an den historisch niedrigsten Zinsen für die Staatsschulden. (Abg. Mag. Kogler: Genau!) – Herr Mag. Kogler, Sie werden das Gegenteil behaupten (Abg. Mag. Kogler: Gar nicht!), aber Sie sprechen gegen die Daten und Fakten! Ich spreche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 58

nur aufgrund von Daten und Fakten, und die schauen so aus, wie ich es gerade gesagt habe.

Meine Damen und Herren, natürlich wissen wir, dass wir damit viele Probleme noch nicht gelöst haben. Ich bin auch ehrlich gestanden sehr froh darüber, dass erstmals diese langfristige Budgetprognose bis 2050 vorliegt, denn sie zeigt auf, was geschehen würde, wenn nichts geschieht. Die Latte für die nächste Legislaturperiode liegt schon sehr hoch, denn in der Prognose sind schon auch Zahlen enthalten, angesichts derer man sagen muss: Ui, da muss man sich schon sehr ins Zeug legen!

Ich nenne nur ein Beispiel: Es wird angeführt, welche budgetären Konsequenzen es aufgrund der sehr erfreulichen demografischen Entwicklung – wir alle freuen uns darüber, dass wir immer länger leben; die Lebenserwartung steigt alle zehn Jahre um ungefähr zwei Jahre – im Bereich Pension oder im Bereich Gesundheit gibt. Diese langfristige Prognose weist nach, dass von jetzt bis 2050 die demografiebezogenen Ausgaben von 31,2 Prozent des BIP auf 34,5 Prozent des BIP steigen werden. Das schaut in Prozenten relativ harmlos aus, beträgt nach heutigem Stand aber ungefähr 10 Milliarden €, und im Jahr 2050 ist es bestimmt ein Vielfaches davon.

Hier liegen also wirklich gewaltige Herausforderungen vor uns, und ich sage wieder einmal, was wir eh alle wissen: Wir werden nicht darum herumkommen, energischer in Richtung Anhebung des faktischen Pensionsalters zu gehen. Der Slogan darf dabei aber nicht lauten: Ihr müsst alle länger arbeiten!, sondern es muss heißen: Wir in der Politik werden alles dafür tun, damit ihr länger arbeiten könnt!

Das ist eine Herausforderung für die Gesundheitspolitik, die Qualifikationspolitik, die Arbeitsmarktpolitik und auch für die Lohnpolitik der Sozialpartner. Wenn heute ein 50-Jähriger gekündigt wird, weil sein Chef sagt, der 30-Jährige ist um 30 Prozent billiger, dann muss man eben in der Lohnpolitik die Lebenseinkommenskurve und die Lebens­leistungskurve stärker angleichen. (Abg. Krainer: Dass die 30-Jährigen mehr verdie­nen, richtig! Abg. Neubauer: Nicht reden, machen!) Das ist eine Herausforderung für die Politik, aber natürlich auch für die Sozialpartner. (Abg. Neubauer: Machen, nicht reden!)

In diesem Sinn, meine Damen und Herren: Wir liegen dank dieser Bundesregierung, dank dieser Strategie hervorragend, aber Herausforderungen für die nächste Legis­laturperiode gibt es genügend. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.09.19

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es wurde ja darauf hingewiesen, dass im Zuge der Debatte zu diesem Finanzrahmen auch die Ergebnisse des gestrigen EU-Gipfels mitberaten werden sollen. Sei’s denn! Ich werde mich jetzt einigen Punkten im Rahmen dieser Debatte zum Finanzrahmen 2014 bis 2017 zuwenden.

Zunächst zu dem von meinem Vorredner aufgegriffenen Thema der Reformbereit­schaft, des Sparens und zu der Behauptung, dass Österreich eh super dastehe, denn sonst hätten wir ja auf den Märkten nicht so günstige Zinsen bekommen. – Ich würde dem gar nicht nur widersprechen wollen, weil Sie das angedeutet haben.

Es wird Sie nicht überraschen, dass für mich zweitens auch Folgendes wesentlich ist  und ich muss das hier ausführlich behandeln, weil der Raum dazu in diesem Haus ja regelmäßig beschnitten wird –: das Problem der Banken, mithin der Problembanken, und was das für den vierjährigen Finanzrahmen heißt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 59

Drittens möchte ich mich mit den erwähnten – mehr oder weniger – Vorhaben der Europäischen Union zur Steuerbetrugsbekämpfung auseinandersetzen.

Ein weiteres Thema – apropos bekämpfen und an den falschen Stellen kürzen – ist, dass von der Bundesregierung mit dieser Vorlage ausgerechnet der Rechnungshof massiv in seinen Ressourcen beschnitten werden soll.

Zum ersten Punkt: Im Finanzrahmen werden die Obergrenzen für die Staatsausgaben festgelegt. Deshalb sollte man einmal schauen, wo denn die große Bereitschaft zu Reformen zu finden ist und welche Fraktionen da wirklich etwas tun. Dann können wir uns kurz über die Zinsen unterhalten. Ich stelle fest, dass von dem, was in den „Öster­reich-Gesprächen“ begonnen wurde, an Inhalten relativ wenig übrig geblieben ist. Das ist eines der wenigen Dinge, bezüglich deren man Ihren Vorgänger loben muss, Frau Finanzministerin. Vizekanzler Pröll hat damals einiges mehr oder weniger erfolgreich auf den Weg gebracht. Jedenfalls hat ihm die ganze Geschichte den Kopf gekostet, weil er sich angeschickt hat, hinsichtlich der Schulverwaltung oder auch in Sachen Gesundheitsreform einmal etwas anderes anzudenken. Das alles ist ja auch unter der passiven Mithilfe der SPÖ letztendlich sehr intensiv zu Grabe getragen worden, weil einfach die Courage für wirkliche Reformen fehlt.

Welche Bereiche sind das? – Wie gesagt, die Schulverwaltung. Das, was jetzt als Schulverwaltungsreform ankommt, ist ja eine Micky-Maus-Veranstaltung im Vergleich zu dem, was notwendig wäre. Weg mit dem System der Bezirksschulverwaltungen und der Landesschulverwaltungen in dieser Form! Wir brauchen Landesbildungsdirek­tionen, die an sich wesentlich autonomere Schulen koordinieren und allenfalls da oder dort, wo es notwendig ist, dirigieren, und zwar in unmittelbarer Verantwortung zum Ministerium. Aber das wollen Sie nicht! Sie wollen den Kompetenzdschungel lassen, wie er ist. Es soll weitergewurschtelt werden wie bisher.

Nicht, dass alles schlecht wäre in diesem Land, aber es könnte noch viel besser sein, wenn es mehr praktische Beispiele von Verwaltungsreformen gäbe. Sonst rennen immer alle herum und apostrophieren irgendwelche 10 oder 15 Milliarden € vom Rech­nungshof. Die Rechnungshof-Leute sind durchaus politisch Befreundete, wenn ich das so sagen darf, aber alles muss man auch nicht so wiedergeben oder glauben, denn das sind Globalzahlen. Aber immer dann, wenn es konkrete Punkte gibt, lässt die Regierung aus. (Beifall bei den Grünen.)

Das bezieht sich nicht nur auf die Schulreform, wo mit mehr Bemühen und mehr Effizienz ein besseres Ergebnis für die Schülerinnen und Schüler zu erreichen wäre, auf die es ja wohl um Gottes willen letztendlich ankommt! Es wäre mit weniger Geld mehr zu erreichen! Wer steht da dagegen? – Meistens die ÖVP! Da geht es noch gar nicht einmal um Themen wie gemeinsame Schule oder etwa Ganztagsschule. Das sind noch ganz andere Fragen. Da stehen Sie sowieso ideologisch quer im Stall, das ist nichts Neues. Sie bewegen sich da im 19. Jahrhundert, aber das ist ein anderes Thema. Sie könnten aber wenigstens die Verwaltungsfrage angehen, wo es um zig Millionen geht. Da wird herumgedoktert und mit Sandkörnchen herumgetan, und dann wollen Sie uns das als große Reformbereitschaft verkaufen – jetzt ist Herr Kollege Stummvoll nicht da –, als es um die Frage der Schuldenbremse und um die Zinsen gegangen ist. Das hängt ja alles zusammen.

Das nächste Thema ist die Reform der Gesundheitsverwaltung. Es ist doch so, dass in diesem Land die Ärztekammer mitmischt und Gesundheitspolitik macht. Daran hat sich fast nichts geändert. Es spielen immer noch die Spitalserhalter beziehungsweise die Interessen relativ renitenter Länder eine Rolle, und die Gebietskrankenkassen dominieren. In der Gesundheitspolitik regieren alle, nur nicht der Gesundheitsminister. Sie haben das schon einmal gehört, und Sie werden es noch öfter hören, wenn Sie


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diesen Missstand nicht abstellen. Und da sagen Sie, Sie seien die Reformer, die sparen wollen. Ganz im Gegenteil, es ist meistens so: Sie von der SPÖ schlafen, und Sie von der ÖVP wenden Ihre Energie in Wirklichkeit dafür auf, die Reformen zu blockieren, obwohl Sie das als angebliche Wirtschaftspartei anders verkaufen wollen. Da gackern ja mittlerweile schon die Hühner, wenn man sich anschaut, was Sie bei der Bankenpleite aufgeführt haben! (Beifall bei den Grünen. Bundesministerin Dr. Fekter: Keine Ahnung!)

Deshalb werden wir das weiterhin dechiffrieren. Frau Bundesministerin, Sie können schon sagen, dass wir keine Ahnung haben, im Wettbewerb der Ahnungslosen haben Sie jedoch mittlerweile Ihr Ranking und Ihre Quote verbessert. – Das darf wahr­scheinlich nicht nur ich konstatieren. Das soll Sie nicht daran hindern, Zwischenrufe zu machen, wir sind ja schließlich im Parlament.

Aber wenn wir hier schon Parlamentarismus betreiben wollen, dann noch einmal an den Kollegen Stummvoll: Die niedrigen Zinsen jetzt sind ja eh super. Das wird im Übrigen am Nachmittag ein Thema sein. Vielleicht profitieren ja Österreich, Deutsch­land und Holland enorm davon, dass gegen andere Länder anspekuliert worden ist. Für Österreich gibt es natürlich einen Zusatzeffekt mit besonders niedrigen Zinsen für unsere Staatsanleihen. Sei’s drum, das ist eine andere Frage.

Vor eineinhalb Jahren ist ja die Debatte um die sogenannte Schuldenbremse losge­gangen – das hängt ja eng mit dem Finanzrahmen zusammen –, dass man unbedingt eine bestimmte Schuldenquote und einen bestimmten Defizitpfad in die Verfassung hineinschreiben müsse. Das, so hat es geheißen, sei die Lösung und die Rettung. Komme das hingegen nicht, wurde der Opposition – da ist es ja um eine Verfassungs­mehrheit hier im Haus gegangen – und Ihnen von der SPÖ auch gleich gedroht, wir seien schuld, wenn die Zinsen explodieren und ins Unermessliche wachsen. Griechen­land ante portas, wenn die Opposition einer Schuldenbremse nicht zustimmt.

Warum haben wir der Schuldenbremse im Verfassungsrang nicht zugestimmt? Weil es unklug ist, einfach nur eine Linie festzuschreiben, ohne die dahinterstehenden Maßnahmen zu explizieren. Da sind wir ja genau bei dem vorher schon ange­sproche­nen Punkt: Sie sparen oft dort, wo Sparen nichts verloren hat, kürzen an der falschen Stelle, und dort, wo es geht – ich habe es Ihnen gerade gesagt –, wo wirklich Milliarden zu holen wären, da tun Sie nichts, weil Sie Ihre Klientel auch in der Verwaltung weiter schützen. Und dann wird dort gespart, wo sich die Leute nicht wehren können. Das ist die Konsequenz dieser eher unschlauen Schuldenbremse. Wir sind hingegen für einen wesentlich flexibleren und schlaueren Pfad.

Die gleichen Redner, die damals hier am Rednerpult herumgefuchtelt und gedroht haben, wie die Zinsen explodieren werden, stellen jetzt fest, wie super Österreich dasteht, weil die Zinsen so niedrig sind. Das ist ja ohnehin nicht nur das Verdienst dieser Bundesregierung – das habe ich ja vorhin schon gesagt –, aber diese Doppel­moral darf nicht unwidersprochen bleiben.

Nun zur besonderen Wirtschaftskompetenz dieser Bundesregierung: Wir können noch lange darüber reden, was in Kärnten bei der Hypo Alpe-Adria alles passiert ist. Es wäre auch notwendig, das noch weiter zu untersuchen. (Abg. Dr. Strutz: Ja, stimmt!) Aber das ist jetzt fünf Jahre her, und dazwischen liegt der Verkaufsprozess an die Bayern und dann die Notverstaatlichung. Und es ist bis heute nicht klar, warum die Republik sich in derart dämlichen Verträgen – ich kann es nicht anders sagen, aufpassen auf der Regierungsbank! – darauf eingelassen hat, sich diese Bank mit all den Problemen, die ja fast schon für einen Laien erkennbar waren, umhängen zu lassen – mit lauter Bestimmungen, die uns jetzt noch auf den Kopf fallen.


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Wer hat denn gesagt, dass die Bayern das riskiert hätten, die Bank wirklich in Konkurs gehen zu lassen? Die haben doch auch einen Ruf zu verlieren! Womit war die Republik erpressbar? Herr Kollege Schieder, Sie waren ja dabei, auch wenn Sie jetzt so tun, als ob Sie da nie dabei gewesen wären. Wo waren Sie? Was haben Sie anlässlich dieser Vertragsverhandlungen gemacht? Dazu müssen Sie sich irgendwann einmal rechtferti­gen! Sie können sich nicht hier herstellen und ein riesengroßes Bankenpaket be­schließen lassen, ohne sich einmal hier in diesem Hohen Haus zu rechtfertigen! Sie tun das ja noch dazu in Tateinheit mit den Bankdirektoren, die jetzt im Übrigen ein Fall für Ihre neue SOKO sind. SOKO Offshore-Leaks: Da können Sie gleich einmal bei den Bankdirektoren anfangen, die Sie damals noch im Fernsehen auftreten haben lassen und die gesagt haben, dieses Bankenpaket werde ein Geschäft für die Republik. (Abg. Dr. Lichtenecker: Unglaublich!)

Ihr Vorgänger, der Vizekanzler und Finanzminister, hat dabei noch assistiert und wurde fast wieder so vorgeführt wie weiland von seinem Onkel, jetzt aber von den Bank­direktoren. Das werde alles ein Geschäft, hat es geheißen. Und dafür wollen Sie sich in diesem Haus nicht rechtfertigen?! Das kann so nicht bleiben! (Beifall bei den Grünen.)

Mittlerweile geht es um 10 Milliarden €; das ist die untere Latte. Das ist fünf Mal die Eurofighter-Flotte! Damals hat jeder verstanden, warum das fast ein Jahr lang in einem Untersuchungsausschuss verhandelt werden muss. Und jetzt nicht? Fünf Mal die Eurofighter-Flotte! Eine Million Sparbücher à 10 000 €. Sie haben die Leute damals für blöd verkauft, Frau Ministerin, als es darum ging, die Steuerbetrugsbekämpfung mit dem Hinweis auf die österreichischen Oma-Sparbücher zu verzögern. Sie haben die Oma-Sparbücher so oft erwähnt, dass man sich gefragt hat, ob wir überhaupt so viele Omas haben. Aber eines ist sicher: Auf einem Oma-Sparbuch liegen vermutlich durch­schnittlich keine 10 000 €. Aber was Sie mit Ihrer Politik, mit diesem 10-Milliarden-Loch – eine Million mal 10 000 € – veranstaltet haben, das ist die Verbrennung von einer Million Oma-Sparbüchern. Und dann wollen Sie herumrennen und sagen, Sie haben da etwas gerettet?! Ja was haben Sie denn da gerettet? Sie rechtfertigen sich nicht einmal! Im Rechnungshofausschuss – deshalb komme ich immer wieder darauf zurück –, wo die kritischen Berichte vorliegen, in denen der Rechnungshof hinweist auf das, was wir hier sagen, wird dann verhindert, dass wir das dort diskutieren können. Ich weiß schon, Sie sind bereit zu kommen; es wird Ihnen auch nichts anderes übrig bleiben. Aber Ihr Vorgänger, der das hauptsächlich zu verantworten hat – ich sage ja gar nicht, dass das nur Sie sind; zu Ihrer Rolle kommen wir noch –, der soll dem Ausschuss gar nicht Rede und Antwort stehen! Das ist nach wie vor das Verständnis von Parlamentarismus in Österreich! Und deshalb sind die Themen Korruptions­bekämpfung, Transparenz, neue, weiße Strategien für dieses Land, Neustart so wich­tig. Die sind nicht weg.

Ich hätte geglaubt, mit dem U-Ausschuss zur Telekom wäre sehr viel bereinigt worden. Aber man wird immer wieder eines Schlechteren belehrt. Immer wieder zeigt Schwarz-Blau oder Schwarz-Rot in diesem Fall, wie die große Tuchent noch über alles drüber­gelegt werden soll. Eine Tuchent- und Vertuscherkoalition, keine Reformkraft mehr, aber die Opposition belehren wollen! Und deshalb muss es zu dieser Aufklärung kommen, allein schon, um prophylaktische Wirkung für die Zukunft zu erzeugen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Widmann und Petzner.)

Und zum Finanzrahmen: Wo haben Sie denn das Geld für diese drohenden Lücken vorgesehen? – Nirgends! 133 Millionen pro Jahr haben Sie eingestellt. Das reicht doch nie! Das ist alles, was Sie hier machen. Und wir haben uns damals gerühmt dafür, was das neue Bundeshaushaltsrecht für eine tolle Reform ist, einmalig in Europa. Das ist


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doch alles zum Wegschmeißen, wenn Sie hier nicht einmal die primitivsten Grundsätze einer transparenten, einer ehrlichen Budgetplanung einhalten!

Es gibt fast keinen Grundsatz – Sie haben es im Ausschuss auch nicht beantwortet –, den Sie mit dieser Budgetplanung nicht verletzt haben. Sagen Sie dem Haus jetzt, ob Sie – bei dem, was droht – besten Gewissens nur 133 Millionen € einstellen können! Erklären Sie das im Übrigen einmal der Union! Da machen Sie ja noch den letzten Porzellanladen kaputt, der noch übrig geblieben ist. (Heiterkeit der Abgeordneten Petzner und Bucher.) Den steuern Sie auch noch an. Auch der wird mit Ihrer diplomatischen Kunst zertrümmert. (Abg. Bucher: Total!)

Erklären Sie der Europäischen Union, warum Sie nur 133 Millionen pro Jahr eingestellt haben! – Uns können Sie das nicht mehr erklären. Das erwarten wir auch gar nicht mehr. Sie wären auch in dieser Sache gestern besser als heute oder morgen zurückgetreten. Das ist untragbar, was hier aufgeführt wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Petzner und Mag. Widmann.)

Die Geschichte hat ja eine Fortsetzung: Es ist doch so, dass man immer noch etwas verbessern könnte, wenn man wollte. Aber nachdem das alles passiert ist, inklusive dieser sehr seltsamen Notverstaatlichung, ist jahrelang nichts passiert! Die Deutschen haben ihre Situation längst bereinigt. Alles war mit Brüssel auf den Tisch gelegt – gut oder schlecht, aber ehrlich. Glauben Sie, die lassen sich von solchen Ländern, die sich so aufführen wie wir hier – ich kann das nicht anders sagen –, ewig auf der Nase herumtanzen? Genauso wie bei der Steuerbetrugsbekämpfung, wo endlich ein bisschen eine bessere Linie eingeschlagen wird. Das ist jetzt der Preis, den wir dann auch dafür zu zahlen haben. Und schön langsam verstehe ich die Kommission immer besser, denn die wollen sich nicht dauernd beschwindelt und ausgetrickst, auf die lange Bank geschoben und verzögert wissen. Das ist doch klar. So kann man doch mit der Union nicht umgehen! Was glauben Sie denn eigentlich?!

Und jetzt ist die Sache so, dass wir alles zusammen in dieser Kette, den Schaden, so gut wie maximiert haben. Die letzten Fragen, die bleiben, sind: Was kann diese Task Force, die an Ihnen vorbei – Gott sei Dank – installiert wurde, noch retten? Diese Frage bleibt offen. Die ist auch in der Früh in der Fragestunde nicht beantwortet worden. Und deshalb stelle ich sie hier: Was hat das alles für Auswirkungen auf das heurige Budget und vor allem auf den Finanzrahmen 2014 bis 2017?

Bitte beantworten Sie das, denn ein Verdacht ist fast nicht mehr wegzukriegen: Sie machen das Ganze, um alles hinter den Wahltermin zu bringen. Alle sagen es – die verantwortlichen Manager in den Banken, die schon längst eine Bad Bank vorge­schlagen hätten. Das ist keine gute, lustige Sache, könnte man sagen. Eh nicht, aber es wäre wenigstens schadensminimierend. Wo ist denn das Gesetz hier im Haus, das sicherstellt, dass wir das so abwickeln können, dass wenigstens nicht 15 Milliarden, sondern nur wenige Milliarden verloren gehen? – Es fehlt, weil Sie sich über den Wahltermin schwindeln wollten! Aber das geht jetzt nicht, weil sich die Kommission das nicht mehr gefallen lässt! Und nehmen Sie dazu endlich hier im Haus Stellung! Sie haben uns das Bankenpaket abverlangt – jetzt sind Sie dran, zu erklären, was Sie damit aufgeführt haben! Hier ist der Souverän oder zumindest der Vertreter davon! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Petzner.)

Wir werden uns das nicht mehr gefallen lassen, dass hier eine Regierung in dieser abgehobenen Art dem eigenen Souverän gegenüber so auftritt und in Brüssel auf allen anderen herumtrampelt – als ob man glauben könnte, dass die sich das dort gefallen lassen werden. Unfassbar, dieses Fiasko! Unfassbar!

Ähnlich bei der Steuerbetrugsbekämpfung – ich wollte Ihnen das nicht ersparen –: Jetzt richten Sie eine SOKO ein. Na super! Jahrelang war Österreich dabei, die Steuer-


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betrüger – jene Österreichs jetzt, nicht die ausländischen – zu schützen. Steuerdaten-CDs sind lange von Österreich – in dem Fall wieder von Ihrem Vorgänger – nicht angenommen worden. Alle haben schon recherchiert bei der Schweiz-Liechtenstein-Affäre, unsere aber haben ein halbes Jahr lang die Datenannahme so gut wie verweigert.

Jetzt wollen Sie eine SOKO einsetzen. Sie machen ein Schweiz-Liechtenstein-Abkom­men, wo die Anonymität der Steuerbetrüger weiter geschützt wird, aber hier machen Sie eine SOKO. Na super! Die beste SOKO wäre, diese Abkommen zu kündigen, es so zu machen wie die Bundesrepublik Deutschland und dann scharf vorzugehen auf der Basis, dass Sie die Leute wirklich erwischen können. Was soll denn die SOKO in der Schweiz und in Liechtenstein machen? Da stößt sie dann auf eine Vereinbarung, die Sie getroffen haben, damit sie dort nicht hineinschauen darf. – Na super!

Für diese Wahlkampfgags ist es zu spät, Frau Bundesministerin! Und wir werden Sie auch immer wieder darauf aufmerksam machen, auch wenn die Hoffnung schwindet, dass das bei Ihnen noch etwas hilft, aber die anderen sollen es wenigstens hören, denn diese Pannenserie darf sich einfach nicht mehr wiederholen.

Und dann können Sie vielleicht gleich bei Ihrem Kabinett beginnen. Da sitzen doch regelmäßig die Leute von Raiffeisen in Ihrem Vorzimmer herum. Jetzt schauen wir einmal, was die SOKO beim Herrn Stepic machen wird. Für drei Wohnungen hat er zwei Briefkastenfirmen irgendwo auf der Welt. Alles steuerlegal selbstverständlich. – Na super! Ich bin gespannt, was diese SOKO jetzt zustande bringen wird. Und es wird sich weisen, ob endlich davon abgegangen wird, dass in diesem Land in Wahrheit die Banken die Regierung regieren und nicht die Regierung die Banken. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, aber es hat sich immer wieder so herausgestellt. Und deshalb ist diese Banken- und Betrugsfrage so relevant, auch für diesen Finanzrahmen. Das ist das, wovor Sie sich dauernd drücken, wo Sie irgendwelche weiteren Schmähs in Fort­setzung Ihrer Vorgänger erzählen und dazu im Wesentlichen sehr wenig bis gar nichts unternehmen.

Ja, das ist der Befund. Und deshalb werden wir das alles in die Wahlaus­einan­dersetzung hineinbringen und danach trachten, dass es, so das gelingt, in den Ver­handlungen eine entsprechende Rolle spielt.

Ein Letztes: der Rechnungshof. Ja, der Rechnungshof, der Ihnen da die Leviten gelesen hat bei der Bankenpleite, den kürzen Sie! Das ist überhaupt schlechter als überall anders in Europa oder in der zivilisierten Welt. Nicht, dass Sie so viel sind, dass Sie vielleicht die Abgeordneten hier das Geschäft machen lassen, sondern die Bundesregierung drischt einen Entwurf hier herein, in dem der Rechnungshof massiv gekürzt wird – jener Rechnungshof, der seit 2004 wesentlich weniger Erhöhungen als alle anderen obersten Organe gehabt hat. Er hat immer schon gespart, aber er soll jetzt strafsanktioniert werden.

Das Ergebnis in dem Haus ist – und wieder schweigen Sie von der SPÖ –, dass die Rechnungshofagenden nicht mehr so ausgeführt werden können wie vorher. Das ist eine Strafexpedition. Aber das Allerschlimmste ist die Methode: Durch eine Regierung, die zu kontrollieren ist, eine Finanzministerin, die zu kontrollieren ist – das passiert auch, deshalb haben wir ja auch die Fakten; Herr Stummvoll, Fakten, aber gegen die Regierung, nicht für die Regierung –, wird jene Institution, die diese Fakten liefert, jetzt strafexekutiert. Das ist der Vorgang! Und Sie machen sich nicht einmal die Mühe, das durch das Parlament selbst erledigen zu lassen. Nein, die zu Kontrollierenden geben – finanziell – vor, was die Kontrolleure noch tun dürfen! – Das ist das Letzte! Und dagegen werden wir uns auch weiter wehren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)


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Das zeigt nur Ihre Methode, und das zeigt nur, was von all dem, was von Ihnen zur Transparenz gesagt worden ist, zu halten ist, denn: Was hat denn das mit Transparenz zu tun, den Rechnungshof zu kürzen? Was hat denn das mit Korruptionsbekämpfung zu tun, den Rechnungshof zu kürzen? Ja sind Sie noch bei Trost?!

Deshalb werden wir auch diese Kampagne weiter fahren, wie man so schön sagt. Und ich sage das im besten Sinn des Begriffs, denn die Bevölkerung ist hier in großer Mehrheit auf der Seite der Ehrlichen – diejenigen, die einen Neustart wollen, dieje­nigen, die Transparenz wollen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass wir diese Auseinandersetzung in dieser Heftigkeit noch einmal führen müssen. Wir müssen sie aber führen. Wir tun das auch, denn das ist die Aufgabe von aufrichtigen Abgeordneten in diesem Haus. Und Sie sollten sich wirklich überlegen, wie lange Sie in Ihrem Amt noch tragbar sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


11.29.00

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Wenn man sich den Bun­desfinanzrahmen anschaut, dann sieht man ja, dass für die Jahre 2014, 2015 und 2016 keinerlei Änderung stattfindet, sondern nur das Jahr 2017 dazukommt. In Wirklichkeit geschieht Folgendes: Der im internationalen Vergleich durchaus sehr erfolgreiche Weg Österreichs, was die Aufarbeitung der Krise und die Konsolidierung betrifft, wird mit diesem Bundesfinanzrahmen fortgesetzt.

Wir haben die Politik, die wir am Anfang mit den drei Säulen – nämlich zu sparen, aber gerecht, eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu fahren und in die Zukunft zu investieren – eingeschlagen haben, von Anfang an eingehalten und nicht verlassen, und es ist auch gut, dass wir diesen Weg weitergehen.

Sparen ja, aber gerecht!, das hat bedeutet, nicht das zu tun, was leider sehr viele Länder in der Europäischen Union gemacht haben, nämlich nur beim Sozialstaat, bei den Leistungen zu sparen, bei Pensionen zu sparen, bei Gehältern zu sparen, sondern auch Einnahmen zu lukrieren, auch darauf zu achten, dass diejenigen, die in der Vergangenheit keinen gerechten Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens geleistet haben, einen solchen leisten. Und das ist natürlich vor allem im Bereich der Vermögens- und vermögensbezogenen Steuern geschehen.

Diese Bundesregierung hat eben auch geschaut, dass die Reichen, dass die Super­reichen und jene, die in der Vergangenheit keinen ausreichenden Beitrag geleistet haben, nun einen solchen leisten, damit wir auch die Steuern und Abgaben auf Arbeit senken konnten, nämlich bei der großen Steuerreform 2009. Dass wir diesen Weg auch in Zukunft gehen wollen, das unterstützen wir, und das ist sicher ein richtiger Weg. – Das belegen auch alle Zahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Säule, nämlich Arbeit, Arbeit, Arbeit – Arbeit schaffen, schauen, dass der Arbeitsmarkt in Ordnung ist –, erkennt man daran, dass wir, anders als das unter Schwarz-Blau der Fall war, wo wir bei einem Wirtschaftswachstum von über 3 Prozent über 5 Prozent Arbeitslose hatten, jetzt nach der Krise bei einem Wirtschaftswachstum von unter 1 Prozent „nur“ – unter Anführungszeichen – 4,6, 4,7, 4,8 Prozent Arbeits­losigkeit haben.

Das heißt, wir haben jetzt, nach der Krise, eine geringere Arbeitslosigkeit als zur Zeit der Hochkonjunktur, als zum Beispiel die Blauen in der Regierung waren. Auch ein Erfolg dieser Bundesregierung: höchste Beschäftigungsquote, die meisten Arbeits­plätze, geringste Jugendarbeitslosigkeit und geringste allgemeine Arbeitslosigkeit in Österreich. Das ist ein Erfolg, und dieser Erfolg wird fortgeführt. (Abg. Neubauer:


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Höchste Arbeitslosigkeit nach 1945! Super Erfolg! Gratuliere! Jawohl!) Man sieht auch im Bundesfinanzrahmen, dass dieser Weg richtig weitergegangen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Der dritte Bereich: Investitionen, nämlich auch in die Zukunft – in die Bildung, in ther­mische Sanierung, in Forschung, Entwicklung et cetera. Wir werden da auch noch nicht aufhören können, wir werden nach wie vor darüber nachdenken müssen, wie wir weiter bei Kindergärten, wie wir bei der Ganztagsbetreuung, wie wir beim Wohnbau, beim Neubau im Wohnungsbereich etwas machen können, wie wir in die Pflege und so weiter investieren müssen – auch um Arbeitsplätze zu schaffen, auch um die Beschäftigung auszuweiten. Da ist einiges zu tun.

Man kann auch einiges kritisch sehen. Es sind diesbezüglich ja einige Worte gefallen, und auch ich stehe nicht an, zwei Punkte zu nennen. Das eine ist: Ja, es geht noch ein Risiko von den Banken aus, vor allem von der HYPO, aber nicht nur. Das wussten wir damals, und ich habe hier damals auch gesagt, dass das ein Risiko ist und dass das Geld kosten wird. Es hat nie irgendjemand von der SPÖ von diesem Rednerpult aus von einem „Geschäft“ geredet, wenn es um Bankenrettung gegangen ist, sondern immer davon, dass das eine notwendige Aufgabe ist, wobei wir hoffen, dass es möglichst billig wird. Aber es hat nie jemand von uns von einem Geschäft gesprochen. Und das Risiko der Banken ist nach wie vor da.

Das Zweite ist der Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Sie wissen, vor einem halben Jahr haben hier fünf Parteien gemeinsam beschlossen, wir wollen bei den Hungernden, bei den Ärmsten dieser Welt nicht sparen, sondern wir wollen dort auch Erhöhungen drinnen haben, wir wollen als Österreich aktiver werden. Das haben hier fünf Parteien beschlossen. Wir von der SPÖ wollten das auch ganz klar durch Zahlen beim Bundesfinanzrahmen dokumentieren. Wir haben dazu teilweise sehr gute Gespräche mit dem Koalitionspartner geführt, aber keine, die zu einem Ergebnis geführt haben.

Ich wollte nur ausdrücklich sagen, dass wir von der SPÖ nach wie vor zu diesem Fünf-Parteien-Beschluss stehen, dass wir nicht wegschauen, wenn es Hungernde gibt, dass wir nach wie vor dazu stehen, dass es bei dem Beitrag, den Österreich für die Ärmsten der Armen dieser Welt leistet, Erhöhungen geben muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


11.33.48

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist ja jedes Jahr das Gleiche, wenn man über das Budget diskutiert, in diesem Fall über den Budgetrahmen, der an sich ja gut wäre: Man muss den Rahmen ausfüllen, ausmalen mit konkreten Reformen! Was aber höre ich hier? Sie setzen drei Maßnahmen, Kollege Krainer, und eine, haben Sie gesagt, sind Steuern. Sie sind die „Steuerpartei Öster­reichs“ – SPÖ. Sie sind drauf und dran, wieder – wie immer – Steuern zu erhöhen! (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben dabei einen hervorragenden Verbündeten in Gestalt der Frau Finanzminister und der ÖVP. Ich erinnere nur an den Massensteuervorschlag des Kollegen Drexler, des Klubobmanns der ÖVP in der Steiermark, der die Mehrwertsteuer von 20 Prozent auf 21 Prozent erhöhen will. Kollege Stummvoll, wissen Sie, was das bedeutet? – Dass das tägliche Leben für alle Menschen – für die Arbeiter, für die Angestellten, für die Beamten, für die Unternehmer, für alle – nochmals teurer wird. (Abg. Dr. Stummvoll:


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... Meinungsfreiheit! – Ironische Heiterkeit des Abg. Bucher.) Die Steuererhöhungs­partei sind Sie, nicht die Steuersenkungspartei, wie das die Frau Minister, die hinter mir sitzt, dauernd glaubhaft machen will. Da werden auch die Inserate in diese Richtung, die Sie vorantreiben werden, nichts nützen, weil die Wahrheit eine andere ist.

Ich kann das schon nicht mehr hören, Kollege Stummvoll: ein klarer Kurs. – Der klare Kurs, den Sie hier im Strategiebericht fahren, führt ins finanzpolitische Nirwana. (Abg. Dr. Stummvoll: Das haben Sie ... auch schon gesagt!) Sie haben keine konkreten großen Reformen vor. Ich habe Ihren Kollegen, den Kollegen Schieder, gefragt: Ja was sind denn die großen Reformen, die auch der Rechnungshof einfordert, den Sie jetzt beschränken wollen? – Das war auch der Grund, warum ich aus dem Budget­aus­schuss ausgezogen bin: weil Sie dem Rechnungshofpräsidenten sogar das Rederecht verwehrt haben! (Abg. Jakob Auer: ... einschlägige Beschlüsse!) Und dann sind die FPÖ und die Grünen Gott sei Dank mitgegangen. Das Rederecht haben Sie dem­jenigen verwehrt, der Sie kontrolliert! Das Kontrollinstrument des Parlaments wollen Sie beschneiden! Alle wollen Sie mundtot machen!

Dann frage ich den Kollegen Schieder: Wo sind die Reformen? – Und er zählt ein paar Reförmchen auf, die die Bezeichnung „Reform“ gar nicht verdienen – im Gegenteil, da waren sogar einige Belastungen mit dabei. Ich denke jetzt nur an die Abschaffung beziehungsweise Kürzung der Familienbeihilfe, die Belastungen der Pendler, die Anhebung der Steuern auf Benzin. Das sind Ihre Reformen – die aber nicht zur Entlastung des Mittelstandes führen. So schaut’s aus, Kollege Stummvoll, in diesem Lande! (Beifall beim BZÖ.)

Das wäre Ihre Aufgabe: einmal aufzuzeigen, wo die Reformen sind! Wo sind die Visionen? Wo sind die echten Offensivmaßnahmen in diesem Land? Im Bildungs­bereich etwa – darauf komme ich dann zurück, ich werde Ihnen sagen, wie man das machen könnte –, aber da gibt es auch noch viele andere Bereiche:

22 Sozialversicherungsanstalten gibt es! Überall tummeln sich Ihre parteipolitischen Freunde, die Altpolitiker von der ÖVP, die man nicht, sage ich einmal, entsprechend zurückfahren kann.

Die Pensionen: Was ist mit den Pensionen? Sie reden von einer Pensionsreform. Sagen Sie das einmal der Jugend! Die Jugend glaubt nicht mehr daran, dass sie noch Pensionen bekommt. Sie hat das Vertrauen in diese Stillstandsregierung verloren, denn es gibt keine Pensionssicherung für die Jugend in diesem Land.

Was ist mit den Zwangsbeiträgen, mit denen Sie die Menschen bei der Arbeiter­kammer oder bei der Wirtschaftskammer dauernd drangsalieren, wo Sie Zwangsbei­träge einheben? – Und dies für oft sehr wenig Leistung, das kommt ja noch dazu! Da werden die Menschen gar nicht gefragt!

Was ist mit dem Sumpf in der E-Wirtschaft, wo kein Wettbewerb herrscht, wo der Strompreis dauernd teurer wird, obwohl die Weltmarktpreise sinken? Was ist dort mit den Proponenten von ÖVP und SPÖ, mit den Politikern, die dort im Aufsichtsrat sitzen und zuschauen, wie die Strompreise, die Gaspreise erhöht werden?

Dasselbe im Wohnbereich: Jetzt kündigen Sie Wohnungsreformen an. – Ja wo sind sie denn? Josef Bucher vom BZÖ hat klar gesagt: Weg mit der Mehrwertsteuer von 10 Prozent, weg mit der Mietvertragsgebühr – das bringt eine Monatsmiete pro Jahr. Ja machen Sie das doch! Und machen Sie einmal die Hausaufgaben! Führen Sie einmal die Zweckwidmung der Wohnbaugelder wieder ein, liebe Kollegen von der SPÖ – das wäre eine einfach Hausaufgabe –, und geben Sie die Wohnbaugelder nicht der Gabi Burgstaller oder dem Erwin Pröll, damit sie draußen in den Ländern damit spekulieren! Das wäre einmal eine echte Maßnahme, ein Bereich, wo man einmal


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etwas machen müsste, denn das verstehen die Menschen nicht mehr! (Beifall beim BZÖ.)

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Hearing hat es ja auch zutage gebracht – je nachdem, was die Experten gesagt haben –: Die Aussichten sind nicht so rosig, wie Sie meinen. Wir stehen am Vorabend einer Rezession, das wissen Sie. Und in der Langfristprognose bis 2050 sieht es so aus – das wissen Sie auch –, dass das alles explodieren kann: die Steuer- und Abgabenquote, die Schuldenquote et cetera. Und Sie haben – und das ist der Kern – nur dann budgetpolitischen Spielraum, wenn Sie auch entsprechende Reformen durchführen: im Staat, im Apparat, bei den Sozialversicherungen, in der E-Wirtschaft, in der Regierung, in der Politik, zum Beispiel auch bei den Parteienförderungen, um vorbildhaft zu agieren.

Da, liebe Kollegen von ÖVP und SPÖ, sieht man gar nichts. Da gibt es keine Strategie. Da sieht man nur finanzpolitisches Nirwana. Kollege Stummvoll, so schaut es nämlich in Wirklichkeit aus.

Ich bringe daher abschließend einen Antrag ein, um einen Bereich abzudecken, der mir wichtig ist. Gerade diese Woche hat der OGH festgestellt, dass diese Bundes­regierung die Zukunft unserer Jugend verbaut: mit den Studiengebühren. Diese Regierung verbaut die Zukunft unserer Jugend, auch im Wissenschaftsbereich, weil es nicht möglich ist, in diesem Land an ordentlich ausgestatteten Universitäten zu studie­ren, um rechtzeitig fertig zu werden und dann auch wirtschaftsfähig und konkur­renzfähig zu sein. Was machen dann die Studenten? – Sie versitzen ihre Lebenszeit auf den Unis, während diese Regierung zusieht. Da brauchen wir einige Maßnahmen.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich jetzt folgenden Antrag ein, um sieben Punkte durchzusetzen:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, folgende sieben Punkte für den Universitätsstandort Österreich so rasch wie möglich in Form eines Gesetzesvorschlages an den National­rat zu übermitteln:

1. Zusammenlegung der Bildungsagenden in einem Schul-, Wissenschafts- und For­schungsressort;“ – Bündelung der Kapazitäten –;

„2. Einführung einer Studienplatzfinanzierung für Universitäten;“ – da sind wir, glaube ich, auch einig mit der ÖVP –;

„3. Kostenbeteiligung der Studierenden;“ – diejenigen, die Leistung erbringen, sollen nichts zahlen, diejenigen, die keine Leistung erbringen, sollen das Doppelte und Dreifache zahlen –;

„4. Finanzierungsbeitrag durch den Bund ergänzend zur Kostenbeteiligung der Studierenden auf die ,Uni-Milliarde‘;

5. Einführung eines Studienkreditmodells für Studierende;“ – wie es international üblich ist –;

„6. Einführung von qualitätssichernden Aufnahmeverfahren und anrechenbaren Studieneingangsphasen;

7. Erweiterung der Autonomie und Selbstverantwortung der Universitäten.“


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Das wäre ein ganz konkreter Vorschlag, den Sie von der ÖVP auch unterstützen könnten, und da bin ich schon gespannt, ob Sie diese einfache Nagelprobe heute bestehen  oder weiterhin nur auf der Seite von Banken stehen, wie diese Frau Finanzminister, die dafür sorgt, dass die Banken Geld bekommen, oder Ihr Umwelt­minister, der dafür sorgt, dass es den Konzernen gutgeht und man die Bienen in Österreich ermordet, oder von mir aus auch wie der Bundeskanzler, der sich darum sorgt, dass die Pleitestaaten, die Banken, die Europäische Union genügend Milliarden zur Rettung des Euro haben, anstatt einmal den kleinen, fleißigen, tüchtigen Menschen in diesem Land unter die Arme zu greifen.

Und wenn ich dann heute in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ lese: „Siemens greift durch und streicht bei VAI in Linz bis zu 400 Jobs“ (der Redner hält den Artikel in die Höhe), dann weiß ich, was ich von Ihrer Strategie für mehr Arbeit in diesem Land halten muss. (Beifall beim BZÖ.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mitver­handelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend 7 Punkte für den Universitätsstandort Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 1) Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017

Das Chaos an den österreichischen Universitäten ist evident, ebenso die Untätigkeit des zuständigen Ministers dieses zu beseitigen. Das BZÖ schlägt daher nachfolgendes Maßnahmenpaket zur Rettung unseres Universitätsstandortes Österreich:

„Bildungsministerium Zukunftsreich“ und sektorübergreifende Bildung

Zusammenlegung der Bildungsagenden in einem Schul-, Wissenschafts- Forschungs­ressort, um die bestmögliche Bündelung aller finanziellen und intellektuellen Res­sourcen zu erreichen. Realisierung einer engen Kooperation vor allem zwischen dem sekundären und tertiären Bildungssektor sowie eine laufende Abstimmung zwischen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik.

Einführung einer Studienplatzfinanzierung für Universitäten

Für alle Universitäten zur Absicherung der Finanzierungsstrukturen: Mittels Bedarfs­erhebung und Lizenzierung wird die Höhe der Studienplatzfinanzierung festgelegt. Bei der Bedarfserhebung werden das Bildungsministerium, Universitäten, Arbeitsmarkt­service und Wirtschaft eingebunden. Im Zuge der Studienplatzfinanzierung wird je Studienrichtung eine bestimmte Anzahl von Studienplätzen finanziert. Damit wird eine qualitativ hochwertige universitäre Bildung sichergestellt, die sich klar am tatsächlichen Bedarf orientiert.

Kostenbeteiligung der Studierenden

Bundeseinheitliche Grundgebühr in der Höhe von € 500.- pro Semester. Die Uni­versitäten werden ermächtigt, darüber hinausgehende Gebühren einzuheben, wenn sie diese entsprechend begründen (erhöhter Material-, Technik oder Forschungs­aufwand). Zusätzlich wird eine Einschreibegebühr in der Höhe von € 5.000.- einge­hoben. Österreichische Studenten können diese Einschreibegebühr mit dem „Uni-Bonus“


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gegenrechnen. Damit wird EU-rechtskonform sichergestellt, dass die Einschreibe­gebühr nur von Studenten zu entrichten ist, die über kein österreichisches Matura­zeugnis verfügen. Das Bildungsministerium finanziert keine Studienplätze für Dritt­staatenangehörige. Diese müssen sich ihren Studienplatz selbst finanzieren. Wenn das Außenministerium im Rahmen von internationalen Verträgen, Studienplätze für Drittstaatenangehörige zusagt, so sind diese auch aus dem Budget des Außen­ministeriums zu finanzieren. Auf Grundlage der Studentenzahlen des WS 2009/2010 würde diese Kostenbeteiligung ca. € 560 Mio. Mehreinnahmen für die Universitäten bedeuten. Davon wären ca. € 227 Mio. von inländischen Studenten zu entrichten, € 149 Mio. von Studenten aus dem EU-Ausland und € 184 Mio. von Drittstaaten­angehörigen. Wenn man berücksichtigt, dass derartige Gebühren, den Zustrom von ausländischen Studenten dämpfen würden, so wäre längerfristig mit ca. € 500 Mio. Mehreinnahmen für die Universitäten zu rechnen. Damit wäre nicht nur die benötigte Notfallsfinanzierung von ca. € 250 Mio. abgedeckt, sondern es könnte auch eine deutliche Qualitätssteigerung erreicht werden.

„Uni-Milliarde“

Wenn die Studierenden einen Finanzierungsbeitrag von ca. € 500 Mio. leisten, dann sollte der Bund weitere € 500 Mio. beitragen, um so mit einer Uni-Milliarde sicher­zustellen, dass die österreichischen Universitäten, Bildung auf höchstem Niveau bieten und dass sich Österreich langfristig im Kreis der wettbewerbsfähigsten Industriestaaten der Welt behaupten kann. Das System der bedarfsorientierten Studienplatzplatz­finanzierung würde gewährleisten, dass diese Milliarde nicht im System versickert, sondern tatsächlich eine Investition darstellt.

Finanzierungsunterstützung für Student/innen - Das BZÖ-Studienkredit-Modell

Kein talentierter und leistungswilliger österreichischer Student soll durch Studien­gebühren vom Studium abgehalten werden. Deswegen wurde schon bei der erst­maligen Einführung von Studiengebühren im Jahr 2001 das Stipendien-Angebot ver­bessert und ausgebaut. Ergänzend dazu, schlägt das BZÖ nun vor, angelehnt an das britische System, einen Studienkredit einzuführen. Der maximale Rahmen sollte € 10.000.- pro Jahr und € 30.000.- für die gesamte Studiendauer betragen. Der Studienkredit könnte nicht nur für die Begleichung der Studiengebühren, sondern auch für die Finanzierung des Lebensunterhalts verwendet werden. Die Vergabe von Stipendien bleibt davon unberührt. Die Summen aus dem Stipendium reduzieren jedoch entsprechend den möglichen Kreditrahmen. Es wären lediglich Zinsen in Höhe der Sekundärmarktrendite für österreichische Staatsanleihen zu entrichten.

Einführung von Aufnahmeverfahren und Studieneingangsphase

Die Universitäten werden verpflichtet Aufnahmeverfahren einzusetzen, die den Bedin­gungen des Studiums entsprechen und die potentiellen Studierenden über die Anforderungen des Studiums ins Bild setzen. Die endgültige Auswahl der Studierenden soll jedoch nicht durch sog. „Knock-Out“ Prüfungen erfolgen, die nur eine sehr punktuelle Erhebung der Leistungsfähigkeit darstellen, sondern mittels einer anrechen­baren Gesamtleistungsschau am Studienbeginn.

Erweiterung der Autonomie und Selbstverantwortung der Universitäten

Novellierung des UG-2002 dahingehend, dass die Universitäten in ihren Finanzie­rungs-, Verwaltungs- und Personalmodi mehr Freiheiten, aber auch mehr Verantwor­tung und Verpflichtung für den gesellschaftlichen Bildungsauftrag erhalten. Die Universitäten sollen qualitativ gestärkt werden und eine spezifische Standortprägung entwickeln.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 70

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und For­schung, wird aufgefordert, folgende sieben Punkte für den Universitätsstandort Österreich so rasch wie möglich in Form eines Gesetzesvorschlages an den National­rat zu übermitteln:

1. Zusammenlegung der Bildungsagenden in einem Schul-, Wissenschafts- und Forschungsressort;

2. Einführung einer Studienplatzfinanzierung für Universitäten;

3. Kostenbeteiligung der Studierenden;

4. Finanzierungsbeitrag durch den Bund ergänzend zur Kostenbeteiligung der Studierenden auf die „Uni-Milliarde“

5. Einführung eines Studienkreditmodells für Studierende;

6. Einführung von qualitätssichernden Aufnahmeverfahren und anrechenbaren Studien­eingangsphasen;

7. Erweiterung der Autonomie und Selbstverantwortung der Universitäten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.41.01

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Vorrednern, also der Opposition, zuhört, insbesondere Herrn Kollegen Widmann und Herrn Kollegen Kogler, dann möchte man sich schon fragen: In welchem Land leben wir eigentlich? (Abg. Mag. Widmann:  in einem besseren! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Eigentlich wäre die Frage aber besser: In welchem Land wollen Sie, Herr Kollege Widmann oder Herr Kollege Kogler, lieber leben als in Österreich? Ich behaupte, es gibt kein Land in Europa, in dem es besser ist als bei uns! (Beifall bei der ÖVP.) Es war die zielstrebige Politik der Bundesregierung, durch die wir es durchaus geschafft haben, Wohlstand in Österreich zu schaffen.

Aber bleiben wir beim Bundesfinanzrahmengesetz. Ich glaube, ich brauche die grundsätzlichen Vorteile nicht mehr zu erläutern: Eine mittel- und langfristige Planung ist nicht nur in der Privatwirtschaft notwendig und bringt Vorteile, sondern diese ist auch in den öffentlichen Einrichtungen notwendig und auch für den Staatshaushalt entsprechend gut.

Inhaltlich ist es so, dass wir im Finanzrahmengesetz den Finanzrahmen um das Jahr 2017 erweitern, und es wird mit den Zahlen, die wir da beschließen, auch in diesen Jahren eine Fortsetzung der guten Politik für die Bürger unseres Landes mit der Umsetzung der entsprechenden Reformen möglich sein. In erster Linie geht es um das Erreichen der gesteckten Ziele. Arbeit, Beschäftigung, Lebensqualität, das sind wesentliche Ziele, die es zu erreichen gilt. Dafür ist es auch notwendig, dass solide Finanzen vorhanden sind, und da gibt es ganz klare Aussagen und ganz klare Zielsetzungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 71

2016 soll es gesamtstaatlich gesehen einen ausgeglichenen Haushalt geben. 2017 soll es einen Überschuss geben. Geplant sind eine Ausgabenobergrenze von 78,6 Milliar­den € und Einzahlungen von 78,8 Milliarden €. 2020 soll eine Schuldenquote von unter 60 Prozent erreicht werden. Wir haben wirklich, wie Herr Kollege Stummvoll schon gesagt hat, einen klaren Kurs, und den werden wir auch beibehalten.

Wenn es Ziele zu erreichen gilt, dann ist es auch notwendig, dass die Mittel im Budget entsprechend festgehalten werden. Ich darf als Beispiel die Rubrik 42 herausgreifen, die Landwirtschaft. Alle wollen eine umweltgerechte und nachhaltige Bewirtschaftung. Alle wollen ausreichende Lebensmittel in bester Qualität. Alle wollen Familienbetriebe statt Agrarindustrie. Doch diese Art der Landwirtschaft ist kostenintensiver, und die Leistungen, die von den Bauern über Gebühr erbracht werden, müssen von der öffentlichen Hand auch entsprechend abgegolten werden.

Darum haben wir da auch 2,1 Milliarden € pro Jahr präliminiert, und es gilt, diese Mittel auch entsprechend abzusichern. Die ÖVP hat ein klares Bekenntnis dazu gegeben. Ich hoffe, dass dies auch alle anderen Fraktionen in diesem Hohen Haus so sehen und sich dazu bekennen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.44.30

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich würde gerne mit den Worten meines Vorredners beginnen, der die Frage gestellt hat, in welchem Land wir leben. In welchem Land leben wir?  Man muss, wenn man ehrlich ist, anerkennen: Wir leben in einem Land, in dem es vielen noch sehr gut geht. Wir leben in einem Land, das fleißige Menschen hat, das eine gute Wirtschaftsstruktur hat, das geopolitisch bevorzugt ist, das auch den großen Vorteil hat, dass wir von einem so starken Wirtschaftsraum wie dem deutschen viele Jahrzehnte profitiert haben und dementsprechend auch Wirtschaftswachstum mitnehmen konnten. All das ist wahr.

Es geht vielen gut in diesem Land, und es geht vielen besser als in vielen anderen Ländern, das stimmt. Aber wir leben auch in einem Land, in dem die Regierung seit beinahe Jahrzehnten gewisse Reformen einfach verweigert. Wenn man sich die Frage des Wohlstands stellt, ist ja nicht der Punkt, wie es in der Vergangenheit war. Die Vergangenheit ist interessant, aber noch viel interessanter ist die Zukunft  und da sieht es nicht so gut aus.

Man muss sich all die Baustellen ansehen, die ungelösten Probleme, von der Ge­sundheit über die Pensionen, bis zur Bildung, wo wir immer weiter zurückfallen. Aktuell ist gerade der Anteil der Pflichtschulabgänger, die nicht ordentlich lesen und schreiben können, von 25 Prozent auf 28 Prozent gestiegen. Das muss man sich einmal vorstellen! Mehr als ein Viertel der Abgänger einer Pflichtschule können nicht ordent­lich lesen und schreiben.

Von den Pensionen, die im Argen liegen – in wenigen Jahren wird wahrscheinlich das ganze System zusammenbrechen beziehungsweise werden all jene, die jetzt unter 40 sind, wahrscheinlich gar keine Pension mehr bekommen –, spreche ich gar nicht. All diese Reformen wurden von dieser Bundesregierung nicht angegangen, und zwar aus einem einzigen Grund: weil man glaubt, wenn man die Dinge auf die lange Bank schiebt und dem Bürger möglichst spät reinen Wein einschenkt, noch einmal gewählt zu werden.  Das ist aber nicht die Aufgabe einer ordentlichen Regierung! (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 72

Die Aufgabe einer ordentlichen Regierung wäre es, den Menschen einfach reinen Wein einzuschenken, ihnen die Wahrheit sagen, denn die Wahrheit ist zumutbar. Es ist ihnen zumutbar, dass man ihnen sagt: Okay, wir haben ein Problem bei den Pen­sionen, im Gesundheitsbereich, in der Verwaltung, bei der Bildung. Diese Probleme haben wir. Wir können das auch anerkennen, und wir können den Bürger auch in die Lösung einbeziehen.  Na selbstverständlich werden in manchen Bereichen auch Opfer zu bringen sein, das ist keine Frage, aber es geht einmal in erster Linie darum, dass man die Wahrheit sagt, und genau das macht diese Regierung nicht. Ganz im Gegenteil: Es wird verheimlicht, verschleiert, versteckt, und es wird mit Methoden gearbeitet, die letztlich unseren Wohlstand gefährden.

Wenn ich jetzt einmal von all den Baustellen absehe  ich habe das ohnehin schon oft genug hier im Hohen Haus gesagt , die nicht angegangen werden, schauen wir uns einmal zwei Banken an, die in der Vergangenheit verstaatlicht wurden: Fangen wir bei der Kommunalkredit an! Die Kommunalkredit wurde damals verstaatlicht  und kein Mensch weiß, warum. Sogar der Rechnungshof hat gesagt, es gibt überhaupt keinen Grund dafür. Warum wurde damals die Kommunalkredit verstaatlicht? Noch dazu, wo die Kommunalkredit nicht das gemacht hat, was sie tun sollte, nämlich den Kommunen Geld zu geben. Das war nur untergeordnet.

Die Kommunalkredit hat auf Zypern  man höre und staune, auf Zypern mit einer ausgelagerten Gesellschaft spekuliert und hat dort sage und schreibe 13 Milliarden € an Haftungen für windige Papiere aufgebaut, die dann letztlich die Republik über­nommen hat. Da frage ich mich, warum; und auch der Rechnungshof fragt sich das übrigens. Wenn man sich die damaligen Besitzverhältnisse ansieht, dann sieht man: 50 Prozent hat die Volksbank gehalten und 50 Prozent die französisch-belgische Dexia Bank. Kein Mensch weiß, warum wir die Dexia  bei der Volksbank würde ich es noch verstehen, das ist zumindest eine österreichische Bank – als ausländische Bank aus der Verantwortung entlassen haben.

Die haben ja da mitgemacht, die haben da auch zur Hälfte mitverdient  und trotzdem hat der Staat da übernommen, und keiner weiß, warum. Sie, Frau Minister, haben heute die Gelegenheit, uns zu erklären, warum wir damals die Dexia aus der Verantwortung entlassen und letztlich die Kommunalkredit übernommen haben, die wir in zwei Institute aufgespaltet haben, wobei das eine Institut, von dem ja keiner spricht, die KA Finanz, immer noch die 13 Milliarden Haftungen hat.

Auch da gibt es von Ihnen überhaupt keine Informationen: Werden die schlagend? Wie groß ist das Risiko? Was muss der Steuerzahler beisteuern, unabhängig von den 1,9 Milliarden, die sie ja schon gezahlt haben? Das wissen nur ganz wenige. Der Steuer­zahler hat ja schon 1,9 Milliarden für eine Pleite gezahlt, die die französisch-belgische Dexia Bank mitverantwortet hat, und zwar sehr maßgeblich, und wofür sie letztlich nicht aufgekommen ist. Das müssen Sie auch einmal aufklären! Der Rechnungshof hat auch immer wieder den Finger darauf gelegt! (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn ich schon beim Rechnungshof bin: Ich will jetzt die Hypo gar nicht aufwärmen, der Herr Kogler hat das schon brillant gemacht, aber auch da hat der Rechnungshof immer wieder gesagt, es ist nicht nachvollziehbar, was da passiert ist.  Und was machen Sie? Anstatt sich zu Herzen zu nehmen, was der Rechnungshof sagt, da hineinzuschauen, sich anzuschauen, warum der Herr Pröll das damals gemacht hat – man könnte da ja reinschauen, die Möglichkeit würde ja bestehen , tun Sie Folgendes: Über Herrn Matznetter im Ausschuss wird dann dem Rechnungshof auch noch eine reingerieben, in folgendem Sinne: Wenn ihr nicht das tut, was wir wollen, und wenn ihr immer so kritisch prüft, dann werden euch die finanziellen Mittel dement­sprechend eingeschränkt!


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Das hat der Herr Matznetter so gesagt. (Abg. Tamandl: Das stimmt überhaupt nicht! Zwischenruf des Abg. Eßl.) Der Herr Matznetter hat im Ausschuss wörtlich gesagt: Der Herr Moser soll sich nicht beschweren, wenn seine Mittel gekürzt werden, denn er macht ja immer wieder so windige Expertisen, wo dann drinsteht, dass beim Staat so viel zu holen wäre und so viel zu sparen wäre. Da soll er doch gefälligst einmal bei sich selber sparen!  Genau so hat er es sinngemäß gesagt.

Also bitte, wo sind wir denn? Der Rechnungshof ist ein Kontrollinstrument des Parlaments und soll die Regierung prüfen und kontrollieren. Und wenn die Regierung dann ihrerseits hergeht und dem Rechnungshof die Rute ins Fenster stellt, so nach dem Motto: Du sollst mich prüfen, aber wenn du nicht brav bist, gibt es kein Geld!, dann frage ich mich wirklich, wo das mit dieser Republik und mit der Demokratie hinführen wird, und vor allem mit den Kontrollinstrumenten des Parlaments. (Beifall beim Team Stronach.)

Schauen Sie: Wir müssten den Rechnungshof ja als Geschenk sehen! Also ich sehe ihn als Geschenk. (Abg. Dr. Moser: Der Rechnungshof ist kein Geschenk, sondern eine staatliche Notwendigkeit!) Das ist ein starkes Kontrollinstrument, das niemandem verpflichtet ist, das einfach den Staat, die Regierung kontrolliert und schaut, was schiefläuft. Und wenn der Rechnungshof sagt, bei verschiedenen Bankenprivatisie­rungen und -verstaatlichungen, bei verschiedenen anderen Projekten in der Verwal­tung, überall gibt es Probleme, und Sie dann dem Rechnungshof die finanziellen Mittel streichen, sodass der Rechnungshof selbst sagt, er kann diese Kontrollfunktion gar nicht mehr ordentlich erfüllen, dann frage ich mich wirklich, was das für ein Demo­kratieverständnis ist.

Oder wollen Sie das? Wollen Sie zudecken? Wollen Sie nicht, dass man sieht, wo es schiefläuft? Das könnte natürlich auch sein. Und wenn Sie heute hier nicht über all diese Dinge, die im Argen liegen, Auskunft geben – von den Pensionen, über die Verwaltung, die Gesundheit bis zur Bildung –, wenn Sie uns nicht Auskunft darüber geben, wie viel von diesen Haftungen, die wir eingegangen sind, schlagend werden können, und wenn Sie uns heute hier auch nicht Auskunft darüber geben, worauf sich der Steuerzahler in Zukunft einzustellen hat  wegen dieser Versäumnisse, wegen der Haftungen und wegen dieser Gebarung , dann sind Sie jemand, der die Dinge zudeckt und dem Bürger nicht die Wahrheit sagt.

Ich kann Ihnen versprechen, wir von der Opposition werden das bis zur Wahl machen: Wir werden alles aufdecken, was Sie versuchen zuzudecken. (Beifall beim Team Stronach.) Wir werden den Bürgern die Wahrheit sagen, denn letztlich entscheidet der Bürger darüber, ob er eine Regierung will, die die Probleme angeht, oder lieber eine Regierung, die immer erzählt, wie gut es früher war, alles zudeckt und hofft, dass der Bürger nicht draufkommt, dass die Zukunft nicht allzu rosig aussieht  und die sieht nicht rosig aus!

Wenn Sie nicht bald in die Gänge kommen und endlich die Probleme dieses Landes lösen, dann sieht die Zukunft nicht rosig aus. Das muss man in dieser Deutlichkeit sagen. Deshalb, Frau Minister: Kommen Sie in die Gänge, erklären Sie sich heute hier, und erklären Sie vor allem den Bürgern, was sie zu erwarten haben! Ich glaube, die Bürger haben sich die Wahrheit verdient. (Beifall beim Team Stronach.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundeskanzler Faymann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 74

11.53.36

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Wenn man die Diskussionen über die Finanzvorschau für die nächsten Jahre in Europa vergleichen würde, dann bin ich überzeugt, dass es fast niemanden gibt, der nicht mit uns tauschen möchte. Als Grundlage haben wir eine hohe Beschäftigung, eine geringe Jugendarbeitslosigkeit, ein Wirtschaftswachstum, das höher als der Durchschnitt ist  wie Herr Abgeordneter Stummvoll schon ausgeführt hat –, und eine wirtschaftlich berechenbare Situation.

Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen man Sparpakete einsetzt und bei Kleinst­pensionisten reale Kürzungen – da geht es nicht um Erhöhungen und die Frage, um wie viel erhöht wird – vornimmt, gibt es solch harte Sozialabbaumaßnahmen bei uns nicht  und zwar deshalb nicht, weil wir mit Überblick, mit Verantwortungsbewusstsein und berechenbar gewirtschaftet haben. Da bedanke ich mich bei allen, die dazu einen Beitrag geleistet haben, bei der Frau Finanzministerin, allen Mitgliedern der Bundesregierung und auch den vielen Beamtinnen und Beamten, die in diesem Land dafür tätig sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Ruf bei der FPÖ: Den Steuerzahlern!)

Die Steuerzahler, wie Sie richtig sagen, haben den Anteil, dass wir überhaupt in der Lage sind, die Finanzierung von Gesundheitssystemen, von Bildung, von Ausbildung, von dem, was unser Land an sozialen Einrichtungen auszeichnet, leisten zu können, und deshalb ist es auch eine Aufgabe unserer Zeit, dafür zu sorgen, dass es auch da gerecht zugeht und die Steuerbetrüger mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln von uns bekämpft werden. Das ist auf europäischer Ebene gestern ein gutes Stück weit passiert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe Gelegenheit gehabt, nahezu zwei Stunden auf Fragen der Abgeordneten zu antworten und habe daher schon ausführen dürfen, dass auch auf europäischer Ebene das Thema Jugendbeschäftigung zwar als ein wichtiges Thema wahrgenommen wird, aber uns der wesentliche Schritt, nämlich die Antwort auf die Frage, wie wir eine Verminderung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa erreichen können, noch fehlt.

Nun haben wir einen Schritt anzubieten, der noch lange nicht das Problem löst, denn wenn kein ausreichendes Wirtschaftswachstum existiert, dann gibt es kein Geheim­rezept, wie man Arbeitslosigkeit beseitigt. Wirtschaftswachstum hängt von Wettbe­werbs­bedingungen, von Rahmenbedingungen und von wirtschaftlichen Einnahmen ab. Daher kann man nicht einfach eine Maßnahme im Europäischen Rat beschließen, und dann ist wieder alles in Ordnung, sondern es bedarf eines umfassenden, notwendigen Programmes.

Aber eines schafft Soforthilfe, und zwar die Ausbildungsgarantie für junge Leute, wie wir sie in Österreich haben. Die schafft Soforthilfe, sodass junge 16-, 17-Jährige einfach von der Straße wegkommen und in eine Ausbildung gebracht werden, die duale Ausbildung. Die ist sinnvoll und ebenfalls ein Vorbild in Europa. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Jugendausbildungsgarantie, diese politisch richtige Idee als Exportland auch stärker in der Europäischen Union verfestigen müssen. Sie ist kein Ersatz für nachhaltige wirtschaftliche Maßnahmen, sie ist kein Ersatz für eine Wirtschaft, die im internationalen Wettbewerb bestehen muss, und sie ist kein Ersatz für Forschung, Entwicklung, gute Bildung und Ausbildung, beginnend bei der Kinderbetreuung bis zur Universität, aber sie ist eine Soforthilfe.

Diese Soforthilfe scheint mir notwendig  trotz all der Maßnahmen, die wir derzeit in Europa erarbeiten, selbst wenn sie gut funktionieren und nicht die Zerstörer der Europäischen Union und der Euro-Systeme irgendwann die Oberhand gewinnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 75

Davon gehe ich jedoch nicht aus, sondern ich gehe davon aus, dass die Bevölkerung zum Beispiel bei Zypern wie auch sonst – sehr genau gespürt hat, hätte es keine Europäische Union gegeben, dann wäre aus dem Bankomat nichts mehr heraus­gekommen, es wären die kleinen Sparer um ihr Geld umgefallen und es hätte die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zypern getroffen.

Allein dass die Europäische Union ein paar Tage gebraucht hat, bis sie die Hundert­tausender-Grenze mit den Zyprioten gemeinsam erarbeitet hat, führte schon zum Vorwurf: Wo seid ihr denn gewesen? Also die Menschen machen einen Unterschied zwischen der Feuerwehr – der Europäischen Union – und jenen, die die Situation in Zypern dadurch verursacht haben, dass sie so viel spekuliert haben, bis eine Bank letztlich insolvent war. Die Menschen wissen auch, dass diese Insolvenz ohne die Europäische Union dazu geführt hätte, dass die Menschen dort ohne Einlagensiche­rung, die es in Zypern gar nicht gibt, ihr Geld zur Gänze verloren hätten. Das hat die Europäische Union bewirkt, nämlich zu zeigen, dass sie zwar ein bisschen spät dran aber doch vorhanden und fähig war, eine Lösung zu finden.

Umso mehr hat mich schon bei der Fragestunde beeindruckt, dass gerade Opposi­tions­abgeordnete, die diese notwendige solidarische europäische Haltung in ihren Reden nicht in den Vordergrund stellen, kritisieren, dass die Europäische Union da ein paar Tage zu spät dran war.

Ich bin froh darüber, dass diese Regierung eine ist, die sich zur Europäischen Union bekennt, die sich zum Euro bekennt und die weiß, dass Solidarität keine Einbahn­straße ist und dass wir in Österreich – gerade unsere mittelständische Wirtschaft – sehr vom Export profitieren und unsere hohe Beschäftigung auch auf ein funktio­nierendes europäisches Modell zurückgeht. Nur wenn die Wirtschaft in Europa stark genug ist, können wir die Beschäftigung, auch die Jugendbeschäftigung, in Zukunft sichern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bezüglich der Auseinandersetzungen, die man auch über den Bankensektor trefflich führen kann, möchte ich nochmals betonen, dass es einen Teil der österreichischen Banken gibt, der überlegt, das Partizipationskapital sogar früher zurückzuzahlen, und dass es einen Teil gibt, der selbstverständlich seiner vorgegebenen Verpflichtung der Bezahlung der Zinsen nachkommt. Der Staat Österreich hat nicht eine gut funktio­nierende, reiche Kommunalkredit oder eine gut funktionierende, reiche Hypo übernom­men, sondern das Gegenteil war der Fall: Der Staat Österreich hat die Hypo-Bank mit Geschäften übernommen, von denen viele einfach nur schwere Verluste waren (Abg. Mag. Kogler: Wieso?), die viel zu stark risikobehaftet waren, mit einer unverantwortbar hohen Haftung des Landes Kärnten.

Also nicht der Staat hat eine Bank zugrunde gerichtet, sondern der Staat versucht, den Schaden zu minimieren, der durch diese unverantwortliche Vorgangsweise der FPÖ in Kärnten und des damaligen Landeshauptmannes entstanden ist, 20 Milliarden € Haftung zu übernehmen. (Abg. Bucher: Die SPÖ ...! Der Herr Ambrozy hat immer mitgestimmt!)

Und wenn sie es hundertmal falsch sagen, werden wir es hundertmal richtig sagen: Unsere Aufgabe als Staat ist es, diese 20-Milliarden-Haftung, die zu diesem Schaden geführt hat, so klein wie möglich zu halten. Diese Anstrengung werden wir unterneh­men und verhindern (Abg. Grosz: Deshalb habt ihr den Bayern die Bank ...!), Herr Grosz, dass je wieder ein Landeshauptmann überhaupt eine solche Haftung überneh­men kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Grosz: Ihr seid gescheitert! Eine


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sogenannte ... Regierung! Ein Siebenschläfer ist energiegeladener als diese Regie­rung!)

Ich möchte auch darauf verweisen, dass wir betreffend jene europäischen Initiativen, die jetzt etwa im Bereich der Sozial- und Arbeitsminister gesetzt werden, miteinander darüber befinden, wie wir im Zusammenhang mit dem Thema Ausbildung junger Leute diese 6 Milliarden € an Startförderung, die ja viel zu gering ist, mit den europäischen Banken erhöhen und verbessern können, damit wir jungen Leuten in Europa in Zukunft eine Chance geben, damit wir solidarische politische Maßnahmen in Europa gemein­sam erarbeiten, damit Österreich diese Vorteile, wie etwa die niedrigen Zinsen für unsere Staatsanleihen, die wir aus der gemeinsamen Wirtschaftspolitik im europä­ischen Raum beziehen, diese Chancen, die wir durch die gemeinsame Forschungs- und Entwicklungspolitik in Europa haben, auch weiterentwickeln können, und dafür ist unser Finanzrahmen berechenbar und eine wichtige Grundlage. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe geglaubt, jetzt kommt die Erklärung zum Bankgeheimnis! – Abg. Bucher: So viel zum Teletext! Teletext lesen! – Abg. Grosz: Sie haben ja gesagt, der Teletext ...! So eine ... -Regierung! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


12.03.03

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich ist das drittreichste Land der Europäischen Union, und wenn wir uns anschauen, wie unsere Mittel (anhaltende Zwischenrufe – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), wie unsere Verantwortung für globale Entwicklung aussieht, dann müssen wir fest­stellen, wir liegen fast an absolut letzter Stelle, unter den fünf Schlechtesten, gemeinsam mit Griechenland, Italien, Spanien und Portugal – und das ist genant. Das ist politisch nicht hinnehmbar, das ist aus meiner Sicht absolut verantwortungslos.

Es kommt in der Tat nicht oft vor, dass eine Partei, namentlich die SPÖ, über drei Jahre hinweg dem Koalitionspartner bedingungslos anbietet, einem von ihm geführten Ressort mehr Mittel zukommen zu lassen, nämlich für bilaterale Entwicklungs­zusammenarbeit, und das wird über Jahre hinweg abgelehnt. Es wird über Jahre hin­weg nicht angenommen, eher sogar abgewehrt, habe ich das Gefühl. Es kommt wirklich zum Teil einer aktiven Ablehnung von Entwicklungszusammenarbeit gleich, wenn der Außenminister offensichtlich überhaupt kein Interesse an Entwicklungspolitik hat (Abg. Dr. Bartenstein: Sind Sie eine Pro- oder eine Kontrarednerin?), wenn er als Vorsitzender einer christlich-sozialen Partei kein Herz für die Armen dieser Welt hat, sondern offensichtlich – ich kann es mir nicht anders erklären – seine christliche Nächstenliebe beim Portier abgegeben hat, als er zum ersten Mal ins Außenministerium hineingegangen ist. (Abg. Grosz: So ist es!)

Auf unser Betreiben hin hat es im Herbst einen Fünf-Parteien-Antrag gegeben, wo wir sehr klar dazu aufgefordert haben, dass es im Bundesfinanzrahmengesetz zu einem klaren Bekenntnis kommen muss, dass die Mittel für bilaterale Entwicklungszusam­menarbeit steigen müssen, und es war höchst verwunderlich, dass den verant­wortlichen Ministerien, nämlich konkret dem Außenminister und der Finanzministerin, dazu nichts eingefallen ist – kein Wort im Strategiebericht, keine Bereitschaft, über konkrete Zahlen zu reden, keine Bereitschaft, sich Gedanken darüber zu machen, wie denn ein Pfad entwickelt werden könnte, wohin eine verantwortungsvolle ODA gehen soll, keine Chance auf eine Ausschussfeststellung, keine Chance auf einen Abände­rungs­antrag, nicht einmal eine Chance auf einen vernünftigen Entschließungsantrag.


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(Abg. Grosz: Das ist euer Regierungspartner!) Das ist in der Tat eine ziemliche Katastrophe.

Auch auf all die Versprechen, die ich immer wieder höre, die Mittel für die EZA werden schon irgendwann einmal steigen, gebe ich überhaupt nichts mehr, denn wir haben Unmengen an Versprechen gehört. Wir haben, als das erste Mal die Mittel für die ADA gekürzt wurden, gehört, dass zum Beispiel den NGOs versprochen wurde, dass bei ihnen nicht gekürzt wird. Das Gegenteil davon ist eingetreten.

Ich habe in meiner Funktion als entwicklungspolitische Sprecherin der SPÖ jetzt zehn Jahre lang AußenministerInnen der ÖVP miterlebt, und ich kann sagen: Es war noch niemandem je so egal, was mit der Entwicklungszusammenarbeit passiert, wie dem jetzigen Außenminister, Minister Spindelegger. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

117 Millionen € an Rücklagen gibt es mittlerweile! 117 Millionen € an Rücklagen, angespart auf Kosten der Ärmsten dieser Welt (Abg. Grosz: So ist es!), angespart auf Kosten jener, die als Kinder verheiratet werden, auf Kosten jener, die zu Sklavenarbeit gezwungen werden (Abg. Grosz: Koalition auflösen!), auf Kosten jener, die vor dem Klimawandel flüchten müssen, weil sie keine Chance mehr haben, zu essen, zu trinken, zu leben. Ich halte das für ignorant, für genant und für verantwortungslos, und ich hoffe sehr, dass uns sehr bald etwas dazu einfällt, wie wir aus dieser Misere herauskommen, wie wir nicht weiterhin Schlusslicht, quasi die Schmuddelkinder der Europäischen Union beim Thema der internationalen Verantwortung sind. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Bucher: Standing Ovations! – Abg. Grosz: Ja, das war eine gute Rede!)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


12.07.12

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Der Bundesfinanzrahmen ist die Fortschreibung des laufenden Budgets ohne Perspektiven. Die zukünftige Budgetentwicklung birgt sehr viele Unsicherheiten, ja sogar Gefahren.

Wenn man in die Tiefe geht, dann sieht man, dass zum Beispiel ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von knapp 2,1 bis 2,2 Prozent vorgesehen ist. Laut WIFO stagniert aber jetzt schon die Wirtschaft, und wir haben ein Nullwachstum, daher ist dieser Budgetfahrplan schon jetzt nicht mehr gültig.

Ich gebe dem Herrn Bundeskanzler recht: Wir stehen im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr gut da (Abg. Bucher: Gut!), aber die Schere im europäischen Umfeld geht immer weiter auseinander. Und warum geht diese Schere auseinander? – Weil über alle Volkswirtschaften eine Kunstwährung gestülpt wurde. Leider ist der Euro für die Südländer viel zu stark, und diese Volkswirtschaften können den Euro letzten Endes nicht bewältigen.

Das hat auch direkte Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaft, und daher haben wir mittlerweile auch ein Nullwachstum, obwohl unsere Wirtschaft gut funktioniert. Dank unserer guten Wirtschaft müssen wir noch kein Minus verzeichnen.

Aber es gibt noch einen anderen Punkt, der für das Budget gefährlich ist. Es ist vorgesehen, dass 2014 eine Finanztransaktionssteuer eingeführt wird und dass diese Finanztransaktionssteuer schon Mittel in die Budgets bringt. Großbritannien hat dagegen geklagt, und man kann davon ausgehen, dass 2014 keine Gelder fließen werden. – Auch das ist ein Punkt, der für das Budget sehr gefährlich erscheint.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 78

Dann haben wir die demographische Entwicklung – der nächste Punkt, der nicht passt. Bis 2050 wird sich die Zahl der über 65-Jährigen verdoppeln. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf den Pflegebereich, die Pensionen, den Bildungsbereich, den Arbeits­markt et cetera. Aber wo sind die nötigen Maßnahmen, die jetzt schon ein­geleitet werden müssten?

Der nächste Punkt, der ein Fass ohne Boden zu sein scheint, ist unser hypertropher Bankensektor. Da stehe ich nicht an, Folgendes zu sagen: Es beginnt, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, mit der Hypo Alpe-Adria, mit der Kommunalkredit, mit der ÖVAG. Wir wissen nicht, was wir da noch zu zahlen haben. Aber interessant ist, wenn immer auf die Hypo Alpe-Adria hingewiesen wird: Das Geschäftsvolumen ist vor allem damals erhöht worden, als diese Bank im Eigentum der Bayern war, und das wird nicht erwähnt (Beifall bei der FPÖ), und die Bayern sind keinesfalls zur Verantwortung gezogen worden. Minister Pröll hat damals die Hypo Alpe-Adria einfach in voraus­eilendem Gehorsam ... (Bundesministerin Dr. Fekter: Das Land Kärnten hat die Haftungen übernommen! – Abg. Grosz: Das war eine bayerische Bank, Frau Minister! – Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – In vorauseilendem Gehorsam hat Minister Pröll seinerzeit die Hypo verstaatlicht und die Bayern entlassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Interessant ist, dass diese Tatsache nicht aufgeklärt wird, obwohl alle Oppositions­parteien genau diese Vorgänge einmal hinterfragen möchten. Und die Regierungs­parteien blockieren immer wieder den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses. (Abg. Dr. Bartenstein: ... 20 Milliarden! Wer trägt die Verantwortung für die 20 Milliarden Haftung des Landes Kärnten? Wer trägt die Verantwortung? Na, wer trägt die?)

Wo sind die Strukturmaßnahmen, von denen wir immer hören? – Wir hatten seinerzeit einen Österreich-Konvent. Man hört überhaupt nichts mehr von diesem Österreich-Konvent. Es ist viel Papier produziert worden, und letzten Endes ist nur heiße Luft übrig geblieben.

Wo sind die 599 Vorschläge des Rechnungshofes, die umgesetzt werden sollen? – Als Dank dafür, dass der Rechnungshof diese Vorschläge unterbreitet hat, wird jetzt sein Budget gekürzt.

Wo sind die Vorschläge zum Abbau von Förderungen? – Ja, eine Transparenz­datenbank wurde eingerichtet. Diese Transparenzdatenbank bringt nichts, weil sie nicht einmal abgefragt oder angesehen werden kann. Wir haben Dreifachförderungen in Österreich und eine Förderungsquote von 6,5 Prozent – das Doppelte vom EU-Durchschnitt.

Wo ist das einheitliche Rechnungswesen, das wir brauchen? – § 16 könnte jederzeit beschlossen werden!

Nichts wird gemacht! Das Einzige, das wir hören, ist, dass wir Reformen „step by step“ machen müssen, schön langsam – wie man bei uns zu Hause sagt: zizerlweis. Aber das ist zu wenig! Wir brauchen nachhaltige Reformen, um zunächst einmal Schulden abbauen und langfristig auch Budgetüberschüsse erzielen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist ein gutes Land, da gebe ich dem Herrn Bundeskanzler wiederum recht, dies aber dank der fleißigen und tüchtigen Bürger. Österreich hat eine bessere Regierung verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

12.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 79

12.12.54

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Bayr hat vorhin eine Rede gehalten, die nicht unwidersprochen bleiben kann. (Abg. Grosz: Koalitionsbruch! – Abg. Bucher: Vorzeitige Wahlen! – Abg. Grosz: Mit Anlauf!)

Meine Damen und Herren! Österreich ist ein Land, das in vielfältiger Weise Solidarität mit den Ärmeren und Schwächeren auf diesem Kontinent übt, ob das bilaterale Entwicklungszusammenarbeit ist, ob das die multilaterale ist über die diversen internationalen Organisationen oder auch direkte Hilfe, wann immer es irgendwo einen Krisenherd oder eine Katastrophe gibt. (Abg. Bucher: Danke, Banken geholfen! – Abg. Grosz: Spekulanten! Entwicklungshilfe für Spekulanten!) Immer wieder werden sehr kurzfristig Hilfspakete geschnürt oder man beteiligt sich an Hilfsaktionen. Also Österreich zu unterstellen es würde da nicht seinen Beitrag leisten, das ist schlicht und einfach nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Griechenland! Entwicklungs­hilfe für Griechenland! Zypern!)

Aber, meine Damen und Herren, wir – beide Regierungsparteien – haben uns gemeinsam einen Pfad der Budgetkonsolidierung gegeben. Weil halt leider auch Österreich – nicht so stark wie andere Länder, aber leider doch auch – in den letzten Jahren und Jahrzehnten über seine Verhältnisse gelebt hat (Abg. Mayerhofer: Wer hat über seine Verhältnisse gelebt? – Zwischenrufe bei der SPÖ), war es auch bei uns notwendig, eine Konsolidierung unseres Haushaltes vorzunehmen, zu der alle Bereiche ihren Beitrag zu leisten hatten. Auf der anderen Seite haben wir uns auch ein neues Haushaltsrecht gegeben, in dessen Rahmen die Ministerien künftig in der Gestaltung ihrer Gestionen beweglicher und flexibler sind.

Wir hatten in den letzten Tagen mehrere Gespräche – gestern ich persönlich mit dem Kollegen Cap und der Kollegin Bayr und unserem Entwicklungszusammenarbeit-Sprecher Franz Glaser –, in denen wir ganz konkret auch anhand von Zahlen darüber geredet haben, was wir betreffend den angesprochenen Entschließungsantrag machen, zu dem wir uns bekannt haben, wo fünf Parteien dieses Hauses gesagt haben: Jawohl, wir wollen 2013, also im laufenden Jahr, nicht, wie es im Finanzrahmen stand, weniger ausgeben, sondern wir verpflichten uns, den Betrag des Jahres 2012 fortzuschreiben. – Das ist auch geschehen und wird in diesem Jahr abgearbeitet. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Wunsch und das Angebot waren, dass auch nächstes Jahr derselbe Betrag, die 77 Millionen €, bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit wieder zur Verfügung stehen soll – wieder entgegen dem Finanzrahmen, der eine Kürzung vorgesehen hatte. Auch das ist vom Außenminister zugesagt, und ich lasse es nicht zu, dass hier dem Herrn Außenminister unterstellt wird, dass ihm Entwicklungszusammenarbeit unwichtig sei. Ganz im Gegenteil, er setzt sich sehr dafür ein! Frau Kollegin Bayr, Sie sollten sich wirklich schämen, solch eine Behauptung hier aufzustellen! Das entspricht nicht den Tatsachen! (Beifall und Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Sie sollten sich schämen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Ich habe Ihnen gestern zugesagt – nach Rücksprache mit dem Herrn Außenminister –, dass dieser Betrag auch nächstes Jahr unverändert bleibt und dass wir ihn im Jahr 2015 sogar auf die von Ihnen geforderten 82 Millionen aufstocken. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Also alles, was ich Ihnen gestern angeboten habe, entspricht jener Entschließung, die fünf Parteien hier in diesem Hause noch letztes Jahr beschlossen haben. (Abg. Bayr: Das waren 5 Millionen ...!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 80

Das habe ich Ihnen angeboten. Das war auch Ihre Forderung (Abg. Bayr: Das war nicht meine Forderung!) und Ihr Wunsch, und das würde auch in einem Ent­schließungs­antrag drinstehen, den wir Ihnen gestern angeboten haben, den Sie heute aber leider abgelehnt haben. – Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall und Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Koalitionsbruch! Lösen Sie sich auf!)

Sie sollten sich also schon an eines gewöhnen: Wenn wir eine Regierungs­zusam­menarbeit und eine Koalition zwischen zwei Parteien haben und in diesen, man kann das durchaus sagen, Nöten stecken, sodass alle Ministerien ihren Beitrag zur Konsolidierung des Haushaltes leisten müssen (Zwischenruf der Abg. Bayr), dann sollte man nicht beginnen, einzelne Positionen, einzelne Ministerien oder einzelne Gruppen der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen, wenn man eben gezwungen ist zu sparen, sondern dann sollte man bereit sein, das auch mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Bayr.)

Das ist billige Polemik und billige Effekthascherei, die wir hier herinnen alle nicht notwendig haben, die wir hier Verantwortung tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sollten hier nicht Wasser predigen und schlussendlich Wein trinken. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Das heißt, Sie sollten das hier nicht falsch darstellen. Wir haben gestern ein, wie ich meinte, konstruktives Gespräch geführt darüber, wie wir einen Weg finden können, und ich habe Ihnen einen Weg angeboten, der zumindest bis zum Jahr 2015 genau dem Pfad folgt, der von Ihnen gefordert war (Abg. Bayr: 5 Millionen € für die ganze Periode! – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Die ÖVP und Außenminister Michael Spindelegger sind absolut bereit, diese Ent­schließung, die fünf Parteien hier in diesem Haus gefasst haben, eins zu eins umzusetzen, also jährlich eine Steigerung dieses Betrages durchzuführen, statt – wie es noch im Finanzrahmen steht – diese Beträge jährlich zu kürzen. Nein, wir haben das Gegenteil angeboten, und jetzt stellen Sie sich hier her und stellen das Ganze völlig anders dar und beleidigen dabei auch noch den Außenminister. Sie sollten sich schämen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Koalitionsbruch! Vielleicht kann der Kollege Rossmann ein bissel mediativ einwirken? – Abg. Ing. Westenthaler: Und wenn ihr euch das im Hof ausmacht? – Abg. Grosz: Ja, geht hinaus in den Innenhof und streitet draußen!)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 


12.18.51

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Ich glaube, jetzt wurde genug gestritten. Aber bleiben wir vielleicht doch ein bisschen beim Thema EZA. Wir sind ja internationale Verpflichtungen eingegangen, das muss man schon sagen, und an diese inter­nationalen Verpflichtungen muss man sich halten.

Ich habe es wirklich schön langsam satt, Herr Kollege Stummvoll und Herr Kollege Kopf, wenn hier immer wieder monoton und gebetsmühlenartig behauptet wird, wir werden zum Sparen gezwungen, wir haben über unsere Verhältnisse gelebt (Zwi­schenrufe bei der ÖVP), wenn die TINA-Formel von Thatcher gepredigt wird – there is no alternative. Ich habe das satt, und auch viele internationale Ökonomen haben das statt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Sie sind ein Ökonom?)

Diese Ökonomen vertreten wie ich die Meinung, dass es neben dem TINA-Prinzip auch das TATA-Prinzip gibt. Das TATA-Prinzip heißt: „There Are Thousands of


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 81

Alternatives“. Und in Wirklichkeit gibt es in der Ökonomie immer viele, ja Tausende Alternativen zu einem Sparkurs nach der Rasenmäher-Methode.

Es war ja mehr oder weniger die Rasenmäher-Methode, mit der sowohl das Loipersdorfer Sparpaket als auch das Sparpaket 2012 über alle Untergliederungen drübergefahren sind (Abg. Grosz: Er könnte Rasenmäher-Vertreter werden!) – mit einigen wenigen Ausnahmen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Sie werden es nicht gelesen haben!) – Natürlich habe ich es gelesen. Ein paar Ausnahmen hat es gege­ben, und es hat auch ein paar Maßnahmen im Rahmen der sogenannten Offensiv­pakete gegeben. Aber was waren die Offensivmaßnahmen? – Die waren im Wesent­lichen die Kompensation für das, was den Ressorts vorher weggenommen wurde, nicht mehr und nicht weniger.

Wenn ich sage, dass es Alternativen zu diesem Finanzrahmen gibt – Herr Kollege Auer, hören Sie zu, das betrifft auch Sie –, dann heißt das, dass uns auch die Expertinnen und Experten zumindest zum Teil im Hearing bestätigt haben, dass es sich hier um einen verfehlten Sparkurs handelt, der von der Europäischen Union übernommen wurde und der in der Eurozone dazu geführt hat, dass wir jetzt im sechsten Quartal einer Rezession sind. Im sechsten Quartal in Folge befindet sich die Eurozone in Summe in einer Rezession, und Österreich wächst gerade einmal um 0,7 Prozent, jedenfalls zu schwach, um Substanzielles gegen den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu tun.

Man kann doch nicht so tun – und das gilt auch für Sie, Herr Bundeskanzler –, als hätten wir nicht auch in Österreich einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Ja, wir haben um 60 000 Arbeitslose mehr als vor der Krise. Ich will ja nicht sagen, dass in diesem Land alles schlecht ist, aber so zum Besten, wie von SPÖ und ÖVP immer getan wird, ist es bei Weitem nicht. Das gilt aber nicht nur für die Arbeitslosigkeit, sondern auch für das, was getan werden muss, um diesen Wohlstand, den wir in Österreich haben, auch längerfristig zu erhalten. Und dazu braucht es eben diese Strukturreformen, von denen, ich weiß nicht, seit wie vielen Jahren, aber seit vielen Jahren die Rede ist.

Und was passiert da? – Mein Gott, da lese ich im Strategiebericht – der ist ja spannend zu lesen, der ist ja wirklich eine Fundgrube –: „Strukturreformen identifizieren und umsetzen“. So, als wüssten wir nicht seit Jahren, welche Strukturprobleme dieses Land zu lösen hat. Bitte, das ist doch absurd! Wir wissen doch genau, dass wir Probleme in der Schulverwaltung zu lösen haben, dass wir im Gesundheitsbereich Probleme haben, dass wir Probleme im Bereich der Steuer- und Abgabenstruktur haben. Wir wissen, dass wir einen Föderalismus-neu brauchen, wir wissen, dass wir eine Neuausrichtung des Förderungssystems brauchen.

Wo sind denn die Fortschritte? Was können Sie denn an Fortschritten berichten? – Gar nichts können Sie da berichten! Ganz im Gegenteil, bei den Förderungen zwischen 2011 und 2012 ist es so, dass sie 2012 höher gewesen sind als 2011.

Wenn ich dann in diesem Strategiebericht weiterlese, dann finde ich in der Unter­gliederung 46, nämlich genau dort, wo es um die Banken geht, unter „geplante Maßnahmen und Reformen“: Erarbeitung von Strategien für Umstrukturierungen beziehungsweise für den Verkauf von Bankanleihen. – Bitte, das bezieht sich auf die Jahre 2014 bis 2017. Also das heißt, Frau Finanzministerin, im nächsten Jahr werden Sie beginnen, eine Strategie für die verstaatlichten Banken zu erarbeiten. Vor dem Hintergrund dessen, was sich bei den verstaatlichten Banken abspielt, ist das geradezu absurd, Frau Finanzministerin! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler Faymann, am Problem der Banken sind Sie völlig vorbeige­gangen. Sie haben gesagt: Der Schaden muss begrenzt werden. Ja, aber ich möchte


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von Ihnen wissen und ich möchte auch von Ihnen, Frau Finanzministerin, wissen: Wie hoch ist denn das Budgetloch, das wir bei den Banken zu erwarten haben?

Vor vielen Jahren, 2008, hat uns ein Banker nach dem anderen erzählt, dass dieses Bankenrettungspaket ein tolles Geschäft für den Staat werden würde, aber jüngst – Mitte April – hat uns Eurostat erzählt, dass bis Ende 2012 netto 4,3 Milliarden € verloren gegangen sind. Und rechnen wir dazu, was heuer im Budget drinsteht, und rechnen wir die entgangenen Dividenden für das Partizipationskapital von der Hypo und von den Volksbanken dazu, dann komme ich schon auf 6 Milliarden. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Ist das ein Fass ohne Boden? – Es scheint tatsächlich ein Fass ohne Boden zu sein.

Ich möchte von Ihnen, Frau Finanzministerin, wirklich einmal Klartext im Hinblick darauf haben, mit welchem Volumen an Belastungen wir in der UG 46 bei der Finanzmarktstabilität zu rechnen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Diesen Budgetpfad, den Sie uns vorlegen, können Sie ungeschaut in den Papierkorb werfen. Der ist, ohne dass Sie sich darüber äußern, wie viel die verstaatlichten Banken in den nächsten Jahren kosten werden, nichts wert. Das Einzige, das Sie tun wollen, ist, vor der Wahl nicht zugeben zu wollen, wie viel uns das kosten wird – uns, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denn wer sonst soll das begleichen?

Daraus ziehe ich wohl die Schlussfolgerung, Frau Finanzministerin: Erstens einmal, die Wirtschaftskompetenz der ÖVP ist schon seit Langem verloren gegangen. Ein Konzept für die verstaatlichten Banken – vor fünf Jahren verstaatlicht – wäre wohl das Mindeste, was zu erwarten ist.

Und das Zweite: Wenn schon den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern so viel Geld verloren geht, dann werden wir wohl etwas intensiver darüber nachdenken müssen, wie wir das bezahlen werden. Und in diesem Zusammenhang kommt eine höhere Besteuerung von Vermögen ins Spiel, um die Verursacher zu belasten, insbesondere eine reformierte Erbschafts- und Schenkungssteuer. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


12.26.27

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Eigentlich wollte ich jetzt nicht auf seinen Beitrag eingehen, da Herr Kollege Kopf nicht im Saal ist, aber ich glaube, man kann diesen nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen.

Erstens: Es hat einen Mehr-Parteien-Antrag gegeben, der zumindest mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und Team Stronach beschlossen worden ist, in dem die Bundesregierung von uns im Hohen Haus eindeutig dazu aufgefordert worden ist, also auch vom Herrn Kollegen Kopf – falls er bei der Abstimmung nicht gerade außerhalb des Saales war –, die EZA-Mittel aufzustocken. Ich habe auch den Entwurf eines neuen Entschließungsantrags hier. Dieser bestätigt das, was Kollegin Bayr in einem Zwischenruf festgestellt hat, nämlich dass eine Mittelaufstockung im Jahr 2015 um 5 Millionen für die gesamte Periode vorgesehen wäre, und das entspricht nicht der Intention des beschlossenen Entschließungsantrags des Hauses. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Es geht uns nicht darum, vom Pfad abzuweichen, denn der Pfad schließt diese Festlegung auf die spürbare Erhöhung der EZA-Mittel nicht aus. Es gibt einerseits Rücklagen, und auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit, innerhalb der Gruppe umzuverteilen. Und selbst die Möglichkeit, sich im Strategiebericht festzulegen, hätte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 83

eine Chance geboten, dieser Entschließung nachzukommen. Ich hoffe, dass es in den Reihen der Abgeordneten der ÖVP doch noch eine andere Meinung gibt, dass sie auch zu dem, was sie beschlossen haben, stehen und dass wir vielleicht bis zur Beschlussfassung doch noch eine konstruktive Lösung finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2014 bis 2017 dank einer Politik, deren Kernstück ein funktionierender Sozial­staat ist, in einer besseren Ausgangslage als andere europäische Staaten. Das wurde uns auch von den Experten und Expertinnen beim Hearing bestätigt.

Die Eckdaten dieses Bundesfinanzrahmengesetzes sind eine ausgeglichene Bilanz des Gesamtstaates bis 2016, das heißt, von Bund, Ländern, Gemeinden und der Sozialversicherung, sowie ein positiver Saldo 2017. Die Schuldenquote soll bis 2017 auf 67 Prozent reduziert werden.

Zweifelsohne stellt der Bankensektor ein gewisses Risiko dar. Aber die Experten und Expertinnen haben uns im Hearing die Richtigkeit der bisherigen Maßnahmen ebenso bestätigt wie, dass es natürlich legitim und eine richtige Maßnahme ist, dass über die Bankenabgabe ein entsprechender Beitrag von diesem Sektor geleistet wird.

Für die Entwicklung des Gesamthaushaltes sowie des Sozialsystems ist zweifelsohne die Frage der Beschäftigungsquote und des Arbeitseinkommens ausschlaggebend. Die beschäftigungspolitischen Maßnahmen, wie der Ausbau sozialer Dienstleistungen, sprich Betreuungs- und Pflegeangebote, der Bildungsbereich oder auch das soziale Wohnen sind daher entscheidend für eine weitere positive Entwicklung nicht nur des Staatshaushaltes, sondern auch des Lebens der Menschen in Österreich.

Wir sind deshalb dafür, dass lohnsummenabhängige Abgaben in eine andere Gegen­finan­zierung verlagert werden, das heißt zum Beispiel stärkere Besteuerung von arbeitslosen Einkommen. Das bedeutet nämlich nicht nur mehr Verteilungsgerechtig­keit, sondern hat auch null wachstumsdämmende Effekte und könnte den Wachs­tumsfaktor Arbeit damit tatsächlich fördern.

Ich begrüße ausdrücklich die Fortsetzung der Offensivprogramme in diesem Budget und möchte betonen, dass wir als Sozialdemokratie für eine stärkere Förderung der Beschäftigung, für eine Erhöhung der Verteilungsgerechtigkeit und für nationale, aber auch internationale Solidarität stehen. In diesem Sinne werden wir auch innerhalb dieses Rahmens weiterhin eine positive Politik für die Menschen in Österreich machen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


12.30.50

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Ich habe mir im Laufe Ihrer Ausführungen mehrmals die Frage gestellt, worauf Sie eigentlich so stolz sind und was Sie so zufrieden macht, wenn Sie jetzt diese Finanzvorschau für die nächsten Jahre mit uns diskutieren.

Ich will jetzt keine weitere Baustellenbesichtigung veranstalten, denn dies hat vor mir ohnehin schon Kollege Widmann beschrieben. In den Bereichen Bildung, Steuerpolitik, Wirtschaft, Universitäten, völlig egal, wo man hinschaut, überall ein einziges Desaster. Es gibt nirgendwo wirklich eine Vision oder eine Problemlösungskompetenz von Seiten der Bundesregierung.

Im Grunde genommen lässt sich das alles folgendermaßen zusammenfassen, Herr Bundeskanzler, sofern Sie sich endlich einmal die Mühe machen und dieses Bundes­finanzrahmengesetz sorgsam durchschauen und durchleuchten: Alle Ausgaben, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 84

Sie tätigen, sind im Wesentlichen Ausgaben, die die Vergangenheit betreffen. Sie verabsäumen es, in Blickrichtung Zukunft Visionen zu entwickeln, und Sie sind nicht in der Lage, in einer Finanzvorschau tatsächlich auch darauf Rücksicht zu nehmen, welche zukünftigen Entwicklungen auf uns zukommen und auf uns warten.

So können Sie kein Wirtschaftswachstum erzeugen, so können Sie in unserem Land keine Wirtschaftsdynamik zustande bringen, völlig unmöglich, wenn Sie nur vergan­genheitsbehaftet die Pensionen, die Zinsen, die Pleiteländer, die Banken im Blickpunkt haben, immer nur die Vergangenheit berücksichtigen und nicht die Zukunft! (Beifall beim BZÖ.)

Wichtig ist die Zukunft, Herr Bundeskanzler: Bildung, Ausbildung, Forschung, Entwicklung, Innovation. Wo bleibt da das Geld? – Da sind keine Freiräume mehr da. Und Sie müssen einfach einsehen und auch zustimmen, dass wir gerade in diesen elementaren Zukunftsbereichen immer weniger Geld zur Verfügung und daher auch immer weniger Zukunft haben. Das ist eigentlich der Hauptkritikpunkt, auch was diese Finanzrahmengesetzgebung betrifft. Kein Unternehmen in Österreich könnte es sich leisten, so zu wirtschaften wie Sie in der Bundesregierung! (Beifall beim BZÖ.)

Das bedeutet, völlig die Zukunft außer Acht zu lassen und nur vergangenheits­orientierte Politik zu machen, nur zu verwalten und nicht zu gestalten. Sie machen nichts anderes, als dass Sie Beträge hin- und herschieben, aber Sie entwickeln keine Vision, wie sich Österreich, wie sich der Arbeitsmarkt, die Wirtschaftspolitik, auch das Gefüge innerhalb Europas weiterentwickeln sollen.

Da haben Sie schon eine Idee, der Sie leider Gottes buchstäblich verfallen sind, nämlich sämtliche Souveränitätsrechte aufzugeben. Und das lässt sich ja auch be­weisen und ablesen aus den Handlungen, die Sie setzen. Der Rechnungshof wird ausgehungert, das, würde ich fast sagen, Zentralorgan der Opposition im Hohen Haus. Unser Beirat, unsere kostenlose Beratung, die wir Parlamentarier in Anspruch nehmen dürfen, wird ausgehungert. Zu immer mehr Prüfungen wird er verdonnert, auch von Seiten der Bundesregierung, aber die Kosten, die da anfallen, dürfen nicht abgegolten werden.

Herr Bundeskanzler, bitte gewöhnen Sie sich eines an, das rate ich Ihnen persönlich: Wenn Sie schon so stolz auf die Steuereinnahmen sind und darauf, dass die Steuer­quelle so sprudelt – das habe ich der Finanzministerin auch schon mehrmals gesagt –, dann sagen Sie endlich auch dazu, wer für diese Steuereinnahmen sorgt! Es sind die fleißigen Unternehmer und die tüchtigen Arbeiter in unserem Land, die dafür sorgen, dass Sie das Geld zur Verfügung haben, auch für die unnötigsten Ausgaben, die Sie tätigen. Einmal ein Dankeschön von Ihnen hätte ich gerne gehört an die Bürgerinnen und Bürger, an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Österreich. Das würde Ihnen einmal gut anstehen. (Beifall beim BZÖ.)

Bedanken Sie sich nicht bei Ihren Regierungskollegen, sondern einmal bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern!

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, da möchte ich Sie schon auch einmal auf etwas hinweisen, nämlich gerade in Blickrichtung Finanzrahmengesetzgebung und was das für die Zukunft bedeutet. Im Dezember letzten Jahres, am 13./14. Dezember, hat der Herr Bundeskanzler bei einem EU-Ratstreffen seine Zustimmung gegeben, was die Schaffung einer politischen Union anlangt. Da gibt es den sogenannten Blueprint der Europäischen Kommission, und in dieser Blaupause der Europäischen Kommission finden Sie auf Seite 15 folgenden Text – ich möchte Ihre Aufmerksamkeit, auch jene des Bundeskanzlers, sofern er das gelesen hat, auf diese Schlussfolgerung lenken –:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 85

„Schließlich“ – ist da zu lesen – „sollte langfristig (in mehr als fünf Jahren), durch schrittweise Zusammenführung von Hoheitsrechten und damit Verantwortung sowie Solidaritätsbefugnissen auf europäischer Ebene, die Schaffung eines autonomen Haushalts des Euro-Währungsgebiets möglich werden. 

Diese progressive weitere Integration des Euro-Währungsgebiets zu einer umfassenden Banken-, Fiskal- und Wirtschaftsunion wird parallele Schritte zu einer politischen Union mit verstärkter demokratischer Legitimation und Rechenschaftspflicht erfordern.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Dürfen sie denn das?)

Zusammenfassend ist also zu sagen: Ziel ist es, eine einheitliche europaweite Haus­haltspolitik, Steuerpolitik, Sozial- und Wirtschaftspolitik zu machen, unter Ausschaltung der nationalen Souveränitätsrechte. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo!)

Das heißt, alles, was wir heute großartig diskutieren, was den Finanzrahmen der nächsten Jahre betrifft, wird in Zukunft in Brüssel overruled werden. Dort kommen die Bestimmungen her, die hier herinnen umzusetzen sind. Da können wir lange hier diskutieren. Wir haben dann nichts mehr mitzureden, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das Wirklichkeit wird.

Und hinter dieser Schlussfolgerung verschanzt sich der Bundeskanzler. Jetzt können viele sarkastisch meinen, na Gott sei Dank, es kann ja eigentlich nur mehr besser wer­den, denn diese Bundesregierung ist ja schon am Sand. Das heißt, auf europäischer Ebene können nur mehr bessere Beschlüsse getroffen werden. Ich sage trotzdem dazu: Wir müssen für unsere Souveränität und Selbstbestimmung in unserem Land kämpfen, sodass wir nicht alles an Befugnissen abgeben! (Beifall beim BZÖ.)

Wie weit das geht, auch was – sehr enttäuschend – die Ansinnen der ÖVP-Granden betrifft, ist in Schriftstücken des Vereins Nova EUropa zu lesen, wo es heißt, es braucht eine europäische Republik. Das heißt nichts anderes, als dass wir in Zukunft als kleines Bundesland betrachtet werden, was unsere politischen Freiräume betrifft.

Das sagen nicht nur ÖVP-Granden, sondern das sagt auch Präsident Hollande kürzlich in einer Aussendung: eigener Haushalt, eigene Wirtschaftsregierung, Harmonisierung der Steuern.

Staatssekretär Lopatka setzt am 6. Mai noch eines drauf und sagt: Am Ende wird sich die Frage stellen, ob wir Nationalstaaten überhaupt noch haben und überhaupt noch brauchen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Na bist du dep­pert!) – Das ist also schon eine Aussage, die tief blicken lässt in das, was da in nächster Zeit auf uns zukommen wird.

Herr Bundeskanzler, ich glaube nicht, dass Sie im Sinne und im Interesse der Öster­reicherinnen und Österreicher hier Politik machen, denn das geht eindeutig zu weit, was Sie auf europäischer Ebene unterstützen. Und dass Sie oftmals nicht mehr Ihr Ohr am Bürger haben und es Sie auch nicht interessiert, welche Meinung wir hier im Hohen Haus haben, das ist auch beweisbar an Ihrer Haltung, die Sie heute hier eingenommen haben.

Sie haben uns über das Zentralorgan der SPÖ, über den Teletext des ORF ausrichten lassen, dass Sie hier eine Erklärung zu den jüngsten Beschlüssen auf europäischer Ebene, was das Bankgeheimnis betrifft, abgeben wollen. Da haben Sie in Ihren Ausführungen jetzt kein Wort darüber verloren, kein einziges Wort.

Also auf den Teletext, Herr Kollege Cap, darf man nicht viel setzen. Teletext ist nicht das Informationsmedium des Parlaments schlechthin (Abg. Grosz: Für Cap vielleicht schon!), ansonsten hätten Sie diese Informationsmöglichkeit wahrgemacht.


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Wir werden daher heute von Seiten des BZÖ eine Dringliche Anfrage an Sie stellen. Und Gott sei Dank gibt es das BZÖ im Hohen Haus, damit eine Partei die Courage hat, Sie zu Ihren Beschlüssen auf europäischer Ebene zu befragen. (Beifall beim BZÖ.) Von selbst haben Sie ja nicht den Mut und die Chuzpe, sich hier hinzustellen und eine Erklärung über die Beschlüsse abzugeben, die Sie getroffen haben. Gott sei Dank haben wir diese parlamentarische Initiative ergriffen, ansonsten hätten wir gar nichts über Ihre weitreichenden Beschlüssen erfahren.

Und, Herr Bundeskanzler, was Zypern betrifft: Sie haben sich heute über alles Mög­liche in Ihrer Rede ausgelassen, auch was Zypern anlangt. Aber mit Ihrer Haltung haben Sie eigentlich den Oligarchen und den Milliardären auf europäischer Ebene Vorschub geleistet, nämlich all diesen Superreichen so viel Zeit zu lassen, damit sie genug Möglichkeiten haben, ihre Milliarden von Zyperns Banken abzuziehen. Das ist eine politische Schmiere, die Sie da geleistet haben, Sie sind Schmiere gestanden, damit Oligarchen mit dem ganzen Geld über alle Berge davonziehen können. Auf diese Maßnahme brauchen Sie nicht stolz zu sein.

Was die Banken-Misere betrifft – egal, ob das die Hypo, die Kommunalkredit oder die Volksbank anlangt –, haben wir vom BZÖ immer einen Banken-Untersuchungs­aus­schuss gefordert. Und den wollen wir noch vor den Nationalratswahlen haben. Denn nur wer etwas zu verstecken hat, kann gegen den Untersuchungsausschuss sein. Wir sind dafür, alles noch vor den Nationalratswahlen aufzuklären, damit der Bürger auch abstimmen kann im Zuge der Nationalratswahl (Abg. Mag. Kogler: Richtig!), wer hier etwas zu verbergen, wer etwas ausgefressen und wer etwas zu verantworten hat. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war eine sehr schlechte Rede!)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte. (Beifall bei der ÖVP.)

 


12.42.07

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Danke für den Applaus! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerrängen und vor den Fernsehschirmen! Hohes Haus! Österreich ist bei der Budgetkonso­lidie­rung gut unterwegs, und wir haben die Defizitvorgaben rascher erfüllt als geplant. Das heißt, wir haben auch im Budgetvollzug sehr ambitioniert gehandelt. (Beifall bei der ÖVP.)

Gleichzeitig steht Österreich im internationalen Vergleich besser da als unsere Nach­barn. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn das die Opposition nicht wahrhaben will, das ist das Resultat unserer Arbeit. Durch einen klugen Mix aus Reformen, durch Sparen, aber auch durch Investitionen in die Zukunft ist es uns gelungen, uns im internationalen Spitzenfeld zu halten. Und was das Wichtigste ist: Wir haben Arbeitsplätze dazugewonnen. Wir haben die Wirtschaft nicht abgewürgt, wie in manch anderen Ländern. Wir haben die Inflation nicht angeheizt und wir haben die Investitionsneigung im Land gehalten. Und die Kaufkraft der Menschen ist auch stabil geblieben.

Das heißt, insgesamt war das Reformprogramm auf Erfolg ausgerichtet, für eine Budgetkonsolidierung und gleichzeitig für Wohlstand uns Wachstum. Wir haben die Marke von 3 Prozent, die die EU vorgibt, wesentlich früher und deutlich unterschritten. Ein Wermutstropfen ist noch die derzeitige Schuldenquote. Sie wird aber in diesem Pfad weiter sinken, und wir werden bis zum Jahr 2020 unter 60 Prozent sein.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren, die gute Performance Österreichs wird auch international anerkannt. Wir werden beneidet um unsere Zahlen, speziell um die gute Arbeitsplatzsituation. Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU, wir liegen weit, weit unter dem EU-Durchschnitt.

Der Herr Bundeskanzler hat es schon erwähnt: Das Wichtigste in diesem Zusam­menhang ist unsere Jugendbeschäftigung. Ein herzliches Dankeschön an alle Unter­nehmen, die Lehrlinge ausbilden. 128 000 Lehrlinge haben wir in Österreich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Aber auch ein Dankeschön an die engagierten Lehrer in den berufsbildenden Schulen. Denn auch die berufsbildenden Schulen sind so ein Asset, das andere Länder nicht kennen, weil sie unsere Jugend nicht nur in der Allgemeinbildung bilden, sondern ihnen auch berufliche Qualifikation mitgeben. Ein Dankeschön auch an jene, die die Jugendlichen für die Universitäten und Fachhochschulen vorbereiten. Auch das wird dann, wenn sie fertig sind, vom Arbeitsmarkt gut aufgenommen.

Jugendarbeitslosigkeit ist das dringendste Problem, das Europa derzeit hat und das wir aktiv angehen müssen. Wir können mit diesen zwei Säulen, einmal berufsbildende höhere Schulen und die duale Ausbildung, als Best-Practice-Beispiel in ganz Europa gelten. (Beifall bei der ÖVP.)

Es kommen immer wieder Interessierte zu uns, die sich anschauen, wie wir das machen, wie wir das bewerkstelligen und wie es uns gelingt, so eine hohe Jugend­beschäftigung zu haben.

Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Der Vergleich macht uns sicher. Österreich hat es geschafft, andere Länder hinken noch hinterher. Wir haben in der Krise keine Arbeitsplätze verloren, wir konnten die Kaufkraft der Menschen erhalten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da hat die hier im Hohen Haus beschlossene Haus­haltsrechtsreform mitgeholfen. Das Haushaltsrecht hilft uns, dass die Ressorts sparsam, effizient, aber in Eigenautonomie mit ihren Mitteln umgehen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil ich von den Ressorts rede: Ich möchte kurz auf die Entgleisung der Abgeordneten Bayr Bezug nehmen, die hier wirklich in einer unverschämten Art und Weise Halbwahrheiten von sich gegeben hat. (Unruhe im Saal. – Abg. Ing. Westenthaler: Es steht einem Minister nicht zu, einen Abgeordneten so abzufackeln!) Wenn man sich die Zahlen  (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ, Grünen und BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Wenn eine Abgeordnete den Außenminister dermaßen angeht, dann kann ich als Finanzminister die Zahlen ins rechte Licht rücken. (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ, Grünen und BZÖ.)

Wir geben mehrere hundert Millionen für Entwicklungshilfe aus, nämlich über die internationalen Finanzinstitutionen. Aber das hat sich wahrscheinlich die Abgeordnete Bayr nicht angesehen (Beifall bei der ÖVP), dass wir im Jahr 2013 für die inter­nationalen Entwicklungsinstitutionen 237 Millionen € ausgeben. Im Jahr 2014 steigern wir das auf 277 Millionen €. (Abg. Ing. Westenthaler: Egal, welche Partei es ist, Abgeordnete können nicht beschimpft werden!)

Im Jahr 2015 sind es dann schon 301 Millionen €, die wir diesbezüglich in der Ent­wicklungszusammenarbeit ausgeben (Beifall bei der ÖVP), in der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, in den internationalen Entwicklungsorganisationen, in der Afrikanischen Entwicklungsbank-Gruppe, in der Afrikanische Entwicklungsbank, im Afrikanischen Entwicklungsfonds, im Asiatischen Entwicklungsfonds, in der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, hunderte Millionen, da ist es nicht gerechtfertigt, wenn man den Außen-


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minister dermaßen tadelt. Das muss ich hier ins rechte Licht rücken. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Gaßner und Bayr.)

Ich bekenne mich dazu, dass bei diesen Institutionen die Entwicklungshilfe in den Ländern direkt ankommt, nämlich bei den Projekten. Und diese Entwicklungs­institu­tionen, diese internationalen Banken haben auch die Kontrollmechanismen, damit man sieht, was mit dem Geld passiert. Die reine Vereinsförderung hier in Österreich ist nicht ausreichend, um zu kontrollieren, wo das Geld denn hinfließt. Wir haben immerhin für eine Hilfsorganisation, ich nenne sie hier nicht, 6 Millionen € auf die Cayman Islands überwiesen. Und dort haben wir keine Garantie mehr, was dann mit dem Geld passiert. Daher ist es mir sehr recht, dass wir bei den IFIs die Beträge erhöhen und nicht nur bei den Vereinen. Denn die Kontrollmechanismen sind hier nicht ausgeprägt. (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ, Grünen und BZÖ.)

Nun zurück zum Budgetpfad, den wir hier jetzt beraten. Mit dem Bundesfinanz­rah­mengesetz 2014 bis 2017 führen wir den im Frühjahr 2012 eingeschlagenen Stabil­isierungs- und Wachstumspfad konsequent weiter fort. Die Drei-Säulen-Strategie, nämlich Budgetdisziplin, Strukturreformen und Offensivmaßnahmen wird dabei auch in Zukunft im Zentrum stehen. Gleichzeitig aber investieren wir aktiv in Bildung, Forschung, Entwicklung sowie Infrastruktur, um das Wachstum und die Beschäftigung voranzutreiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbstverständlich ein Dankeschön an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, also an jene, die es uns ermöglichen, zu gestalten und den Wohlstand in unserem Land auszubauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden das strukturelle Defizit im Jahr 2017 auf 0,45 Prozent zurückgehen lassen. Damit wird die Schuldenquote auf 67 Pro­zent sinken, und wir arbeiten aber dann weiter, dass sie bis 2020 auf 60 Prozent des BIP gesenkt wird. Wir haben einen klaren Pfad, eine klare Strategie, stabile Finanzen, denn das sichert unseren Wohlstand. Nur stabile Finanzen erlauben eine Ausweitung des Wohlstands.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sichern wir aber auch die Arbeits­plätze in Österreich und den Standort. So können wir die Nachhaltigkeit der österreichi­schen Staatsfinanzen für eine sichere Zukunft garantieren und die hohe Lebens­qualität, die Stabilität und die Sicherheit langfristig gewährleisten. Damit bleiben wir einmal mehr ein Hort der Stabilität mit den niedrigsten Zinsen, die diese Republik jemals hatte, und die Österreicherinnen und Österreicher können sich darauf verlas­sen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.53

*****

Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.53.15

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder, der jetzt die Rede von Frau Bundesministerin Fekter gehört hat, muss als Abgeordneter (Abg. Höfinger: Begeistert!) – nicht begeistert sein, Herr Kollege von der ÖVP, wenn man hier noch ein gewisses Maß an Selbstachtung als Volksvertreter hat, sondern sich daran erinnern, dass es seit Jahrzehnen die Usance gibt, dass wir alle gemeinsam, unabhängig davon, wen es betrifft – und es betrifft jetzt eine Abgeordnete der Sozialdemokratie und nicht meiner Fraktion –, wenn von der Regierungsbank eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter abqualifiziert wird –


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so wie das jetzt passiert ist –, beschimpft wird, dagegen auch unseren Protest erheben. (Beifall bei BZÖ, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Wenn sich ein Bundesminister von einem Abgeordneten in einer Rede ungerecht behan­delt fühlt, dann kann er darauf natürlich in seiner Art und Weise replizieren beziehungsweise hat er auch eine Fraktion und andere Abgeordnete, die sich dem dann mit vielleicht stärkeren oder heftigeren Worten entgegensetzen. Aber dieses Prinzip, dass wir uns gegen Polemik und Beschimpfungen von der Regierungsbank zur Wehr setzen, das muss auch weiter gelten. (Beifall bei BZÖ, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Herr Präsident, ich erwarte mir von Ihnen als Vorsitzführendem hier ganz klare Worte. Ansonsten werden wir diese Frage in der nächsten Präsidiale zur Sprache bringen. (Beifall und Bravorufe bei BZÖ SPÖ, FPÖ und Grünen.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, Kogler zur Geschäftsbehandlung!) – Entschuldigung, ja, Herr Abgeordneter Kogler zur Geschäftsbehandlung. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung Präsidium –: Stellen Sie sich hinter die Abgeordneten! – Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie Minister-Präsident oder Abgeordneten-Präsident?)

Herr Abgeordneter Mag. Kogler zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

 


12.55.24

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Wäre es in dieser Geschäftsordnungsfrage so, dass sich die Regierungsvertreterinnen und ‑vertreter, die Regierungsbank mithin immer einem offenen Dialog stellen, alles transparent auf den Tisch legen würden, wie es in einem normal entwickelten Parla­ment sein sollte, dann könnten wir vielleicht einen Funken von Verständnis aufbringen. Aber diese Maßregelung, die hier passiert ist, ist ohnehin nicht zu dulden, besonders vor dem Hintergrund dessen und im Zusammenhang damit, dass wir hier einen Finanzrahmen diskutieren – so tragisch das für die Entwicklungshilfe ist –, für diese Beträge und diese Differenz, die hier angemahnt wurde, eine Abgeordnete derart abzukanzeln, während hier gleichzeitig von der gesamten Regierungsbank – und das wird so weitergehen – ein 10-Milliarden-Loch – soll sein ein 6-Milliarden-Loch –, das im ganzen Finanzrahmen überhaupt nicht aufscheint, nicht nur nicht erklärt wird, sondern nicht einmal der Versuch gestartet wird, das irgendwie zahlenmäßig darzustellen, völlig verfassungswidrig. (Abg. Ing. Westenthaler: Völlig abgehoben!)

Dann die Abgeordneten maßzuregeln, die auf etwas den Finger hinlegen, das ist wirklich das Letzte! Kommen Sie selber einmal zur Raison und erklären Sie Ihren Finanzrahmen! (Beifall bei Grünen, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

Die ganze Verfassungsreform können wir uns in die Haare schmieren, wenn das so weitergeht. Das ist eine Phantasievorstellung und kein Finanzrahmen, das ist eine Budgetlüge, die Sie hier vorlegen – wieder einmal. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

12.57


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Scheibner, Herr Kollege Kogler, Sie wissen, dass das keine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung gewesen ist. (Die Abgeordneten Scheibner und Ing. Westenthaler: Freilich!) Sie hätten jeden Debatten­beitrag nutzen können, es stehen noch Stunden an Redezeit zur Verfügung. Ich sehe der Debatte in der nächsten Präsidiale mit Interesse entgegen, und ich weiß auch, dass die Frau Bundesministerin als langjährige Parlamentarierin Ihren Beitrag durch­aus einschätzen kann. (Abg. Scheibner: Und Sie haben keine Meinung!?) – Ich habe dazu auch eine Meinung, aber ich werde die Debatte damit nicht unterbrechen. (Abg.


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Ing. Westenthaler – in Richtung Präsidium –: Schwarzer Partei-Präsident! Stellen Sie sich hinter die Abgeordneten! Sie sind ein Partei-Präsident!)

*****

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


12.57.46

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Finanzministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Anhaltende Zwischenrufe.) – Vielleicht können wir die Diskussion wieder auf das Bundesfinanzrahmengesetz verlagern. Ich glaube, dass die Aufregung jetzt nicht mehr angebracht ist. Ich hätte dazu drei Anmerkungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Erster Punkt – die Budgetkonsolidierung –: Die Budgetkonsolidierung steht in diesem Finanzrahmengesetz im Vordergrund. 2016 wird das Nulldefizit erreicht und es wird dem Hausverstandsleitspruch Rechnung getragen, dass man auf Dauer nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Deshalb wird dieser Konsolidierungspfad einge­halten. Daher haben wir im vorigen Jahr ein 27 Milliarden-Paket geschnürt, 75 Prozent ausgabenseitig, meine Damen und Herren von der FPÖ, 25 Prozent einnahmenseitig. Es wurden Reformen durchgeführt bei Pensionen, Gesundheit – erst bei der letzten Plenarsitzung beschlossen –, Verwaltungsreformen im Bereich des öffentlichen Dienstes, Förderungen und ÖBB, und es wurden Steuerlücken geschlossen. Ja, dazu bekennen wir uns. Und diese 27 Milliarden € werden es uns ermöglichen, dass wir das Nulldefizit 2016 gesamtstaatlich erreichen. Im vergangenen Jahr haben wir ein Defizit von 2,5 Prozent, niedriger als erwartet, gehabt.

Zweiter Punkt – Wachstum und Beschäftigung –: Das Wichtigste ist, dass die Men­schen einen Arbeitsplatz haben. Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote in Europa, wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit, und wir haben einen Höchststand an Beschäftigung, meine Damen und Herren. Die duale Ausbildung – das wurde heute schon mehrmals erwähnt – ist ein Erfolgsmodell, ein österreichisches Erfolgsmodell. Und wir müssen die Lehre wieder attraktivieren, damit das Schaffen von Arbeitsplätzen auch in Zukunft wieder möglich wird.

Die Politik – das möchte ich betonen – kann nur Rahmenbedingungen schaffen. Die Arbeitsplätze schaffen unsere Unternehmerinnen und Unternehmer. Und denen möchte ich auch meinen Dank dafür zum Ausdruck bringen, dass Arbeitsplätze geschaffen wurden, 126 000 in den letzten vier Jahren! (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, ist wesentlich, denn es geht hier nicht ums Kaputtsparen, sondern ums Konsolidieren. Es gibt aber auch eine Offensivstrategie. Das heißt, wir müssen auch in wichtige Bereiche investieren. Dazu gehört die Bildung, dazu gehört die Ausbildung, dazu gehört die Jungunternehmer-Offensive. Die GmbH Neu ist jetzt auf Schiene gebracht worden. Die thermische Sanierung ist ein wichtiger Aspekt im ökologischen Bereich. Der Pflegefonds wird verlängert, es gibt 650 Mil­lionen € zusätzlich. Pflegekarenz und Pflegeteilzeit werden eingeführt. Weiters haben wir heuer im Frühjahr eine ordentliche Pendlerentlastung auf den Weg gebracht.

Meine Damen und Herren, das Motto für die Zukunft muss lauten: Wenn eine Steuer­reform in den nächsten Jahren leistbar ist, dann müssen Familien und insbesondere Familien mit Kindern im Vordergrund stehen. Außerdem muss es zu einer Senkung des Eingangssteuersatzes kommen. Ein Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent ist zu hoch! Wir wollen entlasten und nicht belasten. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir wollen, dass den Menschen mehr Geld im Börsel bleibt! Das ist das Motto der ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

13.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Gradauer. 5 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.01.17

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir sind mitten im Wahlkampf. So kommt es mir vor. Es ist natürlich für die ÖVP schwierig: Wenn man eine Majestätsbeleidigung begeht, dann reagiert man so, wie die Frau Bundesminister es eben getan hat. Aber sei es so!

Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe diese Sonntags­reden, die man von den Regierungsfraktionen hört, wirklich satt, denn es ist wirklich nichts in Ordnung in diesem Staat, was die Finanzen betrifft! Es sind untragbare Zustände, die sich hier abzeichnen, und dieses Eigenlob, das immer wieder von SPÖ und ÖVP kommt, ist nicht zu akzeptieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns die Daten und die Zahlen genauer an, die sich heute betreffend Staatsfinanzen abzeichnen: Jede Minute, meine Damen und Herren, auch zu Hause, werden die Schulden des Staates Österreich um 21 200 € höher. Wir sind bei Staats­schulden von 230 Milliarden € angelangt. Wenn Sie die ausgelagerten Schulden von 60 Milliarden € dazurechnen, dann kommen Sie auf eine Verschuldung gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt von 90 Prozent. Wir zahlen dafür alle Jahre 7 Milliarden € Zinsen. Es ist ewig schade um diese 7 Milliarden! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Hohes Haus! Es ist äußerst fraglich, ob das Ziel, das man sich hier gesteckt hat, bis 2017 ausgeglichen zu budgetieren, auch erreicht werden wird. Da gibt es viele Risiken, die möglicherweise schlagend werden: Ich werde noch darauf zurückkommen. Unmöglich aber ist es – das möchte ich Herrn Dr. Stummvoll auch ins Stammbuch schreiben –, die Staatsverschuldung bis 2020 wieder auf 60 Prozent zurückzuführen. Das ist – das weiß man, wenn man nur ein bisschen rechnen kann – eigentlich unmöglich! Sie müssten in sieben Jahren 100 Milliarden € Schulden tilgen. Wir sind momentan, 2012, bei einem Minus beziehungsweise bei einem Defizit von 11 Milliar­den, und für 2013 sind weitere 6 Milliarden Defizit – also wiederum ein Minus in dieser Höhe – geplant. Wie sollte es also gelingen, bis 2020 positiv zu sein und 100 Milliarden Gewinne abzuliefern?

Ich möchte aber doch daran erinnern, da heute davon geredet wurde, dass wir, wenn wir rund um uns blicken, feststellen können, dass wir wesentlich besser dastehen: Die Schweiz hat voriges Jahr einen Überschuss von 2 Milliarden Schweizer Franken eingefahren. Das ist ein Erfolg. Das hätte ich auch in Österreich gerne! Bei uns gibt es diese Defizitentwicklung deshalb, weil es einen Stillstand bei der Reformarbeit gibt.

Nun aber zum Bundesfinanzrahmen bis 2017. Ich möchte diesen unter das Motto stellen: „Bei Fekter nichts Neues“. – Der neue Bundesfinanzrahmen setzt abermals keine neuen Impulse, sondern schreibt bereits beschlossene, bekannte Maßnahmen nur wiederum fort.

Positiv anzumerken ist, dass hier an der Konsolidierung des Staatshaushaltes gear­beitet wird. Aber zu welchem Preis? Das Ergebnis war, dass die EU gesagt hat: Ihr müsst unbedingt sparen! – Der Befehl ist da. Das Loipersdorf-Paket wurde geschnürt, und es gab den Stabilitätspakt 2012. Gesamtbelastung für die Bevölkerung in diesen Jahren: 50 Milliarden €. Keine Einsparungen, sondern Belastung! Das war die Devise. Es gab eine Kürzung der Pensionen, eine Kürzung der Familienbeihilfe, eine Mineral-


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ölsteuererhöhung. Die Bankenabgabe wurde neu eingeführt. Immobilien werden in verschiedenen Richtungen hin neu besteuert. Und letztlich ist auch die Bausparprämie gekürzt worden. Also: Konsolidierung auf Kosten der österreichischen Bevölkerung.

Frau Bundesminister Fekter hat bei ihrer Budgetrede gesagt: Stabiles Wachstum durch Reformen. – Das steht, meine Damen und Herren, allerdings nur auf dem Papier! (Beifall bei der FPÖ.)

Wo sind denn die angekündigten Reformen und Einsparungen? – Es wurde groß­mundig gesagt: Es wird in die Staatsstruktur eingegriffen. Der Nationalrat wird verkleinert. Der Bundesrat wird neu organisiert. Die Bezirkshauptmannschaften werden zusammengelegt. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Bei den Gemeinden gibt es Zusammenlegungen. – Wo sind denn all diese angekündigten Reformmaßnahmen?

Eine Verwaltungsreform gibt es nicht. Sie bringen nicht einmal ein einheitliches Dienstrecht für die Lehrer in ganz Österreich zusammen. Im Bildungswesen gibt es nach wie vor die höchsten Kosten und die geringste Ausbildungsqualität. Was ist mit den Reformen bei den Pensionen? Wir wissen, dass ein Jahr länger arbeiten um eine Milliarde € niedrigere Kosten bringt.

Entsprechende Förderungen muss man angehen. Man muss schauen, wo man Sub­ventionen einsparen kann. In Summe schlummern – das wissen wir – längst 10 Milliar­den € Sparpotenziale, die man jedes Jahr einsparen könnte, doch diese Regierung ist nicht fähig, das auch zu lukrieren.

Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, die nächsten Schritte sind berechenbar. – Ich glaube, berechenbar sind diese Maßnahmen, die zu Papier gebracht wurden, nicht! Was kosten denn die maroden Banken in Österreich wirklich? Wie entwickeln sich die Kosten für die zahlungsunfähigen, maroden Eurostaaten? Kommt es zur Finanztrans­aktionssteuer oder nicht? Bleiben die Zinsen auf diesem niedrigen Niveau, das, Gott sei Dank, momentan zur Verfügung steht? – Wenn nur ein Punkt davon nicht kommt, wird es nichts mit dem Nulldefizit 2017.

Ich sage noch einmal: Ohne echte, nachhaltige Reformen gibt es keine Sanierung der Staatsfinanzen, und ohne Ankurbelung der Konjunktur, um diese wieder in Schwung zu bringen, ist eine Sanierung ebenfalls nicht möglich. Sonst kommt das, Herr Abgeord­neter Cap, was die SPÖ immer sagt, nämlich neue Steuern, und das will die FPÖ auf keinen Fall! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Klubob­mann Dr. Cap. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.08.35

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Meine Damen und Herren! An sich haben wir das Thema Entwicklungszusammenarbeit schon mehrfach in verschiedenen Bereichen diskutiert. Aber wir können dieses Thema durchaus auch hier im Plenum diskutieren.

Ich möchte zuerst einmal aufs Schärfste den Vorwurf zurückweisen, dass Frau Abgeordnete Bayr unverschämt sei! Sie ist nämlich Tag und Nacht selbstlos unterwegs und engagiert sich für dieses Anliegen wirklich. Ich meine, das muss man einmal anerkennen, ebenso auch das Engagement aller anderen, die sich damit befassen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und BZÖ.)

Zweitens bin ich der Auffassung, dass wir, wenn wir das hier wirklich diskutieren wollen, auch bei der Sache bleiben.

Der Entschließungsantrag, der hier von fünf Parteien beschlossen wurde, lautet: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Frühjahr 2013 im Zuge der Erstellung des


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Bundesfinanzrahmengesetzes 2014 bis 2017 die Mittel für die bilaterale Entwicklungs­zusam­menarbeit aufzustocken.“ – Eindeutiger geht es nicht!

Die Beschlusslage besagt, dass sich das im Finanzrahmen abzubilden hat. (Zwi­schenruf des Abg. Öllinger.)

Wir haben bei allen Gesprächen und Diskussionen, ob es um den Inhalt der Koalitions­vereinbarung ging oder das Ergebnis offen war, immer gesagt: Es geht nicht um ein Aufmachen oder Erweitern oder Verändern des Bundesfinanzrahmens, sondern es geht darum, dass es eine Definition innerhalb des Bundesfinanzrahmens gibt, und zwar schon allein deswegen, weil seit Jahren diese Debatte geführt wird, bei welcher es darum geht, dass diese 47 Hilfsorganisationen, denen es vor allem um bilaterale Entwicklungszusammenarbeit geht, endlich einmal durchsetzen, dass das, wofür wir uns in diesem Bereich international verpflichtet haben, auch eingehalten wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nicht verstanden habe ich – aber ich werde ihr das dann sagen, wenn sie wieder da ist – den Hinweis, dass man nicht weiß, ob das Geld ankommt. (Abg. Neubauer: Wo ist denn die Frau Minister?) Damit gemeint ist anscheinend die bilaterale Zusammen­arbeit von Hilfsorganisationen, bei der man sozusagen nicht weiß, ob das Geld, das die Organisationen bekommen, wirklich für den entsprechenden Zweck verwendet wird. Das liegt übrigens im Verantwortungsbereich des Außenministeriums, und das fasse ich jetzt als Kritik auf.

Aber ich verstehe das auch als Kritik an diejenigen, die das diskreditieren. – Ich zitiere jetzt den Präsidenten Küberl, der sagt: Damit werden Brunnen gegraben, damit wird Saatgut finanziert, damit wird also wirklich unmittelbar überprüfbare Hilfe geleistet. – Und ich finde, das zu diskreditieren ist einfach ungerecht, unfair und nicht in Ordnung! Auch das möchte ich hier in diesem Rahmen sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe mir die Liste derer angesehen, die das einfordern und unterstützen: Das sind die Caritas, Präsident Küberl; in der Bischofskonferenz gibt es ebenfalls entsprechende Kräfte. In der ÖVP-Akademie gibt es eine ganze Abteilung, die sich da einbringt. Auch der Vorsitzende des Ökosozialen Forums, Franz Fischler, der ehemalige EU-Kom­missar, hat sich diesbezüglich unterstützend eingebracht, dass es diese Erhöhungen gibt. Dort ist übrigens auch der Sohn des ehemaligen ÖVP-Bundesparteiobmannes Josef Riegler, nämlich Klemens Riegler, tätig. – All das sei nur am Rande erwähnt. Ich könnte hier eine detaillierte Liste anführen.

Der neue Papst Franziskus meint, man müsse auch als Kirche aktiv Armuts­bekämp­fung betreiben. Er ist für Gerechtigkeit und gegen die Diktatur der Wirtschaft und fordert sozusagen all das ein, wofür auch die Entwicklungszusammenarbeit steht, und Papst Franziskus weiß, wovon er spricht, er kommt nämlich aus Lateinamerika und kennt die Situation dort, in Afrika und auf anderen Kontinenten.

Im Hinblick darauf halte ich es gerade in der heutigen Zeit auch für uns für eine moralische und nicht für eine politische Verpflichtung, dass wir in dieser Frage konsequent sind, uns dafür engagieren und endlich einmal Nägel mit Köpfen machen. Nur das wollten wir: Nägel mit Köpfen machen.

Es ist richtig, dass es über die Frage eine Debatte gegeben hat, ob man die Erhöhung für die nächsten vier Jahre in einem Entschließungsantrag abbildet. Ich rede jetzt immer nur von der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit, die Frau Finanzminister hat dauernd von der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit geredet. Man kann


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durchaus einmal Änderungen von bilateral zu multilateral vornehmen, all das kann sein. – Wir wollten für 2014 82 Millionen €, für 2015 90 Millionen €, für 2016 100 Mil­lionen € und für 2017 110 Millionen €, und wir haben dann in der Diskussion durchaus versucht, einen Kompromiss für diese Jahre herbeizuführen. Das war jedoch bis zur Stunde nicht möglich, und das tut uns leid.

Frau Abgeordnete Bayr hat das als Zuständige hier im Plenum angesprochen. (Abg. Kopf: Aber unangemessen und unwahr!) – Nein! Das war nicht unangemessen. Sie hat es deswegen auch hier angesprochen, weil wir einen Fünfparteienantrag haben und ruhig auch die anderen Parteien, die das unterstützt haben und denen das ebenfalls ein Anliegen ist, im Endeffekt wissen sollen, ob da etwas weitergeht oder nicht. Ich meine, in diesem Punkt gibt es sehr wohl eine Berechtigung, das, wenn man hier sein Mandat ernst nimmt, letztendlich in aller Deutlichkeit anzusprechen. Und daher ist jeder Vorwurf Abgeordneter Bayr gegenüber unberechtigt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich komme zu meinem letzten Punkt. Ich habe mir die Aussendung meines Kollegen Karlheinz Kopf durchgelesen. Ich verstehe seine Begründung insofern nicht, weil er sich öffentlich auch immer sehr für die Entwicklungszusammenarbeit engagiert hat und wir daher eigentlich eine gute Gesprächsbasis hatten. Ich hoffe, dass diese Gesprächsbasis in dieser Sache deswegen nicht zu bestehen aufhört, weil es uns ja um die Sache selbst geht. (Abg. Kopf: Sie ist schwerst beschädigt!)

Ich stelle allerdings die Begründung in der Aussendung meines Kollegen Kopf in Frage, dass Österreich, wenn auch in geringerem Maß als andere Länder, aber den­noch in den letzten Jahren über die Verhältnisse gelebt hat, und so weiter und so fort. – Okay. Die ÖVP ist seit 26 Jahren in der Regierung, stellt seit 13 Jahren, inklusive Karl-Heinz Grasser, den Finanzminister. Wenn das die Art ist, Selbstkritik zu üben, dann ist es in Ordnung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner: Das hat gesessen!)

13.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. 4 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.15.14

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Ministerin Fekter hat es vorgezogen, schon zu gehen und keinerlei Ausführungen darüber zu machen, wie hoch die Vorsorge im Hinblick auf das Bankendebakel eigentlich sein sollte. Letztlich klafft zwischen dem, was wir momentan vorliegen haben einerseits, und allen Erwartungen, die es in Bezug auf die Banken noch gibt, sowie dem, was an Kosten auf uns beziehungsweise den österreichischen Steuerzahler und die österreichische Steuerzahlerin noch zukommen kann ande­rerseits, ein riesiges Loch. Die Erwartungen werden sich somit auf die Ausführungen des Herrn Staatsekretär fokussieren, wenn er dazu Stellung nimmt, wie das mit dem Finanzrahmen und den zu erwartenden Kosten für die Banken zu sehen ist.

Zu den großen Bereichen, die heute angesprochen wurden: Es ging um großen Ziele, nämlich Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen und das Budget entsprechend zu gestalten. – Selbstverständlich ist eine budgetäre Ausrichtung eine strategische Ent­scheidung. Das wurde heute insbesondere von den Regierungsparteien sehr stark hervorgestrichen, und genau steht es auch im Strategiepapier: Es ist von gezielten Offensivmaßnahmen die Rede, gleichzeitig werden verschiedene Bereiche angeführt, etwa das Thema Bildung beziehungsweise der Bereich der Universitäten und der Forschung und Entwicklung. Und das wird zu Recht angeführt.


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Frau Ministerin Fekter hat heute hier gesagt, die Hausaufgaben seien erledigt. – Da erhebt sich aber schon die Frage, von welchen Hausaufgaben sie tatsächlich spricht. Gerade im Bereich Forschung und Entwicklung hat Österreich in den letzten Jahren jedes Jahr einen Platz im Innovationsranking der Europäischen Union verloren. Jedes Jahr einen Platz! Inzwischen sind wir auf Platz neun gelandet. Und, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, das ist keine Momentaufnahme, sondern das ist eine Tendenz, und das lässt Schlimmes erwarten! Das hat nämlich Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort, und das wird Auswirkungen auf die Arbeitsmarktsituation haben.

Wir haben jetzt schon mehr als 360 000 arbeitslose Menschen, und auch die Jugend­arbeitslosigkeit hat zugenommen. Da kann man sich nicht darauf ausreden, dass wir eine der niedrigsten Arbeitslosraten in Europa haben, sondern da gilt es, daran zur arbeiten, genau in diesen Bereichen zu investieren, nämlich in die Universitäten sowie in Forschung und Entwicklung, um moderne Arbeitsplätze zu schaffen, und selbstverständlich auch in Umwelt- und Klimaschutz.

Schauen wir uns das aber einmal näher an! Wie ist die Ausgestaltung dieser Budgets? Wenn Sie die drei Untergruppen betrachten, die sich spezifisch auf Forschung und Entwicklung beziehen, nämlich die Untergruppen 31, 33 und 34, und 2017 insgesamt mit 2013 vergleichen, dann werden Sie feststellen, dass wir dort ein Minus von 8,7 Millionen € haben. Wenn Sie dann noch die prognostizierten Inflationsraten dazu rechnen, dann sehen Sie, wie groß das reale Minus ist. Da kann doch nicht von Offensivmaßnahmen die Rede sein, meine Damen und Herren! Auch hier ist von Fantasiezielen die Rede. Das ist jedoch etwas, woran konkret weitergearbeitet werden muss, denn ansonsten hat das weiterhin nachteilige Effekte.

Das gilt ebenso für den Bereich des Klima- und Umweltschutzes, für die UG 43, Thema Umwelt: 2012 lag das Budget noch bei 735 Millionen €. Wie wird es 2014 aussehen? – Es wird bei 630 Millionen € liegen! Sehen Sie diesen massiven Einschnitt auch hier bei diesen zentralen Zukunftsinvestitionen in den Bereich Klima- und Umweltschutz? Es gibt da einen dramatischen Rückgang. Es gibt einen Stillstand im Bereich der Forschung und der Universitäten. Wir glauben, das ist zu wenig.

Wir wissen, dass die von der Bundesregierung beschlossene Forschungsstrategie gut ist, allerdings braucht man für die Umsetzung entsprechende Ressourcen und Mittel. Die Experten sagen voraus, dass die Lücke in die Hunderte Millionen € geht. – Wir Grüne wollen, dass diese Ziele erreicht werden, wir wollen, dass die Forschungs- und Technologie-Strategie umgesetzt wird.

Deshalb bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Finanzierungslücke in Millionenhöhe für Umsetzung der FTI-Strategie und Vorlage eines Forschungsfinanzierungsgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Bundesfinanzrahmengesetzes 2014 bis 2017 vorzulegen, um die Mittel in der UG 31,


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33, 34 im Finanzrahmen 2014 bis 2017 entsprechend zu erhöhen, damit die Ziele der FTI-Strategie, die die Bundesregierung beschlossen hat, erreicht werden können.“

*****

Das ist insbesondere ein Aufforderung an die Damen und Herren der Sozialdemokratie und der ÖVP, mitzuwirken, dass genau diese von der Bundesregierung beschlossenen Ziele erreicht werden können. (Beifall bei den Grünen.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierungslücke in Millionenhöhe für Umsetzung der FTI-Strategie und Vorlage eines Forschungsfinanzierungsgesetzes

eingebracht im Zuge der Debatte zu den Berichten des Budgetausschusses über das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenze für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenze für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2251/2320 d.B.) – UG 33

Begründung

Investitionen in  Forschung, Wissenschaft und Innovation sind wesentliche Faktoren für eine zukunftsorientierte und positive wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Österreich.

Insbesonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind  Zukunftsinvestitionen zur Siche­rung des Wirtschaftsstandorts und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen besonders wichtig und effektiv.

Im März 2011 beschloss die Bundesregierung die Strategie für Forschung, Tech­nologie und Innovation (FTI) und definierte damit Ziele und geplanten Maßnahmen in den Bereichen Forschung, Innovation und Bildung bis 2020.

Die österreichische Regierung gab auch auf EU-Ebene im Rahmen von „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum” „ein F&E-Quotenziel von 3,76 % für Österreich bekannt, wobei zumindest 66 %, möglichst aber 70 % von der Wirtschaft zu finanzieren sind.“

Laut Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) bestand aber bereits 2012 eine Finanzierungslücke zur Erreichung der FTI-Strategieziele von rund 922 Millionen Euro bis zum Jahre 2015. Mit dem BFRG 2014 – 2017 vergrößert sich die Finanzierungslücke zur Umsetzung der FTI-Strategie.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 97

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Bundesfinanzrahmengesetzes 2014 bis 2017 vorzulegen, um die Mittel in der UG 31, UG 33 und UG 34 im Finanzrahmen 2014 bis 2017 entsprechend zu erhöhen, damit die Ziele der FTI-Strategie, die die Bundesregierung beschlossen hat, erreicht werden können.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.20.35

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere die Eskalation im EZA-Bereich äußerst. Gerade wenn Entwicklungszusammenarbeit zu einer friedlicheren Welt beitragen soll, sollten wir hier im Hohen Haus mit gutem Beispiel vorangehen.

Ich möchte in diesem Fall schon feststellen, dass die Eskalation nicht von uns aus­gegangen ist. (Ruf bei den Grünen: Naja!) Es war nicht notwendig, Verhandlungen, die im Gange sind, derart zur Eskalation zu bringen, dass es jetzt schwierig wird, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Ich hoffe aber immer noch, dass es möglich ist, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Na bitte!)

Es ist schon klar, wir sind momentan bei 0,27 Prozent. (Abg. Öllinger: Dürfen wir überhaupt noch was sagen zur Fekter? Darf man überhaupt noch etwas kritisieren? – Abg. Kopf: Darf sie noch was sagen? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) – Ich habe ja nicht davon gesprochen. Ich habe ja bedauert, dass es diese Eskalation gegeben hat. Das Bedauern betrifft sicher beide Seiten. (Abg. Brosz: Kann man noch drei Sätze sagen? Ist sie beleidigt, oder?)

Klar ist, dass die Zahl 0,27 Prozent für Österreich kein guter Ausweis ist. Klar und absehbar ist auch, dass die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in den nächsten Jahren steigen werden. Klar ist auch, dass diese und, ich hoffe, auch die nächste Bundesregierung sich nach wie vor zu dem Ziel bekennt, 0,7 Prozent des BIP zu erreichen.

Klar ist in der Zwischenzeit auch, dass Entwicklungszusammenarbeit nicht irgendeine Nische, sondern wirklich ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Faktor im Welt­geschehen ist. Ich möchte Thomas Stelzer zitieren, das ist ein Österreicher, der in der UNO für die Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist. Er sagt zur zukünftigen Ent­wicklungszusammenarbeit:

Es wird nicht darum gehen, den Hunger meinetwegen nur zu halbieren, wie es in den MDGs vorgesehen ist, sondern Ziel muss sein: gar kein Hunger in dieser Welt. Das gilt für alle anderen Ziele auch. Es muss ganz einfach darum gehen, dass wir eine möglichst faire Welt schaffen, möglichst für alle Menschen, damit wir letztlich auch eine friedliche Welt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz zu diesen Zahlen: Es wurde schon angesprochen, dass man nicht immer nur von einer Seite sprechen kann. Bei der bilateralen Seite gibt es ein Absinken der Beträge, das ist richtig. Auf der anderen Seite gibt es die multilateralen Beiträge für die EU und für die internationalen Organisationen. Wenn man beide Zahlen zusammenrechnet, ergibt sich von 2008 auf 2015 ein Plus von 150 Millionen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 98

Was ich aber bedauere, ist das Auseinanderentwickeln. Im Jahr 2008 waren es für die multilateral Hilfe drei Teile und für die bilaterale ein Teil. In der Zwischenzeit ist das Verhältnis sieben zu eins, also doppelt so schlecht. Da müssen wir, glaube ich, tatsächlich etwas ändern. Das sollte nicht zu Ungunsten der multilateralen Hilfe gehen, das ist durchaus wichtig. Es muss ganz einfach zu einer Aufstockung der Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit kommen.

Ich möchte hier ganz klar sagen, dass ich glaube, dass österreichische Entwicklungs­helfer sehr gute Arbeit in der Welt leisten. Wir haben bei unseren Besuchen in Burkina Faso, in Mosambik, in Bhutan festgestellt, dass ausgezeichnete Arbeit in ausge­zeichneten Projekten geleistet wird. Wir müssen auch sehen, dass wir damit Österreich präsent und sichtbar machen, dass wir damit Kompetenz hinaustragen, aber auch erwerben und dass wir damit als Österreicher eine gute Visiten- und Eintrittskarte für alle möglichen nachfolgenden Kontakte abgeben. Das sollte man sehen. Es muss auch deswegen unser Ziel sein, dass wir die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit stärken.

Ich möchte abschließend dazusagen, dass die Bundesregierung das auch erkannt und damit begonnen hat. Es gibt kein weiteres Absinken mehr. Wir hätten in diesem Entschließungsantrag durchaus festgehalten, dass es zu Steigerungen kommt. Das möchte ich abschließend noch vorlesen.

Ich lese jetzt den Antrag vor, so wie wir ihn vorgehabt haben:

Die Bundesregierung möge in Entsprechung des obgenannten Entschließungs­antra­ges dafür Sorge tragen, dass für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2014 wieder 77 Millionen, im Jahr 2015 82 Millionen und in den Folgejahren weiter erhöhte Beträge zur Verfügung stehen.

Ich lade alle ein, dass wir diesen Antrag trotzdem noch beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter List zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.25.27

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Schieder als letztes Aufgebot dieser Bundesregierung auf der Regierungsbank hinter mir! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Im Gegensatz zu den Ausführungen von Bundeskanzler Faymann und der Schröpfungsministerin Fekter müssen wir vom BZÖ selbstverständlich eine völlig andere Meinung vertreten, nämlich die Wahrheit. (Abg. Jakob Auer: Müssen!)

Herr Kollege Auer, die Wahrheit sieht ganz anders aus. Dieses Bundesfinanz­rahmen­gesetz ist eine weitere Bankrotterklärung dieser gescheiterten Bundesregierung. Alle damit Befassten und darunter viele Experten haben im Vorfeld heftige Kritik geübt, weil sämtliche Perspektiven, wie eine sinnvolle Steuerreform, fehlen. Die sinnvolle Steuerreform wird vermisst.

Im Zuge der Debatte über die falsche Zypernhilfe hat uns die schwarze, arrogante Finanzministerin Fekter von der Regierungsbank aus bestätigt, dass Österreich ein Hochsteuerland ist. Österreich ist ein Hochsteuerland, und das ist die echte Katastro­phe. Das gehört geändert. Wir vom BZÖ sagen: Runter mit den Steuern! (Beifall beim BZÖ.)

Die gescheiterte Bundesregierung hat die Menschen nämlich längst genug geschröpft. Die Menschen sind grantig und verärgert. Viele von ihnen können sich das tägliche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 99

Leben nicht mehr leisten und sind armutsgefährdet. Als Ursache – und das ist die echte Ursache – sehen sie die Steuerpolitik, vor allem die Steuerpolitik der ÖVP. Diese ist nämlich hundsmiserabel und eine echte Katastrophe. (Ruf bei der ÖVP: Schön sprechen! – Abg. Kopf – in Richtung Präsidium –: Sag einmal, schläfst du da oben?) Seit 27 Jahren sind Sie in der Bundesregierung und seit 17 Jahren stellen Sie den Finanzminister.

Über 81 Prozent der Österreicher sind der Überzeugung, dass das Steuersystem nicht mehr gerecht ist. Die Österreicher fordern ein neues Steuermodell. Wir vom BZÖ mit Josef Bucher haben die Lösung. Wir verlangen eine sofortige Steuersenkung und faire Steuern für alle. Nur durch faire Steuern haben die Menschen wieder mehr Geld fürs tägliche Leben zur Verfügung. Diese gescheiterte Bundesregierung ist gut beraten, das BZÖ-Modell zu übernehmen.

Dieses Bundesfinanzrahmengesetz setzt immer noch die falschen Impulse. Unsere Schulden explodieren weiter, und vor allem die ÖVP als Schuldenmacher der Nation lebt auf Kosten der nächsten Generationen. (Beifall beim BZÖ.)

Die ÖVP hängt jedem Neugeborenen sofort eine Schuldenlast von 32 000 € um. Das ist ein Wahnsinn. Die Bürger sind richtig angefressen, weil sie von dieser Bundes­regierung im Stich gelassen werden. Jetzt hilft auch die späte Erkenntnis Spindel­eggers in der Hofburg nicht. Der ÖVP ist plötzlich aufgefallen, dass das Limit für Steuer­belastungen erreicht ist. Unsere Feststellung bleibt: Die ÖVP hat längst die Möglichkeit gehabt, das zu ändern. Die Schwarzen stellen seit Jahren den Finanz­minister. Am negativen Beispiel dieser Schröpfungsministerin Fekter haben wir ge­sehen, dass Sie jede Steuerreform blockieren.

Die jetzt präsentierten Pläne der ÖVP sind kleine Wahlkampfzuckerl. Das ist die traurige Wahrheit. Diese ÖVP wird auch nach dem Wahltag am 29. September ihren Crashkurs nicht ändern. Sie wird ihren Steuercrashkurs fortsetzen. Neue Steuern sind ohnehin geplant. Diese Regierung wird weiter laufend Steuergelder an Pleitegriechen und Spekulanten an den Finanzmärkten verschenken. Kürzlich wurde ja die falsche Zypernhilfe abgesegnet, und alles zu Lasten der braven österreichischen Steuerzahler.

Abschließend: Wir vom BZÖ stehen zu unserem Slogan: Genug gezahlt! Genug gezahlt in falsche Kanäle, unser Steuergeld muss in Österreich bleiben und sinnvoll eingesetzt werden! Es ist daher logisch, dass wir vom BZÖ diesen neuen, arroganten „fekterischen“ Finanzrahmen auf das Schärfste ablehnen werden. (Beifall beim BZÖ.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

13.30.01

 


Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Redner der Freiheitlichen Partei sind bei Budgetdebatten, bei Haushaltsdebatten immer (Ruf bei der FPÖ: Sehr sachlich!) sehr sachlich. Das kann man behaupten, wenn man nicht das Ganze betrachtet.

Sie von der FPÖ sprechen gerne vom radikalen Sparen, von radikalen Kürzungen, von Kürzungen in allen Bereichen. Wenn ich mich an die Regierungsverantwortung der Freiheitlichen oder deren Nachfolgeparteien erinnere, so haben beim Budget­hearing 2006 die Experten ganz deutlich festgestellt, dass in der Regierungszeit der Freiheitlichen Arbeitslosigkeit bewusst in Kauf genommen wurde. In der Hoch­konjunk­tur hatten wird die höchste Arbeitslosigkeit in Österreich. (Abg. Neubauer: Weniger als heute! Heute haben wir mehr Arbeitslosigkeit! 400 000! – Zwischenruf des Abg. Petzner.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 100

Das ist der Gegensatz zur heutigen Politik von Arbeitsminister Hundstorfer. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit, wir haben die höchsten Beschäftigungszahlen. Das ist der Unterschied, und das war auch die eindeutige, einhellige Meinung der Experten beim aktuellen Budgethearing. Darauf sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten stolz, und das mit Recht. (Abg. Neubauer: 400 000! Auf die sind sie stolz! – Abg. Petzner: Gratuliere!) Unsere Arbeit, die Maßnahmen der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder, die positiven Maßnahmen, die uns in Österreich besser stellen als alle anderen in Europa, werden bestätigt.

Eine hohe Kaufkraft, ein hohes Beschäftigungsniveau sind wichtig. Dazu tragen auch die Sozialpartner bei. Die österreichische Sozialpartnerschaft ist ein wichtiger Faktor in der österreichischen Wirtschaftsentwicklung, in der Entwicklung für mehr Beschäf­tigung und mehr Kaufkraft. Sie ist auch in vielen Bereichen wichtig, die die Zukunft unseres Landes betreffen, zum Beispiel auch im Schulsystem, wo wir weitere Vorstel­lungen haben. Wir wissen, dass wir mehr Ganztagsschulen brauchen. Das ist sehr wichtig. Wir hoffen, dass wir auch in diesem Punkt mit dem Koalitionspartner weitere Schritte setzen können.

Meine Damen und Herren! Die heutige Diskussion ist auch von einem Punkt geprägt, der nicht unwesentlich ist, nämlich der österreichische Beitrag zur Entwicklungspolitik. Es ist Tatsache, dass während der 27 Jahre ÖVP-Außenministerium die sozialen Menschenrechte in den Hintergrund geraten sind. Es ist eine Tatsache, dass es in der Dritten Welt, in den Schwellenländern Kinderarbeit gibt und dass unter unmenschlichen Bedingungen gearbeitet wird. Internationale Konzerne verlagern die Arbeitsplätze von Europa dorthin. Das wollen wir nicht. Wir wollen eine faire Entwicklung der Dritten Welt, der Schwellenländer. Wir wollen gerechte Bedingungen in den Entwicklungsländern, für die Entwicklungsländer und auch in Europa. Gemeinsam kann das erreicht werden.

Teile der ÖVP sind durchaus dazu bereit. Ich hoffe, die Blockierer in diesem Bereich zu überzeugen. Es ist Aufgabe der Abgeordneten hier, das Ganze zu sehen und sich nicht nur auf einen Bereich festzulegen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort gemeldet. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Gaßner: Ist die Frau Bundesminister schon ganz gegangen – oder kommt sie wieder? – Abg. Mag. Schwentner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, das wäre interessant zu wissen!)

 


13.33.32

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Jetzt ist die Frau Ministerin leider nicht mehr da. Ihre Worte machen aber tatsächlich fassungslos, und zwar in zweierlei Hinsicht.

Zum einen betrifft uns das direkt. Der gemeinsame Antrag der Parlamentsparteien wurde vom Kollegen Cap schon erwähnt. Es ist eine Verhöhnung des Parlaments, die sie da mit ihren Worten vollführt hat. Zum Zweiten betrifft es die wirklich wertvolle Arbeit von Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit, die die Frau Ministerin mit zwei Worten einfach unglaublich abkanzelt, indem sie sagt, es wäre reine Vereinsförderung, was mit dem Geld geschieht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das hat sie genauso gesagt, diese zwei Worte. Es sei reine Vereinsförderung, was Organi­sationen wie Caritas, wie Welthaus, wie Südwind, wie CARE und viele andere in Österreich tagtäglich leisten. Das ist nicht nur reine Vereinsförderung, das ist wertvolle Arbeit, die sich in dem Zusammenhang bilaterale Entwicklungszusammenarbeit nennt. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 101

Wir konnten uns gemeinsam darauf einigen, dass die Mittel in der Entwicklungs­zusammenarbeit nicht mehr gekürzt, sondern in den nächsten Jahren aufgestockt werden sollen. Es fehlt nur eine Partei, die FPÖ, aber das verwundert nicht weiter. Wir haben eine gemeinsame Initiative im Parlament gestartet, die tatsächlich Hoffnung geweckt hat. Es hat in uns allen die Hoffnung geweckt, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Es ist schockierend, dass Sie es bislang nicht geschafft haben. Das laste ist der ÖVP in dem Fall ganz hoch an. Es war klar, dass von SPÖ-Seite alle Bemühungen dahin gehend waren, ordentliche Zahlen hineinzukriegen. Dass Sie es nicht geschafft haben, dafür schäme ich mich wirklich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Lesen Sie unseren Antrag!)

Ich möchte Sie, abgesehen von der Missachtung dieses Antrags, etwas fragen: Jetzt sind nur sehr wenige da, aber Sie alle haben Gespräche mit NGOs im letzten Winter geführt. Es waren insgesamt 113 Abgeordnete, die mit Vertreterinnen und Vertretern all dieser Vereine gesprochen und eine Zusage gemacht haben. Sie haben nicht nur eine Zusage gemacht, dass Sie sich gegen die Kürzungen in dem Bereich aussprechen, sondern auch, dass Sie dafür sorgen werden, dass diese Gelder künftig angehoben werden. Wie vertreten Sie das? Wie können Sie den Leuten ins Gesicht schauen? (Abg. Kopf: Lesen Sie unseren Antrag!) – In Ihrem Antrag stehen Peanuts an Erhöhungen drinnen! Wenn Sie das Thema ernst nehmen würden, dann müssten andere Zahlen drinnen stehen. (Beifall bei den Grünen.)

Da bin ich ganz bei der SPÖ: So geht das nicht, das ist keine ernsthafte Auseinan­dersetzung mit einem gemeinsamen Antrag. Es ist auch keine ernsthafte Auseinan­dersetzung von Ministerin Fekter im Zusammenhang mit der Entwicklungszusam­menarbeit. Das, wovon sie spricht, ist rein die multilaterale Arbeit und nicht die Arbeit, die NGOs leisten.

Wir geben Ihnen noch eine Chance. Ich konfrontiere Sie nur mit der Zusage, die Sie an die NGOs in Ihren Gesprächen gemacht haben.

Wir bringen deshalb gemeinsam mit Abgeordnetem Lugar folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Judith Schwentner, Robert Lugar, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend: mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit!

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Mittel für die bilaterale Entwick­lungs­zusammenarbeit auf 200 Mio. Euro jährlich zu erhöhen; die Mittel des Auslands­katastrophenfonds auf 20 Mio. Euro jährlich aufzustocken; dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zukommen zu lassen, die das Budget für die Entwicklungszusam­menarbeit und für die Humanitäre Hilfe gesetzlich verankert.“

*****

Die Erhöhung der Mittel stand in den Gesprächen, die Sie mit den NGOs geführt haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 102

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Judith Schwentner, Robert Lugar, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit!

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2251 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2320 d.B.)

Begründung

Österreich hat sich international das Ziel gesetzt, die für die Entwicklungszusam­menarbeit (EZA) zur Verfügung stehenden Mittel anzuheben. Diese Mittel sollen zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zur weltweiten Bekämpfung von Armut, Hunger und Krankheit beitragen.

Mit dem Bundesvoranschlag 2013 und den Änderungen zum Bundesfinanz­rahmen­gesetz 2013-2016 wurden die Mittel für die bilaterale EZA in einem ersten Schritt für das Jahr 2013 auf dem Niveau des Jahres 2012 stabilisiert und sollen nach Möglichkeit angehoben werden. 

Die Bundesregierung wurde am 14.11.2012 von den Abgeordneten Bayr, Glaser, Schwentner, Kaufmann-Bruckberger und KollegInnen in einem gemeinsamen Ent­schließungs­antrag aufgefordert, im Frühjahr 2013 im Zuge der Erstellung des Bun­desfinanzrahmengesetzes 2014-2017 die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusam­menarbeit aufzustocken.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auf 200 Mio. Euro jährlich zu erhöhen;

die Mittel des Auslandskatastrophenfonds auf 20 Mio. Euro jährlich aufzustocken;

dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zukommen zu lassen, die das Budget für die Entwicklungszusammenarbeit und für die Humanitäre Hilfe gesetzlich verankert.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.37.52

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Fernsehern! Ich glaube, wir kennen alle die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 103

wirtschaftlichen Turbulenzen, die weltweit stattfinden. Wir kennen auch die derzeitige Finanzkrise. Deshalb war es notwendig, dieses Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 zu machen.

Es ist auf drei Säulen aufgebaut: Das Budget muss konsolidiert werden, wir brauchen eine ordentliche Strukturreform und wir müssen Impulse für ein ordentliches Wachstum schaffen, was hauptsächlich den Wirtschaftsbereich, Forschung und Bildung beinhal­tet.

Ich habe heute so einige Redebeiträge der Oppositionsparteien gehört. Es ist klar, dass die Opposition ein bisschen anders redet als die Regierungsparteien, aber trotzdem sollte man die Kirche im Dorf lassen. Man sollte sich auch das Umfeld Österreichs, das internationale Umfeld anschauen. Wenn man sieht, wie Österreich in diesem Vergleich dasteht, so glaube ich, würde jedes Land in Europa gerne mit uns tauschen.

Wir wissen, dass wir immer noch zu viele Arbeitslose haben. Das wissen wir. Wir haben auch noch immer zu viele Jugendliche, die keine Arbeit haben. Wir haben die beste Beschäftigungsquote, wir haben die meisten Jugendarbeitsplätze. Wir sind da europaweit spitze. Wir wissen, dass das Wachstum wesentlich über dem EU-Schnitt liegt. Wir wissen, dass das Budgetdefizit deutlich unter dem EU-Schnitt liegt. Wir wissen aber auch, dass die Schuldenquote Österreichs deutlich unter dem EU-Schnitt liegt und dass die Wirtschaftskraft pro Einwohner deutlich über dem EU-Schnitt liegt.

Als Wirtschafter möchte ich die Frage stellen: Wie beurteilt man, ob ein Betrieb halbwegs gesund oder krank ist? Dasselbe gilt dann auch für den Staat. – Ein Betrieb ist gesund, wenn er immer mehr Arbeitsplätze schafft; in diesem Staat entstehen immer mehr Arbeitsplätze, und ein Betrieb ist gesund, wenn er zur Bank geht und Geld bekommt, das heißt, wenn er eine gute Bonität aufweist. Und dieser Staat, unser Österreich, hat die beste Bonität, gehört zu den Ländern mit bester Bonität. Es wird unser aller Anstrengungen bedürfen, diesen Status zu erhalten, die Probleme in den Griff zu bekommen und die nötigen Reformen durchzuziehen.

Da ich gerade Herrn Klubobmann Bucher vor mir sitzen sehe und vorhin seinen Worten gelauscht habe: Wenn er doch nur einige dieser Worte als hauptzuständiger FPÖ- und dann BZÖ-Politiker in Kärnten beherzigt hätte! Angesichts dessen, was das BZÖ und die freiheitliche Regierung in Kärnten in den letzten 14 Jahren angerichtet haben, was wir jetzt wieder in Ordnung zu bringen haben, sage ich ganz ehrlich dazu, dass ich diese Finanzpolitik unserem Staat, unserem Österreich lieber ersparen möchte, denn sonst würden wir heute nicht so dastehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neubauer: Herr Obernosterer, waren Sie da nicht auch dabei?)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.41.20

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Obernosterer, ich weiß nicht, in welchem Land du lebst, Kärnten kann es jedoch nicht sein, denn dann wüsstest du, dass es jahrelang eine Koalition mit deiner Volkspartei in Kärnten gegeben hat. Ich brauche da nur einen Namen zu erwähnen: Josef Martinz. – Kehre also ein bisschen vor der eigenen Tür, bevor du in andere Richtungen austeilst! Dieser Rat sei dir eingangs mitgegeben. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 104

Zum Finanzrahmen im Anschluss an die heute bereits geführte Diskussion und die mehrfach geäußerte Kritik: Dieser Finanzrahmen, der ab 2016 oder sogar mit 2016 ein Nulldefizit vorsieht, berücksichtigt in keiner Art und Weise die Problematik der notverstaatlichten Banken. Meine Damen und Herren! Da rede ich nicht nur von der Hypo Group Alpe Adria, sondern auch von der Österreichischen Volksbanken-AG und vor allem auch von der Kommunalkredit. All diese drei Staatsbanken sind in diesem Finanzrahmen mit keinem Cent beziehungsweise nicht ausreichend berücksichtigt.

Ich bedauere sehr, dass die Frau Finanzminister heute dem Hohen Haus die ent­sprechenden Informationen über die tatsächliche aktuelle Lage verweigert hat. Jetzt muss ich Sie fragen, Herr Staatssekretär Schieder. Ich frage Sie ganz konkret: Warum informieren Sie das Hohe Haus nicht über den Brief, den Ihnen der Aufsichtsrat der Hypo Alpe-Adria vor wenigen Tagen geschickt hat? Kennen Sie diesen Brief überhaupt? (Staatssekretär Mag. Schieder schüttelt verneinend den Kopf.)

Da sieht man wieder, was das für eine Bundesregierung ist. Der Hypo-Aufsichtsrat schickt dem Finanzministerium einen Brief, und der Finanzstaatssekretär kennt diesen nicht einmal. Ich sage Ihnen, was der Hypo-Aufsichtsrat, Ditz, Scholten und Co in diesen Brief hineingeschrieben haben: eine ausdrückliche Warnung und eine scharfe Kritik am Finanzministerium. Erstens die Warnung, dass langfristig gesehen ein weiterer Kapitalbedarf von bis zu 2,5 Milliarden € für die Hypo anfallen wird, und kurzfristig gesehen, allein im heurigen Jahr 1 Milliarde € an zusätzlichem Kapital in die Hypo Alpe-Adria gesteckt werden muss. Warum sagen Sie diese Wahrheit den Österreicherinnen und Österreichern nicht? Und warum verweigern Sie diese Wahrheit vor allem auch dem Hohen Haus? – Diese Frage muss ich wirklich an dieser Stelle einmal an die Frau Finanzminister Fekter stellen. Das ist unverantwortlich. (Beifall beim BZÖ.)

Ich weiß auch, warum sie das tut und diesen Brief nicht erwähnt. In diesem Brief wird nämlich nicht nur vor neuerlichem Kapitalbedarf gewarnt, meine Damen und Herren, sondern zugleich durch die Hypo Alpe-Adria, die Staatsbank selber, die Aufsichtsräte, die Frau Fekter selber eingesetzt hat, Herrn Ditz, der ein Parteikollege von ihr ist, scharfe Kritik an der Finanzministerin geübt wird. Ihre Aussagen, ihr Verhalten in der Öffentlichkeit und ihre Ausrutscher wie beispielsweise jener, zu sagen, die Hypo sei ein Fass ohne Boden, haben einen millionenschweren Schaden für diese notverstaatlichte Bank verursacht und damit auch den Verkauf der Bank massiv erschwert, wenn nicht sogar verunmöglicht.

Jedenfalls kann der Preis, der beim Verkauf erzielt hätte werden können, wegen dieses Agierens der Finanzministerin nicht mehr erzielt werden, meine Damen und Herren. Wir sprechen da von hunderten Millionen € Steuergeld. Die Österreich-Tochter der Hypo Alpe-Adria-Bank hat einen Buchwert von 120 Millionen €. Jetzt reden wir von einem Verkaufswert von maximal 65 Millionen € an die indische Srei-Gruppe.

Wir haben also 40 Millionen oder 50 Millionen € Verlust, wobei der Aufsichtsrat selber die Aussagen der Finanzministerin in der Öffentlichkeit und ihr Verhalten kritisiert. Die permanente Kriminalisierung der Bank hat zu diesem Millionenverlust geführt. Nicht umsonst wiederhole ich an dieser Stelle: Diese Finanzministerin ist und wird die teuerste Finanzministerin der Zweiten Republik für den österreichischen Steuerzahler. (Beifall beim BZÖ.)

Ich wünsche mir, dass Frau Fekter hier endlich auch einmal zur Verantwortung gezo­gen wird, denn so können wir wirklich nicht mehr weitermachen, und so wird das Ganze, und zwar nicht nur bei der Hypo, sondern auch bei der Kommunalkredit in einem gigantischen Debakel enden. Ich verweise nur auf eine Zahl: Allein in der Bad


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 105

Bank der Kommunalkredit, Herr Kollege Hörl, sind 13,6 Milliarden € ausgelagert; in die Bad Bank, das ist der Abbau-Teil.

Trotz der Einrichtung einer Bad Bank ist es der Frau Finanzminister Fekter auch bei der Kommunalkredit nicht gelungen, innerhalb von fünf Jahren einen Verkauf zustande zu bringen. Der Verkauf ist abgebrochen worden, das heißt, wir werden in wenigen Tagen und Wochen bei der Kommunalkredit vor demselben Problem stehen wie bei der Hypo Alpe-Adria, nämlich dass die EU-Kommission einmahnen und sagen wird: Ihr habt die Fünf-Jahres-Frist nicht eingehalten, ihr habt in diesen fünf Jahren nichts getan, wir leiten die Zwangsabwicklung ein!

Damit haben wir dann das nächste Milliardendebakel. Da sind wir dann unterm Strich nicht bei 10 Milliarden €, von denen Kollege Kogler gesprochen hat, sondern bei viel, viel mehr.

Daher ist es auch so wichtig, erstens der Frau Finanzminister Fekter die Zuständigkeit für alle drei notverstaatlichten Banken sofort zu entziehen, um weiteren Schaden für den österreichischen Steuerzahler zu minimieren und zweitens endlich einen Unter­suchungsausschuss betreffend diese drei notverstaatlichten Banken und das Versagen in den letzten fünf Jahren betreffend diese drei notverstaatlichten Banken einzusetzen, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Abschließend noch zu den Zahlen im Finanzrahmen: Sämtliche Statistiken und auch die Erfahrungen – ich verweise nur auf die Senkung der Körperschaftsteuer – be­weisen, dass nachhaltiges Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und wirt­schaftlicher Erfolg nur durch eine korrekte und gute Steuerpolitik, vor allem eine Steuersenkungspolitik erzielt werden können. Das bedeutet: Wenn man die hochgesteckten Ziele, die man sich in diesem Finanzrahmen gesteckt hat, meine Damen und Herrn, auch erreichen will, dann wird man dazu die Wirtschaft brauchen, dann wird man dazu den Mittelstand brauchen, dann wird man dazu die Unternehmer brauchen, und die schreien nach einer Steuersenkung, die schreien nach einer Steuer­entlastung, weil sie unter der derzeitigen Steuerbelastung schlichtweg zusammen­zubrechen drohen.

Daher hat auch das BZÖ mit unserem Klubobmann Josef Bucher an der Spitze ein eigenes Steuermodell entwickelt.

Dazu darf ich einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuern senken statt Geld an Banken verschenken! Ein­bringen.

Der Entschließungsantrag liegt Ihnen vor. Zu den wesentlichen Eckpunkten gehört, dass wir ein „Fair Tax“-Steuermodell vorgelegt haben mit einem Kinderabsetzbetrag und einem Steuerfreibetrag in der Höhe von 11 000 €. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Hör einmal zu! Kann man diesen Tiroler Hustinettenbär einmal hinausschicken? Das ist ja wirklich furchtbar!

Zu den Eckpunkten gehört also, dass man ab 11 000 € eine einheitliche Steuerquote von 39 Prozent festsetzt. Das wäre sozial fair, das wäre gerecht, das würde den Mittelstand entlasten, das würde Kaufkraft schaffen, das würde das Wachstum ankurbeln und damit vor allem auch neue Arbeitsplätze in Österreich schaffen, die wir so dringend brauchen. Die Arbeitslosenzahl von über 400 000, auf die ein Kollege der SPÖ vorhin – wörtlich – mit Stolz verwiesen hat, wurde schon erwähnt. (Beifall beim BZÖ.)

13.49

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben in seinen Eckpunkten erläuterte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ob seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 106

der Geschäftsordnung bereits an die Abgeordneten verteilt worden und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Steuern senken statt Geld an Banken verschenken!

eingebracht in der 204. Sitzung des Nationalrats zum Tagesordnungspunkt 1 Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2251 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundes­finanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2320 d.B.)

Vor wenigen Tagen haben WIFO und IHS ihre Prognosen für 2013 von 1,3 auf 1,0 Prozent bzw. von 1,7 auf 1,3 Prozent nach unten revidiert. Keine Frage: Der Konjunk­tur­motor stottert! Die Ökonomen begründen das schwächere Wachstum mit der Verschlechterung des weltweiten Umfeldes, vor allem wegen der europäischen Schul­den­krise.

Das WIFO hat aber auch die Wirkungen einer Steuersenkung errechnet: Jede Milliarde Steuerentlastung führt demnach zu einem Wirtschaftswachstum von 0,25 Prozent und einem Anstieg der Beschäftigung um rund 4.000 Beschäftigte.

Eine Steuersenkung, die den Mittelstand entlastet, ist also das Gebot der Stunde. Dies auch deshalb, weil in Österreich die Reallöhne laut einer Studie der Schweizer Bank UBS in den vergangenen zehn Jahren seit Einführung des Euro nicht nur nicht gestiegen, sondern sogar um bis zu 35 Prozent gesunken sind. Viele kommen daher mit ihrem verdienten Geld nicht mehr aus und vor allem Familien laufen Gefahr in die Armut abzusinken.

Vor diesem Hintergrund muss es der Bevölkerung wie ein Hohn vorkommen, wenn sie erfährt, dass diese Bundesregierung scheinbar ohne jedes Limit Geld für marode Banken, die sich auf den internationalen Finanzmärkten verzockt haben, und für jene Staaten, die durch ihre budgetäre Disziplinlosigkeit in ernste Zahlungsprobleme geraten sind, aufbringt.

So beläuft sich die Bankenhilfe mittlerweile auf 11,7 Mrd. Euro an Zahlungen und 9,7 Mrd. Euro an Haftungen. Zur Rettung des Euro leistet Österreich 4,5 Mrd. Euro an Barzahlungen und übernimmt Haftungen für weitere 45,3 Mrd. Euro. Schon ein Bruchteil dieser Mittel würde ausreichen, um eine umfassende Steuerreform in Österreich zu finanzieren.

Das BZÖ hat mit dem Modell der „Fair Tax“ ein Konzept auf den Tisch gelegt, das den auch von der Finanzministerin immer wieder ins Spiel gebrachten Anforderungen „einfacher, weniger, leistungsgerechter und familienfreundlicher“ entspricht. Eine Ein­heits­abgabe von 39 Prozent bei einem Freibetrag von 11.000 Euro im Jahr senkt nicht nur die Abgabenquote, sondern ist auch der Kern einer umfassenden Verwal­tungsreform, die ebenfalls überfällig ist.

Die Gründe für eine Steuerreform mit einer „Fair Tax“ im Mittelpunkt liegen auf der Hand: Eine „Fair Tax“ nach dem BZÖ-Modell ist gerecht, einfach in der Einhebung und Berechnung und entlastet die Mittelschicht.

Wer die Mittelschicht und die mittelständische Wirtschaft erhalten will, muss rasch handeln! Die Bundesministerin kündigt aber bloß an, Pläne im kommenden Jahr vor-


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zulegen. So verkommt Mittelschichtspolitik zum Wahlkampfgag, während die Betrof­fenen unter hohen Steuern, hohen Preisen und der überbordenden Bürokratie leiden. Eine Steuerreform darf kein Wahlkampfbluff für die kommende Nationalratswahl werden, sondern die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf eine echte Reform und Entlastung.

Die Frage der Finanzierung, die häufig als Totschlagargument ins Treffen geführt wird, stellt sich in Anbetracht der längst überfälligen Staats- und Verwaltungsreform und der damit möglichen Einsparungen nicht. Die Reduktion auf nur mehr eine einhebende Stelle für Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge bedeutet bereits einen zentralen Schritt der Verwaltungsreform und ist gleichzeitig die Einleitung zur Zusam­menlegung der 22 Sozialversicherungsträger zu einer einzigen Sozial­versicherung für alle Österreicherinnen und Österreicher.

Der Rechnungshof hat 599 Reformvorschläge auf den Tisch gelegt. Die Spar-Möglichkeiten reichen bis zu unglaublichen 15 Milliarden Euro. „Es liegt nun an der Politik, das Notwendige zu tun“, sagte Rechnungshofpräsident Moser im ORF-Radio.

Kern unseres Vorschlags ist eine „Fair Tax“ - also ein einheitlicher Abgabensatz -, die zusammen mit einem Steuerfreibetrag in Höhe von 11.000 Euro Gerechtigkeit durch eine deutlich niedrigere Gesamtbelastung kleiner und mittlerer Einkommen garantiert. Die Einheitsabgabe im BZÖ-Modell ersetzt Lohn- und Einkommenssteuer sowie die Sozialversicherungsbeiträge. Dem Steuerzahler wird nur ein einziger und einheitlicher Prozentsatz abgezogen. Vom Jahreseinkommen wird zuerst der Steuerfreibetrag von 11.000 Euro subtrahiert. Von der verbleibenden Summe wird die „Fair Tax“ in der einheitlichen Gesamthöhe von 39 Prozent abgezogen – für Steuer und Sozialver­sicherung.

Im Bereich von Bruttojahreseinkommen zwischen Geringfügigkeitsgrenze und 14.793,09 Euro gilt dagegen ein einheitlicher Abgabensatz von 10 %, der die jetzigen Abgaben für die Sozialversicherung ersetzt. Das ergibt im Durchschnitt eine Ersparnis von 8 Prozent und stellt sicher, dass die Betroffenen sozialversichert sind.

Insgesamt werden durch das „Fair Tax“ Modell nahezu alle Steuerpflichtigen deutlich entlastet.

Im Bereich der Familienförderung wird ein Kinderabsetzbetrag (KAB) von 9.000 Euro/Jahr und Kind eingeführt. Dieser ist frei im Familienverband aufteilbar und kann steuersenkend geltend gemacht werden.

Für den Bereich der Unternehmen sieht das BZÖ-Modell unter anderem eine ein­heitlichen Unternehmensbesteuerung – die „Business Tax“ – vor, die die steuerliche Situation des unternehmerischen Mittelstands verbessert. Dafür sollen die bisherigen Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb) im Sinne des Einkommenssteuergesetzes zu einer Einkunftsart für Unternehmen zusammengefasst werden. Zum anderen soll eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung erfolgen, indem allen Unternehmen ein Wahlrecht zukommt, sich auch nach den Vorschriften für Körperschaften, d.h. mit einem Steuersatz von 25 %, besteuern zu lassen. Weiters sind verschiedene Maßnahmen zur Stärkung von kleinen und mittleren Unternehmen vorgesehen (z.B. Stärkung des Eigenkapitals von KMUs) sowie eine Totalreform der lohnsummenabhängigen Abgaben durch Einführung einer einheitlichen Arbeitgeberabgabe, um den Aufwand und die damit verbundenen Verwaltungskosten zu senken.

Ein weiterer Eckpfeiler des Steuermodells und wesentlicher Ansatz zur Erreichung wesentlicher Einsparungsmöglichkeiten ist die Vereinfachung im Bereich der Ver­waltung durch eine einzige Abgabenbehörde, eine Berufungsinstanz und ein ein-


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heitliches Sozialversicherungssystem statt der immer noch bestehenden stände­staatlichen Ungleichbehandlung. Somit wäre endlich der Weg für die längst fällige Reform der Sozialversicherungen geebnet. In Kombination mit den im Rahmen der Staats- und Verwaltungsreform möglichen Ersparnissen wird insoweit die Basis geschaffen, die gegenüber dem Modell der Bundesregierung entstehenden Abgaben­ausfälle zu finanzieren.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat einen be­schlussreifen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den mittelfristig – spätestens jedoch vor den nächsten Nationalratswahlen – das BZÖ-Fair-Tax-Steuermodell mit den folgenden Eckpunkten umgesetzt wird:

Für Bruttojahreseinkommen im Bereich zwischen Geringfügigkeitsgrenze und  14.793,09 Euro besteht grundsätzlich ein einheitlicher Abgabensatz von 10 %, der die jetzigen Abgaben für Sozialversicherung ersetzt.

Ab einem Bruttojahreseinkommen von 14.793,10 Euro ist eine „Fair Tax“-Einheits­abgabe statt der jetzigen Lohn- und Einkommenssteuer sowie der Sozialver­sicherungsbeiträge einzuheben, wobei vom Bruttojahreseinkommen zuerst ein Steuerfreibetrag in der Höhe von 11.000 Euro und von der verbleibenden Summe die „Fair Tax“ in der einheitlichen Höhe von 39 Prozent abzuziehen sind.

Der Kinderabsetzbetrag (KAB) wird auf 9.000 Euro/Jahr und Kind erhöht.

Im Bereich der Unternehmen erfolgt eine rechtsformneutrale Besteuerung, indem allen Unternehmen ein Wahlrecht zukommt, sich auch nach den Vorschriften für Körper­schaften, d.h. mit einem Steuersatz von 25 %, besteuern zu lassen.

Die drei betrieblichen Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb) werden zu einer einheitlichen Einkunftsart für Unternehmen zusammengefasst.

Zur Stärkung von kleinen und mittleren Unternehmen werden weitere Maßnahmen gesetzt wie beispielsweise die Stärkung des Eigenkapitals von KMUs, Steuer­gut­schriften bei Ablegung von Facharbeiter- oder Meisterprüfungen bzw. vergleich­baren Prüfungen oder Steuerprämien für Neueinstellungen durch Ein-Mann-Unter­nehmen.

Es erfolgt eine Totalreform der lohnsummenabhängigen Abgaben durch Einführung einer einheitlichen Arbeitgeberabgabe, um den Aufwand und die damit verbundenen Verwaltungskosten zu senken.

Durch Installierung einer einzigen Abgabenbehörde, einer Berufungsinstanz und eines einheitliches Sozialversicherungssystems erfolgt eine dringend erforderliche Verein­fachung im Bereich der Verwaltung.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



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13.50.02

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch einmal zum Thema Entwicklungszusam­menarbeit. Herr Kollege Kopf, Sie haben unserer Kollegin Bayr vorgeworfen, sie hätte gelogen, das wäre eine Lüge gewesen. Ich behaupte hier und stelle fest, dass Frau Kollegin Bayr hier keine Lüge verbreitet hat, und wenn Sie das weiterhin behaupten sollten, dann kommen Sie heraus und beweisen Sie das, Herr Kollege Kopf! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Ich habe mir mit großem Interesse den Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmen­gesetz angeschaut und darin vor allem das Kapitel Finanzausgleich, die Unterglie­derung 44. Dort heißt es unter der Überschrift „Erforderliche Steuerungs- und Korrektur­maßnahmen zur Einhaltung der Obergrenzen“, dass im Bereich des Finanzausgleiches der Gemeinden und Länder keine Maßnahmen erforderlich sind, weil die Länder und vor allem die Gemeinden ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung bereits übererfüllt haben. Das heißt allerdings auch, dass die Gemeinden jetzt finanziell ziemlich am Ende sind, und das bedeutet zum Beispiel, dass keine Sanierungen bezie­hungsweise Investitionen durchgeführt werden können. Ich denke dabei an Schulen, Kindergärten, Straßen et cetera. Die Gemeinden haben also keine Möglichkeit mehr, zu investieren.

Der Entfall der Investitionen der Gemeinden – in Summe sind die Gemeinden der größte Investor in Österreich – betrifft vor allem die regionale Wirtschaft, die KMUs, die heute schon so oft besungen wurden, das Baugewerbe, das Baunebengewerbe und natürlich die Menschen, die darunter leiden, dass es diese Sanierungen nicht gibt, dass es diese Neubauten nicht gibt, dass es diese Kindergärten nicht gibt und so weiter. Ich denke, es wäre ein hervorragender Ansatz zur Konjunkturbelebung, von der ja auch immer wieder die Rede ist, den Gemeinden mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Dann geht es noch weiter mit Maßnahmen und Reformen im Bereich des Finanz­ausgleiches, und da kommen dann Themen wie Abgabenautonomie, Transfers, Kostenübertragungen, Gemeindestruktur, Gemeindekooperationen immer wieder leider nur als Überschrift vor. Das hat mich dann zu der Überlegung geführt, dass Ge­meindekooperationen wichtig und notwendig sind und dass wir, Herr Staatssekretär, die Gemeinden bei Kooperationen unterstützen müssen und sie nicht dadurch mehr oder weniger bestrafen dürfen, dass im Fall von Kooperationen Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen ist. Ich weiß, das ist ein europäisches Problem, aber Probleme sind da, um gelöst zu werden. Und ich glaube, man sollte sich da wirklich hineinknien und die Gemeinden dabei unterstützen, besser und mehr zu kooperieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann ist noch von verstärkter Aufgabenorientierung des Finanzausgleichs die Rede. Ich bin jetzt 16 Jahre lang hier – so lange ist das schon – und höre seit 16 Jahren diese Aussage. – Das ist lange, gell? Es war aber eine schöne Zeit. – Und wieder höre ich, dass der Finanzausgleich aufgabenorientiert sein soll. Ja was heißt denn das? Machen wir es doch endlich! (Beifall bei der SPÖ.)

13.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.53.55

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Mit diesem Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2020 feiert die Bundesre­gierung sich selbst, verkauft Erfolge, während die Bürger verarmen, während der


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Mittelstand trotz Arbeit verarmt, während eine Million Österreicherinnen und Öster­reicher sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können.

Die Bundesregierung hat zwar Milliarden für Banken, die Bundesregierung hat für die EU Milliarden, für diese EUdSSR, aber die Realität ist, dass für die Bevölkerung, für die kleinsten Dinge kein Geld zur Verfügung steht. Wir haben eine Besteuerung, die fast nicht mehr kritisierbar ist. Diese Bundesregierung, der Herr Bundeskanzler, alle feiern ab, kommen immer wieder von Amerika zurück, besprechen da einiges und sagen uns, welch tolle Gesetze es überall anders gibt. Schauen wir uns das einmal an: In Amerika zum Beispiel beträgt die Mehrwertsteuer zwischen 5 Prozent und 9,5 Prozent, am höchsten ist sie im Bundesstaat New York. Das sind andere Werte.

Ich komme ganz kurz zur Entwicklungszusammenarbeit. Multilateral und bilateral geben wir jährlich fast 1 Milliarde € aus. Das ist vollkommen richtig so, das ist wichtig. Das BZÖ unterstützt das auch. Wenn wir uns jedoch anschauen, was davon bei den Ärmsten der Armen ankommt, dann gebe ich Kollegen Cap schon recht. Wir schicken heute Saatgut in Entwicklungsländer, das nicht mehr reproduziert werden kann; Saatgut, das dort die Ärmsten der Armen in Abhängigkeiten führt. Das sollte man sich anschauen und emotionslos diskutieren, und dann muss man auch Taten setzen.

Wenn wir uns die Entwicklungszusammenarbeit genauer anschauen, sehen wir, dass von dieser 1 Milliarde € nur 70 Millionen € bei den Ärmsten der Armen in zehn Re­gionen ankommen. Da muss man doch endlich einmal umdenken und sagen: Wenn wir nur so wenig Geld haben, müssen wir uns von diesen zehn auf zwei Schwerpunkt­regionen konzentrieren und dort wirklich Entwicklungszusammenarbeit leisten, die effizient ist und bei diesen Ärmsten der Armen ankommt, sodass sie auch messbar ist.

Man muss auch die Art, wie in Österreich Entwicklungszusammenarbeit gemacht wird, kritisch hinterfragen dürfen. Wenn zum Beispiel in Bhutan eine Tourismusschule gebaut und zur Gänze aus diesen Geldern bezahlt wird, so ist das richtig. Aber wenn man dann vor Ort sieht, dass sämtliche Bauaufträge deutsche Firmen bekommen, und weiß, dass die österreichische ADA diese Aufträge vergibt, und zwar ohne jegliche Ausschreibung – noch nie wurde ein Betrieb aus Österreich eingeladen –, dann, muss man sagen, ist das der falsche Weg und zeigt das auf, dass wir, bevor wir die Ent­wicklungshilfe massiv erhöhen, dafür Sorge tragen müssen, dass diese Gelder, die der österreichische Steuerzahler sozusagen blutig verdienen muss, wirklich gerecht und effizient bei den Bürgern ankommen.

Das wäre der richtige Weg, und darüber sollten auch die Regierungsparteien nach­denken, denn es hat doch keinen Sinn, sich hier als der große, erfolgreiche Sieger darzustellen, wenn bei uns die Bevölkerung verarmt, der Mittelstand trotz Arbeit verarmt, und auf der anderen Seite zuzusehen, wie in Österreich, ebenso in anderen Gebieten der Erde, Menschen in Armut und Menschen in Abhängigkeiten gezwungen werden. Das ist der falsche Weg! (Beifall beim BZÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 3 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.58.11

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz der schon ausgebrochenen Wahlkampfhektik sollten wir uns bemühen, halbwegs vernünftig zur Sache zu debattieren. Ich bin Franz Glaser dankbar dafür, dass er versucht hat, die Frage der Entwicklungspolitik in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen. Ich habe auch gar kein Problem damit, wenn Kollegin Bayr meint, sie müsse aggressive oder deutliche Worte finden. Aber sie hat doch


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dadurch, dass sie sich aus ihrer Sicht zu Recht – ich glaube, nicht zu Recht – hier sehr kritisch geäußert hat, auch ihren eigenen Klubobmann desavouiert.

Soweit ich mich erinnere, gab es doch in der Koordinierungssitzung die klare Vereinbarung zwischen den beiden Koalitionsparteien, den Finanzrahmen nicht aufzu­machen. Frau Abgeordnete Bayr hat damit auch ihre eigene Regierungsmannschaft nicht gerade im besten Licht dastehen lassen, denn diese hat ja dieser Vorlage zugestimmt! Das ist, meine Damen und Herren, einstimmig beschlossen worden. Aber das muss sich Kollegin Bayr selbst mit ihren eigenen Leuten ausmachen. Ich hätte das sicher ein wenig anders gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)

Da Kollege Kirchgatterer, den ich sehr schätze – er kommt auch aus meiner Bezirks­stadt –, meinte, man müsste doch dafür Sorge tragen, dass die Arbeitsplätze in Österreich erhalten bleiben und Firmen nicht ins Ausland abwandern, darf ich sagen: Da hat er gleich Arbeit, denn da kann er sich gleich mit Siemens in Verbindung setzen, dort gibt es doch eine große Chefin, die einmal Staatssekretärin war, Gitti Ederer heißt sie. Siemens streicht derzeit in Linz einige hundert Arbeitsplätze. Dort kann er sich gleich verdient machen, meine Damen und Herren – und nicht immer mit dem Finger auf andere zeigen.

Das gilt auch für den Kollegen Petzner, der meint, hier Banken-Bashing betreiben zu können, sich aber gleichzeitig – zu Recht – beklagt. (Abg. Bucher: Er hat die Banken verteidigt! Er hat die Hypo verteidigt!) Doch, Banken-Bashing, ständiges Banken-Bashing! (Abg. Bucher: Das war Fekter-Bashing, nicht Banken-Bashing!)

Vom Kollegen Petzner hört man ständig: Banken wird das Geld nachgeworfen, die Banken würden verantwortungslos handeln und so weiter. Ja vielleicht meint er seine eigene. Tatsache ist, dass wir gerade mit den Banken etwas vorsichtiger und vertrau­ens­voller umgehen sollten – bei allen kritischen Bemerkungen (Abg. Bucher – eine Ausgabe des Magazins „NEWS“, auf dessen Cover Dr. Herbert Stepic abgebildet ist, in die Höhe haltend –: Das macht er doch!), denn das ist letztlich der Blutkreislauf.

Dieser Herr, den Sie, Herr Bucher, hier herzeigen, wird wissen, was er in den nächsten Tagen zu tun hat. Da können Sie sicher sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Damit das auch klargestellt wird. Er wird wissen, was er zu tun hat. Das wird in den nächsten Tagen sicher klargestellt werden. Damit das auch geklärt ist. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Derartige Bilder könnte ich auch herzeigen. Ich könnte das Bild des Jörg Haider herzeigen. Ich könnte die heutige „Presse“ zitieren. In einem Artikel in der heutigen „Presse“ wird klar: Haider hat angeschafft, FPÖ, FPK und BZÖ haben kassiert. (Abg. Bucher: Es gibt bis heute keine Beweise für Veruntreuungen!) Da können wir uns gegenseitig alles Mögliche an den Kopf werfen. Das können wir alles genauso machen. (Abg. Bucher: Raiffeisen-Gauner!)

Halten wir ganz in Ruhe fest, dass wir den Budgetrahmen für 2017 fixieren und dass die Fakten in Österreich durchaus positiv sind. (Abg. Mag. Kogler: Da ist überhaupt nichts budgetiert! Sie reden von Budgetierung, es ist eben nicht budgetiert!) Natürlich kann man immer noch meinen, sie sollten besser sein. Wir können aber durchaus behaupten, dass die österreichische Politik – mit Unterstützung der Unternehmer und der Dienstnehmer in den Betrieben – dafür Sorge getragen hat, dass wir positiv dastehen, was die Beschäftigungspolitik betrifft. Sie hat dafür Sorge getragen, dass wir positiv dastehen, was die Sozialpolitik betrifft, dass wir in vielen Bereichen Benchmark sind und dass sich die meisten europäischen Länder wünschen, sie hätten ähnliche Ergebnisse wie Österreich erzielt. Und ganz sollte man, meine Damen und Herren, das


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Verdienst der Bundesregierung dabei nicht außer Acht lassen – und ich meine alle Regierungsmitglieder. (Beifall bei der ÖVP.)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar; zweite Wortmeldung. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.02.17

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil einige Dinge aus meiner Sicht hier noch einmal angesprochen gehören.

Zuerst einmal: Wir sprechen heute über etwas Wichtiges, denn der Finanzrahmen geht immerhin bis 2016, und das ist weit über diese Legislaturperiode hinaus. (Staats­sekretär Mag. Schieder: 2017!) Das heißt, dieser Rahmen wird uns noch länger beschäftigen. Deshalb wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, dass der Nationalrat das tut, was er tun sollte, nämlich hier Dinge zu besprechen, Dinge zu diskutieren und Dinge zu beschließen. Aber es läuft genau verkehrt herum: Die Regierung macht Vorgaben, im Ausschuss werden die Regierungsvorlagen durchgewunken, und hier im Hohen Haus soll das anscheinend genauso sein.

Wir diskutieren nun schon seit drei Stunden, und ich habe schon um 11 Uhr gewusst, wie das heute hier ausgehen wird. Es ist komplett egal, was wir hier besprechen. Deshalb stellen sich mir folgende Fragen: Was machen wir hier überhaupt? Worum geht es hier eigentlich? Ist das hier eine Diskussion? Was wird diskutiert? Oder geht es um Informationen? Geht es darum, dass die Abgeordneten von Frau Minister Fekter Informationen wollen? Gibt sie uns Informationen? Hat sie uns heute irgendwelche Informationen gegeben? – Ich habe keine gehört.

Es hat heute von gezählten 20 Abgeordneten unzählige Fragen gegeben – unzählige Fragen! –, und Frau Minister Fekter ist mit keinem einzigen Wort darauf eingegangen. Nicht ein einziges Wort hat sie zu den drängenden Fragen gesagt. (Beifall beim Team Stronach.)

Ministerin Fekter hat nichts zu den Banken gesagt, nichts zu den Versäumnissen, nichts zu den Baustellen der Republik. Sie hat praktisch gar nichts gesagt. Aber sie hat etwas getan: Sie hat die Hälfte ihrer Rede für eine Ungeheuerlichkeit aufgewendet. Hier im Hohen Haus ist nämlich heute eine Ungeheuerlichkeit geschehen. Sie müssen sich das einmal vorstellen: Es gibt eine Abgeordnete – ich gebe zu, von einer Regie­rungspartei –, die es gewagt hat, etwas zu hinterfragen! Stellen Sie sich das einmal vor! Es gibt bei der SPÖ eine Abgeordnete – Frau Bayr –, die es gewagt hat, etwas, das die Frau Minister ganz großartig findet, zu hinterfragen. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja auch eine Sensation!)

Daraufhin hat Frau Minister Fekter ihre halbe Redezeit dafür verwendet, diese Abge­ord­nete hier schlechtzumachen, abzukanzeln und zurechtzuweisen. Wenn es dem Selbstverständnis der Frau Ministerin entspricht, dass wir hier im Parlament Statisten sind, die einfach alles durchwinken, was sie uns hier präsentiert, dass sie uns in keiner Weise Auskunft schuldig ist, dann können wir uns diese Debatte hier gleich sparen. Das heißt, wir hätten diese drei Stunden – und es wird wahrscheinlich noch länger dauern – viel sinnvoller nutzen können. Wir hätten wirklich sinnvolle Dinge machen und uns das alles hier sparen können, wenn die Frau Minister solch ein Demokratie­verständnis hat.

Wenn man nämlich die Tatsachen betrachtet, ist die Frau Minister die Exekutive und wir sind die Legislative. Das heißt, wir geben die Dinge vor und sie hat sie gefälligst umzusetzen.


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Außerdem sollten wir sie kontrollieren, denn auch das ist, laut Verfassung, die Aufgabe des Parlaments. Die Aufgabe des Parlaments ist es, die Frau Ministerin zu kontrollieren. Das können wir aber nur, wenn es Transparenz gibt.

Frau Ministerin Fekter ignoriert uns hier aber einfach, wenn wir Fragen stellen – und wir haben sehr viele Fragen gestellt. Wir haben wichtige Fragen gestellt, Fragen, die auch der Rechnungshof beantwortet haben will. Und was macht die Frau Ministerin? – Nichts.

Deshalb sage ich: Wenn wir ein starkes Parlament haben wollen und wenn wir das uns laut Verfassung zustehende Recht, die Regierung zu kontrollieren, auch ausüben wollen, brauchen wir Transparenz. Aber diese Transparenz zu gewähren ist die Frau Ministerin anscheinend nicht bereit, und das ist sehr bedauerlich. (Beifall beim Team Stronach.)

Besonders bedauerlich ist, dass die Frau Minister hier aufsteht, eine vorgefertigte Rede verliest, die halbe Redezeit dazu verwendet, etwas Ungeheuerliches zu tun, und dann geht und sich nicht weiter für die Debatte interessiert. Das ist letztklassig und einer Ministerin nicht würdig.

Deshalb sage ich: Wenn Frau Ministerin Fekter ihr Amt ernst nimmt, dann sollte sie auch das Parlament ernst nehmen, andernfalls muss sich das Parlament sicherlich überlegen, wie es diese Ministerin loswird. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.06.52

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lugar, auch Sie hätten Ihre Redezeit stärker dem Finanzrahmengesetz widmen können, denn es ist eben nicht egal, was wir heute hier besprechen. Es geht um vorausschauende Finanzplanung, und vorausschauende Finanzplanung ist ein unverzichtbares Merkmal verantwortungs­voller Politik. Auch wenn wir nur für eine Legislaturperiode gewählt werden, darf sich unser Denken nicht nur auf diesen Zeitraum beschränken.

Was passiert, wenn man sich nicht an diesen Grundsatz hält, sehen wir jetzt in Kärnten. Dort hat die neue Regierung alle Hände voll zu tun, die blau-schwarzen Scherben aufzusammeln. Zu zahlen hat das dann die Bevölkerung, was mich als Sozialdemokratin in dem Befund stärkt, dass unkontrollierte Schulden nichts anderes sind als eine Umverteilung von unten nach oben.

Ausgeglichene Budgets sind das Wesenselement einer auf Dauer angelegten sozial ausgeglichenen Politik und erhalten den Handlungsspielraum einer verantwortungs­vollen Politik, um in Zukunftsfeldern wie Bildung, Forschung, soziale Sicherheit und Infrastruktur weitere Impulse setzen zu können. (Beifall des Abg. Kopf.)

Wir sehen in vielen Staaten Europas, was passiert, wenn diese Grundsätze nicht eingehalten werden: Es bricht alles zusammen, woran man sich gewöhnt hat. Öster­reich ist dieses Schicksal dank verantwortungsvoller Politik erspart geblieben, und das soll auch in Zukunft so sein.

Es ist aber nicht sinnvoll, dabei den Staat unter dem Deckmantel der Konsolidierung auszuhöhlen, wie uns das neoliberale und konservative Kräfte immer weiszumachen versuchen. Wir haben in den Experten-/Expertinnenhearings auch heraushören können, dass gerade Länder mit einer hohen Staatsquote besser durch die Krise


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gekommen sind und durch die Krise kommen, da eben gut angelegte öffentliche Mittel stabilisierend wirken. Insbesondere Bildungsinvestitionen sind Investitionen mit höchs­ten Renditen. Wir haben in Österreich auch vorgezeigt, welchen Wert aktive Arbeits­marktpolitik hat. Diese kostet zwar viel, aber jeder Euro, jeder Cent ist bestens angelegtes Geld, verhindert Arbeitslosigkeit, stärkt unsere Zukunft, stärkt die Zukunft unserer Jugend.

Hier in Österreich wurde gemeinsam ein Erfolgsweg eingeschlagen; ein Erfolgsweg, auf den wir alle gemeinsam stolz sein sollten und den wir vor allem nicht schlecht­machen sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.01

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte zuerst daran erinnern, dass die Frau Finanzministerin einen Dank an die Lehrbetriebe für deren Ausbildungsbereitschaft ausgesprochen hat. Ich glaube, das ist okay, das sollte man immer und bei jeder Gelegenheit tun. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch schöner wäre es aber gewesen, wenn sie auch eine Bitte ausgesprochen hätte, nämlich an jene Betriebe, die nicht ausbilden, dass diese vielleicht auch ihrer Ausbildungsverpflichtung nachkommen. Das wäre schön. Ich möchte es hiermit tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir diskutieren jetzt das Bundesfinanzrahmengesetz. Es gilt dabei festzuhalten, dass bestimmte Ausgabenpositionen mit einem Plus versehen sind. Steigen werden die Ausgaben in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Unterricht. All das sind Bereiche, in denen wir in den nächsten Jahren mehr Geld ausgeben werden, als dies derzeit der Fall ist. Es werden außerdem Ausgabenobergrenzen festgelegt. Ziel ist es, bis 2016 ein ausgeglichenes Budget zustande zu bringen.

Mit dem Budget und mit einem ausgeglichenen Budget ist auch die Frage der Steuergerechtigkeit verbunden. Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren –eigentlich in den letzten Monaten – schon sehr stark darüber diskutiert. Diskutiert wurden insbesondere das Bankgeheimnis in Österreich und vieles mehr. Ich denke, wer das Bankgeheimnis von Ausländern in Österreich unterstützt – das war ja eine Zeit lang der Fall –, schützt jene, die ihr Geld vor der Steuer verstecken. Umgekehrt gilt aber das Gleiche: Auch Österreicher verstecken im Ausland ihre Millionen, und ich bin dankbar, dass der Herr Bundeskanzler heute zu diesem Thema einmal mehr Klartext ge­sprochen hat.

Noch einmal kurz zurück ins Inland: Wir haben auch im Inland das Problem, dass es Leute gibt, die Steuerschulden haben und die alles tun, um diese Steuerschulden möglichst nicht zahlen zu müssen. Vielfach sind die Finanz, aber auch die Sozialversicherung gezwungen, fällige Schulden als uneinbringlich abzuschreiben. Die Gefahr, erwischt zu werden, ist beim Fahren ohne Fahrschein in der U-Bahn in Wien größer als wenn man in unserem Land Steuerbetrug begeht. Was meine ich damit: Mehr Kontrollen bringen mehr Geld, als sie kosten. Das heißt, die Aufstockung der Finanzpolizei wäre ganz, ganz wichtig. Ich wollte die Frau Finanzministerin noch fragen, wie Sie das sieht, aber leider ist sie uns ja abhandengekommen. (Abg. Bucher: Die ist schon zurückgetreten!)

Abschließend: Wenn alle in unserem Land ihre Steuern so pünktlich zahlten, wie die Arbeitnehmer und die Pensionisten, wäre das nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern würde das auch Spielraum für die Finanzierung der sozialen Leistungen wie


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Bildung, Familie und vieles mehr bringen. – In diesem Sinne danke ich Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Windisch. 3 Minuten. – Bitte.

 


14.13.05

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Stabile Finanzen sind das Fundament jedes Haushaltes, einerseits natürlich der privaten Haushalte unserer Familien, andererseits selbstverständlich noch viel mehr des Staates. Gerade bei der öffentlichen Hand ist es wichtig, dass die Finanzen in Ordnung sind.

Gleichzeitig stabile Finanzen sicherzustellen, Reformen umzusetzen und Wachstum und Beschäftigung – diese eineiigen Zwillinge  – entsprechend zu fördern führt zu konsolidierten Staatsfinanzen. Das Rahmengesetz gibt eben einen Plan vor und ist damit genau das Gegenteil vom Wirtschaften ins Blaue hinein. Genau dieses Gegenteil muss hier gelebt werden.

Die Ausgabendisziplin mit entsprechenden Obergrenzen ist im Finanzrahmengesetz festgelegt. Was bedeuten aber diese Ausgabengrenzen in der Praxis für die einzelnen Ressorts? – Sie bedeuten, dass sich die Ressorts nach der Decke strecken müssen. Die Ressorts wissen, wie viel sie ausgeben dürfen, aber – und das ist der große Vorteil – sie müssen nicht alles ausgeben. Das, was übrig bleibt, wird ihnen gut­geschrieben, das können sie für kreative, neue, vielleicht viel wichtigere Dinge verwenden. Das führt zu mehr Effizienz, das führt auch zu mehr Flexibilität, vielleicht auch zu mehr Intelligenz bei so manchen Entscheidungen.

Zum Zweiten wird das Dezember-Fieber – oder das Herbstfieber, wie man es auch nennt – ausbleiben, denn auch das Handeln nach dem Motto: Hätt’ ma’s net, so tät’ ma’s net!, macht nicht wirklich viel Sinn im Sinne eines sorgfältigen Kaufmannes, der sparsam wirtschaften soll.

Das Finanzrahmengesetz fördert zum Dritten die Budgetdisziplin. Gemeinsam mit der Schuldenbremse und dem Stabilitätspakt werden wir dieses Ziel auch erreichen. Wir haben ein ambitioniertes Ziel, wie auch die Experten sagen, nämlich 2017 endlich einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen. Wir haben ja 2011 bereits eine Neu­verschuldungsquote unter 3 Prozent erreicht, und das große Ziel ist, den öffentlichen Verschuldungsgrad ab 2020 unter 60 Prozent zu drücken.

Die Finanzmärkte, das ist ja auch schon gesagt worden, geben uns recht. Wir zahlen für die Refinanzierung unseres Staates so wenig Zinsen wie noch nie in der Ge­schichte. Die Langfristprognose wurde von allen Experten beim Expertenhearing eindeutig begrüßt. Professor Lehner hat den demographischen Wandel in den Mittel­punkt seiner Überlegungen gestellt. Von Kollegen Stummvoll ist heute auch schon gesagt worden: Genau dieser Anteil am BIP wird bis zum Jahr 2050 um 4 Prozent steigen. Ich bin daher sehr dankbar dafür – ich glaube, wir alle sind es –, dass der Pflegefonds entsprechend aufgestockt wird: von derzeit 200 Millionen € auf 350 Millio­nen € im Jahr 2016.

Irgendwie muss man aber diese Mehrausgaben gegenfinanzieren. Betonen möchte ich schon, dass nicht unter den Tisch fallen darf, dass es eine gewichtige Gegen­finanzierung gibt, nämlich die neue Vermögenszuwachssteuer. Wenn man sich die Zahlen im Strategiebericht anschaut, dann staunt man, was hier eingepreist ist. Derzeit ist das eine neue Steuereinnahme mit 300 Millionen € und im Jahr 2016 sogar 700 Millionen €. Das heißt, doppelt so viel an Steuereinnahmen aus Vermögens-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 116

zuwachssteuer und Immobilienertragssteuer wie der Pflegefondsanteil ausmacht. Ich denke, das darf auch nicht unter den Tisch fallen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


14.17.09

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich brauche nicht zu wiederholen – viele der Vorredner haben es bereits gesagt –, wie toll die österreichische Finanzpolitik, gerade im internationalen Vergleich, im Lichte der Krise seit 2008 gegengesteuert hat.

Da kann man von der Opposition sein, da kann man von einer Regierungspartei sein, im internationalen Vergleich, im europäischen Vergleich haben wir uns gut geschlagen. Die Frage ist: Warum? – Ein Teil der Antwort ist der gesunde Mix aus Einsparungen, keinen Sozialkürzungen und der Erhebung zusätzlicher Einnahmequellen dort, wo vorher zu wenig oder nichts gezahlt wurde.

Mein Vorredner hat gerade auf die Vermögenszuwachsbesteuerung verwiesen; dazu gehören auch die Bankenabgaben. Das war eine echte Kehrtwendung in diesem Land, nachdem über drei Jahrzehnte Kapital, Finanzvermögen und Spekulationserträge immer weniger bis gar nicht besteuert worden waren. Viele der Kolleginnen und Kollegen sagen immer, wenn es um die Frage geht, ob wir eine Erbschaftssteuer für Millionäre oder eine Vermögensteuer einführen: Ja, aber die hat Ferdinand Lacina abgeschafft.

Nachfolger von Ihnen werden wahrscheinlich zu hören bekommen: Dafür, dass man endlich den Turnaround geschafft hat, dass man endlich gesagt hat, Lücken schließen, Spekulation darf nicht steuerfrei sein, war kein sozialistischer Finanzminister, sondern Maria Fekter verantwortlich. Das wäre immerhin etwas, mit dem sie sich noch länger – auch in diesem Parlament – durch positives Wirken hervortun wird können.

Ferdinand Lacina tut es heute schon leid. Warum? – Damals haben wir im Steuer­wettbewerb gesagt: Alles geht nach Liechtenstein, wir brauchen Stiftungen bei uns. Wir haben eine Vermögensteuer, die schaffen wir ab, und hoffen, dass andere Vermögen kommen!

Was die damaligen Kolleginnen und Kollegen jedoch nicht bedacht haben, ist, dass das wie im Kino ist, wo einer sagt, ich sehe viel besser, wenn ich aufstehe! Das gilt nämlich nur so lange, bis die anderen aufstehen. Am Ende stehen alle, man sieht genauso schlecht wie vorher, nur auf einem weitaus unkomfortableren Niveau. – Das ist Steuerwettbewerb, und diesen müssen wir jetzt beenden.

Wir machen mit dieser Finanzpolitik bewusst eine bessere Politik. Das ist ein Riesen­erfolg, den gerade auch die Sozialdemokratie unter der Führung von Bundeskanzler Faymann in diesem Bereich zusammengebracht hat.

Full stop – zweiter Teil: Banken. Wenn eingefordert wird, dass man in einem Finanz­rahmen für die nächsten, kommenden, in Wirklichkeit von heute vierdreiviertel Jahre abschätzen soll, wie viel notwendig ist, muss ich sagen: Tut leid, da müssen wir schauen, ob wir irgendeinen Indianer aus den Anden finden, der ausgebildeter Scha­mane ist. Alle anderen werden das nicht zusammenbringen.

Wir haben ja nicht nur den Faktor Märkte, wir haben auch einen Faktor EU-Kom­mission, die uns sagt, wir sollen die Kommunalkredit verkaufen – fragt sich, ob sie das vorschreiben kann, kann sie offenbar –, und uns dann einen Bescheid schickt, dass sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 117

kein Neugeschäft machen darf; nach dem Motto, dass wir ja keinen Käufer finden werden! Ich glaube, dass wir diese offene Diskussion mit der Wettbewerbs-GD und mit dem Kommissar führen müssen. (Abg. Petzner: Jetzt ist sogar die Kommission schon dafür ...!) Das ist natürlich ein Akt der Unfreundlichkeit gegenüber Österreich.

Ich kenne Frau Bundesministerin Fekter schon lange. Natürlich kann es auch eine Rolle spielen, wie der persönliche Umgang ist. Mein Ratschlag ist, Frau Bundes­ministerin: Tauschen Sie mit Ihrem Staatssekretär, dann können wir vielleicht auf eine bessere Gesprächsebene kommen! Aber erreichen müssen wir bei der Kommission mit Sicherheit, dass wir uns bei unfreundlichen Akten – nämlich „Verkaufen!“ vorschreiben und gleichzeitig den Verkauf verunmöglichen – als Mitgliedstaat entschie­den dagegen wehren! Das ist keine leichte Aufgabe, vor allem, weil ja bei der Hypo bisher nur der Österreich-Teil verkauft ist – vielleicht – und die beiden anderen Teile, Italien und Balkan, in der Luft schweben.

In diesem Sinne: ein gutes Gesetz, eine gute Politik, und von der Opposition, wenn Sie es ehrlich zugeben, in Wirklichkeit ein matter Einwand dagegen. Wir sind froh, dass die Regierungspolitik so gut ist (Abg. Zanger: Oje!), dass die Oppositionskritik an diesen Maßnahmen so matt bleiben muss. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.21

14.21.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2251 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Widmann, Kollegin und Kollegen betreffend 7 Punkte für den Univer­sitätsstandort Österreich.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierungslücke in Millionen­höhe für Umsetzung der FTI-Strategie und Vorlage eines Forschungsfinan­zierungs­gesetzes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen: betreffend mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit!

Darüber ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Ab­stimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 118

Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abge­ordnetenpulte und tragen jeweils den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeich­nung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag sind, „Ja“-Stimm­zettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich ersuche nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Namens­aufruf zu beginnen, Herr Abgeordneter Jakob Auer wir ihn später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen. Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.28 Uhr unterbrochen und um 14.32 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 158; davon „Ja“-Stimmen: 19, „Nein“-Stimmen: 139.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Schwentner, Lugar, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Glawischnig-Piesczek, Grünewald;

Hagen;

Jarmer;

Kogler, Korun;

Lugar Robert;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 119

Markowitz, Moser, Musiol;

Öllinger;

Rossmann;

Schenk, Schwentner;

Tadler Erich;

Walser;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Belakowitsch-Jenewein, Binder-Maier, Bucher Josef;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Darmann, Deimek, Dolinschek, Donabauer, Doppler, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Fichtenbauer, Franz, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Gradauer, Graf, Grillitsch, Grossmann, Grünberger;

Haberzettl, Hackl Heinz-Peter, Haider, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Herbert Werner, Himmelbauer, Höbart Christian, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huber Gerhard;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Karlsböck, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Kitzmüller, Klikovits, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kunasek, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lausch, Lettenbichler, Linder, Lipitsch, List, Lohfeyer, Lueger Angela;

Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Mayerhofer, Mühlberghuber, Muttonen;

Neubauer Werner, Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Petzner, Plessl, Podgorschek, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Riemer, Riepl, Rudas;

Sacher, Scheibner, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Singer, Spadiut, Spindelberger, Stauber Peter, Stefan, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Strache, Strutz, Stummvoll, Szep;

Tamandl, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 120

Weninger, Westenthaler, Widmann Rainer, Windisch, Winter, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zanger.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich darf die Damen und Herren Kollegen bitten, die Sitzplätze wieder einzunehmen. – Danke.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend: Steuern senken statt Geld an Banken verschenken!

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

14.33.24 2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2264 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (2344 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2266 d.B.): Bun­desgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (2345 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2296 d.B.): Bun­desgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subventionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Währungsfonds (2346 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2301 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen (2347 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Themessl. Wunschgemäß sind 5 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


14.34.47

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Minister ist wieder abhandengekommen? – Meine Damen und Herren! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Ja, hier beim Tagesordnungspunkt 2 schicken wir jetzt weitere 281 Millionen € nach Griechenland.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 121

Herr Staatssekretär Schieder, jetzt eine Frage an Sie: Handelt es sich hier um das vierte Rettungspaket – oder sind das Teile des dritten Rettungspaketes? Oder sind es übriggebliebene Teile aus einem der vorhergehenden Rettungspakete? Um welches Rettungspaket handelt es sich jetzt? – Es wurde erst im November des letzten Jahres von den EU-Finanzministern beschlossen, dass dieses Geld Griechenland zusätzlich zur Stabilisierung zur Verfügung gestellt wird. Jetzt frage ich Sie: Um das wievielte Rettungspaket für Griechenland handelt es sich da? (Staatssekretär Mag. Schieder blättert in seinen Unterlagen.) – Na ja, ich nehme an, es ist das vierte.

Herr Staatssekretär, wir Freiheitlichen haben ja schon im Jahr 2008 davor gewarnt, und zwar schon beim ersten Rettungspaket, dass das Ganze ein Fass ohne Boden wird. Sie bestätigen das ja nicht. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Sie sagen bei allen anderen Dingen, das ist ein Fass ohne Boden, aber hier nicht. Jetzt gestehe ich Ihnen ja zu, dass Sie damals mit bestem Wissen und Gewissen der Meinung waren, dass es hilft, wenn man viel Geld in der Ägäis versenkt. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Krainer und Zanger.)

Das gestehe ich Ihnen ja zu, dass Sie damals mit bestem Wissen und Gewissen davon ausgegangen sind, dass mit diesem Rettungspaket – worüber Sie gesagt haben, das erste Rettungspaket ist so großzügig dimensioniert, dass es mehr als auslangt – alle Probleme Griechenlands gelöst sind.

Es handelt sich nun hier um das vierte Rettungspaket. Jetzt gestehe ich Ihnen zu, dass Sie das gemacht haben. Wir waren damals anderer Meinung, weil wir gesagt haben: Das ist Geld, das in der Ägäis versenkt wird, wir bekommen nichts zurück! – was sich in der Zwischenzeit als richtig herausgestellt hat. (Ruf bei der ÖVP: Hellseher!) Aber spätestens, nachdem das zweite Rettungspaket immer noch nicht ausgelangt hat, meine Kollegen von der ÖVP, spätestens dann hätte man einen Schlussstrich ziehen müssen!

Jetzt reden wir hier vom vierten Rettungspaket, und man hat Hunderte Milliarden € nach Griechenland geschickt. Wissen Sie, wie Griechenland heute dasteht? – Griechen­land hat heute genau gleich viele Schulden wie im Jahr 2008, obwohl wir Hunderte Milliarden verschickt haben. Was man nicht dazusagt und was wahr­scheinlich in der Zwischenzeit auch bei der Bevölkerung in Vergessenheit geraten ist, ist, dass in der Zwischenzeit ja auch Gläubigerbanken auf 100 Milliarden € an For­derungen verzichtet haben. Griechenland hat in der Wirtschaftsleistung in den letzten viereinhalb Jahren über 30 Prozent verloren.

Jetzt schicken Sie weitere 281 Millionen € nach Griechenland, weil Sie ja sagen: Das ist der einzige erfolgreiche Weg, um diesen Euro zu retten, um die EU in dieser Form zu retten und um Griechenland zu retten. – Der Erfolg dieser ganzen Hilfspakete zeigt sich, wenn Sie sich die Jugendarbeitslosigkeit anschauen.

Gestern war eine schöne Statistik in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ – um nicht Gefahr zu laufen, dass man hier vielleicht eine österreichische Zeitung verwendet –: Die Jugendarbeitslosigkeit war vor der Krise in Griechenland bei 24,7 Prozent. Trotz Hunderter Milliarden in Rettungspaketen, weiterer Rettungen und weiterer Zuschüsse, die alle verloren sind, hat Griechenland in der Zwischenzeit eine Jugendarbeitslosigkeit von sage und schreibe 59,1 Prozent! Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich trotz Ihrer grandiosen Hilfspakete weit mehr als verdoppelt. – Das nennen Sie auch noch einen Erfolg, und Sie halten an diesem Irrweg fest. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dolinschek.)

Das ist ja die größte Todsünde, die es überhaupt gibt. Wissen Sie, wenn heute ein Kind einen Fehler macht und dadurch Schmerzen verspürt oder sonst etwas, dann macht es den ein zweites Mal nicht mehr. Aber was es ganz sicher nicht macht: Es


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macht das ein drittes Mal nicht mehr, wenn ihm das ein zweites Mal passiert. Aber Sie machen es jetzt zum vierten Mal. Ich prophezeie Ihnen jetzt schon: Sie machen es auch zum fünften Mal, Sie werden es auch zum sechsten Mal machen.

Das Wahnsinnige ist: Wir schicken Geld in der Weltgeschichte herum, das wir selber gar nicht haben. Die Gelder müssen wir ja als Kredite aufnehmen. Das weiß die Bevölkerung auch nicht. Wir machen im heurigen Jahr weitere fast 7 Milliarden € an Minus im Budget. Wir hatten im letzten Jahr ein Minus von 11 Milliarden €. Wir machen Minus bis zum Jahr 2016, auch nach dem neuen Budgetfahrplan. 2017 machen wir dann – vielleicht! – das erste Mal kein Minus mehr.

Irgendwo gibt es in diesen Reihen von Rot und Schwarz auch noch solche Illusio­nisten, die glauben, dass das Geld irgendwann zurückkommen wird. Wissen Sie, in der Zeit ist unser jüngster Abgeordneter in Pension, bis Ihr Traum vielleicht in Erfüllung geht. Von mir rede ich gar nicht mehr, da waren Sie schon lange auf meiner Beer-digung. Das ist ja ein Wahnsinn, was Sie hier vollziehen.

Aber wie kompetenzlos diese Regierung ist, hat ja heute Ihr Bundeskanzler vorgezeigt. Der Bundeskanzler hat wirtschaftliche Vorstellungen, die sind ja wahnsinnig. Auf die Frage des Herrn Kollegen Bucher, wie er gedenkt, den Mittelstand zu entlasten, hat er geantwortet: Das ist ganz einfach, wir müssen den Export sichern! Das heißt, wir müssen den Krisenstaaten rund um uns, in ganz Europa und womöglich weltweit, Geld schicken, damit sie es sich leisten können, unsere Produkte zu kaufen. Das ist ja absurd! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, welche wirtschaftspolitischen Vorstellungen seitens der Roten hier noch Platz greifen würden. Ich kann der Bevölkerung nur raten: Wählen Sie diese Regierung ab! Wenn das so weitergeht, dann gute Nacht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.40.31

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Kollegen! Hohes Haus! Es kann keine Rede von einem vierten Paket für Griechenland sein. Aber es soll sehr wohl die Rede davon sein, dass wir uns dem Thema Griechenland immer wieder stellen (Abg. Ing. Westenthaler: Immer wieder einzahlen!), dass wir aufmerksam beobachten – und das nicht der Kommission, dem IWF überlassen –, wie es denn in Griechenland weitergeht; und dass wir dement­sprechend auch realistisch und anerkennend feststellen, was im Übrigen auch Ratingagenturen mittlerweile feststellen. (Ruf bei der FPÖ: Die Geister, die ich rief ! – Abg. Ing. Westenthaler: Zahlen, zahlen, zahlen!)

Sie wissen schon, ich meine diese Ratingagenturen, die niemand will, die so böse sind und aus Amerika kommen, die man aber doch braucht, weil es keine Alternative gibt. Also, selbst Ratingagenturen, nämlich zwei der drei großen, stellen fest, dass sich Griechenland wieder eine gewisse Kreditwürdigkeit erarbeitet hat – natürlich auch mit unserer Hilfe, mit europäischer Hilfe –, und dass das Rating von Griechenland als Schuldner von C- auf B- hochgestuft wurde. Also, das ist nicht so schlecht. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo!)

Man muss auch anerkennen, dass das, was die Griechen sündigenderweise über Jahre verschleppt haben – es wurde nämlich durch viel zu hohe Lohnerhöhungen, auch im öffentlichen Dienst, an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt –, zu 80 Prozent wieder eingefangen ist; ein schwieriger Weg. Das, was Griechen und andere früher durch Abwertungen gemacht hätten, haben sie jetzt auf diesem Wege nachgeholt; wie


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gesagt, schmerzhaft, aber es ist immerhin gelungen. Das alles anzuerkennen gehört auch dazu, wenn man über Griechenland spricht.

Niemand sagt, dass der Weg ein einfacher ist. Niemand sagt, dass das eine geges­sene Sache ist. Wir haben uns, als wir uns für die Griechenlandhilfe entschieden haben, natürlich für den Weg des geringeren Übels entschieden. Dass hier Dinge zu verdienen wären, stimmt sicherlich nicht.

Aber jetzt kommen wir zu dem Punkt, dass Europas Finanzminister gefragt haben: Wie gehen wir jetzt mit den Zinsen um, die unsere Notenbanken aus dem Halten und aus der Verzinsung griechischer Staatsanleihen bekommen, die aufgekauft werden? Also, Teil der Griechenlandhilfe, Kauf von Staatsanleihen. Die werden verzinst und zum Teil auch aufgewertet. Daraus sind Aufwertungsgewinne lukrierbar.

Das sind genau die 281 Millionen €, um die es hier geht, Herr Kollege Themessl, und nicht von heute auf morgen, sondern bis zum Jahr 2038, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe. Es ist also ein relativ langer Zeitraum, apropos Beerdigung von Abge­ordneten. So gesehen: Das hier in Tranchen den Griechen zu geben, nicht einmal jetzt die Finanzminister zu verpflichten zu zahlen, sondern ihnen die Ermächtigung dazu zu geben, das halte ich allemal für fair.

Dabei bleibt es bei einer Zug-um-Zug-Vorgangsweise, meine sehr verehrten Damen und Herren. Also nur wenn sich die Griechen wohl verhalten, wenn sie die Auflagen erfüllen, wenn sie den Konsolidierungsweg, den Weg zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, zu mehr Schuldentragungsfähigkeit erfolgreich beschreiten, dann bekommen sie auch in Tranchen diese, wie gesagt, insgesamt 281 Millionen € bis zum Jahr 2038, nicht mehr und nicht weniger. Die Polemik der FPÖ in diesem Zusammenhang ist einmal mehr völlig unangebracht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.07

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatsekretär! Im Gegensatz zum Herrn Kollegen Themessl bin ich der Meinung, dass Griechenland Solidarität verdient. Mit der hier vorliegenden Novellierung des ZaBiStaG verzichtet Österreich tatsächlich auf Gelder im Rahmen der Hilfspakete. Es geht darum, dass die Euroländer Gewinne aus griechischen Anleihen an Griechenland weitergeben sollen. Das maximale budgetäre Belastungsvolumen beträgt 281 Millionen €.

Ich denke, das ist nicht viel, denn man muss das immer den Kosten gegenüberstellen, die bisher für Griechenland aufgelaufen sind – oder auflaufen könnten, müsste man genauer sagen; denn aus den alten bilateralen Verträgen sind bislang nur Zinszah­lungen geflossen, da ist noch nichts schlagend geworden. Aber was die Haftungen betrifft, Herr Kollege Themessl, ist noch nichts, aber auch gar nichts schlagend geworden.

Also, was diese Zahlungen betrifft, so muss man sich schon vor Augen halten, dass die Gegenrechnung aufgemacht werden muss, und es wäre dahingehend zu überlegen und zu schauen, was denn eine Pleite Griechenlands kostet. Was würde denn ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, wie Sie immer fordern, kosten? In welchem Ausmaß und Volumen würde denn das die Haushalte in der Europäischen Union, in der Eurozone, belasten? – Ich denke, das wäre ein Vielfaches von dem, was bis jetzt tatsächlich an Hilfsleistungen an Griechenland geflossen und schlagend geworden ist.

Womit wir aber Probleme haben, ist die Tatsache, dass im Rahmen der Finanzhilfen an Griechenland den Griechen ein Austeritätsprogramm verordnet wird, wo wir Zweifel


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 124

haben, dass auf Basis dieser Austeritätspakete Griechenland jemals wieder in die Lage versetzt werden wird, auf eigene Beine zu kommen, und zwar so weit auf eigene Beine zu kommen, dass es seine Schulden wieder einmal selber begleichen und aus dem Rettungsschirm herauskommen kann.

Man muss sich nämlich vor Augen halten, was dieses Austeritätspaket alles beinhaltet. Das ist ein massives Belastungspaket. Das sind massive Kürzungen von Löhnen, von Mindestlöhnen, das sind Eingriffe in Lohnverhandlungen, das sind Flexibilisierungen am Arbeitsmarkt, das sind Kürzungen von Sozialleistungen, von Mindestpensionen, Kürzungen bei den Gesundheitsausgaben, das sind Privatisierungen, das sind Steuer­erhöhungen, und das ist schon massiv!

Genau das führt, glaube ich, dazu, dass Griechenland eben mittlerweile im fünften oder sechsten Jahr einen Rückgang seines Bruttoinlandproduktes zu verzeichnen hat und eine Arbeitslosenquote von 27 Prozent und bei den Jugendlichen von 60 Prozent. Das ist untragbar! (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Meinung sind wir, und das wird auch international, aber auch von nationalen Experten kritisiert. Das ist der Grund, warum wir das Griechenlandpaket von Anfang an abgelehnt haben: Weil wir eben der Meinung sind, dass Griechenland auch insofern unterstützt werden muss, als ein nicht derart brutaler Kurs gegen dieses Land gefahren wird, während es auf der anderen Seite Krisengewinnler gibt.

Österreich, Deutschland und die Niederlande sind massive Krisengewinnler durch die niedrigen Zinsen. Gleichzeitig verschaffen sich aber auch genau diese Länder einen Exportvorteil durch eine Lohnzurückhaltung und fordern von den Griechen eine noch stärkere Lohnzurückhaltung. Dieses Konzept kann nicht aufgehen!

Daher haben wir im Zusammenhang mit der Griechenlandhilfe von Anfang an immer gefordert, dass es auch so etwas wie einen Marshallplan für Griechenland geben muss. Vielleicht kann man das jetzt ein bisschen präziser dahingehend formulieren, dass man sagt, Griechenland braucht so etwas wie einen Reindustrialisierungs­prozess, weil es eben keine Industrie mehr hat, und dazu braucht es Mittel aus der Europäischen Union.

Wo könnten denn Schwerpunkte einer solchen Reindustrialisierung liegen? – Das wäre das zentrale Anliegen, neben der Lockerung der Austeritätspolitik.  Einerseits in der Entwicklung der biologischen Landwirtschaft, andererseits im Ausbau von Solar­energie, aber auch als zentraler Fokus ein Umschlagplatz im Bereich des Hafens in Athen.

Das wären neben der Lockerung der Austerität Maßnahmen, die Griechenland helfen könnten, wieder einmal auf eigene Beine zu kommen und damit zu verhindern, dass jene Haftungen, die Österreich und die anderen EU-Staaten eingegangen sind, irgendwann einmal schlagend werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.24

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Themessl, über die Novelle zum Zahlungs­bilanzstabilisierungsgesetz haben wir schon im Ausschuss diskutiert, aber ich habe den Eindruck, Sie wollten es einfach nicht verstehen. Es geht nicht um zusätzliche Hilfspakete für Griechenland, sondern darum, ob es legitim ist, dass wir uns, überspitzt gesagt, durch die Hilfe für Griechenland und aus den Gewinnen bereichern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 125

Kollege Bartenstein hat es schon angesprochen: Diese Zahlung an Griechenland, das Belassen dieser Überschüsse in Griechenland ist ja an Bedingungen geknüpft. Zum einen, dass Griechenland den Zahlungsbedingungen nachkommt und zum zweiten, dass es gedeckelt ist mit 281 Millionen €, und dass jährlich ein Höchstbetrag von 61 Millionen € nicht überschritten werden darf, Tendenz fallend.

Da geht es nicht darum, etwas zu verschenken, und durch diese Weitergabe wird der österreichische Steuerzahler auch nicht zusätzlich belastet. Aber durch die Intervention auf den Wertpapiermärkten, auf den Märkten für öffentliche und private Schuld­verschreibungen haben wir die Störungen an den Wertpapiermärkten behoben. Durch die Schuldverschreibungen ergeben sich Zinseinnahmen und letztendlich auch Aufwertungsgewinne, wenn man es bis zur Endfälligkeit behält.

Daher ist es einerseits logisch und auf der anderen Seite recht und billig, dass wir bezie­hungsweise die Nationalbank diese Erträge aufgrund der schwierigen wirt­schaftlichen Entwicklung in Griechenland letztendlich in Griechenland belassen.

Meine Damen und Herren, schauen wir uns ein anderes Szenario an, das auch hier im Haus immer wieder angesprochen wird, nämlich das Austreten der Problemländer aus der Eurozone. Was würde denn dann passieren? Da gibt es sehr viele Ökonomen, die das fordern, aber sehr viele, die das kritisieren. Und die, die das fordern, sollten da mehr Verantwortung an den Tag legen!

Bleiben wir bei Griechenland: Austreten, Einführung der Drachme, Abwertung der Drachme auf etwa 50 Prozent. Die Schulden bleiben in Euro bestehen. Die Frage ist dann: Was könnten sich die angeschlagenen Volkswirtschaften noch leisten? Die Importe würden auch in Euro zu zahlen sein. Das heißt, die Preise für die Importe würden sich für die Griechen verdoppeln.

Österreich ist ein Exportland. Österreich, und nicht nur Österreich, auch Deutschland und die Niederlande hätten mit massiven Exporteinbußen zu kämpfen. Was wäre denn die Folge für Österreich?  Weniger Produktion, höhere Arbeitslosigkeit, weniger Inlandsnachfrage, und wir würden die Krise in Wirklichkeit importieren.

Ich verstehe es auch nicht, dass ein 82-jähriger Polit-Einsteiger, der ein global agie­rendes Unternehmen geleitet hat, der während seiner Managementtätigkeit immer wieder von wegfallenden Währungshemmnissen profitiert hat, jetzt die Rückkehr zu nationalen Währungen mit allen Nachteilen fordert. Das ist eine wirtschaftspolitische Geisterfahrt, meine Damen und Herren.

Ich bin ganz beim Kollegen Rossmann, der meint, wir brauchen die Rückkehr zum Wachstumspfad und zur Wettbewerbsfähigkeit. Das wird kein einfacher Weg, aber das brauchen wir, damit diese Länder sich wieder selbständig finanzieren und den Lebensstandard heben können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.53.04

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Kollege Rossmann hat ein Argument gebracht, das immer wieder gebracht wird und das viele nicht mehr hören können. Immer wieder, wenn es um weitere Zahlungen für Griechenland geht, wird dieses doch ehrenhafte, hohe Wort Solidarität genannt, immer wieder wird Solidarität verlangt.


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Dabei sieht man, wie diese Solidarität in den letzten Jahren strapaziert worden ist, nämlich durch bilaterale Kredite an Griechenland, durch Haftungen via EFSF, durch Milliardenbeteiligungen am ESM. Heute schicken wir Zinsen, die wir für relativ wertlose Staatspapiere von Griechenland bekommen haben, gleich wieder retour, nächste Zahlung an Griechenland; und zum Drüberstreuen geht es in TOP 3 dann auch noch um einen 6,3 Milliarden €-Kredit zwischen der Oesterreichischen Nationalbank und dem Internationalen Währungsfonds, womit wir in Wahrheit die vorgegebene Rettung oder den Rettungsanteil des IWF zur Eurorettung selber bezahlen. Und das ist jetzt die große Solidarität?!

Es kommt eben alle paar Monate irgendetwas Neues daher, und da wird dann die Solidarität verlangt. Herr Kollege Rossmann, die Österreicherinnen und Österreicher fragen sich dann schön langsam: Wo bleibt denn die Solidarität in Österreich eigentlich, wenn die Regierung mit beiden Händen Millionen und Abermillionen bis zu Milliarden nach Griechenland schickt (Beifall beim BZÖ – Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann), aber in diesem Land eine Million Menschen in Armut leben, sich Familien einfach das Leben nicht mehr leisten können, die Menschen bis zum Juli eigentlich nur für den Staat arbeiten, unter Steuerdruck und Gebührendruck leiden?!

Das verstehen die Menschen dann nicht! Fordern Sie da doch gerechterweise Solidarität im Inland ein! – Nicht, dass wir alle drei Monate wieder ein neues Paket für Griechenland schnüren!

Dann kommt ja noch etwas dazu: Was wir heute machen, ist in Wahrheit die in Zahlen gegossene Widerlegung der jetzt drei Jahre aufrechterhaltenen Geschichte, der Mär des guten Geschäftes. Wir erinnern uns daran, wie Finanzminister Pröll von der ÖVP 2010 hier im Hohen Haus gemeint hat: Das wird ein gutes Geschäft mit Griechenland, denn wir kaufen da jetzt ein paar Papierln ein, die zwar nichts wert sind, aber wir bekommen ja Zinsen zurück. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Herr Kollege Bartenstein, fordern Sie mich jetzt nicht heraus, das alles zu zitieren! Ich habe es da. Wenn Sie wollen, zitiere ich es Ihnen mit Datum und allem Drum und Dran. Von der Frau Fekter hörten wir das ein Jahr später.

Jedes Jahr wurde uns von dieser Regierungsbank zwei- bis dreimal erklärt, dass der Kauf von Papierln in Griechenland, von Staatsanleihen und von Kreditvergaben ein gutes Geschäft ist, weil wir Zinsen für das Budget kassieren. Und was machen wir heute? – Wir schicken die Zinsen wieder nach Griechenland zurück, Herr Kollege Bartenstein. Ist das das gute Geschäft? Das ist ja absurd, völlig absurd (Beifall beim BZÖ – Abg. Grosz: Das ist die Wirtschaftspolitik der ÖVP!) und auch die Widerlegung und damit auch die Unterstreichung der Unwahrheit, die hier von der Regierungsbank immer wieder gepredigt worden ist.

Oder auch diese Geschichte, die heute beschlossen wird mit diesen 6,13 Milliarden € für einen bilateralen Kredit zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank – da ist ja etwas ganz Witziges. Da muss man die Erläuterungen lesen. Da gibt es einen Satz, der sagenhaft ist, der das Vorgehen dieser Regierung beschreibt. In der Erläuterung zu diesem Kredit, Herr Ex-Minister Bartenstein, steht Folgendes, ich zitiere: „Die Erträge sind negative Einnahmen.“

So wird bilanziert und gewirtschaftet von dieser Regierung! „Die Erträge sind negative Einnahmen“. – So versucht man, die Menschen für dumm zu verkaufen: Genauso wie das gute Geschäft werden jetzt Gelder, die verschenkt werden, die uns nicht mehr zur Verfügung stehen, als Erträge verbucht! Es sind zwar negative Einnahmen, aber es sind Erträge, die negativ sind. Das ist ja abenteuerlich, das ist ja Voodoo-Ökonomie mal 17, die diese Regierung vollzieht und die nicht mehr nachvollzogen werden kann! (Beifall beim BZÖ.)


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Den Menschen hat man bisher immer gesagt: Der auf der Intensivstation liegende Patient Eurozone wird jetzt auch vom Internationalen Währungsfonds gerettet. Der Internationale Währungsfonds trägt seinen Anteil. Was passiert jetzt auf einmal? Plötzlich entschließt sich die EU aus heiterem Himmel, mit einem 200 Milliarden €-Paket diese Rettungsaktion des IWF selber zu finanzieren, mit bilateralen Krediten, von denen auch Österreich mit rund 6 Milliarden € seinen Beitrag leisten muss.

Da kann man nur sagen: Danke, wunderbar! Das ist also die wunderbare Rettung der Eurozone, die wir uns selber finanzieren. Das ist eine Politik, die in Wahrheit keiner mehr nachvollziehen kann. Da wird Geld zum Fenster rausgeschmissen. Dort, wo möglicherweise tatsächlich ein paar Zinsen zurückkommen, verpacken wir sie gleich schön und schicken sie wieder zurück nach Griechenland. Das ist ein Fass ohne Boden, die Never-ending-Story einer künstlichen Aufrechterhaltung der künstlichen Beatmung einer Eurozone, die schon längst nicht mehr lebensfähig ist.

Deswegen sagen wir: Besser heute als morgen raus! Raus für die Länder, die es einfach nicht mehr derpacken, weil es nicht mehr zu finanzieren ist und weil sonst im Lande wieder die Steuern erhöht werden! Das kommt ja, das garantiere ich Ihnen heute schon. Jetzt bis zur Wahl wird sich jeder überlegen, wie wir die Steuern senken. Da wird es vom Herrn Spindelegger tolle Konzepte geben, und wahrscheinlich kommen in ein paar Wochen auch der Herr Kanzler und der Herr Staatssekretär drauf, wie toll die Steuern gesenkt werden müssen.

Nach der Wahl werden aber wieder alle sagen: Leider haben wir kein Geld! Wir müssen so viel nach Griechenland zahlen, wir müssen die Eurozone retten, eigentlich müssen wir jetzt die Steuern erhöhen! Und dann kommt die ganze Wucht der Wahrheit auf die Bevölkerung zu, die von der Regierung vor der Wahl nicht zugegeben wird, und das ist eine schäbige Politik! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Haider.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Steindl, wollen Sie noch die eine Minute, bevor ich unterbrechen muss für die Dringliche Anfrage, oder wollen Sie nach der Dringlichen sprechen? (Abg. Steindl bejaht Letzteres.) – Gut, dann werde ich jetzt die Sitzung für eine Minute unterbrechen.

*****

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und unterbreche die Verhandlungen über die Punkte 2 bis 5 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.00Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend: Bankgeheimnis erhalten statt EUdSSR gestalten! (14873/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 14873/J.


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Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Mit dem gestrigen Europäischen Rat bzw. der Zustimmung des Bundeskanzlers zu den entsprechenden Schlussfolgerungen wurde ein erster Schritt in Richtung Abschaffung des Bankgeheimnisses in Österreich gesetzt.

Dieser Beschlussfassung ging ein beispielloses Schauspiel von SPÖ und ÖVP voraus, das geprägt war und ist von öffentlich ausgetragener Streiterei, fehlender Koor­dinierung und letztlich unabgestimmten Positionen der Bundesregierung auf Euro­päischer Ebene. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die skurrilen Vorgänge in Zusammenhang mit einem am 25.04.2013 im Finanzministerium verfassten Schreiben, in welchem vier Bedingungen für Verhandlungen über das Bankgeheimnis genannt werden. Dieses Schreiben – so die offensichtliche Absicht der Finanzministerin – hätte als gemeinsames Schreiben von Fekter und Faymann nach Brüssel gehen sollen. Wie die heftigen Reaktionen des Bundeskanzlers jedoch unschwer vermuten lassen, dürfte dieser – diplomatisch ausgedrückt – nur sehr marginal in die Entstehung dieses Schreibens eingebunden gewesen sein.

„Wir werden hier eine Lachnummer!“ So verhandelt man nicht!“ so die ersten unmiss­verständlichen Reaktionen des Kanzlers auf diesen einzigartigen „fekterischen“ Alleingang.

Dass in dieser Bundesregierung die eine Hand nicht weiß, was die andere tut, Koordinierung ein Fremdwort ist, und insbesondere die Finanzministerin durch Verhaltensoriginalität im In- und Ausland negativ auffällt, ist nicht erst seit gestern bekannt, hat aber nunmehr einen neuen Höhepunkt erreicht.

„Ich habe keinen Brief unterschrieben. Ich werde keinen Brief unterschreiben“, be­kräftigte Faymann im Ö1-Morgenjournal. „So verhandelt man nicht.“

Der SPÖ-Chef sagte, es scheint offenbar eine „Idee“ gegeben zu haben, die aber „keine besonders gute“ gewesen sei.

KEINE KOORDINIERUNG IN DER REGIERUNG:

Wie bereits ausgeführt gab es innerhalb der österreichischen Bundesregierung auch im Vorfeld dieser Entscheidungen keinerlei interne Koordinierung und Abstimmung. Im Gegenteil Bundeskanzler und Finanzministerin lieferten sich öffentlich ein Match über die diesbezüglichen Positionen!

DIESE „NICHTEINIGUNG“ AUF EINE EINHEITLICHE ÖSTERREICHISCHE LINIE FÜHRTE AUF EUROPÄISCHER EBENE IN DEN LETZTEN WOCHEN ZU FOLGENDER SKURRILER POSITIONIERUNG:

Über die Debatte in der Sitzung der Ständigen Vertreter in Brüssel am 7. Mai 2013 zum Thema „Verhandlungsmandat für Änderungen der Abkommen mit Drittländern im Bereich der Besteuerung der Zinserträge ist im Protokoll des österreichischen Vertreters folgendes wörtlich zu lesen:

„Österreich verschwieg sich weisungsgemäß.“

Ebenso verhielt es sich bei der Debatte über die Richtlinie zur Änderung der Besteue­rung von Zinserträgen. Auch hier hieß es:


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„Österreich verschwieg sich weisungsgemäß.“

NOCH SKURRILER WURDE ES AM 8. MAI 2013: (Nächste Sitzung der Ständigen Vertreter):

Dazu steht im Protokoll:

„Österreich verwies weisungsgemäß auf die konstruktive Debatte zu Zins-RL und Mandat im AStV am Vortag und auf die geplante Diskussion beim bevorstehenden Ecofin am 14.5., der zuversichtlich entgegengesehen werde.“

An dieser „konstruktiven Debatte“ beteiligte sich Österreich, wie oben dargestellt, gar nicht!

Die strategische Verhandlungslinie zur Rettung des österreichischen Bankgeheim­nisses erfolgte somit „durch weisungsgemäßes Verschweigen!“

Angesichts dieser gewählten Vorgangsweise der österreichischen Bundesregierung ist es nicht verwunderlich, dass es der Bundeskanzler auch weiterhin nicht der Mühe wert findet, gegenüber dem Nationalrat – wie im Übrigen in der Geschäftsordnung des Nationalrates in § 74 b Abs. 3 explizit vorgesehen – eine umfassende Erklärung abzugeben, und der Linie des sich Verschweigens somit treu bleibt.

In § 74 b Abs. 3 GOG-NR heißt es wörtlich:

„EU-Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung finden zweimal pro Jahr in zeitlicher Nähe zu einer Tagung des Europäischen Rates statt. Sie dienen der Infor­mation des Nationalrates über Themen des Europäischen Rates, deren Auswirkungen auf Österreich und die Positionen der österreichischen Bundesregierung dazu.“

Dieses scheibchenweise, leichtfertige Aufgeben von Rechten der Österreicherinnen und Österreichern, wie es im gegenständlichen Fall mit dem Bankgeheimnis geschieht, passt genau in das Bild und die Absicht der österreichischen Bundesregierung, diesen Kurs fortzusetzen, und auch in Zukunft Souveränitätsrechte und Eigenstaatlichkeit bedenkenlos an Brüssel abzugeben.

So stellten beispielsweise die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 13. und 14. Dezember 2012, der der Bundeskanzler seine Zustimmung erteilte, ein weite­res Mosaiksteinchen am Weg hin zu einer weiteren Abgabe von nationaler Souveränität in Richtung der Schaffung einer politischen Union dar.

In der Praxis geht es dabei unter anderem um nicht mehr und nicht weniger als um die Abgabe weitreichender Souveränitätsrechte und insbesondere der Budgethoheit der Mitgliedstaaten. In diesen Schlussfolgerungen wurde unter der Überschrift „Fahrplan für die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion“ insbesondere der sogenannte „Blueprint“ der Europäischen Kommission seitens der Staats- und Regierungschefs zur Kenntnis genommen.

Auf Seite 15 dieses sogenannten Blueprints oder Blaupause der Kommission ist nachzulesen, was seitens der EU tatsächlich gewollt ist:

„Schließlich soll langfristig (in mehr als fünf Jahren), durch schrittweise Zusammen­führung von Hoheitsrechten und damit Verantwortung sowie Solidaritätsbefugnissen auf Europäischer Ebene, die Schaffung eines autonomen Haushalts des Euro-Währungsgebiets möglich werden.

Diese progressive weitere Integration des Euro-Währungsgebiets zu einer umfassen­den Banken-, Fiskal- und Wirtschaftsunion wird parallele Schritte zu einer politischen Union mit verstärkter demokratischer Legitimation und Rechenschaftspflicht erfordern.“


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Diese Formulierungen zeigen eindrucksvoll, wohin die Reise gehen soll. Ziel ist die Aufgabe der einzelstaatlichen Souveränität in den Bereichen Haushalt, Steuerpolitik, Beschäftigungs- und Sozialpolitik!

Mit diesen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates ist eine Weiterentwicklung dieser Pläne in Richtung einer politischen Union vorgezeichnet. 

Ein ernstzunehmender Widerstand gegen diese Pläne zur Schaffung einer politischen Union unter Aufgabe der nationalen Souveränität ist insbesondere seitens der ÖVP nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil!

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Verein Nova Europa – Sammlungs­bewegung für eine Europäische Republik, der sich die Schaffung einer Europäischen Republik unter Aufgabe der Restsouveränität der Mitgliedstaaten zum Ziel gesetzt hat.

Die geplante Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion war entsprechend einem Entwurf zu den Schlussfolgerungen des gestrigen Europäischen Rates – wenn auch ohne Formulierungen dazu in den Schlussfolgerungen – Thema. Dabei sollte es insbesondere um eine Bestandsaufnahme der Arbeiten zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion gehen.

Im Vorfeld dazu gab es jüngst eine alarmierende Aussage von Präsident Hollande, die letztlich zu einer Abgabe der nationalen Budgethoheit und in weiterer Folge zu einer politischen Union führen wird:

Frankreich dringt auf eine enge Abstimmung in der Eurozone. Die Gruppe der Euro-Länder sollte eigene Steuern erheben können und über einen eigenen Haushalt verfügen, forderte Präsident Francois Hollande am Donnerstag in Paris. Eine gemein­same Wirtschaftsregierung der Eurozone könnte für die Harmonisierung der Steuern und eine gemeinsame Bekämpfung von Betrug sorgen. Hollande schlug vor, eine gemeinsame Wirtschaftsregierung der Eurozone sollte einmal pro Monat tagen. (APA546/16.Mai 2013)

Dass, wie oben angesprochen, insbesondere die ÖVP keinerlei Probleme mit der­artigen Entwicklungen hat, veranschaulichen jüngst getätigte Aussagen des Staats­sekre­tärs Lopatka nur allzu drastisch:

Lopatka am 6. Mai 2013:

„Politische Union steht erst am Anfang“

„Wir müssen weiterhin alles tun, damit Europa sich weiterentwickelt und zusammen bleibt! Das funktioniert nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger das Projekt maßgeblich mitgestalten können und die europäischen Regierungen sich einig sind, wie man das Projekt weiterentwickeln soll. Es darf keine Kluft zwischen der EU und den Bürgern entstehen. Hier besteht ein intensiver Informationsbedarf. Man darf gleichzeitig nicht vergessen, dass die EU als politische Union mit ihren rund 20 Jahren noch ein relativ junges Projekt ist“, hielt Lopatka fest und betonte „Wir stehen erst am Anfang der politischen Union.“

„Am Ende wird sich die Frage stellen, ob wir Nationalstaaten überhaupt noch haben“, sagte Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) bei einer Podiumsdiskussion im Haus der Europäischen Union zum Europatag.

Gerade vor dem Hintergrund derartiger Entwicklungen und den Aussagen des Staats­sekretärs Lopatka hätten sich die unterfertigten Abgeordneten eine Erklärung des Bundeskanzlers gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Nationalrates erwartet, um Aufschluss über die diesbezügliche Positionierung der österreichischen


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Bundesregierung in der Frage der Aufgabe von weiteren Souveränitätsrechten an Brüssel zu bekommen.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bun­deskanzler nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Welche konkreten Auswirkungen hat die geplante Änderung des automatischen Datenaustausches für österreichische Bürger?

2. In welchen konkreten Konstellationen müssen künftig Auskünfte erteilt werden, die nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich sind?

3. Aus welchen Gründen haben Sie zugestimmt bzw. welche (internen) Absprachen wurden mit anderen Ländervertretern getroffen und in welcher Art und Weise sind diese gegenüber Ihnen in welcher Form aufgetreten?

4. Wie ist die Koordination der österreichischen Position auf politischer Ebene vor den jeweiligen Sitzungen auf Beamten-Ebene und Ratsebene in der EU zum automatischen Datenaustausch jeweils konkret abgelaufen?

5. Zu welchem Zeitpunkt wird in der Bundesregierung die Positionierung Österreichs vor Sitzungen der einzelnen Räte abgestimmt und wie erfolgt dies konkret?

6. Wie wird verhindert, dass die Kontodaten der Österreicher nicht unter den auto­matischen Datenaustausch fallen?

7. Bisher beschränkt sich der automatische Datenaustausch auf die Zinsen aus Kapital­vermögen, die von den Banken unschwer festgestellt werden können. Können Sie ausschließen, dass nun im erweiterten Datenaustausch alle positiven Konto­bewegungen ausgetauscht werden?

8. Die österreichischen Steuerbehörden stützen sich bei der Verfolgung von öster­reichischen Steuersündern schon heute auf ausländische Datensammlungen; was verhindert, dass auf dem Umweg über das Ausland die Kontodaten von Inländern auch den inländischen Finanzbehörden zur Verfügung stehen werden?

9. Aus welchen Gründen haben Sie entgegen der Haltung der Finanzministerin Fekter entschieden bzw. inwieweit haben Sie sich mit ihr abgestimmt und wie ist Ihre Haltung zur getroffenen Entscheidung?

10. Mit welchen Argumenten haben Sie bisher, d.h. im Laufe Ihrer bisherigen Regie­rungszeit, das Bankgeheiminis verteidigt?

11. Warum haben Sie die jetzt getroffenen Änderungen nicht schon am Anfang Ihrer Amtszeit befürwortet?

12. Im Gegensatz zum Nationalbankpräsidenten Claus Raidl sind Sie der Meinung, dass die Unterscheidung zwischen Steuerausländer und Steuerinländer keine Rolle spielt. Inwieweit können Sie hier und heute eine Garantie dafür abgeben, dass Sie im Gegensatz zum Nationalbankpräsidenten Raidl Recht behalten und das Bank­geheimnis für Österreicherinnen und Österreicher Bestand behalten wird?

13. Falls Sie diese Garantie nicht abgeben können, welche Konsequenzen – etwa den Rückzug aus dem automatischen Datenaustausch – werden Sie ziehen?

14. Staatssekretär Lopatka stellt die Auflösung Österreichs in den Raum, indem er die Rolle von Nationalstaaten in Frage stellt. Er befindet sich damit in einer Linie mit den ÖVP-Thinktank „Nova Europa“. Teilen Sie die Meinung des Staatsekretärs?


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15. Steuerexperte Werner Doralt meint in einem ORF-Interview am 6. April 2013, dass die österreichische Wirtschaft aus den gebunkerten Schwarzgeld lebt. Teilen Sie die Meinung von Prof. Doralt?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Widmann als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.00.20

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es geht, wie Sie sicher dem Titel bereits entnommen haben, nicht nur um das Bankgeheimnis, sondern es geht um grundlegende Zukunftsfragen der europäischen Politikausrichtung, Herr Bundeskanzler – der Sie gestern, Mittwoch, beim Rat waren –, die wir am Dienstag im EU-Hauptausschuss intensiv diskutiert haben. Es geht einerseits um die schrittweise Aufgabe des Bankgeheimnisses, scheibchenweise, es geht um die Aufgabe von Bürger- und Freiheitsrechten, und es geht auch darum, wie der euro­päische Superstaat, der von manchen europäischen Politikern geplant ist, in Zukunft ausschauen soll, ob wir das haben wollen, und es geht letztlich noch um – unter Anführungszeichen, ich habe mir fast gedacht, das war ein Ablenkungsmanöver – „Energiefragen“. Dafür haben wir ja schöne Worte in Österreich, aber in Wahrheit keine richtigen konkreten Taten auf europäischer Ebene. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich hätte mir eigentlich gedacht, Herr Bundeskanzler, dass das so wichtig ist – Bürger­rechte, Freiheitsrechte, die Bank-, die Sparbuch-Schnüffelei –, dass Sie von sich aus bereits heute Morgen in der Fernsehzeit dazu Stellung nehmen, Sie uns im Detail erklären, welche Konsequenzen das für das Parlament, für die Bürger in diesem Land, aber auch für die Zukunft der Europäischen Union hat. Aber Sie verschweigen sich, auftragsgemäß – darauf komme ich dann noch einmal extra zu sprechen –, und die ÖVP, die auch massiv betroffen ist, verschwindet überhaupt fast flächendeckend aus dem Sitzungssaal, weil sie damit ohnehin nichts zu tun hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ablauf der Vorbereitung dieses Rates war wirklich hanebüchen. Das war ein beispielloses beschämendes Schauspiel von ÖVP und SPÖ, wie man es nicht macht.

Da war zunächst einmal das Schreiben der Frau Finanzminister vom 25. April, Herr Bundeskanzler, das rein zufällig – sage ich einmal – den Medien zugespielt worden ist, was dann zu diesem ganzen Theater führte. Das Schreiben enthielt vier Forde­rungspunkte, die offenbar nicht mit Ihnen akkordiert waren, mit dem Endeffekt, dass Sie selbst gesagt haben: Wir werden hier zu einer Lachnummer. So verhandelt man nicht. Das ist keine gute Idee, Frau Fekter, haben Sie sinngemäß gesagt.

Das ist Ihre Regierungskoordination – sie hat nicht stattgefunden! Wer auch immer hier Schuld hat, wir haben uns jedenfalls europaweit einer Lachnummer preisgegeben.

Die Verhaltensoriginalität von Frau Bundesminister Fekter ist ja bekannt. Ich erinnere an die Gallensteine eines ausländischen Ministerpräsidenten bis hin zur heutigen Rüge Kollegin Bayr gegenüber, die wirklich mehr als unangebracht war. Wenn hier jemand


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etwas zu rügen hat, dann wir Abgeordnete die Regierung, die in vielen Bereichen zum Nichtstun neigt.

Aber ein Gutes hat das Ganze: Das wird auch alles im ORF übertragen, und seither zahle ich wieder gerne ORF-Gebühren, denn man braucht nicht mehr ins Kabarett zu gehen, wenn man sich ansieht, wie Sie sich hier auf der Regierungsbank aufführen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich werde jetzt ins Detail gehen, wie Sie sich auf Beamtenebene und auf europäischer Ebene im Vorfeld des Rates nicht vorbereitet haben, denn das spricht für sich. Ich darf ein bisschen zitieren, zum Beispiel aus der Sitzung der Ständigen Vertreter in Brüssel am 7. Mai. Es ging um das Thema „Verhandlungsmandat für Änderungen der Abkom­men mit Drittländern im Bereich der Besteuerung der Zinserträge“. Dazu ist im Protokoll des österreichischen Vertreters Folgendes vermerkt: „Österreich verschwieg sich weisungsgemäß.“

Es geht weiter. Unmittelbar danach gab es eine Debatte über die Richtlinie zur Änderung der Besteuerung von Zinserträgen, und auch darüber finden wir im Protokoll denselben Satz: „Österreich verschwieg sich weisungsgemäß.“

Aber skurril wurde es dann am 8. Mai 2013, wiederum eine Sitzung der Ständigen Vertreter in Brüssel. Im Protokoll steht: „Österreich verwies weisungsgemäß auf die konstruktive Debatte zu Zins-RL“ – Zinsenrichtlinie – „und Mandat im AstV“ – Aus­schuss der Ständigen Vertreter – „am Vortag und auf die geplante Diskussion beim bevorstehenden Ecofin am 14.5., der zuversichtlich entgegengesehen werde.“

Österreich verwies auf die „konstruktive Debatte“, wo man sich weisungsgemäß verschwiegen hat. – Das, Herr Bundeskanzler, müssen Sie mir einmal erklären, wie das funktioniert, wie man auf eine konstruktive Debatte verweisen kann, an der man gar nicht beteiligt war, weil man sich offenbar im Vorfeld in der Regierung nicht koordiniert hat, keine Meinung hatte, keine Linie hatte und sich dann weisungsgemäß verschwiegen hat! Im Protokoll steht: Österreich verwies auf die konstruktive Debatte zur Zinsenrichtlinie. Das ist in Wahrheit eine Weisung zum Nichtstun, Herr Bundeskanzler! (Beifall beim BZÖ.)

Daher erwarten wir heute eine Erklärung von Ihnen zu diesem Rat, der gestern statt­gefunden hat, eine umfassende Erklärung, die über die Beantwortung meiner Fragen, die ich Ihnen in der Dringlichen übermittelt habe, hinausgeht, denn es geht auch um die scheibchenweise Aufgabe der Rechte Österreichs.

Ich komme zurück zum Europäischen Rat im Dezember letzten Jahres. Es geht – Kollege Klubobmann Bucher hat das heute bereits zitiert – in Wahrheit um die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion. Kollege Bucher hat – und ich darf das kurz wiederholen – den sogenannten Blueprint der Europäischen Kommission oder die Blaupause der Kommission zitiert.

Da steht: „Diese progressive weitere Integration des Euro-Währungsgebiets zu einer umfassenden Banken-, Fiskal- und Wirtschaftsunion wird parallele Schritte zu einer politischen Union mit verstärkter demokratischer Legitimation und Rechenschaftspflicht erfordern.“

Damit lassen Sie bereits alles heraus – sage ich jetzt einmal –, was Sie vorhaben: eine gemeinsame Haushalts- und Steuerpolitik bis hin zu einer gemeinsamen Sozial- und Beschäftigungspolitik, wie das etwa auch Präsident Hollande kürzlich gesagt hat. Wissen Sie, was das bedeutet? – Dass dann die großen Länder über unsere Steuern bestimmen, dass die großen Länder, wenn Arbeitslosigkeit herrscht, sagen: Das Geld der Steuerzahler von Österreich wird transferiert, um die Arbeitslosenrate in anderen


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Ländern, wo sie extrem hoch ist, abzufedern! Das wird die Konsequenz sein. Ist das die Beschäftigungspolitik, ist das die Sozialpolitik, die Sie haben wollen?

Auch die Sozialstandards werden mit Sicherheit nicht nach oben angepasst oder gehalten werden, sondern sie werden nach unten sinken. Wie das mit den Grundwerten einer Sozialdemokratie zu vereinbaren ist, das verstehe ich nicht.

Das heißt, das sind Dinge, wo Sie Erklärungsbedarf haben, denn auch das wurde in den Schlussfolgerungen des Rates gestern diskutiert und auch festgehalten.

Ich komme zu meinen Kollegen von der ÖVP. Es gibt den Verein Nova Europa – wir haben das bereits einmal diskutiert –, und Nova Europa will eine europäische Republik, will, dass wir die Hoheitsrechte hier in diesem Land aufgeben und alles an die EU transferieren. Einige Abgeordnete hier von der ÖVP waren damals noch Mitglied in diesem Verein Nova Europa, inzwischen sind sie ausgetreten, weil sie erkannt haben, welchen Blödsinn sie da unterstützen. Ich finde daher die Frage wirklich gerechtfertigt: Wie schaut es denn aus, wie ist denn das gemeint, Herr Bundeskanzler: Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion? Wie ist das gestern diskutiert worden? Welche ganz konkreten Maßnahmen hat man beschlossen, welche Absichten bestehen, um die Menschen weiter zu entrechten?

Besonders interessant wird das noch dadurch, dass – er ist jetzt nicht anwesend – Herr Staatssekretär Lopatka, das ist ein schönes Zitat, am 6. Mai, so lange ist das nicht her, gesagt hat: „Politische Union steht erst am Anfang.“ Darüber kann man noch diskutieren, aber brenzlig wird es dann, wenn man liest: „,Am Ende wird sich die Frage stellen, ob wir Nationalstaaten überhaupt noch haben‘, sagte Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) bei einer Podiumsdiskussion im Haus der Europäischen Union zum Europatag.“

Also am Ende wird sich die Frage stellen, Herr Bundeskanzler, ob wir Nationalstaaten überhaupt noch haben. Dazu würde mich Ihre Meinung interessieren, Herr Bun­deskanzler: Wollen Sie noch Nationalstaaten haben, oder soll Österreich in dem von den Kommunisten und Sozialisten und Grünen geplanten gemeinsamen Europa nur mehr ein kleines rechtloses Bundesland sein, das keine Budgethoheit mehr hat, das keine Beschäftigungspolitik mehr machen darf, das völlig entrechtet ist und nur mehr Abgaben und Steuern anonym irgendwo hinliefert und sich von sogenannten Kommis­saren – der Begriff spricht ja für sich – zu Tode verwalten lässt? – Wir vom BZÖ wollen das nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Da passt es dann ganz gut hinein, wenn dieser Tage ein neuer Entwurf seitens der EU bekannt wird, wonach man Strafen einführen will für Parteien, die die Werte der EU nicht vertreten, ohne diese Werte genau zu definieren. Federführend dabei ist ein gewisser Herr Swoboda, der der Sozialdemokratie nicht ganz unbekannt sein dürfte. Was wollen Sie damit bezwecken? Sie wollen Parteien strafen, die die Werte der Union, die nicht definiert sind, nicht vertreten. Wie funktioniert das, wie geht das? Was haben Sie hier vor? Ich denke, wenn sogar selbst der grüne Abgeordnete Villumsen das heftigst kritisiert, dann sollte das schon eine Warnung für uns alle sein, wenn wir nicht den Weg zu einer EUdSSR einschlagen wollen, wo es die völlige Kontrolle gibt, wo es die völlige Aufgabe der Bürgerrechte gibt, wo dann eigentlich nur mehr Partei­sekretariate, anonyme, von den Bürgern nicht gewählte Einrichtungen über die Europäer herrschen. Wir wollen das nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Es kann nicht sein, dass jemand, der eine „falsche“ Meinung hat, die Gesinnungs­terroristen feststellen, die Gutmenschen feststellen, eine Strafe zu zahlen hat. Es kann nicht sein, dass EU-Kritiker, die an der EU interessiert sind, aber durchaus berechtigte konstruktive Sachkritik anbringen, mundtot gemacht werden. Das ist politischer


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Gesinnungsdruck, das kommt in Wirklichkeit fast einer Majestätsbeleidigung gleich, wie wir sie früher gehabt haben. Wo ist da die freie Meinungsäußerung?

Ich stelle mit Befremden fest, dass manche ÖVP-Politiker das lustig finden und darüber lachen. Ich bin mir sicher, dass der Mittelstand, den wir in Zukunft vorwiegend vertreten werden, weil Sie sich abgemeldet haben – Sie wollen eine kommunistische EUdSSR –, gut beraten ist, in Zukunft das BZÖ zu stärken. In Wirklichkeit ist das eine Vorstufe für ein totalitäres System.

Liebe Kollegen von der ÖVP! Das mit den Bürgerrechten kennen wir schon. Es gibt ein Demokratie-Paketchen von Herrn Staatssekretär Kurz, der hier hinter mir auf der Regierungsbank sitzt, das in Wahrheit Peanuts beinhaltet, aber keine großen Reform­schritte. Es gibt den Vorschlag, das Bankgeheimnis abzuschaffen, in den Sparbüchern der kleinen Menschen zu schnüffeln, was sie am Konto haben, um vielleicht im Bedarfsfall darauf zurückgreifen zu können – denken Sie an Zypern –, um zu wissen, wie viel Geld überhaupt vorhanden ist. Das Bankgeheimnis soll schrittweise abge­schafft werden, um jenen, die gespart haben, um für die Kinder, für die Enkel etwas beiseite zu legen, etwas wegzunehmen, weil man es vielleicht für den Pflegeregress braucht. (Abg. Dr. Cap: Aber Sie wissen schon, dass das ein riesiger Unsinn ist, was Sie hier sagen!?)

Kollege Cap, ich weiß schon, Sie, die SPÖ, sind die Steuererhöhungspartei Öster­reichs. Sie brauchen hier keinen Kommentar abzugeben, das ist vollkommen klar. Sie wollen jene Menschen bestrafen, die ein Leben lang Leistung erbracht haben. Und, Kollege Bartenstein, auch Ihre Steuererhöhungspläne von Klubobmann Drexler in der Steiermark sind bekannt, wo es um die Massensteuern, die Mehrwertsteuer geht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Kollege Stummvoll, nicht nur die SPÖ, auch die ÖVP ist eine Steuererhöhungspartei. (Beifall beim BZÖ.)

Es geht weiter, liebe Kollegen von der ÖVP: Vorratsdatenspeicherung – General­verdacht für alle Österreicher. Schön, nur, ob die Generalverdächtigen auch kriminell sind? Genau hier schütten Sie das Kind mit dem Bade aus. Ebenso mit dem Bank­geheimnis. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Es gibt Abkommen mit anderen Staaten, es gibt die Möglichkeit der richterlichen Eröffnung von Sparguthaben und Sparkonten, wenn der Verdacht der Geldwäsche im Raum steht. Das gibt es alles. Nutzen Sie einmal diese Möglichkeiten, anstatt alle Sparbuchbesitzer dem General­verdacht der Geldwäsche zu unterziehen, liebe Kollegen von der ÖVP! Das ist die Wahrheit, die man einmal sagen muss.

Es geht aber weiter: Bürgerbespitzelung, siehe Rettungsgasse, Vorschlag von SPÖ und ÖVP, in Zukunft alles videozuüberwachen. – Wo sind wir denn?! Welche Demo­kratie wollen Sie, welche Zukunft wollen Sie haben in der Europäischen Union? Oder ist es das, was in Wirklichkeit dahintersteht, ist es der Geist eines Herrn Dollfuß, den Sie hier wieder beschwören? Sind Sie die Herren Dollfüßler? Ist die ÖVP drauf und dran, im Sinne des Herrn Dollfuß die Freiheitsrechte, die Demokratie und das Parla­ment zu beschneiden? Ich frage Sie: Sind Sie die neuen Dollfüßler? Sie haben es ja bewiesen im Rechnungshofausschuss, als Sie mir das Rederecht entzogen haben, als ich den Antrag gestellt habe, er möge einmal sagen, was er eigentlich braucht. Sogar das haben Sie verboten. (Abg. Neugebauer: Jetzt wird es richtig abenteuerlich, was du da erzählst!)

Sie sind es gewohnt, totalitär zu regieren. Es gibt genügend Beispiele, da braucht man nur nach Niederösterreich zu schauen. Die Dollfuß-Kapelle im Bundeskanzleramt, das weiß ich, haben Sie sehr gerne, aber Sie sind keine moderne Partei, die Bürgerrechte schützt, die Steuern senkt. Sie sind in Wirklichkeit im Geiste Dollfuß’ unterwegs, eine Dollfuß-Partei sind Sie von der ÖVP! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Das muss man einmal ganz klar sagen. Das lässt sich nicht mit Bürgerrechten vereinbaren! Sie sind die neue Dollfuß-Partei in diesem Land, nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! Die Geister, die ich rief, werde ich nicht mehr los – Ihre Handlungen bestätigen das auf allen Ebenen. (Abg. Neugebauer: Um Gottes willen, weißt du, was du da sagst? Lern Geschichte, Herr Magister! – Abg. Amon: Unglaublich!) – Sehr geehrte Herren Kollegen, ich weiß ganz genau, was ich sage, und ich meine das auch so, wie ich es sage, und ich werde es auch nicht zurücknehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sagen Nein zur Sparbuch-Schnüffelei. Sie können damit keine Steueroasen trockenlegen. (Ruf bei der ÖVP: Peinlich! – Weiterer Zwischenruf des Abg. Amon.) Die Sparbuchsteuer gibt es ja in Österreich, 25 Prozent KESt, also was wollen Sie hier noch bewirken? Da wird bereits kräftig abkassiert.

Das heißt, in Wirklichkeit gilt es, die Österreicher vor Ihnen zu schützen, weil Sie drauf und dran sind, diese Sparbuch-Schnüffelei voranzutreiben, auch auf die Sparbücher zuzugreifen, um letztlich – der Probegalopp in Zypern hat es ja gezeigt – zu wissen, wie viel Geld da ist, um Geld abfließen zu lassen, wenn es etwa um den Pflegeregress geht, et cetera. Das wollen die Bürger nicht.

Dieser erste Schritt, der gestern gesetzt worden ist, ist nichts anderes als ein Tür- und Toröffner dazu. Ich bin gespannt, ob der Herr Bundeskanzler das auch so haben will, denn zur Steuerbetrugsbekämpfung gibt es genügend andere Möglichkeiten, die es auch auszuschöpfen gilt.

Das heißt, das Bankgeheimnis muss so bleiben, wie es ist, denn, Herr Bundeskanzler, es glaubt Ihnen kein Mensch, wenn Sie behaupten, dass der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes sagt, das Bankgeheimnis ist nicht betroffen, wird nicht berührt von diesem Abkommen. Das stimmt einfach nicht! Es braucht nur ein Einziger aus einem anderen EU-Land kommen und den Gleichheitsgrundsatz beim Europäischen Gerichtshof einklagen, dann wird das nicht halten und dann wird in letzter Konsequenz auch das Bankgeheimnis fallen.

Ich sehe hier Vertreter der Banken sitzen, die ÖVP ist eine Banken- und Bauernpartei, Kollege Auer, Kollege Ikrath, ich sage Ihnen, ich weiß, was das heißt. Dann machen Sie das Geschäft der Großkonzerne zum Schaden Ihrer eigenen Kunden. Da müssen Sie sehr gut aufpassen, in welche Richtung Sie hier gehen wollen. Man hat uns schon einmal versprochen – und letztlich belogen –, die EU bringt mehr Beschäftigung. In Wirklichkeit haben wir Rekordarbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit in Höhen, die es noch nie gegeben hat. Man hat uns gesagt, alles wird billiger. Man hat gesagt, der Ederer-Tausender kommt. Auf den warten heute noch alle Menschen in diesem Land, aber er kommt nicht. Auch diesbezüglich hat man uns falsch informiert. Überall außerhalb der EU auf dem europäischen Kontinent wächst die Wirtschaft in Wirklichkeit stärker als innerhalb der Eurozone. Auch das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, auch in diesem Sinne ist der Euro keine Seligmachung.

Ich komme zum Schluss und fasse zusammen: Sie, Herr Bundeskanzler, wollen die Bürger- und Freiheitsrechte beschränken, Sie wollen die Sparbuch-Schnüffelei, Sie wollen die bestehenden Instrumente zur Steuerbetrugsbekämpfung nicht ausnutzen, Sie sind drauf und dran, wieder einmal klein beizugeben gegenüber diesem EU-Moloch, und die ÖVP ist drauf und dran, eine linke EUdSSR mit zu unterstützen.

Ich habe heute in einer großen Tageszeitung gelesen, Sie kämpfen für das Image Österreichs, Herr Bundeskanzler. Das stimmt nicht, Sie kämpfen für Ihr Image! Und wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 137

vom BZÖ kämpfen gegen die Sparbuch-Schnüffelei und für das Bankgeheimnis, wir sind auf der Seite des Bürgers und des Mittelstandes. (Beifall beim BZÖ.)

15.17

*****

15.16.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Widmann, für den Vorwurf und die Unterstellung, dass jemand totalitär regiert, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Stummvoll: Zu Recht!) Es ist der Würde dieses Hauses nicht zuträglich, sich gegenseitig Derartiges zu unterstellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wichtig ist, die Wahrheit mit der Würde dieses Hauses zu verbinden!)

*****

Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 20 Minuten nicht übersteigen. – Herr Bundeskanzler, bitte.

 


15.17.25

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete!

Zur Frage 1:

Das Bankgeheimnis bleibt für Steuerinländer unangetastet.

Zur Frage 2:

Die Zinsrichtlinie betrifft keine Informationen über Kontobewegungen, sondern über Zinserträge. Darüber hinaus sollen im Rahmen der derzeit diskutierten Erweiterung der Zinsrichtlinie Informationen über Finanzprodukte wie zum Beispiel Erträge von Derivaten ausgetauscht werden, um somit eine effektivere Besteuerung und Zusam-men­arbeit zu ermöglichen.

Zur Frage 3:

Ich habe zugestimmt, weil für mich und die Bundesregierung klar ist: Steuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt, Steuerbetrug wollen und werden wir mit aller Kraft bekämpfen. Mit Luxemburg waren wir in ständigem Kontakt.

Zu den Fragen 4 und 5, Abstimmung von Positionen vor Räten auf Beamtenebene:

Vor jedem Rat und vor jedem Europäischen Rat findet auf Beamtenebene eine inter­ministerielle Sitzung statt, bei der die Tagesordnung besprochen und auch abgestimmt wird. Ergänzend findet bei jedem Ministerrat eine politische Debatte zu EU-Themen statt, bei der alle aktuellen Fragestellungen erörtert und allenfalls abgestimmt werden. Außerdem berichten der Vizekanzler und ich jeweils vor dem Europäischen Rat dem Hauptausschuss des Parlaments.

Automatischer Datenaustausch: Auf Basis der gemeinsamen Erklärung von Vize­kanzler Michael Spindelegger und mir vom 6. April zum Thema Bankgeheimnis wurden alle Unterlagen und Weisungen auf Beamtenebene – das war die Frage – im Vorfeld des Ecofin am 14. Mai, des Rats für Allgemeine Angelegenheiten am 21. Mai und des Europäischen Rates am 22. Mai erstellt.

Zur Frage 6:

Das österreichische Bankgeheimnis ist nicht Gegenstand der Zinsbesteuerungs­richt­linie und bleibt daher völlig unangetastet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 138

Zur Frage 8, Kontodaten von Inländern über das Ausland auch an inländische Finanz­behörden:

Wenn Verdacht auf Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug besteht, haben die Steuer-behörden über die Amtshilfe auch jetzt schon unter Einhaltung sämtlicher nationaler wie internationaler Vorschriften die Möglichkeit zu kooperieren.

Zur Frage 9:

Am 26. April haben der Vizekanzler und ich in einer gemeinsamen Erklärung fest­gestellt, dass wir konstruktiv an den Verhandlungen der EU mit Drittstaaten zur entsprechenden Übernahme der Regelungen der Zinsbesteuerungsrichtlinie mitwirken werden und dass wir keinerlei Interesse haben, dass international der Eindruck erweckt wird, Österreich sei Schutzpatron der Steuerhinterzieher.

Zu den Fragen 10 und 11:

Heute – wie in den vergangenen Jahren auch – bin ich der Ansicht, dass das Bank­geheimnis für österreichische Steuerpflichtige bleiben soll und Steuerbetrug ent­schlos­sen bekämpft werden muss. An dieser Position hat sich nichts geändert.

In den letzten Schlussfolgerungen wurde verankert: Im Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung „ist die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers, ein­schließlich im Falle von Unternehmen, Treuhandgesellschaften und Stiftungen, von wesentlicher Bedeutung“.

Zu den Fragen 12 und 13:

Eine ganze Reihe von Experten, wie etwa Professor Obwexer von der Universität Innsbruck, aber auch der Verfassungsdienst gehen davon aus, dass eine Unter­scheidung zwischen Steuerinländern und Steuerausländern zur europäischen Bekämp­fung von Steuerbetrug möglich ist. Der Verfassungsdienst hat hier eine klare und sehr nachvollziehbare Begründung geliefert. Auf Basis dieser Informationen gibt es für uns keinen Grund, an der Möglichkeit und an der Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses für Steuerinländer zu zweifeln.

Zur Frage 14:

Nein, Österreich wird nicht aufgelöst.

Zur Frage 15:

Die österreichische Wirtschaft lebt vom Fleiß der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Verantwortung der Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land. Die Stärken des Wirtschaftsstandortes Österreich sind die starke Realwirtschaft, die Kauf­kraft der Österreicherinnen und Österreicher, der Export und die hohe Beschäftigung. Damit nimmt unser Land in Europa eine Vorbildrolle ein. Diese Stärken auszubauen ist genauso unsere Aufgabe, wie den Steuerbetrug zu bekämpfen, und auch in diesem Punkt wird Österreich an der Spitze vorangehen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Matznetter und Dr. Strutz.)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamt­rede­zeit von 25 Minuten zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 139

Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Bucher. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

 


15.22.02

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bundeskanzler, nehme ich meinen Job ernst! (Beifall beim BZÖ.) Da können Sie ruhig applaudieren. Der Einwurf des Herrn Bundeskanzlers lautete: Bitte kurz halten! (Ruf bei der SPÖ: Die Latte liegt hoch!) Haben Sie heute noch etwas vor, Herr Bundeskanzler?, frage ich Sie ganz privat. Haben Sie noch etwas vor? (Zwischenrufe der Abg. Mag. Muttonen und weiterer Abgeordneter der SPÖ.)

Also das war eine Regierungserklärung, wie sie in diesem Hohen Haus beschämender nicht sein kann, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.) Darf ich vorstellen: Das ist der Bundeskanzler der Republik Österreich! Er hat hier eine Rede gehalten (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Gaßner, Mag. Muttonen und weiterer Abgeordneter der SPÖ), zu einem wichtigen Thema, nämlich zum Thema Bürgerrechte in unserem Land.

Hier an diesem Rednerpult haben in den letzten Jahrzehnten hochrangigste Sozial­demokraten für die Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses gekämpft, meine lieben Freunde, und sind dafür eingestanden. Jetzt sieht man da betretene Gesichter, Verzweiflung über eine Untat, wie sie das Hohe Haus noch nie gesehen hat. (Heiterkeit des Abg. Dr. Bartenstein. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist beschämend, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Und die ÖVP lacht, die ÖVP grinst – das ist überhaupt das Höchste. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Wo ist denn Kollege Ikrath? Hoffentlich wirst du, lieber Kollege Ikrath, heute hier heraußen eine Verteidigungsrede halten, was das Bankgeheimnis betrifft. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich wiederhole deine Worte, die du in der „ZIB 2“ gesagt hast, in der Diskussion hast du davon gesprochen: Wenn das wirklich kommt, was diese Bundesregierung da vorhat, dann ist das das Ende des österreichischen Bankgeheimnisses. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Da wird nicht unterschieden. (Ruf beim BZÖ: Ikrath! Zitat!) – Zitat Kollege Ikrath, nicht Josef Bucher; Zitat Kollege Ikrath! Also ihr nehmt es in der ÖVP mit der freien Meinungsäußerung so ernst, dass man euch mittlerweile überhaupt nichts mehr glauben darf. (Beifall beim BZÖ.) Es ist egal, was ihr sagt, es ist nichts mehr ernst zu nehmen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Wir kämpfen halt noch mit Leidenschaft für die Rechte der Bürger. Euch ist alles egal. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Die Europäische Union ist euch egal, die Bürgerrechte sind euch egal, die hohe Steuerbelastung in unserem Land ist euch egal – euch ist alles egal. (Ruf bei der ÖVP: Am meisten egal ist uns das BZÖ!) Hauptsache ihr dürft dick und fett in euren Pfründen herumsitzen und den Menschen auf der Tasche liegen, das ist euch wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP. (Beifall beim BZÖ.) Es ist eine Katastrophe, wie ihr euch hier in diesem Hohen Haus verhält. (Abg. Krainer: Katastrophe ist das Niveau !)

Es ist doch ein gutes Recht der Opposition, in einer Debatte bei einem wichtigen Anliegen der Bevölkerung Partei zu ergreifen (Zwischenruf bei der SPÖ), die Stimme zu erheben, wenn hier etwas offensichtlich nicht nur schiefläuft, sondern in Zukunft katastrophal danebengehen kann!

Da stützt sich der Herr Bundeskanzler auf ein Gutachten des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt. Herr Bundeskanzler, auf den Verfassungsdienst würde ich mich an Ihrer Stelle nicht zu 100 Prozent verlassen (Abg. Ing. Westenthaler: Ist schon ein paarmal danebengelegen! – Ruf: Das BZÖ auch! – Abg. Ing. Westenthaler: Ja, aber


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wir sind nicht der Verfassungsdienst!), denn dieser Verfassungsdienst wird von Ihrem ehemaligen Kabinettschef geleitet.

Ist der Chef des Verfassungsdienstes Ihr ehemaliger Kabinettschef, Herr Bundes­kanzler? Ja oder nein? Das wissen Sie selber nicht? – Schade, ich hätte mir gedacht, Sie kennen Ihre Mitarbeiter zumindest persönlich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Dann ist es der ehemalige Kabinettschef des Herrn Gusenbauer, aber Ihnen auf alle Fälle politisch nahestehend. (Ruf beim BZÖ – in Richtung SPÖ –: Ruhe da drüben auf den billigen Plätzen!)

Dieser Vorwurf kommt nicht von Josef Bucher, sondern von Frau Cortolezis-Schlager, ÖVP. (Zwischenbemerkung auf der Regierungsbank: Und er hat  Verfassungsdienst, oder ?) – Ich sage es Ihnen. – Sie hat in einer Aussendung Folgendes gesagt: der weisungsgebundene Verfassungsdienst des Bundeskanzlers, ehemaliger Kabinetts­chef des Herrn Bundeskanzlers Faymann. Er attestiert Ihnen, in dieser Angelegenheit brauchen Sie keine Sorge zu haben; es wird in Zukunft eine Unterscheidung zwischen Steuerinländern und Steuerausländern möglich sein. – Das sagt Ihnen Ihr eigenes Parteimitglied.

Also darauf würde ich nicht wetten, Herr Bundeskanzler, sondern ich würde mich auf alle Fälle darum kümmern, welche Zweifel hochrangige Verfassungsexperten auf europäischer Ebene angemeldet haben, dass nämlich zukünftig davon auszugehen ist, dass der Gleichheitsgrundsatz ziehen wird und dass der Fall des Bankgeheimnisses somit auch für jeden Österreicher, der in Österreich ein Konto hat, schlagend wird; es soll Stück für Stück beschnitten und damit zu Grabe getragen werden.

Das ist eine typisch österreichische Vorgehensweise. Das kennen wir aus der Vergan­genheit. Oft genug ist so begonnen worden, wenn am Ende dann alles obsolet geworden ist. Stück für Stück wird jetzt versucht, das Bankgeheimnis abzuschaffen. Jetzt fangen wir einmal mit den Steuerbetrügern an, die aus dem Ausland kommend bei uns ein Konto oder ein Sparbuch haben. Diesen geben Sie ohnehin so viel Zeit, dass sie bis Ende des Jahres mit ihren Milliarden über alle Berge sind. Ende Dezember wird niemand mehr in Österreich Geld bei einer Bank haben (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), weil er genau weiß, dann wird die automatische Auskunftspflicht schlagend und dann haben sie ihn möglicherweise.

Das heißt, bis Ende des Jahres haben die Banken Zeit, die Kunden zu informieren, und da werden die Milliardäre, die ihr Geld in Österreich angelegt haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll), schon längst dort sein, wo sie noch in Ruhe ihre Steuer­milliarden, die sie abzuliefern gehabt hätten, parken können. Das ist die Realität.

Eines, Herr Bundeskanzler, möchte ich schon unmissverständlich klarstellen, auch Ihnen gegenüber: Wir sind die Letzten, die die Steuerbetrüger schützen wollen, die Allerletzten. (Abg. Dr. Matznetter: Das merkt man aber nicht!) – Herr Kollege Matznetter, Sie merken es nicht, weil Sie gar nichts mehr merken, was hier herinnen vorgeht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Wir haben bereits im Jahr 2009 zugestimmt, dass es im Verdachtsfall in einer juris­tischen Begründung selbstverständlich eine Auskunftspflicht der österreichischen Behörden geben muss – für den Fall, dass es sich um Betrug oder um Steuer­hinterziehung handelt. Selbstverständlich, da war das BZÖ mit dabei!

Aber jetzt sehen wir nicht ein, warum wir auf diese hinterfotzige Art und Weise, die hier betrieben wird, das Bankgeheimnis in Österreich gänzlich abschaffen sollen. (Abg. Mag. Muttonen: „Hinterfotzig“?! Was ist das für eine Sprache?) Das verstehen wir mittlerweile nicht mehr, denn wenn es einen begründeten Verdacht gibt, dann sagen wir selbstverständlich ja dazu, dann kann und muss das vonseiten der Behörden auch


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schneller gehen. Es kann nicht sein, dass man wochenlang warten muss, bis man eine Auskunft von einer Bank erhält. Das kann beschleunigt werden. Das können Sie auch auf Verordnungswege machen, da brauchen Sie überhaupt kein Gesetz dazu. Aber dieses scheibchenweise Beerdigen und Einstampfen des österreichischen Bank­geheimnisses, das ist für uns nicht tragbar. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie müssen sich einmal in der Folgenabschätzung bewusst sein, was das in Zukunft alles bedeuten kann, was da alles auf Sie zukommt, wenn in Österreich plötzlich kein Bankgeheimnis mehr gilt, wenn da Konteninformationen weitergetragen werden können. Es ist nicht nur eine Fiktion, dass Kontoauszüge plötzlich in Facebook veröffentlicht werden. Ist das eine Fiktion, Herr Bundeskanzler? Ikrath nickt schon und sagt ja.

Also ich habe da kein Vertrauen mehr. Wenn kein Bankgeheimnis mehr dafür sorgt, dass keine Kontoinformationen weitergegeben werden, dann wird das zu einer selbstverständlichen Kontoabfrage. Ob man jetzt beim AMS ist, bei einer Sozial­versicherungsanstalt – wo auch immer eine Behörde Einschau halten will, kann sie das über einen automatischen Zugriff tun.

Ich frage euch, meine sehr geehrten Damen und Herren, ob ihr das wirklich wollt! Wollt ihr das wirklich, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern das zumuten? Ich halte das nicht für eine Fiktion, sondern für einen realistischen Schritt in Zukunft. Wenn wir da nicht einen Riegel vorschieben, dann öffnen wir die Bankkonten von jedem Einzelnen für die Öffentlichkeit – damit ist ein wichtiges, elementares Bürgerrecht zu Grabe getragen, und das kommt mit dieser Vorgehensweise klar zum Ausdruck. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, wir hätten uns erwartet, dass Sie auch auf europäischer Ebene dafür kämpfen und sich einsetzen, aber wie so oft in letzter Zeit, egal, um welches Anliegen es gegangen ist, haben Sie wieder bedingungslos zugestimmt. Ihre Ver­handlungsposition ist gleich null. Sie gehen in die Verhandlungen hinein, mit der festen Absicht, zuzustimmen, ohne irgendetwas für Österreich herauszuholen.

Das findet sich dann ja auch immer in den Protokollen auf europäischer Ebene. Herr Kollege Widmann hat das heute schon vorgetragen, dass da in den einzelnen Debat­ten in Brüssel auch terminlich festgehalten wurde, dass Österreich sich wei­sungs­gemäß verschweigt, was seine Positionen betrifft. Eine weisungsgemäße Verschwie­genheit! Herr Bundeskanzler, Sie sollten dem Hohen Haus einmal erklären, wie man verschwiegen verhandelt! Wie geht das? (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wie verhandelt man verschwiegen? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Indem man gar nichts dazu sagt, sich überhaupt nicht dazu äußert, auch nicht zu elementaren Dingen?

Herr Bundeskanzler, Ihre heutigen Ausführungen haben ja schon Aufschluss darüber gegeben, wie Sie sich in Brüssel verhalten: verschwiegen, nichtssagend und völlig bedeutungslos. (Beifall beim BZÖ.)

15.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Bevor ich jetzt in Permanenz das Instrument des Ordnungsrufes verwenden müsste, ein Appell meinerseits: In Debatten wie diesen, wo die Meinungen weit auseinander liegen, wo es kontroversiell zu diskutieren gilt, sind die Worte trotzdem der Würde des Hauses entsprechend zu wählen und vor allen Dingen Angriffe unter der Gürtellinie zu unterlassen. Bitte beachten Sie das bei Ihren zukünftigen Redebeiträgen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Bucher: Was habe ich denn gesagt?)

Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Cap gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 142

15.33.15

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Klubobmann Bucher, Sie haben hier aber schon einmal andere Reden zu dem Thema gehalten, wo man wirklich Lust darauf hatte, sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Wir hätten heute über die Auswir­kungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die öffentlichen Haushalte reden können und darüber, dass in Wirklichkeit das der Grund dafür ist, warum die Haushalte Probleme haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Es geht aber um !) Wir hätten darüber reden können, dass Österreich in der Eurowährungszone mit 500 000 Arbeitsplätzen davon profitiert, Mitglied zu sein, und dass wir alles unternehmen sollen, dass das auch so bleibt.

Wenn Sie wirklich ein Vertreter der Realwirtschaft und des Mittelstandes und der kleineren und mittleren Unternehmer sind, wie Sie immer vorgeben (Abg. Bucher: Ich habe schon zum Bankgeheimnis eine Anfrage gemacht!), hätten wir über die Banken und ihr Kerngeschäft reden können und über Banken, die im Spekulationsbereich und mit den Hedgefonds mitverantwortlich sind (Ruf beim BZÖ: Das ist ja klar, dass Sie ablenken wollen!), dass es zu diesen Spekulationen bei Rohstoffen, Energie, Nah­rungsmitteln und so weiter kommt. – Kein Wort von Ihnen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Bucher und Mag. Widmann.)

Ich zähle alles das auf, was Sie heute nicht gesagt haben. Wir hätten über Steuer­fairness sprechen können. (Abg. Bucher: Ich habe über die Bienen auch nicht geredet heute! Die Bienen hab’ ich auch ausgelassen!) Wir hätten darüber sprechen können, wie man nicht nur die Steueroasen für die Steuerhinterzieher trockenlegt, sondern dass man auch für Harmonisierung sorgt, was den Standort und den Steuerwettbewerb betrifft, der für einzelne Länder ruinös ist; er kann ruinös sein und bringt daher nichts (Abg. Ing. Westenthaler: Kollege Cap, wie schaut es aus mit Bankdirektoren?) und – was Sie stören sollte – gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern führt auch zu diesem berühmten Migrationsdruck.

Wir hätten darüber diskutieren können, dass sich die EU jetzt endlich bemüht, diese Schlupflöcher zwischen den einzelnen nationalen Regelungen zu stopfen, versucht, dadurch die Umgehungsmöglichkeiten in den Griff zu bekommen. – Davon haben Sie ebenfalls kein Wort gesagt.

Wenn ich mir diese Fragen anschaue, muss ich Ihnen sagen, das war ja keine echte Anfrage; abgesehen davon, dass das heute schon beim Bundesfinanzrahmen dis­kutiert wurde und es einen Bericht zu vielen dieser Bereiche gegeben hat. Ich habe mir das einmal angesehen: Das sind teilweise polemische, aber keine inhaltlichen Fragen, die Sie hier gestellt haben. Seien Sie mir nicht böse!

Sie stellen zum Beispiel folgende Frage: „Wie wird verhindert, dass die Kontodaten der Österreicher nicht unter den automatischen Datenaustausch fallen?“ – Sie wissen ganz genau, die ganze Zeit wird gesagt: Für die Österreicher wird beim Bankgeheimnis nichts angerührt. (Zwischenruf des Abg. Bucher. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben auch immer gesagt !) – Ja, natürlich! Bitte, seien Sie mir nicht böse! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Das wird täglich gesagt, und Sie kommen jedes Mal wieder daher!

Bei Frage 10 steht zum Beispiel: „Mit welchen Argumenten haben Sie bisher, d.h. im Laufe Ihrer bisherigen Regierungszeit, das Bankgeheiminis verteidigt?“ – Da haben Sie geschlafen! Mich wundert, dass ich Ihr Schnarchen hier nicht gehört habe. (Abg. Grosz: Sehr vornehm!)

Wie oft haben der Herr Bundeskanzler und andere Mitglieder der Bundesregierung mit den verschiedenen Argumenten begründet, differenziert – nicht polemisch; differenziert (Abg. Grosz: Sehr der Würde des Hauses entsprechend!) –, wie man diese Argu­men-


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tation betreffend Bankgeheimnis angeht?! – Sie leugnen das. (Abg. Ing. Westenthaler: , Frau Präsidentin!) Für Sie kommt es da einfach nicht vor. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Ich muss Ihnen auch sagen, dass die Frage 10 zum Beispiel äußerst polemisch ist. (Ruf beim BZÖ: Wenn er von schnarchenden  spricht!)

Dann kommt noch einmal die Frage, wieso die Unterscheidung zwischen Steuer­ausländern und Steuerinländern keine Rolle spielt. (Abg. Bucher:  legitime Frage!) Da sind wir wieder bei dem Punkt Bankgeheimnis. Der automatische Datenaustausch betrifft hier Ausländer, und die Inländer sind ausgenommen. Das wird aber geleugnet, und weil es geleugnet wird, kommen die Fragen auch so, als ob Sie das entweder nicht wissen würden, oder weil es ein Ausdruck dieser Leugnung ist.

Nächster Punkt: „Staatssekretär Lopatka stellt die Auflösung Österreichs in den Raum, indem er die Rolle von Nationalstaaten in Frage stellt.“ – Schauen Sie, das ist pure Polemik! Das Zitat heißt: „Am Ende wird sich die Frage stellen, ob wir Nationalstaaten überhaupt noch haben“. Da steht nicht drinnen: Lopatka geht davon aus, dass sich Österreich auflösen wird, oder: Lopatka will, dass sich Österreich auflösen wird. Er sagt einfach: Wenn man inhaltlich diskutieren will, stellt er diese Frage.

Ich persönlich gehöre auch zu denen, die sagen, man muss dafür kämpfen, dass es die Nationalstaaten weiterhin gibt (Zwischenruf des Abg. Amon) und dass diese Regelung über die Räte und über die nationalen Parlamente die zentralen Meinungs­bildungsprozesse sind; da werden wir uns vielleicht eh finden. Aber ich sage: Diese Missinterpretation der Stellungnahme von Staatssekretär Lopatka, den ich sogar persönlich gefragt habe, was er damit eigentlich gemeint hat, das ist Polemik. Das hat so keinen Sinn; so können wir das nicht diskutieren. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Dann kommen Sie da heraus, und das Erste ist gleich einmal eine Verurteilung. Sie machen sich nicht einmal die Mühe einer Anklage, Sie machen gleich die Verurteilung. Das ist ja noch schneller als bei den Inquisitionsprozessen des 16. Jahrhunderts. Und dann, nachdem Sie selbst diesen Weg der seriösen Debatte verlassen haben, be­schweren Sie sich, dass der Herr Bundeskanzler nicht seriös mit Ihnen diskutiert. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Meine Frage ist: Was soll er mit Ihnen diskutieren? Was? Da steht überhaupt nichts drinnen, worüber man diskutieren kann! Es gibt ja bei Ihnen nicht einmal irgendwo den Versuch einer Positionierung, eines Modells, eines Vorschlages! (Abg. Bucher: Auf Teletext ist gestanden, er möchte !) Nichts!

Wie bekommen Sie die Steuerhinterziehung in den Griff? Wie gehen Sie an die Frage des Bankgeheimnisses heran? (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Wie können Sie dafür sorgen, dass Konzerne nicht irgendwelche Schlupflöcher nützen? Was kann man ? (Abg. Grosz: Hallo! Es ist eine Anfrage und kein Antrag!) – Ja, aber eine eigene Meinung kann man trotzdem haben, wenn man fragt; das kann man trotzdem machen! (Abg. Grosz: Können Sie nicht lesen?) – Ich kann sehr gut lesen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz), aber so viele Brillen gibt es gar nicht, die ich mir aufsetzen kann, damit das gescheiter wird, was da steht! Es ist sinnlos! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was Sie da machen, ist Zeitdiebstahl. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Es tut mir in der Seele weh, dass ich als Parlamentarier anderen Parlamentariern bei der Anwendung eines parlamentarischen Instrumentariums sagen muss, dass das in Wirklichkeit Zeitdiebstahl ist. Bemühen Sie sich ein bisschen mehr, wenn Sie doch glauben, Opposition spielen zu müssen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte. (Abg. Grosz: Was ist mit schnarchenden Abgeordneten, Frau Präsidentin? ! Ist das der Würde des Hauses entsprechend?)


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Ich kann gerne die früheren Redebeiträge auch noch einmal aufrollen, Herr Abge­ordneter! Das werde ich aber nicht tun, das habe ich in meinem Statement klargemacht. (Abg. Ing. Westenthaler:  immer nur bei uns ! – Ja- und Oh-Rufe bei der SPÖ in Richtung BZÖ.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


15.39.22

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Lieber Kollege Westenthaler! Mitleid ist ja die schlimmste Form der politischen Geringschätzung – so würde ich die Zurufe aus der sozialdemokratischen Fraktion werten.

Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Frau Präsidentin! 4.06 Minuten, das dürfte nationaler Rekord sein – jedenfalls in der Zweiten Republik, darauf würde ich eine Wette eingehen. (Abg. Mag. Kogler: Was?) Die kürzeste Ant­wort eines Bundeskanzlers oder einer Regierungsmitgliedes auf eine Dringliche Anfrage, die gestellt wurde: 4.06 Minuten. (Abg. Ing. Westenthaler: Trauriger Rekord!)

Aber Hand aufs Herz: Mehr war sie auch nicht wert, die Anfrage. Das muss man schon einmal sagen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Und im Übrigen schließe ich mich da, nicht in allem und jedem, ganz dem Klubobmann Cap an: Das ist eine Anfrage, die keine Anfrage und auch nicht dringlich war, die aber auch schon gar nichts war.

Dabei wäre es durchaus wert gewesen, den gestrigen EU-Gipfel seriös und ernsthaft zu diskutieren, auch auf Basis so einer Anfrage. (Abg. Scheibner: Das wollten wir ja  dafür gesorgt, dass es eine Erklärung gibt heute!) – Ich freue mich, dass der Kollege Scheibner nach den einschläfernden Worten seines Kollegen Widmann jetzt wieder aufgewacht ist und wach bei uns weilt. Das ist schön. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sieben, acht Seiten sind es, die an Gipfel­protokoll als Schlussfolgerungen herausgekommen sind. Fünf davon widmen sich dem Thema Energie – so gut, so schön; im Übrigen ein sehr wichtiges Thema, das uns Europäer noch sehr beschäftigen wird –, drei dem Thema Steuern. Und das Thema Steuern ist im Lichte der Diskussion, die nicht nur, aber vor allem auch Österreich und Luxemburg betrifft, allemal wert, diskutiert zu werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Der gestrige Gipfel ist ganz offensichtlich nach dem Wording der Schlussfolgerungen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, eine logische Fortsetzung dessen, was die Dis­kussion der letzten Wochen im ECOFIN-Rat am 14. Mai ergeben hat. Es zeigt sich, dass Österreichs Linie da eine gute und richtige war, nicht leichtfertig auf Positionen zu vergessen und sie aufzugeben, sondern zum Beispiel jedenfalls um das Bankgeheimnis für Inländer weiterzukämpfen. Ich halte es durchaus für möglich, dass das weiter aufrechterhalten wird – aber eben nicht kampflos. Andere wollen das nicht so. Wir müssen darum kämpfen.

Und da ist letztlich die Position schon gut, die heute im Raum steht und auch am Gipfel nicht anders gesehen wurde, die von uns und federführend von der zuständigen Finanzministerin Fekter definiert wurde, nämlich erstens: Wir wollen, dass Drittstaaten einbezogen werden, die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino, wenn es um eine neue Zinsbesteuerungsrichtlinie geht. Und wir wollen hier auch ein gewisses Junktim sehen, das eine kommt, wenn auch das andere kommt. Das ist Ergebnis des Gipfels. (Abg. Bucher: Jetzt schläft die Regierungsbank auch schon ein! Jetzt haben Sie es geschafft!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 145

Herr Bundeskanzler, Sie wissen, was die Worte angesichts dessen hier an Junk­timierung bedeuten. Mag sein, dass sich Herr Juncker durchgesetzt hat und Österreich dann auch gefolgt ist. – Aber sei es drum, das Ergebnis zählt.

Es ist zum Zweiten der Vorschlag von Maria Fekter, dass man auf globaler Ebene, aber zuerst auch im europäischen Umfeld mit Treuhandgesellschaften und Brief­kastenfirmen „abfahren“ muss, in dem Sinne, dass sie natürlich auch in den Daten­transfer einzubauen sind.

Und zum Dritten, dass aus eigenem Interesse – wir haben es ja gerade verhandelt, also nicht wir, sondern die Finanzministerin, aber wir haben es zustimmend zur Kenntnis genommen und begrüßt – die Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein, weil da viel gutes Geld nach Österreich fließen soll und wird, aufrechterhalten werden können.

All diese drei Punkte sind weiterhin Position Österreichs, die gehalten werden konnten. Dazu gratuliere ich der gesamten Bundesregierung, Maria Fekter und auch Herrn Bun­deskanzler Faymann. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, so viel zum Guten. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt ein Wort, das mit diesen zwei, drei Wochen europapolitischer Erfahrung, die mir eigen sind, dennoch Erwähnung finden sollte: Österreich ist nicht Deutschland. Es hat vor Jahren einmal geheißen, Österreich sei das bessere Deutschland. – Sei es drum, aber Österreich ist nicht Deutschland. (Abg. Petzner: Das hat ein Minister von euch gesagt!)

Es ist gut, wenn man nach Berlin blickt, Herr Bundeskanzler. Es ist gut, wenn man sich in vielem mit der deutschen Bundeskanzlerin abspricht, aber trotzdem hat die deutsche Bundeskanzlerin per Verfassung eine Richtlinienkompetenz. Dem österreichischen Bundeskanzler hingegen kommt eine Koordinierungskompetenz zu.

Und „Kompetenz“ heißt wohl auch so etwas wie Verpflichtung. So gesehen, wenn es im Koordinierungsprozess in einer nicht unwesentlichen Frage zu keiner gemeinsamen Position kommt und sich deswegen unsere Vertreter in Brüssel in einer Debatte ver­schweigen müssen, der AStV, der Botschafter, so ist das schon ein gewisses Koordi­nierungsdefizit. (Abg. Petzner: Das wer ausgelöst hat, Herr Kollege Bartenstein? Als Finanzministerin ausgelöst hat?) Und da wird dann eine Lachnummer, von der man spricht, plötzlich sehr schnell auch zu einem Schuss Selbstkritik. Das wollte ich schon auch noch anmerken.

Und ein Letztes, weil das auch Gegenstand der gestrigen Gespräche war, richtiger­weise. Es geht insgesamt natürlich beim Kampf gegen Steuerbetrug auch darum, Steuerschlupflöcher auf dieser Welt zu schließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht dass wir deswegen gleich unsere iPhones und iPads wegwerfen müssen – das würde materiell hier im Hohen Haus einen zu großen Verlust für viele von uns bedeuten. Aber es ist ein ausgemachter Skandal – es ist ein ausgemachter Skandal! –, dass ein weltweit erfolgreicher Konzern wie Apple, der noch dazu der höchstbewertete Konzern der USA und damit der Welt ist, keine Steuern zahlt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist einfach nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass da jetzt die Cayman Islands oder sonst jemand die Hauptverantwortung trügen. Apple zahlt unter anderem deswegen keine Steuern, weil es den Vorteil der Staatenlosigkeit, der steuerlichen Staatenlosigkeit von Gesellschaften ausnützt. Die Iren halten es so, dass sie in Irland Gesellschaften nur dann besteuern, wenn die Geschäftsführung nicht anderswo stattfindet. Apple hat jetzt in Irland wesentliche Gesellschaften, deren


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Geschäftsführung aber in den USA stattfindet. Deswegen genießen die dort den Vorteil der steuerlichen Staatenlosigkeit.

Ich appelliere von hier aus schon auch an den irischen Ratsvorsitz – die sind gewis­sermaßen so die Chefs in Europa in diesem Halbjahr; Sie wissen schon –: Da geht es nicht nur um nominelle, sehr niedrige, aus meiner Sicht zu niedrige Steuersätze, die die Iren auf Unternehmensgewinne anwenden, sondern da geht es auch um das Schließen von solchen Steuerschlupflöchern, denn das ist für österreichische und sonstige Arbeitnehmer, aber auch für mittelständische Unternehmer, die ehrlich ihre Steuern zahlen – und das nicht zu knapp, 20 Prozent zahlen sie da, 15 Prozent woanders, in Österreich zahlen sie 25 Prozent und das soll auch so sein –, eine wirklich bodenlose Frechheit. (Abg. Bucher: Was ist mit den österreichischen Banken? Die ersparen sich 2 Milliarden €!)

Ich sage jetzt nicht „Sauerei“, auch wenn das in Richtung Apple gemünzt wäre, denn damit würde ich mir vielleicht meinen ersten Ordnungsruf in ungefähr 22 Jahren einhandeln. Aber es ist eine bodenlose Frechheit, dass internationale Konzerne auf diese Art und Weise – trotz zig Milliardengewinnen – zu Steuerleistungen von null kommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir hier sind dann gezwungen, uns zu überlegen, wo wir denn anderswo die ent­sprechenden Ressourcen einfahren. Also das, was Österreichs Arbeitnehmer, was Österreichs Mittelständler, was Mittelständler sonst an Steuern zahlen, das sollen internationale Konzerne auch zahlen. Da sind Steuerschlupflöcher zu schließen, und das nicht nur in der Karibik, nicht nur in irgendwelchen Steueroasen, sondern da kann auch ein EU-Vorsitzland wie Irland einmal mit gutem Beispiel vorangehen.

Schlag nach bei Apple! Und trotzdem werden wir weiterhin mit iPhones und iPads arbeiten. Aber, wie gesagt, mit gewissem Vorbehalt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.48.11

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten – nur – Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das jetzt echt interessant empfunden vom Herr Kollegen Barten­stein. Also ich muss sagen: War mutig! Ich würde mir diesen Appell, den Sie zum Schluss hier zum Besten gegeben haben, so gerne in Richtung der Regierungsbank und der Regierungsparteien wünschen, wenn es nämlich darum geht, dass Sie in Österreich Banken und Konzerne aufgrund der Gruppenbesteuerung heute in eine Lage bringen, dass sie kaum Steuern zahlen müssen – und das genau die Frechheit gegenüber den österreichischen Arbeitnehmern und kleineren und mittleren Unterneh­men darstellt, wo Sie sich verschweigen, ja, Sie sie schützen und stärken und aus­bauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe es jetzt von Ihnen echt interessant gefunden, dass Sie sich hier herausstellen, von „Frechheit“ reden, aber Sie das selbst hier in unserem eigenen Land in gleicher Art und Weise leben. Und ich sage, das muss man schon aufzeigen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Wenn Sie sich hier herausstellen, Herr Bartenstein, und sagen, diese Dringliche heute sei quasi belustigend, und sich auch belustigend über die Dringliche in Ihrer kommunikativen Art und Weise äußern, die nicht unbedingt die mitreißendste ist (Abg. Dr. Bartenstein: Sie waren gar nicht dabei, Herr Strache!), dann, sage ich, ist das auch unbedingt ein Sittenbild, das Sie leben. Nehmen Sie doch Anfragen der Oppo-


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sition ernst und gehen Sie auch respektvoll damit um! Das würde man sich in diesem Haus erwarten. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Ja, es ist gut und richtig, wenn man aufzeigt, Herr Bartenstein, dass Ihre Partei per­manent davon spricht, die Freiheit und Eigenstaatlichkeit der Republik Österreich abschaffen zu wollen, wenn permanent davon gefaselt wird, die Eigenständigkeit des Nationalstaates Österreich überwinden und in Zukunft einen zentralistischen euro­päischen Bundesstaat haben zu wollen. Ja, dann ist das bedenklich, dann muss man darüber reden und das auch aufzeigen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Genau das ist ja das Sittenbild der ÖVP schon unter Schüssel gewesen, der sich hingestellt und gesagt hat: Die österreichische Neutralität müssen wir überwinden, das ist so wie bei den Lipizzanern, zwar lieb, aber überholt, die braucht keiner mehr. Und am besten gleich der NATO beitreten und am besten gleich alle Freiheits- und Grundrechte in Richtung der Europäischen Union abtreten, so wie Sie es machen. – Nein, das ist nicht der Weg, den wir wollen! Wir wollen keine Fremdbestimmung, sondern wir wollen eine Selbstbestimmung hier in Österreich weiterleben. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie als EU-Sektierer leben genau das mit der SPÖ gemeinsam. Und da stellt sich der Herr Cap hier her und sagt, da seien angeblich irgendwo Parteien, die für die Bankenspekulanten tätig sind. – Das war überhaupt interessant, Herr Cap. Ja, es gibt hier Parteien, die wirklich Politik für Bankenspekulanten betreiben. (Abg. Grosz – die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „NEWS“ in die Höhe haltend, auf deren Cover der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Bank International Dr. Herbert Stepic zu sehen ist –: Ja, hier!) Hier sitzt die SPÖ, mit Ihnen als Klubobmann, dort gibt es die ÖVP mit dem Klubobmann Kopf, der jetzt nicht anwesend ist. Ja, Sie bedienen die Banken­spekulanten und Sie zwingen die eigenen österreichischen Steuerzahler, mit zig Milliarden Euro auch noch die Kosten zu übernehmen, die Sie in Richtung der Bankenspekulanten mit grüner Beihilfe möglich machen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Da kommen wir schon zum Thema Bankgeheimnis. Ja, es ist wichtig, darüber zu reden. Und da muss man festhalten, dass das Bankgeheimnis nicht Steuerbetrug mög­lich macht und nicht für Steuerbetrug verantwortlich ist. In der Europäischen Union gibt es viele Länder, die kein Bankgeheimnis haben: Deutschland, Frankreich, andere Länder. Gibt es dort keinen Steuerbetrug, Herr Klubobmann Cap? – Natürlich gibt es dort Steuerbetrug! Es ist doch absurd, wenn Sie sich hier herstellen, den Österreichern Sand in die Augen streuen wollen und sagen, das Bankgeheimnis schützt die Steuer­betrüger.

Das ist ja nicht der Fall, sondern es schützt die Daten und die Sparguthaben und die Konten der Österreicher. Und die wollen wir schützen. Das ist unser Auftrag und unsere Verantwortung. Und genau darum geht es! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Genau da sind Sie nicht bereit, die Interessen der Österreicher zu schützen; da geht es nämlich in Richtung eines George Orwell’schen Systems der Europäischen Union, das eine Begehrlichkeit hat, nämlich auf jede Datenbank sofort ohne irgendeine Kontroll­möglichkeit oder -instanz zuzugreifen. Da geht es um den Zugriff auf Daten, da geht es um Bürgerrechte und Grundrechte. Genau die brechen Sie hier auf.

Und dann stellt sich der Herr Bundeskanzler hin und sagt: Nein, nein, wir machen eine Unterscheidung zwischen Ausländern und Österreichern. – Hochinteressant! Ich würde mir es wünschen, wenn er diese Unterscheidung im Bereich der sozialen Hilfe­leistungen vielleicht einmal, auch durchaus diskutabel, mit uns diskutiert (Beifall bei der FPÖ), ob man da dann auch in Zukunft genau diese Differenzierung lebt, wenn es darum geht, soziale Sonderleistungen, wie Familienbeihilfe, Kindergeld oder die Ver-


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gabe von Sozialwohnungen nur für österreichische Staatsbürger möglich zu machen und diese Differenzierung zu leben, wie sie jetzt angeblich beim Bankgeheimnis möglich ist. Hochinteressant! Das müssen wir aufgreifen, denn da kommen wir eben zu diesen Themenbereichen.

Ich glaube, das ist eine Schutzbehauptung, weil der Herr Bundeskanzler ganz genau weiß, dass er in Wirklichkeit das Bankgeheimnis nicht nur für Ausländer, sondern auch für Österreicher im Interesse der Europäischen Union abschaffen will. Das ist doch der Hintergrund! Genau dorthin steuern wir. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union: Na was ist da alles von SPÖ und ÖVP versprochen worden, von den Weltmeistern im Versprechen?! – Das Sparbuch bleibt anonym, das Bankgeheimnis wird aufrechterhalten und bleibt, der Schilling bleibt und alle Versprechen, die ich kenne.

Ich sage Ihnen nur Folgendes: Spätestens jetzt muss jedem Österreicher klar werden, dass Ihre Versprechungen nie etwas wert gewesen sind. Sie haben alle Versprechen gebrochen und nie eingehalten. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Natürlich geht es darum, dass die Europäische Union nicht den uneingeschränkten Zugriff auf die Konten und Daten der Österreicher erhalten soll. Und genau das ist unsere Aufgabe und Verantwortung, das zu schützen, wenn man am Beispiel Zypern sieht, was dieser Europäischen Union alles zuzutrauen ist, nämlich ohne Skrupel vorgehabt zu haben, auf die Sparguthaben der kleinen Sparer in Zypern zuzugreifen, als kleiner Testballon einmal zu schauen: Wie reagieren die Bürger? Gibt es einen Aufstand, gibt es eine Revolution oder nicht?

Und erst nach der großen, zu Recht vorhandenen Aufregung hat man dann davon Abstand genommen und die Grenze ab 100 000 € angesetzt. Aber es ist jederzeit möglich, mit solchen Mechanismen, die man da bedient, auch anderes zu unterstützen. Und genau deshalb ist es wichtig und notwendig, unser österreichisches Bank­geheimnis eben nicht aufzugeben und nicht zu gefährden. Und es ist ja eh bereits gelockert! Sie tun so, als könnten wir heute Steuerbetrüger nicht dingfest machen. Wenn es einen Gerichtsbeschluss gibt, muss heute nach fünf Tagen – na selbst­verständlich! – bereits das Konto geöffnet werden.

Also sagen Sie doch wenigstens die Wahrheit und operieren Sie nicht permanent mit Unwahrheiten, und streuen Sie nicht den Bürgern Sand in die Augen! Genau darum geht es, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der FPÖ.)

Als Sie heute in der Fragestunde offen gesagt haben, dass nur die fehlende Zwei­drittel­mehrheit der Regierungsparteien im Nationalrat eine Aufhebung des Bankge­heimnisses verhindert, waren Sie eh ehrlich, das war völlig ehrlich.

Wir haben da einen klaren Standpunkt; und den Standpunkt und die Interessen der Österreicher verteidigen wir auch vehement. Solange sich ein Bürger nichts zuschul­den kommen lässt, gehen den Staat die Vermögensverhältnisse der Bürger nichts an. Und es kann nicht sein, dass man in den Bereichen so vorgeht, dass jede Behörde so wie in Deutschland, wo das heute bereits gelebt wird, bei Hartz-IV-Empfängern ohne Gerichtsbeschluss Zugriff auf und Einblick in die Daten des Sparers, auf dessen Konto hat und schaut: Wie viel Geld hat er? Was hat er sich erspart?

Ja, wo leben wir denn?! – Das ist das George Orwell’sche System. Und wenn man dann Sozialhilfeempfänger wird wie in Deutschland und sich 20 Jahre lang 20 000 € durch harte Arbeit erspart hat, dann bekommt man keine Sozialhilfe, ist man kein Hartz-IV-Empfänger, nein, da muss man erst seine Ersparnisse verbrauchen. (Zwi­schen­bemerkung von Bundesminister Hundstorfer.) Dort wollen Sie hin? Das ist Ihre


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soziale Kompetenz? – Ich sage: Warnung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Sie stehen für Ungerechtigkeiten im Land, Sie stehen für die vielen Ungerechtigkeiten im Land, die wir Freiheitliche aufbrechen wollen, weil diese rot-schwarzen Fehlent­wicklungen, Missstände und Ungerechtigkeiten endlich gestoppt werden müssen und wir es in Österreich endlich gerecht machen wollen. Das ist unser Anspruch, und den werden wir den Menschen in Österreich auch bis zur Nationalratswahl sichtbar machen. (Abg. Amon: Von welchem Land sprechen Sie eigentlich?)

Diese Debatte werden wir auch sehr offen mit Ihnen führen, Herr Amon. Ja, so, wie ich es beschrieben habe, ist es in Deutschland. Das ist ein gefährlicher Irrweg, der beschritten wird. Und Sie sind bei allen Irrwegen dabei. Die Europäischen Union schnippst mit den Fingern, und dann kommt der Fels in der Brandung, der Werner Faymann, und der Fels in der Brandung ist natürlich sofort dabei, wenn es darum geht, alle Interessen Österreichs sofort fallen zu lassen, sofort jedem Wunsch der Europäischen Union nachzukommen.

Ich sage ganz offen, ich sage Ihnen das, Herr Klubobmann Cap: Ich glaube, da hinten (auf die Regierungsbank weisend) bräuchte es einmal einen Kanzler mit Charakter und Standfestigkeit, der die Interessen Österreichs durchsetzt und so wie Cameron in England auch dazu bereit ist, gegen Interessenlagen einer zentralistischen euro­päischen Unionsbürokratie zu sagen: Nein, mit uns nicht! Das könnt ihr mit uns nicht machen, da werden wir nicht in die Knie gehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kenne aber kein einziges thematisches, inhaltliches Beispiel, bei dem diese beiden Regierungsparteien nicht in die Knie gegangen wären. Es gibt keines! Ich denke, es ist daher so wichtig, diese rot-schwarzen Strukturen einmal nachhaltig aufzubrechen, und das wird man nur schaffen, wenn man – das sage ich ganz bewusst – die Freiheitliche Partei in Österreich auch stärkt, denn die Grünen sind der billige Jakob. Die sind die rot-schwarze Lebensverlängerung in allen Bereichen: beim ESM-Diktat dabei, hier dabei, dort dabei. Da wird nur rot-schwarze Politik verlängert, aber nicht aufgebrochen. (Ironische Heiterkeit von Bundesminister Hundstorfer.) Und beim Team Stronach sieht man auch zurzeit: Hauptsache dabei.

Rot-schwarze Lebensverlängerung: Nein, wir wollen keine rot-schwarze Lebens­verlängerung haben, nicht diese Ungerechtigkeiten, für die Sie stehen. Seit acht Jahren gab es in vielen Bereichen – bei Familienbeihilfe, Kindergeld, Pflegegeld, Pensions­preisindexanpassung –, seit über acht Jahren gab es da keine Inflationsan­passung.

Sie stehen für die Ungerechtigkeiten – und die werden wir überwinden! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt kommt der Hauptvertreter vom billigen Jakob!)

 


15.58.35

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Als ich dieser Rede des Herrn Kollegen Strache gelauscht habe, da wurde mir wirklich schlecht. (Abg. Mayerhofer: Ihre Zustimmung !) Das muss ich wirklich sagen, aber ich werde noch darauf zurückkommen. (Abg. Dr. Strutz: Gehen S’ „auße“! !)

Beginnen möchte ich aber mit einer Antwort an den Herrn Kollegen Bartenstein: Natürlich ist es ein Skandal, wenn Großkonzerne keine Steuern zahlen, aber vielleicht sollten Sie in diesem Zusammenhang einmal mit Ihrer Finanzministerin reden, die ja


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eine vehemente Verfechterin des Steuerwettbewerbs ist und alles, was mit Steuer­wettbewerb zu tun hat, bis aufs Letzte verteidigt. (Abg. Dr. Strutz: Gehen S’ „auße“!)

Und wenn ausgerechnet Sie Irland aufrufen, im Rahmen seiner Präsidentschaft tätig zu werden, dann schauen Sie einmal auf die offizielle Homepage der irischen Präsi­dentschaft. Dort werden Sie sehen, dass sich Irland als Niedrigsteuerland als Standort geradezu anbietet. Was erwarten Sie von dieser Präsidentschaft? (Beifall bei den Grünen.)

Nun zum eigentlichen Thema. Halten wir uns einmal vor Augen, um welche Dimen­sionen es bei Steuerbetrug und Steuerhinterziehung auf der europäischen Ebene geht: Jahr für Jahr geht der Europäischen Union ein Steuerpotenzial in der Größenordnung von 1 000 Milliarden € verloren! Das ist ungefähr 13-mal so viel wie unser Bundes­budget, über das wir vorher diskutiert haben. Und das jedes Jahr!

Zu Recht meint Kommissar Šemeta – auch ich bin dieser Meinung –, dass das skandalös ist und dass wir uns das in Zeiten wie diesen, in wirtschaftlich schlechten Zeiten und Zeiten hoher Schulden nicht leisten können. Aber es ist natürlich auch so, dass die Begünstigung von Geldwäsche im Zusammenhang mit Drogen-, Menschen- und Waffenhandel demokratiepolitisch extrem bedenklich und abzulehnen ist.

Beginnen wir zunächst einmal am Anfang und werfen wir einen Blick zurück auf das, was uns die Finanzministerin in den letzten Wochen geboten hat: in Wirklichkeit ein erbärmliches Schauspiel.

Sie hat ja gesagt, sie wird um dieses Bankgeheimnis kämpfen wie eine Löwin. – Normalerweise ist es so, dass man Löwinnen und Löwen – so war es zumindest noch zu der Zeit, als ich in den Zirkus gegangen bin – hinter Gittern versperrt. Aber diese Finanzministerin hat man frei herumlaufen lassen, hat sie nach Brüssel geschickt, und dort hat sie im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis Sachen vertreten, dass einem, ehrlich gesagt, die Grausbirnen aufsteigen.

Was hat sie denn gemacht? – Sie hat in Wirklichkeit immer die Omas vorgeschoben, die „kleinen“ Leute, von denen Herr Strache gesprochen hat, und ist damit völlig am Thema vorbeigegangen. Um die Omas und die Sparbücher der Omas ist es nie gegangen. Die Finanzministerin hat da Menschen aufgescheucht und glauben gemacht, dass die Abschaffung des Bankgeheimnisses dazu führen würde, dass jeder in das Konto des Nachbarn hineinschauen kann. – Darum ist es nicht gegangen!

Im Zusammenhang mit dem automatischen Datenaustausch (Zwischenruf des Abg. Kickl) im Rahmen der Zinsenrichtlinie – hören Sie gut zu, Herr Kollege Kickl! – ist es darum gegangen (Abg. Dr. Rosenkranz: Sie brauchen ja keinen automatischen Datenaustausch, Sie haben ja eh Herrn Sailer!), dass von Ausländern mit Konten in Österreich die Informationen ausgetauscht werden sollen.

Das Vorschieben der Omas hat dazu geführt, dass sie genau jene, die mit Konten in Österreich Steuern hinterzogen haben, geschützt hat; die wollte sie schützen. Gleichzeitig wollte sie damit auch den Bankenplatz Österreich schützen – Kleines Walsertal, sage ich nur als Stichwort. (Abg. Kickl: Was ist mit dem Kleinen Walsertal?)

Und was hat der Herr Bundeskanzler in all diesen Wochen getan, als die Finanz­ministerin in Brüssel und sonst wo um das Bankgeheimnis kämpfte und die Omas vorschob? – Er hat einfach geschwiegen! Er hat geschwiegen, obwohl er bereits seit Wochen gewusst hat, dass Luxemburg sein Bankgeheimnis aufgeben und den automatischen Informationsaustausch durchführen wollte.

Es hat sehr lange gedauert, bis Österreich seine Position geändert hat. Und hätte es nicht den internationalen Druck gegeben durch Offshore-Leaks, durch den Zusam-


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menbruch der Steueroase Zypern, aber auch durch die USA, hätte es nicht den Druck des Briefes jener fünf Länder, nämlich von Deutschland, Spanien, Italien und UK, an Kommissar Šemeta gegeben (Abg. Krainer: Das waren nur vier!) – Frankreich habe ich vergessen, ja, das ist das fünfte Land; passt schon –, dann wären wir in Österreich heute noch keinen Schritt weiter.

Denn was hat denn die Frau Finanzministerin – schauen wir uns das einmal im Detail an! – gemacht? Wo hat sie denn blockiert? – Sie hat auf drei Ebenen blockiert: Erstens hat sie den automatischen Informations- und Datenaustausch im Zusammenhang mit der Zinsenrichtlinie nicht umgesetzt, weil sie eben die Ausnahmeregelung gezogen hat, die Kapitalertragsteuer in der Größenordnung von 35 Prozent, obwohl sie natürlich die Möglichkeit gehabt hätte, den automatischen Informationsaustausch sofort durchzu­führen. Diese Möglichkeit besteht im Übrigen immer noch.

Und wenn wir jetzt auf den Gipfel von gestern schauen, müssen wir sagen, dass diese Blockadehaltung Österreichs weiterhin aufrechterhalten wird.

Österreich hätte, Herr Bundeskanzler, Sie hätten, das habe ich schon heute in der Früh gesagt, die Möglichkeit, sofort am automatischen Datenaustausch im Rahmen der Zinsenrichtlinie teilzunehmen (Abg. Mag. Kogler: So ist es!) – und nicht die Aus­nahme­karte zu ziehen. Das würde es ermöglichen, sofort Einschau in die Bankkonten zu erhalten, und da müssten Sie nicht warten, bis die Abkommen mit Drittstaaten bis zum Jahresende ausverhandelt sind. Also was hindert Sie daran, auch diese Blockade­haltung aufzugeben?

Zweiter Punkt, wo die Finanzministerin blockiert hat: Die Finanzministerin hat bei der Ausweitung der Zinsenrichtlinie blockiert. Bei der Ausweitung der Zinsenrichtlinie, die ja seit vielen Jahren in der Europäischen Union diskutiert wird, geht es um weitere Kapitaleinkommen, wie Zinserträge von juristischen Personen, von Wertpapieren, von Versicherungsverträgen und dergleichen mehr.

Nun ist ja – das lese ich in den Schlussfolgerungen des Rates von gestern – im Zusammenhang mit den Abkommen mit Drittstaaten, die bis zum Jahresende kommen sollen, junktimiert, dass auch die Ausweitung der Zinsenrichtlinie kommen soll.

Der dritte Bereich, wo die Finanzministerin lange Zeit blockiert hat, waren die Betrugs­bekämpfungsabkommen mit Drittstaaten. Da ist Österreich einen anderen Weg gegangen, nämlich den Weg der bilateralen Verträge.

Besonders perfid ist diese Blockade deshalb, weil sich Österreich im Rahmen der Zinsbesteuerungsrichtlinie verpflichtet hat, dann in den automatischen Datenaustausch einzutreten, wenn fünf europäische Drittstaaten und die USA den Informationsaus­tausch auf Anfrage einführen.

Am 13. Mai beim ECOFIN-Rat hat die Finanzministerin diese Haltung aufgegeben. Was sie aber nicht aufgegeben hat, sondern zur Bedingung gemacht hat, war, dass die bilateralen Abkommen, die Österreich mit der Schweiz und mit Liechtenstein ge­schlossen hat, weiterhin aufrechterhalten werden.

Herr Bundeskanzler, Sie haben heute davon gesprochen, dass das eine Übergangs­lösung sein soll. Bisher habe ich das immer anders verstanden, weil Frau Finanz­ministerin Fekter immer durch die Lande gezogen ist und gesagt hat, dass das keine Übergangslösung ist.

Wenn nun der Europäische Rat gestern bei der Betrugsbekämpfung und bei der Auf­hebung des Bankgeheimnisses einen Schritt weitergekommen ist, so muss man auch sagen, dass wir noch lange nicht am Ende des Weges sind. Es gilt, die Verträge auszuhandeln, und es gilt aber auch und – aus der Sicht der Grünen – insbesondere,


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jene bilateralen Abkommen, die Österreich mit der Schweiz und Liechtenstein gemacht hat, sofort abzudrehen, denn wie kommen die ehrlichen Steuerzahler dazu, dass jene Steuerhinterzieher, die eine Steueramnestie bekommen, von diesem Abkommen Gebrauch machen?

Im Übrigen bin ich überzeugt davon, dass die Abschaffung dieser Abkommen mehr Geld in die öffentlichen Kassen bringen würde als die Aufrechterhaltung derselben.

Der zweite Punkt, den wir fordern, ist, dass wir den automatischen Datenaustausch im Rahmen der Zinsenrichtlinie sofort wollen und nicht erst mit Jahresende, Herr Bundes­kanzler.

Und drittens kann es, was die Inländer anlangt, ja nicht so sein, dass Leute wie Kartnigs geschützt werden und die Staatsanwaltschaft jahrelang darauf warten muss, bis sie Einschau in Konten erhält. Das kann es doch nicht sein! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.08.20

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Bartenstein hat vorhin im Rahmen seiner Ausführungen die interessante Äußerung gemacht, dass die Antworten des Herrn Bundeskanzlers lediglich 4,6 Minuten gedauert hätten und die Anfrage auch nicht viel mehr wert wäre. (Abg. Dr. Bartenstein: 4:06!) – 4 Minuten 06 Sekunden, ja.

Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass die Antworten des Herrn Bundeskanzlers in vielen Bereichen nichts wert sind. Da haben Sie meine Zustimmung. Das kann ich nachvollziehen, denn mir ist die Beantwortung dieser Anfrage durch den Herrn Bun­deskanzler so vorgekommen wie bei den drei Affen, Sie kennen sie: Ich höre nichts, ich sehe nichts und ich sage nichts! Dazu sollte noch ein vierter Affe kommen, nämlich: Ich weiß auch nichts! – Genau so ist es mir auch vorgekommen, als der Herr Bundes­kanzler vorhin hier geantwortet hat.

Meine Damen und Herren! Gehen wir einmal in der Geschichte Österreichs in der EU zurück und schauen wir, was man uns schon alles versprochen hat. Es ist hier schon einiges erwähnt worden.

Zuerst wurde vom Einstimmigkeitsprinzip gesprochen, das war eine der Haupt­aussagen bei der Volksabstimmung über den EU-Beitritt. Es wurde uns verklickert, dass wir immer ein Vetorecht hätten und dass dann, wenn Österreich nicht zustimmt, gar nichts gehe. – Das wurde mit dem Lissaboner Vertrag großteils aufgehoben, nur noch in einigen wenigen Bereichen gilt dieses Vetorecht noch. Also wurden wir schon damals beschwindelt.

Wenn gesagt wird, dass das österreichische Bankgeheimnis nur für Ausländer aufge­hoben wird, dass Omas Sparbuch sicher ist, wie hier immer wieder gesagt wurde, dass die österreichischen Sparguthaben nicht durchleuchtet werden, muss man sich schon die Frage stellen, ob da nicht Ausländerdiskriminierung stattfindet, das heißt, der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird. Und ich denke, darauf wird es hinauslaufen. Und dann sind wir wieder bei dem, dass Sie uns versichern, dass Omas Sparbuch sicher ist. Aber ich kann Ihnen sagen, Omas Sparbuch ist vogelfrei – nach der Diktion –, wie wir das in der EU schon oft erlebt haben, meine Damen und Herren. (Beifall beim Team Stronach.)


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Das Bankgeheimnis steht eindeutig – ich gehe jetzt in der Geschichte ein bisschen zurück – im Verfassungsrang; das haben Sie, Herr Bundeskanzler, Frau Fekter und auch Herr Vizekanzler Spindelegger freimütig zugegeben. Die anonymen Sparbücher, die wir in Österreich früher gehabt haben, waren nicht EU-konform. Deswegen hat man die Anonymität aufgehoben und gegen das Bankgeheimnis, das man dann in den Verfassungsrang gehoben hat, ausgetauscht. – Und jetzt lockern und weichen wir das Ganze wieder auf mit dem Ausgang, den ich vorhin prognostiziert habe.

Es wurde uns zugesichert, dass das Bankgeheimnis genauso wie die Anonymität funktioniert und zu 100 Prozent sicher ist. Diesen Kuhhandel, den wir damals eingegangen sind – für den haben wir noch etwas bekommen, jetzt kriegen wir gar nichts mehr –, kennen wir mittlerweile.

Ich habe verschiedene Berichte über die gestrigen Verhandlungen des Herrn Bundes­kanzlers in Brüssel gesehen und frage mich, ob er da nicht auf eine Nebelgranate hineingefallen ist, denn dieser voreilige Gehorsam, den er da gegenüber der EU praktiziert, ist aus meiner Sicht nicht nur dümmlich, sondern sogar naiv.

Meine Damen und Herren, ich möchte etwas in Erinnerung rufen – es ist hier vorhin kurz angedeutet worden –: Frankreich fordert die Aufhebung des Bankgeheimnisses in Österreich, Großbritannien wurde genannt, und, und, und. Frankreich jedoch hat seine eigene Steueroase: Monaco. Das ist eine klare Steueroase, die von Frankreich geschützt wird. Warum geschieht dort nichts? Wenn, dann müsste man zuerst einmal diese Sachen auf den Tisch legen. Die Franzosen können es sich also richten. Das­selbe gilt für Spanien mit Andorra. Auch diese Steueroase müsste vorher aufgegeben werden. Großbritannien hat drei Steuerparadiese auf den Kanalinseln und 15 Steuer­paradiese in Übersee.

Dort, meine Damen und Herren, erfolgt hundertmal mehr Steuerbetrug als in dem kleinen Österreich, das müssen wir uns auch einmal vor Augen führen, wenn wir diese Diskussion hier führen. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich finde, das ist eine Frechheit, auf die Sie da hineingefallen sind, die die EU da praktiziert, meine Damen und Herren von der Regierung. Zuerst sollte man dort anpacken, wo die EU Möglichkeiten hat, bei den großen Steuerparadiesen, aber nicht das kleine Österreich geißeln und hier Omas Sparbuch, wie ich das schon angesprochen habe, plündern wollen beziehungsweise nach außen kehren.

Aber ich habe da einen kleinen Verdacht, weil Österreich mit der Schweiz und mit Liechtenstein ein Steuerabkommen geschlossen hat: Es soll vermutlich noch mehr Druck auf diese Staaten ausgeübt werden, um auch dort die Anonymität brechen zu können.

In anderen Bereichen funktioniert der Druck der EU ohnehin schon. Die Wirtschaft in der Schweiz befindet sich in Geiselhaft der EU, man muss nur schauen, was dort alles abgeht. Der Franken wäre ja in die Höhe geschossen, wenn nicht Notkäufe in Euro, in der billigen Euro-Währung gemacht worden wären, um den Euro zu stützen, um die Schweizer Wirtschaft noch am Leben zu erhalten. Hier wird Druck ausgeübt.

Meine Damen und Herren von der Regierung, machen Sie zuerst die Hausaufgaben! Schauen Sie, dass sich zuerst einmal in Bezug auf Andorra, Monaco, die Cayman Islands und auf die 15 Steuerparadiese, bei denen das United Kingdom seine Finger im Spiel hat, etwas ändert, dann können wir über das österreichische Steuerrecht beziehungsweise über das anonyme Sparbuch oder was auch immer reden, was wir dort aufgegeben haben!

Ich glaube, dann wären wir auf dem richtigen Weg. (Beifall beim Team Stronach.)

16.14



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 154

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.14.40

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage war für mich ein Lehrbeispiel dafür – ich hoffe, das haben viele Leute zu Hause gesehen –, wie die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP mit dem Vertrauen der Wählerinnen und Wähler, mit dem Vertrauen der Menschen in diesem Land umgehen. (Beifall beim BZÖ.)

Ihnen ist das überhaupt nichts wert, und die Menschen können sich auf Sie überhaupt nicht verlassen. Das Vertrauen in Sie ist in keiner Weise gerechtfertigt, Herr Kollege Cap.

Diese Diskussion über das Bankgeheimnis, wo viele Österreicherinnen und Öster­reicher darauf vertraut haben, dass Sie Ihr Versprechen halten, als Zeitdiebstahl abzutun, ist sehr, sehr unanständig und wirklich nicht nur gegenüber dem Hohen Haus fast eine Frechheit, sondern vor allem auch gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern. Das möchte ich an dieser Stelle ganz klar gesagt haben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Denn das Bankgeheimnis, um das es heute hier geht, reiht sich ja in eine ganze Liste von Versprechen ein, die SPÖ und ÖVP im Zusammenhang mit der Europäischen Union den Österreicherinnen und Österreichern immer wieder gegeben haben und dann immer wieder gebrochen haben. Daher ist ja auch diese Skepsis angebracht, daher sei ja auch zur Vorsicht gemahnt, daher ist es ja auch gut, dass wir das heute diskutieren.

Gehen wir ein paar Beispiele durch. – Sie haben den Österreichern hoch und heilig versprochen, dass der Schilling bleibt. Die Österreicher haben Ihnen und darauf vertraut und haben – und zwar zu 66 Prozent – gesagt: Ja, wir treten der Europäischen Union bei! – Was haben Sie aus diesem Vertrauen, aus diesem Versprechen ge­macht? – Sie haben es gebrochen und haben den Euro eingeführt, um dann den Leuten wieder ein neues Versprechen zu geben und wieder Vertrauen abzuluchsen und zu sagen: Den Schilling schaffen wir jetzt zwar ab, aber der Euro wird noch größer, noch besser, noch stabiler und noch härter, und da werden wir alle uns noch mehr leisten können. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Fragen wir die Menschen, wie es ihnen heute geht, schauen wir die Einkommen an, schauen wir die Armutsentwicklung an und schauen wir die Arbeitslosigkeit an! Wir stellen fest, dass auch in diesem Bereich Ihre Versprechen, das Vertrauen, das in Sie gesetzt wurde, in einer einzigen Katastrophe geendet haben. (Beifall beim BZÖ.)

Nächstes Beispiel: anonyme Sparbücher – auch da haben Ihnen die Österreicherinnen und Österreicher vertraut, dass das bleibt. Auch das haben Sie nicht gehalten! (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Dann, als die Euro-Krise schon ausgebrochen war, wurde versprochen: Die Spar­einlagen der Leute sind auf alle Fälle sicher! Egal, was passiert, Finanzkrise hin oder her, die Sparguthaben der Leute in der Europäischen Union sind sicher! – Und jetzt haben wir das Paradebeispiel Zypern, wo plötzlich darauf zugegriffen wird.

Diese Entwicklung, die in Zypern begonnen hat, dass das Vermögen und das hart Ersparte der Menschen in der Europäischen Union nicht mehr sicher ist, mit der parallelen Entwicklung, dass das Bankgeheimnis sukzessive aufgeweicht und aufge­geben wird, mit dem Endziel, dass man absoluten Einblick in die Vermögens­ver­hältnisse und die Sparguthaben jedes einzelnen Bürgers dieser Europäischen Union


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hat, ist das Gefährliche. Und genau auf diese Entwicklung wollen wir mit der heutigen Dringlichen Anfrage hinweisen.

Ich prophezeie Ihnen – leider Gottes werde ich recht behalten –, dass die Stunde kommen wird, wo die Leute sagen werden: Da hat das BZÖ recht gehabt, es war richtig, zu versuchen, das österreichische Bankgeheimnis zu verteidigen!, und zwar weil genau diese Entwicklung droht, die ich angesprochen habe und die jetzt in Zypern begonnen hat.

Daher wollen wir das auch diskutiert haben und diese gebrochenen Versprechen an­sprechen, meine Damen und Herren, denn wie hier schon richtig ausgeführt wurde, geht es beim Bankgeheimnis ja überhaupt nicht darum, den Kampf gegen den Steuer­betrug zu forcieren. Das geht jetzt schon. Es ist auf Basis der derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen jetzt schon möglich, jederzeit in ein Konto Einsicht zu nehmen. (Abg. Dr. Cap: Alles falsch!) Wenn es das Gericht beantragt und es genehmigt wird (Abg. Dr. Cap: Falsch!), ist das alles sofort möglich. (Abg. Dr. Cap: Falsch!) – Natürlich ist das vollkommen richtig. Na, dann erkläre ich es Ihnen dann vor der Tür draußen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Das heißt, das sind ja alles faule Ausreden, die Sie hier liefern. In Wirklichkeit geht es hier um etwas ganz anderes, nämlich darum, dass die österreichischen Interessen am Brüsseler Altar geopfert werden sollen, was schrittweise dorthin führt, dass wir nicht nur mit unserem Steuergeld, sondern am Ende des Tages auch mit dem Sparguthaben jedes Einzelnen für marode Euro-Länder und marode Krisenbanken zahlen und haften. – Genau das wollen wir nicht. Genau vor dieser Entwicklung warnen wir. Und genau daher verteidigen wir dieses Bankgeheimnis auch und kämpfen darum, meine Damen und Herren!

Das sage ich Ihnen: Sobald der erste EU-Bürger den europäischen Rechtsweg beschreiten und versuchen wird, sein Recht auf das Bankgeheimnis einzuklagen und das auch vor den europäischen Gerichten durchzusetzen, werden wir erleben, dass auch das Bankgeheimnis für die Österreicher am Ende nicht halten wird, da es nicht EU-konform ist. (Abg. Kickl: Kollege Cap soll garantieren, dass es nicht so ist!)

Das haben ja die Aussagen des Herrn Bartenstein gezeigt. Der Herr Bartenstein war schon sehr, sehr vorsichtig in seiner Formulierung. Wer genau hingehört hat, wird es gemerkt haben: Da war nur mehr die Rede davon, dass er hofft und dass er glaubt, dass das Bankgeheimnis für die Österreicher bleibt. Garantie wollte der Herr Bartenstein keine abgeben. Garantie wollten auch Sie keine abgeben. Garantie will auch der Herr Bundeskanzler keine abgeben.

Sie wissen genau, warum Sie keine Garantie abgeben wollen: Da Sie gar keine Garantie abgeben können, da Sie wissen, dass am Ende des Tages dieser Schritt, der jetzt gegangen wurde, nicht mehr zurückgegangen werden kann. Das bedeutet, dass am Ende des Tages auch für die Österreicherinnen und Österreicher, für jeden Inländer, für jeden Sparguthaben- und jeden Kontoinhaber das Bankgeheimnis gefallen sein wird, auf Nimmerwiedersehen.

Ein weiteres gebrochenes Versprechen von SPÖ und ÖVP, ein weiterer Ver­trauens­missbrauch, den Sie hier betreiben. Und darauf werden wir die Menschen dann auch aufmerksam machen und sie daran erinnern, wer das zu verantworten hat. (Beifall beim BZÖ.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Da war sogar der Bucher besser heute! – Abg.


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Kickl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Matznetter –: Geben Sie jetzt die Garantie ab?)

 


16.21.26

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das war halt eine misslungene Dringliche Anfrage, muss ich sagen, und ich kann dem Kollegen Bartenstein nur zustimmen: Sie haben eine präzise Antwort auf die Fragen bekommen, die Sie wollten. Und da waren wahrscheinlich die 4 Minuten 6 Sekunden zu lange, um darauf einzugehen. Man muss sich nur fragen: Warum tun Sie das? Wer reitet BZÖ und FPÖ, sich permanent für die internationalen Schwarzgeldbewegungen einzu­setzen?

Eine eigene Bank kann es nicht mehr sein. Die letzte, wo Schwarz-Blau drinnen war, war die Hypo Alpe-Adria. Da hat das Desaster der Steuerzahler auszubaden. Das kann es nicht sein, das Geschäftsinteresse. Es fällt einem natürlich der Uwe Scheuch ein, BZÖ zuerst, dann FPK. Der hat am Autotelefon mit den russischen Geschäftsleuten das „Part of the Game“ diskutiert. Die könnten natürlich abgeschreckt sein. Möglich ist dieses Argument. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wenn Sie so deuten, heißt das, dass Sie keine Freisprechanlage im Auto haben? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Neu ist das, was uns der H.-C. Strache heute hier gesagt hat. Er hat nämlich die interessante These aufgestellt – ich weiß nicht, wie stammtischtauglich die ist –, dass man, auch wenn man einen fünfstelligen Euro-Betrag, 20 000 €, für die älteren Herr­schaften: rund 300 000 Schilling, auf der Bank hat, also ein Vermögen, gleichzeitig auch Sozialhilfe beziehen können soll. Eine interessante These ist das.

Ich sage Ihnen gleich dazu, bei uns in Österreich gibt es das nicht. Bei uns darf nämlich jemand, der 20 000 € besitzt, nicht Sozialhilfe beziehen. Ich nehme an, dass diese Forderung der FPÖ neu ist, ein kreativer Ansatz (Abg. Kickl: Das kommt sehr oft vor, dass Millionäre Sozialhilfe beantragen!): Sie wollen nicht nur, dass Millionäre keine Steuern zahlen sollen, sondern der nächste Schritt ist, sie sollen zusätzlich Sozialhilfe beantragen können. Ein interessanter Ansatz, gerade aus den Reihen der FPÖ. Sollte man sich merken. (Abg. Kickl: Das kennen wir schon von Ihnen: die Leute, die sich etwas mühsam zusammengespart haben, dann noch zu bestrafen!)

Herr Kickl! Herr Parteiobmann der FPÖ Kickl! Vielleicht ist Ihre Handschrift ein Problem gewesen, sodass der Sprecher Strache Probleme beim Ablesen hatte. Das könnte auch noch der Fall sein. (Abg. Kickl: Für Sie ist jemand, der etwas gespart hat, ein Dieb oder ein Trottel!)

Aber jetzt zum ernsthaften Teil. Kollege Bartenstein hat etwas Richtiges gesagt, und es haben mehr applaudiert als die Abgeordneten der Regierungsfraktion ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich dürfte offenbar genau den wunden Punkt bei der FPÖ getroffen haben.

Herr Dr. Bartenstein hat hier etwas Richtiges aufgezeigt: Die Erosion der Steuer­aufkommen, die internationale Konzerne ausnützen, scheinbar legal ausnützen, wurde durch die internationale Besteuerung durch die einzelnen Staaten ausgelöst. Ich glaube übrigens nicht, dass den Iren dabei etwas passiert ist. Ich glaube, dass in Irland dafür aktiv geworben wurde, dass man Gesellschaften bei ihnen eintragen kann. Sie sagen, sofern kein Mitarbeiter da ist und keiner der Geschäftsführer einen Wohnsitz in unserem Land hat, ist das für uns kein steuerpflichtiges Subjekt. Ich glaube, dass das aktiv betrieben wurde.

Dieses Schlawinertum hat eine Vielzahl von Staaten an den Tag gelegt. Nur ein Punkt stimmt, und da hat Bruno Rossmann recht: Wenn wir zu Recht den Iren zum Beispiel


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sagen, ihr müsst bei euch aufräumen, dann muss bei uns aber das Hinterhaus sauber sein. Und unser Hinterhaus, was diese stillen, kleinen Dinge betrifft, sage ich ganz offen dazu, ist nicht sauber! (Abg. Bucher: Das Hinterhaus ist die Regierungsbank!) Der Bucher braucht da überhaupt nicht mitzureden! Unter Schwarz-Blau, mit Ihrer Stimme, ist zum Beispiel zusätzlich zum internationalen Schachtelprivileg, was vorher Österreich schon zu einem der drei relevanten Standorte für die Herstellung solcher Konstruktionen in Europa gemacht hat, auch noch die Gruppenbesteuerung über die Grenze gekommen. Das hat geheißen, für einen Gewinn (Abg. Bucher: Das war ich ganz allein, wie ich in der Regierung war!) – Warten Sie, Herr Bucher, ich sage es Ihnen gleich!

Wenn ein Gewinn da ist, fällt keine Steuer an, da du nach dem internationalen Schachtelprivileg keine Steuern zahlen musst. Und dann kannst du das noch toppen, indem du als Konzern hergehst, eine entsprechende Tochtergesellschaft gründest und diese Tochtergesellschaft unter deine österreichische Zwischen-Holding wirfst und das Gruppenbesteuerungsprivileg dazu verwendest, um den Verlust gegen die österreichischen Gewinne auf null zu schreiben – und du hast im Gesamtkonzern nichts anderes gemacht, als die Steuern gegen null getrieben.

Das heißt, auch wir müssen uns das sehr kritisch anschauen. Ich sage das bewusst. Ich habe hier gegen die Einführung gestimmt, das unterscheidet mich von den Blauen in der Koalition. Und ich wollte in zwei Regierungsverhandlungen, immer am Nein des Koalitionspartners gescheitert, die Abschaffung der Gruppenbesteuerung.

Man kann ein Konzernsteuerrecht machen, indem man sagt: Freunde, ihr könnt euren Konzerngewinn mit 25 Prozent bei uns besteuern – immerhin noch 10 Prozent weniger als in den USA. Apple-Chef Cook hat sich ja aufgeregt, dass er 35 Prozent Steuern in den USA zahlen muss. 30 nur sind es effektiv, was sie in den USA zahlen. Aber die Amerikaner machen ein Enforcement, das können sie nicht lassen. Die laden vor im Senatsausschuss, die haben eine Steuerfahndung, die effektiv ist, und die haben 35 Prozent Körperschaftsteuer. Und die Firma Apple, die für 28,7 Milliarden € Auslands­gewinn – Euro, nicht Dollar, Euro! – genau 556 Millionen € Steuern gezahlt hat, hat in den USA 30,7 Prozent Steuer von ihren 18 Milliarden Gewinn dort gezahlt. Das heißt, ihre Steuermoral, nichts im Ausland zu zahlen, haben sie in den USA nicht aufrechterhalten, das trauen sie sich dort nämlich nicht. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist amerikanisches Prinzip!) Ganz genau!

Dort können wir lernen. Aber dazu müssen wir unseren eigenen Stall in Ordnung haben, unsere eigenen Hausaufgaben machen, die anderen europäischen Mitglied­staaten in Ordnung bringen – und nicht den Cameron loben, der aus Partikular­inter­esse, nur für die Londoner City, gegen das Interesse von Millionen von Bürgern in England, denen die Sozialzuschüsse gekürzt werden, denen die Wohnungshilfen ge­kürzt werden, gehandelt hat. Das ist wirklich eine Art von Politik, die schändlich ist! Es ist übrigens bezeichnend, wenn der abwesende Herr Klubobmann das auch noch lobt. Es gibt nämlich sonst niemanden, der das lobt. Und die britischen Wähler werden es auch nicht mehr loben. (Abg. Dr. Rosenkranz: Welchen Herrn Klubobmann meinen Sie denn?)

Wir müssen diesen Teil der Hausaufgaben lösen. Dann können wir zu Recht dagegen auftreten. Der Bundeskanzler hat den ganz richtigen Schritt gesetzt: Wir hören auf, Steueroasen in Europa aufrechtzuerhalten. Wir gehen den Weg Richtung Ver­ständigung für ausländische Kontoinhaber. Und das Steuergeheimnis schützt zusätz­lich zum Bankgeheimnis in Österreich, das nicht angetastet wird.

Das mit der Gleichheitswidrigkeit ist überhaupt ein Holler sondergleichen. Die unter­liegen ja nicht österreichischem Besteuerungsrecht, sondern dem ihres Heimatlandes.


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Es kann ja da keine Gleichstellung geben, sonst müsste der österreichische Gesetz­geber das ausländische Gesetz ändern. Also so einen Unsinn muss man erst einmal formulieren! Sonst gäbe es ja kein Asyl- und Aufenthaltsrecht. Da sagt dann jeder Ausländer, ich brauche doch keine Aufenthaltsgenehmigung, das ist ja gleichheits­widrig! Ich bin zwar Ausländer, aber ich muss eine Gleichheit mit den Österreichern haben.

Das war schon einmal die Idee der altgriechischen Philosophen. Eine sehr tolle Idee, dass alles, was ein menschliches Antlitz trägt, die gleichen Rechte und Pflichten hat. Nur am weitesten von dieser hochstehenden Idee der Menschenliebe entfernt sind FPÖ und BZÖ. (Abg. Ing. Westenthaler: Bitte noch ein paar Belehrungen!) Ich wollte das nur an der Stelle sagen. Ansonsten haben Sie bei Gerichten keine Chance. Da gilt nämlich das Prinzip, die Gleichheit gilt für jene, die berechtigt sind, die Staatsbürger, und der Ausländer kann in der Frage gar nichts machen.

Ich bin froh darüber, dass es diesmal auch russische Oligarchen mit Schwarzgeldern trifft, auch jene braven Deutschen mit dem Koffer, die im Kleinwalsertal schon die Werbeaufschriften unserer Banken haben. Seien wir froh, dass es da eine Verstän­digung gibt! Der Bundeskanzler hat das Richtige gemacht. Wir sind froh, dass FPÖ und BZÖ in der Frage zum Glück nichts mitzureden haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist sehr gut gewesen, dass der Herr Bucher mitgestimmt hat!)

 


16.30.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Ich muss zunächst einmal offen gestehen, es ist mir selten noch so schwer gefallen, der Argumentation der Opposition zu folgen, wie bei dieser Dringlichen. (Abg. Kickl: Das sagen Sie jedes Mal!) Ich habe mir nur gedacht – milde gestimmt, wie ich bin –: Sie wissen nicht, was Sie tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Vorredner haben hier an diesem Rednerpult das Wort Bankgeheimnis in den Mund genommen. Ich möchte nicht wissen, wie viele davon jemals den § 38 Bankwesengesetz gelesen haben. Dort steht nämlich, was Bankgeheimnis heißt.

Bankgeheimnis heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, ihre Organe, ihre Mitarbeiter Geheimnisse, die ihnen bekannt werden, nicht weitergeben dürfen. – Ja, daran wird doch überhaupt nichts geändert! Auch für Ausländer nicht. Das Einzige, was durchbrochen wird bei den Ausländern, ist, dass ein Datenaustausch über die Zinserträge erfolgt. Sonst gar nichts, bitte! Das ist doch völlig absurd. Wer will haben, dass ein Bankmitarbeiter ausplaudern kann, wie der Kontostand vom Herrn Kollegen ist oder was der sonst für Gewinne hat? Völlig absurd, bitte! Völlig absurd! (Abg. Ing. Westenthaler: Kommt schon noch! Kommt noch!)

Das Bankgeheimnis bleibt für Inländer. Was sich für Ausländer ändert, ist der Daten­austausch über ihre Zinserträge. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Sonst ändert sich gar nichts, Herr Kollege! Lesen Sie einmal den § 38 Bankwesengesetz durch, und reden wir nicht ständig herum wie die Blinden von der Farbe, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt, wenn wir dieser Erweiterung der Zinsbesteuerung zustimmen, dann ist die einzige Änderung, der wir zustimmen, dass Zinserträge von EU-Ausländern – für andere gilt es überhaupt nicht, weil es eine EU-Richtlinie ist – automatisch ihrem


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Heimatland gemeldet werden. Sonst gar nichts, bitte. Kein Bankmitarbeiter darf aus­plaudern, was einer am Konto hat oder was er für Kontobewegungen hat. (Abg. Grosz: So ein Blödsinn!) Lesen Sie einmal den § 38, Herr Kollege, dort steht das drinnen!

Ob wir zustimmen, meine Damen und Herren, richtet sich danach, ob das erfüllt wird, was in der Regierungserklärung vom 26. April steht. Da stehen nämlich drei Voraus­setzungen drinnen. Erstens: Es muss der OECD-Standard erfüllt sein. Zweitens: Es müssen die anonymen Strukturen, Stichwort Trusts, aufgedeckt werden. Und drittens steht drinnen, dass unsere Steuerabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein berücksichtigt werden müssen. – Meine Damen und Herren, da kann ich nur zustimmen! Da kann ich nur zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Außerdem steht drinnen, das ist der letzte Satz: Ob wir zustimmen, hängt davon ab, inwieweit das Verhandlungsergebnis geeignet ist, Steuerhinterziehung und Steuer­betrug wirksam zu bekämpfen. – Das kann ich hundertprozentig alles unterschreiben.

Liebe Freunde von der Opposition! Wer in Brüssel, welcher Beamte wann was in ein Protokoll hineingeschrieben hat und wann wer was gesagt hat, das interessiert die Menschen gar nicht. Die Menschen in Österreich haben ein Interesse: Sie wollen das Bankgeheimnis gewahrt haben (Abg. Mag. Stefan: Wozu?), und sie wollen, dass der Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuerbetrug energisch in Angriff genommen wird. Das sind die Anliegen der Österreicher. Aber welcher Beamte wann etwas in ein Protokoll geschrieben hat, das interessiert sie nicht. Das ist ja lächerlich, was da in der Begründung zum Teil drinnen steht. Aber lassen wir das! (Abg. Neubauer: Damit sagen Sie, Finanzminister Fekter ist lächerlich! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Ihr liegt ja bei den Bedürfnissen der Menschen völlig daneben! Völlig daneben!

Ein Punkt auch noch, meine Damen und Herren, und darüber bin ich sehr froh; das kommt auch in dem Schlussdokument des Rates sehr schön zum Ausdruck, war auch eine Forderung vom Herrn Bundeskanzler. Martin Bartenstein hat es angesprochen: Was sich hier zum Teil abspielt bei internationalen Konzernen, wo die Steuer­bemessungsgrundlage ausgehöhlt wird, wo es zu Gewinnverlagerungen kommt, das ist ja völlig inakzeptabel! Gott sei Dank hat das jetzt Priorität im Kampf gegen Steuerbetrug in der Europäischen Union. Das gehört wirklich geändert! Das ist undenk­bar, bitte! Unsere braven Steuerzahler – egal, ob Arbeitnehmer oder Klein- und Mittelbetriebe – haben alle diese Möglichkeiten nicht, und die großen Konzerne tun da Steuerbemessungsgrundlagen aushöhlen, Gewinne verlagern und zahlen dann fast keine Steuer. Undenkbar!

Dafür bin ich sehr dankbar, Herr Bundeskanzler: dass es gelungen ist, das in das Schlussdokument des Europäischen Rates hineinzunehmen.

Ein letztes Wort – es klingt auch ein bisschen durch in dieser Anfrage –: Brauchen wir mehr oder weniger EU? – Ich würde sagen, wir brauchen beides. In manchen Bereichen brauchen wir mehr EU, zum Beispiel im Bereich der Euro-Zone. (Abg. Grosz: Auch bei der Gentechnik natürlich!) Wenn du eine gemeinsame Währung hast, musst du halt die Fiskalpolitik ein bisschen stärker abstimmen. Und wenn es um so Fragen geht wie: Muss Olivenöl in geschlossenen Flaschen oder darf es auch in offenen Flaschen im Restaurant auf dem Tisch stehen? Darf Marmelade „Marmelade“ heißen oder muss es „Konfitüre“ heißen?, da brauchen wir zweifellos weniger EU, gar keine Frage.

Meine Damen und Herren! Wir von der ÖVP tragen voll das mit, was das Verhand­lungsergebnis des Europäischen Rates ist. Es ist ein wirksamer Schritt, einerseits um das Bankgeheimnis zu bewahren, aber andererseits auch um den Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung in Angriff zu nehmen. Herzlichen Dank, Herr


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Bundeskanzler! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Was sagt der Herr Ikrath dazu?)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


16.35.01

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist interessant, dass Kollege Stummvoll jetzt findet, dass dem Bank­geheimnis überhaupt nichts passiert ist. Diese Regelung betreffend den Datenaus­tausch über die Zinserträge hat damit überhaupt nichts zu tun. Es wundert mich aber dann, dass Ihre Finanzministerin Fekter vor Kurzem, vor wenigen Tagen noch wie ein Löwe um das Bankgeheimnis und genau gegen diese Regelung gekämpft hat. Das ist interessant. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Also entweder ist die Frau Ministerin eine Schwarzseherin – oder kann es nicht sein, dass Sie doch einige Sachen ein wenig falsch darstellen? Sie sind echt der Meinung, dass eine Auskunft über die Zinserträge eines Kontos keine – unter Anführungs­zeichen – „Verletzung“ der von Ihnen genannten bisherigen BWG-Bestimmungen ist? (Abg. Dr. Stummvoll: Für Ausländer!) Ja, überhaupt nicht. Das BWG gilt ja nicht für Ausländer. Das ist auch dem Kollegen Matznetter entgangen.

Unsere Banken werden ja nicht durch die Steuergesetze von Luxemburg, Amerika oder Deutschland, sondern durch unser Bankwesengesetz geregelt. Es ist ja völlig wurscht, was die Steuergesetze dort vorsehen. Unsere Gesetze regeln, ob Geheim­nisse, die im Zusammenhang mit der Verwaltung von Krediteinlagen und so weiter jemandem zugekommen sind, ausgeplaudert werden dürfen. Und die werden nach dieser Regelung ausgeplaudert, und zwar nur gegen Ausländer.

Wenn das wenigstens irgendetwas helfen würde gegen Steuerhinterzieher, Geld­wäscher, Drogenhändler und so weiter, dann könnten wir ja noch darüber diskutieren. Da könnte man ja sogar den Grünen und auch Matznetter noch ein bisschen recht geben. Aber das tut es ja nicht! Denn schon jetzt ist jede Einlage in Österreich schärfstens nach den Geldwäscherichtlinien, wie Sie genau wissen, zu prüfen. Sie müssen eine lückenlose Herkunftserklärung abgeben, müssen nachweisen, dass das sauberes, versteuertes, weißes Geld ist, und das schon seit Jahren. Drogengeld bekommen Sie in Österreich seit Langem nicht mehr unter und Steuerhinter­ziehungs­geld auch nicht mehr, so gut wie nicht mehr. Also das ist gelaufen.

Die zweite Sache ist: Selbst wenn es so wäre – Matznetter ist leider nicht mehr im Saal, er geht nach seinen Reden immer hinaus, der würde das viel besser wissen als wir alle –, dann wäre es wohl eine Kindergartenaufgabe, das zu umgehen. Da mache ich zwei Sachen als Ausländer, wenn ich mich weiterhin vom Bankgeheimnis schützen lassen möchte: Entweder ich nehme mir einen Treuhänder, und die Steuerberater wissen sehr gut, wie das geht, oder ich gründe, wenn mir das zu mühsam ist, eine österreichische Gesellschaft, ich gründe hier eine GesmbH. Dann ist mein Konto ein inländisches Konto, und die ganze Austauscherei fällt wieder weg. (Beifall bei der FPÖ.)

So einfach ist das zu umgehen. Sie können ja nicht im Ernst glauben – Sie von der ÖVP glauben es, meine ich, eh nicht, aber vielleicht glaubt es der Herr Bundeskanzler oder irgendwelche Leute –, dass das haltbar ist, dass sich irgendjemand mit dem zufriedengibt, mit einer Regelung, die für nichts ist, die man mit einem Federstrich umgehen kann. Irgendeine alte Omi, vielleicht die Tante Hermi vom nicht ganz seligen


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Ex-Finanzminister Hannes A. hätte das vielleicht nicht gewusst, die liechtensteinische Tante damals, aber sonst fast jeder. Das ist doch überhaupt kein Argument.

Da ist es schon ehrlicher so, wie die Grünen argumentieren. Die sagen, jeder soll gläsern sein, alles muss offengelegt werden, es gibt keine finanzielle Privatsphäre. Frau Astrid Rössler, diese Salzburgerin, die neue Partnerin von Ihnen, hat sogar ge­meint, es müsste eigentlich jeder Österreicher alle Gehälter offenlegen. Das wäre das einzig Saubere.

Wenn man das meint, wenn man diesen gläsernen Menschen haben möchte, dann sehe ich das als ersten Schritt durchaus konsequent, freue mich über den ersten Schritt. Der zweite Schritt muss folgen, denn das, was hier gemacht worden ist, ist natürlich gleichheitswidrig und ist auch nach den EU-Vorschriften nicht haltbar, weil das eine Inländer-/Ausländerungleichbehandlung der Sonderklasse ist, weil natürlich nur das österreichische Bankwesengesetz hier anzuwenden ist und nicht das Steuer­gesetz.

Man kann sagen, das ist alles gut, es wird zentralisiert, man wird gläsern, und man hat dann ein Supereuropa, in dem alle transparent dastehen und jeder genau beurteilt wer­den kann und seine Steuern zahlt, so, wie das der Apparat will. Sie wollen ja langfristig auch die gemeinsame europäische Regierung, denn die Eurozone ist das, wo wir mehr brauchen, und dadurch brauchen wir ein europäisches Budget, eine europäische Finanzregierung.

Aber welches Europa ist das, Kollege Stummvoll? – Schauen Sie einmal, was Kollege Swoboda – ich schaue zum Bundeskanzler oder auch zu den wenigen Grünen, die noch hier sind – und Kollegin Lunacek gemeinsam mit dem Präsidenten des Euro­päischen Parlaments schon in Vorbereitung haben: ein Gesetz, wonach sogenannte eurokritische Parteien nicht mehr finanziert werden. Die nennen sie natürlich nicht eurokritische, sondern europafeindliche Parteien, und diese sollen nicht mehr finanziert werden.

Was ist eine europafeindliche Partei? – Eine Partei, die im Wesentlichen gegen eine weitere Zentralisierung, gegen die Kompetenzübertragung nach Brüssel, gegen die Beibehaltung der Eurozone im jetzigen Zustand, vielleicht sogar für die Rücküber­tra­gung einzelner Kompetenzen an die Nationalstaaten auftritt. Das ist eine soge­nannte eurokritische, eurofeindliche Partei! Die wird nicht mehr finanziert.

Da kommen wir, ich sage nicht, in ein totalitäres System, sondern in ein subtotalitäres System hinein, vergleichbar mit dem Iran. Das ist auch kein totalitäres System, aber dort gibt es einen Wächterrat, der entscheidet, ob ein Bewerber oder eine Partei mit den Werten der islamischen Revolution übereinstimmt. Und bei uns heißt es halt nicht islamische Revolution, sondern: Das stimmt mit den europäischen Werten nicht überein! Oder: Das ist eine eurokritische oder eurofeindliche Partei!

Es wird jetzt wahrscheinlich eine Art Wächterrat installiert werden, das wird eine Kommission sein, und wer von diesem Wächterrat für nicht würdig befunden wird, der bekommt einmal in der ersten Stufe kein Geld, so wie wenn wir entscheiden würden: Eine Parteienförderung bekommen die, die, die, aber die nicht, denn die sind nicht in Ordnung, die sind österreichfeindlich! (Abg. Dr. Stummvoll: Es ist nicht alles, was hinkt, ein Vergleich!) – Es hinkt gar nichts an diesem Vergleich, sondern genau so ist es! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist etwas, was wir in keinster Weise wollen, lieber Herr Kollege Stummvoll! Das ist etwas, wovor Sie die Augen verschließen, ja, wo Sie nicht einmal bereit sind, darüber zu diskutieren!


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Ich habe von keinem ÖVPler einen wütenden Protest darüber gehört, dass die euro­päischen Institutionen – nicht nur das Parlament, sondern auch die Kommission – jetzt ganz offiziell an der Abschaffung der Demokratie und an der Schaffung eines iran­artigen Wächterratssystems arbeiten. In Anbetracht dessen können Sie sich vorstellen, dass es da von uns noch einiges an Widerstand geben wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


16.41.22

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Wenn man dieser Dringlichen Anfrage überhaupt etwas Nützliches abgewinnen wollte, müsste man draufkommen, dass das Thema eigentlich Steuer­gerechtigkeit ist. Das ist ja das, was Sie, Herr Staatssekretär und Herr Bundeskanzler, plakatiert haben, wo Sie jetzt eine Neuauflage versuchen. Dann spielen wir es halt einmal durch!

Die Frau Bundesministerin für Finanzen hat ja lange Zeit eine sehr seltsame, ja schädliche Linie aus der Perspektive des Kampfes für Steuergerechtigkeit vertreten. Dann sind Sie gekommen und haben gesagt: So, jetzt wird alles anders! Im Übrigen aber erst, nachdem sich der Wind gedreht hat, und nicht schon vorher. Wie dem auch sei! Aber wenn es jetzt darum geht, die Sache im Hinblick auf den automatischen Datenaustausch gemäß der gültigen Zinsenrichtlinie anzuschauen, dann hätten wir, Herr Bundeskanzler, gestern oder heute schon dabei sein können, da müssen wir nicht bis zum Jahresende warten, überhaupt nicht!

Das ist ja nur deshalb passiert, weil Junktime der Frau Bundesministerin für Finanzen dann tatsächlich schlagend geworden sind. Wir werden nur deshalb bis Jahresende hinnudeln, dann aber gleich das Ganze mit einem Drittstaatenabkommen junktimieren, wo es um viel mehr geht als um die bestehende, aktuelle Zinsenrichtlinie. Insofern kann es zum Schluss passieren, dass gar nicht viel weitergeht, denn bis diese Dritt­staatenabkommen fertig sind, kann es noch einige Zeit dauern. Da schaue ich mir auch noch an, wie lange das jetzt wieder weitergeht, denn auch in der Europäischen Union versuchte der eine oder andere nationale Regierungschef, muss man leider sagen, während woanders noch heiß gekocht wurde, kalte Menüs zu servieren.

So ist es leider. Schuld ist in diesem Fall aber nicht die Union, sondern nationale Interessen stehen da dahinter, weil sich immer wieder Staaten gegenseitig ausspielen wollen, wenn es um die Dinge des Steuerdumpings geht. Und Steuergerechtigkeit hat damit etwas zu tun, sodass was das Ergebnis ist? – Wenn Sie die rascheste Lösung für die Beendigung des Steuerbetrugs und für die von Ihnen apostrophierte Steuer­gerechtigkeit hätten haben wollen, dann wären wir heute schon beim Datenaustausch dabei, wenn es um die festverzinslichen Konten geht, dort, wo die Zinsenrichtlinie jetzt schon wieder gilt. Für die Zukunft war das das Erste.

Es werden jetzt die ausländischen Steuer-Strizzis von Ihnen auf diese Art und Weise noch so lange geschützt, bis sie sich vielleicht wieder abgesetzt haben. Was ist denn zum Jahreswechsel? Immerhin sind es bis dahin noch sieben Monate!

Im anderen Fall, wenn es um die österreichischen Steuerbetrüger geht, sagen Sie: Wir machen eine Übergangsphase! – Soll sein! Ich weiß nicht, wie lange das gelten soll, denn die Frau Finanzministerin hat eine ganz andere Meinung. Und das ist der nächste Crash, der vorprogrammiert ist. Und daher sollte man sich darüber einmal unterhalten.


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Was soll denn das: automatischer Datenaustausch und dann gleichzeitig das Schweiz-Liechtenstein-Abkommen hochhalten?! Das gründet sich ja ausdrücklich auf die Anonymität, das ist ja hier stolz demonstriert worden. Es war ja Staatssekretär Schieder von Ihrer Fraktion, der diesen Unfug auch noch Hohelied-artig mitverteidigt hat. Und jetzt fängt sich das natürlich auch zu spießen an.

Die Sozialdemokratie in Deutschland hat das völlig zu Recht, wie wir meinen, massiv bekämpft, weil ja dort das Ergebnis jenes ist, dass zwar durch die Quellenabschöpfung und durch die „Nachversteuerung“ – unter Anführungszeichen – eines ursprünglich schwarzen Geldes natürlich zunächst einmal ein Schub Geldes in die Kassa kommt. Das ist richtig, aber aus steuerethischen Gründen oder aus Gründen der Steuermoral und der Steuerehrlichkeit ein Wahnsinn, denn die Abkommen sind so konstruiert, dass diejenigen, die zuerst Schwarzgeld ins Ausland geschafft haben, dort dann noch Zinsen kassiert haben und diese in der Regel auch nicht versteuert haben, mit dieser Quasi-Abschlagszahlung besser dastehen als die Steuerehrlichen, nur weil Sie die Anonymität aufrechterhalten wollten.

Das ist genau das, worauf Uli Hoeneß in Deutschland vertraut hat. Der hat sich nämlich nicht einfach ohne Weiteres zufällig zu einem bestimmten Termin geoutet oder wurde geoutet, das hat er ja gar nicht vorgehabt, verständlicherweise, aber es war doch so, dass er auf dieses Abkommen vertraut hat, was die Deutschen dann am Schluss aber nicht gemacht haben. Österreich aber schon, unsere Bundesregierung! Gleichzeitig sind diese Steuer-CDs in Umlauf. Also jeder muss damit rechnen. Im Übrigen sind auch Datenträger über österreichische potenzielle Steuerbetrüger in Umlauf.

Da gilt an sich das Gleiche: Das ist ja ein Anreizmechanismus, dass sich die von selbst melden. Aber Sie unterlaufen das ja, indem so etwas wie ein anonymes Abkommen nicht nur verhandelt wird, sondern dann sogar auch noch abgeschlossen wird und Sie jetzt hergehen und sagen: Wir führen eine Übergangslösung ein, das ist eine Super­sache!

Ja wissen Sie, wie viele österreichische Uli Hoeneße Sie damit schützen und in der Anonymität belassen? Das sind gar nicht so wenige! Und das versteht man überhaupt nicht. Das hat mit Steuergerechtigkeit, mit Steuerehrlichkeit und mit all dem, was Sie dauernd plakatieren oder sagen, exakt null, nämlich gar nichts zu tun. Ich erspare Ihnen die Zitate Ihrer Kollegen von der deutschen Sozialdemokratie im Bundestag und vor allem jener im Bundesrat, wo das ja verhindert worden ist, im Übrigen mit Mehrheit von Rot-Grün. Wie Sie denen begegnen wollen, wäre ja wirklich sehr interessant zu erfahren.

Der Befund lautet also: Was die ausländischen Steuerkriminellen in Österreich betrifft, so kriegen diese, was ihre Bankkonten betrifft, noch eine Schonfrist, obwohl sie eigentlich mit dem heutigen Tag schon genannt werden könnten. – So schaut Ihr Kampf für Steuergerechtigkeit aus!

Und was die österreichischen Steuerbetrüger betrifft, so werden diese weiterhin in der Anonymität belassen, und zwar mit einer durchaus günstigen Abschlagszahlung.

Bleibt also nur die Anmerkung, dass die Ausweitung der Zinsenrichtlinie auch auf andere Einkünfte natürlich eine gute Sache ist, wenn das auch in dem Mandat jetzt drinnen ist. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Das ist natürlich richtig! Aber wenn das dazu führen soll, dass wir bis auf Weiteres Betrüger, die auf österreichischen Bankkonten Geld haben, schützen und umgekehrt das Schweiz-Liechtenstein-Abkommen bis auf Weiteres auch nicht außer Kraft gesetzt wird, dann ist das ein hoher Preis, der da gezahlt wird!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 164

Also uns können Sie – erstens die, die sich auskennen und die sich damit beschäf­tigen, zweitens die, die es wirklich ehrlich meinen mit einem Neustart, was diese Schwarzgeldstrategie betrifft, die Österreich immer gefahren ist, dass wir nämlich auf eine Weißgeldstrategie umschalten – damit nicht täuschen.

Ob das die Leser Ihrer Kampagne so sehen werden, kann ich nicht sagen. Ich sage Ihnen nur: Das ist eine sehr, sehr maue Vorstellung, Herr Bundeskanzler! Es wäre viel mehr drinnen. Aber es passt halt leider in das Bild, dass die Sozialdemokratie bis vor wenigen Wochen dieses ganze Theater um das Bankgeheimnis – Thema der Dringlichen – immer voll mitverteidigt hat. Ich kenne ja all die Zitate.

Schieder, noch im April: Nein, da passiert gar nichts, da darf nichts passieren! – Und überhaupt. Und Österreich. Und sowieso. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Nein, nein! (Staatssekretär Mag. Schieder: O ja!) Das war doch legendär, das „Morgenjournal“-Interview. Es ist doch vor allem darum gegangen, so lange Zeit zur Entscheidung zu gewinnen, bis Sie gemerkt haben, wohin sich der Wind dreht. Und erst, als klar war, dass es auf europäischer Ebene kein Entrinnen mehr gibt, haben Sie sich wieder an die Spitze der angeblichen oder tatsächlichen Steuer­gerechtigkeit gestellt. Aber sei es drum! Besser jetzt als gar nicht. Nur: Es ist unglaub­würdig gewesen.

Es wäre mir auch noch wurscht, wenn jetzt hundertprozentige Lösungen gemacht würden, hundertprozentig saubere Steuergerechtigkeit mit null Prozent Augenzwin­kern. Aber was haben Sie wieder zusammengebracht? – Ein Halbe-Halbe-Lösung, eine lauwarme Lamentiererei hat es gegeben.

Das ist zu wenig! Sorry! Wir brauchen etwas Stärkeres. (Beifall bei den Grünen.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.49.27

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein – in Richtung des das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Kogler.) – Könnt ihr eure Fußball-Affinitäten vielleicht nach dem Plenum klären, wer jetzt ein Dortmund-Fan ist oder was auch immer, Kollege Bartenstein?

Kollege Stummvoll, Sie sagten hier heraußen am Rednerpult, das, was in irgend­welchen EU-Protokollen steht, sei irrelevant. – Ich halte die EU-Protokolle sogar für sehr relevant, weil sie den Österreicherinnen und Österreichern und auch der heimischen Politik im Nationalrat zeigen, wie sich diese Bundesregierung tatsächlich in Brüssel aufführt. Nämlich: Dass Sie hier im Haus und bei der 1.-Mai-Feier anders spricht, als sie dann schlussendlich handelt. Es gibt ein sehr altes Sprichwort, Herr Kollege Stummvoll: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er die Wahrheit spricht! (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe hier einige wunderbare Beispiele, die in den EU-Protokollen verewigt sind. Ich zitiere daraus den Bundeskanzler aus dem Jänner 2009.

„Linie bei Atomkraft bleibt“ auf europäischer Ebene „konsequent.“ – Das sagte Faymann im Jänner 2009.

Und im März 2009 kann man einem EU-Ratsprotokoll die Zustimmung des Bundes­kanzlers zum folgenden Text entnehmen:

„Der Europäische Rat erinnert ferner daran, dass die einheimischen Energie­res­sourcen, d.h. erneuerbare Energiequellen, fossile Brennstoffe und () die Kernenergie optimal genutzt werden müssen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 165

Der Bundeskanzler auf Atomkraft-Linie! Er sagt, er bleibt konsequent, stimmt aber dann drei Monate später auf europäischer Ebene im Rat zu, dass die Kernenergie optimal genutzt werden müsse. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist der Unter­schied zwischen Schein und Sein! (Beifall beim BZÖ.) So weit klafft hier in diesem Haus und in der österreichischen Innenpolitik die letzten 50 Jahre diese Schere aus­einander.

Ein weiteres Beispiel für diesen Bundeskanzler, noch nicht lange her, sehr geehrte Damen und Herren:

Die Nettozahlungen Österreichs werden nicht steigen! – Bundeskanzler Faymann.

Finanzministerin Fekter: Kommt nicht in Frage!

Staatssekretär Lopatka: Ein klares Nein zum weiteren Anstieg der Nettozahlungen der Europäischen Union!

Und was haben wir jetzt, wenige Monate später, hier im Hohen Haus erlebt? – Die Nettozahlungen sind de facto gestiegen. Österreich hat noch nie so viel in die Europäische Union eingezahlt, als es schlussendlich herausbekommen hat. – So viel zu dem, was Sie uns hier von der Regierungsbank aus weiszumachen versuchen, und zu dem, was Sie dann tatsächlich in Brüssel tun!

Daher, Kollege Stummvoll, ist es sehr wichtig, dass wir die Protokolle der Sitzungen des Europäischen Rates haben, weil sie das hier aufdecken, weil sie diese Unwahrheiten der letzten Jahre und Jahrzehnte aufdecken. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich erinnere auch an die Saatgut-Verordnung. Ein österreichischer Landwirtschaftsminister sagte: Österreich bleibt von mit Gentechnik verändertem Saatgut frei! – Was macht er aber auf europäischer Ebene? – Einen Kniefall vor der Europäischen Union. Und das gentechnisch veränderte Material haben wir schon im Land.

Was macht derselbe Minister bei der Pestizid-Verordnung? Einmal hätte die Euro­päische Union einen positiven Vorschlag gebracht, um die heimischen Bienen zu schützen. Aber was macht da der Landwirtschaftsminister? – Er torpediert das, behauptet aber, er schütze die heimische Landwirtschaft, die Ökologie, die Bäuerinnen und Bauern.

Was tun Sie? – Sie tun immer das Gegenteil, sehr geehrte Damen und Herren, und das all die letzten Jahre und Jahrzehnte!

Ich brauche gar nicht zurückgehen in die neunziger Jahre, wo hier eine Staats­sekre­tärin für EU-Fragen gestanden ist und der österreichischen Bevölkerung sozu­sagen vorgesungen hat: Meine Damen und Herren Österreicherinnen und Öster­reicher, wenn ihr der EU beitretet, dann habt ihr alle am Ende des Jahres 1 000 Schilling mehr in der Tasche!

Das war der sogenannte „EU-Memorial-Gitti Ederer-Tausender“. Was ist denn aus diesem Ederer-Tausender geworden? – Mehrere tausend Euro, die die Österreiche­rinnen und Österreicher für die inflationäre Entwicklung der letzten Jahre zahlen (Beifall beim BZÖ), für Lebensmittel, für Güter des täglichen Gebrauchs.

Aber Sie finden das ja alles so lustig. Auf der Regierungsbank ist während der Behandlung der Dringlichen Anfrage gelacht worden. Alles ist so eine Gaudi! Kollege Bartenstein kam heraus, nonchalant – das ist alles so lässig, das ist alles so lustig! Wenn es darum geht, europäische Probleme zu lösen und hier anzusprechen, wie heute mit der Dringlichen Anfrage des Kollegen Bucher, wird hier über die Dringliche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 166

zum Bankgeheimnis gelacht. Aber einige Monate später erleben wir, dass das, was hier gesagt worden ist, de facto wieder falsch ist.

Das gilt nicht nur für die Gentechnik-Verordnung, für das EU-Finanzrahmengesetz, wo wir mehr Nettozahlungen geleistet haben, sondern das gilt zum Beispiel auch für die Bereiche der direkten Demokratie und der Europäischen Union. Haben Sie denn nicht mehr die Schlagzeile der „Kronen Zeitung“ in Ihren Köpfen, wo ein ehemaliger Ver­kehrs­minister und SPÖ-Parteivorsitzender Werner Faymann mit dem seinerzeitigen Bundeskanzler Gusenbauer de facto inseriert beziehungsweise die Aussage getätigt hat, wenn es zu einer Änderung bei EU-Verträgen kommt, wird in Österreich selbstverständlich eine Volksabstimmung durchgeführt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, können Sie mir vielleicht sagen, wann die letzte Volksabstimmung zu einer wesentlichen Änderung der EU-Verträge in Österreich war? – Nie! Weil es einmal mehr die Unwahrheit ist (Beifall beim BZÖ) – genauso wie, geehrte Damen und Herren, beim österreichischen Bankgeheimnis und beim Schutz der österreichischen Sparguthaben.

Am 5. April sagte Maria Fekter: „Unser Bankgeheimnis hat eine sehr lange Tradition. Die Menschen in Österreich haben ein Anrecht darauf, dass ihre Sparguthaben nicht nur in monetärer Hinsicht geschützt sind 

Heute sagte der Bundeskanzler hier in der Fragestunde, er könne nicht garantieren, dass die Spareinlagen über 100 000 € gesichert sind. Und namhafte Experten sagen, dass im Insolvenzfall einer Bank die Sparguthaben der Österreicherinnen und Österreicher nicht einmal über 20 000 € gesichert sind.

Bedenken wir einmal, wie schnell man sich 20 000 € im Leben erspart und auf dem Sparbuch bunkert, weil man eben fleißig gearbeitet hat. Dieser Bundeskanzler hat heute keine Garantieerklärung für diese Sparguthaben abgeben können, sehr geehrte Damen und Herren. Wir haben es live auf ORF 2 und auf ORF III gehört, alle Menschen in Österreich haben es gehört. – Und diesem Bundeskanzler und dieser Bundesregierung soll man noch glauben?!

„Die ÖVP liegt einmal mehr den Österreichern im Wort, die ihre Daten und die Konten geschützt wissen wollen“, sagte der ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch am 6. April.

„Das Bankgeheimnis für die kleinen Sparerinnen und Sparer darf nicht angetastet werden, aber gleichzeitig gilt auch, für Steuerhinterzieher, für Verbrecher darf es kein Bankgeheimnis geben.“ – Staatssekretär Andreas Schieder, am 8. April. Er sitzt im Übrigen hier.

Es hieß: Ja, wir werden die Verhandlungen in Luxemburg gemeinsam führen, ja, wir werden gemeinsam verhandeln. Was ist passiert? – Der Bundeskanzler ist nach Brüssel gefahren, und das österreichische Bankgeheimnis ist in Bälde Geschichte, sehr geehrte Damen und Herren! – Das zum großen Verhandlungsgeschick, zur gemeinsamen Koordinierung, zur gemeinsamen wichtigen Kommunikation gegenüber der Europäischen Union.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht erst seit Ihrer unseligen Briefschreiberei sind Sie zur Lachnummer Europas geworden. Sie sind keine Regierung, auf die man in Europa stolz sein könnte! (Beifall beim BZÖ.)

Ein Europa ist immer nur so stark wie seine nationalen Regierungen. Da brauchen Sie jetzt nicht zu fragen, warum Europa so schwach ist. So lange Regierungen aus solchen Regierungsmitgliedern bestehen, die anders handeln, als sie reden und denken, so lange wird Europa dem Untergang geweiht sein. Das sage ich Ihnen heute auch!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 167

Europa wird aus seiner latenten Schwäche nicht herauskommen, so lange es nicht standhafte Regierungspolitiker auf europäischer Ebene gibt, die selbstverständlich auch ihre nationalen Interessen durchzusetzen versuchen, wie es einst die erst vor Kurzem verstorbene Margaret Thatcher in den achtziger Jahren und neunziger Jahren gemacht hat und wie es heute ein David Cameron in England macht. Jawohl, ein Politiker, dem das eigene Volk wichtiger ist und für den das Fortkommen des eigenen Volkes prioritär ist, und erst in zweiter Linie ein Politiker, der gemeinsam mit seiner Bevölkerung den europäischen Gedanken lebt, aber nie, indem er seine nationale Gesinnung, sein Land aufgibt.

Das tun Sie mit dem Sparbuch! Und die Steuersünder bleiben weiterhin ungeschoren. Denn: Lesen wir doch die Titelseite des „NEWS“ von heute! (Der Redner hält ein Exemplar einer „NEWS“-Ausgabe in die Höhe.) Da kommt man drauf, wer die sind, die ihr Vermögen im Ausland parken, in Offshore-Geschäften anlegen. Ist Ihnen der nicht bekannt, Kollege Amon? Kollege Bartenstein, haben Sie nicht bei der Raiffeisen International ein paar Konten? Sind Sie nicht als ÖVP-Abgeordneter dazu verpflichtet, in Ihrer Hausbank, dem ÖVP-Raiffeisen-Parteiklub, Konten zu haben?

Das sind die Bankmanager, deren Vermögen aufgedeckt gehört! (Der Redner zeigt auf die Titelseite des „NEWS“.) Aber Sie gehen auf die kleinen Sparer los und die Großen lassen Sie ungeniert entkommen. Das ist eine einzigartige Farce! (Beifall beim BZÖ.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Krainer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.58.49

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollege Grosz, Sie nehmen den Mund schon sehr voll. Gerade beim Thema Bankgeheimnis ist es nett, dass Sie das „NEWS“ von heute zitieren. Ich habe mir das „NEWS“ von vor zehn Jahren angeschaut. Da stand nämlich drinnen, dass Österreich der Zinsbesteuerungsrichtlinie zustimmt, die wir heute haben. Und wer war damals in der Regierung? – Die ÖVP und die FPÖ waren damals in der Regierung. Damals war Kollege Grosz noch Presse­sprecher beim damaligen FPÖ-Sozialminister und  (Abg. Grosz: Und was hat diese gemacht? Sieben Jahre Übergangsfristen auf europäischer Ebene! Und sie war erfolgreich und!)

Da kann man nur lachen! Aber ich kann Ihnen sagen, was die Regierung damals noch gemacht hat. Sie hat nämlich bei der jetzt gültigen Zinsbesteuerungsrichtlinie gesagt: Ja, Österreich ist bereit, das Bankgeheimnis für Ausländer aufzugeben, und zwar unter zwei Bedingungen!

Bedingung eins ist, dass die europäischen Staaten, Schweiz, Monaco und so weiter, den Informationsaustausch auf Anfrage durchführen, und zweitens, dass die USA ein ähnliches Abkommen für ihre Bundesstaaten machen.

Unter diesen zwei Bedingungen macht Österreich den automatischen Informations­austausch. Damaliger Finanzminister: FPÖ, Karl-Heinz Grasser, damaliger Bundes­kanzler: Wolfgang Schüssel, ÖVP, damaliger Finanzsprecher der FPÖ: Josef Bucher (die Abgeordneten Dr. Cap und Riepl: Da schau her!) – er verlässt gerade den Raum, vielleicht wird es ihm unangenehm, denn er war damals nämlich der Finanz­sprecher der FPÖ, als das beschlossen wurde –, damaliger Finanzsprecher der ÖVP – ist er noch hier? –: Kollege Stummvoll, der erinnert sich sicher daran. Vielleicht erinnert sich die damalige Justizsprecherin der ÖVP nicht mehr so genau daran, die hieß damals nämlich Maria Fekter und ist heute Finanzministerin.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 168

Damals hat Österreich gesagt: Ja zum automatischen Informationsaustausch unter zwei Bedingungen.

Und wenn Sie „NEWS“ – Kollege Grosz hat „NEWS“ zitiert – vom 22. Jänner 2003 lesen, dann ist da eine interessante Schlagzeile, nämlich:

„Österreichs Bankgeheimnis hängt an Schweizer Politik. () Österreich kann sein Bankgeheimnis uneingeschränkt erhalten. Aber nur, solange die Schweiz und andere Finanzzentren () nicht bereit sind, auf Anfrage ausführliche Informationen () über Spar-Erträge weiterzugeben. Wenn aber die Eidgenossen und einige andere Finanzzentren diese Standards zum Infotausch akzeptieren, muss auch Österreich auf den automatischen Informationsaustausch übergehen.“

Karl-Heinz Grasser hat damals festgestellt, Österreich kann sehr zufrieden sein, weil damit das Bankgeheimnis ad infinitum bleibt, weil er nämlich meint, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass die Schweiz der Weitergabe von Informationen zustimmt.

Blöderweise hat diese Einschätzung genau sechs Jahre gehalten, denn 2009 hat die Schweiz gesagt: Ja, wir machen den Informationsaustausch auf Anfrage, und alle anderen Staaten auch. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Seitdem ist eigentlich klar, Österreich wird zum automatischen Informationsaustausch übergehen müssen, weil wir das versprochen haben, weil ein Grasser und ein Schüssel das versprochen haben. (Abg. Mag. Stefan: Das ist auf europäischer Ebene nicht so wichtig! Das kann man ja uminterpretieren!)

Und jetzt kommt der Treppenwitz der Geschichte: Die Finanzministerin, die damalige Justizsprecherin der ÖVP, ist nicht bereit, das Versprechen der damaligen Regierung und ihres eigenen Kanzlers zu halten. Nein, sie erfindet neue Bedingungen, um das umzusetzen, nämlich irgendetwas wie der Europäische Gerichtshof muss dann die Behörde sein und andere Sachen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Das geht nur auf europäischer Ebene nicht, aus einem einfachen Grund: Den Bedingungen haben wir 2003 zugestimmt! (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Grosz.) Da hat der Bundeskanzler genau das Richtige gesagt, er hat gesagt: Es gibt keine Bedingungen, es gibt Positionen für vernünftige Forderungen, aber keine Bedingungen mehr. Da unterscheidet sich eben ein Politiker mit einem staats­männi­schen Format wie der Herr Bundeskanzler von anderen, die bestenfalls Provinzniveau haben, die mitunter agiert haben. (Beifall bei der SPÖ.) Das sage ich Ihnen schon einmal ganz ehrlich! (Abg. Amon: Jetzt wird’s tief, Herr Kollege Krainer!) – Nein, das hat nichts mit tief zu tun, das ist die Geschichte! (Ruf bei der ÖVP: Das ist unerhört!)

Der Treppenwitz der Geschichte ist: Bundeskanzler Faymann muss die Versprechen Österreichs durch den damaligen Bundeskanzler Schüssel halten, weil die Finanz­ministerin Fekter nicht bereit ist, das zu tun. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.) – Das ist doch die Wahrheit, die hier passiert. Das ist absurd, und das ist ein Treppen­witz!

Sie sind ja alle schon damals hier gesessen. Soll ich Ihnen Ihre eigene OTS von 2003 vorlesen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Soll ich Ihnen das vorlesen, was Sie selber 2003 dazu gesagt haben? – Das ist ja lächerlich!

Insofern ist die Debatte, dass jene Parteien – wie Kollege Ikrath, wie die FPÖ und das BZÖ – sich heute hier herstellen und so tun, als ob das Bankgeheimnis heilig wäre  Das sind die Parteien, die 2003 gesagt haben: Wir schaffen es ab! Das sind genau die drei Parteien, die das 2003 gesagt haben. (Ruf bei der ÖVP: Sie sollten sich schämen!)


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Und wenn sich hier jemand schämen sollte, dann all jene, die 2003 gesagt haben, wir schaffen es ab und sich heute nicht mehr daran erinnern können. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist Oppositionsrhetorik!)

Da können Sie jetzt hundertmal „Oppositionsrhetorik“ sagen, die Wahrheit bleibt die Wahrheit: 2003 hat Österreich gesagt – FPÖ, ÖVP, späteres BZÖ –: Wir schaffen das Bankgeheimnis für Ausländer ab! (Ruf beim BZÖ: Das war vor zehn Jahren, bitte!)

Ja, diese Bundesregierung steht auch zu Beschlüssen des Parlaments und der Regierung von vor zehn Jahren, auch wenn wir nicht drin gesessen sind. Das ist halt der Unterschied, ob man staatstragend ist oder nicht, und nicht, ob man irgendwelche neue Bedingungen erfüllt.

Nichtsdestotrotz halte ich es für richtig, dass es darüber hinaus jetzt auch eine Reihe von Maßnahmen gibt, die zusätzlich gegen den Steuerbetrug sind.

Kollege Bartenstein hat gesagt, dass es beschämend ist, wie wenig Steuern Apple bei so einem hohen Gewinn zahlt. Da müssen wir auch ganz ehrlich sagen: Schauen wir uns doch österreichische Betriebe an! Raiffeisen hat zum Beispiel in den Jahren 2006, 2007, 2008 fast 2 Milliarden € Gewinn gemacht. Wissen Sie, wie hoch die Besteuerung war? Wissen Sie, wie viel Steuern die bezahlt haben? – Nicht einmal 1 Prozent. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das ist noch immer das Zehnfache von Apple, da haben Sie recht, denn die haben nicht einmal 0,1 Prozent bezahlt, aber das, was Sie hier fordern, nämlich gerechte Steuern, fordere ich auch. Aber das bedeutet, dass wir uns noch einige Teile der Gruppenbesteuerung – wir haben schon einige Privilegien dort abgeschafft – noch einmal genau anschauen müssen, ob es nicht auch bei unserem Steuersystem dazu führt, dass große Betriebe sich Steuern sparen können, die alle Klein- und Mittel­betriebe zahlen müssen.

Wenn Sie das ernsthaft meinen, dann setzen wir uns gerne zusammen und schauen uns das noch einmal an, ob es nicht auch bei uns Ungerechtigkeiten gibt, die genau zu dem führen, was Sie am irischen System kritisieren, ob wir nicht auch in Österreich noch einige Punkte haben, die genau zu dem von Ihnen kritisierten System führen. Die Kleinen zahlen die Steuern, die Großen sparen es sich.

Wenn Sie das ernsthaft meinen, dass wir das angehen sollen, dann werden wir auch in Österreich schauen müssen, ob wir nicht auch in unserem Steuersystem Probleme haben, die genau in dieselbe Richtung laufen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


17.06.36

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Kollege Krainer hat versucht, eine Bewertung vorzunehmen im Hinblick auf das staatsmännische Verhalten des Herrn Bundeskanzlers im Vergleich zur Frau Bundesministerin für Finanzen. Ich bin mir nicht sicher, ob Kollege Krainer der Richtige ist, um diese Bewertungen vornehmen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es war Kollege Grosz, der angesprochen hat, wie Österreich auftritt, und ich möchte auf die Diskussion verweisen, die es im Zusammenhang mit der Abstim­mung der Regierungslinie gegeben hat, als die Frau Bundesministerin für Finanzen einen Briefvorschlag an den Herrn Bundeskanzler übermittelt hat und dann interes­santerweise dieser Brief in den Medien aufgetaucht ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 170

Da stelle ich mir schon die Frage, ob das ein so unanständiges Verhalten eines Regierungsmitgliedes ist, wenn es versucht, eine Regierungsposition abzustimmen und den Brief dann an den Regierungschef übermittelt – diesen Brief, der gedacht war als Entwurf für die Verhandlungen mit der Europäischen Union.

Ich glaube, das Verhalten der Finanzministerin ist da nicht zu kritisieren. Ich frage mich: Cui bono? Wem nützt es, wenn ein solcher Brief an die Öffentlichkeit gelangt? Wem nützt es? Cui bono? – Das ist die Frage, meine Damen und Herren, und nicht, wer sich staatsmännisch verhalten hat und wer nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Ich antworte heute sehr kurz, denn ich glaube, dass der Herr Bundeskanzler durchaus recht hatte, auf diese Dringliche Anfrage. Zwei Punkte dazu. Erstens: Es geht uns nicht um den Schutz von Steuerhinterziehern, wie das jetzt im zunehmenden Wahl­kampfgetöse versucht wird darzustellen, sondern es geht schon auch um vernünftige Kooperationen. Ich meine, zum Teil nehmen ja diese Dinge ganz eigenartige Formen an, gerade auch wenn es etwa um die Frage des Datenaustausches geht, nicht des automatisierten, sondern des Datenaustausches im Zusammenhang mit kriminellen Handlungen, etwa mit den USA.

Da gibt es nämlich beispielsweise Situationen, in denen gegen Personen in den USA wegen Insiderhandels ermittelt wird. Es haben österreichische Geldinstitute dort Konten, und dann kommt es vor, dass US-Behörden die gesamten Konten dieser öster­reichischen Geldinstitute kurzfristig einfrieren. Obwohl diese Geldinstitute nachweisen könnten, dass es keinen Insiderhandel gab, dürfen sie dann Daten nicht übermitteln, dürfen den Behörden keine Daten übermitteln, es sei denn, es gibt einen Geldwäscheverdacht. Das geht dann manchmal so weit, dass ein Geldwäscheverdacht konstruiert werden muss, damit man nachweisen kann, dass eh nichts passiert ist.

Also es gibt auch die völlig andere Seite des Schutzes, den man mitbedenken muss, wenn man über diese Fragen redet, und nicht nur diese billige Polemik. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Wir wollen weder den Schutz für Steuerhinterzieher, noch wollen wir einen Schnüffelstaat im Hinblick auf die Vermögenslage, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, weil der auch sehr polemisch dargestellt wurde. Da wurde die Situation in Zypern im Hinblick auf die Spareinlagen mit der Situation in Österreich verglichen. Der Vergleich, meine Damen und Herren, ist auch nicht zulässig. Wir haben eine rechtlich garantierte Sicherung der Spareinlagen bis 100 000 €. Tun Sie vom BZÖ bitte nicht so, als hätten wir die gleiche Situation in Zypern! Das ist völlig unangebracht, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Stefan: Da werden ja nur die Zinsen bekannt gegeben!)

Aber darüber hinaus muss schon jedem bewusst sein: Wenn er sich auf dünnes Eis begibt, dann kann er auch einbrechen. Und wenn Leute glauben, dass sie das schnelle Geld dadurch machen können, dass sie eben im spekulativen Bereich sind, und in Zypern wurden lange weit über das europäische Niveau hinaus angesetzte Zinsen bezahlt, dann muss natürlich jeder auch wissen, dass er ein höheres Risiko eingeht, als wenn er hierzulande sein Geld anlegt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


17.11.46

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der G-20-Gipfel hat den welt-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 171

weiten Steuerbetrug mit 1 576 Milliarden US-Dollar beziffert. 80 Prozent davon entfal­len auf die USA und Europa. Das macht 1 Prozent der Wirtschaftsleistung Europas oder 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung von USA und Europa in Summe.

Das soll man nicht kleinreden, Betrug ist Betrug, gehört bekämpft. Aber das wahre Problem sind die sogenannten Schattenquoten, das ist die Schwarzarbeit. In Nordeuropa macht das zirka 15 Prozent der Wirtschaftsleistung der jeweiligen Länder aus, ist damit halb so hoch wie in den romanischen Ländern, in Frankreich liegt sie bei­spielsweise bei 28 Prozent und in Italien bei 35 Prozent. In den USA liegt diese Schattenquote bei 7 bis 8 Prozent und in der Schweiz bei 5 Prozent. Insgesamt sind die Steuerausfälle durch diese Schattenquoten mindestens bei 30 bis 35 Prozent.

Diese sind also das wahre Problem verglichen mit 1 Prozent respektive 0,5 Prozent beim Steuerbetrug. Die sind das wahre Problem, nur die werden nicht gekämpft. Die werden auch nicht bekämpft mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Kollege Amon fragt, cui bono, und Kollege Matznetter fragt, ja warum tun sie das, so bestehen diese Fragen zu Recht, denn die Schattenwirtschaft bekämpfen kann man nur, indem man die Steuerlast reduziert und die Staatsquote reduziert. Aber auf diesem Ohr sind beide Regierungsparteien taub; nicht nur in Österreich übrigens, sondern in ganz Europa. (Abg. Riepl: Mehr Kontrollen könnten wir auch machen!)

Schauen wir uns also an, Herr Kollege Stummvoll hat es ja auch angesprochen, was der § 38 des Bankwesengesetzes sagt: Beschäftigte von Kreditinstituten dürfen Geheimnisse, die ihnen aufgrund der Geschäftsverbindungen mit Kunden zur Kenntnis kamen, nicht weitergeben. Dieser Paragraph ist durch zahlreiche Ausnahmen aufge­weicht, bei Todesfall, bei Erbschaft, Auskunft an die Finanzmarktaufsicht und so weiter.

In Abs. 2 Z 1 steht auch drin:  im Zusammenhang mit einem Strafverfahren beziehungsweise eingeleitetem Strafverfahren bei Finanzvergehen.

Für Steuerausländer wurde das Bankgeheimnis bereits im September 2009 gelockert. Das ist eine saubere Lösung. Damit werden die Rechte der Bürger gegenüber dem Staat gewahrt, und diese Rechte haben unsere politischen Vorgänger erkämpft. Der gläserne Mensch kann und darf nicht das Ziel sein! Das haben wir heute auch schon gehört.

Das heißt aber, dass heute alle österreichischen Banken bei eingeleiteten Straf­verfahren per Gerichtsbeschluss alle gewünschten Auskünfte über in- und ausländi­sche Konteninhaber erteilen. Anschuldigungen, dass da irgendwelche Steuerhinter­zieher geschützt würden vom Bankgeheimnis, gehen daher völlig ins Leere. Es handelt sich also samt und sonders um Scheinargumente, die die wahren Hintergründe verdecken sollen. In Wirklichkeit – Kollege Amon, Sie haben es kurz angesprochen, zwar von der falschen Seite, aber hören Sie zu! – geht es um den vollkommen auto­matisierten und automatischen Informationsaustausch von Kontodaten, und zwar nicht nur innerhalb der EU, sondern auch mit den USA. Das ist das Einzige, worum es geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Nach Möglichkeit soll das auch nicht durch irgendwelche richterlichen Beschlüsse verhindert werden. Das betrifft alle Konteninhaber und zum weitaus größten Teil auch jene, die völlig unbescholten sind und von denen die Guthaben auch schon längst versteuert sind.

Es ist auch nur dann sinnvoll, solche umfassenden Informationen zu haben und zu bekommen, wenn man das Vermögen der Kontoinhaber erfassen will, und zwar als Grundlage für eine Abdeckung von Bank- und Staatsdefiziten. Zypern war in dieser Hinsicht wirklich nur der erste Schritt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 172

Es gibt entsprechende Erklärungen zuhauf, so etwa Klaas Knot, EZB-Ratsmitglied, am 30. März 2013:

Die Enteignung von privaten Bankguthaben wird künftig Teil der europäischen Liquidierungspolitik sein. – Zitatende.

Jeroen Dijsselbloem, Vorsitzender der Euro-Gruppe, im März 2013:

Die Restrukturierung der europäischen Banken wird nach dem Vorbild Zypern erfolgen. Alle Bankguthaben werden, falls notwendig, enteignet. – Zitatende.

Also, Herr Matznetter, da haben wir es: Warum tun sie das? – Das ist das Einzige, worum es hier geht. Es geht nicht um die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität. Es geht um die Vorbereitung einer gewaltigen Enteignung. Und wieder geht ein Stück Souveränität verloren! (Beifall bei der FPÖ.)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


17.16.49

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Parlament! Geschätzte Regierungsmitglieder! Ich glaube, wir haben heute wieder einmal eindrucksvoll vor Augen geführt bekommen, wie diese Koalition funktioniert. Egal, ob Frau Bundesminister Fekter den Koalitionspartner, Abgeordnete der SPÖ, maß­regelt und zurechtweist, egal, ob über einen Brief, der nach Brüssel geschickt wird, gestritten wird, wir hören täglich die Freundlichkeiten, die sich SPÖ und ÖVP ausrichten.

In Wirklichkeit können sich diese beiden Koalitionsparteien ja gar nicht mehr leiden. Sie sind aber wie Ertrinkende aneinandergefesselt, weil sie wissen, es gibt im Moment keine andere Alternative, und jetzt in Neuwahlen zu gehen ist, wenn man sich die Wahlergebnisse ansieht, auch nicht gerade attraktiv. (Abg. Amon: Für wen?) – Das Traurige daran ist, dass die Zeche in Wirklichkeit der Steuerzahler zahlen muss.

Heute geht es um die Abschaffung des Bankgeheimnisses, und da kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen!

Wie oft in der Vergangenheit haben Sie uns bei so wichtigen Themen das Blaue vom Himmel versprochen? Wie oft haben Sie die Wählerinnen und Wähler, die Österreiche­rinnen und Österreicher getäuscht und hinters Licht geführt? – Sie haben versprochen, den Schilling zu erhalten. Was ist daraus geworden? Der Eder-Tausender, den Sie uns zugesagt haben? – Nichts ist in Wirklichkeit eingetroffen.

Der Vertrag von Lissabon mit mehr Demokratie, mit mehr Bürgernähe: Was ist heraus­gekommen? – Sobald Sie nach Brüssel gefahren sind, haben Sie – und das ist der einzige Bereich, in dem sich SPÖ und ÖVP in Wirklichkeit noch einig sind, nämlich wenn es darum geht, unsere Souveränität, unsere Eigenständigkeit in Brüssel zu verraten, dann sind Sie auf einer Linie – die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher über Bord geworfen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Wittmann.)

Wenn es noch eines Bildes bedarf: Die Frau Finanzministerin hat gesagt, sie wird wie eine Löwin um das Bankgeheimnis kämpfen. – Sie ist nach Brüssel gefahren und war draußen nur mehr ein Streichelkätzchen, das nicht einmal mehr „miau“ gesagt hat. Das ist die Wahrheit!

Sie vergessen, wenn Sie im Flieger erste Klasse in die EU jetten, die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher zu vertreten!


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Das ist auch der Bereich, wo wir von der FPÖ uns ganz drastisch von Ihnen unter­scheiden. Sie opfern die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher am Altar der Europäischen Union, während wir für unsere Eigenständigkeit, für unsere Sou­veränität kämpfen – und da gehört unserer Meinung nach das Bankgeheimnis dazu. (Abg. Dr. Wittmann: Wir haben gesehen, wie das in Kärnten ausgegangen ist! Ein mahnendes Beispiel! Das wird uns ewig in Erinnerung bleiben!) Machen Sie sich ruhig lustig darüber! In Wirklichkeit wird hier der erste Schritt zur Beschneidung von Eigentum und zum Eingriff in Eigentumsrechte gesetzt! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Wittmann: Man sieht, wie das ausgeht in Kärnten!)

Wir kämpfen tatsächlich wie die Löwen für die Erhaltung dieser Souveränitätsrechte. Das ist der große Unterschied zur Sozialdemokratie: Sie versprechen, dass uns die Schutzschirme Sicherheit bringen, nur eine provisorische Haftung darstellen und niemals schlagend werden. In Wirklichkeit wissen wir heute, dass wir – jeder Österreicher, jede Österreicherin – dieses Geld zurückzahlen müssen. Und die Summen werden immer gigantischer. Jedes Mal, wenn Sie hier bezüglich eines Themas massiv in Verteidigungshaltung gehen, dann wissen wir, dass wir auf der richtigen Linie sind und dass Sie einmal mehr die Österreicherinnen und Österreicher täuschen. (Abg. Dr. Jarolim: So eine sinnlose Rede habe ich schon lange nicht mehr gehört!)

Wir sagen nicht wie die Frau Finanzminister, dass wir wie die Löwen kämpfen, während wir in Brüssel in Wirklichkeit Schmusekätzchen sind, sondern wir setzen uns für die Souveränität der Österreicherinnen und Österreicher, für die Erhaltung von Eigentum und für die Sicherung des Sparbuches ein. Das ist der große Unterschied zwischen uns Freiheitlichen und euch Sozialdemokraten! (Beifall bei der FPÖ.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

17.21.48Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 13547/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Inneres mit der Ordnungszahl 13547/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits schriftlich verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun die Antragstellerin, Frau Mag. Musiol, die Debatte zu eröffnen. – Bitte.

 


17.22.40

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Die Debatte, die wir in der nächsten Stunde führen werden, beschäftigt sich mit der Frage, wie Sie es eigentlich wirklich mit der direkten Demokratie halten. Adressatin dieser Frage wäre eigentlich die Frau Innenministerin, ich bin aber gar nicht unglücklich darüber, dass sie sich durch Sie, Herr Staatssekretär Kurz, vertreten lässt, weil Sie ja unter anderem


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einer derjenigen, wenn nicht sogar die Hauptperson in der ÖVP sind, die – zumindest in den Ankündigungen – direkte Demokratie fordert. Sie haben ja schon vor einem Jahr ganz konkrete Vorschläge dazu gemacht. Es geht daher auch darum, wie ernst Sie es damit meinen.

Womit hat sich diese Anfrage beschäftigt? – Mit der Europäischen Bürgerinitiative. Die haben wir vor einem Jahr in der EU eingeführt, das erste direktdemokratische Instru­ment, das dem europäischen Volk zur Verfügung steht. Sie gilt seit dem 1. April 2012. Bereits in den Umsetzungsverhandlungen hier im Haus haben wir Grüne, aber auch andere auf verschiedene Probleme hingewiesen, nämlich zum Beispiel auf das Problem, dass sich Österreich ausbedungen hat, besonders hohe Hürden für die Unterstützung dieser Europäischen Bürgerinitiative einzuführen. Die Unterstützungs­bekundungen können auf der Straße oder online gesammelt werden. In Österreich braucht man – im Gegensatz zu anderen Staaten – entweder einen Pass oder einen Personalausweis, um so eine Europäische Bürgerinitiative unterstützen zu können.

Ich bin – wie auch andere KritikerInnen – davon ausgegangen, dass es wahrscheinlich Österreicherinnen und Österreicher gibt, die aufgrund des Wahlrechtes legitimiert wären, eine solche Europäische Bürgerinitiative zu unterstützen, die aber vielleicht weder einen Pass noch einen Personalausweis haben, weil sie beides nicht benöti­gen – etwa weil sie als Lichtbildausweis einen Führerschein mit sich führen und aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr oder noch nicht verreisen.

Ich habe eine Anfrage an die Frau Innenministerin gestellt, ob sie uns eine Zahl nennen kann, wie viele Menschen davon betroffen wären, wie viele Menschen also von der Möglichkeit, ihr demokratisches Recht auszuüben, ausgeschlossen sind. Die Antwort der Ministerin damals war, das könne sie leider nicht sagen, weil die beiden Datensätze nicht miteinander verschränkbar sind, sie gehe aber schon davon aus, dass es eine erhebliche Anzahl an Menschen gebe, die weder einen Pass noch einen Personalausweis besitzen.

Wir haben also damals schon darauf aufmerksam gemacht, dass diese hohe Hürde tatsächlich dazu führt, dass einige Menschen nicht von ihrem demokratischen Recht Gebrauch machen können, und haben dann in längeren Verhandlungen unter den Parteien vereinbart, dass wir zumindest in Form eines Entschließungsantrages sicher­stellen, dass das Innenministerium konkret prüft, ob es denn nicht auch andere Legitimationsmöglichkeiten beziehungsweise Identifizierungsmöglichkeiten gibt als den Reisepass und den Personalausweis.

In diesem Entschließungsantrag ist gestanden, dass die Ministerin vom Parlament aufgefordert wird, sobald wie möglich, jedoch spätestens anlässlich der Evaluierung in drei Jahren für die Änderung der EBI-Verordnung auf europäischer Ebene einzutreten, damit die Kommission ein Online-Sammelsystem zentral bereitstellt und Organi­satorInnen von Europäischen Bürgerinitiativen einen einheitlichen Kostenersatz erhalten. Die Ministerin wurde weiters aufgefordert zu prüfen, unter welchen Voraus­setzungen die Liste der persönlichen Ausweispapiere – derzeit Reisepass und Per­sonal­ausweis – erweitert werden könne, um möglichst vielen Personen eine Unter­stützung zu erleichtern, und gegebenenfalls aufgrund des Ergebnisses dieser Über­prüfung gegenüber der Europäischen Kommission für eine entsprechende Änderung einzutreten.

Es ging also zum einen um die Ausweispapiere und zum anderen darum, welches System eingesetzt wird, um diese Online-Sammlung durchzuführen, und welche Kosten damit verbunden sind. Da sind wir Grünen dafür eingetreten, dass es idealer­weise ein gemeinsames, zentrales Online-System gibt, sodass alle möglichen Initia­tiven, ob sie sich mit dem Erhalt der Wasserressourcen oder mit anderen Frage-


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stellungen befassen, davon Gebrauch machen können, um so auch die Kosten für die einzelnen Initiativen zu senken. Das waren die beiden Teile dieses Entschließungs­antrages.

Ein Jahr, nachdem diese Europäische Bürgerinitiative in Kraft getreten ist, habe ich mittels Anfrage abgefragt, was davon umgesetzt wurde.

Die Antwort der Ministerin im März 2013 war: „Bislang wurden der Bundeswahlbehörde Unterstützungsbekundungen zur Europäischen Bürgerinitiativen weder in Papierform noch in elektronischer Form zur Überprüfung vorgelegt. Das Sammeln einschlägiger Erfahrungen mit der Überprüfung von Unterstützungsbekundungen erscheint mir als eine der Grundvoraussetzungen, um im Sinn der Entschließung des Nationalrats vom 29. Februar 2012 (Nr. 231/E) tätig zu werden. Erste Überlegungen betreffend die Ausweitung des Kataloges der zur Identifikation zulässigen Nummern von Ausweis­papieren wurden in meinem Ressort dennoch bereits getroffen; sie werden in nächster Zeit intensiv fortgesetzt.“ Das war die Antwort auf meine Anfrage.

Was die Ministerin sagt, ist: Es haben sich noch keine konkreten Bürgerinitiativen bei uns gemeldet, deswegen haben wir es auch noch nicht für nötig befunden, das, was uns das Parlament aufgetragen hat, voranzutreiben. Das halte ich tatsächlich für eine Verhöhnung! Wir haben damals mit dem Entschließungsantrag nicht gemeint – und die Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien können das dann vielleicht bestätigen oder mögen mir widersprechen, wenn sie es anders gesehen haben –, dass man abwarten soll, bis die ersten Praxiserfahrungen kommen, um das dann zu überprüfen, sondern wir sind schon, ohne zu wissen, wer eine solche Initiative wie einreichen wird, davon ausgegangen, dass das zu Problemen führen wird und haben deshalb diesen Entschließungsantrag vereinbart. Das heißt, besonders ernst meint es die Innen­ministerin mit der direkten Demokratie nicht, wenn sie so eine Antwort gibt.

Mich würde natürlich interessieren – das ist nicht näher ausgeführt –, was denn jetzt diese ersten Überlegungen sind. Wir haben ja damals verschiedene Vorschläge gemacht: Führerschein, andere Ausweispapiere. Wie gesagt, andere Staaten verzich­ten gänzlich auf die Ausweispapiere. Das haben sich nur Österreich und ein paar wenige andere Länder ausbedungen. Mich würde interessieren: Was will man eigentlich? Das Parlament hat einen eindeutigen Beschluss gefasst, wie so oft wird dieser eindeutige Beschluss des Parlaments aber von Regierungsmitgliedern nicht in dem Ausmaß ernst genommen, wie sie das eigentlich tun sollten.

Ich erinnere nur an die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle, wo Ähnliches geschehen ist. Da haben wir im Einklang mit der Bundesverfassung einen Entschluss gefasst, und dann mussten wir mehrfach darauf drängen, dass unsere Beschlüsse auch tatsächlich berücksichtigt werden.

Meine Frage also ganz konkret an Sie, Herr Staatssekretär, der Sie ja der „Mister Direkte-Demokratie“ in der ÖVP sind: Wie ernst meinen Sie es mit der direkten Demokratie, wenn dann bei der ersten direktdemokratischen Maßnahme, die es auf europäischer Ebene gibt, solche Antworten kommen? – Und diese direktdemokratische Maßnahme ist ja äußerst schwach. Wir wünschen uns viel mehr. Wir wünschen uns eine Europäische Volksabstimmungen und eine Dreistufigkeit, so wie wir das auch für Österreich vorschlagen, sodass bei ausreichender Unterstützung von Begehren auch wirklich Volksabstimmungen durchgeführt werden können.

Wie ernst kann man Sie nehmen, wenn Sie eigentlich zeigen, dass Sie keinerlei Interesse daran haben, dass sich alle Österreicherinnen und Österreicher, die aufgrund ihres Wahlrechts eigentlich dazu berechtigt wären, an diesem Instrument beteiligen können?


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Das führt uns zu einer grundsätzlichen Diskussion über die direkte Demokratie, die wir ja seit Monaten führen. Sie – und nicht nur Sie, sondern auch andere Regierungs­vertreter, heute zum Beispiel wieder der Bundeskanzler – verkünden regelmäßig, wie wichtig Ihnen der Ausbau der direkten Demokratie ist und dass Sie, wenn bestimmte Fragestellungen geklärt sind, ohnehin dabei wären.

Wir haben ganz klare Vorschläge gemacht. Alle Fraktionen haben ihre Vorstellungen eingebracht. Wir haben ein dreistufiges Modell für Österreich vorgeschlagen, im Zuge dessen nach ausreichend unterstützten Volksbegehren eine Volksabstimmung statt­finden soll. Da die SPÖ da nicht mitkann und da diesbezüglich tatsächlich noch viele verfassungsrechtliche Frage offen sind, haben die Oppositionsparteien gemein­sam einen Kompromissvorschlag gemacht, nämlich dass nach einem ausreichend unter­stützten Volksbegehren eine Volksbefragung erfolgt. Das haben Professor Öhlinger und andere Experten im ExpertInnen-Hearing im Verfassungsausschuss ganz klar befürwortet. Sie haben es sogar selbst vorgeschlagen und haben gesagt, man müsse keine Volksabstimmungen abhalten, um das einführen zu können, das wäre auch ein ganz guter Testlauf, um zu schauen, wie sich das tatsächlich auf das Zusammenspiel Parlament und direkte Demokratie auswirkt.

Alles, was Sie darauf zur Antwort geben, sind abgespeckte Demokratiepakete, so wie Sie sie uns letzte Woche wieder vorgelegt haben, in denen keinerlei substantielle Reformen zur direkten Demokratie enthalten sind. Alles, was Sie darauf zur Antwort geben, sind solche Anfragebeantwortungen, in denen keinerlei Interesse daran erkennbar ist, dass sich jede Bürgerin und jeder Bürger beteiligt.

Erklären Sie uns bitte, wo denn tatsächlich Ihre Schritte zur Einführung direkter Demo­kratie sind, und reden Sie sich bitte nicht wie so oft auf den Regierungspartner aus! Sie sind gemeinsam in dieser Koalition, und es ist auch Ihr Job, sich zu einigen, Konsens herzustellen und das, was Sie öffentlich ankündigen, auch umzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Kurz. – Bitte.

 


17.32.32

Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Musiol, Sie haben mit der Frage eingeleitet, wie ich es mit der direkten Demokratie halte und wie ernst ich das überhaupt meine. Bevor ich das beantworte, werde ich Ihre Detailfragen beantworten. Ich weiß, in vier Monaten sind National­ratswahlen, trotzdem halte ich es für sinnvoll, gerade in diesem Bereich sachlich zu bleiben und bei den Details ein bisschen genauer zu sein, als Sie das vielleicht waren.

Sie haben gesagt, Österreich habe sich entschieden, hohe Hürden vorzugeben, damit für viele die Teilnahme an der Europäischen Bürgerinitiative nicht möglich ist. Sie haben gesagt, einige wenige Staaten tun das so wie Österreich. Ich darf Sie aufklären: Es sind insgesamt 20 Staaten in der Europäischen Union, die das so machen wie Österreich, und es sind lediglich sieben Staaten, die sich für einen anderen Weg entschieden haben. Es haben sich 20 Staaten dazu entschieden, Pass- oder Personalausweis als notwendig zu erachten, damit man eine Europäische Bürgerinitiative unterstützen kann.

Ich bin auch der Meinung, dass es natürlich schön wäre, wenn wir die Legiti­mations­möglichkeiten über den Pass und den Personalausweis hinaus ausweiten können. Darum hat die Innenministerin Ihnen auch in der Anfragebeantwortung die Antwort gegeben, dass wir das im Innenministerium prüfen. Ganz konkret haben wir da den


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Führerschein im Auge. Es gibt aber leider Gottes einerseits datenschutzrechtliche und andererseits technische Detailfragen, über die wir nicht so leicht drüberkommen, wie zum Beispiel, dass bei alten Führerscheinen leider die Staatsbürgerschaft nicht erfasst war. Daher ist das einfach technisch ein Problem, weil eben nur Staatsbürger die Möglichkeit haben, die EBI in Österreich zu unterstützen.

Ich lade Sie gerne ein, mit uns ins Gespräch zu treten. Wenn Sie eine Idee haben, wie wir diese datenschutzrechtlichen und technischen Hürden überwinden können und den Führerschein somit auch akzeptieren können, dann bin ich der Erste, der Freude damit hat und der auch bereit ist, da eine Ausweitung vorzunehmen. Ich bitte Sie aber trotzdem, bei der Wahrheit zu bleiben. Es sind nicht „einige wenige“ Länder, die das so gelöst haben wie Österreich, sondern es sind 20 Länder – und das auch aus gutem Grund. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben die Frage des zentralen Wählerregisters angesprochen. Ich finde es etwas merkwürdig, dass Sie gerade im Bereich der EBI für die Nutzung eines zentralen Wählerregisters sind. (Abg. Mag. Musiol: Online-System!) Als wir das für den Bereich der direkten Demokratie und deren Ausweitung vorgeschlagen haben, waren es leider Gottes gerade die Grünen, die dagegen waren, die datenschutzrechtliche Bedenken hatten, weshalb es nicht möglich war, ein zentrales Wählerregister einzuführen. Nun fordern Sie das aber spannenderweise in Ihrer Anfrage. (Abg. Mag. Musiol: Nicht nur die Grünen! Das BKA! Der Verfassungsdienst des BKA! Ruf bei der ÖVP: Doppel­züngigkeit!)

Sie haben in der Anfrage von einer Evaluierung gesprochen, die stattfinden sollte. Wenn man sich den Beschluss anschaut, dann sieht man, dass diese Evaluierung innerhalb von drei Jahren stattfinden soll. Mittlerweile ist ein Jahr vergangen. Ich bin ein Fan von Evaluierungen, nur kann man nichts evaluieren, was noch nicht stattge­funden hat. Es hat noch keine Unterstützungserklärungen gegeben, die in Österreich abgegeben worden sind. Sobald Unterstützungserklärungen abgegeben werden, kann man das evaluieren. Ich bitte aber um Verständnis, dass eine Evaluierung leider Gottes nicht wirklich möglich ist, bevor Unterstützungserklärungen abgegeben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum letzten Punkt, zur Frage, wie ich es mit der direkten Demokratie halte: Das kann ich ganz leicht beantworten. Ich stehe zu dem, was ich vorgelegt habe. Wir haben vor einem Jahr als junge ÖVP ein Demokratiepaket mit sehr vielen Vorschlägen erarbeiten dürfen (Abg. Scheibner: Da haben Sie aber nicht viel umgesetzt in der Regierung!), über deren Umsetzung ich mich sehr freuen würde. Sie wissen, es kann nicht die Regierung so etwas beschließen, sondern es liegt am Parlament, diese Beschlüsse zu fassen. (Abg. Scheibner: Legen Sie es vor hier!)

Soweit ich weiß, hat es eine Arbeitsgruppe der Präsidentin Prammer gegeben, die sich, glaube ich, mehrmals getroffen hat, in der auch die Grünen vertreten waren. (Abg. Scheibner: Haben Sie in der Fraktion ?) Werfen Sie also bitte nicht mit dem Vorwurf um sich, warum sich da so wenig tut! Sie haben wesentlich mehr Kompetenz, in diesem Bereich etwas mitzubeschließen, als ich das in meiner Rolle als Staatssekretär habe. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehen wir uns an, was sich bis jetzt im Bereich direkte Demokratie getan hat! – Ich gebe zu, es sind nur kleine Schritte, aber welche sind das? Zentrales Wählerregister, um die Möglichkeit zu geben, dass man online ein Volksbegehren unterstützen kann; ein kleiner Vorschlag, aber doch. Wer war dagegen? – Die Grünen! (Abg. Scheibner: Das stimmt doch nicht! Abg. Mag. Musiol: Das stimmt nicht!)

Zweiter Vorschlag: Aufwertung der Vorzugsstimmen, im Parlament mit den Stimmen aller Parteien bis auf eine beschlossen. Wer war dagegen? – Die Grünen! Frau Abge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 178

ordnete Musiol, ich bin für die Aufwertung der direkten Demokratie und lade Sie dazu ein, das genauso zu halten. Was die Details zur EBI betrifft, lade ich Sie gerne zu einem Gespräch ein. Wenn Sie des Rätsels Lösung haben, wie man den Führerschein verwenden kann, lassen wir uns gerne belehren und setzen das gerne um. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


17.38.22

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Europäische Bürgerinitiative ist jetzt seit 14 Monaten in Kraft, und wenn man sich das anschaut, stellt man fest, dass sie von den Euro­päerinnen und Europäern sehr gut angenommen wurde. Ganze 14 Bürgerinitiativen sind seit April 2012 gestartet, zum Beispiel die Bürgerinitiative zum Schutz unseres Wassers und gegen die Privatisierung dieses wertvollen Rohstoffes, wie wir es in Öster­reich ja schon sehr lange verlangen. Diese Bürgerinitiative hat 1,4 Millionen Unterschriften gesammelt. Damit hat sie die Mindestmarke von 1 Million Unterschriften bereits weit überschritten, sie kann aber noch immer unterschrieben werden.

Damit wird deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger in Europa ihr Recht nutzen, die europäische Politik mitzubestimmen.

Damit sich die Europäische Bürgerinitiative gut und erfolgreich weiterentwickeln kann, müssen wir auf zwei Dinge achten: Erstens müssen wir dafür sorgen, dass möglichst alle Bürgerinnen und Bürger ohne allzu großen Aufwand eine Bürgerinitiative unter­stützen können, zweitens müssen wir aber auf der anderen Seite – und diese Diskussionen haben wir ja bereits geführt – sicherstellen, dass die Bürgerinitiative den hohen Standards entspricht, die auch bei Wahlen und Volksbegehren gelten. Nichts, meine Damen und Herren, schadet einem demokratischen Wahlverfahren mehr als Zweifel an der Korrektheit seiner Durchführung. Manipulation muss daher so gut wie möglich ausgeschlossen werden. Ich möchte nicht – und ich bin sicher, da sind Sie mit mir einer Meinung –, dass irgendjemand unter meinem Namen zum Beispiel eine Sache unterstützt, die ich gar nicht unterstützen will, dass jemand mit meinem Namen unterschreibt, und ich weiß gar nichts davon. Das wäre ohne Passnummer nicht ausgeschlossen.

Wir haben daher in Österreich die Anforderungen für die Unterstützung einer Bürger­initiative so angesetzt, dass wir eine ausgewogene Balance zwischen Zugänglichkeit auf der einen und Sicherheit auf der anderen Seite erhalten, und zwar indem wir – das wurde schon gesagt – bei der Unterstützungserklärung die Passnummer oder die Per­sonalausweisnummer angeben müssen.

Damit stehen wir übrigens in Europa nicht alleine – auch das haben wir schon gehört –; es sind etliche Länder, die denselben Weg gegangen sind.

Natürlich wollen wir das Ziel einer sicheren und seriösen Bürgerinitiative mit möglichst niedrigen Hürden verwirklichen. Daher haben wir im vergangenen Jahr die Bundes­regie­rung und insbesondere die Innenministerin mit diesem Entschließungsantrag aufgefordert, vor dem Hintergrund neuer technischer Möglichkeiten Alternativen zu prüfen, um die Europäische Bürgerinitiative noch einfacher zugänglich zu machen. Und da vertraue ich auf die Innenministerin, dass der Antrag in Ihrem Ministerium auch tatsächlich umgesetzt wird.

Allerdings ist die Bürgerinitiative ja erst ein Jahr in Kraft, und bei keiner der Initiativen ist die Unterschriftensammlung bisher abgeschlossen. Und ich denke, man sollte diese


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Erfahrungen dann doch abwarten, bevor wir einseitig Maßnahmen setzen. Dann kön­nen wir schauen: Wie hat es funktioniert? Was hat nicht so gut geklappt? Und welche Erfahrungen haben die anderen Länder mit ihrem Verfahren gemacht? – Ich denke, die Ministerin wird uns dann die gewünschten Vorschläge vorlegen, und wir werden dann gemeinsam an der Verbesserung unseres bisherigen Verfahrens arbeiten können.

Was den von Ihnen angesprochenen Kompromissvorschlag betrifft, möchte ich schon anmerken, dass er keineswegs die Fragen löst, sondern eigentlich noch mehr Fragen aufwirft. Ich bin aber sicher, dass Sie im Verfassungsausschuss mit dem Kollegen Peter Wittmann noch weitere und konstruktive Gespräche führen werden können, damit es zu einem guten Abschluss und einem guten Fortschreiten hinsichtlich dieser Europäischen Bürgerinitiative kommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


17.42.54

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Musiol, ich schätze Sie sehr in Ihrem Engagement für die Bürgerinnen und Bürger, und ich nehme es Ihnen auch ab, dass Sie für mehr direkte Demokratie stehen. Aber in dem Punkt dieser Anfrage­beantwortung, glaube ich, tun Sie der Frau Bundesminister wirklich sehr unrecht. Sie werfen ihr vor, dass sie noch keine Evaluierung gemacht hat. (Abg. Mag. Musiol: Nein, das habe ich nicht vorgeworfen!) – Nicht? Okay. (Abg. Mag. Musiol: Dass sie die Identitätsnachweise noch nicht geprüft hat!) – Okay, dass der Identitätsnachweis noch nicht geprüft wurde. Sie werfen ihr vor, dass sie den Identitätsnachweis noch nicht geprüft hat, und ob das System, so wie es derzeit funktioniert, auch den Anforderungen entspricht und ob das passt mit der Passnummer. – Das haben Sie jetzt vorgeworfen, dass sie das noch nicht getan hat.

Jetzt haben wir die Situation, dass aber noch überhaupt keine einzige Unterschrift zur Überprüfung ins Innenministerium gekommen ist. Also, Frau Kollegin Musiol, wie soll die Frau Innenministerin überprüfen, wenn noch keine Unterschrift daliegt, die sie überprüfen kann? Daher ist das ausgeschlossen. Sie können es ihr auch nicht vor­werfen, dass sie es noch nicht gemacht hat, wenn sie noch gar keine Möglichkeit gehabt hat. (Abg. Mag. Musiol: Wir wissen ja jetzt schon, dass es Menschen gibt, die nicht mitmachen! – Das war der Sinn des Entschließungsantrags: Wir wissen jetzt schon, dass es Menschen gibt, die nicht teilnehmen können!)

Aber, Frau Kollegin Musiol, wir haben im Entschließungsantrag – den haben wir ge­meinsam beschlossen – stehen: innerhalb von drei Jahren – nämlich weil wir gewusst haben, es wird einige Zeit dauern. (Abg. Mag. Musiol: Spätestens!) Ja, spätestens nach drei Jahren. Und ich verstehe das Wort „spätestens“ im Sinne von „so früh wie möglich“. (Abg. Mag. Musiol: Genau!) Und „so früh wie möglich“ heißt: Wenn es die erste Möglichkeit zur Überprüfung gibt, dann soll überprüft werden. – Aber wir haben noch nicht einmal die erste Möglichkeit zur Überprüfung, und daher konnte sie auch noch nicht überprüfen.

Daher sind Sie jetzt mit Ihrem Vorwurf einfach viel zu früh dran. Verlassen Sie sich auf die Innenministerin! Wenn sie die ersten Unterschriften zur Überprüfung bekommen hat, wird sie überprüfen, wie das System funktioniert hat. (Abg. Mag. Musiol: Man weiß doch jetzt schon, dass Menschen nicht teilnehmen können! Dazu brauch ich doch keine Bürgerinitiative! !)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 180

Nun, das ist eine eindeutige Beschlusslage, dass wir evaluieren, wenn die Unter­schriften vorliegen. Das ist ja ganz klar, sonst macht das System ja keinen Sinn. (Abg. Mag. Musiol: die Identitätsnachweise betrifft! Das stimmt doch nicht!) Wir wollten überprüfen, ob das System gewährleistet, dass, erstens, sich jede Person nur einmal eintragen kann und, zweitens, die Person, die sich einträgt, auch hundertprozentig die Person ist, die sie vorgibt zu sein. (Abg. Mag. Musiol: Genau!)

Das sind die zwei entscheidenden Punkte. Und das möchte ich in Zukunft sicher­stellen, sowohl was die Europäische Bürgerinitiative betrifft als auch was die zentrale Wählerevidenz in Österreich für das kommende Wahlrecht betrifft – ganz genau so in diesen beiden Punkten. Das haben wir jetzt auf österreichischer Ebene sichergestellt mit der zentralen Wählerevidenz, indem wir einen Zentralcomputer vorgesehen haben, wo alle Daten eingehen, wo alle Wahlbehörden konkret überprüfen können, ob eine bestimmte Person eingetragen ist oder nicht und ob sich diese entweder bei der Wahlbehörde selbst als solche ausweist oder online mit einer Handysignatur oder über die Versicherungskarte, auch mit einer elektronischen Signatur, und sich eintragen darf.

Damit haben wir beides gewährleistet. Das ist das System, das Sie im Grunde auch auf europäischer Ebene verlangen.

Jetzt bitte ich Sie zuerst einmal: Stimmen Sie dem auf österreichischer Ebene zu! (Abg. Mag. Musiol: Wenn der Datenschutz passt, jederzeit!) Da haben Sie uns bis jetzt nämlich auch noch nicht die Zustimmung gegeben (Abg. Mag. Musiol: Ja, weil der Datenschutz nicht passt!), und das brauchen wir nämlich, um den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich mehr Möglichkeiten für direkte Demokratie zu geben. (Abg. Mag. Musiol: Wollen Sie wirklich ein System beschließen, das datenschutzrechtlich problematisch ist? – Das können Sie doch nicht wollen!)

Also, Frau Kollegin Musiol, Sie reden mit gespaltener Zunge: Auf der einen Seite, auf europäischer Ebene, wollen Sie nämlich gerne, dass mehr erreicht wird, dass eine zentrale Wählerevidenz eingerichtet wird, auf der anderen Seite, in Österreich, sagen Sie aber, es ist zu wenig, obwohl wir es bereits anbieten, und da stimmen Sie dem nicht zu. Daher sage ich: Stimmen Sie dem ersten Teil zu, dann können wir den nächsten Schritt gehen! Das wäre, glaube ich, ein gemeinsamer Kompromiss.

Und was den nächsten Schritt betrifft, den Sie angesprochen haben, hinsichtlich der Volksbefragung: Ich kann Ihnen nur sagen, mich stimmt das heute optimistisch. In der Fragestunde hat der Herr Bundeskanzler erklärt, er kann sich das gut vorstellen. Er hat auch zur Kenntnis genommen, dass es unterschiedliche Meinungen in seiner eigenen Fraktion gibt, aber wenn es eine taugliche Möglichkeit gibt, dann kann er sich das vorstellen.

Ich hoffe jetzt auf seine Unterstützung in seiner Fraktion. Wir werden einen gemein­samen Vorschlag machen, damit es dazu kommen kann. Wir brauchen dazu keine Volksabstimmung mehr. Dann können wir das auch gemeinsam beschließen.

Ich sehe diesen Weg überhaupt nicht ausgeschlossen, sondern, im Gegenteil, nach dem heutigen Vormittag und der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers sehr, sehr hoff­nungsfroh, weil ich mir ja auch nicht vorstellen kann, dass der Herr Bundeskanzler das nicht mit seiner Fraktion hier im Parlament abgestimmt hat.

Daher: Gehen wir den nächsten Schritt! Der nächste Verfassungsausschuss kommt, und ich denke, wir werden bis dahin schon nähere Schritte und nähere Möglichkeiten haben, wie wir dem auch zum Durchbruch verhelfen können. (Beifall bei der ÖVP.)

17.47



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 181

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


17.48.05

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! „Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee“, hat der erste europäische Kommissionspräsident Walter Hallstein, CDU, gesagt. – Ja, das kann man so sehen.

Und: Wer sich beschwert, dass die Europäische Union nicht demokratisch legitimiert ist, hat sie nicht verstanden, sagt Robert Menasse, ein großer Befürworter der Inte­gration. Und die Vereinigung Nova EUropa, die ja von ÖVP-Granden geführt wird, propagiert die Europäische Republik.

Das kann man natürlich so sehen, das ist keine Frage. Das ist eine Sichtweise, dass man Europa so verfasst sehen will. – Wir von der Freiheitlichen Partei sind völlig gegenteiliger Meinung. Wir sind der Meinung, dass Grundlage der Demokratie der Nationalstaat ist, und das zeigt sich auch in vielen Punkten. Wir sind der Meinung, dass die Entscheidungen, die Österreich betreffen, im Parlament getroffen werden sollen, und nicht von Beamten in Brüssel. – Das ist einmal der wesentliche Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Diskussion muss man sich auch ehrlich stellen. Ich wundere mich immer, dass das dann immer so weggewischt wird. Die Grünen sagen das ehrlich, aber die ÖVP sagt dann immer, nein, das geht uns nichts an, denn wir sind gar nicht für die Europäische Republik, oder sonst was. Ich würde das gerne einmal einfach ehrlich hören, damit man auch darüber reden kann.

Aber als Ergebnis dieser nicht-demokratischen Verfasstheit gibt es dann solche Dinge wie diese Europäische Bürgerinitiative. Was ist denn diese Europäische Bürger­initiative? – Da müssen erstens einmal die Initiatoren das, was sie fragen wollen, der Kommission zur Genehmigung vorlegen. Da ist schon einmal sehr fraglich, ob dieser Themenbereich überhaupt angefragt werden darf, ob das überhaupt Grundlage einer Bürgerinitiative sein darf.

Dann wird mit sehr großen Hürden diese Initiative durchgeführt: In sieben Staaten müssen insgesamt mehr als eine Million Menschen das unterstützen. – Sehr aufwen­dig.

Und was ist dann das Ergebnis? – Diese Initiative wird dann wieder an die Kommission herangetragen, und die Kommission muss dazu nicht einmal Stellung nehmen. Die muss damit gar nichts machen!

Das ist also die Europäische Bürgerinitiative, dieser „Meilenstein“ in der demo­kratischen Entwicklung der Europäischen Union, dieses Pflänzchen der direkten Demo­kratie. Also da sieht man, was hier wirklich los ist. Und das jetzt einmal vorausgeschickt, gehen wir jetzt über zur Frage: Wie ist es in Österreich umgesetzt?

In Österreich hat man dafür auch noch maximale Hürden festgelegt. Wir haben gerade gehört, was da die Punkte sind, dass man also einen Personalausweis oder einen Reisepass braucht. Dazu wird vom Herrn Staatssekretär gesagt, es gibt hier eben diese großen Hürden, denn der Führerschein würde die Staatsbürgerschaft nicht darstellen. – Ja, das ist völlig richtig. Aber man muss ja sowieso nachsehen, ob der Betreffende wahlberechtigt ist. Das muss man ja sowieso überprüfen. Es kann erstens auch mit einem anderen Ausweis alles Mögliche der Fall sein, und zweitens kann es sein, dass der Betreffende in keiner Wählerevidenz steht oder sonst etwas. Das heißt, die zweite Überprüfung findet sowieso statt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 182

Aber abgesehen davon, Herr Staatssekretär: Ich weiß ganz genau, dass Sie mit der politischen Realität ausreichend vertraut sind, dass Sie hier nicht so leicht den Ball zurückspielen können und sagen können, Sie als Abgeordnete der Opposition haben ja viel mehr Möglichkeiten als ich als Staatssekretär. Also wenn Sie in der ÖVP verankert sind und wenn Sie Vorschläge machen, die mehr sein sollen als nur ein Donner in den Medien, dann muss man Sie schon auch beim Wort nehmen. Und wenn dann ein Demokratiepaket vorgelegt wird, das so schwach ist wie das, das wir bekommen haben, mit dem Hohn der Bürgeranfrage und mit dem verbesserten Begräbnisritual von Volksbegehren, dann muss man Sie natürlich auch beim Wort nehmen.

Wenn jetzt hier gesagt wird, es sind so viele Fragen offen bei dem Kompromiss­vorschlag, den die Opposition gemacht hat, der ja aus Aussagen des Bundeskanzlers herrührt, der aus Aussagen auch des Verfassungssprechers der ÖVP herrührt, der ja auch noch weiter zurückgeht als das, was Staatssekretär Kurz gefordert hat, dann werden wir diese Fragen klären, und zwar sehr schnell. Und dann werden wir sehen, ob Sie tatsächlich mitmachen und sagen, ja, aus einem erfolgreichen Volksbegehren kann eine verbindliche Volksbefragung herauskommen. Das werden wir uns dann anschauen, und da bin ich schon sehr gespannt.

Noch ganz kurz zu dieser Problematik, wie gefährlich es ist, wenn bei der Bürger­initiative falsche Unterschriften kommen: Ich gebe Ihnen völlig recht, Frau Kollegin Muttonen – auch ich bin dieser Meinung –, es ist ganz heikel, wenn demokratische Entscheidungen, vor allem Wahlentscheidungen angefochten werden oder wenn man nicht mehr glaubt, dass sie realistisch sind. Ich bin deswegen auch immer ein ganz großer Gegner des E-Votings gewesen, also der elektronischen Abstimmung, und ich bin auch ein sehr großer Kritiker der Briefwahl, weil bei diesen beiden Systemen auf jeden Fall sehr große Manipulationsmöglichkeiten bestehen. Dazu habe ich aber Ihre Bedenken nie gehört.

Bei der Bürgerinitiative, hinsichtlich derer ich Ihnen gerade vorhin gesagt habe, wie es abläuft, und die überhaupt keinerlei Konsequenz hat – das ist wirklich nur ein Heran­tragen, ohne dass die Kommission überhaupt darauf reagieren muss –, da sind wir plötzlich päpstlicher als der Papst, und da wird plötzlich weiß Gott was verlangt?! – Also wenn es jetzt vielleicht tausend Unterschriften mehr für eine Bürgerinitiative gibt, dann hat das überhaupt keine Relevanz. Das führt zu keinem Ergebnis, hat keine Konsequenz.

Also bitte lassen wir da die Kirche im Dorf! Die Bürgerinitiative ist zahnlos, und da sollten wir nicht die Voraussetzungen noch erschweren. Was wichtiger wäre, wäre eine ehrliche Weiterentwicklung der direkten Demokratie in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


17.53.56

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal an Sie, Herr Staatssekretär: Der Entschließungs­antrag, den Daniela Musiol ursprünglich eingebracht hat und der ja auch hier beschlossen wurde, geht in die Richtung, dass die Regierung aufgefordert wird, sich in der EU dafür einzusetzen, dass ganz bestimmte Punkte, die dann ausgeführt sind – die Kollegin hat sie genannt –, geändert werden, und zwar „spätestens “ geändert werden, und dann kommt das mit den drei Jahren.

Aber „dafür einsetzen“ heißt: ab jetzt und sofort! Sie soll sich dafür einsetzen, dass spätestens in drei Jahren etwas geändert wird in der EU. Und das wird dann so


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beantwortet, dass sie sich eben nicht eingesetzt hat. Und daher hat sie der Ent­schließung nicht Genüge getan, und das ist eine Politik, die uns in letzter Zeit immer wieder auffällt. Ich nenne Ihnen nur zwei andere Beispiele:

Herr Minister Töchterle hat eine – auch einstimmig gefasste – Entschließung nicht eingehalten, wo es darum gegangen ist, bei der Umsetzung der Verwaltungs­ge­richtsbarkeit auf die universitären Belange alle Kurien zu Gesprächen einzuladen. Das hat er nicht gemacht. Und auf unsere Fragen hat er dann überhaupt keine Antwort gegeben. Das war ihm egal.

Drittes Beispiel: Die Ministerin Schmied hat eine Entschließung zu den Kulturinitiativen und deren finanziellen Verhältnissen einfach ignoriert. Sie hat nichts unternommen.

Also es gibt einige Beispiele. Und es ist schon merkwürdig, dass auch bei den Anfrage­besprechungen hier immer wieder diese Kritik kommt: Schlechte oder gar keine Antworten; Entschließungen, die nicht eingehalten werden.

Wie halten Sie es mit der Demokratie, mit der jetzt bereits gesetzlichen repräsentativen und parlamentarischen Demokratie? – Das ist die erste Frage. Und die zweite Frage ist: Wie halten Sie es mit dem Ausbau der repräsentativen Demokratie? – Denn man kann natürlich gegen die direkte Demokratie mit dem Argument sein, die repräsentative ist gut genug, und dort, wo sie nicht gut genug ist, kann man sie ausbauen.

Aber beim Thema Ausbau habe ich überhaupt nichts bemerkt: Wo sind die Minder­heitsrechte zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses? – Versprochen, unter­schrieben und – die Legislaturperiode wird bald vorbei sein – nicht gehalten. Dann darf man sich also nicht wundern, wenn in der Bevölkerung, über die Medien und über die Oppositionsparteien irgendwann einmal die Forderung kommt, wir müssen zumindest die direkte Demokratie ausbauen.

Und wenn Sie beziehungsweise andere Vertreter Ihrer Fraktion das dann auch noch unterstützen und sagen, ja, das müssen wir unbedingt machen, aber nicht einhalten, dann frage ich mich und dann fragen wir uns alle: Wie halten Sie es mit der direkten Demokratie? Wie halten Sie es mit der repräsentativen Demokratie? Wie halten Sie es mit der Demokratie?

Kollege Gerstl hat in einer Diskussion mit uns – Kollege Stefan war auch dabei – sehr deutlich gesagt: Ja, Bürgerinitiative, Volksbegehren und dann Volksbefragung, das kann sich die ÖVP vorstellen. – Und wo ist das jetzt? – Es gibt keinen Vorschlag dazu. (Abg. Kopf: Von der Parlamentsdirektion wird er ja ausgearbeitet, der Text!) – Gut. „Alles klar“. (Abg. Kopf: Schlecht informiert von Ihren Kollegen!)

Wir werden ja sehen, ob das noch etwas wird. Ich glaube nicht. Wir können darüber wetten. Ich habe ja schon in der Fernsehdiskussion gesagt, dass ich mir das nicht vorstellen kann. Aber Sie werden es bis zum letzten Tag vor der Wahl wahrscheinlich versprechen, und dann kommt die Wahl, und während der nächsten Legislaturperiode haben wir ja dann vielleicht andere Möglichkeiten.

Um das alles jetzt zusammenzufassen: Wir können unterschiedlicher Ansicht sein, wie die Demokratie verbessert wird, aber irgendetwas sollte schon passieren – darin sind wir uns einig. Es passiert seitens der Regierung jedoch nichts. Aber immerhin können wir uns für diese Legislaturperiode zumindest eines wünschen: dass die Anfragen beantwortet werden, also dass den Gesetzen entsprochen wird, und dass die Entschließungen umgesetzt werden. Denn ansonsten bleibt wirklich nur eine Frage: Wie halten Sie es überhaupt mit der Demokratie? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Es spricht nun Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 



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17.57.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Staatssekretär! Das ist jetzt schon interessant gewesen, wie Sie zu den Grünen gesagt haben, na ja, die sollen sich ein bissl engagieren und da mehr direkte Demokratie umsetzen, denn Sie als Staats­sekretär können das nicht. Herr Staatssekretär! Diese Herrschaften hier (in Richtung ÖVP weisend), wer ist das? Ist das die ÖVP-Fraktion? Oder gehören die nicht zu Ihnen? (Staatssekretär Kurz: Haben Sie mitgestimmt ?) Gehören die zu Ihnen, diese Herrschaften hier? (Staatssekretär Kurz: Haben Sie mitgestimmt ?) – Na, und über diese Herrschaften – wirklich ehrenwerte Herrschaften, und ich unterstütze den Abgeordneten Gerstl zu hundert Prozent – können Sie in der Bundesregierung oder auch hier nichts einbringen im Parlament an Initiativen der direkten Demokratie, die über das hinausgehen, was wir jetzt vorliegen haben? – Dann ist aber Ihr Stellenwert in der Bundesregierung ein nicht sehr hoher, wenn ich das jetzt vorsichtig betitle. (Beifall beim BZÖ.)

Ich unterstütze das, was Herr Abgeordneter Gerstl hier gesagt hat – regt euch nicht auf, ich unterstütze das wirklich, und ich bedanke mich auch für das Lob der drei Oppositionsparteien –, weil wir, Herr Kollege, Ihre Anregung auch wahrgenommen haben, die dahin gehend war, dass Sie gesagt haben, Sie bringen nichts zusammen, die Opposition soll etwas vorlegen. Daher haben sich Grüne, FPÖ und BZÖ zusam­men getroffen, und wir arbeiten jetzt – dankenswerterweise mit Unterstützung des Legislativdienstes der Parlamentsdirektion – an einem konkreten Vorschlag.

Herr Abgeordneter Gerstl, wir laden Sie gerne ein, dann auch auf diesen Vorschlag draufzugehen, und wir beschließen das, Herr Staatssekretär! Gemeinsam haben wir hier im Hohen Haus eine Mehrheit für einen positiven Effekt der direkten Demokratie, dass nämlich, wenn ein Volksbegehren eine entsprechende Unterstützung hat, eine Volksbefragung angeschlossen werden kann. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Staatssekretär Kurz, wir unterstützen das nicht, was Sie hier für die Online-Unter­stützung von Volksbegehren vorgelegt haben, denn da geht es darum, dass man nur mit der Bürgerkarte über die digitale Signatur dieses Instrument wahrnehmen kann. Sie wissen ganz genau, dass nur ein Bruchteil der Wahlberechtigten über eine derartige Bürgerkarte verfügt. Wir wollen die Online-Unterstützung zumindest auf dem Weg, wie Sie das bei der Europäischen Bürgerinitiative eingeführt haben. Warum kann man eine Europäische Bürgerinitiative dadurch online unterstützen, dass man die Nummer eines Reisepasses oder eines Personalausweises angibt, aber ein österreichisches Volks­begehren darf man nicht unterstützen, sondern da braucht man eine Bürgerkarte? Das können Sie doch nicht erklären; das ist nicht erklärbar.

Wir haben den Vorschlag gemacht interessanterweise steht in der Anfragebeant­wortung, dass auch schon Überlegungen dazu getroffen werden , dass nicht nur ein Reisepass oder ein Personalausweis dafür notwendig sind, sondern dass man ein allgemeines Ausweisdokument auch entsprechend einbringen kann. Aber wenigstens den Status einer Europäische Bürgerinitiative sollte man doch auch bei den Hürden für ein österreichisches Volksbegehren bezüglich der Online-Unterstützung haben. Und das werden Sie auch nicht erklären können, warum man das hier strenger als woanders macht.

Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren: Wir beantragen auch heute, ohne De­batte, einen Fristsetzungsantrag zu unserem Antrag vom BZÖ, dass man innerhalb der tagungsfreien Zeit zumindest Anfragen einbringen kann. Das hat auch etwas mit der Ausweitung der parlamentarischen und der direkten Demokratie zu tun, denn da geht es auch um Bürgeranliegen. Der Bürger kommt zum Abgeordneten mit einem Anlie­gen, und der Abgeordnete stellt diese Anfrage hier im Hohen Haus an die Bundes-


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regierung. Sie wissen ganz genau, derzeit ist das in der tagungsfreien Zeit im Sommer nicht möglich.

Wir haben seit dem Jahr 2011 einen entsprechenden Antrag im Hohen Haus liegen, der wurde im März wieder einmal vertagt. Ich habe namens des BZÖ in der letzten Präsidiale angeregt, dass der jetzt beschlossen wird. Zu meiner Überraschung wurde dem auch zugestimmt. Das befürworte ich nur.

Wie geht es jetzt an die Umsetzung?  Es liegt hier ein Antrag im Geschäfts­ord­nungsausschuss. Der ist schon in einer ersten Lesung gewesen. Das heißt, man würde – und es geht nur um einen Satz, da braucht man nicht zu sagen, es ist kompli­ziert – normalerweise sagen: Gut, wir sind uns alle einig, also beschließen wir gemein­sam diesen Antrag. Das geht aber anscheinend nicht, denn der Antrag ist vom BZÖ – und dem kann man vonseiten der Regierungsfraktionen nicht zustimmen.

Gut, dann habe ich vorgeschlagen, machen wir doch einen gesamtändernden Abän­derungsantrag, wo wieder alle drauf sind, zu diesem Antrag des BZÖ. Das geht anscheinend auch nicht, denn das ist ja ein Antrag des BZÖ – in so einer kleinen Materie, wo wir uns ohnehin einig sind. Nein, jetzt geht man den komplizierten Weg, dass man wieder einen neuen Antrag einbringt. Der muss wieder einer ersten Lesung unterzogen werden, zugewiesen werden, im Ausschuss behandelt werden und, und, und. (Abg. Ursula Haubner: Überbürokratie! Abg. Dolinschek: Wenn Sie so kleinkariert sind!) Komplizierter geht es schon gar nicht mehr, und das wegen einem Satz – nur, weil man nicht einem BZÖ-Antrag, und in dem Fall jetzt einem Antrag der Opposition, zustimmen kann.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie als Regierungsfraktionen so wenig Größe zeigen, wenigstens in der Frage auch einmal einem Oppositionsantrag zuzustimmen, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn andere Dinge auf der Strecke bleiben! (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann.)

18.03


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

18.03.50 Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir nehmen die Verhandlungen über die Punkte 2 bis 5 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.04.00

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Wir setzen heute mit dieser Vorlage Folgendes um: Die europäischen Finanzminister haben sich entschlossen, dass Zinserträge und Wertsteigerungserträge von Anleihen, die in den jeweiligen Nationalbanken gehalten werden, den Griechen wieder zugeführt werden sollen; und sie sollen dadurch in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unterstützt werden.

Jetzt haben heute im Vorfeld dieser Debatte einige Kollegen gemeint, dass es viel gescheiter gewesen wäre, man hätte Griechenland pleitegehen lassen und, wie ge­sagt, keine Solidarität bewiesen, insgesamt wäre das für Österreich sehr viel günstiger gewesen. Jeder, der weiß, dass Österreich in etwa 62 Prozent seines Bruttosozial­produktes aus der Exportwirtschaft erwirtschaftet (Abg. Mag. Stefan: Mit Griechenland, oder mit wem?) und noch dazu in etwa einen Anteil von 80 Prozent aus den europäischen Ländern, der weiß, wie wichtig heute gerade da die Möglichkeiten des


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Euros sind. (Abg. Mag. Stefan: Wie viel Prozent Griechenland? 0,5 Prozent ist Griechen­land?!)

Wenn beispielsweise einzelne Euroländer ausscheiden würden oder pleitegehen müssten, wäre das natürlich auch für die Stabilität des Euro ein großes Problem. Wir wissen alle, was wir in der Vergangenheit gerade mit den Ab- und Aufwertungen ein­zelner europäischer Länder – und ich denke da noch an die Situation mit der italienischen Lira – immer wieder für Probleme hatten, gerade unsere Exportwirtschaft, und dies letztlich gerade unserer Wirtschaft, aber auch unserem Staat erhebliche Aufwendungen verursacht hat.

Ich glaube, dass diese Solidarität, die wir hier ausüben, die im Übrigen in ganz anderen Wirtschaftsräumen – ich denke da an die USA – genauso gepflogen wird, da wird auch den schwächeren Ländern von den stärkeren geholfen, unbedingt notwendig ist.

Abschließend lassen Sie mich noch feststellen: Der Euro ist von ganz besonderer und zentraler Bedeutung, denn wenn eine Volkswirtschaft wie die Europäische Union in etwa 7 Prozent der Weltbevölkerung ausmacht und insgesamt vielleicht 25 ver­schiedene Währungen haben soll, dann wird sie volkswirtschaftlich und global gesehen mit so vielen Einzelwährungen überhaupt keine Bedeutung mehr haben.  Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


18.06.55

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sprechen heute über die Eurohilfe, über die Griechenlandhilfe um den Euro zu retten. Sie haben hier, Herr Steindl, die Solidarität angesprochen. Und jetzt frage ich mich, wo diese Solidarität herkommt. Warum müssen wir mit den Griechen solidarisch sein?

Sie haben gesagt, es ist ganz wichtig, um die Exportwirtschaft zu stützen. Schauen wir uns die Zahlen an: 2008, bevor die Finanzkrise ausgebrochen ist, im Rekordjahr, haben wir 700 Millionen pro Jahr nach Griechenland exportiert. Heute exportieren wir nur mehr 300 Millionen nach Griechenland. Und auch wenn diese 700 Millionen komplett weggebrochen wären und wir auf diese 300 Millionen jetzt verzichten müssten – rechnen Sie alleine nach, was wir schon gezahlt haben an Griechenland! Das sind über 2 Milliarden. (Abg. Steindl:  Experten 80 Prozent!)

Also letztlich ist es kein gutes Geschäft, wenn wir, so wie Deutschland, das Geld expor­tieren, in der Hoffnung, dass dann die Länder, die das Geld vorher importieren, auch noch unsere Waren kaufen. Das ist kein gutes Geschäft. Das wäre genau so, als hätten Sie einen Gewerbebetrieb und Sie nehmen die Einnahmen, gehen vor die Tür und geben diese Einnahmen Passanten, die das nie wieder zurückzahlen können, und die gehen dann bei Ihnen einkaufen. – Selbstverständlich machen Sie Gewinne. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Steindl.) Aber ob das funktioniert, das probieren Sie am besten einmal selbst aus!

Aber genau so arbeiten wir hier in der Europäischen Union und im Euroraum. Die starken Länder exportieren das Geld, das die schwachen Länder verwenden, um bei uns einzukaufen; und das Ganze, ohne dass wir das Geld jemals zurückbekommen. Glauben Sie wirklich, dass das ein tragfähiges Konzept ist? Ist das Ihre Wirt­schafts­po­li­tik, die Sie betreiben wollen? (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Und deshalb ist die Frage, warum wir solidarisch sein sollen. Wir haben nichts davon.

Noch dazu sind wir den Griechen nicht einmal verpflichtet. Die Griechen haben sich in den Euro ja hineingeschummelt. Die haben doch gelogen und betrogen, die haben uns doch die falschen Zahlen geschickt. 2004 hat die Kommission schon gewusst, dass die


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Griechen die falschen Zahlen schicken. 2006 sind sie dann noch einmal aufmerksam geworden. Und was haben sie gemacht? – Gar nichts. Letztlich haben sie sehenden Auges Griechenland in die Pleite gehen lassen, um dann etwas zu machen, was die Roten in dieser Reichshälfte besonders gerne sehen, nämlich Umverteilung.

Es geht dabei um zwei Dinge. Erstens geht es darum, die internationalen Banken herauszuhauen, die große Verluste gehabt hätten, wenn Griechenland pleitegegangen wäre. Und das Zweite ist Umverteilung. Man will in Europa Umverteilung, von den reichen zu den armen Ländern. Das ist das, was dahintersteckt. Jetzt geht es nicht darum, ob Umverteilung gut oder schlecht ist. Es geht auch nicht darum, ob die Griechen oder die Zyprioten vielleicht auch unser Geld gut brauchen können. Darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass das niemand der Bevölkerung sagt und dass die Bevölkerung auch nicht gefragt wurde, ob sie das will. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich bin der Letzte, der sagen würde, lassen wir die Griechen pleitegehen, wenn die Bevölkerung zum überwiegenden Anteil sagt: Na selbstverständlich helfen wir den Griechen, selbstverständlich überweisen wir unser Erspartes an die Griechen, die Zyprioten und wie sie alle heißen. Wenn das die Bevölkerung so sieht, dann ist das in Ordnung. Aber ich glaube das nicht. Glauben Sie das? Glauben Sie, dass die Bevöl­kerung sagt: Na selbstverständlich müssen wir denen helfen!  Noch dazu, wo sie gelogen und betrogen haben.

Es geht dabei nicht um die griechische Bevölkerung. Die griechische Bevölkerung ist ja selbst Opfer, Opfer einer unfähigen Regierung. Ich hoffe, dass wir nicht eines Tages auch so von unserer Regierung sprechen. Aber letztlich ist die Mitschuld, die die Griechen trifft, nur, dass sie diese Regierung gewählt haben. Aber sie sind Opfer dieser Regierung, und deshalb kann man den Griechen keinen Vorwurf machen.

Entscheidend ist die Frage, ob wir mitmachen wollen bei diesem Spiel. Als Griechen­land in Schieflage war, um das Jahr 2010 herum, wo es darum gegangen ist, retten oder retten wir nicht, da hätte eine Pleite in etwa 100 bis 150 Milliarden € gekostet. Wissen Sie, wo wir jetzt stehen?  bei 170 Milliarden € Gesamtkosten, wenn man alles zusammenrechnet.

Das heißt, es war teurer, als sie pleitegehen zu lassen, und es hat letztlich auch die Erholung Griechenlands behindert; denn schauen Sie sich die Geschichte an! In der Geschichte sehen Sie viele, viele Länder, die pleitegegangen sind und die sich nach spätestens drei Jahren wieder erholt haben, manche haben fünf Jahre gebraucht.

Aber schauen Sie sich die Griechen an, fünf Jahre später! Wie geht es ihnen?  Es ist keine Hoffnung in Sicht, und zwar deshalb, weil dieses künstliche Am-Leben-Erhalten von Griechenland letztlich genau das behindert, was wir ja wollen, nämlich eine Erholung. Hätten wir sie pleitegehen lassen, dann hätten einige Großbanken in Europa tief in die Tasche gegriffen, keine Frage. Das ist amtlich, die hätten tief in die Tasche gegriffen. Vielleicht hätten wir einige Banken auch retten müssen oder unterstützen müssen – auch keine Frage. (Zwischenruf des Abg. Steindl.)

Aber es wäre in Summe um einiges billiger gekommen, als das, was wir jetzt machen. Es hätte auch den Griechen geholfen, weil die Griechen schon auf den Beinen wären. Und genau das ist das, was Sie verheimlichen.

Was Sie wollen, ist nichts anderes, als über diese zwanghafte Euro-Am-Leben-Erhal­tung eine Integration in Europa zu erzwingen. Das heißt, Sie wollen die Staaten zusam­menzwingen, und zwar auch jene Staaten, die nicht zusammengehören. Da gehört Griechenland dazu, da gehört Zypern dazu  und zwar aus folgendem Grund: Wenn man sich die griechische Geschichte ansieht, dann weiß man, dass die Griechen


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noch nie ordentlich wirtschaften konnten. Da ist ja kein Geheimnis. Die Griechen waren von den letzten 200 Jahren 100 Jahre Pleite. Das ist eine Tatsache. (Abg. Brosz: Die waren schon bei Aristoteles pleite!)

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie praktisch immer Pleite. Das ist fast schon ein Teil der griechischen Kultur, Pleite zu sein. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das ist eine Tatsache, eine statistisch belegbare. Wenn Sie jetzt hergehen und sagen, wir machen aus den Griechen bessere Deutsche, dann sage ich Ihnen: Da werden Sie scheitern!

Das heißt, Sie können sich etwas aussuchen: Entweder lassen Sie diesen Selbst­reinigungsprozess zu, der die Griechen wieder auf solide Beine stellt, oder Sie machen das, was viele andere Länder schon mit ihren schwachen Regionen gemacht haben, Sie halten sie zwanghaft am Leben und behindern damit Reformen.

Wenn Sie nach Griechenland schauen und ehrlich sind, dann sehen Sie in den letzten fünf Jahren praktisch null Veränderung. Okay, die Löhne sind gesunken, es ist auch einiges passiert, was die Pensionen betrifft, ganz wenig im Beamtenbereich, aber strukturell  und da müssen Sie mir doch recht geben!  ist doch nichts passiert.

Das heißt, sie haben dort immer noch keine gescheite Finanzverwaltung. Die haben ja dort auch keine gescheiten Steuerprüfer, das interessiert sie scheinbar gar nicht, ob die Leute Steuern zahlen oder nicht. All das wurde nicht angegangen. (Abg. Dr. Oberhauser: Was ist der Lösungsvorschlag?)  Das heißt der Lösungsansatz ist ganz einfach: Wenn man die Griechen pleitegehen lässt, dann bekommen sie kein frisches Geld. (Abg. Dr. Oberhauser: Und was machen die Griechen dann?) Was machen die Griechen dann?

Die Griechen machen dann Reformen (Ah-Rufe bei der SPÖ), so wie es in Brasilien nach der Pleite passiert ist, wie das auch in Russland zweimal nach der Pleite passiert ist, wie das in Argentinien passiert ist, und wie sie alle heißen, die 30 Länder, die in den letzten 30 Jahren pleitegegangen sind. (Abg. Dr. Oberhauser: Völlig absurd!) Das ist doch nichts Neues. (Beifall beim Team Stronach.)

Eine Pleite eines Staates ist doch kein Beinbruch. Die Einzigen, die ein Problem damit haben, sind die Gläubiger. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser.– Tun Sie doch nicht so, als wäre das etwas Neues für Sie! (Abg. Markowitz: Komplett überheblich, die SPÖ!)

Schauen Sie doch bitte einmal: Alleine in den letzten 30 Jahren sind über 30 Länder pleitegegangen. Wenn Sie sich die letzten 800 Jahre der Geschichte ansehen, ist Frankreich 14 Mal pleitegegangen, Deutschland zwölfmal, also praktisch jedes Land bis auf zwei, drei Ausnahmen ist schon einmal pleitegegangen. Was ist passiert? – Die Gläubiger hatten ein Problem. Genau das Gleiche wäre mit Griechenland passiert, und genau das wollte man verhindern.

Erzählen Sie mir nicht, dass Sie den Griechen helfen wollen und Mitgefühl mit der Bevölkerung haben! Sonst hätten Sie die griechische Bevölkerung nicht in diesem Euro gelassen, sondern Sie hätten die Initiative gesetzt, dass die Griechen aus dem Euro austreten und sich gesunden und mit einem ordentlichen Schnitt wieder auf gesunde Beine gestellt werden. Das ist doch in der Vergangenheit immer wieder passiert.

Deshalb: Wenn Sie hier vorschieben, Sie wollen den Griechen helfen, dann helfen Sie nur den Großbanken. Das reiht sich ein in die Historie, wo sie von 2008 an immer wieder die Banken unterstützt haben.

Aber sagen Sie das doch einfach! Ich habe auch kein Problem damit. Entscheidend ist jetzt nicht, ob das gut oder schlecht ist. Entscheidend ist, ob der Bürger das so haben will. Wenn Sie dem Bürger reinen Wein einschenken und ihn dazu befragen, dann


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garantiere ich Ihnen eines – da müsste ich mich schon sehr täuschen –: Da wird er keine große Freude mit dem haben, was Sie da machen.

Das ist letztlich die Richtschnur in diesem Haus. Was der Bürger will, das sollten wir machen, und deshalb sollten wir den Bürger jetzt einmal endlich befragen, ob er mit dieser Griechenlandhilfe weitermachen will oder nicht! Dann werden wir weitersehen. Der Bürger ist letztlich der Souverän, und danach sollten wir uns auch richten. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schieder zu Wort. – Bitte.

 


18.16.35

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte, die ja schon vor 15.00 Uhr auch ausführlich geführt worden ist, möchte ich vielleicht nur insofern bereichern: Das Zurückführen betreffend die Novelle des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes ist das, worum es hier wirklich geht.

Im Rahmen der Griechenlandrettung und -sanierung muss ja auch Griechenland selbst einen hohen Beitrag leisten. Teil der Diskussion war ja sogar, ob der Weg absolut der richtige ist, oder ob man nicht auch einen ausgewogeneren, investitionsorientierteren Weg hätte einschlagen können und damit nicht vielleicht auch der soziale Preis ein geringerer gewesen wäre.

Aber egal, wie man jetzt diese Frage einschätzt: Es ist damals ein Maßnahmenbündel von der internationalen Staatengemeinschaft mit Griechenland ausgemacht worden, also dieses Zug-um-Zug-Prinzip, wann immer Maßnahmen in Griechenland umgesetzt werden, gibt es auch Maßnahmen der Rettung und Unterstützung. Im Zuge dieses Paketes ist auch ausgemacht worden, dass die Europäische Union, die Eurostaaten auch Wertpapiere ankaufen, nämlich griechische Wertpapiere ankaufen, und zwar nicht als Investition, weil sie das als gute Investition gesehen haben, sondern im Rahmen dieses Securities Markets Programme, also genau im Rahmen des Rettungsprogrammes.

Alleine durch den Ankauf dieser griechischen Wertpapiere ist der Wert dieser Wert­papiere wieder gestiegen, was auch Sinn und Idee der Stabilisierung war, genauso wie es Zinseinnahmen gibt.

Man hat damals schon ausgemacht, dass es im Zuge dieses Programmes sinnvoll ist, diese Gewinne oder Werterhöhungen, die dadurch entstanden sind in den Bilanzen der Notenbanken – die ja nicht Teil der Idee an sich waren, denn Teil der Idee war ja, gesamtvolkswirtschaftlich Griechenland zu stabilisieren, damit auch den Euro zu stabilisieren und damit auch die internationalen Handels- und Finanzbeziehungen innerhalb der Euro-Zone zu stabilisieren –, auch wieder an Griechenland zu refun­dieren, da es immer noch sinnvoller ist, diese Gewinne zu refundieren, als vielleicht in Zukunft noch einmal ein weiteres Rettungspaket zu schnüren.

Es ist daher auch nicht das vierte Rettungspaket, sondern es ist abgemachter Teil des damaligen Maßnahmenbündels für Griechenland gewesen.

Wichtig zu betonen ist, dass es halbjährlich überprüft wird, und zwar von der Troika. Und nur wenn die Troika ein positives Prüfzeugnis ausstellt und Griechenland seine Maßnahmen erfüllt, kommt es wieder zur Refundierung. Wir müssen das heute hier beschließen, weil das ja eigentlich aus der Bilanz der Notenbank ist, aber natürlich auch eine gesetzliche Grundlage braucht.


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Einer der anderen Punkte, die ich auch noch kurz ansprechen möchte, ist eine Erhöhung auch beim Internationalen Währungsfonds. Auch das halte ich ja durchaus für sinnvoll, weil der Internationale Währungsfonds sich gerade in der globalen Finanzkrisenbekämpfung als höchst effizient und höchst hilfreich und manchmal sogar als einziges brauchbares Instrument in der globalen Finanzlandschaft dargestellt hat. Daher ist es auch sinnvoll, dort auch die Feuerkraft, die Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, die das ermöglichen, was er tun soll.

Ein Punkt, der in der Diskussion noch gar nicht erwähnt wurde, der aber meiner Meinung nach sehr wichtig ist, ist ein Investitionsschutzabkommen in diesem Fall mit Nigeria. Das ist deshalb wichtig, weil es hier darum geht, dass die Investitionen jener Firmen aus Österreich, die im Ausland investieren wollen – in dem Fall eben in Nigeria –, auch geschützt werden sollen. Das sind genau jene Abkommen, die auch mehr Fairness und mehr Gerechtigkeit in die internationalen Handelsbeziehungen bringen.

Nigeria ist für Österreich auch nicht irgendwer, es ist immerhin nach Südafrika der wichtigste Außenhandelspartner Österreichs in Afrika südlich der Sahara und ist eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Und man würde es kaum glauben, weil eigentlich die nigerianische Volkswirtschaft ja hauptsächlich vom Export von Rohöl lebt, aber doch ist das Wachstum auch sehr stark vom Nicht-Erdölsektor getrieben, nämlich von Dienstleistungen, vom Bausektor, von Banken, vom Handel und vom Tourismus.

Der österreichische Handel mit Nigeria umfasst Maschinen und Vorarlberger Spitzen, also auch Stoffe aus Vorarlberg, womit man auch wieder sieht, wie klein das globale Dorf geworden ist, wie dann doch quasi die Zukunftschancen der Vorarlberger Textil­industrie auch von solchen Beschlüssen hier abhängen.

Das mag vielleicht in der Diskussion nicht so hervorgestrichen worden sein, ist aber, glaube ich, für das wirtschaftliche Wohlergehen einzelner Regionen in Österreich durchaus von großer Bedeutung. Daher hoffe ich, dass all diese Gesetze, auch dieses zuletzt erwähnte, Ihre Zustimmung finden werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


18.21.41

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte – überraschenderweise – gleich dort an­setzen, wo der Herr Staatssekretär aufgehört hat, nämlich beim bilateralen Investitions­schutzabkommen mit Nigeria.

Wann immer man mit afrikanischen Vertretern/Vertreterinnen redet, dann wünschen sich diese ganz, ganz dringend ausländische Investitionen, weil sie sich davon erwarten, dass es möglich wird, Wirtschaftswachstum zu generieren, dieses dann hoffentlich auch so zu verteilen, dass alle etwas davon haben, dass es möglich ist, Arbeitsplätze zu schaffen und dass es auch sonstige wichtige wirtschaftliche Impulse gibt, die davon ausgelöst werden. Auf der anderen Seite wiederum ist für diejenigen, die in der Lage wären oder Interesse daran haben zu investieren, der Schutz ihrer Investitionen in einem rechtlichen Rahmen sehr, sehr wichtig, damit sie sich überhaupt „trauen“ können – unter Anführungszeichen –, diese Investitionen zu machen.

Wenn man sich das Investitionsschutzabkommen mit Nigeria anschaut, dann fällt auf, dass es ziemlich deckungsgleich mit unserem Musterübereinkommen ist, das wir seit einigen Jahren – seit 2008, glaube ich – haben. Ich denke, dass dieses bilaterale Investitionsschutzabkommen mit Nigeria ein guter Anlass ist, wieder einmal darüber zu


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reden, dass wir darüber nachdenken sollten, wie weit es möglich wäre, unser österreichisches Musterinvestitionsschutzabkommen zu verändern – natürlich wissend, dass seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon die allermeisten Investitions­schutz­abkommen keine bilateralen mehr sind, sondern multilaterale, die auf EU-Ebene aus­gehandelt werden, wo Österreich – siehe jetzt zum Beispiel beim gerade aktuellen Übereinkommen mit Peru und Kolumbien oder dem, was da gleichfalls in der Pipeline ganz am Anfang steht, also bei dem mit den USA –, wie auch andere Nationalstaaten, nur mehr kleine Teile davon umsetzt, aber der große Löwenanteil liegt in Zukunft bei der EU.

Aber man sieht – eben am Beispiel von Nigeria –, dass es trotz des Vertrags von Lissabon immer noch möglich ist, dort, wo es kein multilaterales Übereinkommen gibt (Zwischenruf des Abg. Grillitsch) – wenn ich ein bisschen schärfer werden soll, dann mache ich das gerne! (Abg. Grillitsch: ... glaube ich, schon müde!) –, dass es da not­wendig ist, auf beiden Ebenen etwas zu machen, sowohl bilateral als auch multilateral.

Ich glaube, die Ansprüche sind in beiden Fällen durchaus gleich: Es geht darum, dass wir ernst zu nehmende Klauseln haben für einen ArbeitnehmerInnenschutz – dass zum Beispiel ILO Kernarbeitsnormen umgesetzt werden –, dass wir glaubhafte und griffige Klauseln haben für Umweltschutz, was verhindern soll, dass die Länder einfach nur ausgebeutet werden und als billige Rohstoffreservoirs zur Profitmaximierung mancher Firmen dienen, und dass auch die Einhaltung von Menschenrechten gewährleistet ist.

Wir haben in unserem Musterübereinkommen zu diesen zwei Faktoren Arbeitsrechte und Umwelt die Formulierung, dass es nicht statthaft ist, Umweltgesetze oder Arbeit­nehmerschutzgesetze zu ändern, nach unten zu nivellieren, um Investitionen zu generieren oder um Investitionen möglich zu machen. – Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, einen wesentlich besseren, griffigeren, stärkeren Begriff als diese Statthaftigkeit zu finden und dabei natürlich trotzdem die Souveränität der Staaten, mit denen wir Verträge abschließen, zu respektieren.

Abschließend gesagt, sind – ausgestattet mit transparenten Schiedsgerichtsver­fah­ren – solche Investitionsschutzabkommen wichtig, wenn sie gut sind, weil sie auch wirklich zu einer kohärenten Entwicklungspolitik beitragen, und ich hoffe sehr, dass dieses konkrete Abkommen für Nigeria das erfüllt, was Nigeria sich davon erhofft, nämlich Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und letztendlich die Bekämpfung von Armut. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


18.25.22

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Griechenland hätte aus unserer Sicht niemals in die Euro-Gemeinschaft aufgenommen werden dürfen. (Abg. Rädler: Das haben wir heute schon zehnmal gehört!) Der Herr Kollege Lugar hat ausgeführt, es lagen gefälschte Budgetunterlagen vor, aber er hat nicht erwähnt, dass Goldman Sachs zusätzlich ja noch versucht hat, die Verschleierung dieser falschen Budgetunterlagen zu unterstützen. (Abg. Rädler: Das ist schlimm!)

Das Supergeschäft, das uns der damalige Herr Finanzminister Pröll verkaufen wollte (Abg. Dr. Bartenstein: Hat er doch nicht! Erzählen Sie nicht die Unwahrheit, jetzt noch einmal! Gar keine Rede davon!), ist nicht eingetroffen. Das Bankenpaket ist, wie das damals der Herr Finanzminister Molterer ebenso ausgeführt hat, auch ein schlechtes Geschäft für den österreichischen Steuerzahler geworden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 192

Griechenland ist aus meiner Sicht zahlungsunfähig und wird nur durch immer wieder neue Gelder – auch von uns – am Leben erhalten. Daran ändert auch nichts, dass das Rating etwas besser geworden ist, Zahlungsunfähigkeit ist Zahlungsunfähigkeit. Unser sauer verdientes Geld, meine Damen und Herren, wird zum Fenster hinausge­schmissen, auf Nimmerwiedersehen.

Ich habe heute schon von den Staatsschulden Österreichs gesprochen. Es handelt sich dabei um 290 Milliarden €. Diese 290 Milliarden € entsprechen ungefähr dem Gegen­wert (Abg. Dr. Bartenstein: ... vor einer Stunde gehört!) von einer Million Einfamilienhäusern – das muss man sich einmal vorstellen!

Die Defizite wachsen weiterhin an. Ganz gleich, ob Griechenlandhilfe oder Ent­wicklungszusammenarbeitshilfe, Österreich muss, um diese Dinge zu finanzieren, Kredite aufnehmen, und ich frage mich wirklich, ob das gescheit ist, denn wenn man ein bisschen dem Hausverstand folgt, muss man sagen, verschenken kann man nur, wenn man etwas zu verschenken hat.

Damit sind wir beim Thema Solidarität angelangt. Der Herr Bundeskanzler hat heute eingemahnt: Ja, wir müssen solidarisch sein, und auch der Herr Matznetter sagt dasselbe immer, was die Griechen betrifft. Mir ist es aber lieber, wir sind zuerst solidarisch mit unseren Bürgern in Österreich und denken erst dann ans Ausland.

Kollege Themessl hat heute schon die Details, was die Griechenlandhilfe betrifft, ausgeführt: 281,2 Millionen € werden in ein Griechenland-Fass ohne Boden hinein­geschmissen. Gutem Geld wird weiter gutes Geld nachgeworfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Griechen haben in der Zwischenzeit in Summe, wenn man auch bedenkt, dass die Gläubiger gewaltige Nachlässe gegeben haben, bis zu 300 Milliarden € Unterstützung bekommen über den IWF, über ESM, direkt über Gläubiger, auch über Österreich – und der Erfolg? – Dieses Geld ist weg, die Staatsschulden sind gleich hoch wie zu Beginn der Krise, Konjunktureinbruch – Themessl hat es gesagt: 30 Prozent in den letzten fünf Jahren –, Kürzungen im Sozialbereich, Arbeitslosigkeit wie noch nie, Jugendarbeitslosigkeit – bis zu 59 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos; eine Katastrophe! –, reduzierte Löhne, Gehälter, Pensionen. Die Menschen sind ganz zu Recht auf der Straße und demonstrieren dagegen, es nützt ihnen aber leider Gottes momentan noch nichts.

Was mich ärgert, ist, dass die Griechen uns bis zuletzt austricksen: Vor drei Wochen in etwa war in der Presse nachzulesen, dass man jetzt darangeht, bei den Beamten etwas zu unternehmen. Hören Sie bitte her: Es gibt in Griechenland 800 000 Beamte, also das Doppelte von dem, was Österreich sich leistet, und die Griechen tanzen uns mit diesen 800 000 Beamten auf der Nase herum. Man kennt das Problem seit 2008, und jetzt erst geht man daran, im Beamtenbereich etwas zu unternehmen, nämlich 30 000 Beamte wahrscheinlich in die Pension zu schicken. (Abg. Lueger: ... Gehälter, Kündigungen!)

Der österreichische Steuerzahler ist in diesen Fragen immer der Dumme, und ich glaube, es müsste jedem, der halbwegs vernünftig denkt, dämmern, dass es der falsche Weg ist, der beschritten, die falsche Politik ist, die hier betrieben wird. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Griechenland wird im Euro nicht zu halten sein, und wir, die Freiheitliche Partei, sind entschieden gegen weitere Zahlungen in den griechischen Staatsapparat. (Beifall bei der FPÖ.)

Unser Geld für unsere Leute!  Das ist die Devise, und das ist die richtige Solidarität. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 193

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


18.30.22

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute diskutieren wir über die EZB, wir diskutieren über Griechenland, und ich möchte die Gelegenheit nützen, auf eine sehr kurze, schlaglichtartige Weise auch die Niedrigzinspolitik der EZB zu bewerten.

Der Leitzins beträgt 0,5 Prozent – vorgeblich dient diese Niedrigzinspolitik dazu, der Wirtschaft und dem Wachstum Impulse zu verleihen, indem man den Unternehmen billiges Geld zur Verfügung stellt, damit diese entsprechend investieren. Doch das funktioniert ganz evident nicht. Die Unternehmen investieren deshalb nicht, weil ihnen das billige Geld fehlt, sondern weil die unsicheren Rahmenbedingungen die Investitionsnachfrage und damit Kreditnachfrage bremsen.

Das weiß auch die EZB. – Wieso tut sie es trotzdem? Wieso setzt sie die Niedrig­zinspolitik fort? – Die Antwort: Weil sich Staaten auf diese Weise günstig finanzieren können, also ihre Staatsschuld günstig finanzieren können. So weit wäre das ja in Ordnung, wenn das nicht Nebenwirkungen hätte, die ich als äußerst unerwünscht bezeichne. Die EZB, die eine Notenbank ist, agiert immer stärker als Geschäftsbank, indem sie Anleihen kauft, im Anleihehandel tätig ist. Damit aber greift sie massiv in die Geldkreisläufe ein. Das führt wiederum zu einer völlig verzerrten Zinsenbildung in den Märkten, die zwar zugunsten der Staaten und ihrer Refinanzierung ist, aber zuungunsten einer fairen Bewertung der Anleihen ausschlägt.

Ramsch-Anleihen um 5 Prozent Rendite, das kann nicht gesund sein! Das führt zu neuen Blasenbildungen. Es führt aber auch dazu, dass dadurch nicht die soliden Kundenbanken Unterstützung finden, sondern Hedgefonds, Investmentbanken und toxisches Trading gefördert werden.

Und wer zahlt den Preis? – Den Preis zahlt der Sparer, weil der Sparer mit Zinsen deutlich unter der Inflation konsequent und kontinuierlich still enteignet wird. (De­monstrativer Beifall des Abg. Mag. Stefan.) Das ist etwas, was inakzeptabel ist und was auch unerträglich ist, wenn man die kontinentaleuropäische Wirklichkeit mit ihrer hohen Sparquote und der daraus resultierenden Eigenvorsorge vor Augen hat. (Abg. Mag. Stefan: Und was ist die Konsequenz daraus?)

Daher sollte sich unsere Politik, Herr Staatssekretär, mit der Niedrigzinspolitik der EZB besonders kritisch auseinandersetzen! Das erwarte ich, erhoffe ich, und ich bitte nächstes Mal um einen Bericht! (Beifall bei der ÖVP. – Staatssekretär Mag. Schieder: Ihr seid auch Politiker, oder? – Abg. Mag. Rudas: ... Finanzministerin haben!)

18.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


18.33.38

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Zum Thema Griechenland-Rettung ist uns immer wieder erklärt worden – und das ist auch heute angeschnitten worden –, dass all diese Rettungspakete für uns ein großer Gewinn, eine große Bereicherung sein werden; der Zinsgewinn wurde hervorgestrichen.

Aber wenn heute der Kollege Kuzdas herausgeht und sagt: Nein, wir wollen uns nicht bereichern, das können wir nicht machen!, und wenn dann – noch viel schlimmer! – der Herr Staatssekretär sagt, es war von vornherein Teil des Pakets, dass wir die Zinsen nicht kassieren, sondern dass auch sie selbstverständlich an Griechenland zurück-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 194

gegeben werden, so erschreckt mich das ein bisschen, denn das ist uns nie gesagt worden. Wir wurden darüber nie informiert. Das heißt auch, dass Sie bewusst das Parlament belogen beziehungsweise dem Parlament nicht die volle Wahrheit gesagt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das kann nicht Sinn und Zweck sein, wenn man hier Probleme gemeinsam lösen soll!

Mit dem Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz wird weiterhin Geld, nämlich 281 Mil­lionen €, nach Griechenland getragen – Geld, wo man sagt: Selbstverständlich, die sollen es haben, die brauchen es!, aber im gleichen Atemzug hören wir, wie der Kollege Gaßner beklagt, dass Gemeindekooperationen besteuert werden sollen, Dinge, die bei uns im Land notwendig sind, um den kleinen Gemeinden zu helfen. Wir sollen Steuern zahlen, bei uns gibt es keine Lösung, wenn aber umgekehrt in den Maastricht-Verträgen steht, die Staaten dürfen sich gegenseitig nicht aushelfen, dann finden wir Lösungen. Da gehen wir drüber, da spielt es keine Rolle, aber wenn es im eigenen Land darum geht, den eigenen Gemeinden, den eigenen Bürgern zu helfen, dann müssen wir schön – wie heißt es? – Hände falten und das Mundwerk halten.

Das kann es nicht sein! Stehen wir für unser Land ein und versuchen wir, zuerst an Österreich zu denken und dann erst den anderen Ländern zu helfen! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber damit nicht genug, gibt es noch diesen Schatten-Rettungsschirm für alle Nicht-Euro-Mitgliedsländer. Auch da bekommen wir keinerlei Informationen, weder von der Frau Finanzministerin noch vom Bundeskanzler, wir wissen nur, dass wir mittlerweile mit 50, 60 Milliarden € auch für diese Länder haften, aber das wird schön still und leise verschwiegen. Da breiten wir den Mantel des Schweigens darüber, und irgendwann wird wieder, so wie heute, ein Staatssekretär hier hergehen und sagen, das war schon immer klar, das hätten wir ohnedies wissen sollen. – Ich glaube, das hat sich das Parlament nicht verdient, so kann man nicht miteinander umgehen!

In weiterer Folge möchte ich noch eines anschneiden, nämlich dass der Herr Bundeskanzler heute von der Regierungsbank aus so tut, als ob sie mit den ganzen Haftungen für die Hypo in Kärnten überhaupt nie etwas zu tun gehabt hätten. – Damit es noch einmal ganz, ganz klar ist, vielleicht Folgendes: Der Beginn der Haftungs­ausweitung hat unter Landeshauptmann Zernatto gemeinsam mit der SPÖ in der Regierung stattgefunden, und die größten Haftungsausweitungen für die Hypo fanden zu der Zeit statt, als es die Koalition mit der SPÖ gegeben hat, wo der heutige Landtagspräsident Reinhart Rohr mit dabei war. (Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Mag. Schieder.) Reinhart Rohr hat mitgestimmt, und es war genauso auch euer Wunsch, diese Haftungen auszuweiten. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Und dazu sollte man stehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Staatssekretär, wenn wir dazu stehen – beide Seiten – und nicht versuchen, nur einer Partei die Schuld zuzuschieben, dann wird es auch in Zukunft, wie ich meine, für das Land eine gedeihliche Politik geben. (Beifall bei der FPÖ.)

18.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


18.37.36

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vier Vorlagen stehen zur Diskussion.

Zum einen geht es um das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz. Im Rahmen des Griechenlandprogramms haben die nationalen Zentralbanken griechische Wertpapiere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 195

angekauft. Diese Vorlage regelt, dass die Gewinne daraus an Griechenland zurückge­geben werden können; erwartete Einnahmen: gut 280 Millionen €.

Da die Gewinne daraus ganz wesentlich auf die schwierige Entwicklung in Griechenland zurückzuführen sind, ist dies nicht nur sinnvoll für Griechenland, sondern auch für die Gemeinschaft insgesamt. Und es ist, wie ich denke, auch moralisch in Ordnung, wenn wir diese Rücküberweisung vornehmen, weil es nicht sehr angenehm wäre, wenn wir uns auf Kosten von Ländern, denen es schlecht geht, bereichern würden.

Zum Zweiten geht es um einen Kreditvertrag zwischen dem IWF und der OeNB. Die IWF-Mittel sollen zeitlich befristet aufgestockt werden, es geht um 200 Milliarden €. 150 davon kommen von den europäischen Staaten; der Österreich-Beitrag beträgt 6,13 Milliarden. Die Vorlage ermöglicht es der Nationalbank, eine Kreditlinie für unseren Beitrag bereitzustellen. Die Ziehung daraus ist zwei Jahre lang möglich, mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Es gibt natürlich mögliche Auswirkungen auf das Budget. Während der Ziehung gibt es nur einen Sonderziehungsrechte-Zins, der niedri­ger ist als eine Normalverzinsung. Das heißt, weniger Gewinn für die OeNB und damit auch weniger Zuführung an den Bund.

Im dritten Fall geht es um die Leistung von Beiträgen an den Treuhandfonds des IWF. Diese Vorlage ermöglicht es der Nationalbank, 25,13 Millionen € zur Armutsbekämp­fung in einkommensschwachen Ländern zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet für die Nationalbank einen Zinsverlust, die Ergebnisminderung beträgt 22 600 € pro Jahr. Ich denke, das entspricht dem Zweck, und Österreich wird sich das auch leisten können.

Im letzten Fall geht es um ein Abkommen zwischen Österreich und Nigeria, das österreichische Unternehmen bei Investitionen im Ausland unterstützt. Nigeria ist ein nicht unwesentlicher Handelspartner Österreichs. Das Handelsvolumen betrug 2011 880 Millionen €. Ziele des Abkommens sind gerechte Behandlung und dauerhafter Schutz und Sicherheit von Investitionen im Gastgeberstaat. Das Abkommen tritt zwei Monate nach Ratifizierung in Kraft, gilt für zehn Jahre und danach auf unbestimmte Zeit, wobei eine Auflösung jederzeit möglich ist. Die Kündigungsfrist beträgt zwölf Monate.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass die Anträge in Summe helfen werden, in der Union Probleme zu lösen, die Gemeinschaft zu stärken und wie im letzten Fall auch einen Beitrag zu mehr Beschäftigung zu leisten. Daher werden wir die Anträge unterstützen, und ich darf Sie einladen, das auch zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


18.41.14

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Würde ich die handelnden Personen nicht kennen, hätte ich bei der Diskussion wieder einmal keinen Unterschied zwischen der FPÖ und dem Team Stronach oder den Stronachern erkennen können.

Welches Politikverständnis sie haben, das richten sie uns auch in der morgigen „Krone“ aus, wo die Stronacher uns erklären, sie werden jetzt einen Feldzug gegen die Gewerkschaften führen, nämlich gegen jene Gewerkschaften, die im Gegensatz zu den Zynikern, die sich teilweise heute hier zu Wort gemeldet haben, international für Solidarität kämpfen und damit international in der Eurozone nicht nur für Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte, sondern auch für Arbeitsplätze kämpfen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 196

Da möchte ich dem Herrn Lugner  Entschuldigung, Lugar, Lugner, Lugar , dem Herrn Lugar und den anderen Stronachern und FPÖlern schon sagen (Zwischenrufe bei der FPÖ), zynisch ist das schon, wenn man in Österreich lebt, wo uns die ganze Welt, ganz Europa um unseren Arbeitsmarkt beneidet, darum beneidet, welche Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte und welchen sozialen Frieden wir im Land haben.

Und Sie stellen sich hier heraus und meinen: Na ja, macht ja nichts, wenn einmal ein Land pleitegeht! – Dass wir gerade von der Exportwirtschaft in der Eurozone leben, dass das österreichische Arbeitsplätze betrifft, wissen Sie ganz genau. Und Sie stellen sich hier heraus und sagen, es geht um das eigene Land.  Wenn es Ihnen auch nur eine Sekunde in Ihrer Arbeit um das eigene Land gehen würde, dann würden Sie sich hier herausstellen und gemeinsam mit den Gewerkschaften für die Stabilität der Eurozone kämpfen (Beifall bei der SPÖ) und gemeinsam mit den Gewerkschaften für mehr Arbeitnehmerrechte und mehr Arbeitsplätze in Europa kämpfen.

So lange ist es ja noch nicht her, dass wir Frieden in Europa haben. Und ich finde schon, es liegt in unserer Verantwortung, dass wir aus dem Friedensprojekt Europa auch ein Projekt des sozialen Friedens machen und hier zumindest einen Teil, nämlich die Eurozone, die Stabilität, aus der typischen zynischen Politikdiskussion heraus­nehmen und diese ernsthafter führen – denn, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ und besonders von den Stronachern, Sie wissen ganz genau, dass zynische Anti-EU-Stimmung dem Land, dem sozialen Frieden schadet, und es braucht Solidarität, es braucht starke Gewerkschaften. Und ich bin mir ganz sicher, nicht nur die öster­reichischen Gewerkschaften, sondern auch die europäischen Gewerkschaften warten schon sehr gespannt auf die Feldzüge des Herrn Stronach, seiner Kompagnons und anderer reicher Unternehmer, die glauben, ArbeitnehmerInnenrechte zurückstutzen zu können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44

18.44.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geän­dert wird, samt Titel und Eingang in 2264 der Beilagen.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Entwurf zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank samt Titel und Eingang in 2266 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subventionskonto des Treuhandfonds


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 197

für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Währungsfonds samt Titel und Eingang in 2296 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Gesetzentwurf sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung an­ge­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen, in 2301 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

18.46.26 6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Produktpirateriebericht 2012 der Bun­des­ministerin für Finanzen (III-405/2343 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


18.46.39

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Sozialminis­ter! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben den Produktpirateriebericht wie jedes Jahr bekommen. Ich darf gleich zu Beginn die Gelegenheit wahrnehmen, mich bei jenen Kontrollorganen der Zollverwaltung zu bedanken, die dieses Gesetz vollziehen und großes Fachwissen aufbringen müssen. Ich glaube, es konnte sich heute bei der Ausstellung gefälschter Produkte in der Säulenhalle jeder überzeugen, wie schwierig es ist, solche Produkte auch tatsächlich zu erkennen.

Das Produktpirateriegesetz betrifft den Schutz des geistigen Eigentums beziehungs­weise auch die Verhinderung von Betrug. Viele Firmen stecken große Summen in Forschung und Entwicklung. Dann gibt es eben die Produktpiraten, die sich das Know-how aneignen, Plagiate erzeugen und Dinge auf den Markt bringen, um das große Geschäft zu machen. Dahinter steht nichts anderes als organisierte Kriminalität.

Dieses Produktpirateriegesetz ist aber als Rechtsbestand, ich würde einmal so sagen, eher zahnlos. Wenn Sie den Bericht genau lesen, dann werden Sie sehen, dass es sich hier um kein Offizialdelikt handelt. Wenn das Zollorgan den Verdacht hegt, es handle es sich um eine Fälschung, und der Bescheidinhaber, vertreten durch seinen Rechtsvertreter, diese Fälschung bestätigt, dann gibt es drei Möglichkeiten. Er kann sagen, sei es drum, die Ware ist trotzdem freizugeben, oder man kann eine Vernich­tung anstreben, das heißt, die Waren werden tatsächlich vernichtet, da braucht man aber das Einverständnis desjenigen, der über die Ware verfügt, oder das Dritte, man geht zu Gericht und es gibt dann ein Zivilverfahren.

Wenn Sie sich die Bilanz ansehen, dann werden Sie schnell draufkommen, dass es sich um eine große Menge handelt. So wurden 51 146 Stück tatsächlich vernichtet, während 81 321 Stück an Plagiaten – Fälschung zwar festgestellt – aber wieder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 198

ausgefolgt wurden, mit Ausnahme der Medikamente. Da gibt es noch einen anderen Rechtsbestand, nämlich das Arzneiwareneinfuhrgesetz, dann greift dieses, es wird eben nicht ausgefolgt, aber der Rest landet im freien Verkehr. Meiner Meinung nach ist das ein kompletter Humbug und wirklich zahnlos.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass man immer davon spricht, dass etwas auch finanzstrafrechtlich zu würdigen ist. Das Finanzstrafgesetz ist ein Spezial­gesetz für Betrugsdelikte. In den §§ 33 bis 52 finden sich die einzelnen Tatbestände. Oder in einem anderen Gesetz wird das ausdrücklich als Finanzstrafe deklariert.

Das ist im Produktpirateriegesetz der Fall. Aber das ist dermaßen kompliziert. Also da müsste jemand eine Fälschung festgestellt haben und die Ware der Vernichtung preisgeben, und dann kommt dies auf einem anderen Weg doch wieder in den freien Verkehr. Sie dürfen sich nicht wundern, dass die Zahl an Finanzstrafdelikten in den Berichten immer mit Null ausgewiesen ist – also ein totes Recht. Ich glaube, da besteht Handlungsbedarf.

Ich darf mich auch noch der Frage jener Medikamente widmen, die stark im Vor­marsch sind. Es ist unglaublich, was da alles auf den Markt dringt. Bei diesen Medikamenten spielt man sich mit der eigenen Gesundheit, ich würde sogar sagen, dadurch kann man durchaus auch in Lebensgefahr geraten. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang eine Aufklärungskampagne. Die Zollverwaltung hat das schon einmal gemacht. Ich würde glauben, es würde sich lohnen, Menschen wirklich zu warnen, dass sie nicht vielleicht auf das Geld achten und glauben sollten, da kann man etwas billiger bekommen. In aller Regel spielt man mit der eigenen Gesundheit.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ernest Windholz, Kollegin und Kollegen betreffend Verschärfung der Produktpirateriebekämpfung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat im Einverneh­men mit der Bundesministerin für Justiz eine Novelle des Produktpirateriegesetzes, des Strafgesetzbuches und des Finanzstrafgesetzes zur Beschlussfassung vorzule­gen, die insbesondere folgende Kernpunkte enthält:

Änderung der bestehenden Rechtslage, welche eine effektive Rechtsverfolgung durch den Privatankläger (Rechtsinhaber) gewährleistet,

Delikte des Produktpirateriegesetzes sollen Offizialdelikte werden, mit den ent­sprechen­den Änderungen im Finanzstrafgesetz und Strafgesetz,

jede Fälschungshandlung soll automatisch ein Finanzstrafverfahren auslösen und

betreffend die besonders gesundheitsgefährdende Medikamentenfälschung soll jede Fälschung, die anfällt, eigens strafbar gemacht werden und dies im Strafgesetzbuch verankert werden.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, das dient allen, die korrekt unterwegs sind. Und das soll jenen, die da im Bereich der organisierten Kriminalität unterwegs sind, wirklich zeigen, dass man nicht bereit ist, solche Dinge zu tolerieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 199

In diesem Sinne darf ich Sie schon jetzt um Zustimmung ersuchen. (Beifall beim BZÖ.)

18.52


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschärfung der Produktpirateriebekämpfung

eingebracht in der 204. Sitzung des Nationalrats zum Tagesordnungspunkt 5 Bericht des Finanzausschusses über den Produktpirateriebericht 2012 der Bundesministerin für Finanzen (III-405/2343 d.B.)

Rechte des geistigen Eigentums stellen in der heutigen Wirtschaftswelt ein enormes Geschäftskapital dar, welches vermehrt Fälscher und Produktpiraten anzieht, die oft über reichliche Finanzmittel verfügen und mittlerweile wie gut organisierte und fachkompetente Unternehmer in industriellem Maßstab arbeiten.

Die Produktpiraterie fügt der Wirtschaft bereits massive Schäden zu und wird an­gesichts des immer breiter werdenden Angebots an Fälschungen zu einem steigenden Problem. Neben den Luxusgütern, die schon seit jeher gefälscht wurden, sind heute auch Massenkonsumgüter wie Lebensmittel und vor allem auch Medikamente als Zielscheibe der Produktpiraterie betroffen. Durch nachgeahmte Medikamente sind Risiken für die Gesundheit und Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu er­warten.

Vollzugsorgan betreffend die Vollziehung der geistigen Eigentumsrechte im Verkehr mit Drittländern sind die Zollverwaltungen. Aufgrund der EG-Produktpiraterie-Verord­nung 2004 haben sie bei der Ein- oder Ausfuhr von Waren tätig zu werden und diese Waren zurückzubehalten, wenn ein Piraterieverdacht besteht.

Auch im Jahr 2012 hat die Produktpiraterie wieder zugenommen, so beschlagnahmten österreichische Zöllner 182.046 Produkte mit einem – am Originalpreis gemessenen – Wert von mehr als 4,2 Mio. Euro. Insbesondere die, für die Konsumenten besonders gefährliche, Medikamentenpiraterie macht rund 25 Prozent, der vom österreichischen Zoll entdeckten Fälschungen aus. Aber auch die Markenpiraterie bedroht Gesundheit, Sicherheit und Arbeitsplätze.

Derzeit ist allerdings die effiziente Rechtsverfolgung für Privatankläger nur einge­schränkt gewährleistet. Ein Lotteriespiel, abhängig von den jeweiligen Richtern ist gegeben, da die Klage mit Antrag auf Hausdurchsuchung nach geltender Rechtslage jederzeit dem Beklagen zugestellt werden kann – auch bereits vor dem Termin der Hausdurchsuchung! Die Fälscher werden dadurch in die Lage versetzt Beweismittel verschwinden zu lassen.

Kommt es dann zu entsprechenden Funden, so unterbleibt oftmals eine rechtliche Verfolgung oder Vernichtung der gefundenen Fälschungen, weil der Rechteinhaber an einer Verfolgung nicht interessiert ist. So stehen rund 51.000 vernichteten Fälschungen rund 81.000 überlassene Waren im Jahr 2012 gegenüber.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 200

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat im Einver­nehmen mit der Bundesministerin für Justiz eine Novelle des Produktpirateriegesetzes, des Strafgesetzbuches und des Finanzstrafgesetzes zur Beschlussfassung vorzu­legen, die insbesondere folgende Kernpunkte enthält:

Änderung der bestehenden Rechtslage, welche eine effektive Rechtsverfolgung durch den Privatankläger (Rechtsinhaber) gewährleistet,

Delikte des Produktpirateriegesetz sollen Offizialdelikte werden, mit den entsprechen­den Änderungen in Finanzstrafgesetz und Strafgesetz,

jede Fälschungshandlung soll automatisch ein Finanzstrafverfahren auslösen und

betreffend die besonders gesundheitsgefährdende Medikamentenfälschung soll jede Fälschung, die anfällt eigens strafbar gemacht werden und dies im Strafgesetzbuch verankert werden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


18.52.37

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat jetzt insbe­sondere die Fälscher hier ins Visier genommen und auch die Strafbestimmungen und das Finanzstrafrecht zum Thema gemacht.

Ich möchte mich in erster Linie auf die Information und Aufklärung der Konsumentinnen und Konsumenten beziehen. Heute wurde uns in der Säulenhalle wirklich anschaulich präsentiert, welche Produkte von Fälschung betroffen sind. Die Produkte sind teilweise so gut gefälscht, dass man sich auf den ersten Blick vielleicht gar nicht vorstellen kann, dass es eine Fälschung ist, speziell bei Dingen wie beispielsweise Zahnbürsten, Zahnpasten, Haarshampoos oder Sonstigem.

Wo es dann natürlich schon gefährlicher wird, nebst dem finanziellen Schaden für Unternehmen, Wirtschaft und natürlich auch Arbeitsplätze, ist beim ganzen Aspekt der gefälschten Medikamente. Im Jahre 2012 wurden 182 000 Produkte in einem Gesamt­wert von 4,2 Millionen € aufgegriffen, von den österreichischen Zollbehörden beschlag­nahmt, ein Viertel davon sind gefälschte Medikamente. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass es wahrscheinlich gefälschte Medikamente gibt, die überhaupt gar keine Wirkung zeigen, dann, muss ich sagen, ist das natürlich auch eine Wahnsinnsgefahr, die auf jemandem lastet, der so ein Medikament im Internet bestellt und kauft. Auf der anderen Seite kann ein derartiges Medikament manchmal auch schädliche Nebenwirkungen hervorrufen, wo sich der Käufer, der Konsument wahrscheinlich überhaupt gar nicht vorstellen kann, was ihm blüht. Wer sich die Schautafeln angeschaut hat, hat gesehen, was beispielsweise bei gefälschten Haarshampoos oder bei gefälschten Cremen passieren kann, welche Schädigungen der Haut die Folge sein können.

Ich glaube, dass die Zollbehörden insgesamt da eine sehr gute Arbeit leisten. Das merkt man jedes Jahr, wenn man den Produktpirateriebericht liest. Dass die Zahl der Aufgriffe zurückgeht, ist auch darauf zurückzuführen, dass einerseits die Aufklärungs­arbeit gerade im vierten Quartal jedes Jahres besonders gut läuft; denn man muss sich vorstellen, dass natürlich der Kauf oder der verstärkte Kauf von Fälschungen gerade


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 201

auch in die Weihnachtszeit fällt und somit ins vierte Quartal. Es konnte aber trotzdem im Jahr 2012 insgesamt eine Senkung der Anzahl der Aufgriffe erzielt werden.

Ich glaube, dass gerade mit der Aktionswoche, wo sich hundert Länder angeschlossen haben und wo es in erster Linie um gefälschte Medikamente aus dem Internet gegangen ist, wirklich eine sehr erfolgreiche Operation im Gange war, wo das Zollamt Wien 3 900 Briefe und Pakete kontrolliert hat. Rund 27 Sendungen enthielten 984 illegale Medikamente. Das ist ein wesentlicher Schritt, wie ich meine.

Ich möchte mich hier abschließend bei allen Beamtinnen und Beamten der Zoll­behörden bedanken. Das ist wirklich großartig, eine großartige Leistung. Ich möchte mich aber auch bei den Briefträgerinnen und Briefträgern und bei den Postbediens­teten bedanken, weil auch von diesen sehr viele Sendungen mit gefälschten Medika­menten entdeckt werden, obwohl es manchmal sicherlich nicht so selbstverständlich ist, dass man das gleich erkennt. Also, wie gesagt, auch die Postler sind hier mit hereinzunehmen. Das ist eine gute Sache.

Und ich hoffe, dass wir irgendwann einmal, wenn wir in Zukunft einen Produkt­piraterie­bericht hier besprechen, sagen können, dass die Zahl der Aufgriffe immer weiter zurückgeht. Dann sind wir jedenfalls auf dem richtigen Weg, und das wird uns sicherlich gelingen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


18.56.52

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich fange einmal an mit der Bitte an den Staatssekretär, den Damen und Herren des Zolls wirklich den Dank auszusprechen für die Arbeit, die sie da leisten und die extrem wertvoll ist. Wir haben gehört, dass im Medikamentenbereich mit allem bis zur Gefährdung des Lebens von Personen, die gefälschte Medikamente bekommen, zu rechnen ist.

Ich möchte kurz auf das eingehen, was Kollege Windholz als Erstes behandelt hat, nämlich die Frage, ob es ein Offizialdelikt sein soll. Wir haben im Ausschuss schon damit begonnen, die Problematik zu diskutieren.

Die öffentliche Hand ist hier teilweise Hilfspolizei zur Durchsetzung von dem, was Markenrechtsinhaber haben. Der Umstand, dass dann viele der Dinge, die beschlag­nahmt worden sind, gar nicht endgültig vernichtet werden, liegt auch darin begründet, dass sich oft der scheinbare Rechtsinhaber gar nicht traut, das wirklich durchzusetzen.

Wir haben an der Frage des goldenen Osterhasens darüber diskutiert, ob jedes Recht eines solchen Markeninhabers auch ein schützenswertes ist. Ist es hinzunehmen, dass der Schweizer Konzern sich einen dreidimensionalen goldenen Osterhasen schützen lässt und daraufhin gerichtlich gegen einen kleinen Produzenten im Burgenland vorgeht, der dieses Produkt schon 30 Jahre lange produziert hat, und ein Verbot gegen den erwirkt, dass der seinen Osterhasen, den er seit 30 Jahre so produziert, weiter produziert? Der ist in anderen Ländern eine Fälschung!

Es gibt Telefonhersteller, die ein Gerichtsurteil erwirken, dass ein anderer das Produkt, weil es eine runde Ecke hat, nicht mehr verkaufen darf.

Die Frage ist: Wie weit geht da die öffentliche Hand, die öffentliche Gewalt, wie weit wird sie zur Hilfstruppe von Konzerninteressen?

Daher würde ich diese Dinge mit großer, sagen wir, Vorsicht angehen und würde nicht dem Entschließungsantrag folgen, sondern versuchen, eher graduell weiterzugehen,


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uns die Erfahrungen der Zöllner anzuhören und dann sehr behutsam weiter vorzu­gehen.

Eine gute Nachricht aus dem Ausschuss, die auch dem Plenum zur Kenntnis gebracht werden soll. Dr. Bartenstein hat berichtet, dass das drastisch zurückgehen wird, weil am 23. Juni für berühmte blaue Pillen die Patentfrist endet. Damit werden die Preise sinken und der Schmuggel abnehmen. Ich wusste das auch nicht, dass das Patent für Viagra endet; er wird es, wie ich meine, wissen. Daher wird der Anteil an Schwarz­importen zurückgehen. Also in diesem Sinne dann nächstes Jahr nicht vorwerfen, dass wir weniger Aufgriffe haben! Es gibt einen sachlichen Hintergrund dafür.

Letzter Punkt: Patentrecht, Markenschutzrecht. Wer sich draußen die Ausstellung angeschaut hat, wird festgestellt haben, bei einem Teil der Produkte – ich möchte mir da einen schlechten Scherz erlauben –, würde ich meinen, sollte man nicht nur die Kopie vernichten, sondern gleich die Originale, die nachgebaut worden sind.

Diesen Scherz beiseitelassend: Es geht oft wirklich nur um die Marke und nicht um die technische Werkhöhe. Und wir sollten auch hier in diesem Haus durchaus Folgendes diskutieren: Wir haben kurze Fristen am Patentschutz, der Erfinder ist sehr bald dann lange der Konkurrenz ausgesetzt, der Markenrechtsinhaber oder die Form eines 3D-Musterschutzes hat das de facto unendlich. Und es ist eine Frage, ob das immer richtig ist. Mich würde freuen, wenn wir noch einmal eine Gelegenheit finden, diesen Teil vielleicht auch bei einer Enquete zu diskutieren. Ich bin nicht sicher, ob wir da immer die richtige Position haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


19.00.44

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Frau Kollegin Tamandl hat es schon ausgeführt, die Delikte hinsichtlich Produktpiraterie, also die Aufgriffe, die vom Zoll getätigt wurden, sind im letzten Jahr zurückgegangen. Und das mag schon daran liegen, dass die Aufklärungskampagnen des Ministeriums gegriffen haben, vor allem im vierten Quartal, wo die Weihnachtsbestellungen laufen. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht, aber ich denke einmal, es soll so sein.

Aufklärung in diesem Bereich war schon immer unser Anliegen. Und wenn man jetzt aus diesem Bericht ein bisschen was an Verbesserungsmöglichkeiten herausholen will, dann sei es doch das, dass wir schon seit geraumer Zeit überlegen, die Internetseite, auf der die Informationen zur Produktpiraterie zu entnehmen sind, doch einmal ein bisschen auffälliger zu gestalten, nämlich so, dass man sie auch findet – denn momentan ist sie noch immer eine Unter-Unterseite der offiziellen Seite des Finanz­ministeriums. Und ich glaube, wenn sich die Konsumenten mit so etwas beschäftigen wollen, suchen sie nicht den Begriff Produktpiraterie, sondern sie suchen eher nach Produktfälschung oder dergleichen.

Anstatt das also auf einer Unterseite zu platzieren, wäre es gescheit, es mit einem Schlagwort zu versehen und wirklich so zu platzieren, dass es zu finden ist: „www.produktfälschung.at“ zum Beispiel würde mir da gerade einfallen, und das müsste natürlich entsprechend vermarktet werden. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Wir erkennen an, dass die Informationen jetzt vielleicht besser werden und die Medien­kampagnen auch gegriffen haben. Ich muss nur feststellen, dass nach wie vor ein Riesenanteil der ganzen gefälschten Waren aus Ländern kommt, mit denen es keine Abkommen gibt. Es ist wohl mit China versucht worden, von dort kommt der Hauptteil dieser Produkte her. Nehmen wir die Medikamente aus, weil die kommen interes-


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santer­weise wieder alle aus Indien. Mit China hat es zwar ein Übereinkommen gegeben, eine Zusammenarbeit, die zunächst auf drei Jahre beschränkt war – von 2009 bis 2012 –, wo zwar durchaus erste Erfolge erzielt werden konnten, aber der Weisheit letzter Schluss nicht erreicht wurde. Und jetzt steht man davor, dass das Ganze evaluiert wird und ab dem Jahr 2013 wieder neu in Kraft tritt.

Leider Gottes ist Österreich nicht bei dieser Partnerschaft dabei. Und das ist eigentlich für mich nicht ganz verständlich. Rund 70 Prozent aller aufgegriffenen Sendungen – und das geht aus dem Bericht ganz klar hervor – kommen aus China. Also warum klinkt sich da Österreich nicht mit ein? Das ist nicht ganz nachvollziehbar.

Wenn man heute draußen schaut – und wir haben diese Ausstellung ja nicht zum ersten Mal in der Säulenhalle –, unter welchen Umständen die ganzen Medikamente in Indien produziert werden und welche Gefahren sich daraus ergeben, wäre es einmal spannend, die Frage zu durchleuchten, was uns das Ganze eigentlich durch gesund­heitliche Schäden kostet, also die Folgekosten in unserem Gesundheitssystem durch Medikamente oder gefälschte Pillen oder sonstige „Pulverln“, die bestellt werden, die Menschen zu sich nehmen, daran erkranken oder, wie es im Bericht sogar drastisch dargestellt ist, auch sterben, herauszufinden. Da stellt sich die Frage, ob sich das durch eine Studie einmal erheben ließe.

Warum diese Zusammenarbeit so wichtig wäre, gerade wegen Indien und China, lässt sich vielleicht auch daran dokumentieren, wenn man einen Blick in den Hafen von Neapel wirft. Die Zollbehörden dort geben folgende Zahlen an: Rund 99 Prozent aller Waren, die im Hafen von Neapel gelöscht werden, stammen aus China. Es sind offiziell rund 1,6 Millionen Tonnen an Waren pro Jahr. Zusätzlich, so berichtet der italienische Zoll, werden rund 1 Million Tonnen Waren am Zoll vorbeigeschleust und verschwinden spurlos. Das sind rund 60 Prozent der Gesamtgüter. 20 Prozent der Papiere werden nicht kontrolliert oder können nicht kontrolliert werden. 50 000 Dokumente sind gefälscht, davon stammen 99 Prozent aus China. – Da wäre es wirklich von größtem Interesse, dass sich Österreich in die europäische Idee einer Zusammenarbeit mit China, aber auch mit Indien miteinklinkt. (Beifall bei der FPÖ.)

19.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.05.35

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Der vorliegende Produktpirateriebericht ist aus zwei Gründen von Bedeutung. Einerseits weil die Zahl der Marken- und Produktfälschungen in den letzten Jahren stark zugenommen hat. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist – und das ist besonders bedenklich –, dass eigentlich die stärks­ten Zunahmen im Bereich der Medikamentenplagiate zu finden sind. Etwa 25 Prozent aller Plagiate stammen ja aus diesem Bereich. Und bedenklich ist das aus zwei Gründen. Einerseits aus gesundheitspolitischen Erwägungen, zum anderen aber auch deshalb, weil diese Plagiate – von denen wir schon gehört haben, dass sie vorwiegend aus China stammen – von skrupellosen Fälschern hergestellt werden, unter Produk­tions­bedingungen, die die Standards der Pharmaindustrie, die wir im europäischen Raum haben, bei Weitem nicht erfüllen.

Wenn nun die Zahl der Aufgriffe von 2011 auf 2012 zurückgegangen ist, so kann das sicherlich als ein Erfolg der Zollverwaltung gesehen werden – bei gleichbleibendem Personalstand –, und auch, das hat uns zumindest die Frau Finanzministerin im Aus­schuss berichtet, dass hier die Effizienz der Arbeit der Zollverwaltung gestiegen ist.


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Und ich ziehe wohl – und das steht auch im Bericht drinnen – die Schlussfolgerung daraus, dass die Aufklärungs- und die Informationskampagnen in diesem Bereich bereits zu wirken begonnen haben. Das soll aber nicht bedeuten, dass die Arbeit der Zollverwaltung jetzt nachlassen darf.

Abschließend möchte ich zwei Dinge an den Herrn Staatssekretär ausrichten. Das eine ist einmal der Dank an die Zollbehörden für ihre Arbeit, die sie in diesem Zusam­menhang verrichtet haben, und das andere, Herr Staatssekretär, ist aber die Bitte an Sie, dafür Sorge zu tragen, dass die Zollverwaltung auch in Zukunft nicht lockerlässt in ihrer Arbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.08.07

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich für die bisherigen Debattenbeiträge bedanken, weil sie alle die Ausstellung und die Arbeit der Verwaltung und den Produktpirateriebericht an sich gelobt haben, und auch, da ich bemerke, dass sich der Herr Abgeordnete Jarolim hier auf seine kommende Wortmeldung noch vorbereitet, er wird das sicherlich lobend hervorstreichen.

Aber es ist auch wichtig in diesem Zusammenhang zu betonen, dass es hier nicht um diese Verkäufe beim Strandurlaub in Grado und dergleichen geht. Die sind nur ein Teil des Problems. Marken- und Produktpiraterie ist ein Phänomen, das im globalen Handel immer mehr an Bedeutung oder an Volumen einnimmt und ausufert. Die größte Gruppe – und das ist eine Verschiebung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend zu verzeichnen ist – ist inzwischen diejenige der Medikamente, und dazu gehören dann auch noch Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika und alle diese Dinge.

25 Prozent aller Aufgriffe machen inzwischen Medikamente aus. Da ist natürlich die Nichtwirkung des Medikaments, wenn ein Stückchen Traubenzucker mit einer Farbe angestrichen worden ist, noch die harmloseste Auswirkung. Denn sehr oft ist es auch so, dass hier in der Folge wirklich schwerste gesundheitliche Schäden passieren können. Wer draußen Zeit hatte, sich die Fotos von diesen Produktionsstätten anzu­schauen, der konnte sehen, dass wirklich im eigentlichen Wortsinne Dreck mit Lack so angemalt wird, dass es dann wie ein herkömmliches Medikament ausschaut, aber ganz weit davon entfernt ist.

Es ist aber auch so, dass in einer modernen Volkswirtschaft und in einer modernen globalisierten Wirtschaft natürlich Innovation, Wissen, Know-how und Weiterentwick­lung von Produkten im technischen Bereich, im Design und all diesen Fragen eine zunehmende Bedeutung haben. Daher ist auch der Schutz dieser Innovation, dieses Gedankenguts, dieser Designs und Weiterentwicklungen ein entscheidender Faktor zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der zentraleuropäischen und letztlich auch öster­reichischen Volkswirtschaft. Darum geht es auch.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Zollbehörden, die dafür zuständig sind, setzen auf Kontrolle und im Rahmen der Kontrolle auch auf das, was wir mit „eine Nase dafür haben“ bezeichnen. Das heißt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort aufgrund ihrer Erfahrung auch ganz genau wissen, wo sich eine Kontrolle auszahlt, wo ein größerer Aufgriff zu verzeichnen ist. Das ist diese Erfahrung, die auch von den älteren an die neu aufgenommenen Mitarbeiter weitergegeben wird.

Der zweite Bereich ist Information und Aufklärung. So, wie wir heute auch die Ausstellung hier haben durften, für die ich mich beim Parlament ganz herzlich bedan-


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ken möchte. Aber weil auch die Homepage erwähnt worden ist: Wir hatten im letzten Jahr 18 000 Klicks auf der Homepage im Bereich Produktpiraterie und haben heuer im ersten Quartal bereits 9 000 Besuche auf der Homepage zu verzeichnen, das bedeutet eine Verdoppelung der Besucher in diesem Bereich.

Das dritte Standbein, auf das gesetzt wird, ist Kooperation und Ausbildung und Know-how-Transfer der Zollverwaltungen. Da wird ganz bewusst auf eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Zollbehörden jener Länder gesetzt, wo die hauptsächlichen Aufgriffe herkommen, also Indien, China, asiatischer Raum, weil jedes gefälschte Produkt, das das Herstellerland nicht verlässt, eines ist, das bei uns gar nicht herein­kommen wird. Daher ist auch die Kooperation der Zollbehörden ganz, ganz wichtig.

Es ist schon erwähnt worden: 4,2 Millionen € beträgt alleine der Wert, wenn man den Originalpreis der Produkte berechnet, die im letzten Jahr in Österreich aufgegriffen worden sind. Und das ist schon auch ein massiver wirtschaftlicher Faktor.

Ich darf mich – weil es eigentlich Abgeordnete aller Parteien gesagt haben – nicht nur anschließen, sondern Ihnen auch versprechen, dass ich den Dank an die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der Zollämter, der Zollbehörden, am Flughafen, auf den großen Zolldienststellen, die eben maßgeblich daran beteiligt sind, weiterleiten will, sie machen die Aufgriffe und arbeiten sehr gut. Und ich kann auch den Abgeordneten Rossmann nicht nur beruhigen, sondern auch versichern, wir wissen, was wir an den Zollbehörden haben und werden daher auch schauen, dass sie weiterhin ihre Arbeit tun können. Die Motivation ist dort insofern kein Problem, weil wir höchst motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die es als ihre Aufgabe sehen, im Dienste der Allgemeinheit tätig zu werden. Der Erfolg und diese Diskussion hier werden ihnen auch ein weiterer Ansporn sein.

Ich möchte mich aber Ihrem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch anschließen. Es freut mich auch, dass wir so eine konstruktive und interessante Dis­kussion zu diesem wichtigen Bereich führen konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hörl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.13.28

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Natürlich auch den Dank unserer Fraktion an Ihre Behörde, und danke für diesen Bericht, dem man doch entnehmen kann, dass offenbar die Wirtschaftskrise auch dazu führt, dass es zu verstärkter Piraterie kommt.

Wenn man diesem entnimmt, dass sich das Ganze im weltweiten Handel bis 2015 fast verdreifachen soll, dann sieht man, welche Dimensionen das hat: 2012 wurden 182 000 Produkte von unseren Zollbehörden aufgedeckt, EU-weit waren 115 Millionen Artikel im geschätzten Warenwert von 1,3 Milliarden im Umlauf – also Dimensionen, die schon einen großen Schaden für unsere Wirtschaft und für unsere Konsumenten darstellen.

Es ist ja bereits die Problematik mit den Medikamenten, Kosmetika, aber natürlich auch anderen Produkten angesprochen worden. Und man könnte fast zynisch anmerken, der Stolz der Chinesen, von den Besten zu lernen, trifft deshalb auch Österreich, weil wir hier auch sehr gute Produkte haben, wie KTM-Mopeds und Schilifte. Herr Neubauer, Sie kennen sich ja mit Schiliften nicht so gut aus, aber gerade auch hier wurden in China 200 fixgeklemmte Doppelsessellifte gefunden. Doppelmayr hatte 1986 zwei Technologiepakete an eine chinesische Firma verkauft, sechserkuppelbare Bahnen und Doppelsessellifte.


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Das Ganze ist aber nicht richtig zum Laufen gekommen. Erst Jahre später ist Doppel­mayr draufgekommen, dass es bereits über 200 solche von Dorfschmieden und kleinen Firmen in China hergestellte Anlagen gegeben hat. Die kuppelbaren Anlagen mussten sie allerdings in Österreich bestellen, denn sie waren nicht in der Lage, diese selber zu produzieren.

Es ist also wichtig, dass wir unsere Betriebe, unseren Wirtschaftsstandort schützen, Innovation, Kreativität und Erfindergeist unserer Unternehmungen, aber auch unserer guten Facharbeiter. Denen verdanken wir unseren Wohlstand. Qualität und Verläss­lich­keit ist auch eine unserer Erfolgsquoten. Und angesichts der hohen Produktions- und Standortkosten in unserem Hochsteuerland – einige von Ihnen glauben ja, dass man das nach wie vor noch erhöhen kann, dass man Leistungen noch mehr belasten kann, dass man Energiepreise, Umweltstandards für den Standort noch teurer machen kann – glaube ich, ist es ganz wichtig, dass wir mit unseren Mitarbeitern und den Unternehmern hier auch die Kreativität weiter fördern.

Wie gut es um die Innovationskraft der heimischen Wirtschaft steht, das entnimmt man auch der Tatsache, dass 2 522 Patente in Österreich angemeldet wurden. Das ist ein Plus von 5 Prozent, und wenn man auch die Anmeldungen beim Europäischen Patentamt dazuzählt, noch einmal 8 Prozent, 1 879 Patente. Wir können also stolz auf unsere Wirtschaft sein, und es gilt hier, diese geistigen Eigentumsrechte zu schützen.

Kollege Matznetter ist ja nicht hier; er pflegt in letzter Zeit immer wieder, unsere Finanz­ministerin zu kritisieren. Herr Staatssekretär Schieder, Sie machen hervor­ragende Arbeit (Abg. Mag. Gaßner: Wo er recht hat, hat er recht!), aber das ist noch lange kein Grund, dass der Herr Matznetter ständig in ungalanter Weise unserer Finanzministerin vorschreibt, man möge Sie besser einsetzen in Brüssel.

Ich sage Ihnen, unsere Finanzministerin ist respektiert, auch gefürchtet, hier, in Brüssel, bei der Piraterie, bei der Steuer und auch bei der Opposition. (Abg. Riepl: Wenn sie nach Brüssel kommt, freuen sich immer alle!) Das ist gut so und das soll so bleiben, und wir sind stolz auf sie. (Beifall bei der ÖVP.)

19.16

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungs­punkt ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.17.05

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man kann nach all dieser Diskussion nicht mehr allzu viel sagen.

Nur zur letzten Wortmeldung: Ob das jetzt aus dem Kompetenzbereich ist oder nicht, Tatsache ist jedenfalls, dass bei der internationalen Diskussion um das geistige Eigen­tum und auch für diese umgesetzte Richtlinie – und der Bericht trifft das ja heute – von der Zuständigkeit her unser Staatssekretär hier zuständig ist und auch – und das wissen all jene, die sich mit der Materie wirklich befasst haben – in einer sensationellen Art und Weise hier in Europa das Meinungsklima prägt. Wir wollen (in Richtung Regierungsbank) dir hier also herzlich danken für diese großartige Leistung, die du für Österreich erbringst. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist in der Tat so, dass man natürlich jede Kreativität schützen muss und dass es für jeden Industriestandort sehr wichtig ist, entsprechend vorzugehen. Auf der anderen Seite – und das sagt der Staatssekretär in den internationalen Verhandlungen ja immer wieder – ist es auch wichtig, dass geistiges Eigentum auch wieder mit einer ent­sprechenden Verantwortlichkeit ausgeübt wird. Und wenn also heute vom Kollegen Matznetter der Fall des Osterhasen, wo im Burgenland gegen Lindt dieser Patentstreit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 207

geführt wurde, zitiert worden ist, so muss man sich natürlich auch beispielsweise Indien anschauen, da gab es ja die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, wie Aids-Mittel eingesetzt werden, wie sie eingesetzt werden sollen, dürfen und welche Verantwortlichkeit da eigentlich resultiert. Es gibt hier eine Art gesellschaftlichen Gesamtkontext für das geistige Eigentum, der mit zu berücksichtigen ist.

All das, diese Verhältnismäßigkeit, immer wieder darauf hinzuweisen und zu schauen, dass wir auch mit den strafrechtlichen Normen gerade in diesen Grenzbereichen nicht über das Ziel schießen, ist auch das Ergebnis der Tätigkeiten unseres Staatssekretärs. Und in dem Sinne möchte ich hier wirklich nochmal herzlich danken. Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

19.19.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, den vorliegenden Bericht III-405 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Windholz, Kollegin und Kollegen betreffend Verschärfung der Produkt­pira­terie­bekämpfung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

19.20.05 7. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (2300 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsan­walt­schaft, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleich­stellungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (2326 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1498/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend systematische Erfassung der zum Gleichbehandlungsgesetz ergangenen Entscheidungen (2327 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1988/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beweislast im Gleichbehandlungsgesetz (2328 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 208

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Winter. Wunschgemäß sind 3 Minu­ten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


19.21.15

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen! Wow, als Erstrednerin zu Themen meines Lieblingsausschusses sprechen zu dürfen, ich würde sagen, das hat schon etwas. Aber was heißt schon Erstredner oder Letztredner, im Prinzip ist das doch völlig egal, wenn man bedenkt, wie mit den Vorschlägen, den Anträgen und, und, und der Opposition umgegangen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Punkt 7 der heutigen Tagesordnung eigentlich nur jene Argumente bringen, die uns dazu veranlasst haben, diesem Tagesordnungspunkt nicht zustimmen zu können. Es handelt sich dabei um eine EU-Richtlinie, die in unser österreichisches Recht transformiert werden muss, und darin sind Bestimmungen enthalten, die wir grundsätzlich ablehnen müssen. Ablehnen müssen deswegen, weil wir meinen, dass es hier doch zu einem sehr starken Eingriff einerseits in das Vertragsrecht und in die Vertragsfreiheit kommt – damit meine ich die § 33 ff, in denen es um den Diskriminierungsschutz geht –, andererseits in das Eigentumsrecht des Vermieters, da es für den Vermieter als solchen nicht mehr möglich sein soll, frei zu entscheiden, wem er seine Wohnung vermietet oder nicht, wem er diesen Wohnraum anbietet oder nicht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Danke für Ihren Zwischenruf. Wir sind der Meinung, es kommt zum Kontrahie­rungs­zwang. Bezüglich der Definition des Kontrahierungszwanges, können Sie mir da helfen, Frau Silhavy? – Nein, vermutlich nicht. Kontrahierungszwang ist die rechtliche Verpflichtung, Rechtsverhältnisse einzugehen. Und das ist eindeutig gegen die Vertragsfreiheit, die in unserem Rechtssystem sehr wohl vorhanden ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Es gibt noch mehrere derartige Vorschriften, deswegen können wir diesem Tagesord­nungspunkt auch nicht zustimmen.

Was wir nicht wollen, ist das sogenannte Levelling-up, denn da kommt es zu über unionsrechtliche Verpflichtungen hinausschießenden Anpassungen. Das geht auch nicht. Da sind wir dagegen. Da hilft es auch gar nichts, dass es positive Entscheidun­gen oder positive Beschlüsse gibt, wie zum Beispiel, dass die Fristen für die Geltend­machung von Ansprüchen bei sexueller Belästigung auf ein beziehungsweise drei Jahre verlängert werden.

Zum Punkt 9 möchte ich noch eine kurze Bemerkung machen. Da gibt es einen negativen Ausschussbericht, und dem können wir zustimmen, und zwar deswegen, weil wir sagen müssen, eine Umkehr der Beweislast entspricht einfach nicht unserem österreichischen und unserem europäischen Strafrecht.

Derzeit muss der Kläger die Diskriminierung glaubhaft machen. Wenn es zur Umkehr der Beweislast käme, müsste sich der Beschuldigte freibeweisen. Wie soll das gehen?  Diskriminierung erfolgt nicht immer im öffentlichen Raum. Das heißt, es kann dadurch auch sehr wohl aufgrund einer Verleumdung zu einer Verurteilung kommen, die wir gar nicht haben wollen.

Einen Satz noch zum Schluss, da heute so viel über Demokratie und Freiheitsrechte und die Erweiterung aller möglichen Vorschriften, damit die österreichische Bevölke­rung mehr Zustimmungsrecht hat als bisher, gesagt wurde. – Das war doch eine der großen Debatten. Ich möchte dazu ein Zitat von Wolfgang Schäuble bringen, der – erst vor ein paar Tagen – gesagt hat, Europa müsse zentralisiert werden, und es bräuchte nur ein Parlament, es seien noch zu viele Parlamente, die etwas zu reden hätten. Das solle nicht Sinn der EU sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 209

In diesem Zusammenhang richte ich an die rote Fraktion, an Klubobmann Cap einen recht herzlichen Gruß. Kollege Cap, geben Sie dem von Ihrer Fraktion gestellten Bundeskanzler doch bitte zur nächsten Bilderberg-Konferenz mit, dass Sie gemeint haben, Sie seien für eine Stärkung der nationalen Staaten. (Beifall bei der FPÖ.)

19.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Wurm. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.25.42

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Hundstorfer! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte jetzt zur Änderung, zur Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes Stellung nehmen und betonen, dass auch verschiedene andere Gesetzesmaterien mit dieser Novelle geändert werden. Es geht darum, dass dieses Österreich gerechter wird, gerechter zwischen den Ge­schlechtern, gerechter auch für jene, die behindert sind. Dazu möchte ich jetzt sprechen.

Wenn Kollegin Winter gesagt hat, dass sie dem Levelling-up sozusagen nicht zustimmen kann, dann muss ich dem entgegenhalten, dass dies leider nicht Bestand­teil der Gesetzesmaterie ist.

Warum haben wir uns mit unserem Koalitionspartner geeinigt, zu dieser Gesetzes­novelle Ja zu sagen? – Weil wir die Politik der kleinen Schritte auch hier gehen. Und da geht es darum, dass die Situation der Frauen in unserem Land schlicht und einfach verbessert werden soll. Es sind unter anderem Kleinigkeiten, die geändert werden. Für das Individuum, für die Frau, die sich zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt bewegt und nicht genau weiß, wie hoch der Lohn, das Mindestentgelt ist, das sie erhalten kann, weil es für ihren Beruf, für ihre Profession noch keinen Kollektivvertrag gibt, ist es wichtig, dass das jetzt auch in den Stelleninseraten verankert werden muss. Geschieht dies nicht, zieht dies eine Strafe nach sich.

Das ist für diese Personengruppe eine wichtige Maßnahme, damit sie nämlich weiß, was bezahlt wird, was sie fordern kann, damit sie die Verhandlungsbasis kennt. Das ist daher ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Ein weiterer Punkt in dieser Gesetzesnovelle ist, dass die Geltendmachungsfrist im Falle von sexueller Belästigung von einem Jahr auf drei Jahre verlängert wird. Und auch das ist insofern eine wichtige Neuerung, als genau bei diesen Tatbeständen, bei diesen Vorkommnissen sehr viele Frauen oder auch Männer Scheu haben, das dann sozusagen entsprechend dem Vergehen einzuklagen. Es dauert oft eine bestimmte Zeit, bis sie den Mut gefunden haben, in diesem Fall zur Gleichbehandlungsanwalt­schaft zu gehen.

Damit wird dem Wunsch der Gleichbehandlungsanwaltschaft, dem Wunsch jener, die belästigt werden, Rechnung getragen. Und auch das ist eine Verbesserung für sehr viele Frauen, die es trifft. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Kavaliersdelikt. Das soll mit diesem Gesetz einmal mehr verankert und verdeutlicht werden. Es ist keine Seltenheit. Das sehen wir auch immer wieder bei den verschiedenen Fällen, die die Gleichbehandlungsanwaltschaft behandeln muss.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Wir sind bestrebt, dass die Kommission kleiner wird, und das heißt dann auch in diesem Zusammenhang, dass die Verfahren kürzer dauern sollten, also dass sie maximal ein Jahr dauern sollen, damit schneller Recht gesprochen wird. Wer schnell hilft, hilft doppelt. Auch das ist ein Grundsatz, der wichtig ist und dem mit dieser Novelle entsprochen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 210

Weiters: Etwas, was zwar schon gemacht, aber jetzt auch noch im Gesetz verankert wird, ist, dass sich der Bundeskanzler, die Bundeskanzlerin jährlich mit NGOs treffen soll, um über den Stand der Gleichbehandlung in unserem Land zu sprechen. Das Gleiche gilt auch für den Sozialminister. Auch das wurde in der Vergangenheit schon gemacht, nur haben wir es jetzt in diesem Gesetz verankert.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen bezüglich des soge­nannten Levelling-up: Da geht es darum, dass niemand aufgrund des Geschlechts, aufgrund des Alters, aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert werden soll. Da hätten wir uns gewünscht, dass wir auch mit dieser Novelle etwas gemeinsam zu­stande bringen. Das ist leider nicht gelungen. Das ist ja nicht so ein Novum in unserer Gesetzesordnung oder in unterschiedlichen Gesetzen, wenn ich mir nur zum Beispiel die Gewerbeordnung anschaue. Auch da darf niemand zum Beispiel aufgrund der Ethnie oder der Rasse diskriminiert werden.

Dass das sogenannte Levelling-up, nämlich der Diskriminierungsschutz für alle Grup­pen – seien es nun Schwule oder Lesben, sei es nun, dass aus Altersgründen diskri­miniert wird – nicht gelungen ist, finde ich schade. Wir werden natürlich weiter ver­suchen, das Bundesgesetz auf den Stand zu bringen, auf dem auch die anderen acht Bundesländer sind. Es ist nur ein Bundesland, das keine entsprechenden Gesetze beschlossen hat, nämlich Niederösterreich. Alle anderen Bundesländer haben zum Beispiel in ihren Wohnungsrichtlinien solche Bestimmungen verankert.

Wir beschließen heute eine Reform, eine Novellierung, die notwendig ist. Ich bin froh darüber, die nächsten Schritte werden sicher wieder folgen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.31.20

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Werte Frau Ministerin! – Es ist niemand mehr auf den Zuschauerrängen! Ich möchte gar nicht wissen, wie Sie, Frau Abgeordnete Winter, Ihre spitzlustige Bemerkung: wow, mein Lieblingsausschuss!, gemeint haben. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht Ihr Lieblingsausschuss ist und dass Sie das Thema nicht besonders ernst nehmen. Ich hätte mir auch nicht erwartet, dass Sie Gleichbehandlung insgesamt sehr ernst nehmen.

Ich möchte festhalten, dass wir dem vorliegenden Gesetzentwurf einiges abgewinnen können. Es ist viel Positives drinnen. Besonders wichtig ist – das wurde schon erwähnt – die Ausdehnung der Verjährungsfrist bei sexueller Belästigung auf drei Jahre. Es gibt aber auch Änderungen bei der Behandlung der Struktur der Gleich­behandlungsanwaltschaft, beim Senat. Das sind Dinge, die jetzt abstrakt klingen, die aber in der Rechtsausübung, nämlich dass Frauen und Männer um ihr Recht kämpfen und es durchsetzen können, sehr wesentlich sind und einen großen Unterschied ausmachen. Deswegen werden wir dem auch zustimmen. Wichtig sind auch der Diskri­minierungsschutz für Selbständige und die Mindestgehaltsangaben in den Stellenanzeigen.

Es gibt insgesamt viel Positives, es ist aber trotzdem etwas festzuhalten, was ich ein bisschen der SPÖ vorwerfen würde. Das hat auch die Volksanwaltschaft am selben Tag, an dem wir den Ausschuss gehabt haben, festgehalten. Was Diskriminierungen anbe­langt ist es einfach noch immer ein ziemlicher Paragraphendschungel mit unter­schiedlichen Levels. Es ist unzugänglich, es ist schwer verständlich. Insofern bietet es


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nicht die entsprechende Klarheit für Menschen, die diskriminiert werden. Besonders da sollten sie schnell und verständlich den Durchblick haben.

Ich möchte auch darauf eingehen, was nicht drinnen ist. Ich glaube, das ist die zweite oder dritte Novelle, von der wir erwarten, dass das sogenannte Levelling-up drinnen ist. Das klingt sehr abstrakt, es geht aber um nichts anderes, als um diesen Unterschied bei den Diskriminierungsgründen und den Bereichen. Wenn es um die Arbeitswelt geht, gibt es in allen Bereichen den gleichen Schutz. Wenn es um den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen geht, also zu ganz konkreten Dingen im Leben, gibt es unterschiedlichen Schutz. Da wird ein Unterschied dahin gehend gemacht, ob es ums Geschlecht geht, um die ethnische Zugehörigkeit, um das Alter, um die sexuelle Orientierung, die Religion oder die Weltanschauung. Sie haben es schon gesagt, Frau Kollegin.

Das heißt, da geht es um ganz Konkretes im Leben. Deswegen verstehe ich das gerade von der ÖVP nicht. Alle Stellungnahmen in Bezug auf diesen Entwurf waren sehr wohlwollend und positiv, auch von der Wirtschaftskammer und aus allen Bereichen der Sozialpartnerschaft. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Sie sich noch immer sträuben, bei diesem Levelling-up mitzustimmen.

Es geht darum, dass es einen Unterschied macht: Wenn wir zum Beispiel einen Vermieter, eine Vermieterin haben, die ein Paar aufgrund ihrer Hautfarbe zurückweist, dann kann dieses Paar rechtliche Schritte ergreifen und um ihr Recht kämpfen, dass es offensichtlich aufgrund seiner Hautfarbe abgewiesen wurde. Wenn dieses Paar homosexuell ist, und der Vermieter oder die Vermieterin sagt, sie will sie nicht haben, weil sie lesbisch beziehungsweise schwul sind, dann hat dieses Paar keine Möglichkeit, rechtliche Schritte zu ergreifen.

Diesen Unterschied verstehen wir nicht. Bitte, erklären Sie uns in einer der nach­folgenden Reden, warum das für Sie so relevant ist! Warum wird ein Unterschied gemacht beziehungsweise immer vorgeschoben, dass es ein zu großer Eingriff in die Privatsphäre ist? Es ist schön, dass das die FPÖ jetzt auch nachredet. Ich glaube, Sie hätten grundsätzlich Probleme damit. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Haben Sie eine Glaskugel mit?) Gerade wenn es so eine Einigkeit von allen Sozialpartnern gibt, hätte ich mir von der ÖVP erwartet, dass es endlich dieses Levelling-up gibt und Schutz aller diskriminierter Menschen gegen alle Diskriminierungen erfolgt. (Beifall bei den Grünen.)

Noch eine Klarstellung: Es geht um keine EU-Richtlinie. Es ist einfach so, dass zum Beispiel der UN-Menschenrechtsrat schon dringend empfohlen hat, das in Österreich umzusetzen. Es gibt Länder, nämlich mittlerweile 17, die das einfach auf Empfehlung der Kommission umgesetzt haben. Also schauen Sie sich vielleicht künftig vorher an, ob es um eine Richtlinie geht, ob Sie gleich EU-Bashing mitmachen oder nicht.

Es geht einfach um eine ganz klare Alltagsdiskriminierung, die nicht einzusehen ist. Es ist nicht einzusehen, warum die weiter gesetzlich festgehalten werden muss, warum gesetzlich ein Unterschied gemacht wird, ob es um alte Menschen, um Religion, um sexuelle Orientierung, um Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit geht. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Aber das ist wieder ein Kapitel, mit dem Sie offensichtlich ein großes Problem haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 212

19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.36.23

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Vorred­nerinnen sind schon im Detail auf die Punkte, die wir im Gleichbehandlungsausschuss zur Beratung und Beschlussfassung hatten, eingegangen.

Ich möchte sagen, dass wir im Gleichbehandlungsausschuss in den letzten Jahren unter der Führung von Kollegin Wurm sehr produktiv gearbeitet haben. Wir Frauen­sprecherinnen haben über Parteigrenzen hinweg immer wieder einen Konsens gefunden. Das sollten wir auch hervorkehren! Auch im Hinblick auf die Wahlen im Herbst hoffe ich, dass wir das eine oder andere, das ansteht, noch erledigen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Levelling-up: Ganz klar, wir, die Volkspartei, diskriminieren niemanden. Aber es kann nicht sein, dass wir den einen vor Diskriminierung schützen und das dem anderen zumuten. Das ist eine ganz klare Linie, die wir haben. Es ist ganz klar, dass wir auch jene schützen müssen – ich nenne jetzt ein kleines Beispiel –: Einer Wirtin, die vier, fünf Fremdenzimmer vermietet, müssen wir dann vorschreiben, wen sie einquartieren darf und wen nicht, und vieles mehr.

Liebe Kollegin Schwentner, du weißt, ich schätze dich sehr, aber: Diese Richtlinie liegt auf europäischer Ebene auf Eis. Das möchte ich auch dazusagen. Daher sollten wir es auch dort belassen, wo es hingehört, nämlich bei der Richtigkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Gleichbehandlungsgesetz ist mittler­weile 20 Jahre alt. Wir haben ja im März in der Plenarsitzung auch ein wenig darüber referiert beziehungsweise uns gefreut, dass es dieses Gleichbehandlungsgesetz gibt, wenngleich wir nach wie vor Handlungsbedarf haben.

Wir müssen uns heute schon die Frage stellen: Wo hapert es denn? Wo fehlt es denn? Warum haben wir nicht die Gleichstellung der Frauen, die Gleichberechtigung der Frauen? Ich gebe hier der Frau Ministerin Heinisch-Hosek recht und sage: Gleich­berechtigung, Gleichbehandlung gilt selbstverständlich für Frauen und Männer. Tatsache ist aber, dass es in unserem Land viel mehr die Frauen trifft. Tatsache ist auch, dass wir zum Teil wissen, woran es scheitert, aber die Lösungen nicht wirklich parat haben.

Ich sage: Frauen brauchen die bestmögliche Ausbildung. Die haben sie, die bekom­men sie auch, wenn sie sie wollen. 54 Prozent der Uni-Absolventen sind Frauen. Darauf können wir stolz sein, nur in den Spitzenpositionen finden wir sie dann nicht mehr.

Wir brauchen für unsere Frauen in Österreich einen sicheren Arbeitsplatz. Das haben wir zum Teil, aber auch in diesem Bereich ist noch einiges zu tun. Ganz wesentlich ist ein Arbeitsplatz, der auch flexible Arbeitszeiten beinhaltet. Gerade flexible Arbeits­zeiten geben ganz einfach Ruhe und Balance im Erwerbs- und Familienleben. Ich bekenne mich, und wir von der Österreichischen Volkspartei bekennen uns zur Teilzeit­arbeit. Frauen und Männer sollen ihre außerhäusliche Erwerbstätigkeit selbst einteilen können. Sie sollen sich das in der Familie, aber auch mit ihren Unternehmern, mit ihren Chefs, ausmachen können.

Genauso sollen sie sich ihre Zeit mit der Familienarbeit selbst ein- und aufteilen können. Genau das ist es, was wir brauchen. Mütter und Väter brauchen vor allem auch Zeit für ihre Kinder. Sie brauchen aber auch Zeit für sich selbst. Auch da – wir kennen die Burn-out-Rate bei uns – ist vieles zu tun. Wir müssen Erleichterungen schaffen, wir müssen die Rahmenbedingungen für Frauen und Männer noch wesent­lich verbessern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 213

Das heißt, dass diese Arbeitszeiten nicht nur in Teilzeit zu sehen sind, sondern auch in flexibler Arbeitszeit. Das alles ist zu tun, damit die Unterstützung für Frauen, vor allem für jene Frauen, die die Verantwortung für Kinder übernehmen und übernommen haben, noch größer und besser wird.

Wir haben mit der Bildungsteilzeit einen großen Schritt gesetzt. Wir haben mit der Reform der Pendlerpauschale vor allem zugunsten der Pendlerinnen – Teilzeitkräfte sind vor allem Frauen – einen Schritt gesetzt. Wir haben auch die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld angehoben. Nun steht eine weitere beim einkommens-abhängigen Kinderbetreuungsgeld an.

Dennoch brauchen wir mehr: Wir brauchen eine steuerliche Entlastung der Familie, denn Kinder kosten Geld. Kinder sind auch einem Wettbewerb in Kindergarten und Schule ausgesetzt. Daher fordern wir, die Volkspartei, einen Kinderfreibetrag von 7 000 € pro Kind und Jahr für die Familien ein. Das muss möglich sein. Das müssen und wollen wir uns auch leisten.

Wir brauchen aber auch, um den Frauen die Wertigkeit ihrer Mutterarbeit entsprechend zu dokumentieren, ganz einfach die pensionsbegründenden Maßnahmen, die zu setzen sind, vier Jahre für jedes Kind. (Abg. Silhavy: Und was kostet das?) Ich hoffe, dass wir das in der neuen Legislaturperiode zustande bringen, ganz gleich, welches Geburtsdatum das Kind aufweist. Jedes Kind hat seine Wertigkeit. Jedes Kind ist eine enorme Verantwortung für Mütter und Väter. Daher wollen wir das auch.

Genauso wollen wir aber auch den Ausbau der Pflegefreistellung für Mütter und Väter, ausgedehnt auch auf die Großeltern, einfach auf die Familie. (Abg. Silhavy: Was kostet das alles?) Da ist uns ein erster Schritt gelungen, nämlich dass das für außer­häuslich wohnende Partner und Eltern bereits zutrifft. Wir wollen eine Erweiterung der Pflegefreistellung auf zwei Wochen für jedes Kind.

Liebe Kollegin, natürlich kostet es Geld, selbstverständlich. Die Frage in unserer Gesellschaft in Österreich ist, welchen Wert wir den Familien in unserem Land geben. Ich sage das jetzt als Frauensprecherin der ÖVP und als Bürgermeisterin. Welche Wertschätzung geben wir den Müttern und Frauen, aber auch den Männern, in unserem Land? Das ist die Frage, die wir auch im Herbst nach der Wahl zu beant­worten haben werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haubner zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.42.14

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde keine wahlkämpfende Ankündigungsrede wie Kollegin Schittenhelm halten. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Ich denke, wir sollten uns mit dem befassen, was vorliegt, und nicht immer das glauben, was angekündigt wird. (Neuerlicher Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das vorliegende Gleichbehandlungsgesetz wurde 2004 erstmals beschlossen und hat schon einige Novellierungen und Ergänzungen hinter sich: 2005, 2008, 2011. Heute wird es, so kann man sagen, zum vierten Mal novelliert. Es ist schon angesprochen worden, dass es in der Lesbarkeit immer schwieriger wird. Man sollte sich wirklich in der nächsten Legislaturperiode genauer anschauen, wie man das Gesetz leichter lesbar machen und vereinfachen kann.

Dass es natürlich immer wieder weiterentwickelt werden muss, zeigen auch die Be­schwerdefälle, die gerade im Bereich der Arbeitswelt jedes Jahr aufkommen und auffallen, vor allem was den beruflichen Aufstieg und die Diskriminierung bei beruf-


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lichem Aufstieg betrifft. Es sind in etwa 200 Beschwerdefälle. Daher muss man immer wieder schauen, was man besser machen kann, damit diese Beschwerdefälle weniger werden.

Wir bewerten das, was vorliegt, grundsätzlich positiv. Es wurde schon von meinen Vorrednerinnen gesagt, dass vor allem der Geltungsbereich erweitert wurde. Bisher war es nur für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen möglich. Jetzt soll es auch auf Selbstständige bei Gründung und Erweiterung von Unternehmen ausgeweitet werden.

Die Frist bei Geltendmachung von Ansprüchen wird verlängert und ausgedehnt. Das ist ganz klar, denn gerade diskriminierende Delikte sollen eine längere Verjährung haben. Weiters wird die Verpflichtung zur Angabe von Mindestentlohnung ausgedehnt, vor allem für jene Bereiche, in denen es keinen Kollektivvertrag gibt. Man gibt zumindest bekannt, woran bei der Bezahlung gedacht wird.

Was für uns auch sehr wichtig ist, ist die Verkleinerung der Senate, um einfach die Verfahren zu verkürzen und die Wartezeiten zu reduzieren. Bis jetzt wurde noch nicht angesprochen, dass das Behinderteneinstellungsgesetz auch an das Gleichbehand­lungs­gesetz angepasst wurde.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Im Ausschuss haben wir eine sehr emotionale Debatte zwischen ÖVP, SPÖ und Grünen gehabt was das Levelling-up betrifft. Das ist nicht im Gesetz drinnen, darüber wird heute nicht abgestimmt. Aber ich möchte als Vertreterin des BZÖ sagen, dass wir ein klares Ja gegen jede Art von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, der Weltanschauung, der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechtes oder der Behinderung sagen. Daran ist kein Zweifel, da brauchen wir nicht zu diskutieren. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber wir sagen ein klares Nein gegen jede weitere überbordende Regulierung, die in die Freiheits- und Grundrechte des Einzelnen einwirkt, vor allem wenn es um verschiedene Dienstleistungen geht.

Ich würde vorschlagen, dass wir in der neuen Legislaturperiode dieses Thema im Gleich­behandlungsausschuss noch einmal ohne große Emotionen und sachlich diskutieren und dann zu einer Entscheidung, wie immer sie ausschaut, kommen. Das soll vor allem im Hinblick darauf sein, dass das von neun Bundesländern bereits acht umgesetzt haben.

Wir werden dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung geben. Ich mache es wegen der vorgerückten Zeit ganz kurz: Wir werden auch ein Ja zur systematischen Erfas­sung der Gleichbehandlungsentscheidungen geben, also dem Antrag der Kollegin Unterreiner zustimmen. Dem Antrag der Kollegin Schwentner werden wir nicht zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.46.36

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu der Novellierung wurde von meinen Vorrednerinnen schon einiges gesagt. Wir stehen dieser Änderung ambivalent gegenüber. Ich möchte aber vorweg gleich sagen, dass wir dieser Novelle zustimmen, da die positiven Aspekte die negativen überwiegen.

Ich möchte einige Punkte ansprechen: Positiv zu erwähnen sind die Stelleninserate. Sie sollen dahin gehend novelliert werden, dass sie auf jene Bereiche erweitert


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 215

werden, für die derzeit keine lohngestaltete Vorschrift zur Anwendung kommt, sprich der Mindestlohn muss angegeben werden.

Ein positiver Punkt ist, dass im Behindertengleichstellungsrecht die Anhebung des Schutzniveaus analog umgesetzt werden soll. Das ist verankert.

Die Verkleinerung der Senate der Gleichbehandlungskommission wurde ange­sprochen. Daraus soll ein Vorteil für Betroffene erwachsen, da sie nicht mehr vor so einer großen Kommission sprechen und ihre Anliegen vorbringen müssen. Das wird vielleicht auch die Scheu der Betroffenen etwas mildern. Das sehen wir als positiv an. (Beifall des Abg. Markowitz.)

Die Verkürzung der Verfahren, die damit einhergehen soll, sehen wir ebenfalls positiv. Die Verfahren dauern derzeit 18 Monate oder sogar länger. Sie sollen nun auf maximal zwölf Monate reduziert werden.

Unklarheiten bezüglich der Befugnisse der Mitglieder sollen mit dieser Novelle beseitigt werden. Jetzt hätte ich eine Frage: Wie wurde das denn bisher gehandhabt? Wie ist bisher mit diesen Unklarheiten, die es anscheinend gibt, umgegangen worden?

Was ich nicht ganz verstehe, ist, warum es gesetzlich geregelt werden muss, dass Treffen des Bundeskanzlers mit NGOs regelmäßig stattfinden sollen. Dasselbe gilt für den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und Behinderten-NGOs. Warum das gesetzlich geregelt wird, verstehe ich nicht, da es ja jetzt schon der Fall ist, dass es diese Treffen gibt.

Der Evaluierungszeitraum wurde mit 2019 festgelegt. Ich finde, das ist etwas zu lange. Das sollte vielleicht auch früher angesetzt werden.

Positiv und auch negativ angesprochen wurde die Erweiterung der Verjährungsfrist bei sexuellen Belästigungen von einem Jahr auf drei Jahre. Diesen Punkt kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Ich glaube, dass sich der Betroffene, wenn eine sexuelle Belästigung stattfindet, gleich meldet und nicht erst ein, zwei, drei Jahre später draufkommt, dass er sexuell belästigt worden ist, weder die Frau noch der Mann. Also diesen Punkt sehe ich auch als negativ.

Aber summa summarum kann ich sagen, dass wir dieser Novelle zustimmen, da die positiven Aspekte überwiegen. Anmerken möchte ich noch, dass wir grundsätzlich zu viele Gesetze und zu viel Verwaltung haben, dass sie kompliziert sind, dass sie schwer lesbar sind. Eine Vorrednerin hat das schon angesprochen. Wir sollten es in der nächsten Legislaturperiode angehen, die Gesetze zu durchforsten, lesbarer und auch für den Bürger einfacher zu machen! – Danke. (Beifall des Abg. Markowitz.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Unter­reiner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.50.10

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte eine Vorgangsweise anprangern, die dieses Hauses unwürdig ist. Ich möchte anprangern, wie die Regierungsparteien mit dem kreativen Potential der Opposition umgehen. Es geht mir um die Art und Weise, wie man mit den Anträgen der Oppositionsparteien umgeht. Um Initiativen und politische Vorhaben der Opposition zu schmälern, werden Anträge beinhart und ganz bewusst ausgebremst.

Die Arbeit der Opposition besteht ja nicht nur daraus, Vorhaben der Regierung zu kritisieren oder abzulehnen. Wir Freiheitliche beweisen mit unseren Anträgen ganz im Gegenteil, dass wir Österreich gestalten wollen. Die Bevölkerung weiß aber wenig


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davon. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Schwentner: Das hat sich noch nicht herumgesprochen!) – Naja, Sie lachen, aber Sie sind genauso betroffen, liebe Kollegin Schwentner. Auch Ihre Partei ist eine Oppositionspartei, und Sie werden dieses Vorgehen auch kennen.

Ich erkläre jetzt warum: Es geht darum, dass ein Großteil der Anträge ausschließlich in den Ausschüssen behandelt wird und nie ins Plenum kommt. Dadurch werden sie in der Öffentlichkeit nicht diskutiert. Liebe Frau Kollegin Schwentner, Ihr Hohngelächter war fehl am Platz. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, die Regierungsparteien verstehen es sehr wohl, mit Manipulation zu erreichen, dass die Arbeit nicht nach außen dringt. Ich nenne jetzt eine Zahl, nur damit Sie sich vorstellen können, was ich damit meine. Meine Fraktion hat in dieser Legislaturperiode 1 591 Anträge eingebracht. (Beifall bei der FPÖ.) Ich habe die der anderen Parteien nicht gezählt, aber ich nehme an, die waren vielleicht auch fleißig.

Frau Schwentner, Ihr Hohngelächter war falsch. (Abg. Mag. Schwentner: Sie wissen ja gar nicht, warum ich gelacht habe!) Das heißt, ein Großteil wird, wie schon gesagt, vertagt, verschoben, schubladisiert. Das ist unwürdig dieses Hauses! (Beifall bei der FPÖ.)

Somit wird die Arbeit schon in den Ausschüssen abgewürgt. Was ich dann ganz besonders kritisieren möchte, ist, dass die Anträge, die von uns kommen, so gut sind, dass man es nicht wagt, sie abzulehnen. Deswegen schickt man sie ganz einfach in andere Ausschüsse. Da werden sie oft dreimal vertagt. Sie gehen sogar über ganze Legislaturperioden hinaus. Man muss sie dann in der nächsten wieder einbringen. Also ich muss schon sagen, das ist eine Schande für dieses Haus. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, mir kommt es darauf an, dass mit dieser Taktik die Arbeit des Parlaments zutiefst verfälscht wird. Darauf kommt es mir an. Es wird ganz bewusst versucht, die Reformkraft und die Innovationskraft zu unterdrücken. Man will nicht, dass die Opposition Erfolge hat. Man will nicht, dass die Öffentlichkeit erfährt, was die Oppositionsparteien machen.

Ich nehme jetzt nur kurz ein Beispiel heraus, und zwar meinen Antrag, den ich mit meiner Kollegin Winter gemeinsam gestellt habe. Das war ein ganz pragmatischer Antrag. Man hätte ihn sofort annehmen können. Es ging nur darum, dass es Verlet­zungen eines Gleichbehandlungsgesetzes gibt, die bei der Gleichbehandlungskom­mission eingebracht oder bei Gericht geltend gemacht werden können. Eine syste­matische Erfassung der zum Gleichbehandlungsgesetz ergangenen Entscheidun­gen liegt nicht vor. Es wäre klug gewesen, dass man diese Doppelgleisigkeit hintan­stellt. Der Antrag beschäftigt sich also mit diesem Thema. Warum soll man das nicht annehmen? – Wir hätten erreichen können, dass diese, sagen wir einmal, Fehlent­wicklungen sofort hätten abgestellt werden können. Ich habe absichtlich diesen Antrag als Beispiel gewählt.

Ich muss mich jetzt aber an die beiden Regierungsparteien wenden. Die Beharrlichkeit der Freiheitlichen ist sehr groß, und wir werden trotzdem immer weiter machen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.10

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Unterreiner, gleich auf Ihren Redebeitrag eingehend: Wir haben Ihren Antrag ja gerade intensiv im Ausschuss diskutiert. Wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 217

haben Ihnen auch begründet und erläutert, warum wir die Zuweisung an den Justizausschuss empfehlen. Ich sage es gerne hier noch einmal: Seitens des Justiz­ministeriums wurden datenschutzrechtliche Bedenken gegen diese Form der syste­matischen Erfassung, wie sie in Ihrem Antrag gefordert wurde, geltend gemacht. Daher haben wir entschieden, dass es günstig wäre, diesen Antrag, wenn solche schwer­wiegenden Bedenken des Justizministeriums vorliegen, auch im Justizausschuss zu behandeln.

Ihre Argumentation, dass die Anträge nicht behandelt werden, stimmt also glattweg nicht. Sie haben gerade dadurch die Möglichkeit gehabt, lange und ausführlich darüber zu sprechen und auch Ihre Vorstellungen hier im Plenum einer breiten Öffentlichkeit kundzutun.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich brauche mich, glaube ich, nicht mehr näher auf die Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes beziehen. Von meinen Vorrednerinnen wurden ja die inhaltlichen Schwerpunkte schon dargestellt. Auf der einen Seite steht die Ausdehnung der Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung bei sexueller Belästigung von einem auf drei Jahre. Kollegin Schenk, ich weiß nicht, was das für ein Nachteil sein sollte. Das hat ja nur den Vorteil, dass dieser Zeitraum günstiger wäre, bei einem Trauma beispielsweise. Was Sie also Negatives daran sehen, kann ich beim besten Willen nicht erkennen.

Ich denke, auch die Klarstellungen sind ein ganz wesentlicher Aspekt. Aber ich gebe allen recht, die gesagt haben, dass es eine Novelle der kleinen Schritte ist. Wir hätten uns das Levelling-up gewünscht. Ich sage das sehr offen. Unserer Meinung nach gibt es eben keine Begründung, warum man eine Diskriminierung bei Gütern und Dienst­leistungen zum Beispiel aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Alters nicht geltend machen kann, in anderen Fällen aber sehr wohl.

Frau Kollegin Schittenhelm, Sie haben gesagt, wir müssen uns die Frage stellen, was uns denn Familie wert ist. Da möchte ich sehr gerne einen Hinweis zur Bischofs­konferenz geben, der auch mit der Diskriminierung, über die wir sprechen, zu tun hat. Ich habe das von der Homepage:

„Der Vorsitzende der Bischofskonferenz betont gemeinsam mit Familienbischof Küng, ‚dass jeder Mensch seine Würde hat und dass seine Einstellungen, Überzeugungen, Qualitäten, auch seine sexuelle Orientierung zu respektieren sind‘. Wenn man jedoch die ‚an sich richtige Forderung, jede Art von Diskriminierung zu unterbinden‘, auf das Familienrecht übertrage, ‚nimmt man bedenkliche Konsequenzen in Kauf.‘“

Dann kommt jedoch der Überclou, dann kommt die Erklärung:

„  das Kind leidet am meisten, wenn Familien zerbrechen“ – ja, das glaube ich; aber dann kommt der Begriff der Familie –: „wenn es nicht in der Geborgenheit der Familie im Sinne der Ehe zwischen Vater und Mutter aufwachsen kann.“

Also, was Ehe mit Familie zu tun hat, weiß ich schon gar nicht. Das ist eine typische Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren. Ich glaube, das sollten wir alle miteinander so nicht zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Ich würde Ihnen auch noch empfehlen, die „Katholischen Nachrichten“ vom 28. No­vember 2012 zu lesen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Haben Sie die gelesen?) Da gehen nämlich diese Diskriminierungen weiter. Allerdings muss ich sagen, dass das in einem Gastbeitrag steht. Aber immerhin werden diesem Gastbeitrag einige Seiten gewidmet. Da heißt es zum Beispiel:

„Gleichbehandlungsgesetze sind scheinbar neutral formuliert. In der Praxis sind es aber immer wieder Christen, die vor Gericht stehen. Einige Beispiele: Ein Spanier


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 218

bezahlte 12 000 € Verwaltungsstrafe, weil er sein Restaurant nicht für eine Hochzeit von Homosexuellen zur Verfügung gestellt hat.“

Was das damit zu tun hat, ob er Christ ist oder nicht, weiß ich nicht. Er hat eindeutig diskriminiert.

„Englische Betreiber von Privatpensionen mussten bis zu 4 000 € Schadenersatz leisten, weil sie homosexuellen Paaren Doppelzimmer verweigerten.“

Also was das damit zu tun hat, ob der Vermieter ein Christ ist oder nicht, weiß ich auch nicht. Aber er hat diskriminiert, und das ist eindeutig. Interessanterweise ist dieser Beitrag von einer Gudrun Kugler, die eine katholische Online-Heiratsbörse betreibt.

Sie sollten es sich also gut überlegen, wenn Sie solche Argumente übernehmen! Wir haben es im Ausschuss von Ihnen gehört, und ich nehme an, das sind zum Teil diese Quellen, die Sie da zitiert haben.

Es wird nichts nützen. Wir werden es eben leider erst später umsetzen können, aber das Levelling-up wird kommen. Wir leben in einem Land, in dem wir es nicht zulassen wollen, dass Menschen diskriminiert werden. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

20.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.00.11

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir können festhalten, dass wir alle im Hohen Haus gegen Diskriminierung sind. Ich gehe davon aus, dass niemand von uns dis­kriminiert werden will, sei es aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion, der Abstammung und so weiter und so fort. Wenn man so feststellt, dass niemand von uns schlechter behandelt werden möchte, ungerecht behandelt werden möchte, diskriminiert und an den Rand gestellt werden möchte, dann ist nicht verständlich, nicht nachvollziehbar und sachlich leider nicht argumen­tierbar, warum Menschen beim Diskriminierungsschutz aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder aufgrund ihres Alters, und so weiter und so fort, schlechtergestellt sein sollen.

So einfach ist die Geschichte nämlich. Wenn wir uns hier alle dazu bekennen, dass wir persönlich als Menschen keine Diskriminierung erleben wollen, dann sollten wir auch als gewählte Abgeordnete dafür eintreten und gesetzlich dafür sorgen, dass niemand diskriminiert wird beziehungsweise – wenn es in der Welt da draußen schon Diskri­minierung gibt – dass alle Menschen mit den gleichen Mitteln, mit den gleichen Rechten ausgestattet sind, um sich gegen diese Diskriminierung auch wehren zu können – wenn notwendig auch bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft, wenn notwen­dig auch vor Gericht.

Insofern möchte ich mich den Worten meiner Vorrednerin Abgeordneter Silhavy und einiger anderer Vorrednerinnen anschließen: Das sogenannte Levelling-up, also dass der Diskriminierungsschutz für alle diskriminierten Gruppen gleich ausschauen wird, wird früher oder später kommen. Das ist nicht mehr zu verhindern. Wie wir im Gleich­behandlungsausschuss besprochen haben, sehen wir hier, dass manche offensichtlich nur auf Zeitgewinn setzen, denn mehr ist es nicht.

Wenn in 17 Ländern der gleiche Diskriminierungsschutz herrscht, dann bedeutet das, dass er früher oder später auch bei uns kommen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 219

Aus diesem Grund möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Korun, Schwentner, Freundinnen und Freunde betreffend keine Diskriminierung im Gleichbehandlungsgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die den Diskriminierungsschutz beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum, um die Diskriminierungsmerkmale Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung sowohl im Gleichbehandlungsgesetz als auch im Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft erweitert.“

*****

Wir beantragen außerdem namentliche Abstimmung. Danke auch an die Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ, die den Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützt und ermöglicht haben. Wir möchten, dass hier kein Klubzwang herrscht, sondern dass alle Abgeordneten frei nach ihrem Gewissen und nach ihrer Einstellung darüber abstimmen können (Heiterkeit der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), ob sie für den gleichen Diskriminierungsschutz sind oder ob sie dafür sind, dass bestimmte diskriminierte Gruppen schlicht und einfach schlechter behandelt werden und eben nicht den gleichen Schutz vor Diskriminierung genießen sollen.

Wenn es heute so ist, dass zum Beispiel in Belgien, in Deutschland, in Großbritannien, in der Tschechischen Republik, in der Slowakei, in den Niederlanden, in Schweden, in Spanien, in Finnland, in Luxemburg – ich werde jetzt nicht alle 17 aufzählen – zum Beispiel Schwule und Lesben vor Diskriminierung genauso geschützt sind wie andere Gruppen, dann wird das früher oder später auch bei uns der Fall sein. Die Frage ist nur, wann. Wir würden sagen: lieber heute als morgen oder übermorgen! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

20.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alev Korun, Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde betref­fend keine Diskriminierung im Gleichbehandlungsgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (2300 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehand­lungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbe­handl­ungsanwaltschaft, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundes-Behinderten­gleich­stellungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (2326 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 220

Begründung

Mit dem vorliegenden Antrag soll für die Diskriminierungsmerkmale Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung der Diskriminierungsschutz auf den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum, ausgedehnt werden (so genanntes „Levelling up“). Es fehlt bisher eine einheitliche Regelung, die alle Diskriminie­rungs­gründe in allen vorgesehenen Bereichen umfasst. Damit sieht das Gleichbehandlungs­gesetz unterschiedliche Schutzstandards für unterschiedliche Diskriminierungsmerk­male vor und schafft somit im Rahmen des Gleichbehandlungsgesetzes weitere Ungleichheiten – was dem Zweck eines „Gleichbehandlungsgesetzes“ wohl wider­spricht. Zudem führt die künstliche Hierarchisierung zu unterschiedlich weiten Rechts­schutzmöglichkeiten innerhalb eines Gesetzes und führt somit zu schwerer Lesbarkeit und auch Rechtsunsicherheit.

Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass auch außerhalb der Arbeitswelt Bedarf nach Schutz für die Diskriminierungsmerkmale Alter, sexuelle Orientierung und Reli­gion oder Weltanschauung besteht. Besonders beim Zugang zu Wohnraum ist im Zusammenhang mit der Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung Handlungsbedarf gegeben. So dürfte laut bestehendem Gleichbehandlungsgesetz und auch nach der nun zu beschließenden Novelle auch weiterhin einem Homosexuellen einfach aufgrund seiner sexuellen Orientierung eine Wohnung verweigert werden.

Diesen Mangel an gleichberechtigtem Schutz vor Diskriminierung haben in den letzten Jahre Organisationen wie der Klagsverband und ZARA immer wieder thematisiert. Zudem hat die europäische Grundrechteagentur ebenfalls Kritik am Fehlen eines ein­heitlichen Diskriminierungsschutzes geübt. Die derzeit in Verhandlung befindliche EU-Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung hat die Intention, ein einheitliches Schutzniveau für die betroffenen Kriterien zu schaffen und damit endlich eine umfassende Bekämpfung von Diskriminie­rung zu ermöglichen. Auch vor dem Hintergrund dieser europäischen Entwicklung sollte der österreichische Gesetzgeber endlich gleiche Rechte für alle im Gleich­behand­lungsgesetz Genannten schaffen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die den Diskriminierungsschutz beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum, um die Diskriminierungsmerkmale Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung sowohl im Gleichbehandlungsgesetz als auch im Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft erweitert.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 221

20.04.44

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar Sätze sagen. Über das Levelling-up ist jetzt schon genug berichtet worden. Wir leben in einer Koalition und in dieser Koalition ist es eben, wie es ist. Das Einzige, was mich beruhigt, ist, dass das Levelling-up in acht österreichischen Bundesländern umgesetzt ist, nur ein Bundesland hat es noch nicht umgesetzt, alle anderen haben es geschafft. (Rufe bei der FPÖ: Welches denn?) Niederösterreich hat es noch nicht umgesetzt, aber alle anderen acht haben es bereits umgesetzt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und aus welchem Bundesland stammt die Frauenministerin?) Wir werden weiter daran arbeiten. (Rufe beim BZÖ: Immer Niederösterreich! – Abg. Grosz: Wie in der Steinzeit!)

Beschäftigen wir uns aber doch mit dem, was wir umsetzen konnten! Wir konnten die Klarstellung hinsichtlich des Schutzniveaus bei selbständiger Erwerbstätigkeit umset­zen, wir konnten auch die Ausdehnung der Verpflichtung zur Angabe des Mindest­entgeltes in Stelleninseraten, dort, wo es keinen Kollektivvertrag gibt, der dahintersteht, umsetzen.

Die Ausdehnung der Geltendmachung von sexueller Belästigung ist in Wirklichkeit eine Verbesserung der Situation. Ich kann dazu jetzt nur Studien und Gespräche mit Frauen zitieren, aber die zeigen alle: Viele Frauen melden sich nicht zwei Tage nach einer Beläs­tigung, aus vielen, vielen Gründen. Viele brauchen ein oder zwei Jahre, um mit Situationen fertigzuwerden und sich dann zu melden. Demzufolge ist die Ausweitung auf drei Jahre von vielen Betroffenen auch sehr stark unterstützt worden.

Über die Senate ist schon gesprochen worden. Die Stärkung des Schlichtungs­charakters möchte ich auch noch hervorheben. Was mir auch ganz wichtig war, ist, dass wir auch bei den sogenannten Umsetzungen im Behindertenbereich weiterge­kommen sind und dass es uns möglich war, die diskriminierenden und EU-rechts­widrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz für eingetragene Partnerschaften entfallen zu lassen.

Das heißt, es ist ein Fortschritt. Das ist zwar ein Fortschritt in kleinen Schritten, aber es ist wichtig, diese Schritte überhaupt zu tun. Demzufolge ersuche ich Sie um Zustim­mung.

Da hier auch ein bisschen Wahlkampf gemacht wurde, sei mir noch ein Hinweis gestattet. Ein Freibetrag hat immer eine Eigenheit, und diese Eigenheit sollte man berücksichtigen: Ein Freibetrag gilt nicht für alle. Es ist heute schon so, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass 600 000 Kinder in Österreich die jetzigen Freibeträge nicht konsumieren können, weil ihre Eltern nicht genügend verdienen. Das sollte Ihnen doch zu denken geben!

Wenn man Freibeträge weiter ausbaut, erhöht man dadurch die weitere Diskriminie­rung. Ich möchte Sie nur bitten, das bei allen Debatten entsprechend mit zu berück­sich­tigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.08.00

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist bereits gesagt worden: Die Novelle ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 222

Eine Anmerkung, Kollegin Schenk, zu dem, was du zur sexuellen Belästigung gesagt hast. Du meintest, es sei nicht nachvollziehbar, warum wir die Geltendmachung von einem Jahr auf drei Jahre verlängern. Das wurde auch von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern teilweise schon angesprochen. Wenn man mit Betroffenen spricht – und da empfiehlt es sich durchaus auch, mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft zu sprechen –, dann merkt man, es gibt viele Fälle – etwa wenn es um eine vorgesetzte Position oder eine Machtposition geht –, in denen man einfach Zeit braucht, insbesondere wenn es eine vehemente Belästigung ist, und die Geltendmachung einfach nicht innerhalb von ein, zwei Tagen möglich ist. Oft ist einfach auch eine Abhängigkeitssituation gegeben und erst wenn diese aufgelöst ist, nicht mehr vor­herrscht, trauen sich Betroffene, eine Belästigung geltend zu machen. Ich glaube, hier müssen wir alles tun, damit diesen Betroffenen auch geholfen werden kann und ihnen nicht der Weg durch eine kurze Frist abgeschnitten wird.

Wir bekennen uns ganz klar zur Gleichbehandlung und zu den dafür notwendigen Maßnahmen, meine Damen und Herren, aber ich möchte ganz konkret auf das Levelling-up eingehen.

Dazu möchte ich auch gleich Folgendes sagen: Auch wenn Falsches immer wieder behauptet wird, wird es dadurch nicht richtiger, meine Damen und Herren!

Tatsache ist, es gibt EU-weit ein einziges Land, das sämtliche Diskriminierungs­merkmale im Levelling-up umgesetzt hat, das ist Großbritannien, meine Damen und Herren. Die 17 Länder, die heute mehrfach angesprochen wurden – der Herr Bundes­minister hat einmal von 21 gesprochen –, haben nur einzelne Diskriminierungsmerk­male außerhalb der Arbeitswelt beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen umgesetzt. Es hat also nur ein einziges Land alle Merkmale umgesetzt, und genau dieses Land, Großbritannien, kämpft jetzt mit einer Klagsflut, bei der wirklich auch evident wird, was Levelling-up konkret in der Umsetzung heißt und wie schwierig das auch ist.

Frau Kollegin Wurm, zum Thema Länder – der Bundesminister hat es angesprochen – möchte ich dir Folgendes sagen: Gerade beim Beispiel der Wohnungsvergabe, das du auch angesprochen hast, geht es eben nicht um Privatwohnungen, sondern da geht es um Wohnungen, für die der öffentliche Dienst zuständig ist. Da bekennt man sich ja auch offen dazu, dass es hier auch andere Möglichkeiten gibt und dass das eben kein Eingriff in Eigentum und Privatsphäre ist. Dort, wo die öffentliche Hand verantwortlich ist, kann man auch entsprechend eingreifen, muss das auch tun und das macht auch Sinn. Ansonsten sind die Länderregelungen relativ zahnlos.

Wenn man sich damit beschäftigt, was das in den Bundesländern heißt, dann sieht man, dass das eine ganz andere Qualität hat und viel weitreichender ist, als es das Levelling-up auf Bundesebene im Bundesgesetz wäre.

Eines noch zur EU-Richtlinie: Tatsache ist – auch da wird das Falsche nicht richtiger, wenn man es zigfach wiederholt –, dass es keine verabschiedete Richtlinie gibt, das hat auch der Bundesminister im Ausschuss gesagt. Wir haben die Gleichbehandlungs­richtlinie 2006, das war die letzte, die auf EU-Ebene verabschiedet wurde. Diese haben wir auf Punkt und Beistrich umgesetzt, meine Damen und Herren. Dazu bekennen wir uns auch. Seit 2008 aber liegt die Richtlinie, die das Levelling-up enthält, auf Eis, eben weil auch zahlreiche andere Länder – nicht nur Österreich, sondern viele Länder – substanzielle Probleme haben, weil sie ganz konkrete Bedenken haben. Diese Bedenken, meine Damen und Herren, bestehen aus gutem Grund, da kann man sie noch so oft kleinreden, lächerlich machen, verhöhnen, wie es teilweise auch im Aus­schuss passiert ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 223

Levelling-up ist ein weitreichender Eingriff in die Privatsphäre, in Eigentum, in die Privatrechte. Jetzt weiß ich durchaus, dass es Fraktionen hier im Haus gibt, denen Privateigentum, Eigentum oder Rahmenbedingungen für die Wirtschaft nur bedingt ein Anliegen sind, uns ist das aber ein zentrales Anliegen, meine Damen und Herren.

Man muss – bei aller Notwendigkeit, Diskriminierung abzuwenden und zu verhindern – immer abwägen, wie weit dadurch ein massiver Eingriff in Eigentum, in Privatsphäre, in die Wirtschaft tatsächlich zulässig ist. Genau diese Balance zu finden, dieses Abwägen ist unsere Aufgabe und unsere Verantwortung, denn Antidiskriminierung darf nicht die Aufgabe von Freiheiten sein. Ich glaube, das ist ein zentrales Thema.

Ganz zum Schluss, meine Damen und Herren, zur Beweislastumkehr – der Grüne Antrag fordert diese ja. Wir haben das ja im Ausschuss schon diskutiert. Die Beweis­lastumkehr wäre ein Bruch unseres Rechtstaatsprinzips. Laut diesem ist es so, dass jemand bis zum Beweis des Gegenteils unschuldig ist. Bei der Beweislastumkehr kann es, gerade im Fall von Belästigungen, die ja der Antrag besonders anspricht, sein, dass jemand behaupten kann – ich sage es jetzt einmal bewusst plakativ –, belästigt worden zu sein und damit schuldig bis zum Beweis des Gegenteils ist.

Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist nicht unproblematisch. Hier müssen wir uns sehr gut ansehen, welche Instrumente wir wirklich brauchen, wenn es darum geht, vor Diskriminierung und Belästigung zu schützen. Dass das die Beweislastumkehr ist, wage ich zu bezweifeln. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek gemeldet. – Bitte.

 


20.13.22

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nur einige wenige Sätze auch von meiner Seite, weil ich mit Bedauern feststellen muss, dass wir es gemeinsam nicht geschafft haben – das Thema ist zum zweiten Mal, nicht zum dritten Mal auf der Tagesordnung gewesen –, den Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt auf alle Gruppen, die betroffen sind, auszuweiten.

Ich glaube nicht, dass wir aufrechnen sollten, wie viele Länder schon, wie viele nicht, ob es eine Richtlinie gibt oder nicht. Ich glaube, dass wir uns als moderne, fort-schrittliche Gesellschaft zeigen könnten und das eine oder andere Mal eine Sache, die mit den Sozialpartnern seit zwei oder drei Jahren längst ausverhandelt ist und gegen die niemand etwas hat, auch umsetzen könnten.

Ich habe jetzt nicht ganz nachvollziehen können, warum man das Privateigentum vor Menschen schützen muss. Ich kann nicht nachvollziehen, wo die Eingriffe ins Privat­eigentum sind, wenn man gleichgeschlechtliche Menschen, die einander lieben, davon ausschließt, dass sie sich gemeinsam irgendwo eine Wohnung nehmen.

Ich bin etwas betroffen darüber, dass immer wieder diese Beispiele der Wohnungs­vermietung herangezogen werden, um zu dokumentieren, dass es nicht erwünscht ist, dass sich schwule oder lesbische Paare irgendwo einmieten oder sich ein Hotelzimmer nehmen und so weiter. Was das mit Freiheitsrechten oder Privateigentum oder Privatrechten zu tun hat, frage ich mich aus gesellschaftspolitischer Sicht.

Ich glaube, gesellschaftspolitisch fortschrittlich zu denken und in unserem Land keine Gruppierung, keinen Lebensentwurf auszuschließen, wäre schon an der Zeit. Das ist eben nicht die Gelegenheit, wo man sich an einer Richtlinie festhalten muss, wo man aufrechnen muss, wer einzelne Beispiele umsetzt oder nicht. Tatsache ist, dass sich acht Bundesländer in Summe weiterbewegen und dass wir als Bund es leider wieder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 224

nicht geschafft haben – das sage ich mit Bedauern –, diese Diskriminierung außerhalb der Arbeitswelt so auszuweiten, dass sich alle Menschen in Österreich auch sicher fühlen können und vor Diskriminierung sicher sein können.

Ich weiß, das Levelling-up wird kommen, das wurde heute auch schon gesagt, und wir werden weiter daran arbeiten, wie Kollegin Schittenhelm gesagt hat. Vielleicht geht auch noch etwas vor dem Herbst. (Beifall bei der SPÖ.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Szep. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.15.41

Abgeordnete Irene Szep (SPÖ): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Frau Ministerin Heinisch-Hosek! Herr Bundesminister Hundstorfer! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf drei Bereiche der Sammelnovelle des Gleichbehandlungsgesetzes eingehen. Ich habe mir nur einen kleinen Teil vorgenommen, denn vieles ist schon gesagt worden.

Der erste Punkt ist die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes. Vorgesehen sind verpflichtende Angaben des Mindestentgeltes in Stelleninseraten, inklusive Strafbe­stim­mungen in allen Branchen, in denen kein Kollektivvertrag, kein Gesetz oder sons­tige Normen Mindestentgelte regeln. Frauen haben eher Hemmungen, ihre Forde­rungen nach gleicher Bezahlung bei gleicher Leistung und gleicher Arbeitszeit zu verbalisieren und geltend zu machen. Auf Initiative unserer Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist im Netz ein super Gehaltsrechner installiert worden, der Frauen einen besseren Vergleich und Überblick über die Einkommen bietet. Über www.gehaltsrechner.gv.at hat nunmehr jede Frau – aber natürlich auch jeder Mann, klar – die Möglichkeit, zu überprüfen, ob sie wirklich das verdient, was ihr zusteht.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das fordern wir Frauen schon seit über 100 Jahren. Ich weiß, das ist eine alte Forderung, aber diese Forderung ist heute, wie ich meine, genauso aktuell, wie sie früher war, denn noch immer verdienen Frauen bei gleicher Arbeit um zirka 20 Prozent weniger. In manchen Bereichen geht das sogar bis zu 30 Prozent. Das würde bei einem Durchschnittseinkommen von zirka 2 250 €, das viele Frauen leider überhaupt nicht erreichen, im Jahr einen Verlust von 7 200 € insgesamt bedeuten. Das ist schon enorm! Je weniger Frauen verdienen, desto mehr fehlt ihnen das ihnen vorenthaltene Geld dann natürlich auch. Grund genug, den nächsten Schritt zu setzen, um die Gehaltsschere zu verringern.

Der zweite Punkt: Verankerung der Verpflichtung des Bundeskanzlers beziehungs­weise der Bundeskanzlerin sowie der Bundesministerin und des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, einmal im Jahr die NGOs zu einem Ge­spräch betreffend die Bekämpfung von Diskriminierungen von Frauen sowie von Menschen mit Beeinträchtigung einzuladen.

Dritter Punkt: Verkleinerung der Senate der Gleichbehandlungskommission, um die Verfahrensdauer von 18 Monaten auf ein Jahr zu verkürzen.

Durch die geplanten Verbesserungen wird es zu einem Abbau der Diskriminierung sowohl der Frauen als auch der Menschen mit Behinderung kommen. – Danke. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 225

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 3 Minuten. – Bitte.

 


20.18.51

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Kollegin Szep, das war offen­sichtlich Ihre erste Rede hier im Hohen Haus, Gratulation, toll gemacht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek! Herr Bundes­minister Hundstorfer! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz bringt eindeutige Verbesserungen im Bemühen um die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Berufsleben, der Herr Bundesminister hat ja die Details ausgeführt.

Ich möchte noch die wichtige Neuerung hervorheben, dass das Entgelt künftig auch in Stelleninseraten angegeben werden muss, wenn es sich um Bereiche ohne Kollektivvertrag handelt. Das ist ein probates Mittel, um Frauen Chancen aufzuzeigen.

Die politische Bilanz der vergangenen fünf Jahre für Frauen kann sich sehen lassen und ist beeindruckend. Es ist vieles gelungen. Wir sollten diesen Schwung noch für einen starken Endspurt mitnehmen und auch für die nächsten Jahre.

Worum geht es denn da? Welche Fragen sind noch offen? – Uns geht es um die optimale Familienförderung. Der Herr Minister hat ja den Steuerfreibetrag ange­sprochen, darauf möchte ich jetzt auch noch eingehen. Wir wünschen uns ja, dass die Familien mit einem Steuerfreibetrag von 7 000 € pro Jahr und pro Kind entlastet werden.

Wie schaut denn derzeit die Realität aus? – In den Familien arbeiten meist beide Elternteile. Da wollen wir ansetzen: Dieser Freibetrag soll den Eltern je zur Hälfte ange­rechnet werden. Genau das ist auch ein wichtiger Impuls, um die Anerkennung der Erwerbstätigkeit der Frauen zu zeigen. Zusätzlich sollten für jedes Kind vier Jahre für die Pension angerechnet werden, und zwar unabhängig vom Datum der Geburt des Kindes.

Was mir persönlich ein besonderes Anliegen ist: Wir wollen die Kindererziehungszeiten auch rückwirkend für die Geburtenjahrgänge vor 1955 anrechnen. Es kann doch nicht vom Geburtsdatum der Mutter abhängen, wie hoch ihre Pension ist! Alle, die nach 1955 geboren sind, sind diesbezüglich schon bessergestellt; wir freuen uns, dass das gelungen ist. Jetzt wollen wir Verbesserungen für jene Mütter, die vor 1955 geboren sind.

Warum ist das so wichtig? – Das würde für viele Frauen bedeuten, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine eigene Pension bekommen. Und für viele tausend Frauen würde es auch heißen: höhere Pension.

Alles in allem deutliche Verbesserungen für Frauen. Ich hoffe sehr, dass wir hier zu einer guten und gemeinsamen Lösung kommen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Hell zu Wort gemeldet. 2 Minuten. – Bitte.

 


20.22.00

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Seit nunmehr über 30 Jahren verbietet das Gleichbehandlungsgesetz Diskriminierung (Beifall bei der SPÖ) aufgrund des Geschlechtes und seit 2004 auch Ungleichbehandlungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung oder auch des Alters in der gesamten Arbeitswelt. Viele Mitglieder dieses Hauses, Arbeiterkammern, Ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 226

werk­schaften haben seither Schritt für Schritt Erweiterungen und Verbesserungen für die Betroffenen durchgeführt.

Die vorliegende Sammelnovelle enthält viele wichtige Punkte, besonders im Bereich der Ausweitung der Diskriminierung und des Diskriminierungsschutzes. Die wesent­lichen Punkte wurden von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern bereits ange­sprochen. Ich darf nur daran erinnern, dass hier auch die Verkleinerung des Senates der Gleichbehandlungskommission enthalten ist, was eine wesentlich raschere Be­hand­lung der anstehenden Probleme mit sich bringt. Auch die Harmonisierung des Behindertengleichstellungsrechtes mit den Angleichungen an das Gleichbehandlungs­gesetz ist hier geplant und wird eingearbeitet.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch für mich ist es nicht ganz ver­ständlich und bedauerlich, dass es außerhalb der Arbeitswelt zu keiner Angleichung zum Schutz vor Diskriminierung, dem sogenannten Levelling-up, gekommen ist. Es bleibt völlig unverständlich, warum die Einbeziehung von Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihres Alters, der Religion, der Weltanschauung außerhalb der Arbeitswelt nicht möglich war.

Unsere Fraktion wird aber weiterhin an einer gemeinsamen Umsetzung dieser Schutz­bestimmung arbeiten. Ich betone noch einmal: gemeinsam! Ich glaube, dieser Punkt sollte von sehr vielen Damen und Herren dieses Hohen Hauses mitgetragen werden. (Abg. Mag. Widmann: Auch von der SPÖ!)

Letztendlich darf ich mich bei meiner Fraktion recht herzlich dafür bedanken, dass ich als einziger Mann zu diesem Gleichbehandlungsgesetz sprechen durfte. Ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.24

20.24.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleich­behandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behin­derten­einstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2326 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Diskriminierung im Gleich­behandlungsgesetz.

Darüber ist namentliche Abstimmung verlangt worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 227

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen jeweils den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich ersuche nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird ihn später dabei ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenauszählung vornehmen. Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.30 Uhr unterbrochen und um 20.34 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 146; davon „Ja“-Stimmen: 15, „Nein“-Stimmen: 131.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Korun, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Grosz Gerald;

Kogler, Korun;

Lichtenecker;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 228

Musiol;

Öllinger;

Petzner, Pilz;

Rossmann;

Schwentner;

Walser, Westenthaler;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Belakowitsch-Jenewein, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Csörgits;

Darmann, Deimek, Dolinschek, Durchschlag;

Eßl;

Fazekas, Fichtenbauer, Franz, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartelgruber, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Gradauer, Graf, Grillitsch, Grossmann, Grünberger;

Haberzettl, Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Haubner Ursula, Hechtl, Heinzl, Hell, Herbert Werner, Himmelbauer, Höbart Christian, Höllerer, Hörl, Hornek, Hübner Johannes;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Karlsböck, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Kitzmüller, Klikovits, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kunasek, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lausch, Lettenbichler, Linder, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Mayerhofer, Muchitsch, Mühlberghuber, Muttonen;

Neubauer Werner, Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Riemer, Riepl, Rosenkranz, Rudas;

Sacher, Schenk, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Silhavy, Singer, Spadiut, Spindelberger, Stefan, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll, Szep;

Tadler Erich, Tamandl;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 229

Unterreiner;

Weninger, Widmann Rainer, Windholz, Windisch, Winter, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zanger.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir sind noch immer im Abstimmungsvorgang, und ich bitte, die Plätze einzunehmen!

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Gleich­behandlungsausschusses, seinen Bericht 2327 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich weise den Antrag 1498/A(E) dem Justizausschuss zu.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 2328 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

20.35.4010. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1632/A(E) der Ab­ge­ordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfüh­rung eines Straftatbestandes „Zwangsehe“ (2329 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gartelgruber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.36.09

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Seit März 2011 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland im Strafgesetzbuch den eigenständigen Straftatbestand der Zwangsheirat. Auch dort hat es vorab schon den Tatbestand der schweren Nötigung gegeben. Ich weiß, das wird jetzt das Argu­ment für die Ablehnung sein, deswegen möchte ich es hier explizit noch einmal erwähnen. Denn auch diese schwere Nötigung war in der Bundesrepublik Bestand, trotzdem wurde dort der Straftatbestand Zwangsehe eingeführt.

Mit dem beschlossenen Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsverheiratung erfolgte die Abkehr von ideologischer Integrationspolitik. Ein Abgeordneter im Deutschen Bundestag hat sogar gemeint – ich zitiere –: Die „Multikultiromantik“ hilft bei dieser Thematik „nicht weiter“.

Auch mein Antrag hat zum Ziel, hier in Österreich Zwangsheirat stärker als bisher als strafwürdiges Unrecht aufzuzeigen und einen eigenen Straftatbestand zu schaffen. (Beifall bei der FPÖ.) Damit würden wir hier als Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass wir in Österreich Zwangsheirat als schweres Unrecht verurteilen. (Beifall bei der FPÖ.) Wir würden auch ein starkes Zeichen dafür setzen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 230

dass Zwangsverheiratungen nicht als Relikt aus früheren Zeiten oder aus anderen Kulturen angesehen und zumindest toleriert werden. Es wäre auch ein eindeutiges Signal, dass der Staat mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Rechte der jungen Frau in Österreich schützt. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ich wundere mich eigentlich nicht darüber, dass mein Antrag hier nicht ange­nommen und heute abgelehnt wird, wie schon vor zwei Jahren mein Antrag für eine Studie betreffend Zwangsheirat in Österreich. Auch bei diesem Antrag waren die Argumente für die Ablehnung gleich wie heute. Alle Rednerinnen und Redner haben sich schon damals klar dafür ausgesprochen, dass Zwangsverheiratung bei uns in Österreich eine verabscheuungswürdige Haltung ist, die in unserer Gesellschaft keinen Platz hat.

Sogar die Fraktion der Grünen mit ihrer Rednerin Alev Korun hat damals, vor zwei Jahren, meinen Antrag auf eine Studie befürwortet. Aber heute werden sie hier die Einführung des Straftatbestandes ablehnen – was mich ja nicht wundert: ein Ja zu einer Studie, aber ein Nein zu einer effektiven Verbesserung in Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich verstehe aber auch nicht, warum sich gerade die SPÖ, die immer vorgibt, sich für die Frauen in Österreich einzusetzen, bei diesem Thema so sträubt. Hier könnten wir jenen Frauen helfen, die keine Möglichkeit dazu haben, die kein Sprachrohr haben. Aber Sie wollen es nicht!

Aber ich nehme auch Sie, Frau Ministerin, hier in die Pflicht. Ich nehme es Ihnen nicht ab, dass Sie sich für alle Frauen in Österreich einsetzen und auch auf deren unter­schiedliche Bedürfnisse eingehen wollen. Aber was kann man sich schon von einer Frauenministerin erwarten, die sich nicht zu schade dafür ist, bei einer Hetzver­anstaltung gegen die FPÖ öffentlich aufzutreten und auch klar gegen uns zu sprechen? – Offensichtlich nicht viel! (Beifall bei der FPÖ.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.40.13

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Welche „Hetzveranstaltung“ soll das gewesen sein, Frau Gartelgruber? Was Sie uns jetzt in Ihrer Rede wieder alles unterstellt haben! Ich finde es wirklich sehr interessant, dass Sie der Frau Bundesministerin vorwerfen, dass wir nicht für alle Frauen in Österreich da wären. Wenn Sie das Strafgesetzbuch kennen würden und auch im Ausschuss unserer Argumentation richtig zugehört hätten, dann wüssten Sie, warum wir Ihrem Antrag nicht beitreten. (Zwischenrufe der Abg. Gartelgruber.)

Wir haben hier in Österreich bereits jetzt einen Straftatbestand, und darunter fällt auch die Zwangsheirat. Zwangsheirat ist eine schwere Nötigung, die mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet wird. Ich glaube, dass wir uns über alle Fraktionen hinweg einig sind, dass wir Frauen helfen müssen und dass Zwangsheirat eine Menschenrechtsverletzung ist. Nur verändert Ihr Antrag nicht den Status quo.

Da geht es um Bewusstseinsbildung, um Information und vor allem darum, dass man Taten setzt. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere den Verein Orient Express erwähnen. Die Frau Bundesministerin eröffnet zusammen mit diesem Verein eine Notwohnung für Bedürftige, Bedrohte und Betroffene.


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Wenn Sie sich dann doch die Arbeit machen und das StGB ein wenig durchforsten sollten, dann werden Sie sogar sehen, dass im § 106 Abs. 1 Z 3 die Eheschließung explizit erwähnt ist. – So viel zu diesem Antrag.

Trotz der vorgeschrittenen Zeit sei mir gestattet, noch etwas zur Psychohygiene zu sagen, und zwar zur vorher geführten Diskussion: Ich verstehe nicht, warum wir hier in Österreich nach wie vor offen Diskriminierungen begehen, warum wir in Österreich keine gesetzlichen Maßnahmen setzen können. Sei es das Levelling-up beim Namens­recht bei eingetragenen Partnerschaften, sei es bei der Stiefkindadoption, es wird immer nur step by step, Schritt für Schritt eine Veränderung herbeigeführt. Es wird darauf gewartet, bis wir wieder eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Ja, Herr Kollege Zanger, ich weiß, dass du das Thema sehr amüsant findest. Aber ich glaube, dass es sehr viele betroffene Personen in Österreich gibt, die nicht so amüsiert sind, wenn sie offen diskriminiert werden! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.43.15

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir können dem Inhalt dieses Antrages einiges abge­winnen. Wir wissen, dass es bereits § 106 im Strafgesetzbuch gibt – schwere Nöti­gung –, sodass die Zwangsverheiratung dementsprechend bestraft und geahndet wird. Aber wir denken, es wäre eine Verstärkung eines wichtigen Signals einer liberalen Gesellschaft, dass man sagt: Zwangsverheiratung, Zwangsehe hat in unserer Gesell­schaft nichts zu suchen. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist nicht nur eine schwere Nötigung, sondern ein schweres Delikt, kein Kavaliers­delikt, und das soll auch im Strafgesetzbuch den entsprechenden Niederschlag finden.

Man weiß ja jährlich von einigen hundert Mädchen, die davon betroffen sind, aber ich denke, die Dunkelziffer ist noch wesentlich höher. Daher muss man sich mit diesem Thema wirklich intensiv befassen, aber nicht nur was die Strafe anbelangt, sondern auch schon im Vorfeld, wenn es darum geht, zu informieren, bewusst zu machen, was es heißt, wenn junge Mädchen zwangsverheiratet werden. Man muss entsprechende Beratung, Aufklärung anbieten.

Frau Bundesministerin! Es hat ja fast eine Legislaturperiode gedauert, bis es jetzt im Juli die erste Notwohnung geben wird, für acht oder zehn Frauen, glaube ich. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Ja!) Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber das sind begleitende Maßnahmen, die dazu führen, dass Zwangsehe, Zwangs­verheiratung bei uns ein schweres Delikt ist und auch von uns als Mitgliedern einer liberalen Gesellschaft wirklich vehement abgelehnt wird. (Beifall beim BZÖ.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Himmelbauer zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.45.29

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Steßl-Mühlbacher hat es ja schon anskizziert: Seit 2006 ist Zwangsehe ein Offizialdelikt in Österreich und kann somit auch dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn die Betroffenen selbst keine


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Anzeige erstattet haben. Zuvor war es noch ein Privatanklagedelikt und hat dement­sprechend emotionalen Druck auch auf die Opfer ausgeübt.

Der Tatbestand der schweren Nötigung wurde dabei um die Tathandlung der Nötigung zur Eheschließung ergänzt. Nötigende Ehepartner wie auch mitwirkende Dritte werden einer einheitlichen Sanktion unterstellt. Das Strafausmaß wurde in einem Zuge auf sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe angehoben, und auch eine sogenannte Ferienverheiratung, die während einer Urlaubsreise im Heimatland der Eltern oder des Täters gegen den Willen des Opfers erfolgt, ist strafbar.

Alle aufgezählten Punkte, inklusive des Strafausmaßes, finden sich auch im deutschen Gesetzestext wieder. Auch wenn in Österreich der Begriff der Zwangsehe oder der Zwangsheirat nicht explizit verwendet wird, haben wir als Gesetzgeber sehr deutlich die Wertung des Deliktes zum Ausdruck gebracht.

Lediglich eine Änderung der Begrifflichkeiten würde für die Opfer keinen zusätzlichen Schutz bieten, und bei den Tätern – die Zwangsehe ist bereits explizit verboten – stelle ich auch die zusätzlichen Auswirkungen in Frage. Vielmehr bedarf es einer offenen Dis­kussion mit den Eltern und der Kommunikation der gesetzlichen Bestimmungen, aber auch der österreichischen Wertvorstellungen der Ehe.

Auch eine entsprechende Betreuung der Opfer muss gewährleistet sein, da sich gerade beim Verfahren die Betroffenen gegen das Elternhaus und teilweise auch gegen traditionelle Vorstellungen erheben müssen. Vonseiten des Justizministeriums werden in Zusammenarbeit mit Opferschutzorganisationen wie dem Verein LEFÖ oder dem Weißen Ring die Opfer kostenfrei psychosozial und juristisch begleitet. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus all diesen Gesichtspunkten heraus und im Hinblick auf die bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmungen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.48.17

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwangsehe und Genitalverstümmelung sind große Probleme und in keiner Weise tolerierbar. Ich glaube, darüber herrscht hier im Hohen Haus bei allen Parteien Einigkeit.

Zum Antrag, der zur Diskussion steht, möchte ich sagen, dass wir diesem nähertreten können. Wir würden ihm auch zustimmen, wenn er nicht „abgedreht“ worden wäre.

Ich kann auch der Argumentation der Grünen und der SPÖ diesbezüglich nicht folgen, dass es bereits § 106 gibt, in dem die schwere Nötigung verankert ist. Ich kann dieser Ihrer Argumentation vor allem dann nicht folgen, wenn ich mir Ihre Forderung vor Augen führe, dass das Po-Grapschen im § 218 StGB verankert werden soll.

Man möge hier die Relation betrachten: Beim Po-Grapschen gibt es keine Gewalt, keine gefährliche Drohung, das ist hier nicht im Spiel. Sie wollen das hier im Gesetz verankern. Aber was diesen Antrag betrifft, wo es um Zwangsehen geht, wo es wirklich um Gewalt geht, wo es darum geht, dass Frauen bedroht, oft auch ermordet werden, machen Sie nichts und argumentieren das einfach so weg! (Beifall beim Team Stronach.)

Durch die Einführung des eigenen Straftatbestandes Zwangsehe würde meiner Mei­nung nach ein gesellschaftspolitisches Zeichen gesetzt, nämlich dahingehend, dass


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sich Migranten den Werten der österreichischen Rechtsordnung anzupassen und mit dieser nicht auf Kriegsfuß zu stehen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich kann Ihre Ablehnung nicht verstehen. Leider ist es so, dass Anträge – eine Kollegin hat das schon in der vorangegangenen Debatte erwähnt – entweder abgelehnt, vertagt oder anderen Ausschüssen zugewiesen werden. Ich frage mich schön langsam, welche Bedeutung der Gleichbehandlungsausschuss in diesem Haus noch hat. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

20.50


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Grosz – in Anspielung auf die Farbe des T-Shirts der Abg. Mag. Korun –: Frau Kollegin, auch Austria-Fan? – Abg. Mag. Korun  auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein, Missverständnis!)

 


20.50.08

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich glaube, es war im Jahr 2005 oder 2006, als ich als Wiener Landtagsabgeordnete nach Berlin gereist bin, um die erste Opferschutz­einrichtung im deutschsprachigen Raum, den Verein Papatya, zu besuchen. Der Verein Papatya in Berlin besteht aus Frauen, Sozialpädagoginnen, Sozialarbeiterinnen und so weiter, die sich vor inzwischen 20 Jahren oder mehr organisiert haben, um eben das Thema Zwangsheirat aufzuzeigen, um Betroffene zu unterstützen und zu begleiten.

Es war ein paar Monate später, dass ich eine Expertin dieses Vereins, Frau Birim Bayam, die selbst Sozialpädagogin ist und seit Jahren in diesem Bereich arbeitet, nach Wien eingeladen habe, wo wir eine öffentliche Diskussion organisiert haben, um darüber zu reden: Wie kann man diesem Problem beikommen? Wie kann man die Betroffenen am besten unterstützen und betreuen? Diese Expertin hat im Jahr 2005 oder 2006 – das weiß ich jetzt nicht mehr auswendig – gesagt, dass es neben der Strafbarkeit, die natürlich gegeben sein muss und die es in Österreich schon seit Län­gerem gibt, ganz, ganz wichtig ist, mindestens genauso wichtig wie die straf­rechtliche Verfolgung, dass den Betroffenen rechtzeitig und präventiv geholfen wird, dass es Einrichtungen gibt, an die sie sich wenden können, dass es Notwohnungen gibt, wo sie sich verstecken können, und dass es Strukturen gibt, die sie auffangen und dafür sorgen, dass es möglichst gar nicht zu Zwangsehen kommt. Das ist mindestens genauso wichtig wie die rechtliche Bestimmung.

Die rechtliche Bestimmung gibt es, und es ist wichtig, dass es sie gibt, aber ob jetzt im entsprechenden Paragraphen das Wort „Zwangsehe“ oder das Wort „schwere Nötigung“ vorkommt, bleibt gleich, wenn das Strafausmaß ein abschreckendes ist und wenn das Delikt auch wirklich verfolgt wird. Deshalb ist es uns sehr wichtig, da es diesen Straftatbestand gibt, nicht symbolische Politik zu betreiben und Straftatbestände einfach umzubenennen und ihnen „ein anderes Mascherl umzuhängen“ – unter Anfüh­rungszeichen –, sondern dass wir es langsam, aber hoffentlich sicher schaffen, die entsprechenden Betreuungsstrukturen zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang freut es mich sehr, dass es uns endlich, vor Ende der Legislaturperiode, gelingt, gemeinsam die Notwohnung für die Betroffenen von Zwangsverheiratung auf die Beine zu stellen. – An dieser Stelle auch ein Dankeschön an die Ministerin und an alle Personen, die seit Jahren daran gearbeitet haben, ganz besonders an den Verein „Orient Express“, der maßgeblich beteiligt war, der in jahrzehntelanger Arbeit diese Expertise aufgebaut hat und der weiterhin sehr darauf bedacht ist, dass die betroffenen Frauen und Mädchen wirklich unterstützt werden.


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Es wird uns nicht weiterbringen, das Thema politisch auszubeuten, sondern es sollte uns allen um die Frauen gehen, darum, dass diese Frauen wirklich begleitet, beschützt und unterstützt werden. Da ist noch einiges zu tun, Stichwort Strukturen, die noch aufzubauen und auszubauen sind. Ich hoffe, wir bleiben gemeinsam dran.

Da die strafrechtliche Verfolgung schon seit einiger Zeit gewährleistet ist, werden wir dem vorliegenden FPÖ-Antrag nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

20.54

20.54.02

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungs­aus­schusses, seinen Bericht 2329 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

20.55.0011. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1905/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sensibilisie­rung von Unternehmen gegenüber Wiedereinsteigerinnen (2330 d.B.)

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gartelgruber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.55.06

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir würden dem Antrag des BZÖ betreffend Sensibilisierung von Unternehmen gegenüber Wiedereinsteigerinnen absolut zustimmen, er hat seine Berechtigung, er findet sich ja auch mehr oder weniger im Regierungsprogramm wieder. Leider ist es aber wie bei vielen Dingen, die diese Regierung hier zustande beziehungsweise nicht zustande gebracht hat: Es sind nur Lippenbekenntnisse, denn die Maßnahmen, die im Regierungsprogramm angekündigt worden sind, lassen leider immer noch auf sich warten. (Beifall bei der FPÖ.)

Bezeichnend – ich glaube, Frau Kollegin Haubner wird dann auch noch einmal darauf eingehen –, wirklich bezeichnend ist der Umgang mit diesem Antrag, der eigentlich sehr beschämend ist für die beiden „Großparteien“ – unter Anführungszeichen – hier im Haus. Im April vergangenen Jahres wurde der Antrag im Gleichbehandlungs­aus­schuss vertagt. Es wurde gesagt, die Maßnahmen sind noch in Umsetzung, wir müssen jetzt vertagen, weil wir erst schauen müssen, was dabei herauskommt. Frau Kollegin Haubner hat diesen Antrag berechtigterweise noch einmal auf die Tages­ordnung setzen lassen, und jetzt wird er mit der gleichen Begründung in den Familien­ausschuss verschoben. – Seid mir nicht böse, aber so geht man mit wichtigen Anträ­gen der Opposition wirklich nicht um! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Noch einmal: Dieser Antrag ist aktueller denn je! Am Dienstag Abend ist dieses Wiedereinsteiger-Monitoring der Arbeiterkammer veröffentlicht worden, das für mich trotz allem etwas hinterfragenswert ist, denn ich glaube kaum, dass sich jede Frau


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beziehungsweise Mutter nur auf die Rolle auf dem Arbeitsmarkt beschränken lassen will. Aber das ist eine andere Sache, das müssen wir dann anders bewerten.

Diese Vorgehensweise zeigt aber auch, dass Sie meinen Antrag, der im Gleich­behand­lungsausschuss liegt, mit dem 8-Punkte-Programm, der genau dort ansetzt, wo das Wiedereinsteiger-Monitoring aufhört, der Lösungsansätze hätte, nicht einmal diskutieren wollen.

Zu echten Reformen ist diese Regierung nicht bereit. Frau Ministerin, Sie bedienen sich immer nur ideologischer Phrasen, die wahren Bedürfnisse der Österreicherinnen und Österreicher gehen an Ihnen vorbei! Wenn man sich dieses Wiedereinsteiger-Monitoring ansieht, dann sieht man, dass 68 Prozent der Frauen lieber länger bei den Kindern zu Hause bleiben wollen, solange diese noch klein sind, und das wird einfach negiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Schittenhelm hat heute hier in der Debatte zum Gleichbehand­lungs­gesetz auch noch einmal das Thema Wahlfreiheit, Teilzeitarbeit, Berücksichtigung von Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten angesprochen. Deshalb muss ich noch einmal daran erinnern, dass auch in diesem Zusammenhang im Gleichbehandlungs­aus­schuss, im Gesundheitsausschuss, im Sozialausschuss zig FPÖ-Anträge aufliegen, die von Ihnen einfach nur negiert worden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.58.40

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Worum es geht, darüber hat meine Vorrednerin schon gesprochen: um bessere Voraussetzungen für Frauen bei Wiedereinstieg primär nach einer Babypause, aber nicht nur danach, sondern der Antrag verlangt auch während und vor der Babypause Initiativen der Bundesregierung.

Die Kritik, dass man den Antrag zuerst vertagt und jetzt neuerlich zuweist, ist in gewis­ser Weise verständlich, sage ich ganz ehrlich, aber seit dem Zeitpunkt der letzten Vertagung ist ja auch einiges geschehen, Stichwort AMS-Kurse, die anders angelegt, verstärkt worden sind, und vieles mehr in dem Bereich. Aber das können wir alles noch im Ausschuss diskutieren.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, darauf hinzuweisen, dass es verschiedene Wiedereinsteigerinnen gibt. Es gibt jene, die auf ihren alten Arbeitsplatz in die alte Firma zurückkommen und dort vielleicht bestimmte Voraussetzungen vorfinden, die nicht immer passen, und jene, die vor einem Betriebswechsel oder Arbeitswechsel stehen.

Ich führe nur ein Beispiel an, weil die Frage des Einkommens immer eine Rolle spielt: Ich habe am Samstag im „Kurier“ eine Annonce einer renommierten Rechtsanwalts­kanzlei gefunden. Gesucht wird eine Sekretärin für 40 Stunden mit umfangreicher Praxis, Matura, EDV-Routine und natürlich gutem Englisch. Das Gehalt, das angeboten wird, liegt bei 1 201 € brutto, also bei 1 016 € netto.

Das sind auch Probleme, die wir haben. Natürlich schreiben sie, es kann auch sein, dass man überzahlt. Aber wenn 10 Prozent Überzahlung ausverhandelbar sind, dann ist das auch nicht viel, denn dann bleiben netto auch nur 1 073 € übrig, ich habe es mir ausgerechnet. Also wir haben auch da Probleme, und wir müssen alle miteinander schauen, was man tun kann. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)


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Ich denke, wenn jetzt eine Zuweisung des Antrages an den Familienausschuss erfolgt, dann werden wir das dort mit dem zuständigen Minister für Wirtschaft und Familie weiterdiskutieren. Daher, glaube ich, passt das. (Beifall bei der SPÖ.)

21.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


21.00.44

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sie werden sich wundern, aber ich muss meinen KollegInnen von der FPÖ absolut recht geben. Sie haben mein Lachen vorhin missverstanden, denn es ist tatsächlich immer wieder erstaunlich, befremdlich und nicht nachzuvollziehen, wie mit Opposi­tions­anträgen umgegangen wird. Im vorliegenden Fall ist das auch so eine Geschichte. Wir haben uns schon im Ausschuss darüber beschwert, es ist nämlich tatsächlich absurd: Vor einem Jahr, am 17. April 2012, haben wir diesen Antrag im Gleich­behand­lungsausschuss diskutiert, seither liegt er herum, ist heute noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt worden und soll in den Familienausschuss verschoben werden. Das ist wirklich ein Witz. Insofern bin ich da ganz bei Ihnen. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Was den Inhalt des Antrages betrifft, so stimmt auch das. Man muss tatsächlich an die Studie von der Arbeiterkammer denken, die erst gestern erschienen ist und die wieder bestätigt, wie schwer es Wiedereinsteigerinnen auf dem Arbeitsmarkt haben. Inso­fern – und das hätten wir auch schon vor einem Jahr bestätigt – ist es ein richtiger Antrag, nämlich zum einen nicht mehr zu tun als das Regierungsübereinkommen zu zitieren. Das, was Sie, Herr Riepl, zitieren, ist aus dem Regierungsübereinkommen. Da steht geschrieben, dass es darum geht, Frauen auf dem Arbeitsmarkt Qualifizierungs-, Betreuungsangebote im Wege des AMS und Unterstützung vor und nach der Baby­pause anzubieten. Das steht so im Regierungsübereinkommen, und ich verstehe nicht, warum Sie etwas dagegen haben, etwas zu unterstützen, das im eigenen Überein­kommen steht.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu erwähnen, dass es Frauen sehr, sehr schwer haben, viel schwerer als Männer, dass diesbezüglich offensichtlich nicht ent­sprechend gleich viele Mittel für Frauen und Männer zur Verfügung stehen, obwohl 92 Prozent der WiedereinsteigerInnen Wiedereinsteigerinnen – mit kleinem „i“ – sind, die ein großes Problem haben, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen.

Das heißt, es wäre nicht mehr als ein gemeinsames Übereinkommen aller Parteien, dem, worin die Regierung übereingekommen ist, auch nachzukommen. Insofern ver­stehe ich den Umgang mit dem Antrag wirklich gar nicht. Es geht um Frauen, die es auf dem Arbeitsmarkt gerade beim Wiedereinstieg tatsächlich sehr, sehr schwer haben.

Wir unterstützen den Antrag und sind deswegen gegen die Zuweisung an den Familienausschuss. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


21.03.24

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Frau Kollegin Schwentner, wenn Sie sagen, Sie verstehen nicht, warum dieser Antrag hin‑ und hergeschoben wird, dann muss ich dem entgegenhalten, ich verstehe nicht, warum Sie eigentlich nicht wissen, dass vieles


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schon erledigt worden ist. Bei genauer Betrachtung, wie der Antrag wirklich lautet, muss ich sagen, dass dieser wahrscheinlich in den Sozialausschuss gehörte und nicht in den Familienausschuss, und eigentlich ist es schade, dass er im Gleichbehand­lungs­ausschuss vertagt worden ist.

Ich kann Ihnen sagen, dass es mittlerweile pro Jahr 100 Millionen für eine flächen­deckende Kinderbetreuung außer Haus gibt, dass wir eine Steigerung bei der Kinder­betreuung unter drei Jahren von 14 Prozent auf 21,8 Prozent zu verzeichnen haben, dass es sehr wohl sehr, sehr viele Betriebe in Österreich gibt, die wissen, auch aus dem Grund des Fachkräftemangels heraus, wie wichtig gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, dass es die Möglichkeit gibt, auch in der Öffentlichkeit zu zeigen, wie gute Betriebe arbeiten, zum Beispiel mit den frauen- und familienfreundlichen Betrie­ben, zum Beispiel mit dem Staatspreis, der zeigt, wie wichtig WiedereinsteigerInnen, Väter und Mütter, sind, oder auch mit dem Audit berufundfamilie, wo es genau um diese Unterstützung geht, dass eben Eltern die Vereinbarkeit leben können. Wissen Sie, wie viele Betriebe Kinderbetreuung innerhalb des Betriebes bauen, weil ihnen das wichtig ist, und vieles mehr? (Abg. Mag. Schwentner: Warum schaut die Studie so aus, wie sie ausschaut, mit den Ergebnissen?)

Ich kann Ihnen sagen – auch wenn Kollege Riepl weiterdiskutieren will –, nein, nicht nur weiterdiskutieren, sondern meiner Meinung nach soll die Arbeiterkammer ein bisschen Geld sparen bei den Studien, wo mit alten Zahlen operiert wird, und dieses möglicherweise zum AMS schieben, damit dort noch mehr Maßnahmen umgesetzt werden können, wenn es notwendig ist.

Man kann auch nicht immer nur sagen, es ist eine Umschulung notwendig, denn wenn man nach kurzer Karenzzeit wieder einsteigt, dann ist man noch nicht aus dem Job draußen, noch dazu, wenn man auch Eigeninteresse hat, im Betrieb zu bleiben und Kontakt zu halten.

Im Antrag heißt es, die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst wird ersucht, eine stärkere Einbindung von Frauen voranzutreiben. Dazu möchte ich sagen, das ist eine Querschnittsmaterie. Das betrifft alle Bereiche, alle Ministerien, nicht nur den Frauenbereich und nicht nur den Familienbereich, nicht nur den Wirtschaftsbereich und nicht nur den Sozialbereich. Es ist auch eine Kultur, wie man mit diesem Thema umgeht und diskutiert. (Beifall bei der ÖVP.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


21.06.21

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Steibl, du hast ganz richtig gesagt, es ist eine Querschnittsmaterie. Und gerade aufgrund dieser Querschnittsmaterie hätte ich mir eigentlich gewünscht, dass die Frau Frauenministerin auch ihren Teil dazu beiträgt. Ich denke, Sie, Frau Bundesministerin, mischen sich zu Recht in den ver­schie­denen Bereichen ein, sei es in der Wirtschaft, sei es bei der Kinderbetreuung, im Familienbereich und so weiter. Aber bei diesem Antrag haben Sie geschwiegen, im letzten Ausschuss sowieso. Aber ich meine, ich brauche jetzt nicht zu wiederholen, was meine Vorrednerin gesagt hat zum Verlauf, den dieser Antrag genommen hat. Kollege Riepl, danke, dass Sie so ehrlich waren und gesagt haben, das war eigentlich nicht in Ordnung. Wahrscheinlich hat niemand genau gelesen, was in diesem Antrag steht, unterstelle ich jetzt einmal. Daher, glaube ich, ist das auch wirklich nicht zumutbar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 238

Ich habe in der letzten Ausschusssitzung vor einem Jahr die Frage gestellt, weil wir damals vertröstet wurden, am 17. April 2012, es sei so viel im Umsetzung, daher werde der Antrag vertagt: Was wurde gemacht? – Schweigen im Walde! Niemand hat mir sagen können, was gemacht wurde. Jetzt kommen vereinzelt Dinge wie Familien-Audit, Kinderbetreuung und so weiter, aber das ist ja letztendlich auch nicht das Gelbe vom Ei.

Die erwähnte Studie der AK zeigt ganz klar die Nachteile auf, die Frauen haben, wenn sie nach der sogenannten Babypause, nach der Karenz wieder einsteigen, gerade beim Einkommen. Ich denke, da ist es phantasielos, nur zu sagen, dann dürfen die Frauen nicht so lange zu Hause bleiben, sondern müssen rasch wieder einsteigen, damit auch die Einkommensunterschiede nicht so groß sind. – Das ist zu kurz gegrif­fen. Ich glaube, man muss sagen, die Entscheidung, wie lange und in welcher Form Eltern bei ihren Kindern bleiben, muss den Eltern überlassen sein. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Die Eltern müssen diese Wahlfreiheit haben, und jene, die sich entscheiden, länger zu pausieren, dürfen keinen Nachteil haben, wenn sie wieder einsteigen. Derzeit ist das aber so, dass sie einen großen Nachteil haben.

Ich hätte mir schon ein bisschen mehr erwartet als das, was jetzt von dieser Regierung vorgelegt wurde. Ich denke nur an ein Beispiel: dass man auch mehr mit Unternehmen kooperiert, nicht nur mit Betriebskindergärten. Es gibt gerade in Deutschland wirklich herzeigbare Modelle, weil sich Politik und Unternehmen gemeinsam ein bisschen etwas überlegen, die Firma Bosch etwa die Karrierebausteine. Für Mütter und Väter, die in Karenz gehen, die Familienzeit nehmen, soll das, wenn sie wieder einsteigen, für ihre Karriere nicht hinderlich, sondern förderlich sein. Der Karrierebaustein Familienzeit ist zum Beispiel einem Auslandsaufenthalt gleichzusetzen. Jemand, der zu Hause in Karenz ist, der seine Kinder betreut oder jemanden pflegt, der gewinnt ja nicht nur für sich selbst etwas Positives aus dieser Zeit, er gewinnt nicht nur für sich selbst sehr viel Kompetenz, sondern kann diese Kompetenz, vor allem die soziale Kompetenz, auch in das Unternehmen einbringen, und das ist letztendlich eine Win-win-Situation.

Solch kreative Beispiele hätte ich mir eigentlich gewünscht. Ich hätte mir gewünscht, dass in diesem Jahr, in dem der Antrag vertagt war, in dem die Regierung angeblich so fleißig war und gearbeitet hat, etwas in diese Richtung kommt.

Daher: Enttäuschend – nicht nur der Weg dieses Antrages, sondern letztendlich auch das Ergebnis für die Familien, aber vor allem auch für die wiedereinsteigenden Mütter und wiedereinsteigenden Väter. (Beifall beim BZÖ.)

21.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


21.10.38

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag haben meine Vorrednerinnen inhaltlich schon sehr viel gesagt, und sie haben auch die Wichtigkeit dieses Antrages einmal mehr hervorgehoben.

Ich möchte mich in meinem Redebeitrag auch mit dem Procedere und dem Umgang mit diesem Antrag, generell mit dem Gleichbehandlungsausschuss und mit dem dort gepflegten Umgang mit Oppositionsanträgen befassen. Es wurde schon erwähnt, dass dieser Antrag vor einem Jahr behandelt und vertagt wurde. ÖVP und SPÖ haben das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 239

vorgeschlagen; einerseits Kollegin Ablinger, andererseits Kollegin Durchschlag. Im letzten Gleichbehandlungsausschuss – das wurde ebenfalls schon erwähnt – wurde dieser Antrag dem Familienausschuss zugewiesen.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, war aber nicht der einzige Fall, in dem ein Antrag im Gleichbehandlungsausschuss nicht behandelt wurde, sondern einem anderen Ausschuss zugewiesen wurde. Was geschieht dann mit den Anträgen? – Sie bleiben in den anderen Ausschüssen liegen. Ein Beispiel möchte ich anführen, und zwar einen Antrag von mir aus dem Jahr 2009 betreffend Erstellung einer Burn-out-Studie mit genderspezifischen Aspekten.

Dieser Antrag wurde im Gleichbehandlungsausschuss auch behandelt. Es hat dort wenigstens eine Fünf-Parteien-Einigung gegeben; wir haben gesagt, wir weisen diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zu, weil der Gesundheitsminister da eine Studie in Auftrag geben soll. Am 10. Mai 2010 wurde dieser Antrag im Gesundheitsausschuss behandelt – und er wurde vertagt. Heute haben wir den 23. Mai 2013, und der Antrag liegt immer noch dort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Beispiel von vielen, wie es nicht geht.

Ebenso gab es bei den Oppositionsparteien Einigkeit darüber, den Gleichbehandlungs­ausschuss aufzuwerten und auch Minister zu diversen Themen in den Gleich­behandlungsausschuss zu laden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.– Ja, Herr Minister Hundstorfer war letztes Mal im Ausschuss. Man sieht, es geht ja.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch den Antrag betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung 2007‑2013 anführen, das war ein Vier-Parteien-Antrag, den wir beschlossen haben. Dieser wurde dann auch dem Landwirtschaftsausschuss zugewiesen und nicht im Gleichbehandlungs­aus­schuss erledigt. Es gab damals Protest von allen Oppositionsparteien – allein geholfen hat es nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Vielleicht sollten wir uns wirklich etwas überlegen oder das überdenken, oder Sie führen mit Ihren Abgeord­neten oder den Abgeordneten des Regierungspartners ein Gespräch, entwickeln vielleicht eine Perspektive und finden eine Lösung, damit wir hier den Gleich­behand­lungsausschuss entsprechend aufwerten und dort auch Anträge behandeln.

Es fällt ja niemandem ein Stein aus der Krone, wenn man hier den Anträgen im Gleichbehandlungsausschuss die Zustimmung gibt und sie dann eventuell zur Unter­stützung noch an einen anderen Ausschuss weiterleitet, anstatt generell alles abzu­wälzen, alles weiterzuleiten. Ich glaube, das wertet den Gleichbehandlungs­aus­schuss nicht auf und bringt uns diesbezüglich auch nicht weiter bei der Lösung vieler Probleme, die anstehen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

21.13

21.13.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 2330 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ich weise den Antrag 1905/A(E) dem Familienausschuss zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 240

21.14.2712. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über die Regierungsvorlage (2149 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013), und über den

Antrag 2155/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine existenzbedrohende Reduktion der Grundförderung des ÖBSV (Österreichischen Behindertensportverbandes) (2305 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


21.15.02

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Kollege Katzian! Was sein muss, muss sein – der heutige Tag spricht dafür, dass man sich beim Sportbericht auch deklariert. (Der Redner trägt ein violettes T-Shirt mit der Aufschrift „Verbund“.) Abgesehen davon, dass die Austria eine grandiose Saison gespielt hat, haben wir beim FC Nationalrat einen deutlichen Überhang von Rapid-Fans, und da mich der Trainer letztes Mal fast nicht aufstellen wollte, weil ich mit einem Austria-Schirm in die Kabine gekommen bin, muss ich hier auch für eine Deklaration sorgen. (Abg. Riepl:  steht „Verbund“ drauf! Sie werben für die E-Wirtschaft!) – Ja, das kann man auch nicht verhindern; bei Magna hätte ich es herausgeschnitten, aber mit dem Verbund geht sich das gerade aus. (Abg. Mag. Kogler: Aber er steht dazu!)

Leider ist es mir nur gelungen, den zweitschönste Austria-Dress zu bekommen. Kollegin Korun hat mich heute noch geschlagen, also dieses Violett ging nicht mehr. Jetzt muss man natürlich nur noch die Kurve von der Austria zum Sportbericht kriegen. (Abg. Kopf: ... gratulieren !) – Ja, ja, die Gratulation ist natürlich automatisch da drinnen. (Abg. Kopf: Dann könnten wir applaudieren!) – Ja, die Austria hat den Meistertitel geholt, jetzt dürfen alle einmal schön applaudieren. (Beifall bei Abge­ordneten von Grünen, SPÖ, ÖVP und Team Stronach.)

Die Kurve von der Austria zum Sportbericht ist gar nicht so schwer zu kriegen, wie ich finde, denn wenn man in Österreich den Sport anschaut und sich anschaut, wie die Struktur ist (Abg. Grosz: Ein bissl mehr das T-Shirt zeigen!) – bitte sehr! – (der Redner zeigt sein T-Shirt – Abg. Grosz macht mit seinem Handy ein Foto und bedankt sich), dann sieht man ja, dass wir ein Problem haben, dass nämlich Erfolg im Sport und weniger Erfolg in der Struktur sehr wenig verändern.

Wenn man sich die Austria anschaut, dann sieht man, dass es letztes Jahr gegen Ende der Saison ja alles andere als positiv gelaufen ist und dass es im Fußball relativ schnell geht, wenn der Verein nicht läuft, dass es auch noch zu Veränderungen kommt. Und das ist so ziemlich das Gegenteil vom organisierten österreichischen Sport. Wenn es dort nicht besonders gut läuft, wird die Struktur – oder wurde sie in den vergangenen Jahren – immer fortgesetzt.

Es gibt jetzt den Anspruch, dass sich das ändern soll. Es heißt weg von der Gieß­kanne, von dieser Form der Finanzierung, hin zu einer gezielten Förderung! Minister Darabos hat damals ja als Kern dieses Gesetzes propagiert: Weg von der Gießkanne hin zu der Förderung bestimmter Sportarten! Wir haben immer versucht, herauszu­finden, was diese sogenannten Prime-Sportarten sein sollen, so wirklich aufgelöst hat sich das Ding dann ja nicht. Kollege Wittmann lacht – gekommen ist das in der Form nicht; das könnte allerdings schon ein Teil des Problems sein.


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Die Frage ist, ob Österreich in dieser Hinsicht, wenn man den Spitzensport hernimmt, groß genug ist, um zu sagen: Wir fokussieren nicht, und es gelingt uns, auch Erfolg zu haben über die Fläche betrachtet. Die Diskussion ist nach den Olympischen Spielen in London neu aufgetaucht, da ist das Problem offenbar evident geworden, nicht nur dass wir keine Medaille gemacht haben, sondern dass es zumindest im Sommersport einfach auch an der Breite fehlt, weil ja auch die Anzahl der Medaillenanwärter durchaus überschaubar war, wenn wir uns ehrlich sind, und es sozusagen keine Sportarten gibt, wo man echt sagen kann: Dort haben wir eine Bank, dort kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die österreichischen Sportler beispielsweise bei olympischen Spielen erfolgreich sind.

Unsere Meinung ist: Ja, Prime-Sportarten machen Sinn. Das heißt ja nicht, dass man den Rest nicht fördert, sondern das heißt, dass es eine stärkere Form von Fokus­sierung bei diesen Sportarten geben kann. Das ist im Gesetz jetzt nicht enthalten.

Es ist so, dass die Strukturen sehr stark auf dem Bestehenden aufbauen. Wir haben das schon im Ausschuss diskutiert. Der Sportminister hat gemeint, es seien nicht die Sportler schuld – das teile ich –, es seien auch nicht die Trainer schuld – das teile ich auch. Dann haben Sie selbst, glaube ich, gesagt, dass die Strukturen ein Problem sind. Wenn man sich den Entwurf dieses Sportförderungsgesetzes anschaut, dann sieht man, es steht ganz vorne drinnen, dass auf den bestehenden Strukturen aufgebaut wird. Wenn also die Strukturen ein Problem sind, dann müsste man sie wahrscheinlich verändern und kann nicht auf ihnen aufbauen. Genau das ist aber die Zielsetzung dieses Gesetzes.

Meine These ist – und das werden wir heute schwer klären können, weil wir uns die Wirkung des Gesetzes anschauen müssen –, dass sich mit dieser Form, wie das Gesetz gestaltet ist, sehr wenig verändern wird.

Wir haben eine Entscheidungsstruktur, wo in den Gremien – das brauchen wir jetzt nicht im Detail zu beschreiben – letztlich ein Sportfonds, ein Förderungsfonds gegründet wird, wo Entscheidungen getroffen werden, wobei die BSO die absolute Mehrheit hat; die BSO-Vertreter haben sogar eine Zweidrittelmehrheit. Die BSO repräsentiert die gesamte Breite des Sports, und wenn man BSO-Präsident werden will, wie Herr Wittmann, wird man die Stimmen der gesamten BSO brauchen und wird es sich schlecht leisten können, hier auf einen gewissen Fokus hinzugehen.

Meine Einschätzung ist: Es hat sich vieles verändert bei der Kontrolle – das gestehe ich zu, das war auch eine der wesentlichen Forderungen –, die zahlenmäßige Kontrolle ist verbessert worden. Wenn man ins Detail geht – auch das war eine Debatte im Ausschuss, die wir nicht wirklich austragen konnten, weil Sie dann gesagt haben, das stimme so nicht –, wenn man sich genauer anschaut, wie die inhaltliche Kontrolle ausschaut, dann sieht man, da wird es sehr dünn. Es gibt zwar die Voraussetzung, dass man um Förderbeiträge ansuchen muss, dass es nur einen Teil als Grundstruktur gibt – okay, sinnvolle Maßnahme, dass für den anderen Teil im Wesentlichen Förderanträge geschrieben werden müssen –, aber wenn diese Förderungsziele, die man auch hineinschreiben muss, nicht erfüllt werden, dann gibt es laut Gesetz auch nicht die Notwendigkeit, dass man erklärt, warum es nicht erfolgt ist und welche Strukturmaßnahmen getroffen werden.

Meine Prognose ist also: Es wird sich relativ wenig ändern. Wir werden das in den nächsten Jahren sehen, ob sich an den Strukturen, an den Förderkriterien, etwas ändert. Ich würde davon ausgehen, dass Verbände, die sich über die Zeit einfach herunterwirtschaften, auch entsprechende Konsequenzen tragen müssen.

Wenn man sich etwa den Österreichischen Schwimmverband anschaut – ich sage das hier auch in dieser Form –, dann sieht man, dort ist in den letzten Jahren einiges


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schief­gelaufen: weg von einem der Verbände, die eine gewisse Breite hatten, dahin, dass de facto fast alle Spitzensportler aufgehört haben. In der Förderstruktur ändert sich da jetzt relativ wenig und tut sich wenig.

Also: Wenn man das im Spitzensport ändern will, dann hätte man auch dort ansetzen müssen.

Zweiter Punkt: Der Fehler im österreichischen Sport ist meiner Meinung nach die feh­lende Verbindung zwischen Schule und organisiertem Sport. Da ist auch etwas drinnen, kleine Möglichkeiten an Förderung sind drinnen. Aber solange es nicht eine massive Kooperation zwischen dem Unterrichtsministerium und dem Sportministerium gibt, werden wir das Problem nicht lösen.

Der Punkt ist, dass die österreichische Sportinfrastruktur – und ich rede jetzt von jenen Orten, an denen sie am meisten vorhanden ist, nämlich in den Schulen – genau zu dem Zeitpunkt zugesperrt ist, zu dem die Kinder die Möglichkeit hätten, sie zu nutzen, nämlich in den Ferien. Da sieht man, dass wir ein massives Nutzungsproblem und ein massives Problem beim Sport haben. Wenn es nicht gelingt, die Schulen in den Ferien zu öffnen – vor allem in den Sommerferien, aber in den Ferien generell –, dort Angebote zu machen, dann wird der Breitensport in Österreich eine große Schwierigkeit haben.

Und da muss man ganz objektiv sagen: Selbst in einer Situation, in der jetzt seit einiger Zeit Sportministerium und Bildungsministerium in der gleichen politischen Gestaltung sind, also beides bei der SPÖ, ist es nicht gelungen, diese strukturellen Hürden zu überwinden. Das ist nach wie vor das Kernproblem, die Debatte ist immer gleich gelaufen: Das Sportministerium sagt, das machen die Schulen; das Bildungsminis­terium sagt, das ist der Sport – und damit gelingt es nicht, da die Verbindung herzu­stellen.

Die Verbindung zwischen Breitensport und Spitzensport ist relativ simpel. Wann entsteht Breitensport? – Wenn im Spitzensport in diesen Sportarten Erfolge da sind. Es gab auch in Österreich einen Tennis-Boom, Mitte der neunziger Jahre. Er ist relativ wirkungslos verpufft, das muss man auch sagen, was den Spitzensport betrifft, mittler­weile auch was den Breitensport betrifft. Wenn man Tennis spielt und sich die Hallen anschaut, dann wird man feststellen, dass die Hallen zunehmend zugesperrt werden. In Tattendorf haben wir jetzt einen Hundeabrichteplatz in der Tennishalle, andere Tennishallen gehen zusammen.

Was eigentlich wirklich fehlt, ist, dass dort, wo im Spitzensport Erfolg auftritt, relativ schnell reagiert werden kann und Angebote geschaffen werden. Genau dort kommen nämlich Jugendliche, und die warten nicht drei Jahre, nachdem Muster in Paris gewon­nen hat, dass sie den Tennisschläger in die Hand nehmen. Sie stehen dann zwei Wochen später da, und man muss ihnen ein Angebot machen können. Und ich frage mich, wo diese Flexibilität hier drinnen sein sollte.

Zugestanden, es gibt Verbesserungen bei der Kontrolle, viele Dinge sind aber nicht wirklich erfolgt.

Abschließend möchte ich festhalten, es wäre vielleicht auch noch möglich gewesen, hier zumindest gewisse Freiräume zu schaffen. Ich sage einmal ein Stichwort: Ein­bindung von österreichischen Sportidolen. Es hat ja einige Kritik gegeben, von Herrn Muster beispielsweise, um nicht nur vom Tischtennis zu reden; auch Muster hat massiv die Verbandsstrukturen kritisiert. Herr Seisenbacher – das haben wir damals im Sportausschuss diskutiert, ob man sich das leisten kann; mag sein, zu einem gewissen Zeitpunkt hätte man es sich leisten können. So viele Olympiasieger haben wir in Österreich ja nicht; es wäre nicht so, dass die drinnen sind.


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Wenn diese für den österreichischen Sport etwas machen wollen, dann geschieht das Gleiche wie in der Vergangenheit: Sie können zum Verband gehen und können ver­suchen, in der Verbandsstruktur etwas zu bewegen. Das Problem ist nur, dass genau die zum Teil sagen, in der Verbandsstruktur hätten sie die Erfolge nie erreichen können. Wenn man es nicht so macht, dass man ihnen die Möglichkeit gibt, sich einzu­bringen, und alle nur an die Verbände verweist, dann werden wir die Schwierigkeit haben, die Idole, die es in Österreich gibt, auch in den Sport mit reinzubringen.

Also ich wünsche mir, dass meine Prognose nicht stimmt, sondern dass sich wirklich etwas verändert; sie ist leider anders. Die Evaluierung werden wir – sagen wir einmal so – in ein paar Jahren sehen; so lange wird es ja nicht dauern. Die Hoffnung ist zugegebenermaßen gering, aber vielleicht gelingt es mit diesem Gesetz ja auch, in der Zukunft noch Veränderungen herbeizuführen, dass man zumindest gewisse Schwer­punkt­setzungen möglich macht, die nicht in der klassischen, organisierten Form sind, sondern neue, innovative Möglichkeiten bieten und die wirklich einen Zugang zum Sport bieten, der in Österreich eine Breite schafft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Krist gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.24.11

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich habe genau gewusst, dass Kollege Brosz mir zuvorkommen wird, aber nichtsdestotrotz kann ich es mir nicht verkneifen, meinem glücklichen Präsidenten zu gratulieren, dessen Team – die Trainer, die Mannschaft – eine tolle Saison gespielt und den Meistertitel errungen hat. Auch von meiner Seite noch einmal herzliche Gratulation! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Meine Damen und Herren! Heute ist mit Sicherheit ein besonderer Tag für den organi­sierten Sport in Österreich. Heute ist ein langer, ein kurviger, oftmals auch steiniger Weg zu Ende. Heute ist der Tag, an dem wir die Ziellinie überqueren.

Wir hatten am Beginn eine unglaubliche Menge an Ideen, an verschiedensten Vor­schlägen, auch an revolutionären Ansätzen und Gedanken, und ja, jetzt am Ende liegt ein Kompromiss auf dem Tisch, der gemeinsam mit sehr, sehr vielen ExpertInnen, ehemaligen und aktiven SpitzensportlerInnen, Dach- und FachverbandsvertreterInnen, SportwissenschaftlerInnen, SportpolitikerInnen erarbeitet wurde. Dieses neue Bundes-Sportförderungsgesetz liegt jetzt, nach all dieser Zusammenarbeit, beschlussreif auf dem Tisch.

Der organisierte Sport wünscht sich die Umsetzung genau dieses Gesetzes, wie es jetzt da liegt. Es wird zur geforderten deutlichen Verwaltungsvereinfachung kommen. Die Kontrollmöglichkeiten wurden wesentlich verbessert. Die neue Grundförderung sichert langfristig die Vereins- und Verbandsstrukturen. Die Beschickung von Olympi­schen und Paralympischen Spielen wurde gesetzlich verankert. Das Gesetz zwingt auch so manchen Verband, sich moderne Strukturen zu geben und internationalen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Es wird erstmals klar definiert, wann ein Verband ein Verband ist und somit anerkannt wird. Der Behindertensportbereich wurde insgesamt gestärkt. – Um nur einige wenige Punkte zu nennen.

Meine Damen und Herren, viele von Ihnen kennen den Spruch: Politik ist die Kunst des Machbaren. – Und so sehe ich das beim Bundes-Sportförderungsgesetz. Es gibt immer bessere Ideen, es gibt immer idealere Vorstellungen. Die Frage ist nur: Was ist umsetzbar, was ist machbar?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 244

Wir alle wissen, dass der Sport grundsätzlich Landessache ist; da reden wir eigentlich von viel mehr Geld als von diesen 80 Millionen aus der besonderen Bundessportför­derung. Ich darf nur ein Beispiel nennen: Wenn wir in Zukunft über eine notwendige, vernünftige und zukunftsweisende Sportstättenplanung diskutieren wollen und müssen, wird es nicht ohne den breiten Schulterschluss von Bund und Ländern gehen. Wer manchmal vom australischen Modell als Idealfall der Sportförderung spricht, der sollte bitte auch dazusagen, dass die australische Regierung für die Neustrukturierung des Sports in Australien einen mehrere hundert Millionen schweren Sondertopf zur Verfü­gung gestellt hat. Das hatten wir in Österreich bekanntlich nicht.

Wenn wir unsere Kinder und Jugendlichen fitter machen wollen, dann müssen wir alle Initiativen dazu ernst nehmen, unterstützen und fördern. Das beginnt bei Hopsi Hopper, geht über Kinder gesund bewegen bis zur täglichen Bewegungseinheit bezie­hungsweise Turnstunde. Und ganz ehrlich: Ich will nicht ständig hören, warum etwas nicht geht. Ich will, dass das Machbare auch gemacht wird. Und es ist vieles möglich, wenn der Wille vorhanden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu, meine Damen und Herren, müssen alle wesentlichen Player im Sport und im Bildungsbereich einen Beitrag leisten – leisten wollen und auch leisten dürfen. Mir ist daher zum Beispiel auch die stärkere Einbindung unserer Bundessportakademien bei all diesen sportrelevanten Themen ein sehr wichtiges Anliegen.

Meine Damen und Herren! Das Gesetz ist eine sehr gute Basis, um einen weiteren, neuen, erfolgreichen Weg im österreichischen Breiten-, Gesundheits-, Behinderten-, Leistungs- und Spitzensport zu beschreiten. Ich bedanke mich bei allen, die diesen Weg positiv-kritisch und sportlich-aktiv begleitet haben und das Gesetz heute hier im Hohen Haus schlussendlich auch mit uns beschließen. Ganz besonders bedanke ich mich bei den beiden Verantwortlichen, den Ministern Norbert Darabos und Gerald Klug.

Geben wir dem organisierten Sport, unseren Sportlerinnen und Sportlern, den vielen haupt- und noch mehr ehrenamtlich tätigen FunktionärInnen in Österreich mit diesem Gesetz die Chance auf eine erfolgreiche Zukunft! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.28.33

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident Katzian! Natürlich lasse ich es mir als gebürtiger Violetter, der ein paar Meter neben dem Stadion aufgewachsen ist und immer ein Austria-Fan war, an einem Tag wie diesem auch nicht nehmen, ein kleines Utensil mitzunehmen. (Der Redner zeigt einen violetten Fan-Schal mit der Aufschrift „Austria Memphis“.) Wir hatten gestern schon die Gelegenheit, auf diese grandiose Meisterschaft anzustoßen. Auch von mir und meiner Fraktion herzliche Gratulation und ein herzliches Glückauf zu diesem tollen Erfolg! Man muss wirklich zugestehen, dass Präsident Katzian mit seinem Team – mit Markus Kraetschmer, mit Thomas Parits, mit Peter Stöger und der ganzen Mannschaft – tolle Arbeit geleistet hat. Daher gratuliere ich dir herzlich zu dieser Meisterschaft. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, Grünen und Team Stronach.)

Aber das ist nicht nur irgendein Schal, den ich da jetzt umhängen habe, sondern das ist ein ganz besonderer Schal. Da steht darauf – da wirst du jetzt schauen –: Austria Memphis. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Der Schal stammt aus dem vorigen Jahrtausend, wie du weißt, denn der Verein heißt jetzt ganz anders. Nur: Unter diesem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 245

Namen – und da war dieser Schal gerade modern – war die Austria 1978 im Europacup-Finale. Sie haben dort gegen Anderlecht leider verloren, aber sie waren im Finale. Möge das ein gutes Symbol für die Austria für die kommende Europacup-Saison sein, dass sie vielleicht auch sehr weit kommt, lieber Präsident. Hoffen wir das, für Österreich wäre es gut!

Leider: Wie positiv das gestern war und heute auch ist, so positiv kann man leider zum Sportförderungsgesetz nicht sprechen, Herr Minister. Das tut uns schrecklich leid. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Als Sie Ihr Amt angetreten haben mit einem Elan ähnlich wie erfolgreiche Fußballer, habe ich gedacht, ja, das ist ein Sportler, der hat viel Engagement, ist durchaus sym­pa­thisch und geht jetzt her und wird das alles umkrempeln. Er macht jetzt wirklich ein Sportförderungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Ich habe gedacht, dass Sie uns tatsächlich aus diesem Dilemma holen werden, das wir haben, nämlich null Me­daillen, ein funktionärsverwalteter Verbandssport, dem die Erfolge international fehlen, eine Gießkanne mit vielen Löchern, aber ohne Wirkung, und etwas Neues machen werden.

Es tut mir echt leid, ich bin enttäuscht davon, dass Sie das nicht gemacht haben, sondern dass Sie einfach nur das fortgeschrieben haben, was man Ihnen in die Hand gegeben hat.

Das ist ein bisschen schade, enttäuschend, denn es ist eine vertane Chance, Herr Minister. Was geschieht mit dem Gesetz? – Es gibt keine Strukturveränderung, es gibt keine Projektförderung. Wir haben das nicht, was nach der letzten Olympiade groß angekündigt worden ist, man werde jetzt vier, fünf, sechs Sportarten speziell heraus­nehmen, dort, wo man Chancen auf Medaillen habe, und werde diese speziell fördern. Das wollte das Ministerium machen. Das geschieht aber leider alles nicht.

Das ist eine vertane Chance. Das Einzige, was heute geschieht, ist, man stellt zur ersten Gießkanne eine zweite Gießkanne dazu. Das geschieht. Wir haben jetzt nicht eine, wir haben zwei Gießkannen. Warum? – Weil man an der bisherigen Struktur überhaupt nichts verändert, außer einen sogenannten Sportförderungsfonds und eine Bundessportkonferenz zu installieren, die wieder mehrheitlich mit denselben Personen, Funktionären, Politfunktionären, BSO-Funktionären besetzt ist wie bisher.

Herr Minister, was soll sich hier ändern?, frage ich mich. Und man schafft eine Büro­kratie. Warum machen Sie das? Warum schaffen Sie eine Bürokratie? Alleine dieser Fonds wird mindestens neun hauptberufliche Mitarbeiter finanzieren müssen. Die geschätzten Kosten für diesen neuen Fonds belaufen sich auf zwischen 1,5 Millionen € und 2 Millionen € jährlich – Geld, das wieder der Sportförderung abgeht. Wofür?

Dieser Fonds und diese Konferenz, die wieder von acht Mitgliedern der BSO und nur von drei Mitgliedern des Ministeriums besetzt wird, wird am Ende dieselben Förde­rungsentscheidungen treffen wie bisher. Da ändert sich kein Millimeter.

Zweite Gießkanne. Wir haben nicht eine, wir haben eine teure zweite Gießkanne mit diesem Sportförderungsgesetz geschaffen, und das ist einfach ein Unfug. Das ist unnötig!

Wenn Sie hergekommen wären und gesagt hätten, das machen wir nicht, entweder wir machen etwas ganz Neues, wir stellen den Sport auf völlig neue Förderungsfüße, oder wir machen das Gleiche, aber dafür brauche ich keinen neuen Fonds, dafür brauche ich keine Konferenz, das ist unnötig.

Jetzt der zweite Hauptkritikpunkt – weil die Redezeit schon knapp ist –: Herr Minister! Acht zu drei fallen die Entscheidungen ausschließlich mit einer Zweidrittelmehrheit in


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dieser Bundessportkonferenz. Die acht Mitglieder entsendet die BSO, sie entscheidet, wie viel Förderung sie selber bekommt. Das heißt, das ist ja eigentlich sagenhaft und unglaublich, dass im Sport der Fördergeber und der Fördernehmer ein- und dieselben Personen sind. Dieselben Personen, dieselben Verbände! Na selbstverständlich jubeln die Verbände beim Hearing im Sportausschuss, dass sie wieder selbst entscheiden können, welche Förderung sie bekommen.

Aber ist das wirklich korrekt, noch dazu vor dem Hintergrund der mangelnden inter­nationalen Erfolge? Wäre es nicht gescheiter, zu sagen, wie das überall in der Wirtschaft oder bei ernst zu nehmenden Konstrukten, Institutionen und Vereinen der Fall ist, dass der Fördergeber nicht personenidentisch und verbands- und vereinsiden­tisch ist mit dem Fördernehmer und dann noch dazu zum Teil auch identisch mit den Kontrolloren? Denn kontrollieren tun sie sich auch noch selber!

Sie geben sich nicht nur selber die Förderung, sondern sie kontrollieren sie am Ende auch. Da kann ja nichts herauskommen, Herr Minister. Dieses Gesetz ist, was Check and Balances anbelangt – das hat Ihnen auch ein Experte im Ausschuss gesagt –, einfach durchgefallen. Es ist durchgefallen, es ändert nichts. (Abg. Dr. Wittmann: Sie sollten es vielleicht einmal lesen!)

Ich sage Ihnen etwas: Auch wenn Sie das heute im Fernsehen in der „Zeit im Bild 1“ gesagt haben. Es ist leicht, Herr Minister, wenn man sich hinstellt und verkündet, bei der nächsten Olympiade werden wir stärker sein als bei der letzten.

Na super! Bei der letzten hatten wir null Medaillen. Na, dass wir vielleicht eine oder zwei machen, ist ja hoffentlich möglich. Aber das muss ja nicht das Ziel sein. Das Ziel ist eine strukturelle Veränderung, dass wir wirklich etwas zum Besseren bewegen, dass wir eine echte Strukturreform haben, eine Spezifizierung, ein Umdenken im ganzen Vereinssport – weg von politischen Funktionären hin auch zu einer offenen Vergabe, die letztlich auch die Erfolge bringen kann.

Das sind unsere zwei Hauptkritikpunkte, die wir haben. Leider ist das eine vertane Chance, die wir heute sehen, die eine „Sportförderung neu“ nicht möglich macht, son­dern eine „Sportförderung ganz alt“ mit zwei Gießkannen, die fortgeschrieben werden und leider nichts bewegen.

Tut uns leid, aber dem können wir mit Sicherheit nicht zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

21.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Schmuckenschlager gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.35.01

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Auch ich darf mich den Glückwünschen an den österreichischen Fußballmeister anschließen. Ich möchte natürlich nicht unerwähnt lassen, dass es nicht nur Fußball in diesem Land gibt, sondern auch eine Reihe anderer Sportarten. (Abg. Kopf: Basketball in Klosterneuburg!) Und heute hat in der Best-of-five-Finalserie der Oberwarter Basketballverein gegen die Wiener wieder einen Punkt machen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber, Herr Kollege Westenthaler, Sie lassen schon ein bisschen auch in die Seele des österreichischen Sportfans blicken, wenn Sie hier zuerst dem Kollegen Katzian als Präsidenten des FK Austria Memphis (Abg. Ing. Westenthaler: Wien!), des FK Austria Wien zum Meistertitel gratulieren, andererseits aber dann verteufeln, dass Politiker in ehrenamtlichen Funktionen in Vereinen tätig sind und hier politische Funktionen übernehmen. (Abg. Ing. Westenthaler: Weil das kein Sportförderungsverein ist! Das ist Profifußball!)


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Das ist meines Erachtens nicht ganz schlüssig. Ich glaube, es ist sehr gut, dass auch Politiker Funktionen in Vereinen übernehmen, ehrenamtliche Funktionen, denn es ist die Aufgabe von uns allen, zu schauen, dass der Sport in möglichst breite gesell­schaftliche Schichten vordringen kann, dass wir dem Sport möglichst viele Plattformen bieten können.

Da sollten wir auch die Politik, die ja doch eine gewisse Öffentlichkeitswirkung hat, und die Politiker nicht ausschließen und sollten all jenen danken, die wirklich ehrenamtlich ihre Zeit zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Bundes-Sportförderungsgesetz ist eigentlich die Weiterführung der bisherigen Besonderen Bundessport-Förderung mit rund 80 Millionen € pro Jahr. Dazu hat es ja bereits Kritik des Rechnungshofes gegeben, dass Vergabe und Kontrolle bisher nicht so ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Mit dem neuen Gesetz stellen wir das Ganze auf neue Beine.

Begonnen wurde der Prozess durch eine Expertengruppe aus dem Sport heraus. Auf einer breiten Basis wurde diskutiert, dann kam der Entwurf des Ministeriums, und wir konnten sogar im parlamentarischen Prozess noch die eine oder andere Weiche richtig stellen und an der einen oder anderen Schraube drehen.

Ich möchte hier vor allem die Finanzierung für den Behindertensportverband und für das Österreichische Olympische Comité hervorheben, wo wir doch noch einiges verändern konnten, vor allem zugunsten des Behindertensports in Österreich.

Auch wenn der Bundessportförderungsfonds schon als zusätzliche bürokratische Hürde angesprochen wurde, so ist es doch die Administration der Förderungen, die dort durchgeführt wird. Wir haben damit endlich eine Stelle, die viele administrative Aufgaben übernimmt, die bisher bei den Verbänden und bei den einzelnen Sportlern gelegen sind, und die eine einfachere Abwicklung der Förderungen für die Sportler durchführt.

Der Fonds ist deswegen notwendig, weil wir sehr stark für die Autonomie des Sports eintreten, denn wir wollen nicht einen staatsverordneten und staatskontrollierten Sport, sondern einen Fonds, der sozusagen von der Sportwelt aufgestellt wurde und mit der Sportkonferenz natürlich auch Vertreter des Sports hat, die sich um diesen Fonds kümmern.

Es geht um die Zusammenführung bestehender Strukturen, auch aus dem Ministerium heraus, die sich dann dieser Themen annehmen. Es wird in die Grundförderung und in die Projekt- und Maßnahmenförderung geteilt werden, die natürlich zielstrebig auf Erfolge in den Verbänden abgestimmt und auch der Garant für zukünftige Erfolge sein soll.

Auch die Fördernehmer sind ab jetzt im Gesetz normiert. Hier gibt es Begrifflichkeiten, dass jeder Verband und auch letztendlich die Vereine wissen, wer Förderungen in Anspruch nehmen darf. Das liegt in Zukunft nicht mehr nur in den Händen der BSO, sondern wird gesetzlich normiert. Auch das war eine Anregung des Rechnungshofes, der man im neuen Gesetz nachgeht.

Auch die Kontrolle ist einerseits stichprobenartig durch das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport vorzunehmen (Abg. Ing. Westenthaler: Acht zu drei! Was ist nicht in den Händen der BSO?) und andererseits in der Grundförderung durch eine Ein- und Ausgabenrechnungslegung der Verbände, die einen Sachbericht zu verfassen haben. Bei der Maßnahmen- und Projektförderung werden eine definitive Kostenaufstellung und eine Darstellung der Kosten verlangt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 248

Ich glaube, dieses Gesetz ist ein Schritt, wir müssen hier aber noch weitere setzen. Die nächsten Schritte müssen natürlich sein, die Schulstandorte zu stärken, auch die Vereine massiv in die Schulen einzubinden und die Vereine für Bewegung in der Schule zu aktivieren. Da wäre eine Ganztagsschule im verschränkten Sinn natürlich ein Rückschritt, denn dann hätten die Vereine keinen Platz in den Schulen. Da müssen wir sehr gut aufpassen.

Auch muss die Sportstättenentwicklung gemeinsam mit den Ländern weiter voran­getrieben werden. Die Sportstätten sind in Österreich in keinem guten Zustand. Da müssen wir noch sehr viel Aktivität hineinlegen, um den Sport voranzutreiben.

Letztendlich ist es die Gesundheitsprävention, die uns alle antreiben sollte, die Österreicherinnen und Österreicher zu mehr Sport zu motivieren und Bewegung irgendwie in unserem Alltag zu implementieren, dass es eine Selbstverständlichkeit wird, Sport von der Jugend bis ins hohe Alter zu betreiben, damit dies auch den gesund­heitlichen Aspekt unterstützt, dass wir unsere Gesundheit erhalten können.

Sport ist ein ganz wichtiges Instrument für unsere persönliche Gesundheit, für die Fitness der Leute und letztendlich auch ein wirtschaftlich hochwertiger Faktor in unserem Land.

Daher ist dieses Bundes-Sportförderungsgesetz ein guter Schritt. Weitere Schritte werden hoffentlich noch folgen, damit wir den Sport in Österreich noch weiter voran­bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Markowitz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.40.48

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Bei diesem Bundes-Sportförderungsgesetz habe ich am Anfang, als wir darüber diskutiert haben, ich kann mich erinnern, gedacht, jetzt geht da wirklich etwas weiter. Es ist absolut in die richtige Richtung gegangen.

Ich habe gedacht, jetzt werden die Fördermittel so eingesetzt, dass am Ende des Tages der Breitensport etwas davon hat; so hätte es eigentlich funktionieren sollen. Und ich kann mich erinnern, Herr Minister, in Ihrer ersten Rede, als Sie die Landes­verteidigung quasi abgefrühstückt haben, haben Sie gesagt, das Bundes-Sportförde­rungs­gesetz sei Ihnen so wichtig, weg vom Gießkannenprinzip, Sie wollten klare Strukturen haben. Das Geld soll dort ankommen, wo es wichtig ist, natürlich auch bei den Vereinen, ganz klar.

Natürlich sind wir eine Ski-Nation, das wissen wir. Da sind wir aber auch nicht mehr so erfolgreich, wie wir früher einmal waren. Da müssen wir auch ein bisschen den Hebel ansetzen, vor allem wenn ich mir die Abfahrer anschaue. Aber ich habe gedacht, jetzt werden wir nach dem Olympia-Desaster, was ja tatsächlich eines war, wieder alles versuchen, um junge Menschen wieder so zu motivieren, dass sie zu Vereinen gehen, dass sie mehr Sport betreiben und dass sie am Ende des Tages eines finden: Es ist gerecht, was da geschieht. Es ist gerecht, dass das Geld so aufgeteilt wird, dass man nicht wieder sagen kann, die machen sich ohnehin wieder alles aus.

Peter Westenthaler hat das richtig angesprochen. Wenn wir das jetzt wirklich be­schließen – es wird heute ohnehin beschlossen, ich weiß –, dann werden die Leute draußen wieder sagen, die im Hohen Haus richten sich alles wieder. Das ist leider das Problem. (Beifall der Abgeordneten Schenk und Ing. Westenthaler. – Abg. Dr. Wittmann: Sehr mager!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 249

Na ja, gut, das kann mager sein, Herr Kollege. Wenn ich mir jetzt die Reihen der SPÖ anschaue, dann frage ich mich: Wo seid ihr alle? Wo wart ihr bei der Gleichbehand­lungsdebatte? (Beifall der Abg. Schenk.) – Da wart ihr auch nicht da. Und wo seid ihr jetzt, wo es um den Sport geht – auch ihr von der ÖVP? Und wenn du jetzt sarkastisch meinst, Kollege Wittmann, dass wir zurzeit noch nicht so groß sind wie ihr, dann sage ich: Schauen wir einmal, was die Zukunft bringen wird. Das sage ich hier ganz emotionslos vom Rednerpult aus. (Beifall der Abg. Schenk.)

Herr Minister, Sie sind ja selber Sportler. Sie sind, glaube ich, Läufer. Sie haben eine große Ausdauer, haben Sie gesagt. Das ist etwas, was Sie auszeichnen wird. Sie sind der neue Medienstar, unter den Top 3, also der Shooting Star der SPÖ. Das meine ich jetzt übrigens gar nicht sarkastisch. Ich erwarte mir schon etwas von Ihnen. Wenn ich mir jetzt anschaue, dass dann wieder mehr Kosten entstehen, dass zusätzlich Men­schen angestellt werden, obwohl das ohnehin so eine Riesenstruktur ist, dass das wieder noch mehr Geld kostet als vorher, nämlich 1,5 Millionen € und bis 2015 noch einmal 800 000 € mehr im Jahr, dann frage ich mich schon, ob man mit gutem Gewissen in unsere Klassen und Schulen gehen kann und den jungen Menschen und vor allem den ehrenamtlichen Tätigen in die Augen schauen und sagen kann, dass wir das Richtige machen.

Am Ende des Tages würde ich mir wünschen, Herr Minister, dass eben genau das der Fall ist, dass wir uns noch breiter aufstellen, vor allem endlich die Struktur verschlan­ken, die Kosten herunterfahren und das Geld dort einsetzen, wo es wichtig ist, nämlich bei den jungen Menschen, damit wir wieder erfolgreich sind und damit wir die besten Trainer einstellen können. Es soll nicht irgendjemand sagen können, das sei Freun­derlwirtschaft. Das wünschen wir uns, wie ich meine, alle nicht. (Beifall der Abgeord­neten Schenk und Ing. Westenthaler.)

Eines muss ich noch sagen. Wir haben im Sportausschuss darüber diskutiert, wo ich Gott sei Dank auch sprechen durfte, obwohl ich kein Vollmitglied bin, das weiß ich auch. Dort wurde ein Fünfparteienantrag betreffend das Ringen eingebracht. Ich bringe jetzt meinen Antrag auch ein, er ist ziemlich wortidentisch  (Abg. Mag. Stefan: Singen oder Ringen?) – Zum Ringen, dass das olympisch bleibt. Dazu habe ich im März eine Anfrage gestellt. Da hat es geheißen: Schauen wir, was wir damit machen. Die Frau Kollegin von der FPÖ da oben lacht, sie hat gesagt, ätsch bätsch, ihr seid kein Vollmitglied, deswegen machen wir keinen Sechsparteienantrag, sondern nur einen Fünfparteienantrag.

Jetzt bringe ich ihn halt wortidentisch noch einmal ein, dann könnt ihr alle dagegen stimmen, nämlich:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Verbleib der Sportart Ringen im Programm der Olympischen Spiele

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, sich beim IOC mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die Sportart Ringen weiterhin im Programm der Olympischen Spiele verbleibt.

*****

Ich freue mich hier auf breite Unterstützung. Am liebsten hätte ich einen Sechs­parteienantrag gemacht, das war leider formal nicht möglich, vielleicht schaffen wir es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 250

in Zukunft. Ich bitte um breite Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall der Abgeordneten Schenk und Ing. Westenthaler.)

21.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Stefan Markowitz und Kollegen betreffend Verbleib der Sportart Ringen im Programm der Olympischen Spiele

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Sportangelegen­heiten über die Regierungsvorlage (2149 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Förde­rung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013) (2305 d.B.) TOP 12

Bereits seit der Antike zählt Ringen zu den wichtigsten und traditionsreichsten olympi­schen Sportarten. Nun will das IOC den Ringsport jedoch ab 2020 aus dem olympi­schen Programm streichen. International hat dieses Vorhaben für enorme Aufregung gesorgt. Auch der bekannte Autor John Irving hat sich über diese Entscheidung empört gezeigt und mehr Transparenz im IOC gefordert. Über alle Grenzen hinweg haben sich Initiativen gebildet, die für einen Erhalt des Ringens als olympische Disziplin eintreten: Besonders bemerkenswert ist hierbei auch die Kooperation zwischen dem amerikanischen und dem iranischen Fachverband um das drohende „Aus“ für den Ringersport zu verhindern.

Die völkerverbindende Funktion des Sports wird an diesem Beispiel besonders deutlich. Auch der Österreichische Ringsportverband bemüht sich darum, in Österreich die ringer-freundlichen Kräfte zu bündeln. Entsprechende politische Unterstützung und eine klare Willensbekundung der Verantwortlichen für eine der traditionsreichsten olym­pischen Sportarten einzutreten, könnte diesem Bemühen mit Sicherheit den nötigen Rückenwind verschaffen. Derartige Initiativen werden auf politischer Ebene auch abseits des IOC in verschiedenen Staaten, federführend unter anderem in den USA und Russland betrieben. Ende Mai wird die Sitzung des IOC-Exekutivkomitees stattfinden, bei der noch ein Umschwung vor der IOC-Vollversammlung im September möglich ist.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert sich beim IOC mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die Sportart Ringen weiterhin im Programm der Olympischen Spiele verbleibt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 251

21.45.45

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Als fußballerisch geborener Schwarzer und Sturm-Fan darf ich natürlich auch der Austria Wien sehr herzlich gratulieren. Wir sehen uns dann ja auf der europäischen Ebene fußballerisch wieder. Daran darf ich glauben. Ich hoffe darauf, und ich glaube auch, dass Sturm Graz das schaffen kann. Aber kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema, zum Bundes-Sportförderungsgesetz.

Herr Bundesminister Klug, ich habe bei Ihrer Vorstellung im Nationalrat festgehalten, dass wir uns als Partei, als FPÖ im Sportausschuss konstruktiv einbringen werden und dass wir den Sport über weite Strecken als Konsensmaterie betrachten. Deshalb werden wir nach langer Überlegung dem Gesetz heute auch zustimmen. Aber: Vieles, was heute gesagt worden ist, was vom BZÖ, vom Kollegen Westenthaler gekommen ist, auch vom Kollegen Brosz, ist natürlich richtig, hat seine Richtigkeit und ist auch unterstützenswert, was den Inhalt betrifft.

Wir wissen aber alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die derzeit gültige Regelung, die alte Regelung auf einer Regelung aus dem Jahr 1948 beruhte, und wir wissen auch, dass sie nicht effizient und nicht gut strukturiert genug war, um im Endeffekt auch Geld zum Sportler zu bringen. Ich hoffe, dass das jetzt mit diesem Gesetz gelingen wird.

Es wurden auch seitens des Rechnungshofes immer wieder Kritikpunkte angemerkt. Wir haben uns auch – das muss ich hier auch sagen – im Rahmen des Experten­hearings im Ausschuss ein Bild von dem machen können, was die Experten zu diesem Thema sagen.

Ich kann der Argumentation der anderen Oppositionsparteien im Ausschuss nicht folgen, die gemeint haben, wenn Experten hier ein Gesetz als guten Kompromiss bezeich­nen – es war dort ja keine Jubelstimmung, sondern es war der gute Kom­promiss, der im Endeffekt herausgeschaut hat –, dann kann man ja als Opposition dem nicht zustimmen.

Ich sage, wir haben den Experten zugehört, wir haben beurteilt und wir haben – und das ist der wesentliche und wichtige Punkt, auch für unsere Fraktion – auch deshalb zugestimmt, weil der wichtigste Knackpunkt in diesem Gesetz, nämlich die Förderung des Behindertensports, im Endeffekt repariert wurde, Unklarheiten beseitigt wurden und für unsere erfolgreichsten Sportler, die wir derzeit in Österreich haben – ich erinnere daran, 13 Medaillen bei den Paralympics –, die Fördermittel auch sicher­gestellt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Kritik am Gesetz – das ist heute schon gekommen –: Es gibt keine Strukturveränderung in diesem Sinn, wir haben keine Entpolitisierung. Das wird – erlauben Sie mir diesen Wink – unter einem SPÖ-Minister auch nicht möglich sein, wenn wir rote und schwarze Verbände haben, die sich den Sport in Österreich wunderbar aufteilen. Das war uns bewusst, aber wir bezeichnen dieses Gesetz einmal als ersten richtigen Schritt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf aber auch noch auf ein anderes Thema kommen, weil es einen Bereich im Gesetz gibt, nämlich den § 22, der regelt, dass Sportstätten, auch Sportstätten der Bundesschulen ebenfalls für den Sport geöffnet werden können. Herr Bundesminister, Sie in Ihrer Funktion als Sport- und Verteidigungsminister wissen, dass wir natürlich auch beim Bundesheer Sportstätten haben, wo wir Möglichkeiten hätten, diese nach einer Evaluierung, bei welchen Sportstätten dies möglich wäre, zu öffnen beziehungsweise auch ähnlich der Regelung des § 22 entsprechend vorzugehen, um Vereinen die Möglichkeit zu geben, in den Sportstätten des Bundesheeres zu trainieren und dort ihren Sport auszuüben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 252

Ich darf deshalb folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Mario Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Öffnung geeig­neter leerstehender Sportstätten des Bundesheeres für sportliche Zwecke

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird ersucht, eine Evaluierung der vorhandenen Sportstätten des österreichischen Bundesheeres vorzunehmen und die derzeit im § 22 Bundes-Sportförderungsgesetz nur für Bundesschulen vorgesehene Regelung auch auf die dafür geeigneten Sportstätten des österreichischen Bundes­heeres auszudehnen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe im Vorfeld seitens der Regierungs­parteien durchaus vernommen, dass bei diesem Antrag in die richtige Richtung gedacht wird. Ich hoffe, dass man hier eine vernünftige Lösung findet, weiß natürlich nach einiger Zeit im Parlament, dass es nicht einfach ist, einem Oppositionsantrag zuzustimmen, aber ich hoffe, dass wir heute hier zumindest einmal einen Denkanstoß auch in diese Richtung gegeben haben.

Herr Bundesminister, noch eine Anregung und Bitte, die auch eine überschneidende Materie betrifft, nämlich wieder Ihre Funktion als Heeres- und Sportminister. Sie wissen, ich komme aus dem Bereich Bundesheer, Sie wissen, dass ich Unteroffizier bin, und Sie wissen auch, dass wir eine Heeresunteroffiziersakademie haben, die nicht nur gute Ausbildung macht, sondern die bis vor einiger Zeit, bis der Rot- oder Sparstift angesetzt wurde, im Ausbildungsbereich auch den staatlich geprüften Lehrwart im Laufbahnbild der Unteroffiziere festgelegt hat.

Ich würde jetzt aufgrund Ihrer Umfrage empfehlen, dass wir, da wir heute wissen, dass sich die Grundwehrdiener mehr Sport, mehr qualifizierten Sport wünschen, aber auch die ÖVP hat ja in ihrem 12-Punkte-Programm vor der Volksbefragung zur Wehrpflicht gesagt, dass sie qualifizierten Sport, gut ausgebildete Lehrwarte und Trainer im Bun­desheer haben möchte, einen Denkprozess und einen Prozess in Gang setzen, mit dem wir sicherstellen, dass der Sport im Bundesheer qualitativ gesichert ist und ins Laufbahnbild der Unteroffiziere der staatlich geprüfte Lehrwart für allgemeine Kondition wieder aufgenommen wird.

In diesem Sinne sage ich, schauen wir, wie sich das Gesetz im Endeffekt auswirkt. Wir müssen es evaluieren, keine Frage, aber es ist ein guter erster Schritt, und ich bitte, auch den Antrag zu unterstützen beziehungsweise diese Anregungen mitzunehmen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung geeigneter leerstehender Sportstätten des Bundesheeres für sportliche Zwecke


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 253

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 12, Bericht des Ausschusses für Sport­angelegenheiten über die Regierungsvorlage (2149 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013) und über den Antrag 2155/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine existenzbedrohende Reduktion der Grund­förderung des ÖBSV (Österreichischen Behindertensportverbandes) in der 203. Sit­zung des Nationalrates am 23. Mai 2013

§ 22 des neuen Bundes-Sportförderungsgesetzes 2013 sieht unter dem Titel „Über­lassung von Einrichtungen der Bundesschulen“ vor: „Sofern Einrichtungen der Bundesschulen gegen jederzeitigen Widerruf für sportliche Zwecke überlassen werden, darf dies Überlassung unentgeltlich erfolgen.“

Hintergrund dieser Bestimmung sind ein vorhandener Mangel an Sportstätten und ein derzeit nicht vorhandener Zugang zu Sportstätten für viele Vereine bei gleichzeitigem Leerstehen dringend nötiger und vorhandener Einrichtungen in Bundesschulen.

Neben Sporteinrichtungen in Bundesschulen gibt es auch Sportstätten des Bundes­heeres, die zu gewissen Zeiten nicht genutzt werden und oft über Stunden leer stehen. Auch bei diesen Einrichtungen wäre es – nach einer Evaluierung, inwieweit diese der Öffentlichkeit problemlos überlassen werden könnten – möglich, diese zu gewissen Zeiten Nichtbundesheer-Angehörigen für sportliche Zwecke zu überlassen.

Einnahmen aus einer allenfalls entgeltlichen Überlassung von Sportstätten des Bun­des­heeres müssen verpflichtend für den Erhalt und Betrieb dieser Sportstätten genutzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird ersucht, eine Evaluierung der vorhandenen Sportstätten des österreichischen Bundesheeres vorzunehmen und die derzeit im § 22 Bundes-Sportförderungsgesetz nur für Bundesschulen vorgesehene Regelung auch auf die dafür geeigneten Sportstätten des österreichischen Bundes­heeres auszudehnen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Bundesminister Mag. Klug zu Wort. – Bitte.

 


21.51.29

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Ich darf mich eingangs recht herzlich für die vielen Anregungen bedanken und bedanke mich jetzt im Nachhinein auch noch bei den Mitgliedern des Sportausschusses. Ich hatte Gelegen­heit, mit ihnen nicht nur eine allgemeine Aussprache über ein sehr breit angelegtes Themenfeld im Sport durchzuführen, sondern auch eine Diskussion zum vorliegenden Bundes-Sportförderungsgesetz.

Ich bedanke mich gleichzeitig für die aktuellen Anregungen hinsichtlich der weiteren Intensivierung des Sports im Bereich des österreichischen Bundesheeres. Herr Kollege, ich darf Sie um rund zwölf Stunden Geduld bitten, ich werde mich morgen be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 254

mühen, das sofort eins zu eins aufzunehmen, und darf auch die mit Frau Kollegin Mikl-Leitner geplante gemeinsame Pressekonferenz zum Thema Sport und österreichisches Bundesheer in diesem Zusammenhang an dieser Stelle im Hohen Haus bewerben.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nun aber zum Bundes-Sportförderungsgesetz. Ich möchte sagen, dass Sie heute einen historischen Beschluss im Zusammenhang mit der Bundes-Sportförderung fassen. Es hat eine intensive dreieinhalbjährige Ver­hand­lungs- und Bearbeitungsdebatte gegeben. Wir machen, Sie machen heute symbolisch, politisch gesprochen, den Sack dieser Novelle zu, und wir kommen damit zu einer maßgeblichen Reform. Es ist schon angesprochen worden, das ist seit 1948, also seit der Nachkriegszeit, das kann man mit Fug und Recht behaupten, die größte Reform im Bereich der Bundes-Sportförderung.

Geschätzte Damen und Herren, ich habe zu Beginn meiner Vorstellung im Hohen Haus gesagt – Sie alle kennen damit auch mein oberstes sportpolitisches Ziel –, dass ich durch mein Wirken die Österreicherinnen und Österreicher über den Sport auch gesünder machen möchte. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diese Reform, das neue Bundes-Sportförderungsgesetz mittel- und langfristig einen sehr deutlichen Beitrag dazu leisten wird.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch sagen, ich werbe jetzt hier noch einmal um breite Zustimmung zu dieser Novelle, weiß aber auch, dass vieles im Vorfeld, vor meiner Amtszeit als Sportminister vorbereitet wurde. Insofern gilt der größte Teil des Lobes meinem Amtsvorgänger als Sportminister, Norbert Darabos. Er hat wesentliche Schritte gesetzt, er hat wesentliche Initiativen gesetzt, er hat vieles vorbereitet, viele Gespräche vorangetrieben, sodass ihm eigentlich ein Großteil dieses politischen Erfolges gebührt. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es war ein partnerschaftlicher Prozess, es war ein intensiver Prozess, es war der gesamte breit organisierte Sport eingebunden, und insofern ist es schön, wenn heute, politisch gesprochen, der Sack zugemacht wird.

Wir wissen, dass wir in der Ist-Situation im Bereich der Sportförderung mehrere Prob­leme gebündelt haben. Es gibt mangelnde Transparenz. Es gibt eine Kontrolle, die Defizite beinhaltet. Es gibt eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip. Es gibt viele Fördertöpfe, die gemeinsam wirken. Der administrative Aufwand ist groß, und die Planungssicherheit für die Verbände ist nicht gerade sehr groß.

Mit dem neuen Gesetz werden wir maßgebliche Fortschritte in diesem Zusammenhang erzielen, im Wesentlichen eine Effizienzsteigerung, und darüber hinaus auch das bisherige Fördersystem erheblich professionalisieren.

Mit dem neuen Modell werden vor allem die Verbandsförderungen maßgeblich ver­bessert, und es bringt eine beachtliche, deutliche und klare Trennung im Zusammen­hang mit dem Breiten- und Spitzensport, im Verhältnis 50 : 45 : 5. Der Spitzensport profitiert von dieser Bundes-Sportförderungsreform maßgeblich, nämlich mit rund 5 Millio­nen € mehr pro Jahr.

Es wird uns in diesem Zusammenhang auch gelingen – ich werde später noch auf meine Lehre, die ich aus den Olympischen Spielen gezogen habe, zu sprechen kom­men –, davon bin ich felsenfest überzeugt, mit dieser Sportförderung einen maßgeb­lichen positiven Beitrag zum rot-weiß-roten Sport zu leisten und damit auch wieder einen Beitrag, um in Österreich mittel- und langfristig zu Vorbildern zu kommen, zu Vorbildern für unsere Kinder und Jugendlichen, die sich daran orientieren können, um sie wieder für den Sport zu begeistern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 255

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, aber auch der Vereinssport wird wesentlich davon profitieren, indem es zu einer neu festgeschriebenen Mindestquote kommen wird.

Mir ist es aber auch wichtig, dass der Spagat zwischen einer strengeren inhaltlichen Kontrolle auf der einen Seite und Verwaltungsvereinfachungen, vereinfachten Abrech­nungssystemen auf der anderen Seite bewältigt wird. Und auch in diesem Zusam­menhang sind wir mit dem neuen Gesetz gemeinsam auf einem guten Weg.

Den Verbänden, den Fördernehmern war es besonders wichtig, dass, wenn eine Bundes-Sportförderung durchgeführt wird, in diesem Zusammenhang gewährleistet wird, dass sie zu einer Stelle kommen können. Und ich bin froh, feststellen zu können, dass wir dieses One-Stop-Shop-Prinzip mit dem neuen Bundes-Sportförderungsgesetz auch umsetzen können.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es schon angesprochen, wir haben in der vorletzten Sitzung des Sportausschusses gemeinsam ein Experten- und Expertin­nen-Hearing zum Thema Bundes-Sportförderung durchgeführt und diskutiert, und ich bin froh darüber, im Nachhinein auch feststellen zu können, dass in dieser Debatte eine überwältigende Zustimmung von den Expertinnen und Experten auch zu dem vorliegenden Gesetz gekommen ist.

Von einem Kollegen ist es schon angesprochen worden: Jawohl, es ist auch gelungen, in der letzten Sitzung des Sportausschusses die letzten beiden Hürden – ich spreche sie durchaus direkt an, diese letzten beiden Hürden waren die Thematik um den Behindertensport und das ÖOC – gemeinsam positiv zu bewältigen. In diesem Zusam­menhang sage ich aber auch in aller Offenheit – ich weiß, es hat im Vorfeld viele Gespräche gegeben –, es war mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig, dass das duale Fördermodell für alle Fördernehmer gleich gilt; ohne Ausnahme für alle Fördernehmer gleich.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal betonen, dass wir mit dem neuen Bundes-Sportförderungsgesetz keinem einzigen Fördernehmer etwas wegnehmen. (Abg. Brosz: Und das ist ein Erfolg?!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum angesprochenen Thema, was den Behin­dertensport insgesamt betrachtet betrifft: Ich möchte doch darauf aufmerksam machen, dass es uns jetzt gemeinsam durch die neuen Regelungen gelungen ist, für den Behindertensport in Summe 25 Prozent mehr an Fördersumme gesetzlich zur Verfü­gung zu stellen. Somit sind es in Summe für den Behindertensport insgesamt 1,6 Millionen € jährlich.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Mega-Projekt, jawohl, es hat gute und intensive Vorbereitungen gegeben, intensive Verhandlungen über einen sehr langen Zeitraum. Es waren alle eingebunden. Und meines Erachtens sind wir jetzt auf dem richtigen Weg, um, politisch gesprochen, den Sack zuzumachen.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, noch auf ein Projekt hinzuweisen, das in den letzten Tagen vorgestellt wurde, weil es auch angesprochen wurde im Zusammen­hang mit den Lehren, die wir aus den Olympischen Spielen gezogen haben. Ich habe versucht, im Sportausschuss meine Erkenntnisse, meine Einschätzungen, die ich aus den Ergebnissen der Olympischen Spiele gewonnen habe, offen zu diskutieren.

Ich habe gesagt: Jawohl, es gibt Defizite. Meines Erachtens liegen die Defizite primär in den Bereichen, wo es um Sportstätteninfrastruktur geht. Denn wenn wir Spitzen­sport, Spitzensportlerinnen und Spitzensportler in Österreich mit Topleistungen haben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 256

wollen, das ist meines Erachtens eine nationale Aufgabe, ein nationales Anliegen, dann brauchen wir auch Spitzensportstätten, die den SpitzensportlerInnen im Idealfall rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

In diesem Zusammenhang schwebt mir auf der einen Seite ein Sportstättenmasterplan vor, den ich versuchen werde gemeinsam mit den Verantwortlichen in den Ländern in den nächsten Wochen auf die Beine zu stellen. Zum anderen habe ich in den letzten Tagen gemeinsam mit dem ÖOC das Projekt Rio 2016 vorgestellt, weil ich der Meinung bin, dass wir gemeinsam mit dem ÖOC und mit dem Projektmanager Peter Schröcksnadel eine schlanke Struktur auf die Beine stellen können.

Mit einer Persönlichkeit im österreichischen Sport wie Peter Schröcksnadel – wir sind uns doch wohl alle einig, dass wir ihn als solche bezeichnen können –, mit seinem Einsatz, mit seinem Enthusiasmus, mit seinem Engagement, mit seinem Zugang, über den Tellerrand hinauszublicken, wird es uns auch gelingen – und das ist natürlich die sportliche Herausforderung –, tolle Sportler auch für den Sommersport zu begeistern und so auch im Sommersport gemeinsam entsprechende Leistungen auf die Beine zu stellen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir sind im Finale. Ich bedanke mich bei all jenen, die sich bemüht haben, das Bundes-Sportförderungsgesetz heute ins Finale zu bringen. Ich freue mich über eine weitere konstruktive Zusammenarbeit. Ich sage noch einmal, ich weiß, es gibt viele tolle Ideen auch im Hohen Haus. In den beiden Sitzun­gen des Sportausschusses, an denen ich teilgenommen habe, ist das auch deutlich zutage getreten. Ich hoffe auch weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit im Sinne des Rot-weiß-rot-Sports und im Sinne des österreichischen Sports. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.02.22

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich als Vertreter des organisierten Sports und als dessen Präsident der Austria herzliche Glückwünsche zum Meistertitel übermitteln. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ. – Bravoruf bei der ÖVP.) Ich glaube, die sportliche Leistung war in dieser Saison ganz einfach hervorragend. Alle haben zusammen­gear­beitet und somit zum Erfolg beigetragen.

Ich will jetzt nicht weitere Erklärungen zum Sportförderungsgesetz abgeben, sondern ich will auf einige Redebeiträge eingehen. Zunächst einmal: Ich halte den Vorschlag des Kollegen Kunasek für sehr sinnvoll, dass man auch darüber nachdenkt, die Sportstätten des Bundesheeres aufzumachen. Ich glaube, das wäre ein durchaus positiver Schritt, der nur zu befürworten wäre (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Peter Haubner), da es im Sport nicht genug Infrastruktur geben kann.

Zu den Ausführungen des Kollegen Brosz: Herr Kollege Brosz, ich bin da völlig anderer Ansicht und meine, dass sich die Struktur natürlich ändert. Wir haben das duale System deswegen für alle Sportverbände gewählt, weil wir gesagt haben, okay, man muss die Grundförderung schaffen, damit die Existenz über die Jahre hinweg gesichert ist, und man muss versuchen, über Projekte Schwerpunkte zu setzen. Und diese Schwerpunktsetzung wird in Zusammenarbeit mit dem Ministerium erarbeitet werden. (Abg. Brosz: Es kriegt ja niemand weniger!) Wir werden sehen, wohin diese Schwerpunktsetzung führen wird. Das kann zwei Jahre lang Jugendarbeit sein, zwei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 257

Jahre lang Trainerausbildung. Das muss man vorgeben. Man muss schauen, wo man Defizite hat, und auf diese Defizite kann man dann ganz kurzfristig, mittel- oder eben auch langfristig reagieren. Das hat dieses System in sich. Daher ist es strukturell schon ein ganz anderes als bisher. Es ist mehr auf die Verwaltung der Verbände ausgerichtet und weniger auf Effizienz und Leistung der Verbände, insbesondere im Spitzen­sport­bereich.

Die zweite Sache ist die Frage des Zusammenwirkens von Schule und Sport. Da gebe ich Ihnen völlig recht, Schule und Sport werden der Schlüssel sein, den wir in der Hand haben, um das System zu verbessern. Aber es ist nicht so, dass da nichts geschehen ist. Wir haben mit den Freizeitpädagogen den Fuß in der Tür. Dass die Sportaus­bildung nicht entsprechend angerechnet wird, das ist ein anderes Kapitel, aber da sind wir am Arbeiten, dass man das macht, um in dieses Feld hineinzuwirken. Wenn zu wenig Lehrer da sind, um die Ganztagsschule auszubauen, dann, glaube ich, kann man diese Bewegungseinheiten auch über diese Schiene bedienen. Damit kommt der Sport in die Schulen, und die Wechselwirkung zum Sport ist wieder gegeben.

Zu den Ausführungen des Kollegen Westenthaler: Wenn man etwas nicht verstehen will, dann ist es eben so. Es ist in keinem Fall international gesehen so, dass international die Minister oder die Politiker entscheiden, wie die Sportstrukturen ausschauen und wo die Sportförderung hingeht, sondern in den erfolgreichen Ländern wird immer die Autonomie des Sports in den Vordergrund gestellt. Der Sport entscheidet nämlich selbst, was er braucht, welche Mittel er braucht, wo er sie braucht und wie er sie braucht. Auch bei uns ist es nicht anders. Dass der Sport selbst ent­scheidet, das ist ein Wesen der Autonomie des Sports, das ist eine moderne inter­nationale Struktur. Es entscheidet nicht die Politik, sondern der Sport gibt sich selbst die Regeln, wo er das Geld hingibt und wo er es braucht.

Das ist der Unterschied zum Staatssport, den wir halt schon früher gelebt haben, und wir versuchen jetzt, die Strukturen zu modernisieren und den Anforderungen zu entsprechen.

Und das Zweite ist: Wer sind denn die Funktionäre? – Die Funktionäre sind Leute wie Schröcksnadel und Markus Prock, der immerhin selbst Olympiateilnehmer war. Das sind Funktionäre, die vom Sport eine Ahnung haben, die bewiesen haben, dass sie es können (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), und die verteilen die Mittel selbst dort, wo diese gebraucht werden. Vom Skiverband könnten alle anderen Verbände massiv etwas lernen, weil der eben am besten organisiert ist. Und so wird man wahrscheinlich auch zu besseren Lösungen kommen, wenn man die Sportverbände sich selbst ihre Regeln geben lässt und in dieser Hinsicht auch weiterarbeitet.

Das ist eine moderne Struktur, das ist eine international anerkannte Struktur, und es ist auf alle Fälle eine Struktur, die zukunftsweisend ist und nicht – so wie es da immer behauptet wird – die Politik in den Vordergrund stellt, sondern die Funktionäre sind Sportfunktionäre, die auf alle Fälle bewiesen haben, dass sie Management im Sport betreiben können. Und die sollen sich selber die Regeln geben. Sie wissen, was sie brauchen, und wissen, wo das Geld hinfließen soll.

In diesem Sinne halte ich dies für ein ganz modernes Sportgesetz. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 258

22.07.06

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Lieber Wolfgang, als Salzburger hast du von da noch keine Blumen bekommen. In dieser Hinsicht gratuliere ich. Was mich als Salzburger besonders freut, ist, dass ihr nächstes Jahr doppelt so oft nach Salzburg kommen werdet, weil es dem FC Grödig aus Salzburg gelungen ist, in die oberste Spielklasse aufzusteigen. Da werden wir einander öfter treffen. Also auch in dieser Hinsicht herzliche Gratulation nach Wien, aber gleichzeitig auch nach Grödig ins schöne Salzburger Land.

Natürlich gratulieren wir dem Erwin Rasinger zum dritten Platz, denn es ist ja auch eine gewisse Ehre und Freude für Rapid, dass man das noch geschafft hat.

Meine Damen und Herren, zum Sportgesetz ist schon sehr ausführlich gesprochen worden, und ich möchte dazu sagen, ich bin auch der festen Überzeugung, dass das der richtige Weg ist, dass wir hier eine ganz klare Trennung haben einerseits zwischen der Grundförderung und der Maßnahmenförderung, weil es schon sehr wichtig ist, dass unsere Sportverbände ausreichend Mittel zur Verfügung haben und wir somit auch Planungssicherheit haben. Dies betrifft vor allem die ganzen ehrenamtlichen Funktionäre, die die Sportverbände auch integrieren. Mit diesem neuen Sportgesetz sichern wir auch die Arbeit unserer ehrenamtlichen Funktionäre und Funktionärinnen und der Übungsleiter.

Es ist ja das Geheimnis des österreichischen Sports und seines Erfolges, dass sich viele junge Menschen, viele erfahrene Sportlerinnen und Sportler in diesem Bereich einbringen und ehrenamtlich die Jugend, die Kinder trainieren. Und da ist ganz wichtig, Peter Westenthaler hat es gesagt, die Sportförderung kommt auch dem Fußball­nach­wuchs zugute, und wenn man die Kinder kicken sieht, dann ist das herzerfrischend und eine Freude. Viele kommen ja aus diesem Nachwuchs dann an die Spitze, und deshalb erfüllt die Sportförderung auch hier ihre Funktion.

Was ich mir noch wünschen würde, wäre in dieser Hinsicht ein Punkt, nämlich eine verstärkte Kooperation der Sportvereine mit den Schulen, weil ich glaube, das ist ganz wichtig. Wir reden von der täglichen Turnstunde, von der täglichen Bewegungseinheit, aber der Sporttrainer, der Übungsleiter, der im Verein die Kinder praktisch trainiert, kann nicht in die Schule kommen, weil er eben nicht die notwendige pädagogische Ausbildung hat, obwohl er im Sportverein diese Aufgabe bestens erfüllt. Da muss wieder ein Lehrer daneben sein, was wieder zusätzliche Kosten bedeutet. Da müssen wir schon etwas bewegen. Wenn wir unser Ziel, die tägliche Bewegungseinheit für unsere Kinder, erreichen wollen, dann brauchen wir hier auch die notwendigen Rahmenbedingungen.

Aber, Herr Minister, ich glaube, Sie sind da in guten Gesprächen mit der Frau Unter­richtsministerin, und da setzen wir auf Sie, dass Sie sie auch dazu bewegen können, dass unsere Kinder zu mehr Bewegung kommen.

Ich möchte aber noch zu einem Punkt kommen, der mir auch sehr am Herzen liegt, das ist der Ringsport. Ringen ist gerade auch in meiner Heimat Salzburg, beim AC Wals, von hoher Tradition. Jeder kennt den Bürgermeister Ludwig Bieringer, der Präsident dieses Ringervereines ist. Wenn jetzt Ringen, eine traditionelle Sportart, aus dem olympischen Programm verdrängt wird, dann, muss ich sagen, ist das schon sehr bedenklich. Ich finde das nicht gut, wenn man diese Sportart, die Tradition in der olympischen Bewegung hat, die ja geschichtlich in der Antike ihren Ursprung hat, vertreiben will. Gerade beim Ringsport, wo wir zu den olympischen Bewerben seit 1952 immer wieder Vertreter aus Österreich entsandt haben – in London haben wir auch einen hervorragenden zehnten Platz erreicht –, wäre das sehr schade. Deshalb auch unsere gemeinsame Entschließung, dass wir das Internationale Olympische Komitee


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 259

noch einmal mit Nachdruck auffordern, dass man diesen Ringsport, den in Österreich auch ungefähr 500 Kinder ausüben, weiterhin als olympisch belässt.

In diesem Sinne: Es lebe der Sport und damit alle Funktionäre und Sportler! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. – Bitte.

 


22.11.19

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorzüge des neuen Sportförderungs­gesetzes wurden bereits eingehend dargestellt: längerfristige Planungssicherheit für die Organisationen, um wirklich Aufbauarbeit leisten zu können, Transparenz in der Mittelvergabe. Die Fördermittel sollen in die Kernleistung fließen, eben den Sport, und nicht in der Administration versickern. Der Hürdenlauf soll am Sportplatz stattfinden und nicht in den Büros. Das Ziel ist, möglichst viele Menschen zu gesundheits­för­dernder Bewegung zu motivieren. Unter dieser Perspektive ist meines Erachtens auch die Spitzensportförderung zu sehen.

Natürlich freuen wir uns alle über Medaillen und jubeln, wenn es etwas zu jubeln gibt, wobei ich hoffe, dass es künftig mehr zu jubeln geben wird. Aber der tiefere Sinn des Spitzensportes ist es, als Vorbild für den Breitensport zu wirken. Diese Motivations­aufgabe ist in Wahrheit eine Querschnittsaufgabe, eine Querschnittsmaterie, die nicht nur das Sportministerium erfasst, sondern auch das Bildungsressort, das Gesundheits­ressort.

Die Bewegungsförderung ist zu einer nationalen Aufgabe geworden, und darüber können wir uns alle gemeinsam freuen. Auch die Länder sind erfasst von dieser Begeisterung für den Sport. Als Bildungslandesrätin konnte ich da auch meine Beiträge leisten und habe diesen Auftrag auch sehr gerne wahrgenommen und sehr ernst genommen. Die Herausforderung wird aber immer größer, wenn man bedenkt, dass Kinder einer aktuellen Studie zufolge im Durchschnitt mehr als zwei Stunden bei Face­book und ähnlichen Foren verbringen, zusätzlich noch zu den schulischen Aufgaben, zusätzlich noch zum Fernsehkonsum und was auch immer. Also hier ist es ganz, ganz wichtig, gerade die Begeisterung bei der Jugend zu wecken, bei den Burschen und den Mädchen.

Da möchte ich auch nicht unerwähnt lassen, gerade das Gender Budgeting im Sport hat eine ganz besonders große Bedeutung und ist auch Wesenselement in diesem Sportförderungsgesetz. (Beifall bei der SPÖ.)

22.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


22.13.54

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Diskussion jetzt so verfolgt hat, hat man sich manchmal des Eindrucks nicht erwehren können, dass es um unter­schiedliche Tagesordnungspunkte geht, so unterschiedlich waren die Bewertungen.

Wenn man sich die Gesetzwerdung anschaut, dann kann man sagen, es war eine relativ lange Gesetzwerdung, es hat relativ lange gebraucht. Aber wie heißt es so schön: Je schwerer die Geburt, desto schöner das Kind. Schönheit liegt natürlich immer im Auge des Betrachters, aber so, wie es manche dargestellt haben, nämlich als


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 260

Missgeburt, ist es mit Sicherheit nicht. Es ist ein gesundes Kind geworden, das eine gute Entwicklungschance und eine sehr gute Perspektive hat. Das auch deshalb, weil diejenigen, die damit zu tun haben, nämlich die Sportlerinnen und Sportler, die Sportverbände, es auch sehr, sehr gerne umgesetzt haben wollen.

Das heißt, dieses Gesetz ist eine sehr gute Basis für die Weiterentwicklung. Das, was für uns wichtig war – das hat unser Sportsprecher schon angeführt –, ist die Autonomie des Sportes, dass es eben kein Staatssport ist, sondern dass der Sport auf Augenhöhe mit dem Sportminister ein starker Partner ist.

Wofür ich Ihnen sehr, sehr dankbar bin, Herr Minister, ist, dass Sie die Wichtigkeit des Breitensports auch für die Gesundheit, für die Prävention unterstrichen haben, dass der Nationale Aktionsplan Bewegung sozusagen die Leitlinie im Breitensport darstellt, dass „Fit für Österreich“ und „Kinder gesund bewegen“ weitergeführt werden. Das halte ich für sehr, sehr wichtig und wird hoffentlich dafür sorgen, dass Kinder und Jugend­liche gesünder werden oder gesund bleiben.

Was mir auch ein sehr großes Anliegen ist, ist, dass der Bereich des Behinderten­sportes klargestellt ist, dass die Unterstützung des Behindertensportes aufrecht bleibt. Wenn wir nämlich im Bereich der Behinderungen Integration beziehungsweise Inklusion vorantreiben wollen, dann ist es wichtig, nicht einen defizitorientierten Blick auf Menschen mit Behinderungen zu werfen, sondern einen ressourcenorientierten Blick. Es geht hier nicht nur darum, dass wir viele Medaillen bei den Paralympics gemacht haben und hoffentlich noch machen werden, sondern auch darum, dass einfach gezeigt wird, was Menschen mit Behinderungen alles imstande sind.

Alles in allem ein gutes Gesetz, ein Gesetz, das eine gute Basis für die Weiter­entwicklung des Sports darstellt. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

22.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


22.16.25

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich glaube, dass wir mit diesem Bundes-Sportförderungsgesetz einen wunderbaren Weg für den österreichischen Sport in Österreich gehen werden. So wie es konzipiert ist, wo auch alle Experten mitarbeiten konnten, ist es aus meiner Sicht ein hervorragendes Gesetz, weil ich weiß, dass es wichtig ist, in viele Bereiche zu investieren. Ich darf das vielleicht anhand der Dimension der Sportstadt Schwechat, der Sportvereinigung Schwechat kurz skizzieren, eines der erfolgreichsten Mehr­sparten­vereine in Österreich mit 2 800 Mitgliedern, weil es gelungen ist, seit Jahr­zehnten mehrere Aspekte zu vereinen. Zum einen ist es die Förderung des Jugend­sports, des Sports in den Schulen, schon im Kindergarten beginnend, die Förderung des Breitensportes, aber auch die gezielte Förderung des Spitzensportes, was letztendlich dazu geführt hat, dass das bei der Bevölkerung verinnerlicht wird, dass man am Sport nicht vorbeikommt.

Kurz zur Statistik, was die Sportvereinigung Schwechat seit 2010 erreicht hat: vier Weltmeistertitel, zwei Vizeweltmeistertitel, acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den Olympischen Spielen – auch hier waren es die Tischtennisspieler, die knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt sind –, einen Europameistertitel, einen Vizeeuropa­meistertitel, einmal Bronze bei Europameisterschaften, 208 Medaillen bei österreichi­schen Staatsmeisterschaften, davon 102 Mal Gold, und dazu kommen noch die Jugend­bewerbe: 423 Medaillen bei österreichischen Meisterschaften, davon 191 Gold­medaillen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 261

Das ist nur deshalb möglich, weil klarerweise auch finanziell unterstützt wird, sondern auch, weil hier alle mitwirken und weil hier alle an einem Strang ziehen. Das ist für unseren Sport in Österreich wichtig, und dieses Bundes-Sportförderungsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird seinen Beitrag dazu leisten und dafür auch garantieren.

Herr Bundesminister Klug, ein herzliches Dankeschön dafür, dass du da weiter dranbleibst, dass du mit deinem gesamten Team fest daran arbeitest. Dafür danke ich mit einem sportlichen Gruß. (Beifall bei der SPÖ.)

22.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 


22.18.52

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Nach einem sehr langen und auch sehr breit angelegten Diskussionsprozess können wir heute, wie es der Herr Bun­desminister so treffend auf den Punkt gebracht hat, den Sack zumachen und das neue Bundes-Sportförderungsgesetz hier verabschieden. Bei aller berechtigter, mehr oder weniger berechtigter, vereinzelter Kritik und bei allen Details, die da und dort vielleicht noch auftauchen, darf man eines, glaube ich, getrost festhalten: Es ist und bleibt die umfassendste Reform der Sportförderung seit 1948. Und das ist nicht zu unter­schätzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Grunde ist alles gesagt. Ich fasse nur noch einmal zusammen: Die neue Bundes-Sportförderung bringt ein modernes Förder­management, Administrationsvereinfachungen und endlich auch klare Aufgabenver­teilungen, mehr Transparenz mit der Förderdatenbank, eine Bedarfsorientierung sowie die generelle Neuordnung der Sportförderung. Das sind die Schlüsselpunkte dieses neuen Gesetzes.

Ein besonderer Dank gilt allen Expertinnen und Experten aus den Sportorganisationen, ohne deren Mitwirken von Beginn an dieser große Wurf sicherlich so nicht möglich gewesen wäre.

Ich stehe auch nicht an, mich bei den Kolleginnen und Kollegen von der Sozial­demokratie zu bedanken, dass sie letzten Endes ihren Widerstand im Bereich Behin­dertensportförderung aufgegeben haben und wir hier ein deutliches Mehr an finan­ziellen Mitteln verbuchen können.

Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben sich ja sehr überschwänglich bei Ihrem Amts­vor­gänger bedankt. Ich glaube, man kann hier eher von ausgleichender Gerechtigkeit sprechen, wenn man sich das zweite Ressort anschaut, das Sie von ihm geerbt haben. Aber sei‘s drum.

Wir als ÖVP sind jedenfalls sehr zufrieden mit diesem neuen Sportförderungsgesetz. Man kann von einem Meilenstein sprechen, mit dem wir vor allem eines erreichen wollen: den Österreicherinnen und Österreichern den Sport näherzubringen für ein gesundes und fittes Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

22.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


22.21.07

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Sportfreunde! Ich habe zwei Minuten, und ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 262

möchte eine Minute dafür verwenden, mich der Entschließung des Ausschusses zu widmen. Diese betrifft den Ringsport, dem ja droht, vom Programm der Olympischen Spiele gestrichen zu werden. In Österreich haben wir jetzt seit 2004 auch Frauen-Ringsport, es gibt über 4 000 Mitglieder insgesamt in Österreich, und erfreulicher­weise – auch das muss man selbstkritisch dazu sagen – hat die FILA, das ist der Weltverband des Ringsports, reagiert und sofort Reformen beschlossen, damit der Ringsport wieder attraktiver wird, weil er mittlerweile eigentlich schon eine mediale Randsportart ist.

Durch die Neuerungen, die man hier gemacht hat, vor allem auch im Frauen-Ringsport, ist die Attraktivität gesteigert worden, und man kann nur hoffen, dass die vielen Ver­eine, die es gibt – gerade in meinem Heimatbundesland Vorarlberg gibt es einige Vereine, die da ganz führend in Österreich mitwirken und auch im Schulsport integriert sind –, auch weiterhin die Möglichkeit haben werden, an Olympischen Spielen teilzunehmen.

Damit schaffe ich auch den Übergang zum Thema Schulsport. Ich weiß, ohne als Selbstbeschmutzer im Bereich der Bildungspolitik gelten zu wollen, dass es da viel zu tun gibt, dass besonders im Bereich der Sportausübung in den Turnstunden oft sehr schlampig gearbeitet wird. Es gibt nicht nur Lehrerinnen, sondern auch Lehrer, die sich wenig bemühen, sich aktiv im Sportunterricht einzubringen. Aber hier geschieht sehr viel. Ich möchte hier besonders die Initiative der beiden Sportsprecher, unterstützt vom neuen Sportminister und der Ministerin, die hier erfreulicherweise mit aufgesprungen ist, erwähnen. Ich meine, dass man die Zeichen der Zeit erkannt hat, dass man hier die Chancen nützt und dann tatsächlich sagen kann, in der Zukunft gilt auch für unsere Schulen: Es lebe der Sport! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindel­berger. – Bitte.

 


22.23.17

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Ja, Kollege Schönegger, wie du vorher gesagt hast, auch ich finde das vorliegende Sportförderungsgesetz gut, und zwar deswegen, weil es einerseits auf wirkungsvolle und transparente Förderung des Spitzensports abzielt, genauso aber auch auf die Förderung des Breitensports. Dabei geht es nicht nur um den Aufbau und die Weiterentwicklung der professionellen Verbandsstrukturen, denn auch – es ist heute noch nicht angesprochen worden – ge­zielte Trainingssteuerung vom Nachwuchs bis zum Spitzensport und eine stärkere Einbindung der Sportwissenschafterinnen und Sportwissenschafter sind Inhalt des vorliegenden Gesetzes, genauso wie die gezielte Ausbildung der hochqualifizierten Trainerinnen und Trainer.

Alle Expertinnen und Experten waren und sind sich darüber einig, dass auch Menschen, die nicht in den unzähligen Vereinen integriert sind, dazu animiert werden sollen, künftig mehr Bewegung zu machen. Daher ist es immens wichtig, dement­sprechende Angebote zu erarbeiten und so rasch als möglich auch der breiten Bevöl­kerung anzubieten. Aber genauso muss es gelingen, gesunde Bewegung von Kindern und jungen Menschen zu fördern sowie Menschen mit Migrationshintergrund durch den Sport die soziale Integration zu erleichtern.

Ich jedenfalls bin überzeugt davon, dass mit diesem Gesetz eine wichtige Neuaus­richtung der Sportförderung erfolgt, und all das – das sollten wir uns vor Augen führen – konnte nur ermöglicht werden, weil von Beginn an alle Sportverbände in den Diskussionsprozess mit eingebunden waren, mit einem klaren Ziel vor Augen: mehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 263

Transparenz und vor allem mehr Effizienz in die Sportförderung zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.25

22.25.20

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines verlangt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2305 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall des Abg. Riepl. – Abg. Ing. Westenthaler: Dem Riepl gefällt es!)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2305 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Erhalt der Sportart Ringen im Programm der Olympischen Spiele.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 304.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Verbleib der Sportart Ringen im Pro­gramm der Olympischen Spiele.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung geeigneter leerstehender Sportstätten des Bundesheeres für sportliche Zwecke.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

22.26.40 13. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes über Reihe Bund 2011/3 (III-220/2331 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


22.27.05

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Präsident Moser! Hohes Haus! Der vorliegende Rechnungshofbericht betrifft die Prüfung der Austrian Institute of Technology GmbH, kurz AIT. Es geht dabei um die Unternehmensentwicklung und die Abwicklung des Verkaufs der Funktionswerkstoffe Forschungs- und Entwicklungs GmbH.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 264

Der Bericht wurde am 14. Mai im Rechnungshofausschuss diskutiert. Als Aus­kunftspersonen standen die Frau Bundesministerin Doris Bures und der Chef der AIT, Herr Anton Plimon, zur Verfügung.

Anzumerken ist: Die GmbH entwickelte als einziges Produkt eine neuartige Batterie, die anfangs allerdings keine Marktfähigkeit erreichen konnte.

Der Rechnungshof kritisierte die jahrelangen, öffentlich subventionierten Verluste, soge­nannte In-sich-Geschäfte von Vorstandsmitgliedern, unter anderem dem ehemaligen freiheitlichen Verteidigungsminister Helmut Krünes.

Ebenfalls kritisierte der Rechnungshof den Verkauf der GmbH ohne Genehmigung des Vorstandes. Ein Strafverfahren zu den damaligen Malversationen ist weiterhin anhän­gig.

Erfreulich ist, die neue Führung des AIT sowie das BMVIT setzten die Rechnungshof­empfehlungen zum größten Teil um. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


22.28.49

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin hat es schon dargestellt: Es geht um die Prüfung des Austrian Institute of Technology, früher Austrian Research Center, uns allen bekannt unter Forschungszentrum Seibersdorf.

Es gibt hier eine bewegte Vergangenheit, und der Rechnungshof hat zwei Prüfungen durchgeführt, einerseits eine Gebarungsprüfung allgemein und dazu noch eine Follow-up-Überprüfung. Dabei sind gravierende Mängel und Fehlentwicklungen zutage gekommen.

Aber dieser Rechnungshofbericht zeigt uns auch, dass es möglich ist, ein Unterneh­men im staatsnahen Bereich durch Straffung und Reformen von der Verlustzone in die Gewinnzone zu führen. Seit 2010 wurde das Unternehmen nochmals neu aufgestellt.

Es gab vier Hauptkritikpunkte, einerseits die In-sich-Geschäfte. Es gab ja eine sehr komplexe Struktur und viele Verflechtungen, und es gab keinerlei Richtlinien für diese In-sich-Geschäfte. Andererseits wurden die Fördermittel unsachgemäß verwendet. Es gab auch Förderungen, die vorher abgelehnt und im Nachhinein wieder genehmigt wurden.

Ein weiterer Punkt war, dass es keine schriftlichen Dienstverträge gegeben hat und weiters die Gehälter überaus lukrativ waren, wo nur wenige Mitarbeiter zu verantworten waren. Auch der Verkauf der FEG, Funktionswerkstoffe Forschungs- und Entwicklungs GmbH, wurde nicht nach kaufmännischen Grundsätzen abgewickelt.

23 Empfehlungen wurden durch den Rechnungshof ausgesprochen. Davon wurden 19 zur Gänze und vier teilweise ungesetzt. Die wichtigsten Maßnahmen waren: Neu­fassung des Gesellschaftervertrages laut Schablonenverordnung des Bundes, Entwick­lung einer Gesamtunternehmensstrategie sowie Reduzierung der Geschäftsfelder, deutliche Einsparungen bei den Personalkosten, Einführung eines Department-Controlling, Einführung einer internen Revision, Errichtung eines Forschungsmarke­tings sowie Abschluss periodischer Leistungsvereinbarung zwischen dem BMVIT und dem AIT.

Heute ist das AIT ein Vorzeigeinstitut, welches sich im Wettbewerb behauptet und im Wettbewerb besteht. Das AIT ist die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 265

Österreich. Im Jahre 2011 konnte erfreulicherweise ein positives Ergebnis von 6,1 Mil­lionen € erwirtschaftet werden.

Ein Ausfluss der Rechnungshofprüfung war auch, dass knapp eine Million an das Verkehrsministerium refundiert werden konnte, wo ungerechtfertigterweise Förderun­gen bezogen wurden.

Insgesamt ist dieser Rechnungshofbericht ein Beitrag und ein Auftrag, ein wichtiges Unternehmen in eine gute und erfolgreiche Zukunft zu führen. Es ist gelungen, gemeinsam durch die Rechnungshofprüfung und durch Reformmaßnahmen dieses Unternehmen neu aufzustellen und aus den Schlagzeilen zu bringen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


22.32.07

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident Moser! Zu­nächst möchte ich mich sehr herzlich bedanken beim Rechnungshof, beim Herrn Präsidenten Moser und bei seinen Mitarbeitern für die hervorragende Arbeit und die hervorragenden Leistungen, die der Rechnungshof für Österreich und für das Parlament erbringt. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle Untersuchungen des Rechnungshofes und die daraus resultierenden Empfeh­lungen sind für uns alle von ganz großem Wert. Es ist schon die Angelegenheit mit der Firma FWG  im Bereich Seibersdorf erwähnt worden. Daher brauche ich die Maßnah­men, die daraus abgeleitet wurden, nicht mehr zu erklären. Aber auf eines möchte ich schon hinweisen: Hätte es den Rechnungshofbericht nicht gegeben und die 23 Maßnahmen, die vorgeschlagen wurden, so wäre wahrscheinlich auch in Seibersdorf heute mit nicht so guten Ergebnissen, mit nicht so positiven Ergebnissen zu rechnen, wie das jetzt der Fall ist.

Also der Rechnungshof bringt Ergebnisse. Das ist ganz, ganz wesentlich. Das gilt auch für den zweiten Punkt, den dann mein Kollege Hackl noch bearbeiten wird, den Konzerneinkauf der ÖBB. Auch dazu gibt es Vorschläge vom Rechnungshof, und es ist gelungen, durch diese Vorschläge eine neue Struktur des Einkaufes zustande zu bringen. Man kauft jetzt dort kostengünstiger und effizienter ein. Und ich möchte daraus ableiten: Wo der Rechnungshof hinschaut, profitiert Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof ist auch äußerst produktiv. Er ist sehr fleißig. Und er hat auch alle Einsparungsmaßnahmen, die in seinem eigenen Bereich möglich sind, längst ausgeschöpft. Dass er fleißig ist, kann man durch folgendes Ergebnis beweisen: Bei gleichbleibendem Personalstand – es gibt zirka 310 Mitarbeiter im Rechnungshof – wurden 2005 53 Berichte geliefert; 2012 waren es 99 Berichte.

Dazu kommt, dass der Rechnungshof immer mehr Aufgaben übernehmen muss, wie zum Beispiel jetzt Untersuchungen hinsichtlich Parteiengesetz, Medientransparenz­gesetz, ausgeweitete Prüfungen bei den Gemeinden. Der Kompetenzbereich ist dort ausgeweitet worden – also weniger Mittel, mehr Aufgaben, das geht auf die Dauer nicht. Da stößt jedes Unternehmen bald an seine Leistungsgrenze. Und so ist es auch beim Rechnungshof.

Mir kommt überhaupt vor, als wäre hier Sabotage am Werk (Abg. Scheibner: Ja, Sabotage!) – Sabotage, dass man auf der einen Seite den Rechnungshof mit mehr Aufgaben zuschüttet und ihm auf der anderen Seite die Mittel reduziert und kürzt. Das


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ist der falsche Weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten des BZÖ.)

Die Regierung will Missstände und Misswirtschaft verhindern. Ja, ich kann mir vorstellen, es tut weh, wenn man in den rot-schwarzen Verwaltungsspeck hinein­schnei­den muss. Aber, meine Damen und Herren, das muss wirklich sein, sonst werden wir die Konsolidierung der Staatsfinanzen auf keinen Fall zustande bringen.

Für mich ist auch total unverständlich, warum man den Rechnungshof nicht unterstützt. Je mehr Mittel ich dort hingebe, desto mehr kann geprüft werden und desto mehr Vorteile für den Staat würden sich daraus ergeben.

Ich möchte zum Abschluss nur noch auf Folgendes hinweisen: Es gibt vom Rech­nungshof einen Vorschlag, die Pensionen zu harmonisieren. Dieser Vorschlag liegt schon einige Monate auf dem Tisch. Gemacht wurde in dieser Sache leider Gottes nichts. Diese Harmonisierung im Pensionsbereich würde in Summe 1,4 Milliarden € an Einsparungen bringen. Das ist 38 Mal das Jahresbudget des Rechnungshofes. Also diese Budgetkürzungen, meine Damen und Herren, darf sich das Parlament nicht bieten lassen!

Ich werde beim nächsten Punkt hier herausgehen und einen entsprechenden Antrag dazu einbringen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


22.36.40

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Dem Dank kann man sich einmal mehr anschließen. Am heutigen Abend stehen mit den drei Berichten verschiedene umfangreiche Kapitel hier zur Diskussion. Das Schicksal, das 90 Prozent der Rechnungshofberichte beziehungsweise der Berichte des Rechnungs­hof­aus­schusses hier im Haus ereilt, ist, dass sie leider immer am Schluss der Tages­ordnung angesiedelt sind Deshalb habe ich gar keine große Lust, darauf einzugehen, was im Einzelnen darin mehr oder weniger inkriminiert wird.

In einem Fall – Sie alle werden wissen, wovon ich spreche, wenn Sie die Inhalts­angabe des Berichts lesen – kann man schon Ansätze einer schwarz-blauen Selbst­bedienungsmentalität aus der damaligen Zeit wiedererkennen. – Sei es drum! Mir geht es jetzt um etwas anderes.

Wenn wir wieder alle hier zum Dank ausrücken, sollten wir auch sagen: Es kann nicht sein, vor allem nicht mit dieser Methode sein, dass die Regierung dem Haus hier mehr oder weniger vorschreibt – Sie von Schwarz und Rot tun noch willfährig mit –, dass die Mittel für den Rechnungshof, und zwar im Übrigen über die zehnjährige Entwicklung viel stärker als bei allen anderen Obersten Organen, aufgrund seiner eigenen Einsparkapazitäten de facto letztendlich um das Doppelte von dem, was die anderen Obersten Organe hinnehmen müssen, gekürzt werden. Realiter heißt das – und das haben wir ja heute beim Finanzrahmen so detailliert gar nicht besprechen können, jetzt sollen es aber alle Abgeordneten hören, damit sie wissen, was sie mit diesem Finanz­rahmen anrichten, wenn wir diesen dann nächstes Jahr und übernächstes Jahr immer weiter so fortschreiben –, dass wir bis zum Jahr 2016 halbwegs auskommen, aber nur deshalb, weil die Rücklagen aufgelöst werden, um es abzukürzen oder zu verein­fachen, aber dann gar nicht mehr.

Der Präsident sagt – und er hat das ja allen Fraktionsführern sehr verantwortungsvoll referiert –, er könne jetzt die Personalpolitik so nicht fortführen, weil dann 2016/2017 ein Riesenschnitt wäre – im Übrigen genau dann, wenn seine Periode abläuft, die von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 267

2004 bis 2016 läuft –, und weil er so verantwortungsvoll ist, richtet er die Personal­planung jetzt schon danach aus. Das bedeutet aber mit Sicherheit weniger Kapazi­täten.

Obwohl die Aufgaben zunehmen, die wir hier als Gesetzgeber dem Rechnungshof zuweisen, zwangsverordnen, wenn man so will – da bleibt ihm eh nichts anderes übrig, dazu stehe ich auch, die Gesetze sind umzusetzen, auch vom Rechnungshof oder gerade vom Rechnungshof –, beschneiden wir seine Mittel noch gleichzeitig. Das ist schon ein starkes Stück, denn das heißt, dass in den klassischen Prüfbereichen gegenüber der Exekutive und der Regierung bei all jenen Unternehmen, die mehr­heitlich oder bestimmend in öffentlichen Händen sind, die Prüfung umso stärker zurückgefahren werden muss. Nichts anderes kann das heißen. Denn es ist eben einmal so: Du kannst mit einem halben Prüfer nicht gleich gut prüfen wie mit einem ganzen. Das ist ganz einfach.

Das geschieht vor dem Hintergrund, dass in Wirklichkeit in den letzten Jahren quasi nachgerade erforscht worden ist, was eigentlich die prophylaktische, wenn man so will, sogar budgettechnische, mithin volkswirtschaftliche positive Wirkung der obersten Kontrollbehörden in einem Land, wenn sie gut sind, bringt. Man könnte es auch so ausdrücken, dass in Wirklichkeit der Rechnungshof durch die prophylaktische Wirkung, die er in der Lage zu entfalten ist bei dem Gewirks, das wir in der Republik immer wieder zusammenzuräumen haben, hohe volkswirtschaftliche Vorteile bringt.

Es wäre ja etwas anderes, wenn alles total super-sauber laufen würde, wie etwa in Norwegen oder in derlei Staaten. Da sind wir ja weit weg davon. Es ist ja kein Zufall, dass wir im Korruptionsranking seit 2000 rasend nach unten plumpsen. Das ist ja alles kein Zufall.

Und in dieser Situation wäre es ein hervorragendes Investment auch für die öffentliche Hand, für denjenigen, der die Budgethoheit repräsentiert – das ist eben hier der Nationalrat –, da sogar noch mehr hineinzutun. Aber zu kürzen, das schlägt dem Fass wirklich den Boden aus! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Genau bei den Bereichen Rechnungshof, Korruptions- und Wirtschaftsstaats­anwalt­schaft und Großbetriebsprüfer bei der Finanz ist es mit Sicherheit so, dass wir uns noch lange keine Gedanken darüber machen müssen, ob es dort zu viel Verwaltungs­bürokratie oder sonst etwas gäbe, wenn dort mehr Leute arbeiten würden  genau bei diesen drei Bereichen! Die sind nicht nur besonders schützenswert – deshalb gibt es ja die dienstrechtlichen Fragen –, sondern sie sind auch besonders förderungswürdig.

Aber Sie machen genau das Gegenteil! Es ist letztklassig, weil es der Korruptions­bekämpfung schadet, weil es der Transparenz schadet, obwohl Sie diese Worte jetzt dauernd im Munde führen, offensichtlich aber nur zum Schein. Und es ist auch von der Methode her inakzeptabel, dass die Regierung das hier ins Haus hineinschmeißt. Und noch schäbiger ist, dass Sie nichts dagegen tun. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

22.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


22.41.48

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Ich kann mich dieser Kritik nur anschließen und sagen: Es ist letztklassig, wie man mit dem Rechnungshof in budge­tärer Hinsicht umgeht. Ein Rechnungshofprüfer bringt siebenmal mehr finanziellen Nutzen, als er an Lohnkosten verursacht. Ich wiederhole: siebenmal mehr volkswirt­schaftlichen Nutzen, als er an Lohnkosten verursacht! Das heißt, es steht außer Streit,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 268

dass der Rechnungshof als Instrument des Parlaments einen immensen volkswirt­schaftlichen Nutzen durch seine Effizienz und öffentliche Kontrolle bringt und damit eine wichtige Funktion als unser Organ einnimmt. Und es ist daher schändlich, wie wir mit diesem Instrument umgehen, und zwar auch bei der Gestaltung der Tagesordnung, sehr geehrte Damen und Herren von allen Fraktionen. (Beifall beim BZÖ.)

Heute um 22.45 Uhr diskutieren wir Rechnungshofberichte am Ende der Tagesord­nung, weil man sich in der Präsidiale offenbar nicht darüber einig wird, dass man den Rechnungshof als Kontrollorgan dieses Nationalrats als wichtigste Säule unseres Arbeitsauftrages so prominent platziert, wie er eigentlich platziert werden müsste.

Wir diskutieren heute den Bericht über AIT, und wir haben hier in diesem Bericht mehrere Empfehlungen, die im Übrigen von der Regierung schubladisiert werden. Der Rechnungshof empfiehlt Sanktionen gegenüber dem ehemaligen Aufsichtsrat. Der Rechnungshof empfiehlt, ungerechtfertigte Zahlungen zurückzufordern. Der Rech­nungs­hof empfiehlt, Schadenersatzforderungen geltend zu machen. Und die zustän­dige Verkehrsministerin erklärt uns im Ausschuss, dass sie nicht gedenkt, diesen Empfehlungen nachzukommen.

Wir haben mit dem Rechnungshof ein Instrument, das uns einen Pfad bei der öffent­lichen Kontrolle eröffnet, das der Regierung wertvolle Empfehlungen auch für den Bereich der öffentlichen Verwaltung gibt, aber wir beschreiten diesen Pfad nicht. Das ist ja irrsinnig! Aber – und da gebe ich dem Kollegen Kogler vollinhaltlich recht – bei den Sonntagsreden kommen dann alle heraus und sagen: Der Rechnungshof ist so wichtig, so schön und so klass, alles passt!, aber er soll sich wieder in die Zeit nach Mitternacht schleichen. Am besten, es wird gar nicht darüber geredet. Der Rech­nungshof sollte am besten gar nicht prüfen. – Das ist kein angemessener Umgang mit dem Rechnungshof, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! (Beifall beim BZÖ.)

Zum Bericht ist ohnedies genug gesagt worden. Das, was wir hier einmal mehr einmahnen, ist, dass auch Konsequenzen daraus gezogen werden. Vielleicht erklärt sich auch der Dritte Nationalratspräsident Graf bereit, hier zu diesem Bericht aufklä­rend tätig zu werden. Die freiheitliche Fraktion hat etwas mehr als 32 Minuten Rede­zeit. Der Präsident ist selbst davon betroffen gewesen, auch von Teilen dieses Berichts.

Es ist nichts besser, als dass wir einen Augenzeugen dieser Entwicklung hier im Plenum selbst hören können. (Beifall beim BZÖ.)

22.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz, ich halte fest: Zur Tagesordnung gab es, was die Platzierung der Rechnungshofberichte betrifft, hundert­prozentigen Konsens. Das kam von den Klubdirektoren, auch von Ihrem, bereits so in die Präsidiale. Es gab diesbezüglich keinen Widerspruch in der Präsidiale. – Das nur zur Klarstellung. Ich möchte nicht haben, dass man hier etwas hineininterpretiert! (Abg. Grosz: Nächstes Mal bei der Plenarsitzung Tagesordnungspunkt 1! Danke, Frau Präsident, für Ihre Unterstützung!) Bitte reden Sie mit Ihrem Klubobmann! Er hat sich dort nicht zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete Schenk gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.45.26

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshof­präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die drei Rechnungshofberichte sind heute wieder einmal als letzte Punkte hier auf der Tagesordnung. Der Kritik an der Platzierung der Rechnungshofberichte kann ich mich durchaus anschließen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 269

Ich möchte aber noch einmal in Erinnerung rufen und auch unsere Meinung hier kundtun und unsere Sichtweise dazu zum Ausdruck bringen, wie mit dem Rech­nungshof respektive mit dem Rechnungshofpräsidenten umgegangen wird, indem ich Ihnen vor Augen führe, was im letzten Budgetausschuss passiert ist.

Der Rechnungshofpräsident kam in den Ausschuss, und es wurde sogar von einem Abgeordneten von den Regierungsparteien vorgeschlagen, dass sich der Rechnungs­hofpräsident zum Budget oder zu den Kürzungen der Budgetmittel melden soll. Es wurde dann darüber abgestimmt, aber dem Rechnungshofpräsidenten wurde nicht erlaubt, dass er im Ausschuss dann auch darüber spricht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Daher ist es ein Hohn von Ihnen, den Regierungsabgeordneten, dass Sie hier immer wieder den Rechnungshofpräsidenten loben, loben und loben – denn wenn es dann tatsächlich ans Eingemachte geht, wenn es ums Geld geht, wenn es um Budgetmittel geht, wenn es um die Kontrolle geht, dann hört man von Ihnen nichts beziehungsweise mauern Sie, dann kommt von Ihnen nur Ablehnung.

Der Rechnungshofpräsident hat nicht zum ersten Mal einen Brief an die Finanz­ministerin geschrieben, wo er die finanzielle Lage des Rechnungshofes dargestellt hat, wo er darauf hingewiesen hat, dass die Aufgaben nicht mehr in dem Ausmaß und in dem Umfang und auch nicht mehr in der Qualität ausgeführt werden können, wie es bis jetzt üblich war, weil es immer mehr Aufgaben zu erfüllen gibt.

Wir, das Parlament, weisen ihm immer mehr Aufgaben zu. Der Rechnungshof macht gute Arbeit, er leistet Kontrolle, er ist der Hüter der Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, aber er hat nicht ausreichend Mittel zur Verfügung, weil diese gekürzt und beschnitten werden.

So, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann es nicht sein! Wir stehen auf der Seite des Rechnungshof und sprechen uns einmal mehr für die finanzielle Mittel­aufstockung des Rechnungshofbudgets aus. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte noch kurz auf den Bericht betreffend AIT eingehen, vormals ARC. Es wurde vom Rechnungshof aufgezeigt, wie man ein Unternehmen nicht führt. Es wurde von ihm aufgezeigt, wie es nicht funktioniert und wie man mit Misswirtschaft ein Unternehmen fast in den Konkurs führen kann.

Es gab dazu eine Reihe von Anmerkungen, 23 Empfehlungen. Es lagen krasse Missstände vor. Der Rechnungshof hält fest, dass es keine klare Spin-off-Strategie gab, welche die betriebswirtschaftlichen und forschungspolitischen Kriterien für Aus­glie­derungen definiert hätte. Weiters gab es In-sich-Geschäfte der Geschäfts­führung. Es gab keine Dienstverträge. Und die Geschäftsführerin verdiente ein irres Gehalt von, ich glaube, 115 000 €, das von niemandem abgesegnet war und nicht kontrolliert wurde, weil es eben keine Dienstverträge gab.

Abschließend und zusammenfassend: Dieser Rechnungshofbericht zeigt einmal mehr, wie wichtig die Aufgabe des Rechnungshofes ist und wie viel Geld durch seine Arbeit eingespart wird und dass es den Rechnungshof braucht, um solche Missstände aufzudecken und diese auch abzustellen und in Zukunft zu verhindern. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


22.49.02

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Meine Vorredner haben ja bereits darauf


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hingewiesen, dass die Prüfgeschichte vom ARC beziehungsweise AIT eine längere und der Prüfbericht damals wirklich eine Katastrophe war.

Meine Vorrednerin hat es sehr schön erklärt, es ist im Endeffekt, wenn man sich den Bericht und die Geschichte anschaut, was aus den Empfehlungen und den einge­leiteten Umsetzungsmaßnahmen geworden ist, auf der einen Seite ein Beispiel, wie es nicht gehen soll oder wie es nicht sein darf, wie man sozusagen einen öffentlichen oder staatsnahen Betrieb nicht führen darf und was für Missstände entstehen können, und auf der anderen Seite, wenn man sozusagen vorgeschlagene Kontrollinstrumente und die Empfehlungen umsetzt, wie man, wenn man kurz vor dem Abgrund steht, auch wieder einen positiven Weg einschlagen kann, um wieder erfolgreich in die Zukunft zu blicken. Das ist dem Unternehmen Gott sei Dank gelungen mithilfe des Rechnungs­hofes und durch die Unterstützung natürlich auch der jeweiligen Geschäftsführungen beziehungsweise der verantwortlichen Ministerien.

Meine Vorredner haben eben erwähnt, es geht um das Budget. Das ist natürlich richtig. Der Rechnungshof ist eine wichtige und sehr sinnvolle Einrichtung. Diese spart dem Steuerzahler Geld. Wir haben heute am Vormittag und auch gestern schon Debatten in diesem Bereich gehabt. Es wäre schlecht, wenn der Präsident nicht mahnende Worte einlegen würde, wenn es um sein Budget geht. Man wird natürlich das Beste ver­suchen. Immer geht es nicht. In Zeiten, wo jeder alles zweimal umdrehen muss, muss man auch bei den eigenen auch noch so wichtigen Institutionen auf einen Haushalt schauen. In dem Sinn glaube ich aber trotzdem, dass der Rechnungshof seine Aufgaben in gewohnter Manier weiter meistern wird. – Danke! (Beifall bei der ÖVP.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dritter Präsident Dr. Graf gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.51.14

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Rechnungs­hofpräsident! Die Aufforderung des Kollegen Grosz, mich zu diesem Tagesordnungs­punkt zu melden, die hätte ich noch geflissentlich übergangen, aber der Aufforderung des Kollegen Jarolim, der eindringlich gebeten hat, etwas dazu zu sagen, kann ich letztlich nicht widerstehen. (Abg. Mag. Kogler: Ein Unglücksrabe, dieser Jarolim!)

Ich sehe schon das Bemühen, ich war auch im Ausschuss bei der Diskussion und habe auch einiges mitbekommen und beschränke mich jetzt nur noch auf einen Aspekt, den der Herr Rechnungshofpräsident dem Hohen Haus auch zugeführt hat, und das ist die Funktionswerkstoffe Forschungs- und Entwicklungs GmbH, kurz FWG genannt, die an sich wirklich ein Skandal ist. Nur zur Erinnerung vielleicht ein paar Zahlen, Daten und Fakten, bevor ich dann ein, zwei Dinge sage.

Als ich in das Unternehmen Seibersdorf gekommen bin, hat es insgesamt 13 Ge­schäfts­führer gegeben. Einer davon war ich. Jetzt kennt jeder meine Gesinnung, die habe ich nie verborgen, weder als ich zum Präsidenten dieses Hauses gewählt wurde, noch als ich mich um diese Funktion beworben habe. Jeder hat das gewusst. Jeder weiß immer, woran er ist, wenn er letztlich mit mir zu tun hat.

Elf Geschäftsführer waren rote Geschäftsführer, gesinnungsmäßig – elf von 13. Natürlich kann man jetzt sagen, das ist das „System Krünes“ gewesen. So ähnlich wie man das jetzt in Kärnten mit dem „System Haider“ macht. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann jetzt natürlich auch sagen, das ist das „System Krünes“ gewesen oder vielleicht das „System Graf“.


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Da muss man vielleicht auch erinnern, dass es eine Ausschreibung 1999 gegeben hat unter einem Wissenschaftsminister, der auch Verkehrsminister gewesen ist, Einem, bekanntlich SPÖ, nachher Minister oder SPÖ-Mitglied, die letztlich das Ergebnis gebracht hat, dass Dr. Krünes eben der Bestgeeignetste war, und er hat ihn dann eben bestellt.

Aber jetzt sage ich nicht, dass ich, das „System Graf“, so viel Einfluss auf den Minister Einem gehabt habe, dass er das auch gemacht hat, damals in der Regierungszeit. Aber lassen wir das beiseite.

Das Wichtige an dieser Geschichte ist vielleicht, dass einer dieser Geschäftsführer neben mir in einer Tochtergesellschaft der Holding – ich war auch nur in einer Tochter­gesellschaft Geschäftsführer – Kollege Plimon war, der heutige Hero. Vielleicht wollen Sie über den ein bisschen etwas hören, wie er sich in den Geschäftsleitungssitzungen verhalten hat. Das wäre vielleicht auch interessant, damit man einmal etwas darüber sagt.

Aber vielleicht das Allerwichtigste am Anfang, und ich stelle eines hier fest: Dem Rechnungshof ist bei seiner Prüfung eines passiert, nämlich dass ihm von dem Unternehmen, das er geprüft hat, und zwar erst unlängst, unter einem Geschäftsführer Plimon, nicht alle Unterlagen vorgelegt worden sind – nachweislich! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Ich habe das auch dem Herrn Rechnungshofpräsidenten nach der Ausschusssitzung gesagt. Er sagt, er kann nur das prüfen, was man ihm vorlegt und worauf sie dann draufkommen. Dazu sage ich, ja, dann müsste er sich vielleicht auch andere Akten­lagen anschauen. Es gibt bekanntlich auch Ermittlungsverfahren. Dort gibt es auch einiges drinnen, Unterlagen, die vorgelegt wurden. Und die muss man eben auch sehen.

Ich meine, es ist nicht falsch, was der Herr Rechnungshofpräsident mit seiner Mann­schaft dort zutage gefördert hat. Aber es rückt vielleicht einiges ins richtige Licht.

Ich sage jetzt nur einige Fakten: Im März 2006 hat der Aufsichtsrat die Fusion, den Upstream-Merger von vier Tochtergesellschaften in die Holding beschlossen – so weit so gut. Ich war damals nicht bei der Aufsichtsratssitzung dabei, denn ich war dort nicht Teilnehmer. Das ist beschlossen worden. Ich halte es für gut, dass das beschlossen worden ist. Eine Firma davon war die FWG. Die damalige Prüferin in der Holding war Frau Finanzprokuristin Reithmayer, SPÖ. Heute Finanzchefin, Vizerektorin der BOKU, Schützling von Androsch, vorher bei der Montanuniversität untergebracht, wo Kollege Androsch der Aufsichtsratspräsident oder Uniratsvorsitzender war.

Was war denn?  Das ist beschlossen worden auf Basis der Zahlen, die von einer Dame vorgelegt wurden, und Krünes hat damals schon im Status abeundi das sicherlich zu wenig angeschaut. Darüber will ich gar keine Worte verlieren. Aber die wesentlich Verantwortliche – wo dann auch am Ende die Konsequenz gezogen wurde – war Frau Kollegin Reithmayer. (Abg. Grosz: Das ist eigentlich ein roter Skandal!)

Und ich wurde beauftragt von der Holding und von der Eigentümerseite, diesen rechtlichen Vorgang des Upstream-Mergers zu organisieren. Das habe ich gemacht, und da habe ich mir dann das erste Mal von meiner Schwesterfirma – wenn Sie es so ausdrücken wollen –, FWG, die Bilanz angeschaut und die Unterlagen angesehen.

Was glauben Sie, was ich im April gesagt und dann an die richtigen Stellen gemeldet habe? – Dass das nicht geht, dass man beschließt, die FWG zu fusionieren in einem Merger, da die FWG ein negatives Eigenkapital hat. Das ist der Finanzprokuristin – in Klammer: SPÖ – nicht aufgefallen. Und daher geht das nicht.


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Das war mit ein Grund, warum sie dann suspendiert worden ist beziehungsweise in die innere Revision versetzt worden ist.

Und dann haben wir aufgearbeitet, aufgearbeitet und aufgearbeitet. Und was glauben Sie, wer auch mit in der Geschäftsleitung gesessen ist? – der Prokurist und damalige Geschäftsführer von arsenal research Plimon.

Was hat denn der gemacht? – Geschwiegen hat er. Der Einzige, der dort etwas unternommen hat, war ich.

Die einzige Geschichte, und das stellt der Rechnungshof ganz richtig fest, war, dass diese permanenten Darlehen an die FWG in Wirklichkeit ein Wahnsinn waren. Und als ich am 3. Juli zum Prokuristen der Holding bestellt wurde, habe ich den Auftrag bekom­men, das zu sanieren. Das Erste, was ich veranlasst habe, war, dass dieser Firma keine Darlehen mehr gewährt werden durften. Und in der Zeit, in der ich Prokurist und verantwortlich war, sind 0 € dorthin geflossen. Ich habe einen Asset-Management-Deal dort organisiert, habe auch einen Käufer gefunden. Dazu gibt es Protokolle und Unterlagen. Die hat der Herr Rechnungshofpräsident bis heute nie gesehen.

Ein Asset-Deal, ich will das jetzt nicht lange erklären, bedeutet Verkauf der Ver­mögens­werte, schauen, dass man das saniert, aber Rückbehalten der Patente. Das war das einzig nachhaltig Wertvolle. Rückbehalten – und das dann zu verschmelzen in die Holding, das war mein Vorschlag.

Einen Käufer für diese Assets habe ich gehabt – 150 000 €. Und das habe ich vorge­schlagen, das habe ich der Geschäftsleitung, wo auch Herr Plimon dabei gewesen ist, vorgetragen. Es gibt Protokolle darüber, diese sind vorgelegt im Strafverfahren.

Und was war das Ergebnis? – Dann war die Wahl am 3. Oktober. Ich habe kandidiert. Am 5. Oktober habe ich bekannt gegeben, dass ich das Mandat annehme. Am 6. Oktober bin ich fristlos entlassen worden, und man hat mir die Causa damit auch weggenommen. Daher bin ich nicht verantwortlich. Aber vom 29. Juni – am 3. Juli bin ich dort bestellt worden – bis zum 6. Oktober ist kein Euro mehr dorthin geflossen. Das habe ich verhindert. Aber am 13. Oktober ist das nächste Darlehen gewährt worden. Und wer war in der Geschäftsleitung? – Der heutige Geschäftsführer Plimon.

Deswegen ist er auch dauernd in der Deckung, denn er müsste eigentlich mit im Straf­ver­fahren neben mir sitzen, wenn es überhaupt eines gibt. Es wird ohnehin eingestellt, keine Sorge, aber sicher erst nach der Wahl.

Aber schauen wir es uns weiter an: Dann ist ein Neuer beauftragt worden, der hat gesagt, alles, was die Alten gemacht haben, ist schlecht, denn das sind Blaue. Und der Neue ist dann hergekommen und hat gesagt: Asset-Deal machen wir nicht, wir machen einen Unternehmensverkauf!

Er hat dann einen Unternehmensverkauf gemacht. Ohne Genehmigung – da war ich schon lange nicht mehr im Unternehmen – des Aufsichtsrats oder der Eigentümer haben sie einen Unternehmensverkauf gemacht – alles ein Wahnsinn! Vorher ein paar Darlehen hinein und dann haben sie das Unternehmen um 50 000 € verkauft, statt nur die Assets um 150 000 € zu verkaufen, wie wir es unter Dach und Fach gehabt haben. Und das ist die Sauerei! Darauf ist der Rechnungshof gar nicht gekommen, denn die Unterlagen hat man ihm vorenthalten, obwohl sie im Unternehmen ARC bis zum heutigen Tag liegen. Und das ist eigentlich der Witz an der Geschichte! (Ruf bei der FPÖ: Unerhört!)

Aber wenn man als Rechnungshof vielleicht einmal dazu übergeht und die Leute be­fragt ob ihr Wissen, dann wäre das auch gut. Aber der prüft immer nur anhand der vorgelegten Unterlagen.


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Genau das ist es, was ich sage. Dann wird etwas aufgebaut. Und ich kann das nach­weisen, und ich habe das auch. Es ist alles da, wie das wirklich zugegangen ist. Ich habe das verhindert und habe diese Firma FWG in Wirklichkeit saniert und das vorgeschlagen. Dass ich, nachdem ich ein politisches Mandat angenommen habe, entlassen wurde, das ist überhaupt die größte Sauerei, die es in dieser Republik gibt: dass jemand wegen Annahme eines politischen Mandates entlassen werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

So etwas passiert nur in einem staatsnahen Betrieb, wo sie die Gesetze nicht kennen und dann auch noch glauben, im Recht zu sein. Das ist überhaupt das Allerärgste.

Schauen Sie, genauso wie es bei der FWG ist, ist es in vielen Dingen. Vielleicht sollte man eines einmal hier mitnehmen: Der Rechnungshofbericht stimmt, soweit man ihm die Unterlagen vorgelegt hat. Aber der Rechnungshof prüft manchmal auch Sachver­halte und Gegenstände, über die man ihm als Unternehmer Unterlagen vorenthält.

Ich habe Dipl.-Ing. Plimon vor Jahren schon gesagt und sogar schriftlich mitgeteilt, dort und dort ist es falsch, aber wissen Sie, was er mir auf meine Frage, warum er nichts unternimmt und diese Unrichtigkeiten in der Öffentlichkeit richtigstellt, gesagt hat? – Das betrifft ja die Vergangenheit, und er will es sich mit dem Rechnungshof nicht verscherzen, und er ist nur mehr auf Zukunft ausgerichtet.

Das ist ja in Ordnung, aber er hat ja eine Mitwirkungspflicht auch noch, um die Wahr­heit hervorzubringen oder den Rechnungshof zu unterstützen.

Ob er jetzt direkt oder indirekt mitgewirkt hat, dass der Rechnungshof nicht alle Unterlagen bekommen hat, kann ich nicht beurteilen. Aber eines weiß ich: Verant­wortlich ist er dafür, denn er ist mittlerweile der Geschäftsführer.

Jedes Mal, wenn ich in einer Geschäftsleitungssitzung etwas vorgetragen habe, ist er neben mir gesessen, in Deckung gegangen, hat weggeschaut und sich nie beteiligt an Reformvorschriften. Das ist die beste Voraussetzung, um Karriere in dieser Republik zu machen, und er hat sie auch gemacht. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ich finde auch, dass Dipl.-Ing. Plimon eine sehr gute Arbeit macht, aber in dieser Zeit des dunklen Kapitels, wie Sie es immer so schön sagen wollen, habe ich den Herrn Dipl.-Ing. Plimon nur kennengelernt als jemand, der duckt, schweigt, in entscheidenden Phasen sich nichts zu sagen traut, um den nächsten Karriereschritt für sich selber vorzubereiten. Das ist die Wahrheit, und das muss man auch sagen!

Ich finde es eigentlich traurig, dass trotz Prüfung des Rechnungshofes und dann intensiver, mehrwöchiger, mehrmonatiger Überprüfung, Follow-up-Prüfung der FWG, der Rechnungshof immer noch nicht alle Unterlagen hat und dem Parlament einen Bericht abgibt, der aus dem Wissen des Rechnungshofes nach bestem Wissen und Gewissen gemacht wurde, aber in Wirklichkeit nur die halbe Wahrheit erzählt, nämlich eine politische Wahrheit, die Sie dann verwenden wollen und können und es so machen.

Das ist in Wirklichkeit auch etwas, das ich verurteile. In dem Sinn muss man dem Rech­nungshof in Zukunft vielleicht noch viel mehr Kompetenzen einräumen.

Sie können jetzt sagen, ich unterstelle irgendjemandem etwas, aber was glauben Sie, was mir in der Geschichte alles unterstellt worden ist?

Der ganze Verkauf ist nach meiner Zeit gewesen, gegen meine Empfehlung, gegen meine Expertise, gegen die Protokolle, die es gibt. Und ich muss mich von Ihnen hinstellen lassen, als ob ich es organisiert hätte. Verstehen Sie?


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Kollege Jarolim war so nett und hat gesagt, er will die Wahrheit wissen. – Jetzt habe ich sie ihm gesagt. (Rufe im Saal: Danke, Hannes!)

Danke, lieber Hannes Jarolim, manchmal ist er auch ein echter Freund.  Danke!

Und wenn Sie noch viel mehr über Seibersdorf wissen wollen, was sich damals in der Zeit zugetragen hat und wie sich die Verantwortlichen in Wirklichkeit jeweils verhalten haben, dann stehe ich Ihnen gerne auch für weitere Gespräche zur Verfügung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.03

23.03.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht III-220 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für die Kenntnisnahme eintreten, um ein zu­stimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

23.04.01 14. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes über Reihe Bund 2012/6 (III-336/2332 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


23.04.18

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Graf, ich bin froh, dass Sie hier nicht bezüglich Ihrer Verantwortung bei der Stiftung von Frau Meschar gesprochen haben. (Ruf bei der FPÖ: Du meine Güte! – Abg. Dr. Graf: Über die könnte ich auch noch reden!) Denn wie Sie die Darstellung von ARC gebracht haben, ist meiner Meinung nach sehr irreführend. Sie haben hier Nebelgranaten ver­schleu­dert, obwohl im Rechnungshofbericht detailliert dieses Kapitel der schwarz-blauen Geschichte aufgearbeitet wurde.

Detailliert und akribisch wurde von ungerechtfertigten Zahlungen gesprochen, die Höhe der Bezüge der früheren Geschäftsführer wurde thematisiert (Abg. Dr. Graf: Dipl.-Ing. Plimon hat eh das Fünffache von dem, was ich habe, was wollen Sie denn?), dass kein Vier-Augen-Prinzip vorhanden war, dass es bei den Compliance-Richtlinien kei­nerlei Richtlinien gegeben hat, dass Mehrfachförderungen waren, Quersubventio­nie­rungen stattgefunden haben, auch In-sich-Geschäfte und auch widmungsfremde Verwendung von Basismitteln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich nur beim Kollegen Dr. Jarolim bedanken dafür, dass er dem Herrn Präsidenten Graf die Möglichkeit gegeben hat, hier darzustellen, wo er sich ungerechtfertigt in der Republik behandelt fühlt. Aber Sie müssen die Verantwortung übernehmen für die Dinge, für die Sie verantwortlich sind! Ich hoffe, Sie nehmen das so zur Kenntnis. (Abg. Dr. Graf: Das mache ich doch!)

Im Rechnungshofbericht, in der Follow-up-Überprüfung – wir konnten ja erstmalig im Rechnungshofausschuss auch die Follow-up-Überprüfung diskutieren –, ist es so, dass gezeigt wurde, dass seit 2009 die AIT auf ein sehr gutes Fundament gestellt wurde, dass eine Neufassung des Gesellschaftsvertrages durchgeführt wurde, von 23 Emp-


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feh­lungen sind 19 umgesetzt, vier teilweise umgesetzt, dass die Forschungstätigkeit der Gesellschaft sich auf den Bereich der strategischen Vorlaufforschung in fünf eigenständigen Geschäftsbereichen dimensioniert hat, dass die neue Geschäftsfüh­rung eine Strategie mit hohem Operationalisierungsgrad eingeführt hat und dass auch eine Leistungsvereinbarung für wichtige Zukunftsfelder getroffen wurde.

Ich denke mir, das ist ein wichtiges Beispiel dafür, dass Rechnungshofberichte dazu dienen, dass die Vergangenheit aufgearbeitet wird und für die Zukunft ordentlich gearbeitet wird.

Ein Punkt zum Budget, der sich schon während der gesamten Budgetberatungen und während der Beratungen zum Bundesfinanzrahmen durchzieht, ist die Frage des Budgets des Rechnungshofs ab 2016. Es ist so, dass das Minus schlagend wird, und dass aber der Rechnungshof genauso herausgefordert wird wie sämtliche andere Politikfelder, im Budget für Effizienzsteigerungen zu sorgen und bei diesen Heraus­forderungen mit gutem Beispiel voranzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


23.07.19

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich mit dem Bericht des Rechnungshofes über die Prüfung der Bundesimmobiliengesellschaft beschäftigen. Aus meiner Sicht kann man eine sehr positive Entwicklung der Bundesimmobilien­gesell­schaft während des Prüfungszeitraumes von 2006 bis 2010 feststellen.

Warum? – weil es zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote von 11 Prozent auf 14 Prozent kam, weil es gelang, eine Senkung des Anteils der leerstehenden Flächen von 4,7 Prozent auf 3,6 Prozent zu erwirken und diese Entwicklung auch in den Jahren 2011 und 2012 entsprechend fortgesetzt werden konnte und damit auch die Leerstandskosten entsprechend gesenkt werden konnten.

Persönlich sehe ich es als positiv, dass die BIG Gewinne auch für die thermische Gebäudesanierung verwendete.

Einige Empfehlungen des Rechnungshofes darf ich anführen, und zwar zum einen die Empfehlung, dass das Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Finanz­ministerium eine Grundsatzentscheidung über die mittel- und langfristige Ausrichtung der BIG treffen sollte oder im Unternehmenskonzept „Strategie 2005 bis 2015“ quan­tifizierte Zielvorgaben enthalten sein sollten und auch eine regelmäßige Evaluierung der Maßnahmen im Hinblick auf die Zielerreichung stattfinden sollte. Oder auch: Es fehlt eine mehrjährige Wirtschaftsplanung zur Verfolgung der mittelfristigen Ziele.

Der Rechnungshof stellte auch einige positive Aspekte dar, und zwar, dass von den 93 im Prüfungszeitraum übergebenen Projekten keines der Projekte ein negatives wirtschaftliches Gesamtergebnis erzielte. Das ist für mich eine sehr positive Bemer­kung.

Positiv stellte der Rechnungshof auch dar, dass das entwickelte Assessment-Berichts­wesen ein wirkungsvolles und zweckmäßiges Instrument darstellt.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Rechnungshof hat 25 Empfehlungen ausge­geben. Im Rechnungshofausschuss wurde uns von den Verantwortlichen der BIG mit­geteilt, dass davon bereits 16 Empfehlungen vollständig und sechs Empfehlungen teilweise umgesetzt wurden. Erfreulich für die BIG ist die Aussage unseres Rech­nungs­hofpräsidenten Moser, der im Ausschuss meinte, dort werde sehr gut und


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professionell gearbeitet. Solche Äußerungen des Rechnungshofpräsidenten hört man nicht so oft. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

23.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


23.10.38

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Ich bringe den Entschließungs­antrag ein, den ich zunächst bei TOP 13 angekündigt habe. Ich beziehe mich auf III-336 der Beilagen. (Abg. Zanger auf Abgeordnete der SPÖ deutend, die zwischen den Bankreihen stehen und miteinander sprechen : Was ist das für eine Gaudi, Herr Präsident? Abg. Ing. Westenthaler: Haben die meisten Redner gemeldet, und keiner passt auf!)

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend budgetäre Auf­stockung für den Rechnungshof

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen, wird auf­gefor­dert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendige bud­getäre Aufstockung des Rechnungshofes beinhaltet, damit dieser seinen verfas­sungsmäßigen Aufgaben und seinen Sondertätigkeiten ohne finanzielle und personelle Einschränkun­gen weiterhin nachkommen kann.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich bitte Sie inständig, diesen Antrag zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

23.11

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Gradauer, Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter

betreffend budgetäre Aufstockung für den Rechnungshof

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund 2012/6 (III-336/2332 d.B.) in der 204. Sitzung des Nationalrates (TOP 14.)

Dem Rechnungshof sind neben der Erweiterung der Prüfkompetenz auch Sonder­tätigkeiten übertragen worden, die die budgetäre und personelle Ausstattung so in Anspruch nimmt, dass die Kerntätigkeiten des Rechnungshofes stark eingeschränkt werden. Gleichzeitig wurden im Bundesfinanzrahmengesetz die budgetären Mittel für den Rechnungshof gekürzt.

Um seine Kernaufgaben in vollem Umfang und mit der gewohnten Qualität aufrecht­zuerhalten, fehlen dem Rechnungshof bis 2016 € 3,6 Mio. Euro. Der Rechungs­hof-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 277

präsident warnte die Abgeordneten in der Sitzung des Budgetausschusses am 5. November 2012 vor den Konsequenzen, wenn diese finanzielle Aufstockung nicht stattfindet. Der Rechnungshof wäre gezwungen, seine Kerntätigkeiten einzuschränken und die Zahl der Prüfungen zu reduzieren.

Derzeit hat die Sondertätigkeit durch das Medientransparenzgesetz dem Rechnungs­hof 680 Mann-Tage gekostet. Soviel benötigt der Rechnungshof um 11 Follow-Up-Prüfungen durchzuführen.

Durch die Sondertätigkeiten im Rahmen des Parteiengesetzes wurden für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und für die neu einzurichtenden IT ungefähr € 500.000,- ausge­geben. Man hat zwar dem Rechnungshof für diese Tätigkeiten eine zusätzliche Plan­stelle zugesprochen, jedoch kann diese nicht besetzt werden, weil das Geld für die genannten Sondertätigkeiten ausgegeben werden musste.

Nicht nur, dass dem Rechnungshof immer mehr Sondertätigkeiten aufgebürdet wer­den, wird ihm auch noch von der Bundesregierung, insbesondere von der Finanz­ministerin, das Budget gekürzt.

Gemäß beschlossenem Bundesfinanzrahmengesetz werden die Budgetmittel für den Rechnungshof, verglichen mit dem Jahr 2012, für die Jahre 2013 bis 2015 sukzessive verringert. Bis zum Jahr 2015 nimmt die Bundesministerin dem Rechnungshof über € 550.000 weg. In einem Brief an Finanzministerin Fekter schreibt Rechnungshof­präsident Josef Moser, dass die dadurch entstehende Budgetlücke bewirkt, dass der RH in Zukunft seine verfassungsmäßigen Aufgaben insbesondere im Bereich „Prüfen“ nicht im vollen Umfang wahrnehmen wird können.

Der Rechnungshof hat schon bisher seine Budgetmittel äußerst sparsam und effizient eingesetzt, wie dies der Vergleich der Ausgabensteigerungen mit anderen obersten Organen zeigt (2001 - 2012: RH: +36 %, Durchschnitt der obersten Organe: +63 %). Im Zuge von mehr als 30 internen Reformprojekten und den damit verbundenen Reor­ganisationsmaßnahmen seien die vorhandenen Ressourcen auf die Kernaufgabe Prüfen und Beraten fokussiert und interne Tätigkeiten deutlich verringert worden. Dadurch sei es möglich geworden, die Planstellen - trotz erweiterter Aufgabenstellung - von 345 im Jahr 2005 auf 323 im Jahr 2014 zu reduzieren.

Wenn der Rechnungshof – trotz reduziertem Budget - seinen Kernaufgaben bis zum 1. Halbjahr 2016 nachkommen will, muss er seine Rücklagen von € 5 Mio. auf­brauchen. Danach muss der Rechnungshof entweder die Zahl der Prüfungen und Follow-Ups reduzieren, um die Qualität seine Prüfungen aufrecht zu erhalten, oder Prüfungen in einer minderen Qualität durchführen. Beides kann nicht im Sinne des Staates Österreichs sein, da der Rechnungshof mit seiner Tätigkeit Einsparungs­potentiale aufzeigt, die zur Sanierung des Budgets unerlässlich sind.

Durch die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes können 2 – 4 % des Budgets eingespart werden. Beispielsweise wurden durch die Umsetzung der Empfeh­lungen im Bereich „Pensionsreform“ des Landes Kärnten ca. € 200 Mio. Euro ein­gespart und durch die Umsetzungen der Empfehlungen durch die ASFINAG brachte dies eine Budgeterleichterung von fast € 300 Mio.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 278

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendige budgetäre Aufstockung des Rechnungshofes beinhaltet, damit dieser seinen verfassungsmäßigen Aufgaben und seinen Sondertätigkeiten ohne finanzielle und personelle Einschrän­kungen weiterhin nachkommen kann.“

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


23.11.48

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Da ja die beiden Berichte zusammengehören – der eine ist der Ursprungsbericht, der andere bezieht sich auf die Follow-up-Überprüfung –, ist es schon bemerkenswert, was der Dritte Nationalrats­präsident Graf hier gesagt hat. Herr Präsident des Rechnungshofes, ich ersuche Sie schon, darauf einzugehen, denn wenn es so ist, dass dem Rechnungshof bei der Follow-up-Überprüfung nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt worden sind, dann haben wir die gleiche Situation wie in Salzburg, wo die Roten alles verzockt haben, aber den Rechnungshof nicht Einblick haben nehmen lassen und wir vor einem Milliar­dendebakel stehen, wie es die SPÖ unter der Gott sei Dank abgewählten Landes­hauptfrau und dem Finanzreferenten zu verantworten hat. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Team Stronach.)

Wenn das stimmt, was Herr Dr. Graf gesagt hat, dass diese Republik wieder fein säu­ber­lich aufgeteilt wird, auf unfähige rote Geschäftsführer, die offenbar das Fünffache von dem kassieren, was der umstrittene Vertrag des Herrn Dr. Graf ausgemacht hat, dann ist das ein Skandal. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wenn das stimmt, was Graf hier gesagt hat, sehr geehrte Damen und Herren, dann sollten Sie sich schämen und endlich Ihr Trauma von der schwarz-blauen Koalition ablegen, denn die schwarz-blaue Koalition war gegen Sie noch Weltmeister in politi­scher Führung dieses Landes. Sie versorgen sich nur selbst, sehr geehrte Damen und Herren Genossinnen und Genossen der Pfründepartei Österreichs. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. Abg. Riepl: Eine Versagerkoalition war das!) Ja, ja, weiß ich eh. Die größten Versager kann ich an einer Hand abzählen, aber da muss ich leider links von mir im Plenum Ausschau halten.

Da sieht man sie alle sitzen: ÖBB-Chefsanierer Haberzettl in der fünften Reihe, von dem sich die ÖBB jetzt Gott sei Dank getrennt hat, damit sie nicht weiterhin gegen die schwarze Wand fährt, et cetera, et cetera. Da sitzt ja das Who’s Who der Sozial­demokratie und der Postenschacherei aus den neunziger Jahren, die heute unter dieser Koalitionsregierung wieder fröhliche Urständ’ feiern.

Ich danke Herrn Dr. Graf für seinen Redebeitrag. (Demonstrativer Beifall bei Abgeord­neten der FPÖ.) Ich ersuche aber den Präsidenten auch, dahin gehend aufklärend zu wirken, dass er erklärt, inwieweit sichergestellt werden kann, dass der Rechnungshof bei seinen Prüfungen zu allen Unterlagen kommt. Noch einmal: Der Rechnungshof ist ein Organ der Bundesgesetzgebung, zur Kontrolle der Verwaltung.

Es ist ja ein Irrsinn und es beschädigt unser Selbstverständnis, dass unserem eigenen Organ, dem hohen Rechnungshof, nicht einmal die Unterlagen unserer Verwaltung vorgelegt werden. – Das ist ja ein einzigartiger Skandal! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

23.14


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Grosz, auch wenn es gegen Mitternacht geht, bitte keine Vorwürfe mit strafrechtlichen Inhalten! Bitte ein bisschen nach­zudenken. (Abg. Grosz: Wegen „Postenschacherei“? Abg. Heinzl: Wie war das mit


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dem Krokodil? Abg. Grosz: Ja, ja! Du hast eh eine Ähnlichkeit mit dem Faul! Auch der Blutdruck ist derselbe! Auch ungefähr die gleiche Promille-Grenze! Der Faul ist jetzt beim Stronach! ... Trink ein bisschen weniger! Rufe bei der SPÖ: Das ist ja unglaublich!)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


23.15.00

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ein paar Bemerkungen zur BIG machen. Es ist ja im Aus­schuss von den Geschäftsführern der BIG vorausschickend erklärt worden, dass von den 25 Empfehlungen 16 vollständig umgesetzt wurden und sechs teilweise.

Interessant habe ich im Bericht die Bemerkung bezüglich der Kapitalmarktfähigkeit der BIG gefunden, die dem damaligen Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Regierung entsprochen hat, und zwar dahin gehend, dass diese eine Voraussetzung für eine mögliche Privatisierung ist, die noch nicht endgültig erreicht ist, aber erreicht werden sollte.

Wir haben uns immer gegen eine Privatisierung der BIG ausgesprochen und tun das auch heute noch, auch wenn im Finanz- und Wirtschaftsministerium zum Teil ernsthaft überlegt wird, die BIG-Tochter ARE zu privatisieren und auszutöchtern.

Wir vertreten auch weiterhin die Ansicht, dass sich der Eigentümer mit dem Konflikt­potenzial auseinandersetzen sollte, das in der Spannung zwischen der Sicherstellung von günstigen Mieten für den Bund einerseits und der Abführung wirtschaftlicher Gewinne andererseits besteht. Eine strategische Auseinandersetzung sollte endlich einmal überlegt werden.

Aktuell meine ich, dass der Bilanzüberschuss der BIG, der im Vorjahr 58,1 Millionen € betragen hat, sehr erfreulich ist. Davon wurden ja 20 Millionen € als Dividende an die Republik abgeführt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch den beiden Ge­schäfts­führern Gleissner und Weiss danken.

Wir sehen die Gründung der ARE Austrian Real Estate kritisch, weil wirklich überlegt wird, dass eine Privatisierung vorgenommen werden könnte. Dafür gibt es einige Belege. Ich möchte abschließend sagen, dass wir nicht für eine Privatisierung bezie­hungsweise einen Börsegang der ARE zu gewinnen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. – Bitte.

 


23.17.24

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Zwei Kapitel des Berichtes, den wir jetzt diskutieren, haben wir auch im Ausschuss behandelt. Ich darf mich auch auf die Follow-up-Überprüfung des Austrian Institute of Technology konzen­trieren.

Wie wir alle wissen, wurde dieses ja im Jahre 2007 überprüft, und es ist ein Bild gezeichnet worden, das eigentlich erschütternd war. Laut Rechnungshof führte die damalige Entwicklung zu einer existenzgefährdenden Lage des damaligen Austrian Research Centers.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 280

Ich darf nochmals in Erinnerung rufen, welche Versäumnisse es damals gegeben hat. Das waren eine fehlende Gesamtstrategie, eine mangelnde betriebswirtschaftliche Ausrichtung und strukturelle Schwächen und Fehlentscheidungen am laufenden Band. Umso erfreulicher ist es aber, dass die Follow-up-Prüfung zeigt, dass wir aufgrund der umgesetzten Empfehlungen – insgesamt waren es 23, von denen 19 vollständig umgesetzt wurden – mittlerweile jedoch von einer positiven Entwicklung sprechen können, wobei mich, sehr geehrter Herr Präsident, natürlich auch interessiert, auf welcher Basis und in welchem Umfang Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.

Erfreulich ist, dass wir am AIT heute einen Erfolgskurs eingeschlagen haben. Die Entwicklungen der Forschungsergebnisse werden immer wieder ausgezeichnet, zuletzt Ende April dieses Jahres vom österreichischen Patentamt die Entwicklung hochfester Magnesiumlegierungen.

Ich glaube, das AIT, aber auch alle anderen Forschungseinrichtungen in Österreich verrichten großartige Leistungen. Ich darf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herzlich gratulieren. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

23.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


23.19.24

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Meine Herren Präsidenten! Hohes Haus! Man sieht hier vielleicht einmal ein bisschen den qualitativen Unterschied, was Offen­heit, Ehrlichkeit und Transparenz betrifft. Während wir Oppositionsparteien im Aus­schuss verzweifelt darum kämpfen, Auskunftspersonen einzuladen, die im Prüfungs­zeitraum – konkret: Bankenpaket und Kommunalkredit – in der Verantwortung waren, was aber von den Regierungsfraktionen verhindert wird – namentlich wollen wir Ministerin Schmied und Ex-Minister Pröll im Ausschuss laden; wir kämpfen darum, bekommen sie aber nicht –, tritt der freiheitliche damalige Verantwortungsträger, heute der Dritte Präsident des Nationalrates, ans Rednerpult und erklärt sich öffentlich. – Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Scheibner: Aber dazu hat er erst den Jarolim gebraucht! Ohne Jarolim hätte er nichts gesagt!)

Der Unterschied ist weiters: Im Ausschuss wird hinter verschlossenen Türen diskutiert, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Da könnte man das in Ruhe abhandeln, aber nein, das ist nicht möglich. Was ihr tut, ist vertuschen, verdecken und verstecken. Das ist euer Problem! Und ihr haltet die Steigbügel dazu. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Mag. Lapp: Sie laufen davon!) Kommen Sie heraus, reden Sie vom Pult aus, wenn Sie mir etwas zu sagen haben, und rufen Sie nicht dauernd dazwischen, das ist nervig!

Das möchte ich hier noch einmal anbringen. So kann es nicht sein. Wir – und da ist die Opposition ganz sicher geschlossen – werden nicht nachgeben und werden diese Berichte nicht abhandeln, ohne die entsprechenden verantwortlichen Personen in den Ausschuss zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Mag. Lapp: Sie laufen davon! Im Ausschuss sind Sie davongelaufen, Herr Kollege Zanger! So schaut’s aus! Weitere Zwischenrufe bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

23.21

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


23.21.14

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Die zwei Grundprobleme sind


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 281

heute schon weidlich ausgeschlachtet worden und mit der entsprechenden Dringlich­keit thematisiert worden. Das Grundproblem Nummer eins ist die Verweigerung von Ladungen von Personen zu eminent wichtigen Themenbereichen. Das Grundproblem Nummer zwei ist die Budgetierung des Rechnungshofes, diese Einsparungen von 30 Millionen €. – Das wollte ich noch einmal kurz betonen.

Abschließend ein paar Worte zur eigentlichen Thematik. Es geht jetzt auch um die Behandlung des Wahrnehmungsberichtes zur Bundesimmobiliengesellschaft. In die­sem Bereich hat der Rechnungshof im Prinzip wenig zu kritisieren gehabt. Die Gebarung und auch die Geschäftsführung waren relativ gut.

Mein Grundanliegen, das ich im Ausschuss und auch hier im Hohen Haus immer wieder anspreche, ist, dass der Auftrag der Bundesimmobiliengesellschaft eigentlich eine ordentliche Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten für alle Bundesinstitutionen ist, sodass die Fremdeinmietungen bei Privaten nicht um sich greifen beziehungsweise rückgeführt werden können. Der Kreislauf innerhalb der Bundesimmobiliengesellschaft mit der Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten für die Bundesinstitutionen ist meiner Meinung nach – und, wie ich glaube, auch der Meinung des Herrn Rechnungshof­präsidenten nach – insgesamt auch budgetär viel besser. Ich fasse zusammen: Ein­mieten bei der BIG und nicht fremd einmieten! (Beifall bei den Grünen.)

23.23

23.23.04

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Schluss der Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-336 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend budgetäre Aufstockung für den Rechnungshof.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag ist abgelehnt.

23.23.42 15. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes über Reihe Bund 2011/2 (III-208/2333 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


23.23.55

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Dieser Bericht resultiert aus einem Prüfungsverlangen des BZÖ aus dem Jahr 2009 und behandelt Untersuchungsgegenstände, denen Entscheidungen von ÖBB-Firmen in den Jahren 2007/2008 betreffend Ankauf von Container-Staplern zugrunde lagen.

Bereits im Rechnungshof-Unterausschuss wurden diverse Beschaffungsvorgänge und die Rolle des Konzerneinkaufes sehr intensiv diskutiert. Mängel beim Vergabe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 282

verfahren und Dokumentationsmängel waren die Hauptkritikpunkte des Rechnungs­hofes. Es ging damals um 20 Container-Stapler im Wert von 13,3 Millionen €.

Die damaligen Teilgesellschaften der ÖBB, die diesen Kauf gemeinsam zu verant­worten hatten – die ÖBB Dienstleistungs GmbH und die Rail Cargo Austria –, mussten sich einer Überprüfung stellen.

Bei der letzten Ausschusssitzung war Vorstandsvorsitzender Mag. Kern als Auskunfts­person geladen. Er erinnerte daran, dass der Konzern aufgrund der Umstrukturierung aus dem Jahr 2003 eine Struktur hatte, die derartige Missstände sehr begünstigte. Seither wurde das Unternehmen umstrukturiert – sowohl das Unternehmen selbst als auch der zentrale Einkauf. Es gab neue Konzernrichtlinien, ein Code of Conduct wurde eingeführt und auch die entsprechenden Kontrollen werden derzeit laufend durchge­führt.

In der Diskussion hat auch der Rechnungshofpräsident bestätigt, dass die Empfehlun­gen umgesetzt wurden. Ich ersuche daher um Kenntnisnahme des Berichtes. (Beifall bei der SPÖ.)

23.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


23.25.53

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Geschätzte Abgeord­nete! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund der vorgeschrittenen Zeit werde ich mich bemühen, meine Ausführungen möglichst kompakt und kurz zu halten. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Applaus bitte erst später.

In Bezug auf die Beschaffung von Container-Staplern muss festgehalten werden, dass die Rail Cargo Austria und die ÖBB Dienstleistungs GmbH zirka 20 Container mit einem Anschaffungswert von 13,3 Millionen € ankaufen wollten. Parallel dazu hat eine Tochtergesellschaft sechs Container-Stapler zum Preis von 2,24 Millionen € angekauft. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass jene Firmenanbieter, die im Erstverfahren unterlegen sind, bei dem zweiten Auftrag – bei der Tochter­gesell­schaft – großteils zum Zug gekommen sind.

Die Dokumentationsmängel und sonstige Verfahrensmängel wurden von meinem Vorredner bereits angeführt. Die Staatsanwaltschaft hat ermittelt, die Konzernrevision hat ermittelt und entsprechende Rechtsgutachten liegen vor und sind zur Einsicht verfügbar.

In Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit der ÖBB möchte ich festhalten, dass ein Betrag von 31 Millionen € bei Weitem zu hoch ist und tendenziell in die falsche Richtung weist. Ebenso wurden 7,6 Millionen € an Personalkosten aufgezeigt.

Einige Sätze noch zur Bilanz 2012: Man gewinnt aufgrund der konzerninternen Verschiebungen und Verkäufe zwangsläufig den Eindruck, dass man eine Braut schmücken und einen Einmaleffekt erzielen wollte. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die ASFINAG im selben Zeitraum 2012 einen Betrag von 100 Millionen € in Form einer Dividende abgeliefert hat, dann ist bemerkenswert, dass die ÖBB in diesem Zeitraum 139 Millionen € mehr vom Steuerzahler bekommen haben. Ich bitte den Herrn Präsidenten um eine kurze und kompakte Betrachtung der Bilanz 2012. – Danke für die geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

23.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 283

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hackl. – Bitte.

 


23.28.15

Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Auch ich will mich kurz fassen. Es ist sehr kompliziert, Container-Stapler zu kaufen. Wenn man sich den Bericht genauer ansieht, kann man zwei mög­liche Schlüsse ziehen: Entweder ist es ein Beispiel für Unfähigkeit, oder es war eine geplante Aktion.

Es beginnt bei der Ausschreibung, bei der es eigentlich keine Vergleichbarkeit der Produkte und der Verbrauchsmaterialien, also der Verschleißteile, gab, dann vergisst der Konzerneinkauf auf das Protokoll, auf einen Vertragsabschluss – das ist eigentlich eine Hauptaufgabe eines Kaufmannes –, daher war dieser Vergabevorschlag jahrelang blockiert. Das Komische ist, dass die Rail Cargo Austria, die diesen Beschaffungs­vor­gang eigentlich über den Konzerneinkauf gestartet hat, parallel über eine Tochter­firma ohne Bieterverfahren und unter Umgehung des Vergabegesetzes sechs Container-Stapler gekauft hat.

Mir war es nicht möglich, einen effektiven Schaden festzustellen. Ich kann nur auf die 0,5 Millionen €, die der Rechnungshof ausgewiesen hat, hinweisen.

Abschließend möchte ich auch noch einmal auf die schwierige budgetäre Situation des Rechnungshofes aufmerksam machen. Die Regierung schränkt die finanzielle Aus­stattung des Rechnungshofs ein, und im Gegenzug wird der Aufgabenumfang erheb­lich erweitert. Das heißt mit anderen Worten: Der zu Kontrollierende schränkt die Ressourcen des Rechnungshofs ein, mit der Unterstützung der Regierungsparteien ÖVP und SPÖ in diesem Hause. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

23.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


23.30.48

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Wie schon bei den beiden vorigen Tagesordnungspunkten, so haben wir auch hier bei einem Bericht die Fragestellung beziehungsweise das Problem, mithin den Skandal, dass dem Rechnungshof gar nicht alle Unterlagen gegeben werden. Das geht so nicht weiter! Bei den Container-Staplern war es meines Wissens die Teilziffer 11, wo Sie das alle nachlesen können.

Deshalb sind wir, vor allem nach den Vorgängen in Salzburg, der festen Überzeu­gung – und das gehört in die nächste große Novelle zur Transparenzoffensive und auch zur Korruptionsbekämpfung rein –, dass es strafrechtlich belangbar sein muss, wenn dem Rechnungshof Unterlagen entweder verweigert werden, beziehungsweise deren Herausgabe, oder falsche Unterlagen gegeben werden, und – und dazu würde ich auch übergehen in der Arbeitsmethode in dem Verfahren – dass der Rechnungshof auch Beamte oder Vertreterinnen und Vertreter öffentlicher Unternehmen befragen können soll und dass auch hier so etwas wie eine Wahrheitspflicht gelten muss. Und wenn das nicht eingehalten wird, ist ein Straftatbestand gesetzt. Denn so geht es nicht weiter, dass wir uns hier ein sogenanntes oberstes Kontrollorgan halten, als wich­tigstes Organ der Republik, und die können nach Strich und Faden beschwindelt werden! Dämmert Ihnen dann einmal etwas? Oder gehört das ohnehin in Ihr Konzept? – Mit dem werden Sie allerdings nicht mehr weit hüpfen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 284

Genauso wenig weit wie in folgender Frage – und das zum Abschluss von diesem Rechnungshofblock heute –:

Wir haben nur noch einen Ausschuss- und einen Reservetermin. Was unbedingt jetzt im Protokoll noch festgehalten werden will, ist, dass wir von der Opposition – es ist heute schon einmal erwähnt worden – und ich als Vorsitzender uns das mit Sicherheit nicht gefallen lassen werden, dass zur Kommunalkredit, zur sogenannten Notver­staatlichung, zum Bankenpaket hunderte Seiten durch und durch kritische Berichte vorliegen – darunter kann man auch den Tatbestand der Hypo Alpe-Adria subsu­mieren – und Sie das in wenigen Stunden hier durchwacheln wollen, noch dazu mit Auskunftspersonen und Ministern, die gar nicht verantwortlich waren in dieser Zeit. Es wird nichts anderes helfen, als dass der Josef Pröll hier aussagen wird müssen, schlicht und ergreifend. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Und wenn wir dann vom Herrn Klubobmann Kopf und vom Herrn Klubobmann Cap, mit dem wir das ja schon verhandeln – denn im Rechnungshofausschuss ist das ohnehin nicht mehr verhandelbar mit Rot und Schwarz, denn da kriegen sie eh gleich die Panik und sind auf der Flucht –, als Replik bekommen: Das ist ja kein Untersuchungs­ausschuss! Was wollt ihr denn?, dann frage ich Sie: Bei 10 Milliarden € – unter dem wird es nicht mehr abgehen; ich sage es noch einmal: 10 Milliarden; das ist so viel wie fünf Mal die Eurofighter-Flotte, die hier nicht nur aufgrund der Bankenkrise und der Finanzkrise, sondern auch aufgrund serieller Fehlentscheidungen einer Kärntner Lan­des­regierung und dann aber auch der österreichischen Finanzminister zu verantworten sind – sollen wir das in diesem Parlament nicht behandeln? Das ist rein von der finanziellen Dimension her der mit Abstand größte Skandal, den diese Republik hier jemals erlebt hat – und der soll nicht verhandelt werden? Der soll in drei oder zwei Stunden durchgewachelt werden? 5 Milliarden € pro Stunde? – Das wird es nicht spielen.

Und wenn Sie sich nicht dazu durchringen, einer gescheiten Zeugenliste zuzustimmen und ausreichend Zeit dafür zu veranschlagen, dann werde ich das erst gar nicht auf die Tagesordnung setzen, denn für Ihre Zudeckpolitik werden wir von der Opposition nicht die Räuberleiter machen! Mit Sicherheit nicht!

In diesem Zusammenhang werden wir ab dem nächsten Plenum dazu übergehen, jeden Abend um diese Zeit einen ausführlichen Antrag zu einem Untersuchungs­ausschuss hier vorzubereiten und auch einzubringen, wo es genau darum geht, erstens die Bankenskandale, aber vor allem das Versagen der Bundesregierung und der Finanzminister bei den Notverstaatlichungen und bei den Verhandlungen in Brüs­sel nachzuzeichnen – denn das kostet uns Milliarden, dafür ist jemand verant­wortlich, und das Parlament ist dazu da, das aufzuklären.

Und falls Sie das bis zum Wahltag verweigern sollten, dann wird es gar nicht so un­wahr­scheinlich sein, dass es wieder ein historisches Fenster gibt, wo das durchgesetzt wird. Erinnern wir uns, wie es beim Eurofighter-Ausschuss und beim Bankenausschuss war: Auch da ist es dann so gekommen.

Also seien Sie gescheit, machen Sie es gleich! Das tut weniger weh und ist viel, viel vernünftiger und seriöser. (Beifall bei den Grünen.)

23.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 285

23.35.20

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Wir werden nicht nur, wie der Kollege Kogler in seinem Redebeitrag, darauf drängen, dass zum Bankenpaket selbst­verständlich der ehemalige Finanzminister Pröll ausführlich Stellung nimmt, sondern auch darauf, dass zur Frage der Kommunalkredit die Vorständin und jetzige Ministerin Schmied diesem Ausschuss zur Verfügung steht. Wir werden es nicht zulassen, dass Rot und Schwarz es über den Wahltag hinaus verhindern wollen, dass die zwei wesentlichen Rechnungshofberichte, jene zur Kommunalkredit und zum Bankenpaket, geschäftsordnungsgemäß ordentlich im Rechnungshofausschuss behandelt werden.

Heute geht es um unseren Prüfantrag betreffend die ÖBB-Container-Stapler. Und es zeigt sich ein Sittenbild, Kollege Haberzettl, sozialdemokratischen Managementwe­sens. Ein Rechnungshof, der in einen Bericht hineinschreiben muss, dass er den ÖBB dringend eine eigene Antikorruptionsstelle empfiehlt, das hat es überhaupt noch nie gegeben. (Abg. Mag. Lapp: Sagen Sie, wann das war!) Und das wird mir der Rech­nungs­hofpräsident, glaube ich, bestätigen, dass zumindest in seiner Ära der Ruf nach einer eigenen Antikorruptionsstelle noch nie in einem Rechnungshofbericht so ein­deutig gestanden ist. (Abg. Mag. Lapp: Sagen Sie, wann das war!)

Das steht im Rechnungshofbericht: Der Rechnungshof empfiehlt eine eigene Antikorruptionsstelle für die ÖBB (Abg. Mag. Lapp: Wann war das? – Abg. haberzettl: Ja, wann?), weil sie nicht nur bei der MAV Cargo gemauschelt haben, sondern weil sie auch bei der Auftragsvergabe der Container-Stapler das Vergabegesetz gebrochen haben, keine Ausschreibung durchgeführt haben und noch dazu den schlechtesten Bieter genommen haben. Warum wohl? – Da kommt man dann immer drauf, dass das irgendwelche Unternehmungen im roten Umfeld sind, die hier über die österreichischen Bundesbahnen bedient werden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy und weiterer Abgeordneter der SPÖ.)

Ja melden Sie sich doch zu Wort! Verteidigen Sie sich doch hier! Zeigen Sie doch, was Sie die letzten Jahrzehnte gemacht haben! Es ist ja immer das Gleiche: Sie nehmen irgendetwas in Besitz, dann in Geiselhaft, und dann versorgen Sie dort Ihre eigenen Parteigänger und Ihre parteinahen Organisationen. Das ist ja ein altes sozialdemo­kratisches Prinzip. Das war unter dem Vranitzky schon so, und das ist heute unter Faymann auch so, und das war unter Verkehrsminister Faymann auch so. Und ein Verkehrsminister Faymann und eine Verkehrsministerin Bures haben es zu verant­worten, dass die ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit immerhin mehr Millionen Budget hat als der Rechnungshof, das oberste Kontrollorgan dieser Republik! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das müssen Sie einmal jemandem erklären: dass die Öffentlichkeitsarbeit Ihrer Öster­reichischen Bundesbahnen mehr Budget hat als der Rechnungshof, der uns volkswirt­schaftlich Milliarden erspart durch seine Prüfungstätigkeit, mit der er Ihre Malver­sationen in der Regierung und in der Verwaltung aufdeckt! – Das können Sie hier erklären. Kommen Sie heraus, Frau Silhavy oder Frau Lapp! Erklären Sie uns das! Das ist überhaupt kein Problem!

Dieser Bericht über die Container-Stapler-Vergabe ist nur ein Mosaikstein, der dazu geführt hat, dass wir, nämlich alle Oppositionsparteien – die Freiheitliche Partei, die Grünen und wir als BZÖ –, im Rechnungshofausschuss auf Antrag dieser drei Parteien einen eigenen Unterausschuss eingerichtet haben, wo wir die Container-Stapler be­han­delt haben, wo wir ihre tausend verschwundenen Handys behandelt haben (Abg. Dr. Moser: Spekulationsgelder!), wo wir schlussendlich die Millionen an Spekulations­ver­lusten bei den Österreichischen Bundesbahnen behandelt haben, die Rot und Schwarz zu verantworten haben (Abg. Haberzettl: Das war der Gorbach!) mit ihren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 286

ehemaligen Politikern, die sie hineingeschoben haben, und selbstverständlich auch den Skandal um die MAV Cargo, wo Sie einen gewissen Gyula  – Frau Kollegin Moser, helfen Sie mir: wie hat der geheißen? –, irgendeinen roten Parteigänger, im Rahmen einer Postkastenfirma in Ungarn mit Millionen an Geldern versorgt haben, denen keine Leistung gegenübergestanden ist – aber zufälligerweise war gerade die Wiener Wahl und die Wiener Sozialdemokratie finanztechnisch sehr schmähstad.

Das ist alles in dieser Republik normal. Aber Hauptsache, Sie leben in Ihrem Trauma einer schwarz-blauen Koalition.

Sehr geehrte Damen und Herren, nehmen wir den Rechnungshof ernst! Aber dann setzen wir auch die Empfehlungen um und ziehen bei den Container-Staplern die Konsequenzen und halten uns schadlos an den Verantwortlichen! (Beifall beim BZÖ.)

23.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.39.59

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Rechnungshof­präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Worten des Rech­nungshofausschuss-Obmanns Kogler kann ich mich auch vonseiten unserer Fraktion anschließen, was den Vorschlag strafrechtlicher Belangbarkeit betrifft, wenn dem Rech­nungshof Unterlagen vorenthalten werden oder falsche Unterlagen übermittelt werden. Dies wurde im Rechnungshofausschuss, als der Salzburger Spekulations­skandal behandelt wurde, auch schon vorgeschlagen und besprochen. Diesem Vorschlag können wir durchaus nähertreten. (Beifall des Abg. Hagen.)

Auch was die Bereiche Kommunalkredit und Bankenpaket betrifft, schließen wir uns der Meinung der übrigen Opposition an, respektive haben wir das im letzten Ausschuss auch so behandelt, dass Pröll und Schmied zu diesen Themen zu laden sind und dass dies noch im Rahmen eines der zwei nächsten Termine stattfinden muss und statt­finden soll.

Ich möchte noch kurz auf den Sonderbericht des Rechnungshofes zu den Container-Staplern eingehen. Mein Vorredner hat ja schon einiges dazu gesagt; es wurde auch auf Verlangen dieser Fraktion dieses Prüfverfahren eingeleitet. Dieser Bericht ist sozusagen ein besonderes Gustostückerl – so würde ich ihn einmal nennen –, wenn man sich ansieht, was er zutage fördert: Es wurden Einkäufe parallel zu Ausschrei­bungs­verfahren getätigt. Es wurden die Konzernrichtlinien Einkauf und Material­wirtschaft einfach missachtet, die wurden nicht eingehalten. Es wurde nicht der Best­bieter genommen, sondern es wurde ein anderer genommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend kann man an dieser Stelle nur einmal mehr dem Rechnungshof danken. Ich hoffe, dass Sie auch weiterhin, auch wenn die Mittel gekürzt werden – und es schaut ja nicht danach aus, dass die Mittel aufgestockt werden –, trotzdem Ihrer Arbeit, der wichtigen Kontrollarbeit gut nach­kommen können.

Ich möchte zuallerletzt noch die ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit ansprechen, respektive das Werbebudget dafür. Dieses ist ja – es wurde auch schon erwähnt – höher als die Gesamtausgaben des Rechnungshofes für ein Jahr, und das sollte uns auch zu denken geben. Ich bin auch schon neugierig auf den Follow-up-Bericht betreffend Werbebudget für die ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit, den der Rechnungshof ja angekündigt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 287

hat, und ich freue mich schon auf die Diskussion hier im Hohen Haus. – Danke. (Beifall des Abg. Hagen.)

23.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.42.28

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Werte Präsidenten! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Grosz, die von Ihnen getätigten Vorwürfe sind absolut haltlos und entbehren jeder Richtigkeit. Vielmehr ist es wohl so – das hat sich auch im Ausschuss ganz klar ergeben –, dass gerade unter Schwarz-Blau dubiose Verflech­tungen konstruiert wurden (Abg. Grosz: Welche? Welche?), die Missstände begünstigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Und die jetzige Geschäftsführung hat alle Hände voll damit zu tun gehabt, diese Verflechtungen aufzulösen (Abg. Grosz: Welche? Welche?) und das Ganze ins Reine zu bringen. (Abg. Grosz: Frau Alt-Landesrätin, erklären Sie uns, welche!) Kehren Sie hier also wirklich vor der eigenen Tür und unterlassen Sie so haltlose Vorwürfe! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Prüfungen des Rechnungshofes dienen ja in erster Linie nicht nur dazu, Projekte im Nachhinein zu zerpflücken, sondern vor allem dazu, der Politik Empfehlungen für eine möglichst kostenbewusste Realisierung von Vorhaben zu geben. Dabei handelt es sich um eine wichtige Servicefunktion, die in besonders aufmerksamer und vorbildlicher Weise zum Beispiel bei der wichtigen Therapie- und Forschungseinrichtung in Wiener Neustadt MedAustron wahrgenommen wurde. Hier hat es wertvolle Empfehlungen gegeben, um dieses wichtige Projekt auch entsprechend kostenbewusst realisieren zu können.

Insgesamt danke ich sehr für die gewissenhafte, wichtige und wertvolle Tätigkeit des Rechnungshofes und wünsche einen schönen Abend und eine gute Heimfahrt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Mehr Geld darf er nicht bekommen, der Rechnungshof!)

23.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


23.44.20

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Neben dem Thema ÖBB steht auch der Bericht des Rechnungshofes über die Prüfung der MedAustron zur Debatte. Was ist MedAustron? – Das ist ein neuartiges Therapie- und Forschungszentrum zur Krebsbehandlung in Wiener Neustadt. Dieses Therapiezentrum soll und wird vielen Krebspatienten mit der schonenden Ionentherapie bald eine neue Chance auf eine wirksame Behandlung geben. Inzwischen ist das Gebäude dazu errichtet. Aktuell wird die Medizintechnik installiert, und der ambulante Probebetrieb wird aufgenommen. Der Vollbetrieb soll ab dem Jahr 2020 mit geplanten 24 000 Bestrahlungen bei 1 200 bis 1 400 Patienten stattfinden. Finanziert wurde dieses Projekt von der Republik Öster­reich, dem Land Niederösterreich und der Stadt Wiener Neustadt.

Zu diesem Punkt hat der Rechnungshof wieder einige Empfehlungen abgegeben. Einige darf ich nennen, und zwar dass es zu einer rechtzeitigen Verhandlung und Festlegung des Behandlungskostenzuschusses der österreichischen Sozialversiche­rungen kommt, aber auch, dass Erfahrungen mit ähnlichen, vergleichbaren Projekten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 288

in die Umsetzung einfließen. Und der Rechnungshof stellt auch infrage, ob in Zukunft tatsächlich 1 200 bis 1 400 Patienten behandelt werden können. Er empfiehlt auch, ein entsprechendes Risikomanagement aufzustellen, das der MedAustron hilft, die Entwicklung laufend zu bewerten, sodass auch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden können, wenn es zu negativen Entwicklungen kommt. Der Rechnungshof empfiehlt auch ein klares Konzept zum Aufbau geeigneter Humanressourcen für den Behandlungsbetrieb.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich sehe die Kooperation dieses Projektes mit CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, sehr positiv, teile auch die positive Haltung unseres Bundesministers Töchterle zu dieser sehr hoffnungsreichen Krebstherapie und begrüße, dass das Land Niederösterreich bereits in der Planungs­phase den Rechnungshof für dieses Projekt eingeschaltet hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

23.46


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


22.46.59

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Ge­schätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Der Abgeordnete Kai Jan Krainer hat sich heute ausgelassen über tiefste Provinzpolitik. Wenn ich heute hier den Bericht zu den Container-Staplern durchgehe und so ein paar Details herausklaube, wie: 2,24 Mil­lionen € an der Ausschreibung vorbei vergeben, oder: von der ganzen Vergabe kein Protokoll vorhanden, ein Jahr später ein Gedächtnisprotokoll nachgeschrieben, oder: sechs Stapler dem unterlegenen Anbieter vergeben, oder: bei den ÖBB 8 600 Handys verschwunden, so kann ich zum einen nur sagen: Danke dem Rechnungshof, dass er das aufzeigt! Dem Abgeordneten Krainer aber muss ich sagen: Solche Politik wäre bei uns in der Provinz nicht möglich. Und ich rate allen davon ab, die glauben, Sie müssen sich über die Politik im Land draußen lustig machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Schaut in eure Zentren, schaut in den großen Bereichen nach, damit so etwas nicht passiert! Denn das zeigt, dass das bei uns nicht möglich ist, sehr wohl aber in dem Bereich, wo die SPÖ wirtschaftet, und in den großen Zentren. (Beifall bei der FPÖ.)

23.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


23.48.00

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wenn das Getöse und das Gebrüll des Herrn Grosz noch so groß sind, er kann damit nicht darüber hinwegtäuschen, wo die Verantwortung liegt. Lieber Kollege Grosz, 600 Millionen Spekulationen mit 300 Mil­lionen Verlust wurden unter dem orangen Minister Gorbach bei den ÖBB verursacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Herr Kollege Grosz, das Getöse kann nicht so groß sein, dass Sie darüber hinwegtäuschen, dass das RCA-Management von jenem Generaldirektor eingesetzt wurde, der von der schwarz-blauen Regierung eingesetzt wurde, nämlich Herrn Huber. Dem haben wir diese Misswirtschaft bis heute zu verdanken! (Abg. Hornek: Das ist unrichtig!) Und es ist der Frau Ministerin Bures zu verdanken, dass sie endlich mit dieser Misswirtschaft aufgeräumt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Hat der Faymann nichts getan?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 289

Genauso wie sie beim Austrian Institute of Technology aufgeräumt hat und dieses endlich einmal auf sichere Gleise gestellt hat, hat sie auch die ÖBB auf sichere Gleise gestellt. Nehmen Sie das zur Kenntnis, Herr Kollege Grosz! (Abg. Zanger: Hat der Faymann nichts gemacht? – Abg. Mag. Stefan: Hat der Faymann nichts gemacht, wenn die Bures alles gemacht hat? – Abg. Zanger: War der Faymann so schwach?)

Ich wollte eigentlich zu MedAustron Folgendes sagen: Wir sind sehr dankbar, dass der Rechnungshof dieses Großprojekt, das ungefähr 230 Millionen € kosten wird, und noch einmal so viel Finanzierungskosten bis 2046, so exakt überprüft, damit wir hier eine begleitende Kontrolle haben. Ich würde Sie bitten, Herr Rechnungshofpräsident, das auch in Zukunft zu tun, denn es gibt hier gewisse Risken, die noch genau geprüft und begleitet werden müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


23.50.24

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Geschätzte Herren Präsidenten! Hohes Haus! Kollege Sacher, ein bisschen weniger Aufregung wäre vielleicht angebracht, das muss man schon sagen.

Lassen wir einmal die 26 Container-Stapler weg, die ein Heidengeld gekostet haben. Bei den ÖBB passiert das ja des Öfteren, dass irgendwelche Sachen angekauft wer­den und dann verschwinden sie. Und wenn Sie jetzt Schwarz-Blau und immer wieder diese Unsinnigkeiten sagen und dass die Bundesministerin Bures das alles so im Griff hat, dann muss ich Ihnen schon erwidern: 2009 wurden 26 657 Handys bei den ÖBB angekauft, aber leider Gottes sind auf mysteriöse Weise 8 600 gleich einmal bei den Bediensteten nicht angekommen und verschwunden.

Das ist alles Geld, Steuergeld, das man natürlich sinnvoller verwenden könnte. Und das gehört natürlich kontrolliert. Daher sind wir froh, dass es den Rechnungshof gibt – den Rechnungshofpräsidenten und seine Mitarbeiter. Und es ist natürlich unfassbar, wenn man hier sagt, wir bedanken uns, der Rechnungshof ist so wichtig und so gut, und dann geht man her und kürzt, schneidet zusammen und hat für den Rechnungshof außer Dank nichts über. Dafür kann er sich nichts kaufen. Er braucht Mitarbeiter, um noch besser und genauer prüfen zu können. Und wenn Sie sich hier herstellen und sich nur bedanken, dann wird das dem Rechnungshof und auch der Republik nicht sonderlich viel helfen. Das muss man einfach so sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das gehört einfach klipp und klar einmal gesagt: Wenn Sie sich zu einem Rech­nungshof bekennen in dieser Republik, zu einer Kontrolle in der Republik, dann stärken Sie den Rechnungshof und schwächen Sie ihn nicht!

Wir geben so viele Millionen für Sachen aus, bei denen wir einfach immer zweifeln, ob wir die brauchen, aber der Rechnungshof – da bin ich wirklich beim Kollegen des BZÖ – der rechnet sich selbst, weil der prüft, der bringt wieder Geld zurück, und das hat absolut einen Sinn. Bei vielen, vielen Sachen, für die von der Bundesregierung sonst mit beiden Händen das Geld hinausgeworfen wird, kommt nichts mehr zurück, da bleiben einfach die Millionen auf der Straße liegen und werden verschleudert.

Der Rechnungshof hat seine Berechtigung, hat seinen Sinn. Stärken Sie den Rech­nungs­hof, und halten Sie nicht nur hier Dankesreden, davon kann er sich nichts kaufen! (Beifall bei der FPÖ.)

23.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 290

Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile dem Herrn Präsidenten Dr. Moser das Wort. – Bitte.

 


23.52.47

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Auf der Tagesordnung stehen heute 15 Berichte des Rechnungshofes, eine Ersuchensprüfung, vier Querschnittsprüfungen, vier Schwerpunktprüfungen, eine Stichprobenprüfung, fünf Follow-up-Überprüfungen.

Gestatten Sie mir daher, dass ich ein paar kurze Anmerkungen mache, auch im Hinblick auf die Debatte, die geführt worden ist:

Es ist die Wirksamkeit des Rechnungshofes angesprochen worden: Dafür geben sicherlich die heute auf der Tagesordnung stehenden Follow-up-Überprüfungen ein gutes Zeugnis ab. Von 81 Empfehlungen des Rechnungshofes wurden 69 Empfehlun­gen umgesetzt beziehungsweise befinden sich in Umsetzung. 12 Empfehlungen sind offen.

Betrachtet man die Wirksamkeit des Rechnungshofes auch in Zahlen, so zeigt das allein die Prüfung der Verkehrstelematik, wo die Prüfung des Rechnungshofes zu nach­weisbaren Einsparungen von 192 Millionen € geführt hat, weil aufgrund der Emp­fehlung des Rechnungshofes in diesem Fall Verkehrstelematik-Projekte redimen­sioniert worden sind beziehungsweise gleichzeitig auch das Investitionsprogramm reduziert wurde, ohne dass damit in irgendeiner Art und Weise die Funktionsfähigkeit eingeschränkt worden ist.

Darüber hinaus verweisen wir bei der Wirkung des Rechnungshofes immer wieder auf Prüfungen, die Ihnen die Möglichkeit geben, die nötigen Schlüsse zu ziehen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Prüfungen im Gesundheits- und im Pflege­be­reich.

Wenn heute die Prüfung „Finanzierung der Leistungen in Spitalsambulanz und Ordi­nationen“ auf der Tagesordnung steht, zeigt diese, dass die Wirkungen beziehungs­weise die Ziele der Gesundheitsreformen bisher nicht umgesetzt wurden und jene Verlagerung, nämlich vom stationären Bereich in den ambulanten Bereich beziehungs­weise in den niedergelassenen Bereich, nicht durchgeführt wurde, weil die erforder­lichen Anreize nicht gegeben sind.

Das heißt, es zahlt sich aus, einen Patienten stationär aufzunehmen, weil die Kran­kenanstalt entsprechende Mehreinnahmen erhält.

Es zahlt sich aus, einen Patienten nicht im Krankenhaus zu untersuchen, sondern ihn zu entlassen, damit er dort seine Voruntersuchungen durchführen muss und dann in der Krankenanstalt nur mehr operiert werden muss; das nennt sich präoperative Diagnostik, dabei spart der eine auf Kosten des anderen.

Diese Beispiele zeigen, dass sich der Patient an den Strukturen zu orientieren hat und sich nicht die Strukturen an den Patienten zu richten haben.

Das Gleiche findet auch in der Altenbetreuung statt: In der Altenbetreuung haben wir eine Artikel-15a-Vereinbarung aus dem Jahr 1993, die vorsieht, unter gleichen Voraus­setzungen gleiche Leistungen als Mindeststandards zu sichern. Wenn man sich jedoch die Altenbetreuung ansieht, die wir geprüft haben, sehen Sie erhebliche Unterschiede bei den Kosten je Heimplatz, Vorgaben für Pflegepersonal, bei der baulichen Ausge­stal­tung der Heime, bei der Versorgung mit Heimplätzen. Allein in Tirol haben Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 291

391 verschiedene Tarife, und bei gleicher Pflegestufe und gleichem Betreuungsauf­wand einen Tarifunterschied von über 900 €.

Darüber hinaus, wenn Sie sich die Finanzierungsströme anschauen, herrscht völlige Intransparenz: Für die Finanzierung eines Heimplatzes von 3 200 € brauchen Sie 19 Finanzierungsströme. Wie schaut das aus? Nur ein kleines Beispiel, weil die Zeit vorgeschritten ist. Es zahlt der Bund das Geld, beispielsweise eine Pensionsversiche­rungs­anstalt. Die Pensionsversicherungsanstalt zahlt das Geld an den Heimbewohner, der zahlt dem Heimbetreiber, beispielsweise an einen Gemeindeverband den Heim­tarif. Der Gemeindeverband zahlt das Entgelt an das Land. Das Land finanziert Investitionen und gibt dafür Geld plus Umsatzsteuer zurück an den Verband. Der Verband führt die Umsatzsteuer ab an den Bund, und gleichzeitig gewährt dann der Bund dem Land eine Förderung in gleicher Höhe wie die Umsatzsteuer nach dem – in diesem Fall – Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz. Das ist ein Weg, gekennzeichnet von Intransparenz, der sicherlich beseitigt gehört und wo sich zeigt, dass Maßnahmen gesetzt werden sollten.

Darüber hinaus besteht Optimierungspotential im Forschungsbereich. Dies zeigt beispiels­weise die Prüfung MedAustron, und das zeigt die Prüfung, die heute mehrfach angesprochen worden ist, die FWG, bei der beispielsweise mehr als 2 Millionen € Förderungsgelder eingesetzt worden sind und am Schluss wurde das Unternehmen um 50 000 € verkauft. Der Rechnungshof hat dabei alle vorhandenen Unterlagen, die ihm zur Verfügung gestellt worden sind und die er dementsprechend mit seiner Arbeit auch ausfindig gemacht hat, überprüft.

Das Ergebnis auch in dem Bereich ist niederschmetternd. Es ist auch aufgezeigt worden, was der Herr Abgeordnete Graf in diesem Zusammenhang gesagt hat, dass ursprünglich versucht wurde, das Unternehmen zu verschmelzen, dass ein erfolg­reiches Unternehmen um 50 000 € verkauft wurde, und nachdem es um 50 000 € verkauft wurde, hat sich kurze Zeit danach der Geschäftsführer in der FWG bezie­hungsweise der kaufmännische Geschäftsführer der damaligen ARC beteiligt, wobei die Beteiligung des Geschäftsführers in dem Fall für 10 Prozent 300 000 € ausgemacht hat. Das heißt wenn man das in etwa hochrechnet , dass das Unternehmen innerhalb kurzer Zeit um 3 Millionen € an Wert gewonnen hat, obwohl es um 50 000 € verkauft worden ist.

Es ist richtig, was der Herr Abgeordnete Kogler gesagt hat, dass dem Rechnungshof gegenüber keine Wahrheitspflicht besteht, dass der Rechnungshof darüber hinaus Unterlagen, die nicht vorhanden sind, nicht prüfen kann und dass auch keine Vorlage­pflicht besteht. Das ist sicherlich ein Umstand, der zu bedenken ist und wo darauf hinzuweisen ist, dass beispielsweise eine falsche Beweisaussage vor Gericht nach § 288 StGB und vor einer Verwaltungsbehörde nach § 289 StGB strafbar ist. Ein Umstand, der zu denken geben soll, auch im Hinblick auf Salzburg, wo das ange­sprochen worden ist.

Darüber hinaus zeigt sich auch Handlungsbedarf, wenn Sie die Filmförderung an­schauen, bei der 17 verschiedene Förderungseinrichtungen auf Bundes- und Landes­ebene bestehen. 65 Prozent der Förderung fließen von mehr als einer Stelle, ohne dass eine ausreichende Koordinierung besteht und ohne dass dementsprechende Ziele vorgegeben werden. Das heißt, es besteht Handlungsbedarf. Handlungsbedarf, den die Prüfungen des Rechnungshofes aufzeigen. Wobei es aber auch richtig ist, wenn Sie ausführen, dass der Rechnungshof auch bei sich darauf zu achten hat, dass Gelder wirklich sparsam und wirksam eingesetzt werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 292

Sie sehen hier eine Tabelle mit den Personalkosten seit 2007 bis 2013. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Die unterste Linie sind die Personalkosten­steige­rungen des Rechnungshofes. Wenn Sie sich den Output des Rechnungshofes an­schauen, werden Sie sehen, dass sich der Output vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2012 gesteigert hat. Hatte der Rechnungshof im Jahr 2005 noch 3 000 Seiten veröffentlicht, so waren es im Jahr 2012 mehr als fünf Mal so viel, nämlich mehr als 16 000 Seiten. Nur um eine Ziffer zu nennen.

Darüber hinaus ist aber auch darauf hinzuweisen  weil auch das angesprochen worden ist , dass dem Rechnungshof eine Fülle von Verwaltungsaufgaben übertragen worden sind: Wir haben da das Parteiengesetz, das Medientransparenzgesetz, gleichzeitig haben wir aber ein Budget, das im Jahr 2012 wesentlich höher ist als in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016, obwohl zusätzliche Aufgaben zu bewerk­stelligen sind, jährliche Bezugserhöhungen zu decken sind, Struktureffekte abzu­decken sind und darüber hinaus jährliche Preissteigerungen auch beim Sachaufwand hinzunehmen sind.

Mehr Aufgaben im Verwaltungsbereich, weniger Geld heißt gleichzeitig weniger zu prüfen. Daher muss ich Sie darüber informieren: Sie sind diejenigen, die die Erstadres­saten der Prüfung des Rechnungshofes sind. Sie sehen, was die Wirkung des Rechnungshofes ausmacht, das heißt, dass es zweckmäßig ist, Prüfungen zu haben, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu stärken.

Es liegt daher an Ihnen, die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen. Der Rechnungshof wird sicherlich so wie in der Vergangenheit mit Nachdruck seine Leistung bringen. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

23.59


Präsident Fritz Neugebauer: Ich danke dem Herrn Präsidenten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


23.59.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Noch ganz kurz vor Schluss der Sitzung ein paar Richtigstellungen – keine Angst, kein Ausflug nach Maria Taferl oder nach Maria Danksagung, aber doch wichtige Richtigstellungen.

Es wurde heute angesprochen, ich glaube, von dieser Seite (der Redner deutet in Richtung der Sitzreihen der SPÖ), dieser böse MAV Cargo-Konsulent in Ungarn, der von wem auch immer bestellt wurde. Die Richtigstellung würde heißen, gekommen ist er vom Herrn Höchtl, und der Herr Höchtl gehört weder zur SPÖ, zur FPÖ noch zum BZÖ, sondern zur ÖVP.

Zweite Sache: Herr Kollege Sacher hat – mit Emotion und so weiter – festgestellt, dass es da den bösen Herrn ÖBB-Chef Huber gegeben hat, der richtigerweise die 600 Mil­lionen € verspekuliert hat. Und Sie haben nur gesagt, die Frau Bundes­ministerin Bures hat dann die ÖBB auf die richtigen und guten Gleise gestellt. Nur erinnere ich mich ganz dumpf, zwischen Rot-Bures und Orange-Gorbach war doch noch ein Verkehrsminister. Ich glaube, das war derselbe, der versäumt hat, bei den ÖBB etwas zu machen, derselbe, der versäumt hat, bei der Austro Control überhaupt irgendetwas zu machen, der nicht bemerkt hat, dass in seinem Ministerium alles drunter und drüber geht. Dafür hat er einen feschen Büroleiter gehabt, der dann Staatssekretär geworden ist. Da sollten Sie ein bisserl nachschauen, nicht bei dem, was ideologisch irgendwo


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 293

hineinpasst, sondern dort, wo man einfach drüber schaut über die, die Packeln, wo trotzdem rote Bonzen verdienen und alle anderen schlecht gemacht werden! (Beifall bei der FPÖ.)

0.01

00.01.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungs­hofaus­schusses, den vorliegenden Bericht III-208 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

00.02.10 Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Scheibner, Kollegin und Kollegen, dem Geschäftsord­nungsaus­schuss zur Berichterstattung über den Antrag 1623/A der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsord­nungsgesetz 1975 geändert wird, eine Frist bis 11. Juni 2013 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.02.30 Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2306/A(E) bis 2326/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 14873/J bis 14926/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.03 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.03.05Schluss der Sitzung: 0.03 Uhr

 

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