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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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138. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 7. Juli 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

138. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                   Donnerstag, 7. Juli 2016

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 7. Juli 2016: 9.15 – 22.52 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Ärzte­gesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1655/A(E) der Abgeordneten Dr Marcus Franz, Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung aller öf­fentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1545/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 31. Mai 1967 über die Kranken- und Unfallversicherung öffentlich Bediensteter (Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz – B-KUVG) geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1757/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend evidenzbasierte Planungsleitlinien für die psychi­atrische Versorgung

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1756/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Register für freiheitsbeschränkende Maßnahmen

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1710/A der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Leonhard Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Ge­sundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird, sowie Bericht über den

Antrag 1706/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Claudia Durchschlag, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) geändert wird


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8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tuberkulosegesetz und das Epidemie­gesetz 1950 geändert werden, sowie Bericht über den

Antrag 1529/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dengue-Fieber und Meldepflicht und über den

Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Meldepflicht bei Zika-Fällen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1607/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Extradotation für den VKI in Sachen TTIP

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1729/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparenten Umgang mit Zutaten beziehungs­weise Wirkstoffen, welche in der Lage sind, die Gesundheit zu gefährden, krebserre­gend zu wirken oder Allergien auszulösen

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1288/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme veganer und vegetarischer Produkte in den Codex Alimentarius

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1609/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Extradotation für den VKI in Sachen TTIP

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1702/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verpflichtung von Versicherungsgesell­schaf­ten zur permanenten Abrufbarkeit ihrer AGB-Kataloge

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsan­waltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonen­ge­setz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpen­sions­gesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 und das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsge­setz geändert werden, ein Bundesgesetz zur Änderung der Dienstrechts­verfah­rens­verordnung 1981 erlassen und die Pensionsdatenübermittlungsverordnung – Post aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2016)

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1349/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall einer disziplinären Verfolgung von Beam­ten trotz voller Sanktionierung unter Diversion

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1595/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechts­ge­setz 1979 – BDG 1979) geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (17. FSG-Novelle)

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (33. KFG-Novelle)


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19. Punkt: Bericht über den Antrag 1741/A der Abgeordneten Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1694/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend fluglärmreduzierende und damit bürgerInnenfreund­liche Verwendung der bei der Austro Control anfallenden Überschüsse

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1740/A der Abgeordneten Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1693/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend maximale Nutzung der ökologischen Spielräume bei der LKW-Bemautung

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1770/A(E) der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leistungsfähiges Internet für Hasendorf

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1732/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend eine Reformierung des Universaldienstes

25. Punkt: Bericht über den Antrag 1482/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „IG-Luft Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Bundesstraßen – Verlagerung in Bundeskompetenz“

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchs­musterge­setz, das Markenschutzgesetz 1970, das Musterschutzgesetz 1990 und das Patent­amts­gebührengesetz geändert werden

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1675/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Patentierung von Pflanzen und Tieren

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgebührengesetz, die Fernmelde­gebührenordnung und das Fernmeldegebührengesetz geändert werden

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fernsprechentgeltzuschussgesetz geändert wird

30. Punkt: Bericht über den Antrag 1776/A(E) der Abgeordneten Eva-Maria Himmel­bauer, BSc, Philip Kucher, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der For­schungsprämie sowie über den

Antrag 460/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Evaluierung der Forschungsprämie

31. Punkt: Bericht über den Antrag 337/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der indirekten Forschungsförderung – Erhöhung der Forschungsprämie für EPUs und KMUs

32. Punkt: Bericht über den 39. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. De­zember 2015)


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33. Punkt: Bericht über den Sonderbericht der Volksanwaltschaft über die Wahrneh­mungen des Prüfungsverfahrens zum Anhaltezentrum Vordernberg

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 8782/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 42

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 135

Redner/Rednerinnen:

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 135

Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ................................................................ ... 137

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 139

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 140

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 141

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 143

Michael Pock ........................................................................................................... ... 145

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ... 147

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1697/A(E) der Abge­ordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Lohnnebenkosten gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen ................................................................................................. 42

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 42

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ... 148

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ..................................................... ... 151

Wolfgang Katzian ................................................................................................... ... 153

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 154

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 156

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 157

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ... 159

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 160

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 162


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Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 709/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie über mögliche Effizienzsteigerungen in den Sozialversiche­rungen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung           42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 740/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsmarktzugang für Asylwerber gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ..........................  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 863/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung Teilarbeitsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ........................................  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 864/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwerbstätigkeitsanreize in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Zurückziehung  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 1646/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutz­berechtigte während Mindestsicherungsbezug gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung .............................................................  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 1650/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeskompetenz bei Geldleistungen zur Bedarfsorien­tier­ten Mindestsicherung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ..............................................................................................................  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 703/A der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ableh­nung ...  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 862/A(E) der Abge­ordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirt­schaftsinvestitionsfreibetrag von Euro 100.000 gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ord­nung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ........................................  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1659/A(E) der Abge­ordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Körperschaftsteuer auf 12,5% auf nicht entnommene Gewinne gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ...  42, 269

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Gleichbehandlungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 738/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend


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Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung .........  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 523/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Kosten für das Lehrpersonal an nichtkonfessionellen Schulen in freier Trägerschaft gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ..............................................................................................................  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1088/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend frei verfügbare Qualitätsbudgets an den Neuen Mittelschulen anstelle des verpflichtenden Team-Teachings gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ..............................................................................................................  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1444/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermöglichung von schulautonomen Pilotprojekten gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ..............  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1445/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis zum Rückzug der Parteipolitik aus der Schulver­waltung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung         42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1472/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung des Berufsbildes der Lehrerinnen und Lehrer gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung .........  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zur Berichterstattung über den Antrag 613/A(E) der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Neugestaltung der Gewerbeordnung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung .........  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zur Berichterstattung über den Antrag 624/A(E) der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz bei Unternehmensförderungen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung .........  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zur Berichterstattung über den Antrag 1151/A(E) der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „500 Tage Bundesregierung. Auslaufklausel einführen und mit gutem Beispiel voran gehen“ gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ..............................................................................................................  42, 270

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zur Berichterstattung über den An-


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trag 1399/A(E) der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitszeitflexibilisierung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen – Ablehnung ................................................  42, 270

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 43

Ersuchen des Abgeordneten Ing. Robert Lugar um Sitzungsunterbrechung ............ 45

Unterbrechung der Sitzung .................................................................................  46, 135

Fragestunde (20.)

Familien und Jugend ................................................................................................... 23

Angela Lueger (238/M); Angela Fichtinger

Claudia Durchschlag (229/M)

Edith Mühlberghuber (236/M); Mag. Judith Schwentner

Mag. Judith Schwentner (234/M)

Michael Pock (233/M); Hermann Lipitsch, Norbert Sieber

Leopold Steinbichler (232/M); Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

Cornelia Ecker (239/M); Claudia Angela Gamon, MSc (WU)

Dipl.-Ing. Georg Strasser (230/M); Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA

Petra Steger (237/M)

Julian Schmid, BA (235/M)

Katharina Kucharowits (240/M); Carmen Schimanek

Asdin El Habbassi, BA (231/M); Martina Schenk

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 23

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................  120, 120, 120, 210, 211

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1194 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016) (1240 d.B.)        ............................................................................................................................... 43

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1655/A(E) der Abgeordneten Dr Marcus Franz, Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV) (1231 d.B.)                             43


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3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1545/A der Abge­ordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 31. Mai 1967 über die Kranken- und Unfallversicherung öffentlich Bediensteter (Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz – B-KUVG) geändert wird (1232 d.B.) .............................................. 43

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1757/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend evidenz­basierte Planungsleitlinien für die psychiatrische Versorgung (1233 d.B.) .................................................................................................. 43

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1756/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Register für freiheitsbeschränkende Maßnahmen (1234 d.B.) ......................................................................................................................................... 43

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1710/A der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Leonhard Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird (1238 d.B.) ............................................................................................... 44

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .......................................................................... 44

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ..... 46

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ..... 47

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ..... 52

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 53

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 54

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 58

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ...............................................  59, 66

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ..... 61

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ..... 62

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 67

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 67

Johann Singer .............................................................................................................. 71

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ..... 72

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ..... 73

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ..... 74

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ..... 75

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 77

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ..... 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheits- und Krankenpflegegesetz: Mindestpersonal­schlüssel, Auslaufen der Pflegeassistenz-Ausbildung und Wartezeiten für MRT-/CT-Untersuchungen – Ablehnung ...............................  49, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Computertomografie(CT)- oder Magnetreso­nanz­tomografie(MRT)-Untersuchungen für Sozialversicherte – Ablehnung ................................................................................  65, 80

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1240 und 1238 d.B. ....................................... 79

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1240 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Vorlage eines Fortschrittsberichts über die Evaluierung gemäß § 117 Abs. 21 GuKG an den Nationalrat (E 162)             ............................................................................................................................... 81

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1240 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einrichtung einer zentralen Ansprechstelle zu MRT-Untersuchungen (E 163) ............. 81


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 9

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1231, 1232, 1233 und 1234 d.B. ............. 81

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (690 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 1706/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Claudia Durchschlag, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) geändert wird (1239 d.B.) ..................................... 81

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ...................................................................  82, 92

Johann Hechtl ......................................................................................................... ..... 82

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 84

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ..... 85

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 89

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ..... 90

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ...................................................... 91

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 91

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ..... 92

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ..... 93

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ..... 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 18 Gesundheitsberuferegister-Gesetz – Annahme (E 164)  84, 96

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 12 Gesundheitsberuferegister-Gesetz – Annahme (E 165)  94, 96

Annahme des Gesetzentwurfes in 1239 d.B. ................................................................. 95

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1187 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tuberkulosegesetz und das Epidemie­gesetz 1950 geändert werden, sowie über den

Antrag 1529/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Dengue-Fieber und Meldepflicht und über den

Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Meldepflicht bei Zika-Fällen (1230 d.B.) ....................................................... 96

Redner/Rednerinnen:

Philip Kucher ........................................................................................................... ..... 96

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 97

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ..... 98

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 100

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ... 100

Petra Bayr, MA ........................................................................................................ ... 101

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................ ... 102

Annahme des Gesetzentwurfes in 1230 d.B. ............................................................... 102

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 10

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1607/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Extradotation für den VKI in Sachen TTIP (1235 d.B.) .................................................................................................................... 103

10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1729/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend trans­parenten Umgang mit Zutaten beziehungsweise Wirkstoffen, welche in der Lage sind, die Gesundheit zu gefährden, krebserregend zu wirken oder Allergien auszulösen (1236 d.B.) ................................................................................................. 103

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1288/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auf­nah­me veganer und vegetarischer Produkte in den Codex Alimentarius (1237 d.B.) ................................................................................... 103

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 1609/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Extradotation für den VKI in Sachen TTIP (1242 d.B.) ............................................................................................. 103

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 1702/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Verpflichtung von Versicherungsgesellschaften zur per­manenten Abrufbarkeit ihrer AGB-Kataloge (1241 d.B.)                    103

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 103

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 104

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ..................................................................  105, 119

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 106

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ... 107

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 108

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ... 109

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ... 111

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 112

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 114

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 115

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 116

Angela Lueger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 117

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................... 118

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Gesetzlicher Schutz der Begriffe „Vegetarisch“ und „Vegan“ – Ablehnung .......  113, 120

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 1235, 1236, 1237, 1242 und 1241 d.B.                        120

Zuweisung des Antrages 1607/A(E) an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie                        120

Zuweisung des Antrages 1609/A(E) an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie                        120

Zuweisung des Antrages 1702/A(E) an den Justizausschuss ..................................... 120

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 11

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1188 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesver­trags­lehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­ver­trags­lehrpersonengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 und das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz geändert werden, ein Bun­desgesetz zur Änderung der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 erlassen und die Pensionsdatenübermittlungsverordnung – Post aufgehoben wird (Dienst­rechts-Novelle 2016) (1195 d.B.) .......................................... 120

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1349/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall einer disziplinären Verfolgung von Beamten trotz voller Sanktionierung unter Diversion (1196 d.B.) ................................................................. 121

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1595/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienst­recht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (1197 d.B.) .................................................................................................................... 121

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 121

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 122

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 123

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 125

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ... 126

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 127

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 128

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 129

Staatssekretärin Mag. Muna Duzdar .................................................................... ... 131

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 133

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ... 134

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 162

Mag. Aygül Berivan Aslan ..................................................................................... ... 165

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 167

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ruhegenussfähige und an den Verbraucher­preisindex angepasste Funktionszulage für Beamte der Verwendungsgruppe E 2b – Ablehnung ..............................................................  164, 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Rechte von ZeugInnen in Disziplinarverfahren – Ablehnung ..............................  166, 170

Annahme des Gesetzentwurfes in 1195 d.B. ............................................................... 169

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1196 und 1197 d.B. ........................... 170

17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1191 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (17. FSG-Novelle) (1210 d.B.) .............. 170


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 12

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi ............................................................................................................... ... 170

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 171

Johann Singer ......................................................................................................... ... 172

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 173

Michael Pock ........................................................................................................... ... 174

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 175

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 175

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried .................................................................... 176

Annahme des Gesetzentwurfes in 1210 d.B. ............................................................... 177

18. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1192 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (33. KFG-Novelle) (1211 d.B.) ............ 177

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi ............................................................................................................... ... 177

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 179

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 180

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 181

Michael Pock ........................................................................................................... ... 182

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 183

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 185

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried ................................................................. ... 185

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 187

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 188

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 189

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformierung des Kraftfahrbeirates beziehungsweise des Beirates des Verkehrsicherungsfonds – Ablehnung                184, 192

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Sicherheit bei Mopeds durch größere Rückstrahler sowie durch das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren“ – Ablehnung .......................................................  191, 192

Annahme des Gesetzentwurfes in 1211 d.B. ............................................................... 192

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1741/A der Abge­ordneten Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1212 d.B.) ............................................................................................. 193

20. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1694/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend fluglärmreduzie­rende und damit bürgerInnenfreundliche Verwendung der bei der Austro Control anfallenden Überschüsse (1213 d.B.) ...................................... 193

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi ............................................................................................................... ... 193

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 194

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ... 194

Ing. Wolfgang Klinger ............................................................................................ ... 195

Michael Pock ........................................................................................................... ... 196


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 13

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 197

Johann Hell .............................................................................................................. ... 197

Annahme des Gesetzentwurfes in 1212 d.B. ............................................................... 198

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1213 d.B. .................................................... 198

21. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1740/A der Ab­ge­ordneten Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1214 d.B.) ........................................................... 199

Redner/Rednerinnen:

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 199

Georg Willi ............................................................................................................... ... 199

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried ................................................................. ... 200

Annahme des Gesetzentwurfes in 1214 d.B. ............................................................... 200

22. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1693/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend maximale Nutzung der ökologischen Spielräume bei der LKW-Bemautung (1215 d.B.) ................................................................................................ 200

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi ............................................................................................................... ... 200

Harry Buchmayr ...................................................................................................... ... 202

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 203

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 203

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 204

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 205

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried ................................................................. ... 205

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1215 d.B. .................................................... 206

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1770/A(E) der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leistungsfähiges Internet für Hasendorf (1216 d.B.)     ............................................................................................................................. 207

24. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1732/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Refor­mierung des Universaldienstes (1217 d.B.)                        207

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 207

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 208

Michael Pock ........................................................................................................... ... 209

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 210

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1216 und 1217 d.B. ........................... 210

Zuweisung des Antrages 1770/A(E) an den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie        ............................................................................................................................. 210

Zuweisung des Antrages 1732/A(E) an den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie        ............................................................................................................................. 211


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 14

25. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1482/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „IG-Luft Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Bundesstraßen – Verlagerung in Bun­deskompetenz“ (1218 d.B.) ........................................................... 211

Redner/Rednerinnen:

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 211

Walter Bacher .......................................................................................................... ... 212

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 213

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 214

Ing. Thomas Schellenbacher ................................................................................. ... 215

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 216

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 216

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 217

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried ................................................................. ... 218

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1218 d.B. .................................................... 219

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1144 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patent­gesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Musterschutzgesetz 1990 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (1204 d.B.) ....................................................................................................... 220

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über den Antrag 1675/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Patentierung von Pflanzen und Tieren (1205 d.B.) ...................................................... 220

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 220

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 221

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 223

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 223

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 225

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 225

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ... 226

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried ................................................................. ... 227

Elmar Mayer ............................................................................................................. ... 227

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ... 228

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 230

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ... 231

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 232

Annahme des Gesetzentwurfes in 1204 d.B. ............................................................... 233

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1205 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend keine Patentierung von Pflanzen und Tieren (E 166) ............................................................ 233

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1175 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunk­gebührengesetz, die Fernmeldegebührenordnung und das Fernmeldegebühren­gesetz geändert werden (1206 d.B.) ........................................... 233


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 15

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1176 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Fernsprech­entgeltzuschussgesetz geändert wird (1207 d.B.) ............................................................................................................................. 233

Redner/Rednerinnen:

Konrad Antoni ......................................................................................................... ... 234

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 234

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ... 235

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 237

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire Rundfunkgebühr für Menschen mit Sinnesbehin­derungen – Ablehnung ...........  236, 238

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1206 und 1207 d.B. ..................................... 238

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über den Antrag 1776/A(E) der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Philip Kucher, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Forschungsprämie sowie über den

Antrag 460/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Evaluierung der Forschungsprämie (1208 d.B.) .......................................................... 238

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über den Antrag 337/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Evaluierung der indirekten Forschungsförderung – Erhöhung der Forschungsprämie für EPUs und KMUs (1209 d.B.)                       238

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 239

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 240

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 241

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 242

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 244

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ... 245

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 245

Dr. Karlheinz Töchterle .......................................................................................... ... 246

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1208 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Evaluierung der Forschungsprämie (E 167) ................................................................ 247

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1209 d.B. .................................................... 247

32. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 39. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2015) (III-235/1180 d.B.) ............................................... 247

Redner/Rednerinnen:

Johann Hell .............................................................................................................. ... 247

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 248

Carmen Schimanek ................................................................................................ ... 249

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 250

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................ ... 251

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 253

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 254

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 255


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 16

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 256

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 256

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 257

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 258

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 258

Marianne Gusenbauer-Jäger ................................................................................. ... 259

Nurten Yilmaz .......................................................................................................... ... 260

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter ......................................................................... ... 260

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek ...................................................................... ... 261

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer ..................................................................... ... 262

Kenntnisnahme des Berichtes III-235 d.B. ................................................................... 263

33. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Sonderbericht der Volksanwaltschaft über die Wahrnehmungen des Prüfungsverfahrens zum Anhaltezentrum Vordernberg (III-188/1181 d.B.)     ............................................................................................................................. 263

Redner/Rednerinnen:

Johann Hechtl ............................................................................................................. 263

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................. 264

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 264

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 265

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 267

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer ..................................................................... ... 268

Kenntnisnahme des Berichtes III-188 d.B. ................................................................... 268

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 geändert wird (1802/A)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Compu­tertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT)-Untersuchungen für Sozial­versicherte (1803/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Bisphenol in Thermopapier (1804/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Bisphenol in Thermopapier (1805/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Bisphenol in Thermopapier (1806/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100% Gentechnikfreiheit des AMA-Gütesiegels (1807/A)(E)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend IS, systematische Massenmorde an religiösen und ethnischen Minder­heiten (1808/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Mobbing gegen Ärzt_innen an medizinischen Universitäten (9737/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 17

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verwaltungsvereinfachung und Entrüm­pelung im ArbeitnehmerInnenschutz im Sinne der Rechnungshof-Empfehlungen von 2013 (9738/J)

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Öffentliche Ausgaben für Privatuniversitäten (9739/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Finanzierung von Integrationsmaßnahmen und zusätzliche Ressourcen für neu hinzugekommene SchülerInnen (9740/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Maturaergebnisse der letzten Jahre (9741/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Erhöhung der Staatsausgaben (9742/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erhöhung der Staatsausgaben (9743/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erhöhung der Staatsausgaben (9744/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Erhöhung der Staatsausgaben (9745/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Plagiatsvorwürfe (9746/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend erneut massive HCB-Grenzwert­überschreitung im Kärntner Görtschitztal (9747/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend aus Bayern ins Innviertel rückgewiesene Migranten seit Februar 2016 (9748/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Massenphänomen „Vortäuschen der syrischen Staatsbürgerschaft“ (9749/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Umsetzung von Maßnahmen für leistbares Wohnen (9750/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Burn-out Fälle in jeder zweiten Firma (9751/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend bessere Vermarktung der österreichischen Nationalparks durch die Österreich Werbung (9752/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zwangsbremsungen und Schnellbrem­sungen im ÖBB Betriebsdienst (9753/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend wirksame Vermeidung von Altersdiskrimi­nierung (9754/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 18

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Verletzung von EU-Beschlüssen im Bereich flussbaulicher Maßnahmen durch Ungarn, Rumänien und Bulgarien (9755/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Milchdialog (9756/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evalu­ierung (9757/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9758/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9759/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9760/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9761/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9762/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9763/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9764/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Subventionen an den umstrit­tenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9765/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9766/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9767/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9768/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Subventionen an den umstrittenen Verkehrsclub Österreich und deren Evaluierung (9769/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 19

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze in Asylwerberheimen im Bezirk Mödling (9770/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend sexuell motivierte Straftaten während des Donauinselfestes 2016 (9771/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Kontaktstellen2 in Brüssel (9772/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Gratiszahnspange“ (9773/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Wartezeiten für MRT-/CT-Untersuchungen (9774/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Rückerstattung bei Wahlärzten (9775/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend benachteiligte Leiharbeiter (9776/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Mangel an Kassenärzten (9777/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ver­tretung heimischer Interessen in der EU (9778/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9779/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9780/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9781/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9782/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9783/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9784/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9785/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9786/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9787/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9788/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 20

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vertretung heimischer Inter­es­sen in der EU (9789/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9790/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vertretung heimischer Interessen in der EU (9791/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Drogentests (9792/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend erhöhten Planstellenbedarf für das SPK Villach (9793/J)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Verordnung des Bundesministers für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft über die Richtlinie für die Tätigkeit der nationalen Energieeffizienz-Monitoringstelle (Energieeffizienz-Richtlinienverordnung (9794/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Rechnungshofes betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete des Rechnungshofes (9795/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dienstfrei­stellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (9796/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­minis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (9797/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Familien und Jugend betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Familien und Jugend (9798/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (9799/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Finanzen (9800/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Dienstfreistellung für politische Funk­tionen für Bedienstete im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (9801/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Justiz (9802/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Dienstfreistellung für politische


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 21

Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (9803/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Bildung betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Bildung (9804/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundesministerium für Inneres (9805/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsu­mentenschutz (9806/J)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete im Bundeskanz­leramt (9807/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die angekündigte Novelle des Personenstandsgesetzes im Zusammenhang mit der Entschließung 43/E zu den „Sternenkindern“ (9808/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betref­fend Einhaltung gleicher Spielregeln auch durch Bundesschullandheime (9809/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend erneute Belastungsüberschreitung im Kärntner Görtschitztal (9810/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend zu hohen Zuckergehalt in Milchprodukten (9811/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Nachbesetzung von Planstellen und angebliche zusätzliche Planstellen bei den Finanzbeamten (9812/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Burn-out-Fälle in jeder zweiten Firma (9813/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Männerberatung in Tirol (9814/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Produktion und Wiederverwendung von Stimmkuverts und -zettel sowie Wahlkarten (9815/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die nicht gesetzlich festgelegte Kompetenz „Diversität“ (9816/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend: Hunde verenden qualvoll im Auto (9817/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend: Krebspatienten warten durchschnittlich acht Wochen auf Untersuchung (9818/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend straffällige Asylwerber im ersten Halbjahr 2016 (9819/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 22

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fremdenkriminalität im ersten Halbjahr 2016 (9820/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fremdenkriminalität im Detail im ersten Halbjahr 2016 (9821/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fremdenkriminalität im Bezirk im ersten Halbjahr 2016 (9822/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die bilaterale Beziehung zwischen Österreich und Großbritannien (9823/J)

*****

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Dienstfreistellung für politische Funktionen für Bedienstete des Parlaments (28/JPR)

 

 


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 23

03.15.31Beginn der Sitzung: 9.15 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen! Aufgrund eines technischen Gebrechens eröffne ich erst jetzt die 138. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Knes, Hafenecker, Kitzmüller, Neubauer, Schrangl und Schellhorn.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka wird durch den Bundesminis­ter für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 10.15 Uhr übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung in voller Länge live übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.45 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

09.16.35Fragestunde

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Rednerpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin erfolgt vom Rednerpult der Abgeordneten aus. – Ich begrüße Frau Bundesministerin Karmasin sehr herzlich. Einen schönen guten Morgen!

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute nicht übersteigen. Wenige Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich auf deren Ablauf aufmerksam machen.

Bundesministerium für Familien und Jugend

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 1. Anfrage, das ist jene der Frau Abgeordneten Lueger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie haben sich ja ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt, indem Sie gesagt haben, Sie möchten, dass Österreich bis 2025 das familienfreundlichste Land Europas wird. Sie haben dies­bezüglich auch am 6. Juni eine Pressekonferenz mit Herrn Dr. Katzmaier abgehalten und eine Studie präsentiert, in der Sie ja auch noch einmal die Familienfreundlichkeit in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 24

Österreich getestet haben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss es, so haben Sie selbst gesagt, ein gesellschaftspolitisches Umdenken geben.

Befragt wurden in dieser Studie Wirtschaftsverbände, große und kleine Unternehmen, mittlere Betriebe, aber natürlich auch Familien und Frauen. Mir ist aufgefallen, dass es den großen Betrieben sehr wichtig ist, dass die Performance stimmt und dass letzt­endlich der wirtschaftliche Erfolg stimmt, während bei den kleinen Unternehmen die Motivation dahin gehend ist, im Betrieb sehr auf Gleichheit zu achten und sehr solidarisch zu sein. Das heißt, da gibt es schon einen Disput zwischen den großen und den kleinen Unternehmen.

Aber nichtsdestotrotz gibt es ein klares Ergebnis dieser Studie, und dieses klare Ergebnis heißt: Arbeitszeitflexibilisierung für die Familienfreundlichkeit.

Frau Ministerin! Meine Frage:

238/M

„Inwiefern ist die von Ihnen geforderte tägliche Höchstarbeitszeit von 12 Stunden familienfreundlich und lässt sich mit den Anforderungen der Kinderbetreuung etwa von Alleinerziehenden vereinbaren?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Ja, Österreich soll das familienfreundlichste Land Europas werden. Wir sind hier auf einem guten Weg. Wir haben einige Schritte eingeleitet, die mehr als deutlich in diese Rich­tung zeigen – ich nenne nur: Kindergeldkonto, größte Ausbauoffensive, Partnerschafts­bonus, Familienzeiterhöhung, Familienbeihilfe, und, und, und.

Und ja, wir sind der Meinung, dass Arbeitszeit und Arbeitsmodelle anders gestaltet, flexibler gestaltet werden müssen, damit man sich auch individueller und flexibler auf Herausforderungen in der Familie einstellen kann. Das heißt nicht, dass ich von Familien fordere, dass sie länger arbeiten sollen, sondern dass sie die Möglichkeit haben, anders und flexibler zu arbeiten. Also ich sehe das aus der Perspektive der Familien, die uns immer wieder auch in unseren vielfältigen Treffen im Rahmen des Projektes „Unternehmen für Familien“ berichten, dass sie sagen: Ich würde gerne zwölf Stunden arbeiten, um möglicherweise meine Teilzeitarbeit oder auch Vollzeittätigkeit auf Tage zu blocken, ich möchte lieber drei Tage ausführlich arbeiten, um mich dann zwei Tage ganz den Kindern zu widmen – auch wenn man natürlich so denkt, dass der Vater dann in der anderen Zeit wiederum die freien Tage hätte. Also hier sehen wir schon die Möglichkeit, dass man sich besser auf Familien einstellen kann.

Es geht natürlich auch um andere Lösungen im Bereich von Home Office, der mobilen Arbeitsmöglichkeiten. Unsere diversen Broschüren, wie zum Beispiel der neue Folder über Best-Practice-Beispiele der Initiative „Unternehmen für Familien“, dokumentieren auch ganz klar, wie das gestaltet werden kann und wie es ja in der Praxis schon funk­tioniert.

Wir wollen jedenfalls mehr Freiraum für die Familien und nicht grundsätzlich mehr Freiraum für die Unternehmen, sondern wir wollen dieses Thema aus Familiensicht denken. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie merken, dass unsere Ersatzanlage von der Akustik her nicht besonders gut ist. Wir haben daher das Problem, dass sich dann, wenn der Lärm- beziehungsweise Geräuschpegel im Raum höher ist, das noch einmal schlecht darauf auswirkt, dass wir der Ministerin oder der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 25

FragestellerIn, den Abgeordneten folgen können. Ich würde Sie deshalb ersuchen, den allgemeinen Lärmpegel ein wenig zu reduzieren.

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Lueger.

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ):Ich möchte zwei Punkte Ihrer Beantwortung noch einmal aufgreifen. – Ja, es stimmt! Sie haben zwar gesagt, dass Sie nur eine andere Verteilung wollen. Die Studie spricht aber eindeutig von einer Erhöhung der Tages­arbeitszeit.

Der zweite Punkt, den Sie angesprochen haben, ist ganz einfach, einen Schwerpunkt auf Home Office, auf mobile Arbeitszeitmodelle zu legen. Diesbezüglich gibt es fol­genden Punkt in dieser Studie: freie Arbeitszeiteinteilung, etwa auch nachts oder auch am Wochenende.

Frau Ministerin, da stellt sich für mich schon die Frage: Wie soll das zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Arbeit führen?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Alles, was in dieser Studie abgefragt und diskutiert wurde, ist noch nicht politisches Pro­gramm. – Das ist einmal zum einen zu sagen.

Zum anderen, meine ich, müssen wir da einfach in Richtung Flexibilität und neue Herangehensweisen denken, denn es ist durchaus auch legitim, zu überlegen, dass am Wochenende Familienfreundlichkeit realisiert werden kann, nämlich dann, wenn der Mann beispielsweise – gedacht als ein Modell – die ganze Woche über arbeitet, am Wochenende zu Hause ist und die Frau dann ein paar Stunden arbeiten möchte.

Also es ist durchaus ein theoretisches Denkmodell, dem wir uns nicht verschließen sollten. Diese Studie soll Anlass dafür sein, intensiv über solche anderen, flexiblen Arbeitsmodelle nachzudenken – ohne Präjudiz, was jetzt genau im gesetzlichen Rah­men realisierbar wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Fichtinger, bitte.

 


Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Gibt es im Rahmen der Initiative „Unterneh­men für Familien“ Good-Practice-Beispiele hinsichtlich der familienfreundlichen Arbeits­mo­delle?

Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Ja, das Netzwerk „Unternehmen für Familien“, das im März 2015 gegründet wurde, erfährt einen sehr regen Zuspruch. Wir haben 300 Teilnehmer und Partner in diesem Netz, und es umfasst mittlerweile bis zu 500 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Der große Auftrag beziehungsweise der Hintergrund dieser Initiative ist der, dass bereits beste­hende Best-Practice-Beispiele, die unter anderem auf der Homepage oder in unseren diversen Foldern publiziert wurden, für andere Unternehmen Anlass geben, auf Ideen zu kommen, sich inspirieren zu lassen und zu sagen: Da gibt es ja schon sehr viel!

Ich bringe nur ein paar Beispiele: geteilte Führungsjobs, natürlich alle Varianten von Home Office und mobilen Arbeitslösungen oder auch Apps, die bestimmte Firmen entwickelt haben, um akuten Kinderbetreuungsbedarf, möglicherweise in Randzeiten, mit Nachbarschaftshilfe oder im Rahmen des Unternehmens abzudecken. Also es gibt sehr viele gute Beispiele, die rausgetragen werden müssen, damit andere Unterneh­men diese übernehmen können.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 26

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 2. Anfrage, jener der Frau Abgeord­neten Durchschlag. – Bitte.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Anfang Juni, genauer gesagt, am 1. und 2. Juni, fand in Wien die internationale Kinderrechte-Konferenz statt. Ein ganz wesentliches Thema im Bereich der Kinderrechte ist ja das Thema Kampf gegen Gewalt in der Familie.

Gewalt in der Familie ist Gott sei Dank kein Tabuthema mehr, das heißt, es wird thematisiert, und es gibt eigentlich auch einen gesellschaftlichen Konsens, dass Gewalt in der Familie nicht hinnehmbar ist. Aber leider gibt es trotzdem noch Gewalt gegen Frauen und Kinder.

Jetzt meine konkrete Frage:

229/M

„Welche konkreten Ergebnisse hat die am 1./2. Juni 2016 in Wien veranstaltete inter­nationale Kinderrechte-Konferenz im Kampf gegen Gewalt in der Familie gebracht?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Auf Einladung meines Ministeriums wurde in Kooperation mit dem Außenministerium, dem Innenministerium und dem Justizressort diese internationale Konferenz veranstaltet. Wir hatten bei dieser Konferenz 200 Vertreter und Vertreterinnen aus 70 Staaten – also das war ein wirklich beeindruckendes Ergebnis, allein einmal vom Teilnehmerkreis her – und insgesamt 25 MinisterInnen aus den verschiedensten Ländern, und der Höhepunkt war sozusagen die Anwesenheit von Königin Silvia, die sich seit Jahren intensivst für den Schutz vor Gewalt gegen Kinder einsetzt.

Wir haben da die verschiedensten Themen diskutiert, wie Sie wissen, aber besonders erfolgreich oder als besonders positiv herauszuheben ist die Abschlussresolution, die beinhaltet hat, dass sich alle Staaten intensiv dafür einsetzen werden, dass in ihren Ländern der Tatbestand Gewalt gegen Kinder auch in einem Verbotsgesetz verankert werden soll. Wir als Vorreiter haben das schon seit Jahren im Gesetz und auch in Verfassungsrang, aber viele Staaten haben da leider noch gar nichts, beispielsweise Frankreich. Aber Frankreich zum Beispiel hat diese Resolution unterschrieben, und das ist ein gemeinsamer Schulterschluss im Kampf gegen Gewalt an Kindern weltweit, und darauf sind wir sehr stolz.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Durchschlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Ministerin, Sie haben es schon erwähnt: Wir haben ja in Österreich schon relativ lang ein gesetzliches Verbot von Gewalt in der Erziehung. Können Sie uns ein bisschen einen Überblick darüber geben, wie es mit der Einhaltung dieses Gesetzes in Österreich ausschaut?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Wir haben seit 1989 als viertes Land weltweit das Körperstrafenverbot im Gesetz veran­kert, und 2011 wurde es auch in den Verfassungsrang erhoben. Also wir sind da von der gesetzlichen Basis her wirklich sehr gut aufgestellt, auch im internationalen Ver­gleich, und wir sind da Vorreiter. Wir haben letztes Jahr auch alle Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention zurücknehmen können und jetzt alle Punkte ratifiziert.

In diesem Bereich sind wir also sehr gut unterwegs, allerdings gibt es leider immer noch zu viele Vorfälle von Gewalt in den Familien, und Gewalt ist leider aus unserer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 27

Erziehung noch immer nicht ausgeschlossen, wenngleich man sagen muss, dass sich die Einstellung in den letzten 30 Jahren massiv verbessert hat. Das Bewusstsein und die Wahrnehmung, dass Gewalt in der Erziehung keinen Platz hat, sind deutlich gestiegen. Nur, um eine Zahl zu nennen: 1977 waren nur 27 Prozent der Meinung, das Schlagen wäre abzulehnen; jetzt sind es 78 Prozent. Dennoch haben wir leider immer noch ein beträchtliches Ausmaß an Gewalterfahrungen.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zur 3. Anfrage, jener der Frau Abgeord­neten Mühlberghuber. – Bitte.

 


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Wir fordern bereits seit vielen Jahren die Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU/EWR-Raum an die jeweiligen Lebenshaltungskosten. Unterstützt wird dies auch von der ÖVP, und laut „Standard“ vom 21. Februar 2016 haben Sie bereits Ihre Mitarbeiter beauftragt, die jüngsten EU-Beschlüsse zur Anpassung der Familienbeihilfe an das Niveau der Lebenshaltungskosten im Herkunftsland auf mögliche Umsetzung in Österreich zu prüfen.

Meine Frage dazu:

236/M

„Wie weit sind die Vorarbeiten für einen Gesetzentwurf, mit dem sichergestellt wird, dass die Familienbeihilfe für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, an das Niveau der tatsächlichen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land angepasst wird?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Die Situation hat sich verändert, seit wir wissen, dass es einen Brexit geben soll. Im Februar dieses Jahres wurden diesbezüglich ja Grundüberlegungen der Kommission angestellt, dass es, wenn UK in der EU bleibt, eine mögliche Anpassung, eine Indexie­rung an das jeweilige Land geben soll, nämlich dass die Familienleistungen an die Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes angepasst werden sollen. Diesem Vor­schlag haben wir uns auch angeschlossen und wären auch gesetzlich beziehungs­weise juristisch vorbereitet, um dazu alle Vorkehrungen zu treffen und dann sehr schnell mitzugehen und diesem Entscheid Folge zu leisten.

Leider steht einerseits der Brexit vor der Tür, andererseits hat sich die Kommission von diesem Vorhaben verabschiedet, weil sie dieses in den Zusammenhang mit dem Brexit oder der Vermeidung des Brexit gestellt hat. Daher sind wir da sozusagen wieder mehr oder weniger am Anfang dieser ganzen Verhandlungen, wenngleich wir weiter an diesem Vorhaben festhalten.

Wir werden auch der Kommission für ihre weiteren Verhandlungen einen Brief des BMFJ übermitteln, in welchem wir kundtun, dass wir dieses Vorhaben weiterhin unter­stützen werden und dazu Verhandlungen aufnehmen wollen. Es wird im Herbst auch eine Arbeitsgruppe dazu geben, aber die Schritte, die wir im Februar geplant haben, in der Hoffnung, dass UK in der EU bleibt, sind jetzt obsolet. Wir werden aber neue Wege finden, uns diesem Thema zu nähern.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mühlberghuber.

 


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Minister, für nach 2018 haben Sie eine allgemeine Valorisierung der Familienbeihilfe angekündigt. Wie weit sind da die Pläne gediehen? Wie weit gibt es schon irgendwelche Ideen dazu?

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 28

Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Ich habe keine Valorisierung angekündigt, sondern ich habe gesagt, ich werde mich dafür einsetzen und mich bemühen, in diese Richtung zu arbeiten. Selbstverständlich!

Wir haben ja die dreistufige Erhöhung der Familienbeihilfe in dieser Regierungsperiode mit einem Volumen von 830 Millionen € genau deswegen in diesen drei Schritten umgesetzt, damit wir eine zumindest zweijährige Valorisierung einmal festgeschrieben haben. Wir werden diesen Weg nicht nur fortsetzen, sondern auch in Richtung einer wirklichen Valorisierung der Familienbeihilfe arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Schwentner, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie haben vorhin erwähnt, dass es sozusagen juristisch vorbereitete Schritte gab, Groß­britannien bei der Anpassung der Familienbeihilfe zu unterstützen, und dass das jetzt im Hinblick auf den Brexit hinfällig ist. Mich würde aber interessieren, was Ihrer Meinung nach die rechtlichen Grundlagen sind, diesen Schritt zu vollziehen, nämlich Kinder, deren Eltern bei uns in den FLAF einzahlen, ungleich zu behandeln, weil sie im EU-Ausland leben.

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Im Moment gibt es noch keine Rechtsgrundlage, wir können das nicht nationalstaatlich regeln, das ist eindeutig. Dänemark hat diesbezüglich sein eigenes Vorhaben gegen­über der Kommission artikuliert, und da gab es sofort Einwände und die Androhung von Rechtsfolgen. Das ist auf nationalstaatlicher Ebene definitiv nicht möglich. Das heißt, wir müssen einen gemeinsamen Beschluss in der EU anstreben. Wir müssen uns austauschen, wie das realisiert werden kann, aber nationalstaatlich ist es nicht möglich.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zur 4. Anfrage, jener der Abgeordneten Mag. Schwentner. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Ministerin, Sie wissen, Kinder kosten Geld, und wenn es um Unterhaltsfragen geht, gibt es sehr oft Probleme. Wir haben dieses Thema auch im letzten Familienausschuss diskutiert.

Meine Frage:

234/M

„Übernimmt das BMFJ die Erstellung einer aktuellen Kinderkostenanalyse, um die derzeitigen Unterhaltshöchstgrenzen evaluieren zu können?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Die Ergebnisse einer Kinderkostenanalyse würden ja die verschiedensten Ressorts betreffen: von Obsorgethemen bis hin zu Familienbeihilfe und Kindergeld. Das würde also wirklich sehr viele Ressorts betreffen, auch die Bereiche Gesundheit und Frauen. Das heißt, wir müssen da mit allen betroffenen Ressorts einen gemeinsamen Weg gehen. – Das ist das eine.

Das andere zum Thema Kinderkostenanalyse: Wir haben uns ja schon relativ aus­führlich über die Methodik unterhalten, da gibt es unterschiedliche Zugangsweisen von


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 29

den Experten, auch sehr unterschiedliche Einschätzungen, wie hoch die Kosten einer derartigen Studie wären, die sicherlich im sechsstelligen Bereich liegen würden.

Wir müssen da also sehr sensibel vorgehen – einerseits, was die gemeinsame Vor­gangsweise, die Methodik betrifft, aber andererseits natürlich auch, was die sensible Frage der Kostenüberlegung angeht, nämlich die Frage, ob das dann auch gerecht­fertigt ist.

Unser Zugang wäre, das in die Mikrozensuserhebung aufzunehmen, die 2019 wieder stattfinden wird. Das wäre ein möglicher Weg. Aber, wie gesagt, wir müssen da mit allen Ressorts einen gemeinsamen Beschluss finden.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Eine Frage zum Unterhaltsvor­schuss: Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, das Unterhaltsvorschussgesetz zu novel­lieren. Wir wissen von vielen Familien, vor allem von AlleinerzieherInnen-Haus­hal­­ten, dass es sehr oft Probleme mit dem Unterhaltsvorschuss gibt. Mich würde inter­es­sieren, welche Rolle Sie, Frau Ministerin, im Rahmen dieses Vorhabens der Regierung zum Unterhaltsvorschuss spielen, ob Sie da mit an Bord sind und auch daran mitarbeiten. Es würde mich auch interessieren, wo Sie diesbezüglich Handlungsbedarf sehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Die Kinderkostenanalyse ist ja ein wesentliches Element und die Basis dafür, konkret darüber nachzudenken, in welche Richtung die Vorsorgezahlungen geleistet werden müssen, ob wir da Anpassungen vornehmen müssen. Natürlich stellen wir auch dies­bezüglich Überlegungen an, um uns diesbezüglich mit dem BMJ auszutauschen, und zwar dahin gehend, ob es da Lücken gibt, ob es Notwendigkeiten der Nachschärfung gibt.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 5. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Pock. – Bitte.

 


Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Guten Morgen, Frau Ministerin! Zum Thema Familienlastenausgleichsfonds: Wie wir aus vorangegangenen Gesprächen wissen, haben Sie eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um zu prüfen, welche Maßnahmen gesetzt werden können, um die hohe Verschuldung zu reduzieren beziehungsweise die gerin­gere Entschuldung aufgrund der Lohnnebenkostensenkung über den FLAF zu realisie­ren.

Da gibt es zahlreiche Möglichkeiten: eine reine Umstrukturierung über eine klassische Fondslösung, eine autonome Fondslösung oder die Überführung in das allgemeine Budget.

Die konkrete Frage meinerseits lautet:

233/M

„Wird in den laufenden Diskussionen im Rahmen der Weiterentwicklung des FLAF auch eine entsprechende Umstrukturierung des Fonds in Richtung eines weitgehend autonomen Fonds angedacht?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Aus unserer Sicht ist der FLAF ein autonomer Rechtskörper, ein autonomer Fonds, weil er


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ja zweckgewidmet für Familien, Geld und Sachleistungen aufgesetzt ist, also von daher ist er ein eigenständiger Fonds. Es ist nicht daran gedacht, dass er ins allgemeine Budget übergeführt wird, sondern er bleibt als eigener Rechtskörper inklusive dem Reservefonds bestehen.

Die Arbeitsgruppe hat sich jetzt schon einmal intensiv damit auseinandergesetzt, welche Leistungen möglicherweise übergeführt werden können, welche nicht eigent­liche Familienleistungen wären und sind. Da sind wir auf einem guten Weg, gemein­sam mit den Experten Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die dann natürlich mit den Sozialpartnern und mit den anderen Ressorts akkordiert werden müssen. Das ist natürlich die schwierigere Aufgabe, aber jedenfalls wollen wir da bis Ende des Jahres einen ersten Vorschlag präsentieren.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Pock.

 


Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Eine ganz kurze Antwort dazu: Autonom wäre, wenn Ihnen nicht während der Legislaturperiode ein anderes Ministerium die Entschul­dung wieder abknöpfen könnte.

Die Zusatzfrage, die ich dazu habe: Das zeitliche Ziel zur Entschuldung war ursprüng­lich mit 2018 angegeben, das lässt sich aus heutiger Sicht in dieser Form nicht halten. Wie lautet das neue zeitliche Ziel zur vollständigen Entschuldung des FLAF?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Es gibt noch kein konkretes zeitliches Ziel, weil wir ja noch nicht wissen, welche Reform­schritte es geben wird, welche Leistungen dann aus dem FLAF in andere Bereiche verlegt werden. Deshalb können wir erst dann, Ende des Jahres, abschätzen – dann, wenn wir wissen, welchen Vorschlag wir wirklich verfolgen wollen, welche Reform des FLAF wir verfolgen wollen –, was genau das dann für die Gebarung des FLAF bedeu­tet.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lipitsch, bitte.

 


Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Wir wissen, der FLAF wurde geschaffen, um einen Ausgleich zwischen der Bevölkerung herbeizu­führen. Es hat ja damals ein Gehaltserhöhungsverzicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dazu geführt, dass der FLAF in diesem Sinne auch geschaffen wurde. Abgeführt wird das durch die Unternehmerinnen und Unternehmer.

Wir wissen auch, dass über die Jahre – und das hat mein Vorredner angesprochen – sehr viele Einzelsachen in diesen FLAF hineingepackt wurden, die bezahlt wurden.

Sie, Frau Ministerin, haben gesagt, dass derzeit eine Arbeitsgruppe eine Richtlinie erarbeitet, was man wie umlagern kann. Dazu meine Frage: Gibt es bereits Gespräche in diese Richtung, und mit welchen Ministern gibt es Gespräche in diese Richtung?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Es gibt bereits Gespräche dazu. Der erste Schritt der Arbeitsgruppe ist es, einmal zu definie­ren und zu analysieren, welche Leistungen aus Sicht der Experten familienfremd sind, wobei natürlich nie so ganz klar ist, wo da die Trennlinie ist – Stichworte: Pensions­zahlungen, Sozialversicherungen. Aber diese Expertise gibt es, und die Empfehlung liegt bald vor. Vorgespräche dazu gab es bereits.

Und dann, wenn die Expertise, der Beschluss oder das Fazit der Expertenkommission vorliegt, werden wir natürlich die Gespräche aufnehmen, die im Übrigen schon die letzten Jahre ohne Expertenarbeitsgruppe immer wieder geführt wurden, aber – und


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das muss man ehrlich sagen – bis dato ohne Erfolg. Wir planen jetzt noch einen größeren Anlauf mit voller Expertenunterstützung.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Sieber, bitte.

 


Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Da laut einer Studie über 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher die Frage: Ist Österreich ein sehr familienfreundliches Land? – klar mit „Ja“ beantwortet haben, sind wir in einem europaweiten Ranking auf dem zweiten Platz.

Ihr und unser Ziel ist es, Österreich zum familienfreundlichsten Land in der EU zu machen, und ein Mittel dazu ist natürlich das Kinderbetreuungsgeld beziehungsweise das neu geschaffene Kinderbetreuungsgeld-Konto. Nun, eine Finanzierungsbasis dafür ist der FLAF, und ich stelle an Sie daher die folgende Frage:

Wie viel Prozent des FLAF-Volumens wird aufgewendet, um das Kinderbetreuungsgeld beziehungsweise das erst vor Kurzem geschaffene Kinderbetreuungsgeld-Konto zu finanzieren?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Danke, ich muss Ihnen recht geben: Das Kindergeldkonto ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg hin zum familienfreundlichsten Land. Das bestätigen auch die neuesten Umfragen zu diesem Thema, die nämlich besagen, dass sich beispielsweise 70 Prozent der unter 30-Jährigen vorstellen können, den Partnerschaftsbonus mit ihrem Partner in Anspruch zu nehmen, oder dass die Familienzeit, also dieser eine Monat nach der Geburt, für 72 Prozent eine positive Maßnahme ist. Ich denke also, wir sind hier wirklich auf dem richtigen Weg. Die Familien unterstützen diesen Weg und fordern auch diese Leistungen konkret ein. Von dem her sind wir sehr zuversichtlich, dass das gelingt.

Budgetär bedeutet das Folgendes: Das Kindergeldkonto wurde ja betreffend das Volu­men auch ein wenig angehoben, eben über die neuen Zusatzleistungen. Insgesamt beträgt jetzt das Volumen 17 Prozent der Gesamtausgaben des FLAF. Der Löwen­anteil ist die Familienbeihilfe, wie Sie wissen. So gesehen macht das Kindergeldkonto mit rund 1,1 Milliarden € 17 Prozent des FLAF aus.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 6. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Steinbichler. – Bitte.

 


Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Minister! Laut einem aktuellen Artikel in der „Kronen Zeitung“ – Ähnliches findet sich aber auch in diversen anderen Medien – beschweren sich jetzt auch die Dentisten über die derzeitige Regelung betreffend die Zahnregulierungen, die ab Stufe 4 und 5 gilt, wobei allerdings der Großteil der Kinder in den Stufen 2 und 3 eingestuft wird.

Wir wissen, die Budgets der Familien sind ganz gewaltig angespannt, und ich weiß aus Familien von Bekannten, dass bei Regulierungen der Stufe 3 Kosten von bis zu 3 000 € entstehen. Was gedenkst du dagegen zu unternehmen?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 232/M, hat folgenden Wortlaut:

„Laut einem Kronen-Zeitungs-Artikel vom 01.07.16 kritisieren die Dentisten die Zahnspangenregelung. Es kommt nur ein kleiner Teil der Jugendlichen mit Stufe 4 und 5 in den Genuss einer Gratisanwendung. Der Großteil (Stufe 1-3) muss von den


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ohnehin finanziell stark belasteten Eltern und Alleinerziehern bezahlt werden. – Was gedenken Sie gegen diese Ungerechtigkeit zu tun?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Das Thema Zahnspangen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Gesundheitsministerin, also nicht in mein Ressort. Von daher kann ich hier nicht zu allen Details Stellung nehmen.

Grundsätzlich ist aber schon zu sagen, dass jede Form der Unterstützung für Familien, auch wenn sie möglicherweise nicht alle Familien betrifft, sondern nur spezifische Fälle und spezifische Gruppen, ein Fortschritt und eine Hilfe für Familien ist. Von daher möchte ich das Projekt grundsätzlich positiv bewerten – alle weiteren Anfragen oder Diskussionspunkte bitte an die Frau Gesundheitsministerin.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Steinbichler, bitte.

 


Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Weil es gut zu den Zähnen passt: Laut aktuellen Berichten hat Chile jetzt gerade die Kinder-Überraschungseier verboten, weil die Kinder zunehmend übergewichtig sind. Wie wir auch von österreichi­schen Supermärkten wissen, sind ja gerade an den Kassen diese süßen Verführun­gen.

Gedenkst du dagegen etwas zu unternehmen oder gehört das auch in den Bereich der Gesundheitsministerin? (Abg. Wöginger: Alles, was mit den Zähnen zusammenhängt!)

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Ja, der gesetzliche Bereich gehört zum Ressort der Gesundheitsministerin, aber wir tun schon einiges in diesem Bereich, ganz konkret wiederum über unser Projekt „Unternehmen für Familien“. Supermarktketten, also große Handelsanbieter, haben sogenannte Family Lanes, also Familienkassen, eingerichtet, die eben nicht diese zuckerhältigen Kleinsüßigkeiten anbieten, sondern Äpfel, getrocknetes Obst und so weiter, also gesunde Lebensmittel, und die Familien bekommen auch ein Säckchen mit Äpfeln drinnen. Hier wurde also im Rahmen unserer Möglichkeiten bereits etwas unternom­men.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Bundesminister! Sie haben jetzt auf die Hauptfrage des Abgeordneten Steinbichler geantwortet, dass die Gratiszahnspange eine rein gesundheitspolitische Maßnahme ist. Ich möchte Ihnen da schon widersprechen, denn es ist natürlich auch eine familienpolitische Maßnahme.

Das Problem, das sich nun darstellt, ist, dass durch diese sogenannte Gratiszahn­span­ge der Unterstützungsfonds der Krankenkassen beispielsweise Kinder mit einer Fehlstel­lung des Grades 3 jetzt eben nicht mehr unterstützt, wie es davor der Fall war. Deshalb lautet meine Frage auch:

Gibt es von Ihrem Ressort den Plan oder vielleicht schon Gespräche – gerade Zahn­fehlstellungen sind zwar natürlich ein Gesundheitsproblem, aber aufgrund der Kosten natürlich auch ein familienpolitisches Problem – in Richtung einer engeren Kooperation mit dem Gesundheitsressort?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Aus­gehend vom Bundesministeriengesetz ist es nicht unsere gesetzliche Zuständigkeit, aber natürlich liegt es, wie Sie sagen, in unserer Verantwortung Familien gegenüber, diesbezüglich das bestmögliche Angebot in Österreich zu realisieren.

Ja, wir haben für nächste Woche schon einen Termin mit Kollegin Oberhauser aus­gemacht, um uns über diverse Punkte der Gesundheitsversorgung, vor allem auch der psychischen Gesundheit, auch was das Thema Rauchen bei Jugendlichen betrifft, zu unterhalten und da mögliche Kooperationsprojekte und weitere Schritte zu definieren. Wir werden besonderes Augenmerk auf das Thema Zahnspange legen.

 


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangen wir zur 7. Anfrage, das ist jene von Frau Abgeordneter Ecker. – Bitte.

 


Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Bundesministerin!

239/M

„Wann wird es zur Umsetzung des zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres kommen und welche Qualitätskriterien werden dabei festgelegt?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: In der Artikel-15a-Vereinbarung zum letzten Kindergartenjahr, dem Gratiskindergartenjahr, inklusive der verpflichtenden Elterngespräche für die vierjährigen Kinder, die noch nicht im Kindergarten sind, ist ja eine Arbeitsgruppe gesetzlich definiert, die sich mit dem Thema eines möglichen zweiten Gratiskindergartenjahres auseinandersetzt. Diese Regelung sollte ab 2018/19, also Herbst 2018, umgesetzt werden – sprich, wir haben da zum Glück noch ein wenig Zeit.

Wir haben uns sehr viel Zeit für die Verhandlungen gelassen. Die ersten Termine, sowohl bilateral als auch in größeren Arbeitsgruppen mit den Landesräten und Landesrätinnen, sind bereits für den Herbst vereinbart. Wir starten diesen Prozess, um uns dem bestmöglichen Weg für das zweite Gratiskindergartenjahr – in welcher Form es dann auch immer realisiert wird – jedenfalls anzunähern. Die Qualität ist jetzt aber nicht Teil dieser Artikel-15a-Arbeitsgruppengespräche.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Ecker? – Bitte.

 


Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Bundesministerin, apropos Kinderbetreu­ung: Wann wird der Rechner für das Kinderbetreuungsgeld-Konto zur Verfügung stehen, da ja die werdenden Eltern schon beim Inkrafttreten mit 1. März 2017 verbindliche Infor­mationen über ihre Ansprüche und Möglichkeiten benötigen?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Ja, das ist ein wichtiges Thema. Wir arbeiten intensiv daran. Wir hatten erst gestern die letzten Gespräche zu diesem Thema und dem Zeitplan.

Wir sind gerade in der Ausschreibung für diesen Rechner, denn wir konnten ja erst ab der Beschlussfassung die Ausschreibung tatsächlich umsetzen. Vorher waren die Zahlen und die Mechanismen noch nicht beschlossen. Deswegen sind wir jetzt gerade in der Ausschreibung, und wir wollen den Rechner jedenfalls mit Jahresende realisie­ren. Jeder Tag früher ist uns lieber, aber wir haben da ein sehr enges Zeitkorsett.


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Wie Sie wissen, wollten wir ja mit 1. Jänner starten. Es gab da Verzögerungen, die nicht unbedingt in unserem Haus gelegen sind, und deswegen arbeiten wir jetzt intensiv, dass wir diesen Rechner bis Ende des Jahres aufstellen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Gamon.

 


Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Minis­terin! Wenn man über Qualitätskriterien bei Kindergärten redet, muss man auch über das Thema Öffnungszeiten sprechen. Da ist es bei einem verpflichtenden Kinder­gartenjahr vielleicht sinnvoll, sich mit einem halbtägigen Angebot zufriedenzugeben, vor allem auch, um entsprechende sprachliche frühpädagogische Ziele zu erreichen, aber ein wesentliches Qualitätsmerkmal sind eben auch die Öffnungszeiten, die zum Beispiel eine Vollerwerbstätigkeit ermöglichen.

Das wäre dann eine andere Artikel-15a-Vereinbarung als die bereits angesprochene zum Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebotes, und da kommen wir langsam, aber doch sehr schleppend der Erreichung der Barcelona-Ziele näher. Das ändert nichts an der Tatsache, dass die ganztägigen Kinderbetreuungsangebote doch immer noch Mangelware sind. Deshalb meine Frage an Sie:

Was unternehmen Sie, um in Zukunft sicherzustellen, dass die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen tatsächlich auch eine Erwerbsmöglichkeit in vollem Ausmaß und einen erfolgreichen Wiedereinstieg in den Beruf – im Moment vor allem auch für Mütter – ermöglichen beziehungsweise die Chancen darauf erhöhen?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Es ist mir ein sehr großes Anliegen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Österreich verbessert wird, das wissen Sie. Wir haben dazu einen Familienfreundlichkeitsmonitor aufgesetzt: Anhand von zehn Indikatoren wird jährlich gemessen, wie weit wir dies­bezüglich gekommen sind, und geschaut, wo wir stehen.

Die nächsten Zahlen kommen im Sommer. Leider ist das ein bisschen verzögert durch die spätere Lieferung der Statistik der Kindertagesheime, die immer für Ende Juli versprochen wird, wobei aber dieser Termin nie eingehalten wird. Das ist für uns sehr hinderlich. Nichtsdestotrotz werden wir diese Zahlen dann Ende August mit einem Monat Verspätung präsentieren.

Es ist schon so, dass die Zahlen steigen. Wir haben mittlerweile – Stand: letztes Jahr – 58 Prozent der Einrichtungen, die fünf Tage pro Woche geöffnet haben, beziehungs­weise 62 Prozent, die 47 Wochen pro Jahr und mehr geöffnet haben. Das sind jeden­falls steigende und stetig steigende Zahlen, aber wir wollen, dass sie weiter steigen, das ist auch klar.

Wie kann man veranlassen, dass sie weiter steigen, was tun wir dafür? In unserer Artikel-15a-Vereinbarung haben wir spezifische Mechanismen eingebaut, dass VIF-Kriterien, also die längeren Öffnungszeiten, besonders finanziell motivierend abge­golten werden, und wir sehen dann Ende August, inwieweit das gewirkt hat.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 8. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesministerin! Die Übergangszeit zwischen dem Kindergarten und der Volksschule ist auf jeden Fall eine sehr sensible Zeit für ein Kind und auch aus pädagogischer Sicht eine sehr entscheidende Zeit. Aus diesem Grund interessiert mich die Antwort auf folgende Frage:


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230/M

„Wie weit sind die Vorbereitungen für die Einführung eines bundesweit einheitlichen Bildungskompasses für alle Kinder ab 3,5 Jahren gediehen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Der Bil­dungskompass ist für uns ein sehr wichtiges Thema, weil er, wie ich glaube, sehr, sehr wertvoll ist, um Kinder individuell zu betrachten, zu beobachten, ihre Stärken zu se­hen, vor allem im elementarpädagogischen Bereich ihre Stärken und Ressourcen hervor­zu­heben, um sie im wahrsten Sinne des Wortes für den Übergang in die Schule zu stärken.

Wir arbeiten an diesem System mit einer Arbeitsgruppe: Das Charlotte Bühler Institut hat die wissenschaftliche Leitung übernommen und arbeitet seit rund sechs Monaten an diesem Methodenspektrum. Wir sind da in den letzten Detailüberlegungen einer Methodenvorstellung, die wir im Sommer dieses Jahres vornehmen können. Wir werden also in diesem Sommer präsentieren, wie wir uns die Methodik vorstellen, den Ablauf und welche Instrumente oder Beobachtungsverfahren hier eingesetzt werden sollten – jedenfalls erster Schritt: Elementarpädagogik für Vier- und Fünfjährige und Übergang in die Volksschule. Das werden wir im Sommer vorstellen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Holzinger.

 


Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen als erste Bildungseinrich­tung stellt für uns oberste Priorität dar. Deshalb verfolgen wir auch das Ziel, dass wir gemeinsam einheitliche hohe Qualitätsstandards, Qualitätskriterien in der Kinderbe­treuung erreichen.

Im Regierungsübereinkommen ist der bundesweite Qualitätsrahmen in elementarpä­da­gogischen Einrichtungen fixiert und eben als Schwerpunkt bis 2016 festgelegt. Auch in Ihrem Ministerratsvortrag vom November letzten Jahres haben Sie gesagt, dass Sie den Kontakt zu den Ländern suchen werden, um diesbezüglich einen Schritt weiterzu­kommen. Deshalb meine Frage:

Wo stehen wir in diesem Zusammenhang und wie steht es um die Aufbringung der Mittel für den Ausbau und die Verbesserung der Qualität der Kinderbetreuung in den einzelnen Bundesländern?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Zum einen haben wir schon 2014 einen ersten großen Schritt gemacht. In der Artikel-15a-Vereinbarung sind Qualitätskriterien enthalten, die besondere finanzielle Unterstützung erfahren. Es wurden auch Mittel abgeholt – also in den Bundesländern wird etwas getan –, aber wir wollen noch weiter gehen, wie Sie es formuliert haben.

Deswegen haben wir vor rund zwei Monaten im Rahmen eines großen Elementar­päda­gogik-Symposiums einen Qualitätskompass präsentiert, wo von wissenschaftlicher Seite die Grundlagen präsentiert wurden, welche Qualitätsfaktoren in der Elementar­pädagogik überhaupt entscheidend sind – von Ernährung, Bewegung bis zum Quali­täts­schlüssel pädagogische Zeit oder Vorbereitungszeit. Diese Grundlagen sind jetzt einmal aufgearbeitet, und jetzt geht es an den nächsten Schritt, nämlich in den ange­sprochenen Arbeitsgruppen mit den Ländern zu diskutieren, welchen Plan wir realisie­ren können, möglicherweise auch über den aufgabenorientierten Finanzausgleich.

Hier sind also im Moment verschiedene Wege in Diskussion – wir halten Sie auf dem Laufenden.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 36

Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zur 9. Anfrage, das ist jene von Frau Abgeordneter Steger. – Bitte.

 


Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Am 22. Juni wurde im Unterausschuss des Familienausschusses das Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auch im Zusammenhang mit Bildung und Ausbildung behandelt. Dabei trat durch Erlebnisberichte eines eingeladenen Experten und Schuldirektors aus Wien unter anderem zutage, dass insbesondere schwer integrierbare und integrations­unwillige Kinder zu einem Problem im Unterricht werden, unter dem alle anderen österreichischen Schüler, aber auch viele Flüchtlingskinder, die lernbereit sind, leiden. Darunter leiden dann natürlich auch Lehrer und Pädagogen und damit auch das Bildungssystem insgesamt.

Ein Punkt der Österreichischen Jugendstrategie bezieht sich auf den Bereich Beschäf­tigung und Bildung. Auf der Ministeriumshomepage heißt es dazu – ich zitiere –: Eine bestmögliche Entwicklung der Talente der jungen Menschen erfordert ein Bildungs­system, das unter anderem die Schule nicht mit dem Problem schwer integrierbarer Jugendlicher allein lässt.

Meine Frage lautet daher:

237/M

„Welche konkreten Maßnahmen erachten Sie aufgrund der nachweislichen Probleme im Unterricht durch schwer integrierbare oder integrationsunwillige Kinder für not­wendig, damit unsere Jugend ihre Talente dennoch bestmöglich entwickeln kann?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Wie Sie wissen, ist der Schulbereich nicht in meinem Ressort angesiedelt, aber ich bin natürlich in gutem Austausch mit der Bildungsministerin.

Was wir in unserem Ressort bezüglich dieses Themas schon realisiert haben bezie­hungsweise woran wir arbeiten, sind jedenfalls der Pflichtkindergarten für die Fünf­jährigen und auch die erwähnten Beratungsgespräche für Eltern von vierjährigen Kindern, die noch nicht im Kindergarten sind, um sie davon zu überzeugen, dass der Kindergartenbesuch und damit die Sprach-, die Sozial- und die motorische Entwicklung entscheidende Voraussetzung und Bedingung für einen gelungenen Schuleingang und auch eine gelungene Schullaufbahn sind. Das sind besonders wichtige Maßnahmen.

Dazu haben wir auch, weil Sie konkret von Flüchtlingskindern oder Kindern mit Asyl­status sprechen, ein Informationsblatt entwickelt, das auch in 17 Sprachen übersetzt wurde, damit genau diese Familien gut dahin gehend informiert sind, was der Kinder­garten bedeutet, welche Vorteile er hat – vor allem für ihre Kinder –, die damit dann mit guten Sprachkenntnissen in die Schule gelangen. Wenn Sie den Leitfaden downloaden wollen, der ist wirklich sehr gut gestaltet. Das ist eine wesentliche Maßnahme, um schon vorausblickend und präventiv zu arbeiten, um die Probleme in der Schule zu reduzieren.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Steger.

 


Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Minister, Sie haben auf der Homepage im Bereich Beschäftigung und Bildung insgesamt drei strategische Ziele genannt, und das Ziel der Jugendstrategie ist ja nicht nur, Ziele zu nennen, sondern auch, konkrete Maßnahmen zu setzen. Jetzt haben Sie einen Bereich angesprochen, lassen Sie mich deshalb meine Frage noch ein bisschen erweitern:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 37

Welche Maßnahmen wurden insgesamt im Bereich der Beschäftigung und Bildung im Rahmen der Jugendstrategie bereits gesetzt, welche Auswirkungen hatten diese und welche Maßnahmen planen Sie noch?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Da kann ich auch gleich auf die Anfrage zum „Jahr der Jugendarbeit“ verweisen. Wir haben da sehr vielfältige flächendeckende Maßnahmen in der außerschulischen Jugendarbeit, sei es in der verbandlichen oder in der offenen Jugendarbeit, die sich mit jungen Men­schen in der Vorbereitung auf einen möglichen Job-Einstieg beschäftigen, um optimal für Bewerbungsgespräche, für die Auswahl der Berufslaufbahn, für die Auswahl des Arbeitgebers gerüstet zu sein. Da gibt es also verschiedenste nicht nur verbandliche und freie Kontakte mit den Jugendlichen im persönlichen Bereich, sondern natürlich auch Informationsbroschüren und auch Workshops in unserem Haus mit jungen Men­schen, beispielsweise die sogenannten „Job Talks“, wo junge Menschen darauf vorbe­reitet werden, wie sie den Einstieg ins Berufsleben optimal realisieren können.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 10. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Schmid. – Bitte.

 


Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Das Top-Jugendticket war eine sehr coole Reform, eine gute Reform, und zwar deshalb, weil es dadurch natürlich vor allem gelungen ist, den öffentlichen Verkehr für junge Leute in Ausbildung in den Regionen leistbarer zu machen.

Jetzt ist es aber so, dass das Top-Jugendticket nicht für alle jungen Menschen in Ausbildung gilt, weil – ganz konkret – die Gruppe der Studierenden nicht dabei ist und keinen Anspruch auf das Top-Jugendticket hat. Nun ist das aber ein großes Problem für sehr viele junge Leute, die am Land wohnen und in die Uni-Städte zum Studieren pendeln, und auch bei der Studierenden-Sozialerhebung ist herausgekommen, dass das eine sehr starke finanzielle Belastung für diese Gruppe ist.

Deshalb lautet meine Frage:

235/M

„Wann ist mit der jugend-, umwelt- und verkehrspolitisch wichtigen Ausweitung des TOP-Jugendtickets österreichweit und auf alle jungen Menschen in Ausbildung zu rechnen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Als Jugendministerin bin ich selbstverständlich für die Jugendlichen zuständig. Das Top-Jugendticket haben wir in den letzten Jahren noch einmal auf die Teilnehmer des freiwilligen Sozialjahrs und des freiwilligen Umweltjahrs erweitert. Da haben wir ein wirklich sehr schönes Maßnahmenpaket für diese Zielgruppe. Wir geben da auch einiger­maßen viel aus – das sind in Summe dreistellige Millionenbeträge inklusive Schülerfreifahrt, die ja dann mit dem Top-Jugendticket nur aufgedoppelt wird.

Es geht um den FLAF, und wir haben schon über die Entschuldung beziehungsweise auch Zweckzuordnung im FLAF gesprochen. Das Schülerticket ist natürlich Teil des FLAFs, und das ist auch gesetzlich so geregelt. Aber über das Bundesminis­terien­gesetz hinausgehende Leistungen für Studierende sind gesetzlich nicht unserem Res­sort zugeordnet, sondern gehören – wenn man das so salopp sagen darf – dem BMVIT. Diese Leistungen für die Studierenden sind eben nicht in unserem Ressort


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 38

angesiedelt. Wir erachten es im Sinne der Komplexität, abgesehen von den Budget­herausforderungen, auch als sinnvoll, an ein bestehendes Instrument aus dem BMVIT anzuschließen, nämlich an das Semesterticket, das ja schon großartig in den verschie­densten Regionen läuft, um diesbezüglich möglicherweise einen nächsten Schritt zu setzen, aber wir halten nichts davon, den FLAF – entgegen der Ministeriengeset­zes­lage – zu belasten.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmid? – Bitte.

 


Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): Ich habe da schon ein bisschen eine andere Meinung. Ich bin schon der Meinung, dass das Jugendministerium für alle jungen Menschen in Ausbildung zuständig ist oder eine Verantwortung hat, aber okay.

Sie haben mir letztes Jahr eigentlich mehr oder weniger die gleiche Antwort gegeben. Sie haben gesagt, es gibt keinen finanziellen Spielraum im Jugendministerium für die Ausweitung des Top-Jugendtickets. Was ich mich aber frage: Es sind seit dem letzten Jahr für die unterschiedlichsten Bereiche Milliardenbeträge im Budget freigemacht worden, selbst bis hin zur Anschaffung von Militärhubschraubern, die auch viele, viele Millionen gekostet haben. Deshalb wäre meine Frage:

Was werden Sie heuer bei den Budgetverhandlungen anders machen, damit für diesen umweltpolitisch, verkehrspolitisch, jugendpolitisch wichtigen Bereich, nämlich die Aus­weitung des Jugendtickets auf alle Studierenden, dieses Mal ausreichend Geld zur Verfügung gestellt wird?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Da es laut Bundesministeriengesetz nicht in unserem Ressort liegt, kann ich mich nur gemeinsam mit dem BMVIT dafür einsetzen, Gelder dafür freizumachen. Was mein Ressort betrifft, möchte ich nur darauf hinweisen, dass, so wie viele Ressorts Geld bekommen haben, natürlich auch das Familienressort für die Erhöhung der Familien­beihilfe mit 830 Millionen €, für den Ausbau der Kinderbetreuung mit 305 Millionen €, und jetzt für die Erweiterung des Kindergeld-Kontos durchaus mit Budgetmitteln be­dacht wurde. Das, glaube ich, muss schon gesagt sein.

Ich werde mich, wie gesagt, gemeinsam mit dem BMVIT dafür einsetzen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 11. Anfrage, das ist jene der Abgeordneten Kucharowits. – Bitte.

 


Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie wissen, wenn geflüchtete junge Menschen, die unbegleitet sind, hier bei uns in Öster­reich ankommen, hängen sie oftmals in Bezug auf Personen, die Obsorge für sie übernehmen, die sich um sie kümmern, in der Luft. Manchmal ist das monatelang so. Wir haben das im letzten Unterausschuss des Familienausschusses thematisiert und sind erneut darauf gestoßen.

Deshalb meine Frage:

240/M

„Wie stehen Sie zu der wichtigen Forderung,“ – des Netzwerkes für Kinderrechte – „dass die Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge für unbegleitete minderjährige Flücht­linge ab dem ersten Tag in Österreich übernehmen soll, unabhängig davon, ob sie in einer Bundes- oder Landeseinrichtung untergebracht sind?“

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Im Jahr 2015 gab es rund 8 400 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Das ist eine enorme Zahl, auf die die Organisationen, Einrichtungen und auch die Politik nicht in dem Ausmaß vorbereitet waren. Das wissen wir alle, deswegen sind wir einigermaßen zufrieden, dass alle jugendlichen Unbegleiteten, die zu uns kommen, eine Betreuung finden, einen Platz finden, wo sie die notwendigsten Ressourcen erhalten.

Natürlich ist es im Weiteren eine große Herausforderung, auch jugendgerechte und gerade auf diese spezielle Zielgruppe, die ja wirklich teilweise traumatische Erlebnisse hinter sich hat, wirklich schockiert und allein in ein fremdes Land kommt, ohne die Kenntnis der entsprechenden Sprache, abzielende Lösungen zu finden. Das sind natürlich in psychologischer Hinsicht besondere Herausforderungen, weswegen wir uns auch am 23. Mai mit allen Landesrätinnen und Landesräten, der Kinder- und Jugendhilfe, mit dem BMI und allen damit befassten Beamten zu einem Runden Tisch in unserem Ressort getroffen haben, um uns darüber zu unterhalten, welche weiteren Schritte wir unternehmen können, damit es für die jungen Menschen, für diese schwer belasteten jungen Menschen, zu einer besseren Betreuung, Organisation und vielleicht Ausbildung kommt.

Wir haben einige, wie ich glaube, sehr konkrete Schritte diskutieren können. Das Thema Pflegefamilien, um nur ein Beispiel herauszuheben, ist mir sehr wichtig, und wir haben einige Überlegungen angestellt, wie wir auf der einen Seite noch mehr Pflege­familien motivieren und auf der anderen Seite die Abläufe und Abstimmungen effizi­enter und friktionsfreier realisieren können.

 


Präsidentin Doris Bures: Eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kucharowits.

 


Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Ich bleibe beim Thema Kinderrechte, und zwar beim Kinderrechte-Board. Das hat sich ja neu aufgestellt, und wir haben im Parlament einen Unterausschuss eingerichtet, der sich auch mit dem Kinderrechte-Board befasst. Deshalb meine Frage:

Wann können wir mit einem weiteren Bericht rechnen? Es ist auch vorgesehen, dass wir Abgeordnete involviert sind, deshalb: Wann wird das Parlament eingebunden werden? – Danke.

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Ja, für das Kinderrechte-Board wurden unlängst die Prinzipien der Geschäftsordnung ent­schieden. Das war ein durchaus langwieriger Prozess, der jetzt aber einmal abge­schlossen ist und der im Kinderrechte-Monitoring-Board jetzt einmal festgeschrieben und akkordiert wird. Das war ein wichtiger Schritt, um da effizient weiterzuarbeiten.

Das Nächste, das auch diskutiert und vorgestellt werden wird, ist das Thema Sozia­lisation in Familien. Das ist die Arbeitsgruppe 4, die ihren Bericht ablegen und ihre Erkenntnisse im Zuge einer Präsentation auch vorstellen wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Schimanek, bitte.

 


Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Ministerin! Wie auch im Unteraus­schuss des Familienausschusses von Experten bestätigt wurde, gibt es immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die wieder zurück in ihre Heimat und zu ihren Familien wollen. Dafür bedarf es aber der Zustimmung der Obsorgeberechtigten, die oft nicht gegeben ist. Deshalb meine Frage:

Gibt es Zahlen darüber, in wie vielen Fällen dem Wunsch der unbegleiteten minder­jäh­rigen Flüchtlinge, wieder zu ihren Angehörigen und Familien in die Heimat zurück­zu-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 40

kehren, entsprochen beziehungsweise nicht entsprochen worden ist, und aus welchen Gründen?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin|: Über diese Zahlen verfügt das BMFJ nicht, muss ich Ihnen sagen, aber wir können ver­suchen, sie über das BMI zu recherchieren. Ich kann Ihnen nur zusagen: Wir werden uns bemühen, diese Zahlen zu erfragen, aber in meinem Ressort liegen sie nicht auf, und ich habe leider auch keine Kenntnis darüber, in welchem Umfang diese Vorhaben realisiert worden sind oder nicht.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 12. Anfrage, jener des Abgeordneten El Habbassi. – Bitte.

 


Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Heuer ist ja das „Jahr der Jugendarbeit“ – meine Frage an Sie:

231/M

„Welche Maßnahmen und Initiativen haben Sie 2016 im ,Jahr der Jugendarbeit‘ bereits gesetzt beziehungsweise planen Sie noch?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Wir haben dieses Jahr als „Jahr der Jugendarbeit“ ausgerufen. Warum? – Damit wir der Öffentlichkeit einerseits, aber auch allen Jugendlichen und vor allem auch allen Freiwilligen in dem ganzen Kontext wirklich einmal klarmachen, was die Jugendarbeit eigentlich leistet, welche wertvollen Angebote die Jugendarbeit in Österreich macht. Um nur eine Zahl zu nennen: 170 000 meist junge Menschen arbeiten freiwillig in der Jugendarbeit! 170 000 Jugendliche in 38 Jugendorganisationen, das sind 5,8 Millionen Arbeitsstunden, und das ist ein enormer Aufwand, der der Auslastung von 3 300 Voll­zeit­arbeitsstellen gleichkommt. Das ist schon sehr, sehr bemerkenswert, vor allem wenn wir in Relation stellen: 8,8 Millionen € Förderungen ergehen von unserem Haus – Freiwilligenarbeit wird im Wert von 94 Millionen € geleistet. Das einmal aufzuzeigen und wertzuschätzen und zu sagen, wie wichtig Jugendarbeit eigentlich ist, in welchen Formen und Gestaltungsvarianten auch immer, ist einfach sehr, sehr wichtig!

Wir besuchen jeden Monat mindestens ein Bundesland und holen dort die eine oder andere Initiative vor den Vorhang, um zu zeigen, was da alles geleistet wird. Das ist auch auf der Seite www.jahrderjugendarbeit.at nachzulesen. Wir haben immerhin vierstellige Zugriffsraten, von dem her wirkt diese Initiative.

Wir wollen auch weiterhin gute Projekte vor den Vorhang holen. Gekrönt wird dieser Prozess sozusagen mit einer Abschlussveranstaltung, bei der der erste Öster­reichi­sche Jugendpreis verliehen wird. Das wird am 6. Dezember sein, und es sind natürlich alle dazu eingeladen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter El Habbassi.

 


Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Ich bedanke mich einmal sehr herzlich dafür, dass diese Wertschätzung auch den ehrenamtlich Engagierten entgegen­ge­bracht wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 41

Sie haben den Jugendpreis angesprochen, der am 6. Dezember verliehen werden soll. Meine Frage: Wofür und in welcher Form werden diese Auszeichnungen vergeben?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Dieser Preis, der am 6. Dezember erstmals in Österreich verliehen wird, soll drei Aus­zeichnungskategorien beinhalten, und zwar zum einen Projekte, die im Rahmen von „Eure Projekte“ realisiert wurden. Das ist ein sehr niederschwelliges und sehr positives Projekt, wofür junge Menschen kleine Projekte einreichen dürfen, sei es jetzt Gärtnern mit Asylwerbern oder Picknicken mit Gemeindepolitikern. Die Jugendlichen können verschiedenste kleine Projekte einreichen und damit auch Geld abholen, und sie sollen auch ausgezeichnet werden. Es gibt fünf Preise aus dieser Kategorie.

Daneben gibt es in der Kategorie „Nationale Jugendarbeit“ fünf Nominierungen und einen Preisträger.

Darüber hinaus wird es noch über „Erasmus+: Jugend in Aktion“ einen Preisträger geben, eine Auszeichnung für ein internationales Mobilitätsprogramm, also ein konkretes Jugendprojekt, das im internationalen Kontext ausgezeichnet wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Schenk, bitte.

 


Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Ministerin! Wir haben im Unterausschuss des Familienausschusses das Thema Kinderrechte-Monitoring und Jugendpartizipation besprochen, und es wurde darauf hingewiesen, dass bei Betriebsratswahlen das Wahlalter bei 18 Jahren liegt. Wir haben in Österreich ein aktives Wahlrecht für 16-Jährige, bei Betriebsratswahlen gilt, wie gesagt, das Wahlrecht erst ab 18 Jahren.

Sind da Anpassungen geplant, setzen Sie sich dafür ein, gibt es irgendetwas in die Richtung, dass das Wahlalter auch für diese Wahlen auf 16 Jahre gesenkt wird?

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Das ist, denke ich, eine sehr berechtigte Forderung und eine sehr sinnvolle Überlegung. Wir haben uns auch schon mit Asdin El Habbassi ausgetauscht, der ja der Vorsitzende dieses Unterausschusses ist, und wir unterstützen das voll. Wir sind sehr dafür, dass junge Menschen sich auch schon in diese Prozesse einbringen, je früher sie eingebunden werden, desto besser, um den Dialog und die Mitbestimmung zu gewährleisten.

 


Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals. Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, erkläre ich die Fragestunde für beendet und bedanke mich bei Ihnen, Frau Bundesministerin.

10.12.13Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Eingelangte Verhandlungsgegenstände:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 42

Schriftliche Anfragen: 9737/J bis 9823/J

Schriftliche Anfrage an die Präsidentin des Nationalrates: 28/JPR

*****

10.12.22Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 8782/AB

 


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 8782/AB der Anfrage 9170/J der Abgeordneten Steinbichler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Landwirtschaft und TTIP durch den Herrn Bun­desminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

10.13.56Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Doris Bures: Ich teile weiters mit, dass die Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Finanzausschuss zur Berichterstat­tung über den Antrag 1697/A(E) der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Senkung der Lohnnebenkosten eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen. Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Debatte über die Anfragebe­antwortung stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

*****

Außerdem teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass die Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen 19 weitere Fristsetzungsanträge eingebracht haben, die jeweils eine Frist zur Berichterstattung bis zum 12. Oktober 2016 vorsehen.

Hinsichtlich des Wortlauts dieser Anträge verweise ich auf die Kopien der Fristset­zungs­anträge, die im Saal verteilt wurden.

Die gegenständlichen Anträge werden gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung einzeln, geordnet nach Ausschüssen, in der Reihenfolge ihrer Beantragung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 6, 9 bis 13, 14 bis 16, 19 und 20, 23 und 24, 26 und 27, 28 und 29 sowie 30 und 31 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 43

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 115 Minuten, FPÖ 106 Minuten, Grüne 89 Minuten sowie NEOS und STRONACH je 47 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 24 Minuten; darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargelegte Redezeit.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen. (Abg. Krainer: Der Tag beginnt immer einstimmig!)

10.16.101. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1194 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016) (1240 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1655/A(E) der Abge­ord­neten Dr. Marcus Franz, Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV) (1231 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1545/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 31. Mai 1967 über die Kranken- und Unfall­versicherung öffentlich Bediensteter (Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungs­gesetz – B-KUVG) geändert wird (1232 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1757/A(E) der Abge­ordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend evidenz­basierte Planungsleitlinien für die psychiatrische Versorgung (1233 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1756/A(E) der Abgeord­neten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Register für freiheitsbeschränkende Maßnahmen (1234 d.B.)


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6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1710/A der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Leonhard Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird (1238 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zu den Punkten 1 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es handelt sich um Berichte des Gesundheitsausschusses.

Ich begrüße die Frau Bundesministerin in unserer Mitte.

Hinsichtlich der einzelnen Ausschussberichte verweise ich auf die Tagesordnung.

Auf mündliche Berichterstattungen wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


10.16.36

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der erste Tagesordnungspunkt heute betrifft ein Bundesgesetz zur Änderung der Ausbildung für Gesundheits- und Krankenpfleger.

Ganz kurz: Dieser Gesetzentwurf sieht eine völlige Umgestaltung vor. (Die Tonanlage funktioniert nicht richtig.) – Hallt das ein bisschen?

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zu Beginn der Sitzung darauf hingewiesen, dass die Akustik aufgrund des Einsatzes einer Ersatzanlage sehr schlecht ist. Es tut mir leid, aber wenn wir den allgemeinen Lärm­pegel im Plenarsaal ein wenig senken könnten, dann werden wir auch die Rednerin besser hören beziehungsweise ihren Ausführungen besser folgen können. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (fortsetzend): Also ich werde mich bemühen, das sehr klar darzulegen.

Es soll jetzt zu einer dreiteiligen Ausbildung kommen: die Pflegeassistenz, die Pflege­fachassistenz und schließlich der – in tertiärer Ausbildung – gehobene Pflegeberuf. Diese Ausbildung soll auf einer Fachuniversität stattfinden, und diese gehobene Assis­tenz soll der bisherigen Ausbildung zum diplomierten Pflegepersonal entsprechen.

Die Problematik, die wir bei dieser Gesetzesvorlage sehen, ist nicht prinzipiell die Akademisierung, wobei wir infrage gestellt haben, ob sie notwendig ist. Was wir aber sehr wohl kritisieren – und das kritisieren ja nicht nur wir, sondern das ist in den Stellungnahmen sämtlicher Pflegedirektionen, auch der Krankenanstalten nachzu­lesen –, betrifft die Pflegefachassistenz, für die jetzt eine zweijährige Ausbildung vorgesehen ist, die hinkünftig aber auch jene Arbeiten übertragen bekommen soll, die bisher das diplomierte Personal übernommen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Daraus ergibt sich natürlich für uns schon die Frage, ob das nicht dazu führen wird, dass jetzt viele Krankenanstalten vermehrt diese Pflegefachassistenzkräfte beschäf­tigen werden, das heißt, das „billigere“ Personal einstellen und für Arbeiten heran­ziehen werden, die eben bisher das diplomierte Personal gemacht hat. Das heißt, es kann schon sein, dass es dadurch zu einer Verschlechterung der Patientenversorgung kommt. Eine kürzere Ausbildung kann nicht die gleiche Qualität bieten.

Also das verstehen wir nicht ganz, warum das jetzt wirklich so gekommen ist. Und dazu muss ich sagen, nicht ganz verständlich ist für mich auch die Haltung der Grünen


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gewesen, die sich da im Ausschuss wieder einmal als Steigbügelhalter betätigt und dafür gesorgt haben, dass dieses Gesetz heute überhaupt beschlossen wird.

Insofern muss ich auch noch ganz kurz zu dem Entschließungsantrag der Grünen Stellung beziehen: Sie werden heute hier einen Entschließungsantrag einbringen, in dem Sie fordern, dass alle Krankenanstalten einen Mindestanteil von 50 Prozent an diplomiertem Gesundheits- und Krankenpflegepersonal aufweisen sollen. Das klingt zwar alles toll, aber hätten Sie der Gesetzesvorlage nicht zugestimmt und hätten Sie nicht wieder einmal für eine Zweidrittelmehrheit gesorgt, bräuchte man diesen Antrag nicht!

Im Übrigen kann man dem Antrag die Zustimmung so auch gar nicht geben, denn es werden zwei Materien miteinander vermischt. Es ist nicht ganz nachvollziehbar, was Sie sich dabei denken, wenn Sie das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz in einem Antrag mit den Wartezeiten für MR und CT vermischen. Diesem Antrag können wir unsere Zustimmung nicht geben, und wir werden das auch nicht tun. Ich glaube auch nicht, dass Sie sich da selbst etwas Gutes tun. Ich denke schon, dass es Sinn macht, zu unterschiedlichen Materien die Entschließungsanträge zu schicken. Ich weiß schon, Sie werden dann wieder sagen, wir sind nicht dafür, dass die Wartezeiten verkürzt werden. Ich glaube, Frau Kollegin Mückstein, so kann man nicht wirklich ernsthaft arbeiten.

Zurück zum Gesetz: Frau Minister, es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen das sagen muss, aber ich denke, dass dieses Gesetz offensichtlich nur auf Wunsch der Kran­kenhausträger gemacht worden ist, jedenfalls nicht auf Wunsch des Personals, das uns seit dem Beschluss im Ausschuss in den letzten Tagen mit E-Mails überhäuft hat, dass wir diesem Gesetz nur ja nicht zustimmen sollen. – Diese E-Mails haben natürlich auch alle anderen Abgeordneten bekommen.

Ich werde den Verdacht nicht ganz los, dass es auch ein bisschen eine Lex KAV ist. Der KAV, der Krankenanstaltenverbund Wien, kann ja dem Vernehmen nach keine Überstunden mehr ausbezahlen, angeblich wegen EDV-Fehlern; in Wirklichkeit pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass es ein finanzielles Problem gibt. Das heißt, es soll offensichtlich billiges Personal für die Krankenhauserhalter sozusagen geschaffen werden, damit die Krankenhauserhalter jetzt Kosten einsparen können. (Beifall bei der FPÖ.)

10.21


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor. – Herr Klubobmann Ing. Lugar, bitte.

 


10.21.42

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Ich rege an, dass wir die Sitzung unterbrechen, bis wir die technischen Probleme gelöst haben, denn vorhin hat die Frau Ministerin auch sehr deutlich gesprochen und man hat sie gut verstanden; deshalb müssen wir einfach nur den Stand von vorher herstellen.

Ich glaube nicht, dass wir es uns antun wollen, die gesamte Sitzung mit dieser unglaublich schlechten Tonqualität abzuführen. – Vielen Dank.

10.22


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, selbstverständlich – und deshalb habe ich mich vorhin auch zu Wort gemeldet – habe ich auch gehört, dass die Akustik sich weiter verschlechtert hat. Wir werden das Problem leider nicht ganz lösen können, weil die Anlage eben eine Ersatzanlage ist. (Abg. Lugar: Bei der Ministerin hat es auch funktioniert!) – Herr Klubobmann, die Parlamentsdirektion hat die Technik ersucht, zu versuchen, das mit einer Nachsteuerung zu verbessern. Ich komme Ihrem Vorschlag


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aber gerne nach und unterbreche die Sitzung für 7 Minuten bis 10.30 Uhr, und wir versuchen, die technischen Probleme zu lösen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 10.23 Uhr unterbrochen und um 10.29 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bedanke mich bei der Technik des Hauses, sie wird versuchen, laufend durch Nachsteuerungen die Akustik zu verbessern.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


10.29.51

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Ich bin nicht nur froh, dass wir heute das seit Monaten oder besser gesagt seit Jahren mit allen Interes­senvertretungen diskutierte Gesundheits- und Krankenpflegegesetz beschließen wer­den, sondern ich bin auch froh, dass die Anlage wieder funktioniert, da es ein sehr wichtiges Gesetz ist, das wir heute beschließen werden.

Ehrlich gesagt, am Beginn der Vorwoche – weil ich Kollegen Rasinger hier sitzen sehe – habe ich persönlich noch nicht daran glauben können, dass wir heute diesen Beschluss fassen; aber ich sage: Gut Ding braucht Weile. Ich glaube, dass wir eine für alle Beteiligten akzeptable Einigung herbeiführen konnten, die wesentliche Verän­derungen bei der Versorgung der Patientinnen und Patienten mit sich bringt.

Was bedeutet das nun konkret? – Der vorliegende Entwurf sieht vor, dass künftig bei der Ausbildung, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, eine Dreigliederung einge­führt wird. Das heißt, die bisherige Pflegehilfe wird nun zur Pflegeassistenz aufge­wertet, wobei die einjährige Ausbildung aufrechtbleibt, aber das Berufsbild aktualisiert und den tatsächlichen Erfordernissen angepasst wird, denn beim theoretischen Teil dieser Ausbildung – und das ist meiner Meinung nach wichtig – wird auch ein Schwer­punkt Langzeitpflege eingeführt werden. Gerade in einer Zeit, in der die Menschen nicht zuletzt auch aufgrund einer guten medizinischen Versorgung immer älter werden und daher der Pflegeaufwand in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten dramatisch ansteigen wird, ist das aus meiner Sicht ein mehr als notwendiger Schritt.

Eine weitere Neuerung bei diesem Gesetz ist die Einführung einer Pflegefach­assis­tenz, die ebenso wie die Pflegeassistenz weiterhin an den Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege ausgebildet werden kann. Durch dieses neue Berufsbild, welches grundsätzlich einmal für die berufliche Erstausbildung angedacht ist, soll in weiterer Folge der gehobene Dienst entlastet werden, weil die Pflegefachassistenz künftig mehr Kompetenzen übertragen bekommt.

Ja, und wie schaut es letztendlich mit dem gehobenen Dienst Neu aus? – Da muss man einmal die Länder rund um Österreich betrachten: Dort ist es schon überall gang und gäbe, dass die Ausbildung für den gehobenen Dienst in der Gesundheits- und Krankenpflege im universitären Bereich angesiedelt ist. (Abg. Rasinger: Außer in Deutschland!) – Mit Ausnahme von Deutschland, da gebe ich dir recht. Wir haben bisher aber eine meiner Meinung nach typisch österreichische Lösung gehabt: Die einen wurden in der Krankenpflegefachschule ausgebildet, die anderen im Bereich der


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Fachhochschulen. Nun wird diese Ausbildung Neu auf das Niveau der Fachhoch­schulen angehoben.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass diesem Nebeneinander, dieser Parallelität endlich einmal ein Ende gesetzt wird. Wir haben eine Übergangsfrist aus organisatorischen Gründen bis 2024, und dann sind alle auf Fachhochschulniveau ausgebildet. Und was meines Erachtens ganz wichtig ist, ist die Durchlässigkeit innerhalb dieser drei Berufe. Das bedeutet, ich kann mich von der Pflegeassistenz eigentlich bis zum gehobenen Dienst hinaufarbeiten.

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit diesem Gesetz einen Weg in die richtige Rich­tung eingeschlagen haben. Es gewährleistet einerseits eine weiterhin hohe Qualität in der Ausbildung, und andererseits wird durch die Verteilung der Aufgabenbereiche am Arbeitsplatz die Betreuung und die Pflege der Patientinnen und Patienten eine bessere werden.

Da auch sehr viele Bedenken geäußert wurden – wir haben tagtäglich unzählige E-Mails erhalten; die Bundesländer haben aufgrund dieses neuen Gesetzesvorschlags auch Einsparungspotenziale propagiert, und viele haben gefragt, ob es überhaupt Qualitätsverbesserungen gibt –, haben wir eine Evaluierung nach bereits eineinhalb Jahren beantragt, an der alle Expertinnen und Experten aus dem Gesundheits­minis­terium, aber auch aus den Ländern und den Interessenvertretungen teilnehmen werden. Man wird schauen, dass es zu keiner Qualitätsverschlechterung kommt.

Denjenigen, die uns in den letzten Tagen mit E-Mails bombardiert haben, möchte ich vielleicht eines mit auf den Weg geben: Wir können mit Strukturen der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts keine Gesundheitspolitik des 21. Jahrhunderts machen. Charles Darwin hat einmal gesagt: „Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“ (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mückstein zu Wort. – Bitte.

 


10.35.13

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minis­terin! Wir sind im Zusammenhang mit diesem Gesetz vorhin von der FPÖ schon als Steigbügelhalter kritisiert worden. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Gut so!) Wir stehen dazu. Ich finde es ganz wichtig, dass dieses Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz jetzt in Kraft tritt und beschlossen wird.

Diese Novelle bringt tatsächlich umfangreiche Verbesserungen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Fragt sich nur, für wen!), vor allem für den gehobenen Dienst der Gesund­heits- und Pflegeberufe. Und ich denke, es sichert auch den Anschluss im europä­ischen Raum. Österreich ist sowieso schon Schlusslicht, wenn es darum geht, diesen Beruf zu akademisieren. Das ist aus mehreren Gründen dringend notwendig: Wir sind ein sehr ärztelastiges Land, wir brauchen mehr Pflegepersonal (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Billigpflegepersonal, genau!), und wir müssen dafür sorgen, dass das Pflegepersonal seine Kompetenzen im Gesundheitswesen und in der Versorgung von PatientInnen auch einbringen kann. Wir liegen europaweit auch relativ weit hinten, was das Pflegepersonal betrifft. In Österreich kommen nur 7,6 Pflegepersonen auf 1 000 Einwohner, während es in der Schweiz 15,2 Pflegepersonen sind.

Vielleicht können Sie mir auch ein bisschen zuhören, Frau Kollegin (in Richtung der Abg. Belakowitsch-Jenewein, die mit Abg. Berlakovich spricht), ich habe Ihnen auch


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zugehört. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das war ja auch gescheit, was ich gesagt habe!)

Ich denke, dass wir auch in Hinblick auf die Primärversorgung daran denken müssen, dass das Pflegepersonal eine tragende Rolle spielen wird und auch in Bezug auf seine Kompetenzen aufgewertet werden soll.

Das sind die positiven Aspekte, derentwegen wir diesem Gesetz zustimmen werden und unsere Unterstützung gegeben haben. Wir haben aber auch Bedenken, nämlich Bedenken, dass diese Neuerung zu einem Einsparungsprogramm wird, weil – das hat meine Vorrednerin auch schon angesprochen – es natürlich so ist, dass die Gefahr besteht, dass jetzt kürzer ausgebildete Pflegepersonen, die daher auch billiger sind, vermehrt eingesetzt werden. Ja, wir haben Meldungen aus den Medien auch bereits entnommen, dass zum Beispiel die Vinzenz Gruppe gesagt hat, von bisher 80 Prozent Diplomierten wollen sie auf 10 Prozent reduzieren. Wenn man sich vorstellt, dass das wirklich eintritt, dann muss man auch damit rechnen, dass die Qualität der Versorgung nicht mehr gesichert ist, abgesehen davon, dass das Pflegepersonal damit auch in massive Überforderungssituationen kommt. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie stim­men ja zu!)

Wir wissen, dass in diesem Bereich Burn-out und hohe Fluktuation auch ein Thema sind. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie geben die Möglichkeit mit Ihrer Zustim­mung! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) – Ja, wir stimmen deswegen zu, weil wir damit rechnen und zuversichtlich sind, dass es zu einem Personalschlüssel und einem Skill- und Grade-Mix kommt, der den Anteil von diplomierten und Pflegeassistenz-Personen sichert. Es wird dazu kommen müssen, wenn auch nicht gleich, dann doch in Zukunft. Unser Antrag wird sich auf jeden Fall in diese Richtung fokussieren.

Dann auch noch zum zweiten Thema in unserem Antrag, zu den MRT- und CT-Unter­suchungen: Im Ausschussbericht wurde die Einrichtung einer Telefonhotline beschlos­sen. Uns geht das nicht weit genug. Wir haben alle gehört und jetzt immer wieder gelesen, dass es massive Versorgungsprobleme in diesem Bereich gibt; viel zu lange Wartezeiten, vor allem für sehr schwer kranke Menschen, für Menschen, die unter Schmerzen leiden, für Krebskranke. Wir haben auch festgestellt, dass viele Menschen, die nicht sehr lange auf solche Abklärungsuntersuchungen warten können, dann Privatzahlungen in der Höhe von bis zu 300 € leisten müssen und daher dann in die Privatinstitute gehen. – Das ist Zweiklassenmedizin der schlimmsten Sorte. Wir möch­ten nicht, dass sich das Gesundheitswesen in Österreich so entwickelt, des­wegen stellen wir einen Antrag, diese Situation umgehend zu verbessern. (Beifall bei den Grünen.)

Leider habe ich zu wenig Zeit, die anderen Punkte noch zu besprechen. Ich möchte aber schon sagen, dass ich es sehr bedauerlich finde, dass meine Anträge, die die Empfehlungen der Volksanwaltschaft betreffen, wieder abgelehnt werden. Wir haben schon 2014 darauf hingewiesen, dass es Missstände gibt, die behoben werden sollten. Im Gesundheitsausschuss hat man schon beschlossen, diese Anträge wieder abzu­lehnen.

Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz: Mindestpersonalschlüssel, Auslaufen der Pflegeassis­tenz-Ausbildung und Wartezeiten für MRT-/CT-Untersuchungen


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Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat die gesetzlichen Grund­lagen zur Beschlussfassung vorzulegen, die sicherstellen, dass es österreichweit künf­tig einheitliche Mindeststandards zum Personaleinsatz von diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, PflegefachassistentInnen und PflegeassistentInnen gibt.

Der Anteil der diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen hat in Kranken­an­stalten mindestens 50 Prozent zu betragen, um die pflegerische Qualität sicherzu­stellen.

2. Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetz zur Beschlussfassung vorzulegen, das ein Auslaufen der einjährig aus­gebildeten Pflegeassistenz bis 2020 vorsieht.

3. Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird ersucht, spätestens bis Ende 2016 mit allen dafür zuständigen Stellen Maßnahmen zu vereinbaren, die sicherstellen, dass

a) die Wartezeiten der PatientInnen auf eine MRT- oder CT-Untersuchung kürzer wer­den sowie

b) in medizinisch dringenden Fällen umgehend eine kassenfinanzierte bildgebende Untersuchung ermöglicht wird, ohne Zuzahlungen leisten zu müssen.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.41


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Mückstein, Judith Schwentner; Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde

betreffend Gesundheits-und Krankenpflegegesetz: Mindestpersonalschlüssel, Auslau­fen der Pflegeassistenz-Ausbildung und Wartezeiten für MRT-/CT-Untersuchungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1194 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Kran­kenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreife­prü­fungs­gesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016) (1240 d.B.)

Begründung

Die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GukG-Novelle 2016) bringt umfangreiche Verbesserungen für den gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege. Dazu zählt die in Aussicht gestellte vollständige Überführung der Ausbildung in den tertiären Sektor, die Aktualisierung der Tätigkeitsbereiche mit der Möglichkeit Kompetenzen zu vertiefen und zu erweitern, sowie die Ausweitung der Kompetenzen bei der medizinischen Diagnostik und Therapie und eine vereinfachte


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und praxisnahe Delegationsmöglichkeit von ärztlichen Tätigkeiten an Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen.

Gleichzeitig mit der Aufwertung der dreijährigen Ausbildung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege wurde die Pflegehilfe zur Pflegeassistenz (ein­jährige Ausbildung) aufgewertet und die Pflegefachassistenz (zweijährige Ausbildung auf Sekundarstufe II) neu geschaffen.

Die Pflegeassistenz umfasst die fachgerechte Durchführung der übertragenen pflege­rischen Maßnahmen und ärztlichen Tätigkeiten unter regelmäßiger Aufsicht durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege. Zu ihrem Tätigkeitsbereich zählt u.a. die Durchführung von pflegerischen Maßnahmen, aber auch die venöse Blutentnahme, Verabreichung von Arzneimitteln, subkutanen Insulininjektionen, Wund­versorgung, Sondenernährung.

Der Tätigkeitsbereich der Pflegefachassistenz umfasst die eigenverantwortliche Durch­führung aller Tätigkeiten der Pflegeassistenz sowie der ihr von ÄrztInnen übertragenen Tätigkeiten wie das Legen und Entfernen von Magensonden, Setzen und Entfernen von transurethalen Kathetern bei Frauen, Ab- und Anschluss von laufenden Infusionen etc. Die Tätigkeiten können ohne Aufsicht durchgeführt werden.

Von FachexpertInnen wird kritisiert, dass das Berufsbild und die Kompetenzen für eine zweijährige Ausbildung zu umfassend sind und den Rahmen einer zweijährigen Ausbildung auf Sekundarstufe II sprengen.

Die Anforderungen an die Pflege im stationären Bereich (Langzeitpflege und medizinische Versorgung) sowie in der mobilen Pflege wachsen stetig.

Mit der Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG-Novelle 2016) werden aber keine Vorgaben gemacht, wie die einzelnen Berufsgruppen (künf­tige Dreiteilung) in der Praxis eingesetzt werden. Es ist zu befürchten, dass in Zukunft jene die Hauptlast der alltäglichen Pflege tragen, die kürzer ausgebildet und daher auch kostengünstiger angestellt werden können. Um die Pflege- und Betreuungs­qualität aufrecht zu halten und Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern herzu­stellen sind bundesweit einheitliche Mindestpersonalschlüssel eine begleitende Not­wen­digkeit, die das Verhältnis von diplomierten Gesundheits- und Krankenpfle­gerIn­nen, Pflegefachassistenz, Pflegeassistenz bestimmen.

Damit soll die Qualität der Pflege für die PatientInnen sichergestellt und die Arbeits­belastung für die in den Pflegeberufen Tätigen – überwiegend Frauen – reduziert werden.

Qualitativ hochwertige Pflege und Betreuung kann nur passieren, wenn genug qualifi­ziertes Personal zur Verfügung steht, das auch gemäß seiner Ausbildung eingesetzt wird. Die pflegerischen Anforderungen sind aufgrund der demografischen Entwicklung und dem Anstieg an chronischen Leiden, der Zunahme von Mehrfacherkrankungen in Folge des Alterungsprozesses sowie der wachsenden Zahl an demenzerkrankten Menschen enorm angestiegen.

Die Forderung nach einem österreichweit einheitlichen Mindestpersonalschlüssel wird seit Jahren von Gewerkschaft, Arbeiterkammer, Bundesverband der Alten- und Pflege­heime, Volksanwaltschaft, Pflegeverband, Rechnungshof sowie der Reformarbeits­gruppe Pflege unisono geteilt.

Die GuKG-Novelle 2016 sieht weiters vor, dass PflegeassistentInnen ab 2025 nur noch in Pflegeheimen und nicht mehr in Krankenanstalten eingesetzt werden können. Diese Regelung wird auf Druck der Länder eingeführt, weil diese in der personalintensiven Langzeitpflege einen Pflegeberuf fordern, der weniger kostet als die besser ausge-


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bildeten PflegefachassistentInnen und diplomierten Gesundheits- und Krankenpfle­gerInnen. Auf Kosten der pflegerischen Qualität für die PatientInnen wird hier versucht Geld einzusparen.

Für die PatientInnen und Beschäftigten in der Langzeitpflege sollten aber die gleichen Bedingungen gelten wie in Krankenanstalten. Deshalb sollte nach einer angemes­senen Übergangsfrist die Ausbildung zur Pflegeassistenz auslaufen.

Der Assistenzberuf zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege sollte ausschließlich die zweijährig ausgebildete Pflegefachassistenz sein.

Der gegenständliche Ausschussbericht schlägt dem Nationalrat die Annahme der Ent­schließung in Anhang 2 betreffend die Einrichtung einer Telefonhotline bei langen Wartezeiten auf MRT- und CT-Untersuchungen vor. Dieser Ausschussantrag ist nicht weitgehend genug.

Diverse Medienberichte, aber auch der Test des Konsumentenmagazins „Konsument“ (Nr. 4/2016) haben nicht nur überlange und auch stark divergierende Wartezeiten bei Untersuchungen in Instituten für bildgebende Diagnostik ergeben, sondern auch ter­minliche Vorreihungen, wenn private Zuzahlungen erfolgen. Diese Praktiken sind inakzeptabel, vor allem bei schwerkranken Menschen, die auf rasche Untersuchungs­ergebnisse angewiesen sind.

Die kassenfinanzierte MRT- und CT-Untersuchung wurde 2013 vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger rationiert und gedeckelt. Seither kommt es immer wieder zu unerträglich langen Wartezeiten für die PatientInnen. Einzige Möglichkeit, die langen Wartezeiten zu umgehen, sind Privatzahlungen, und zwar in einer Höhe, die für ein solidarisches Gesundheitssystem nicht länger vertretbar ist.

Der Hauptgrund für die Wartezeiten und Missstände ist die zwischen dem Haupt­verband der Sozialversicherungsträger und dem Verband der Gesundheitsbetriebe abgeschlossene Honorarvereinbarung, die auch zwischen den Vertragspartnern höchst umstritten ist. Auch Volksanwalt Günther Kräuter kritisierte die herrschenden Zustände erst im Juni 2016 aufs Schärfste: „Diese geltende Vereinbarung führt dazu, dass freie Kapazitäten nur gegen zusätzliche private Zahlungen von ohnehin sozialversicherten Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen.“ Daraus resultiert eine Zwei-Klas­sen-Medizin: Diejenigen, die sich die Zuzahlung oder Privatzahlung leisten können, sind in der Lage, rasch zu einer bildgebenden diagnostischen Abklärung zu kommen. Auch PatientInnen mit einer Verdachtsdiagnose auf Krebs haben oft wochen­lange Wartezeiten auf ein MR oder CT in Kauf zu nehmen, was vollkommen inakzeptabel ist.

Der Antrag sieht deshalb vor, dass ein Maßnahmenplan erstellt wird, durch den schwerkranke Menschen ohne Verzögerung Zugang zu bildgebenden Untersuchungen erhalten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat die gesetzlichen Grund­la­gen zur Beschlussfassung vorzulegen, die sicherstellen, dass es österreichweit künftig einheitliche Mindeststandards zum Personaleinsatz von diplomierten Gesund­heits- und KrankenpflegerInnen, PflegefachassistentInnen und PflegeassistentInnen gibt.

Der Anteil der diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen hat in Kran­ken­anstalten mindestens 50 % zu betragen, um die pflegerische Qualität sicher­zustellen.


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2. Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetz zur Beschlussfassung vorzulegen, das ein Auslaufen der einjährig ausge­bildeten Pflegeassistenz bis 2020 vorsieht.

3. Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird ersucht, spätestens bis Ende 2016 mit allen dafür zuständigen Stellen Maßnahmen zu vereinbaren, die sicherstellen, dass

a) die Wartezeiten der PatientInnen auf eine MRT- oder CT-Untersuchung kürzer werden sowie

b) in medizinisch dringenden Fällen umgehend eine kassenfinanzierte bildgebende Untersuchung ermöglicht wird, ohne Zuzahlungen leisten zu müssen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


10.41.37

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Jetzt erklärt er uns die Welt: Geschichten aus der Ordination!) Meine allererste Begegnung mit der Pflege hatte ich als junger Medizinstudent; und ich möchte jetzt der Schwester Anni und der Schwester Hermi gedenken (allgemeine Heiterkeit), denn ich war damals als Ferialassistent … (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Nein, ich war voll bezahlt! – Nachdem ich drei Wochen Leibschüsseln getragen habe, hätte ich einen Nachtdienst machen sollen. Da hat sie gesagt: Leg dich einfach ins Bett!, und ich musste in einem Zimmer, voll mit 28 Patienten der Unfallchirurgie, die gestöhnt haben – und damals hat es noch diese Extensoren gegeben –, im Pflegegewand schlafen. So war es damals.

Mein nächster Job war dann im Krankenhaus – ich sage lieber nicht, welches –, dort war ich auf der Neurologie. (Zwischenruf und Heiterkeit bei der FPÖ.) Da durften wir am Abend Schlafmittel austeilen, also etwas, was heute undenkbar ist. Warum sage ich das? – Die Welt hat sich gedreht, wie Abgeordneter Spindelberger richtig gesagt hat, und heute haben wir eine große Drehung, nämlich ein Jahrzehntegesetz gemacht. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sind alle so begeistert, die Betroffenen!) Zwar glaubt uns das wahrscheinlich keiner, aber nach 20 Jahren, in denen das alte Gesetz gegolten hat, war ein Facelift wirklich mehr als notwendig. Es ist nicht nur ein Facelift, sondern es ist, glaube ich, eine komplette plastische Operation geworden.

Wen betrifft das eigentlich? – Wir haben 90 000 Beschäftigte in diesem Bereich. Es ist der größte Beschäftigungsbereich im Gesundheitswesen. Wem soll es zugute­kom­men? – Wenn wir überlegen, dass wir in den letzten 40 Jahren zirka zwölf bis 13 Jahre Lebenserwartung dazugewonnen haben, dürfen wir uns nicht wundern, dass die Zahl der 80-Jährigen de facto schon das Durchschnittsmaß ist. In den nächsten 15 Jahren – und man muss in der Gesundheitspolitik immer vorausdenken – verdoppelt sich die Zahl der 85-Jährigen, der 100-Jährigen, beziehungsweise gibt es eine Verdreifachung, eine Vervierfachung. Das heißt, man braucht nicht viel von Gesundheitspolitik zu verstehen, um zu merken, wir werden einen großen Pflegebedarf haben. Im Bezug darauf ist das Gesetz meiner Meinung nach ein sehr ausgewogenes Gesetz, denn es hat sehr viele Stärken und wenig Schwächen. Es ist auch im internationalen Vergleich durchaus herzeigbar.

Wir schaffen die Akademisierung. Wir schaffen einen Fachassistenten mit zweijähriger Ausbildung. Wir schaffen die aufgewertete Pflegeassistenz mit Betonung auf Langzeit.


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Wir schaffen auch zehn Spezialisierungen, was auch sehr wichtig ist. Wir schaffen die Durchlässigkeit. Die Pflege bekommt eigene, extra ausgewiesene Kompetenzen. Wir beenden damit den jahrzehntelangen Streit am Krankenbett, wer was macht: Macht das der junge Arzt oder die Schwester? Das war wirklich ein lähmender Streit. Was wir nicht schaffen wollten und machen, sind Miniärzte. Wir wollen eigenständige Pflege­personen haben.

Ich habe schon gesagt, im internationalen Vergleich ist das ein sehr, sehr gutes Gesetz. Das erkennt man, wenn man bedenkt, dass die Deutschen derzeit an einem Gesetz herumwürgen, das meiner Meinung nach schlechter als das österreichische ist.

Ich nehme diese Rede hier zum Anlass, um zu sagen: Dieses Gesetz ist eine Chance. Wir haben praktisch das Spielfeld bereitet. Das Gesetz umzusetzen, wird wahr­schein­lich vieler Jahre bedürfen. Die FHs werden mitarbeiten müssen. Die ganzen Pflege­direktionen werden mitarbeiten müssen. Das heißt, man muss diesem Gesetz Leben einhauchen.

Was mir besonders wichtig ist, ist der Umstand, dass es ein egoistisches Gesetz ist, egoistisch in dem Sinne, dass wir alle von einer besseren Pflege profitieren werden und dass wir hoffentlich auch von zufriedenerem Pflegepersonal profitieren werden, denn ein ganz wesentlicher Teil dieses Gesetzes ist das Faktum: Dieses Gesetz ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit am Krankenbett. Das stellt meiner Meinung nach – das sage ich jetzt als Arzt – alles in den Schatten, denn wenn diese Zusam­menarbeit der Berufsgruppen am Krankenbett nicht funktioniert, dann nützen uns alle Paragraphen nichts und dann hat der Patient überhaupt nichts davon. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


10.46.01

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es ist immer schwierig, nach Dr. Rasinger irgendwie die Kurve zu kriegen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Einfach einen Schwank aus dem Leben!)

Zu diesem „Jahrzehntegesetz“: Ich möchte den Bürgerinnen und Bürgern einmal schildern, wie so ein „Jahrzehntegesetz“, wie es Dr. Rasinger genannt hat, zustande kommt: Über Monate und – man kann eigentlich sagen – Jahre verhandeln die Regierungsparteien mit allen möglichen Interessengruppen über dieses Gesetz, und dann schaffen sie es nicht, das auf die Tagesordnung des Gesundheitsausschusses zu bekommen. Doch genau 17 Minuten, bevor der Gesundheitsausschuss beginnt, klingelt das Telefon und der SPÖ-Klub ruft an: Ja, wir würden jetzt doch noch gerne das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz auf die Tagesordnung setzen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Für uns waren es 20 Minuten! Wir waren früher da!) Das ist ja keine Kleinigkeit. Die Grünen waren dann so nett und haben es der Regie­rungs­mehrheit ermöglicht, dass mit einer Zweidrittelmehrheit doch noch in die Tagesordnung aufzunehmen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: War eh klar!) Wenn es aber ein Jahr­zehntegesetz ist, dann hätte das auch noch bis in den Herbst hinein warten können. Aber hudri-wudri, husch-pfusch, ratzfatz musste das jetzt noch schnell auf die Tages­ordnung drauf.

Man hat richtigerweise die Pflegeberufe, die Ausbildung und die Abstimmung der ver­schiedenen Berufe aufeinander modernisiert. Man hat unseres Erachtens nicht alle Chancen genützt, die das Gesetz geboten hätte, weil die Abgrenzung zwischen Pflege­berufen und Ärzten immer noch einiges offenlässt, zum Beispiel die Weiterverordnung


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von Hilfs- und Heilmitteln, von Gehhilfen und Verbänden. Da liegt noch ganz viel Verantwortung beim Arzt, obwohl die Pflege das sehr gut könnte, das Fachwissen dazu hat, auch nahe am Patienten ist und den Bedarf gut abschätzen kann. Das schafft wiederum ein weiteres Problem, weil die Ärzte weniger Zeit dafür haben, sich um ihre Kernkompetenz zu kümmern, und weil sie sich um diesen Teil, den man der Pflege nicht zugesteht, jetzt auch kümmern müssen. Daher wird dann wieder eine Verknappung der Arbeitszeit bei den Ärzten auftreten.

Man hat also die Chance vergeben, auch die Verantwortung für die Pflege zu erwei­tern, dort auch Karriereperspektiven, Weiterentwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, die einen Beruf attraktiver machen. Wenn wir heute erleben, dass wir nicht genug Pflege­kräfte haben, dann hängt das auch immer mit den Weiterentwicklungsmöglichkeiten in diesem Berufsfeld zusammen.

Ich möchte auch zum Tagesordnungspunkt 3, bei dem es um die Frage der Kran­kenfürsorgeanstalten auf Länderebene geht, einige Worte verlieren. Viel diskutiert wurde hier im Haus die Frage der Sozialversicherungsträger. Es ist inzwischen in Öster­reich notorisch und bis ins kleinste Dorf vorgedrungen: Es gibt eine Ungerech­tigkeit, weil es so viele verschiedene Kassen, so viel verschiedene Versicherungs­systeme gibt, die von Wohnort und Beruf abhängig sind.

Was immer ein bisschen unter dem Radar der Wahrnehmung durchrauscht, sind die Krankenfürsorgeanstalten für die Landesbediensteten in den verschiedenen Ländern, und auch davon gibt es 16 verschiedene. Und das ist deswegen bemerkenswert, weil diese eigenen Kassen ja nicht einmal im Hauptverband der Sozialversicherungsträger erfasst sind. Die unterliegen also auch nicht der Aufsicht der Frau Bundesministerin. Die haben sich aus dem solidarischen System völlig ausgeklinkt, und sie sind ein Teil dieser Logik, die in Österreich vorherrscht, nämlich dass man die schwierigen Fälle, nämlich die Arbeitslosen, die Armen und die Schwerkranken, die Menschen mit gesund­heitsgefährdenden Berufen den Krankenkassen zuschubst. Dort dürfen die Versicherten die schweren Risiken mitfinanzieren; und die Gruppe der öffentlich Bediensteten verabschiedet sich in ein eigenes System und kann dort natürlich mit ähnlichen Beiträgen viel bessere Leistungen finanzieren, weil sie die Lasten für die ganzen Arbeitslosen und Mindestsicherungsbezieher eben nicht tragen müssen. Diese Lasten überlässt man den GKK-Versicherten, und die Privilegierten stehlen sich aus der Verantwortung.

Dass da die Beamtenpartei ÖVP zuschaut, bitte, das kann ich noch nachvollziehen, aber einem Sozialdemokraten muss das Herz bluten, wenn seine Arbeiterinnen und Arbeiter das finanzieren müssen, während die Beamten sich die Zuckerl gönnen.

In Wirklichkeit geht es darum, dass man da auch Posten und Pöstchen für Freun­dinnen und Freunde schafft, dass eine privilegierte Gruppe sich gegenseitig die attrak­tiven Positionen zuschanzt und dass man sich selbst und den Vorfeldorga­nisationen noch Vorteile zukommen lässt. Hier wehren sich die Mehrheitsparteien einzig und allein im eigenen Interesse gegen Strukturreformen, um die Privilegien der eigenen Gruppen entgegen den Interessen weiter Teile der Bevölkerung zu schützen. (Beifall bei den NEOS.)

10.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


10.51.15

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 55

Zuseher! Lieber Herr Kollege Loacker, ich denke, das wichtigste im Pflegebereich, im Krankenhaus und auch in den Pflegeheimen ist, dass es ein gutes Zusammenwirken aller dort Beschäftigten gibt – der Ärzte und Ärztinnen, der Pflegerinnen und Pfleger –, denn dann bin ich mir sicher, dass das, was wir alle wollen, nämlich dass der Mensch, der Patient/ die Patientin im Mittelpunkt steht, auch gut gelingen kann.

Ich glaube auch – was du angesprochen hast –, dass gerade mit diesem Gesetz die Karrierechancen im Bereich der Pflege verbessert werden. Die Durchlässigkeit wird durch diese dreigliedrige Ausbildung massiv erhöht, und deswegen verstehe ich das Argument, das du gebracht hast, dass es keine Durchlässigkeit und keine Karriere­chancen gibt, eigentlich nicht zur Gänze. Ich glaube, mit dieser Novelle wird genau darauf ganz besonders hingearbeitet und es wird auch bessere Karrierechancen für MitarbeiterInnen in diesem Bereich geben.

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte aber auf einen anderen Punkt in der GuKG-Novelle eingehen, den wir auch schon sehr lange verhandelt haben und in den nächsten Tagen noch verhandeln werden, das sind die Betreuung, die Pflege und die medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung in Behinderteneinrichtungen.

Dazu muss man wissen, dass Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen leben, in Einrichtungen arbeiten und neben ihrem Dasein Pflege, Betreuung und auch medizi­nische Leistungen brauchen. All das basiert auf großer Beziehungsarbeit, all das ge­schieht auch mit großem Vertrauen. Es muss zwischen den BetreuerInnen und dem behinderten Menschen auch eine Vertrauensbasis geschaffen sein; und die Pflege ist in derartigen Lebenssituationen oft ein kleiner Bereich, wenn auch ein ganz wichtiger. Trotzdem hat die Beziehungsarbeit eigentlich im Vordergrund zu stehen. Deswegen war es wichtig, dass man ein lebenstaugliches Modell schafft, ein Modell, das auch dem Gedanken der Inklusion entspricht, und dass man auch für diesen Bereich eine Lösung findet.

Im Jahr 2008 ist eine Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes umgesetzt worden, mit der das sogenannte UBV-Modul eingeführt wurde. Trotzdem sind Fragen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen offen geblieben, was oft zu Verunsicherungen geführt hat und dazu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft, wie es immer gesagt wird, im Graubereich gearbeitet haben und dass die Lebens­situation der Menschen manchmal auch nicht richtig abgebildet worden ist.

Mit dieser Novelle wird im Ärztegesetz eine wirklich gute Regelung gefunden, nämlich das Delegationsrecht. Die Möglichkeit der Delegation wird an die Laien angepasst, das heißt, man hat einen ähnlichen Status wie ein Angehöriger. Das bleibt auf zwölf Menschen beschränkt und muss unter einer ordentlichen Kontrolle und natürlich auch unter Anleitung eines Mediziners stattfinden. Das ist sehr, sehr wichtig; und ich glaube, damit wird wirklich ein ganz, ganz wichtiger Schritt in Richtung der tatsächlichen Lebenssituation für Menschen mit Behinderung in den Einrichtungen gesetzt.

Mit der Ausschussfeststellung, die wir im Gesundheitsausschuss beschlossen haben, wird das auch für den Bereich der Pflege umgesetzt und damit dem Anliegen von Behinderteneinrichtungen wirklich entsprochen. Ich möchte mich da ganz herzlich bei der Frau Ministerin und bei den MitarbeiterInnen des Gesundheitsministeriums für die Offenheit, für das Verständnis und auch für die Bereitschaft, immer wieder Expertinnen und Experten anzuhören, um eine wirklich alltagstaugliche Lösung zu finden, bedanken.

Soweit ich informiert bin, gibt es bereits einen Termin, zu dem dann die Ausschuss­feststellung tatsächlich umgesetzt wird. Man muss dabei aus meiner Sicht ganz besonders darauf achten, dass die Qualität gesichert bleibt. Was meine ich damit? – Man muss darauf achten, dass die Qualität am Menschen gesichert bleibt. Es muss


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aber auch die Rechtssicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet werden, und natürlich, wie ich vorhin schon angesprochen habe, soll dem Gedanken der Inklusion Rechnung getragen und die Lebensrealität der Menschen am besten abgesichert werden.

Mit der Ausschussfeststellung und mit den Gesprächen, die folgen werden, wird das aus meiner Sicht bestmöglich abgebildet werden. Dafür möchte ich mich noch einmal herzlich bei dir, liebe Frau Ministerin, bedanken.

Ich bringe noch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Spindelberger, Rasinger, Mückstein, Königsberger-Ludwig, Huainigg, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Gesundheitsausschusses 1240 der Beilagen:

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

„Artikel 1 (Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetz) wird wie folgt geändert:

a) In Z 1 wird im Inhaltsverzeichnis der Eintrag ‚§ 22b … Palliativversorgung“ durch den Eintrag „§ 22b … Hospiz- und Palliativversorgung‘ ersetzt.

b) In Z 21 lautet § 17 Abs. 2 Z 9:

‚9. Hospiz- und Palliativversorgung‘

c) In Z 22 lautet § 22b samt Überschrift:

‚Hospiz- und Palliativversorgung

§ 22b. (1) Die Hospiz- und Palliativversorgung umfasst die Pflege und Begleitung von Menschen mit einer fortschreitenden unheilbaren und/oder lebensbedrohlichen Erkran­kung und von sterbenden Menschen sowie von deren An- und Zugehörigen vor dem Hintergrund eines umfassenden bio-psycho-sozialen Verständnisses von Krankheit unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts und Berücksichtigung des Patienten­willens mit dem Ziel, die Lebensqualität zu verbessern, insbesondere

1. das Erkennen und Vermindern von Risiken und Problembereichen,

2. die Informationssammlung zum Lebenswerdegang und zu den Lebenserfahrungen als Teil des Pflegeassessments (Biografiearbeit in der Pflege),

3. psychosoziale Interventionen, insbesondere mittels wahrnehmungs- und körperbe­zogenen sowie verhaltensorientierten Konzepten, kognitiver Stimulation bzw. kogniti­vem Training, Aktivitätsaufbau, Aromapflege und Entlastungsstrategien,

4. den Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung,

5. die Progressionsverzögerung und

6. das Monitoring der medikamentösen Symptombehandlung.‘“

*****

Abschließend möchte ich noch sagen, dass es mir ganz wichtig ist, im Bereich der Pflege und Betreuung nicht von gehobenen und niedrigeren Diensten zu sprechen,


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weil ich davon überzeugt bin: Jeder Dienst am Menschen ist ein wertvoller Dienst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Heißt aber so: Höherer und gehobener Dienst!)

10.57


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Spindelberger, Rasinger, Mückstein, Königsberger-Ludwig, Huainigg und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Gesundheitsausschusses 1240 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1194 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetz) wird wie folgt geän­dert:

a) In Z 1 wird im Inhaltsverzeichnis der Eintrag „§ 22b … Palliativversorgung“ durch den Eintrag „§ 22b … Hospiz- und Palliativversorgung“ ersetzt.

b) In Z 21 lautet § 17 Abs. 2 Z 9:

„9. Hospiz- und Palliativversorgung“

c) In Z 22 lautet § 22b samt Überschrift:

„Hospiz- und Palliativversorgung

§ 22b. (1) Die Hospiz- und Palliativversorgung umfasst die Pflege und Begleitung von Menschen mit einer fortschreitenden unheilbaren und/oder lebensbedrohlichen Erkrankung und von sterbenden Menschen sowie von deren An- und Zugehörigen vor dem Hintergrund eines umfassenden bio-psycho-sozialen Verständnisses von Krank­heit unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts und Berücksichtigung des Patien­tenwillens mit dem Ziel, die Lebensqualität zu verbessern, insbesondere

1. das Erkennen und Vermindern von Risiken und Problembereichen,

2. die Informationssammlung zum Lebenswerdegang und zu den Lebenserfahrungen als Teil des Pflegeassessments (Biografiearbeit in der Pflege),

3. psychosoziale Interventionen, insbesondere mittels wahrnehmungs- und körper­be­zogenen sowie verhaltensorientierten Konzepten, kognitiver Stimulation bzw. kogniti­vem Training, Aktivitätsaufbau, Aromapflege und Entlastungsstrategien,

4. den Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung,

5. die Progressionsverzögerung und

6. das Monitoring der medikamentösen Symptombehandlung.“


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Begründung:

Zu Artikel 1 (GuKG):

Hospiz-und Palliativversorgung ist nach der Definition der World Health Organization, 2002 ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen und ihrer Familien, welche sich im Erleben und der Auseinandersetzung mit einer lebensbe­drohlichen, unheilbaren und fortschreitenden Krankheit befinden. Dies soll erfolgen durch Prävention und Linderung von Leiden, durch eine frühzeitige Identifikation, tadellose Einschätzung und Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Ereignissen physischer, psychischer, sozialer, kultureller und spiritueller Aspekte.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


10.57.41

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Wertes Hohes Haus! Mit der vorliegenden Novelle zum Gesundheits- und Krankenpfle­gegesetz wird die gesamte Krankenschwestern-, die Pflegehelferausbildung samt Weiterbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten geändert.

Wir haben schon gehört, es soll sich dabei um ein Jahrhundertgesetz handeln. Ich muss mich meinem Vorredner anschließen, wir haben die Vorgangsweise auch sehr bedauert, nämlich dass kurz vor dem Ausschuss einfach versucht wird, dieses Gesetz durchzupeitschen, ohne die Opposition einzubeziehen. Gut, das werden wir jetzt einmal so hinnehmen, aber die Art und Weise ist es natürlich wert, sie zu hinterfragen, und einer Demokratie eigentlich nicht ganz würdig. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir haben es von den Vorrednern gehört: Von einer Aktualisierung des Berufsbildes der gehobenen Dienste für Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegehilfe sprechen die einen, sie sehen da auch eine Änderung, die hilft, Kosten im System zu sparen. Es gibt aber auch sehr viele, die ihre Bedenken haben. Wir haben auch mit einigen Personen vor Ort, mit sehr vielen Ärzten gesprochen, die unsere Bedenken eigentlich auch ein bisschen unterstützt haben, nämlich dass zukünftig Personen, die Menschen pflegen, zum Teil sogar kürzer als Tierpfleger ausgebildet werden, dass es wesentlich weniger qualifiziertes und gut ausgebildetes Personal geben könnte und dass dadurch vor allem wieder die Patienten eventuelle Nachteile haben.

Auf der anderen Seite dürfen Pflegeassistenzen – die bisherigen Pflegehelfer – we­sent­lich mehr Tätigkeiten durchführen, und wir befürchten, dass es für Krankenan­stal­ten eine einfache Rechenaufgabe wird, möglichst wenig akademisches, diplomiertes Personal einzustellen und dafür mehr Pflegehelfer, die dann Pflegeassistenzen heißen, mit an Bord zu nehmen. Das ist der Grund, warum wir diesem Gesetz, so wie es jetzt vorliegt, heute nicht zustimmen werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Es werden hier ja einige Tagesordnungspunkte unter einem verhandelt, und ich möchte da auch zu Tagesordnungspunkt 2 kurz etwas sagen, das ist der Antrag der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Darin ist vorgesehen, dass die Möglichkeit geschaffen wird, die öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund zusammenzu­schließen. Das wäre eine Reform, die unseres Erachtens zwingend und dringend not-


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wendig wäre. Das ist genau der Gegensatz zu den Änderungen in der Kranken­schwes­tern- und Pflegehelferausbildung, nämlich nicht bei den Mitarbeitern, sondern endlich einmal beim System anzusetzen und dort dringend notwendige Reformen zu starten. (Beifall des Abg. Hagen.)

Sich auf die föderalen österreichischen Strukturen auszureden, finden wir, wenn es um den Einsatz von Beiträgen und Steuergeldern geht, einfach nicht mehr zeitgemäß. Das belastet vor allem das Zukunftskonto unserer jungen Mitmenschen. (Beifall beim Team Stronach.)

Das derzeitige Gesundheitssystem und da vor allem der Unterhalt von öffentlich-rechtlich geführten Krankenanstalten bedarf einer umfassenden Reform – wie gesagt, nicht bei den Mitarbeitern, sondern das ganze Krankenhaussystem, die ganze Gesund­heitsthematik gehört unseres Erachtens reformiert. Wir sprechen sehr viel mit den Leuten draußen und wir kennen viele Beispiele, anhand derer wir sehen, dass das System in der derzeitigen Form leider krankt. Es sind gute Ansätze vorhanden, aber leider sind sehr viele nicht zu Ende gedacht.

Beim Antrag des Abgeordneten Mag. Loacker würden wir auch mitstimmen, er ent­spricht unserer Philosophie, und es sind auch sehr gute Ansätze in Richtung Reform darin enthalten. Besonders schade finden wir, dass die Anträge der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein hier nicht angenommen werden, denn genau in der psychiatrischen Versorgung betreten wir ein Terrain, das unseres Erachtens sehr im Argen liegt. Das ist eigentlich eine große Schande für die österreichische Gesellschaft. Daher hätten wir diesen Antrag gerne unterstützt.

Der letzte Antrag, nämlich der Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Leonhard Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierärzte­gesetz geändert wird, ist von meinen Vorrednern noch nicht besprochen worden. Das ist ein Antrag, der an der Oberfläche eher harmlos anmutet, aber er hat es in der Begrün­dung durchaus in sich.

Es ist nämlich nicht etwa so, dass die Europäische Kommission ein Problem damit hätte, dass österreichische Tierärzte eine Honorarordnung haben, deren Unterschrei­ten ein Problem wäre. Nein, das ist nicht so, sondern die EU hat vielmehr damit ein Problem, dass die Honorarordnung in Österreich bisher eine Genehmigung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen benötigt hat und dass diese Genehmi­gung erst nach Anhörung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, des Österreichi­schen Arbeiterkammertages, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs zu erteilen war. Also die österreichische Kammernwirtschaft und deren Packelei sind in Wirklichkeit das Problem, nicht die Honorarordnung der Tierärztekammer.

Ich bedanke mich für diesen Antrag. Dieses Beispiel sollte unserer Meinung nach Schule machen. Das ist vonseiten der EU endlich einmal ein Auftrag in die richtige Richtung. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

11.04


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser zu Wort. – Bitte.

 


11.04.21

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Herr Präsident! Werte Kolleginnen und werte Kollegen! Ich möchte dieses Mal mit einer Geschichte beginnen, so wie Erwin Rasinger sie erzählt hat, um auch ein bisschen in die Historie zu gehen. Als ich zu studieren begonnen habe, habe ich in den Ferien als Stationsgehilfin – so hat das damals geheißen – gearbeitet.


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Mir ist es allerdings nicht so gut gegangen wie Erwin Rasinger – das mag vielleicht daran liegen, dass ich eine Frau unter vielen Krankenschwestern war –, denn mich hat man nicht schlafen geschickt, sondern zu mir hat man gesagt: Du kannst ruhig ein bisschen öfters gehen, weil du mehr verdienst! – Man hat ja als FerialpraktikantIn die Steuern nicht abgezogen bekommen.

Wir haben also unterschiedliche Erfahrungen gemacht, aber, wie ich glaube, beide in der gleichen Ausprägung. Das ist dann so weitergegangen, und als ich begonnen habe, als Ärztin zu arbeiten, war das Krankenpflegesetz noch so, dass es zugegebe­nermaßen viele Graubereiche gegeben hat, aber auch ein sehr fruchtbares Miteinan­der am Krankenbett.

Knapp bevor ich dann sozusagen aus dem Beruf ausgeschieden bin, ist das neue Gesundheits- und Krankenpflegegesetz herausgekommen, und ein Punkt, der bis heute die Arbeit am Krankenbett erschwert hat, war dieser sogenannte mitverant­wortliche Tätigkeitsbereich – § 15 –, der in dieser Reform, wie schon von einigen gesagt wurde, neu geregelt wird.

Damals sind nämlich die Streitereien darüber entstanden, wer am Krankenbett was darf, und darunter hat das Arbeitsklima aller gelitten – sowohl der ÄrztInnen wie auch der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen –, und leidtragend waren auch die Patien­ten, weil die natürlich oft haben warten müssen, bis die zwei sich geeinigt haben, wer was am Krankenbett beziehungsweise mit dem Kranken machen kann.

Eines der Themen, das wir versucht haben, in diesem Gesetz neu zu gestalten und zu regeln – und ich glaube, das ist wirklich gut gelungen –, ist, per Gesetz und nicht per Streiterei am Krankenbett klarzulegen, wer wofür eigenverantwortlich zuständig ist.

Dann haben wir natürlich auch versucht, Karrieremöglichkeiten für Frauen zu schaf­fen – die Gesundheits- und Krankenpflege ist noch immer ein Frauenberuf –, die durch­lässig sind, von der einjährigen Ausbildung zur Pflegeassistenz über die zwei­jährige Ausbildung zur Pflegefachassistenz bis zur tertiären Ausbildung.

Frau Kollegin Weigerstorfer hat das erwähnte Mail der Betriebsräte vorgebracht, in dem aufgeworfen wird, dass Menschen, die am Menschen arbeiten, kürzer ausgebildet sind als Tierpfleger.

Ganz ehrlich, ich bin immer Personalvertreterin gewesen und bin Gewerkschafterin mit Leib und Seele, aber in diesem Brief sagen die Betriebsräte, dass die Menschen, die bis heute – und zwar seit ich zu studieren begonnen habe und noch früher – nach einer einjährigen Ausbildung am Krankenbett mit ihnen Seite an Seite arbeiten, schlechter ausgebildet wären als Tierpfleger, und das finde ich als Personalvertreterin sehr ungehörig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Tierpflege ist ein Lehrberuf, das war immer schon so, und die Gesundheits- und Krankenpflege ist kein Lehrberuf, sondern eine modulare Ausbildung. Menschen, die eine einjährige Ausbildung absolviert haben – eine andere, keine schlechtere –, arbeiten seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten in diesem Bereich, und dieser Brief diskreditiert deren Arbeit. – Das ist das, was mich an diesem Brief wirklich ärgert.

Man kann sich als Interessenvertretung gegen viele Dinge stellen, gegen viele Dinge wehren, auf viele Dinge aufmerksam machen, und ich nehme die Befürchtungen, die die Interessenvertretungen haben, ernst. Deswegen haben wir uns auch entschieden, wie es Kollege Spindelberger schon gesagt hat, darauf zu schauen, zu evaluieren, damit es nicht dazu kommt, dass sich die Pflege am Patienten verschlechtert.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 61

Ich lasse mir dieses Gesetz, das wir seit vielen Jahren verhandeln – das wurde wirklich schon vor meiner Zeit begonnen –, aber auch nicht in der Form schlechtreden, dass man sagt: Was könnte denn nicht alles passieren?!

Die Länder haben dieses Gesetz sehr lange blockiert, weil sie gesagt haben, es wird ihnen zu teuer. Die Gewerkschaften haben gesagt, das Gesetz wird zu billig. Ich glaube also, wir haben einen guten Kompromiss gefunden. Ich bin stolz auf dieses Gesetz, aber wir müssen weiterhin darauf schauen.

Zur Frage, wieso das so knapp vor der Sitzung in den Ausschuss gekommen ist: Sie wissen, oft geht es noch um Kleinigkeiten, um kleine Punkte, und ich bin wirklich froh, dass wir es dann doch noch geschafft haben. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch einmal wirklich Danke sagen: danke den beiden Gesundheitssprechern Erwin Spindelberger und Erwin Rasinger für die lange Vorarbeit, danke auch Eva Mückstein dafür, dass sie uns geholfen hat, dieses Gesetz noch auf die Tagesordnung zu bringen, danke den Klubsekretären Gabi Kotzegger, Philipp Hartig und Elfriede Hufnagl, in meinem Haus Meinhild Hausreither und natürlich Julia Adlgasser aus meinem Kabinett, die monatelang – wirklich monatelang! – versucht haben, mit allen Interes­senvertretungen einen gangbaren Kompromiss im Sinne der in den Gesundheits­berufen Arbeitenden, aber auch im Sinne der Patientinnen und Patienten zu ver­handeln.

Ich bin wirklich stolz auf dieses Gesetz. Ich sage ein herzliches Danke dafür, dass es mir möglich ist, heute dieses Gesetz auch wirklich zur Beschlussfassung zu bringen. Ich hoffe, dass wir in der Evaluierung sehen werden, dass wir einen guten Schritt gegangen sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

11.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort. – Bitte.

 


11.10.27

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wenn Sie mich so ansehen, werden Sie sicherlich sagen: Ui, ziemlich pflegeaufwendig! Jemand mit Beatmungsgerät, jemand, der die Hände nicht bewegen kann, der in der Früh angezogen werden muss, der gewaschen werden muss, der beim Essen und anderen Tätigkeiten Unterstützung braucht – ziemlich pflegeauf­wendig.

Wenn man aber meinen Tagesablauf anschaut, dann sieht man: Der Pflegebedarf be­trägt vielleicht drei, vier Stunden pro Tag – immer wieder, über den Tag verteilt. Wichtig ist, dass ich ein normalisiertes Leben führen kann, und das führe ich mit Unter­stützung der persönlichen AssistentInnen, die gut eingeschult sind, die auch Pflege­tätigkeiten delegiert bekommen haben; das haben wir schon geregelt, dank Sabine Oberhauser, die damals noch Gesundheitssprecherin der SPÖ war, und Erwin Rasin­ger.

Diese Delegation ist wichtig, damit behinderte Menschen von jenen Menschen in ihrem Alltag begleitet und auch gepflegt werden, zu denen sie Vertrauen haben. Eine ähnliche Regelung braucht es auch für die Behinderteneinrichtungen, denn auch bei behinderten Menschen in Einrichtungen ist es so, dass Pflege wichtig ist, aber nicht dominierend sein darf, nicht allein den Alltag prägen darf, sondern es gehört auch viel anderes dazu. Es hat darüber eine lange Diskussion gegeben, und wir haben im Ärztegesetz eine gute Regelung hinsichtlich der Delegation gefunden, dass auch Behin­dertenbetreuerInnen eingeschult werden dürfen, dass Pflegetätigkeiten, dass ärztliche Tätigkeiten delegiert werden dürfen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 62

Was im GuKG, im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, noch offen ist, ist etwas, das nicht im Gesetz steht, aber in einer wichtigen Ausschussfeststellung, nämlich dass eine Regelung der Delegation auch im Pflegebereich geschaffen werden soll. Dafür, dass die Bereitschaft und, wie ich glaube, auch der gute Wille besteht, da eine gute Lösung zu finden, bin ich den MitarbeiterInnen des Hauses und der Ministerin sehr dankbar.

Auch im Schul- und Kindergartenbereich müssen wir schauen, dass Kinder mit einem Pflegebedarf die Schule besuchen können und dass nicht immer eine diplomierte Krankenschwester dabei stehen muss, denn das entspricht auch nicht der Inklusion. Da muss mit den Schulärzten, mit den SchulassistentInnen, die die Kinder begleiten, und auch mit den PädagogInnen eine Regelung gefunden werden.

Insgesamt haben wir sehr gute Regelungen, und ich bin sehr froh, dass das Ge­sundheits- und Krankenpflegegesetz heute so beschlossen wird. Ich begrüße auch die Ausschussfeststellung zur Hospiz- und Palliativversorgung, die meine Kollegin Königsberger-Ludwig eingebracht hat; sie enthält eine neue Definition, die präziser ist. Hospiz- und Palliativmedizin ist sehr wichtig.

Abschließend darf ich noch, wie immer am Ende meiner Rede, darauf hinweisen, dass die Menschenwürde in die Verfassung gehört, denn Pflege, Hospiz- und Palliativ­medizin und Inklusion sind auch wichtige Bestandteile eines menschenwürdigen Lebens. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS.)

11.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


11.16.17

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Es mag alles sein, was Sie gesagt haben, Frau Minister: dass das ein großartiger Wurf ist und dass Sie da jahrelang hinter den Kulissen ver­handelt haben, auch das, was Herr Kollege Rasinger gesagt hat: ein Jahrzehnte­gesetz, und dass das Gesetz eine Chance sei.

Ich kann jedoch nur sagen, ich war sehr verärgert, als uns diese ganze Materie im Ausschuss nähergebracht worden ist, denn man hatte uns das Gesetz tatsächlich zehn Minuten vorher vorgelegt. Dass wir als einzige Oppositionspartei darüber nicht erfreut sind und hier nicht als Stimmgeber agieren, darf Sie nicht überraschen.

Die Frage, die sich stellt, ist: Ist dieses Gesetz tatsächlich eine Chance? – Es ist ja meiner Meinung nach so, dass diese Novelle, durch die die professionelle Pflege ver­bessert werden soll, in Wirklichkeit einer weiteren Verdünnung der Versorgung Vor­schub leisten wird.

Momentan ist es ja so, dass die Betreuung von Patienten bei den Kranken­anstal­tenträgern wie dem KAV mit den Mitarbeitern hin und her geschoben worden ist. Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat das auf den Punkt gebracht: Es könnte sich ja möglicherweise tatsächlich um eine sogenannte Lex KAV handeln. Im Moment werden keine Überstunden ausbezahlt, wobei herumerzählt wird, das habe mit der EDV zu tun. Es steht jedoch der Verdacht im Raum, dass das Geld schlicht und einfach ausgeht.

Die Kritik, die vonseiten der Sozialdemokratie in Vorfeldorganisationen geäußert wird, sollte man ja nicht so einfach unter den Tisch kehren. Zum Beispiel stellt die Bundesarbeitskammer dazu fest, dass die Höherqualifizierung der Pflegekräfte dazu führen wird, dass schlechter ausgebildete und damit auch billigere Pflegekräfte künftig bevorzugt beschäftigt werden. Außerdem befürchtet die Bundesarbeitskammer, dass


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die geplante Untergliederung im Spitalsbetrieb zu Intransparenz hinsichtlich der Kom­petenz der verschiedenen Berufsgruppen und zu organisatorisch kaum überwindbaren Hürden, etwa bei der Erstellung von Dienstplänen, führen wird. – Das sagen Ihre Freunde in der Bundesarbeitskammer.

Auch der Rechnungshof begrüßt zwar grundsätzlich das Ziel, die Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung den Erfordernissen der Praxis anzupassen, sieht aber bei der Klärung der Kompetenzen in der diplomierten Pflege vor allem in den Bereichen medizinische Diagnostik und Therapie weiterhin großen Handlungsbedarf.

Die zukünftige Untergliederung in Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz und den geho­benen Dienst mag sich ja in der Theorie gut anhören, geht aber tatsächlich an der Wirklichkeit im Spitalsalltag vorbei, wie alle wissen, die tatsächlich in diesem Spitals­alltag gearbeitet haben.

Die Berufsbilder überschneiden sich und werden in der Praxis kaum voneinander abzu­grenzen sein. Eine Pseudoakademisierung wird weder den Pflegekräften noch den Patienten nutzen. Die Überführung der allgemeinen Gesundheits- und Kranken­pflege­ausbildung in den tertiären Ausbildungsbereich lässt nämlich weiterhin auf sich warten, und zukunftsweisende Möglichkeiten einer kompetenzübergreifenden Spezia­lisie­rung beziehungsweise der Weiterbildung fehlen in dem Gesetz ebenfalls zur Gänze. Darüber hinaus bleibt zu befürchten, dass das neue hochqualifizierte Pflege­personal mehr in der Verwaltung und im Management eingesetzt werden wird, während die Betreuung der Patienten auf der Strecke bleiben wird. Das ist einmal ein Thema.

Das zweite Thema, bei dem ich mir von Ihnen heute eigentlich eine Antwort und mehr Information erwartet hätte, sind die unhaltbaren Zustände vor allem bei der Diagnose und bei der bildgebenden Diagnose bei Krebspatienten, auf Deutsch: die langen Wartezeiten bei MR- und CT-Untersuchungen, die anrüchig geworden sind. Da waren schnell die Schuldigen gefunden. Man hat gesagt, die Institute, die diese Unter­suchun­gen anbieten, seien zu gewinnorientiert, halten sich die Kapazitäten für Privatpatienten frei und das sei eigentlich ein Skandal.

Das ist natürlich eine glatte Themenverfehlung, weil es in der freien Niederlassung einen Unterschied macht, ob man einen Tisch mit einem Sessel, auf dem der Patient sitzt, stehen hat und das die Praxis, das Unternehmen ist oder ob man ein Fach gewählt hat, für dessen Ausübung unglaubliche Investitionen, teilweise im dreistelligen Millionenbereich, erforderlich sind. Diese Investitionen müssen wieder hereinkommen. Da braucht man schlicht und einfach klare sogenannte Businesspläne, man hat Ver­antwortung für eine Vielzahl von Mitarbeitern, und das muss von der wirtschaftlichen Seite her schlicht und einfach auch wie ein Mittelbetrieb, wenn nicht sogar wie ein Großbetrieb geführt werden. Diese Dinge dürfen wir hier nicht vermischen.

Wir haben das ja schon vor Jahren angemerkt, als Ihr Vorgänger – damals hoch­gelobt – das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz vorgestellt hat. Ein Kernpunkt dieses Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes war eine Deckelung der Leistung. Diese Deckelung der Leistung hat man dort angesetzt und die Schraube dort angezogen, wo sich die Kollegen am wenigsten wehren können, nämlich bei den Großgeräten. Da kann man nicht einfach sagen, man sperrt zu oder geht an einen anderen Standort. Da hat man diese Bezahlschwelle eingeführt, und heute bekommt man die Rechnung dafür präsentiert. Das ist aber bitte nichts, was jetzt ganz plötzlich eintritt; das haben Menschen wie wir mit Menschenverstand und Hausverstand Ihnen auch rechtzeitig gesagt.

Heute stehen wir an dem Punkt, an dem das massive Auswirkungen bei Patienten zeitigt, und es müssen da wirklich sofort Intensivmaßnahmen ergriffen werden. Diese Maßnahmen können aber nicht darin bestehen, dass man wieder eine Kommission,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 64

eine Taskforce einsetzt, in die man halt Sozialpartner, einen Haufen Wichtigtuer, Polit­funktionäre setzt, die dann Konzepte erarbeiten und irgendetwas überwachen sollen, was eigentlich selbstverständlich ist.

Wenn man die Institutsbetreiber – auch das ist ein Faktotum in Österreich, dass die Ärzte durch die Wirtschaftskammer vertreten werden; aber das ist eine andere Ge­schichte – in Ruhe arbeiten ließe, dann würde es da auch keine Engpässe geben. Das sei einmal vorweg gesagt. (Abg. Yilmaz: Das schaue ich mir an!) – Das kann man sich ganz genau anschauen, denn bei anderen, die frei arbeiten können, funktioniert es ja (Abg. Yilmaz: Wo?), in anderen Ländern.

Schauen Sie, das ist genau das Gleiche wie mit den Universitäten: Unsere Univer­sitäten – nur als kleiner Ausflug – rangieren auf Platz 200 aufwärts. Warum ist das so? – Aufgrund der Einflüsse der Politik, der Sozialpartner und dergleichen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Gehen Sie einmal in andere Länder (Zwischenruf der Abg. Yilmaz), zum Beispiel in das – momentan in aller Munde – Silicon Valley, schauen Sie sich dort die Univer­si­täten an, zum Beispiel Stanford! Wie funktioniert es dort? – Die ehemaligen Absol­venten haben dort die Führung übernommen, das ist eine alte Tradition im angelsäch­sischen Bereich, und daher sind diese Universitäten auf den vorderen Plätzen zu finden.

Das kann man eins zu eins auf Gesundheitssysteme übertragen. (Zwischenruf der Abg. Yilmaz.) Deshalb bringe ich nun – da meine Redezeit schon abgelaufen ist – folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend Computertomografie(CT)- oder Magnetresonanztomografie(MRT)-Untersuchun­gen für Sozialversicherte

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, entsprechende aufsichtsrechtliche und legistische Maßnahmen einzuleiten, um dafür Sorge zu tragen, dass die österreichischen Sozialversicherungsträger gemeinsam mit dem Fachaus­schuss Bildgebende Diagnostik der Wirtschaftskammer und der Ärztekammer eine umgehende Sanierung der Missstände bei der Versorgung betreffend bildgebende Untersuchungen, das heißt Computertomographie, CT, oder Magnetresonanztomo­grafie, MRT, vornehmen.

*****

Abschließend sage ich noch, Frau Minister: Das heißt jetzt nicht, anzudenken, den Gesamtvertrag aufzulösen; das heißt nicht, erpresserische Einzelverträge anzubieten, und das heißt schon gar nicht, eine Prolongierung der Deckelung des Systems vor­zunehmen.

Ich plädiere dafür, den Berufsstand – egal, wie er jetzt vertreten ist, durch die Wirt­schaftskammer oder die Ärztekammer – ordentlich zu dotieren, ordentlich arbeiten zu lassen und die unsägliche Deckelung der Leistungen abzuschaffen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

11.24



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 65

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Karlsböck eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Andreas Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend Computertomografie (CT) oder Magnetresonanz­tomografie (MRT)-Untersuchungen für Sozialversicherte

eingebracht in der 138.Sitzung des Nationalrates am 07.07.2016 im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1:  Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regie­rungsvorlage (1194 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreife­prü­fungsgesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016) (1240 d.B.)

Seit Jahren nehmen die Probleme bei der Versorgung der Sozialversicherten betref­fend bildgebende Untersuchungen, d.h. Computerdomographie (CT) oder Magnetreso­nanztomografie (MRT) zu. Nun ist sehr spät, aber doch sogar das Gesund­heits­ministerium aufgewacht, und möchte hier eine Änderung im Sinne einer besseren und rascheren Versorgung sicherstellen.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) will "Klarheit noch vor dem Sommer". Andernfalls werde sie gesetzlich eingreifen.

28.06.2016 | 18:27 | (Die Presse)

Wien. Selbst bei Krebsverdacht dauert es bis zu zwei Monate, bis eine bildgebende Untersuchung, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden kann. Nachdem die Krebshilfe im Ö1-„Morgenjournal“ Alarm geschlagen hatte, erhält sie nun Unterstützung. „Das geht nicht, dass Menschen, bei denen eine tödliche Diagnose droht, warten müssen, bis sie nicht mehr zu heilen sind“, sagt der Sektionschef im Gesundheitsministerium, Gerhard Aigner, „die Politik muss da dreinfahren“. Hintergrund für die langen Wartezeiten ist ein Streit zwischen den MR- und CT-Instituten und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger, der sich schon seit Jahren hinzieht. Die Ärztevertreter argumentieren mit Deckelungen durch die Kassen, die nur eine bestimmte Anzahl an Untersuchungen pro Quartal zahlen. Ist diese nach einem bestimmten Zeitraum erreicht, wollen Ärzte keine Kassenpatienten mehr übernehmen. Die Sozialversicherung pocht hingegen auf die Leistungspflicht der Mediziner.

„Völlig inakzeptabel“

Die Volksanwaltschaft fordert vom Gesundheitsministerium eine gesetzliche Lösung. Und angesichts der neuerlichen Debatte macht nun auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) Druck: Zwischen Wirtschaftskammer und Sozialver­siche­rung müsse es „jetzt vor dem Sommer“ Klarheit über das weitere Vorgehen geben, andernfalls werde sie gesetzlich eingreifen, warnte Oberhauser am Dienstag. „Es ist völlig inakzeptabel, dass Menschen, die eine Verdachtsdiagnose auf eine lebens­bedrohliche Erkrankung haben, wochenlang warten müssen, außer sie bezahlen.“ Schließlich werden Privatzahlungen bei Terminvergaben bevorzugt.

Oberhauser sagte am Dienstag, es brauche eine zentrale Anlaufstelle für Patienten, die zu Instituten mit freien Terminen vermittle, aber auch eine Reihung nach Dring­lichkeit. Außerdem müssten sich Vertreter der Institute und der Sozialversicherung


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 66

darauf einigen, wie der gemeinsam abgeschlossene Vertrag zu interpretieren sei. „Wenn es jetzt zu keiner Lösung kommt, werden wir eine Möglichkeit schaffen, dass die Sozialversicherung einzelne Verträge abschließen kann mit Instituten, um die Ver­sorgung für die Patienten gewährleisten zu können“, sagte Oberhauser. Man würde dies mit jenen Instituten machen, „die bereit sind, diesen Berg, den wir hier offen­sichtlich an Rückstau haben, auch gemeinsam abzuarbeiten“.

Bei den Instituten renne die Ministerin mit der Forderung nach kürzeren Wartezeiten „offene Türen ein“, heißt es vom Fachausschuss Bildgebende Diagnostik der Wirt­schaftskammer. Allerdings müsse man bei Lösungen berücksichtigen, dass die Nach­frage nach MRT- und CT-Untersuchungen jährlich um fünf bis acht Prozent steige, während die Ausgaben dafür unverändert limitiert seien. (ag./cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2016)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, entsprechende aufsichtsrechtliche und legistische Maßnahmen einzuleiten, um dafür Sorge zu tragen, dass die österreichischen Sozialversicherungsträger gemeinsam mit dem Fachaus­schuss Bildgebende Diagnostik der Wirtschaftskammer und der Ärztekammer eine umgehende Sanierung der Mißstände bei der Versorgung betreffend bildgebende Untersuchungen, d.h. Computerdomographie(CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), vornehmen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.24.59

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Herr Kollege Karlsböck, zur Frage der betriebswirtschaftlichen Freiheit von MR- und CT-Instituten: Sie sagen, in anderen Ländern funktioniert das. – In Amerika kostet eine CT 10 000 US-Dollar, bezahlen muss es der Einzelne. (Zwischenruf des Abg. Karlsböck.) In Österreich sind CT und MR Sachleistungen im Bereich des Krankenkassensystems. Auch freiberuflich niedergelassene Radiologen, die Institute führen, müssen sich an die Gesetze halten, und das Gesetz gilt für den Doktor – wie Sie es so nett gesagt haben –, der einen Schreibtisch und einen Sessel hat, genauso wie für den, der viel Geld in ein MR- oder ein CT-Gerät investiert. Wenn er einen Vertrag mit einer Krankenkasse abschließt, dann darf er von der Sozialversicherung gedeckte Leistungen nicht im privatwirtschaftlichen System abrechnen. Das geht nicht.

Das heißt, einerseits die Verträge zu nehmen, sich andererseits nicht daran zu halten, ist etwas, das weder in der Sozialpartnerschaft noch vom Gesetzgeber akzeptiert wird. – So viel zu der Frage, wieweit wir die betriebswirtschaftliche Freiheit eines einzelnen Unternehmers einschränken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage der Taskforce und, wie Sie hier sagten, der aus Politfunktionären zusam­mengesetzten Arbeitsgruppen: Wenn Sie Zeitungen lesen oder vielleicht gestern den Teletext gelesen haben oder auch die APA lesen, wissen Sie, dass wir sehr schnell,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 67

ohne großes Tamtam zu einer Lösung gekommen sind. Beide Vertragspartner – das erfolgt im Rahmen der Selbstverwaltung – haben gesagt, sie werden diesen Vertrag neu verhandeln. Wie sie ihn verhandeln, das obliegt, denke ich, noch immer diesen beiden.

Zum nächsten Punkt, der jetzt von beiden FPÖ-Rednern angesprochen worden ist, der KAV bezahle keine Überstunden: Ich denke, die Betriebsräte und Personalvertreter im KAV würden sich sehr wohl zu wehren wissen, wäre das der Fall. Soweit ich weiß und wir uns jetzt erkundigt haben, ist das nicht der Fall und eine glatte Unterstellung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

11.27


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Keck. – Bitte.

 


11.27.04

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Österreich kommt mit der Änderung des Tierärztegesetzes einer Anforderung der EU-Dienst­leistungsrichtlinie nach, Kollegin Weigerstorfer. Die Europäische Kommission wies nämlich im Rahmen der Evaluierung der Umsetzung dieser Richtlinie darauf hin, dass nach ihrer Ansicht im tierärztlichen Berufsrecht vorgesehene Mindesttarife, wie sie gegenwärtig in der Honorarordnung der Österreichischen Tierärztekammer vorgesehen sind, eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellen. Das ist der Grund dafür, dass wir dieses Gesetz hier ändern.

In Gesprächen mit Vertretern der Europäischen Kommission wurde deutlich, dass die verpflichtend einzuhaltenden Mindesttarife gemäß tierärztlichem Berufsrecht, wie sie die Honorarordnung vorsieht, aufzuheben sind, da andernfalls ein Vertrags­verlet­zungs­verfahren gegen Österreich eingeleitet wird. Das hätte zur Folge, dass Österreich mit größter Wahrscheinlichkeit wegen Verletzung der genannten Pflichten verurteilt werden würde, mit all den finanziellen und legistischen Folgen, die daran hängen.

Die Honorarordnung soll dahin gehend umgewandelt werden, dass die Österreichische Tierärztekammer ihren Mitgliedern gegenüber Regeln hinsichtlich der Grundsätze der Rechnungslegung festlegen sowie Richtsätze für tierärztliche Leistungen in Form einer Empfehlung vorlegen kann, aber keine Mindestforderung mehr stellen wird. Da es sich bezüglich der Höhe der Honorare nicht mehr um eine rechtsverbindliche Vorschrift handelt, entfällt auch das Anhörungs- und Genehmigungsverfahren. Das war notwen­dig, wenn es rechtsverbindlich war; das ist es aber nicht mehr, darum entfällt es, und nicht deswegen, weil die EU es so will. Die Österreichische Tierärztekammer hat daher betreffend Tarife mehr Spielraum bei der Ausgestaltung der Honorarordnung. Es bleibt aber dem Bundesministerium für Gesundheit als Aufsichtsbehörde nach wie vor unbe­nommen, rechtswidrige Inhalte der Honorarordnung aufzuheben.

Meine Damen und Herren, das betrifft aber in Bezug auf die Dienstleistungsrichtlinie nicht nur die Tierärztekammer, sondern das betrifft zum Beispiel auch Architekten, Anwälte und so weiter; das muss in den entsprechenden Materiengesetzen auch geändert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


11.29.21

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Minis­terin! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich möchte in Bezug auf die Geset-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 68

zesnovelle auf einen Bereich eingehen, der die Langzeitpflege betrifft, nämlich die Pflege älterer Menschen.

Jeder und jede von uns, der oder die schon einmal in einem Pflegeheim war – und ich nehme an, das sind sehr, sehr viele, weil viele ältere Angehörige in Pflegeheimen haben –, weiß, wie es nicht nur den Menschen, die dort für lange Zeit leben, sondern auch den Menschen, die dort arbeiten, geht: Sie stehen oft unter enormem Druck, weil es eine physisch sehr schwere Arbeit ist, Menschen aus dem Bett zu heben, die ganze körperliche Pflege, alles, was dazugehört. Sie stehen oft auch unter einem großen psychischen Druck, weil sie in dem Beruf sehr belastet sind. Sie haben wenige Möglichkeiten, sich auszutauschen oder überhaupt selbst betreut zu werden. Wir wissen, dass das Bereiche sind, in denen Menschen oft nicht sehr lange arbeiten, weil sie einfach zu sehr belastet sind.

Es hat unlängst eine Studie der Arbeiterkammer Oberösterreich gegeben, die zeigt, wie wichtig es wäre, die Mindestpersonalschlüssel gerade in diesem Bereich anzu­heben, weil einfach die Bedürfnisse von älteren Menschen gestiegen sind. Die Men­schen werden anders älter, sie werden nicht nur älter, sondern sie sind auch öfter krank, sie brauchen intensivere Pflege, und da geht es um ganz einfache Dinge des Alltags, die nicht mehr gewährleistet sind, nämlich dass man mit den Menschen im Heim Karten spielen, ihnen die Hand halten, einfach bei ihnen sein kann. Das sollte dieses Gesetz auch gewährleisten.

Jetzt komme ich zu dem Bereich, in dem es um die Ausbildung geht: Wir begrüßen es und wir unterstützen es, dass es einen tertiären Bereich, also eine gehobenere Aus­bildung gibt, eine Hochschulausbildung, was Pflegekräfte anbelangt. Es ist auch gut, dass es nach wie vor die zweijährige Pflegefachassistenzausbildung gibt. Und es gibt, wie wir wissen, jetzt die Dreiteilung, nämlich betreffend die Pflegeassistenz.

Gerade in dem Bereich, der, wie ich meine, am wenigsten Lobby hat, in dem Bereich, wo nicht intensiv genug hingesehen wird, den ich jetzt gerade beschrieben habe, im Bereich der Langzeitpflege, da habe ich die Angst, dass da, wenn wir nicht dezidiert Mindestpersonalschlüssel einführen, nicht gewährleistet ist, dass das Personal aus dem höher gebildeten Sektor zum Einsatz kommt, sondern vor allem PflegeassistentIn­nen; das kann man fast mit kleinem „i“ schreiben, denn das sind sehr, sehr oft Frauen.

Deswegen bitte ich Sie, Frau Ministerin, dass wir uns alle gemeinsam dafür einsetzen, dass gerade in diesem Bereich Mindestpersonalschlüssel festgelegt werden, damit auch gewährleistet ist, dass die Menschen, die dort arbeiten, ein entsprechendes Umfeld vorfinden und auch – das darf man nicht zuletzt sagen – eine entsprechende Bezahlung, denn das sind oft sehr schlecht bezahlte Jobs. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte, weil meine Redezeit abläuft, noch einen Abänderungsantrag der Abge­ordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen einbringen und ihn in den Kern­punkten erläutern. Er betrifft einen etwas anderen Bereich, nämlich den von Kollegin Königsberger-Ludwig schon angesprochenen Behindertenbetreuungsbereich; es geht um kleine WGs mit Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf und die pflegerischen Tätigkeiten der Behindertenbetreuer dort.

Es ist so, dass das neue Gesetz nicht klar genug bestimmt – das wurde mit der Aus­schuss­feststellung auch angedeutet –, wie der Einsatz von BehindertenbetreuerInnen aussehen kann, dass diese alleine, ohne Aufsicht Dienste übernehmen können, was auch schon bisher so war. Unser Antrag sieht diesbezüglich vor, dass diese Dienste, Pfle­getätigkeiten auch von den BehindertenbetreuerInnen übernommen werden können.

Der zweite Punkt betrifft die Mehrgleisigkeit der Ausbildung des gehobenen Diensts: Es gibt sowohl die tertiäre Ausbildung als auch die Ausbildung an Schulen für Gesund-


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heits- und Krankenpflege. Wir wissen, dass ein Auslaufen der Ausbildung an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege erst 2023 vorgesehen ist. Wir meinen, das sollte im Sinne der Vereinheitlichung und der internationalen Vergleichbarkeit schneller gehen, und schlagen deshalb in diesem Antrag vor, das bis 2020 zu gewährleisten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.33


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Schwentner in den Grund­zügen erläuterte Antrag wird im Saal verteilt, er ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eva Mückstein, Helene Jarmer; Judith Schwentner; Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regie­rungsvorlage (1194 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpfle­gegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprüfungsgesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016) (1240 d.B)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprü­fungs­gesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden (GuKG-Novelle 2016) in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses (1240 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird folgende Ziffer 18a eingefügt:

„18a. In § 3a lautet Abs.5:

„(5) Personen gemäß Abs. 3 zur Durchführung unterstützender Tätigkeiten bei der Basisversorgung sind berechtigt. Die Begriffe Unterstützung und Assistenz sind gleich bedeutend. Die Übernahme von Maßnahmen im Sinne einer weitergehenden oder gänzlich stellvertretenden Durchführung von diesen Tätigkeiten ist nach Delegation durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege möglich.“

2. In Artikel 1 wird in Z 66 in der Novellierungsanordnung die Zahl „26“ ersetzt durch die Zahl „27“ und Absatz 26 und Absatz 27 lauten:

„(26) Mit 1. Jänner 2020 treten

1. § 31 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2016

in Kraft und

2. die Einträge zu §§ 32 und 33 im Inhaltsverzeichnis sowie §§ 32 und 33 samt Überschriften außer Kraft.

Die  zum  Ablauf des  31. Dezember  2019 anhängigen Verfahren gemäß § 32  sind nach der  vor diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage fortzusetzen und abzuschließen. Ergänzungsausbildungen, die gemäß § 32  Abs. 8 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. xx/201x im Rahmen der Nostrifikation vorgeschrieben wurden, dürfen nach


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der vor diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage absolviert werden und sind bis spätestens 31. Dezember 2023 abzuschließen.

(27) Mit 1. Jänner 2020 treten die Einträge des 4. Abschnitts des 2. Hauptstücks im Inhaltsverzeichnis sowie der 4. Abschnitt des 2. Hauptstücks außer Kraft. Aus­bil­dungen in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege, die vor diesem Zeitpunkt begonnen worden sind, sind nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestim­mungen fortzusetzen und abzuschließen.“

Begründung

Zu 1.

Kleinstrukturierte Einrichtungen in der Behindertenhilfe (= bis zu 12 Menschen mit Beeinträchtigungen)  setzen  multiprofessionelle  Teams  in  der  Betreuung ein. Mitar­beiterInnen gemäß §3a GuKG haben in ihrer Ausbildung das sogenannte „UBV-Modul“ (Unterstützung in der Basisversorgung), das sie laut GuKG zu bestimmten pflege­rischen Tätigkeiten berechtigt und das geschaffen wurde, um die (päd)agogische Ausrichtung der Arbeit in Behinderteneinrichtungen für

Menschen  mit  kognitiven  /  psychischen  bzw.  mehrfachen  Beeinträchtigungen  (Be­hin­derungen), beispielsweise  in  der  Ausbildung  zum  Sozialbetreuungsberuf  im  Fachbereich Behindertenbegleitung, sicher zu stellen.

Das GuKG sieht in  der  derzeitigen  Fassung  nicht  (klar  genug)  vor,  dass  eine  weitgehend  oder gänzlich stellvertretende Durchführung dieser Tätigkeiten durch diese Personengruppe (wie dies in der  Praxis  insbes.  bei  Menschen  mit  einem  hohen  Unterstützungsbedarf  die  Regel  ist)  auch  bei Personen,  die  nicht  voll  einsichts-  und  urteilsfähig  sind,  erlaubt  ist.  Daher  sieht  der  hier vorgeschlagene  neue  Abs.5  im  §3  vor,  dass  eine  Übernahme  von  Maßnahmen  im  Sinne  einer

weitgehenden  oder  gänzlich  stellvertretenden  Durchführung  von  pflegerischen  Tätigkeiten  nach Delegation durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege möglich ist.

Um  Wohngruppe  und  Tagesbetreuungsangebote/Werkstätten  in  kleinen  über­schau­baren  Größen (max.  12  Personen)  weiter  führen  zu  können,  braucht es  daher  praxistaugliche  und  eindeutige Regelungen  im  GuKG. Pflegerische  und  medizinische  Tätigkeiten im Langzeitbereich  der Behindertenarbeit müssen in der Weise organisierbar sein, dass der Grundauftrag der UN-Behindertenrechtskonvention (Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion  und  die  dafür entsprechende All­tags­unterstützung) umgesetzt werden kann. 

Zu 2.

Die Ausbildung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege kann seit 2008 sowohl an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege als auch im tertiären Sektor (Fachhochschule oder Universität) erfolgen. Die GuKG-Novelle 2016 stellt ein Auslaufen der Ausbildung des gehobenen Diensten für Gesundheits- und Kran­kenpflege an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege mit Ende 2023 in Aussicht, wenn Evaluierungsergebnisse dies befürworten und genügend Personal zur Verfügung steht.

Für die Berufs- und Ausbildungsentwicklung und die internationale Anschlussfähigkeit des Berufes ist es wichtig, dass die definitive Überführung der Ausbildung in den tertiären Sektor möglichst bald abgeschlossen wird. Die Bundesländer sollten nach 13 Jahren Umstellungszeit in der Lage sein, die notwendigen Ausbildungskapazitäten für


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den gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst an den Fachhochschulen zur Verfügung zu stellen. Es sind keine Gründe ersichtlich, die ein weiteres Hinauszögern der Umstellungsphase bis Ende 2023 auf insgesamt 17 Jahre notwendig machen würden. Es entspricht auch dem Wunsch der Berufsvertretung sowie der Ausbil­dungsträger an den Fachhochschulen, dass die Übergangsfrist Ende 2019 ausläuft. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die Überführung der Ausbildung in den tertiären Bildungssektor nicht mehr zurückgenommen wird.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


11.34.21

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem Gesundheits- und Krankenpflege­gesetz werden die vor allem durch die demografische Entwicklung geprägten Herausforderungen an die Gesundheits- und Krankenpflege in Teilbereichen Lösungen zugeführt – Lösungen, die helfen sollen, die Versorgung sicherzustellen.

Mit dieser Novelle werden langjährige Forderungen nach einer Aufwertung der Pflege­berufe auf den international üblichen Standard erfüllt. Das bedeutet meiner Meinung nach eine Attraktivierung des Berufsbilds. Gestärkt wird diese Attraktivierung auch durch den Zugang mit Matura, Studienberechtigungs- oder Berufsreifeprüfung. Ich bin überzeugt davon, dass damit auch zusätzliche Zielgruppen für diesen Beruf ange­sprochen werden können.

Es gibt viele positive Aspekte, die auch heute schon eingehend erläutert wurden, allerdings – und auch das wurde schon angesprochen – gab es durchaus eine Reihe von kritischen Anmerkungen, vor allem aus der Praxis, und auf einige möchte ich eingehen.

Es sei eine Nivellierung nach unten zulasten der Qualität zu befürchten; wo jetzt mit dreijährig ausgebildetem, diplomiertem Personal gearbeitet werde, werden künftig zweijährig ausgebildete Pflegefachassistenten zum Einsatz kommen. – Aus meiner Sicht liegt es an den Trägern der Krankenanstalten, diesen Sorgen entgegenzutreten, denn nur durch eine entsprechende Qualität kann man natürlich auch dem Versor­gungsauftrag gerecht werden.

Kritisch gesehen wird auch die Anzahl der jetzt geplanten FH-Ausbildungsplätze und die Frage des Einsatzes des akademischen Personals. Es muss sichergestellt werden, dass es die nötige Anzahl an Ausbildungsplätzen gibt und dass künftig FH-Absol­ventInnen auch unmittelbar am Krankenbett des Patienten eingesetzt werden.

Die Pflege wird in Österreich nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch im Sozialbereich, insbesondere der Altenarbeit geleistet. Auch in diesem Bereich wird die GuKG-Novelle massive Auswirkungen beziehungsweise Konsequenzen haben. Daher braucht es für diesen Bereich aus meiner Sicht noch zusätzliche Regelungen.

Außerdem ist die Durchlässigkeit in der Ausbildung für die unterschiedlichen Berufe wichtig und notwendig. Ich erachte es auch als positiv – Franz-Joseph Huainigg hat es schon angesprochen –, dass mit dieser Ausschussfeststellung die Durchführung der pflegerischen Tätigkeit im Behindertenbereich entsprechend thematisiert wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zusammenfassend ist das meiner Meinung nach eine wichtige Gesetzesnovelle, die heute beschlossen wird. Ich bin überzeugt davon, dass unter Mitwirkung aller Betroffenen im Sinne des gesamtstaatlichen Versorgungs­auftrags die Umsetzung gelingen wird. Sehen wir es als Chance!, wie Erwin Rasinger


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es formuliert hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


11.38.03

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte heute zu TOP 4 und TOP 5 sprechen, die psychiatrische Versorgung. Diese leidet in Österreich – wie viele andere Gesundheitsbereiche auch – an einer Art Verknappungspolitik, und in diesem Fall trifft es Menschen, die sich in vielen Bereichen sehr schwer wehren können.

Freiheitseinschränkende Maßnahmen in psychiatrischen Einrichtungen sind ein massiver Eingriff des Staates gegenüber den Freiheitsrechten jedes Einzelnen, daher liegt es auch in unserer Verantwortung, wirklich klare und zeitgemäße Vorgaben zu finden, wie man so etwas regulieren kann, damit die Freiheit des Individuums garantiert werden kann. Die Volksanwaltschaft hat die Regierung mehrmals aufgefordert, gegen diese Missstände vorzugehen, aber die Praxis der menschenunwürdigen Netzbetten gab es in Österreich sogar bis 2015. Die heute noch gelebte Praxis mit Gangbetten, sichtbaren Fixierungen und so weiter ist aber eigentlich immer noch ein untragbarer Zustand.

Die Versorgung leidet auch daran, dass es zu wenig Personal gibt, dass die Infra­struktur nicht ausreichend entwickelt ist. Auf der einen Seite – ich finde es ja auch komisch – leisten wir uns Kuraufenthalte, die wie zweite Urlaube funktionieren, Doppelstrukturen in den Kassen, Privilegien für Sondergruppen auf Kosten der Kas­sen, auf der anderen Seite haben wir dann zu wenig Geld übrig, damit Unterstützung bei jenen Patienten ankommt, die an schweren Erkrankungen leiden und die Gelder brauchen würden. (Ruf bei der SPÖ: Da müssen wir noch viel lernen!)

Die Bundesregierung hat wirklich ein Prioritätenproblem, was diese Frage betrifft, und sollte sich in nächster Zeit intensiver damit beschäftigen. Es gibt da moderne, fortschrittliche Konzepte, die man andenken könnte, dafür wären aber ein paar Umbauten notwendig. Die Struktur ist dafür im Moment nicht ausreichend. Deshalb liegt auch ein Vorschlag der Grünen vor, der in diese Richtung geht, und wir finden es grundsätzlich gut, dass das auch angedacht wird. Ob dazu unbedingt eine weitere bürokratische Ö-Norm notwendig ist, steht zur Debatte. Das begrüßen wir nicht, aber meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir diese Debatte zur psychiatrischen Ver­sorgung grundsätzlich führen und da Meter machen.

Besonders hart betroffen, und dazu hat es im letzten halben Jahr einige Medien­berichte gegeben, sind Kinder und Jugendliche. Zum einen fehlt eben im stationären Bereich die Kapazität, oft kommen Kinder und Jugendliche in Einrichtungen, die eigentlich nicht für sie geschaffen sind, sondern für Erwachsene gedacht wären, oder müssen monatelange Wartezeiten in Kauf nehmen.

Ich war vor kurzer Zeit in einer Schule, wo ein Mädchen darauf aufmerksam gemacht hat, wie untragbar die Situation für sie persönlich ist, weil sich ihre Eltern ihre psycho­logische Behandlung nicht mehr leisten können. Das war eine wirklich ernsthafte Frage, die an das Plenum gestellt worden ist, und alle Politiker, die da waren, haben gesagt: Sie können das einfach nicht beantworten. Da gibt es Kapazitätsengpässe, da gibt es Probleme bei den Kassen, aber das ist eigentlich eine todtraurige Situation.

Im ambulanten Bereich haben wir Kapazitäten, die teilweise willkürlich gedeckelt sind, und nehmen keine Rücksicht auf die Entwicklung der Fallzahlen in dem Bereich. Die


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Verknappungspolitik trifft da mit voller Wucht jene in der Gesellschaft, die sich nicht wehren können und die wirklich in der schlimmsten Situation sind – Kinder und Jugendliche. Ich glaube, wenn wir uns nicht mit diesem Problem beschäftigen und da in den nächsten paar Jahren Verbesserungen erreichen, dann ist das mit Verlaub für Österreich ein unwürdiger Zustand. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Mückstein.)

11.41


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. – Bitte.

 


11.41.36

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich spreche heute zum Antrag der Abgeordneten Keck, Eßl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird.

Worum geht es? – Es gibt in der Honorarordnung im tierärztlichen Berufsrecht Mindesttarife, die verordnet werden. Das widerspricht der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Aus diesem Grund hat die EU auch ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. (Zwischenruf des Abg. Loacker, der mit dem Daumen nach oben deutet.) Dem wollen wir natürlich entgegentreten und diese Honorarordnung entsprechend abändern, sodass diese in Zukunft Richtsätze und Empfehlungen beinhalten soll. Diese Honorar­ordnung wird also mit diesem Gesetz dergestalt abgeändert werden, dass die Frau Gesundheitsministerin in der Zukunft keine Mindesttarife mehr verordnen wird, sondern die Tierärztekammer Richtsätze und Empfehlungen festzusetzen hat.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Tierärzte sind eine wichtige Berufsgruppe, und sie brauchen auch ein Umfeld und die Rahmenbedingungen, die ihnen Anreize bieten, eine Tierarztpraxis zu betreiben. Vor allem gibt es Unterschiede in der Attra­ktivität, je nachdem, ob in der Stadt eine Kleintiergemeinschaftspraxis betrieben wird oder am Land ein Großtierpraktiker 365 Tage im Jahr da sein muss. Andererseits sind es natürlich gerade die Bäuerinnen und Bauern, die einem gewaltigen Kostendruck ausgesetzt sind (Abg. Steinbichler: … verlangen eh was dafür! – Abg. Riemer: Geh Leo, gib eine Ruh!), und die Tierarztkosten stellen in einem viehhal­tenden Betrieb oft einen erheblichen Teil der Aufwendungen dar.

Meine geschätzten Damen und Herren! Diesen Spagat haben wir zu meistern. (Abg. Steinbichler: Jawohl, es ist ein Spagat!) Es ist daher durchaus legitim, Entlastungs­maßnahmen für die bäuerlichen Betriebe zu fordern. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Doppler. – Abg. Steinbichler: … Spagat!) Ob diese Entlastungs­maßnahmen nun finanzieller Natur sind oder darin bestehen, bürokratische Hürden abzubauen oder überbordende praxisfremde Auflagen und Vorschriften zu entfernen, beides sollte – nein, beides muss – angedacht werden. Wenn in der nächsten Zukunft die Tierhaltungsverordnung geändert wird, dann wird es Gelegenheit dazu geben.

Ich denke, wir sollten dann auch die Worte, die heute bei einem anderen Punkt schon gesprochen worden sind, entsprechend beachten. Ich zitiere dazu Erwin Rasinger, der gesagt hat: Paragraphen alleine helfen nicht!, und Frau Kollegin Königsberger-Ludwig, die gesagt hat: Wir brauchen eine „alltagstaugliche Lösung“.

Für den heute vorliegenden Gesetzentwurf ersuche ich um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)


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11.44


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


11.44.37

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich spreche ebenfalls zur Änderung im Tierärztegesetz. Wir haben bereits von den Vor­rednern gehört, dass es dabei darum geht, diese laut Berufsrecht vorgesehenen Min­desttarife zu ändern, und zwar aufgrund der Europäischen Kommission.

Da merkt man, worum sich die Europäische Kommission alles kümmert: Gestern haben wir Großbritannien und die EU gerettet; heute rettet die EU uns mit einer Richtlinie, von deren Endergebnis ich nicht überzeugt bin – man weiß nicht, was sie wirklich bringt. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Wenn man heute den ÖGB oder die Kammern ausschaltet, dann weiß ich nicht, ob das alles sinngemäß und gut ist.

Einiges stört mich aber an dieser Richtlinie schon sehr: weniger der Punkt mit der Einschränkung in der Dienstleistungsfreiheit – das ärgert mich eigentlich nicht, denn die Frage ist ja, was das bringt, ob die Tierärzte die Preise auf den Honorarnoten jetzt senken werden, wem das Ganze etwas nützt –, wohl aber, dass die EU dann gleich mit einem Vertragsverletzungsverfahren ankommt oder das androht. Denn da steht es ja so wunderschön drinnen:

„In Gesprächen mit Vertretern der Europäischen Kommission wurde deutlich, dass die verpflichtend einzuhaltenden Mindesttarife“ und so weiter „aufzuheben sind, da andernfalls das Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich fortgesetzt werden würde mit der Folge, dass Österreich mit größter Wahrscheinlichkeit wegen Verlet­zung“ und so weiter „verurteilt werden würde“, mit „finanziellen und legistischen Fol­gen“. – Das sind die Sorgen der sogenannten Europäischen Kommission!

Ich möchte aber in meinem Redebeitrag etwas sagen, das man aus diesem Bericht nicht herauslesen kann, ich möchte nämlich von hier aus den vielen Tierärzten, den Menschen in den Pflegeberufen für Tiere, den vielen Menschen, die sich in Tierheimen engagieren, für ihre Arbeit ein großes Dankeschön aussprechen. Sie leisten tagtäglich Ungeheures! (Beifall bei der FPÖ.)

Und diese Tierärzte würden sagen: Diese Mindestforderung interessiert mich gar nicht so dramatisch, mich würde hingegen interessieren, dass folgende Botschaft nach außen getragen wird: Es ist Urlaubszeit, und wenn die Leute in Europa herumfahren, dann sollen sie – bitte! – keine Hunde mitnehmen, und zwar aus Tiermitleid. Das ist aus unserer Sicht nicht gut, egal, ob diese Hunde jetzt geschmuggelt wurden oder nicht: Die Menschen sollen bitte keine Hunde aus Quälzuchten mitnehmen. Wir haben genug Hunde hier im Land. Das muss man ebenfalls sagen, wenn auch das tierliebende Herz dabei schmerzt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Ruhe! (Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Sie würden weiters Folgendes sagen: Bitte, schaut alle, jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete, in die Autos hinein, damit keine Hunde bei 30, 40 Grad drinnen sitzen! Auch da sind wir als Tierschützer gefordert. Tiere sind – wir haben es gehört, laut Tierschutzgesetz – lebende, fühlende Lebewesen. Bitte, in diese Richtung sollte es gehen! (Abg. Steinbichler: … bei 40 Grad!) – Leo! Geh bitte kurz nach Palmöl-Disneyland! (Abg. Steinbichler: Palmöl wird mehr…!)

Die Tierärzte würden auch sagen – das haben mir gegenüber viele betont –: Bitte, was machen wir gegen diese Tierquälereien, deren Zahl sukzessive ansteigt? Diese Bestia­lität innerhalb unserer Bevölkerung ist ein Wahnsinn. Es geht nicht nur darum, wie man sie quält, ob das heute mit Rasierklingen in verschiedenen Fleischstücken ist (Abg. Steinbichler: Futtertiere!), es geht auch um die Bestialität. (Abg. Steinbichler: Futter­tiere!) Das Töten genügt nicht, es geht nur um dieses simple, einfache, grenzdebile,


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verabscheuenswürdige Quälen! (Abg. Steinbichler: Futtertiere! – Zwischenruf bei der SPÖ.) Das ist die Thematik.

Die Tierärzte würden weiters sagen: Bitte, was unternehmt ihr gegen die Tierversuche? Ich zitiere da aus einem wunderschönen Artikel der „Kronen Zeitung“ aus dem Jahr 2015: „227 317 Tiere wurden 2015 verwendet“. Man beachte: Die Tiere wurden „verwendet“, als ob sie Gebrauchsgegenstände wären! Das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr, wo es 209 000 Tiere waren. (Abg. Steinbichler: Verfüttert!)

Und wenn man dann schaut und fragt: Wer ist denn da zuständig?, dann hört man: Na ja, die Frau Gesundheitsministerin kann nichts dafür, denn das gehört ins Wissen­schaftsministerium, und wenn es um Quälereien geht, macht das das Justizminis­terium. Ich glaube, es ist Zeit, dass man sich endlich einmal Gedanken macht, wie man das zusammenführt. Einer putzt sich am anderen ab, das kann es nicht sein. Ziel sollten die drei „R“ sein – falls Sie wissen, was die drei „R“ sind? Diese drei „R“: Vermeiden, verringern und verbessern. (Heiterkeit bei der ÖVP sowie von Bundes­minis­terin Oberhauser. – Bundesministerin Oberhauser: Wo sind da drei „R“?) Bitte, wo ist bei 20 000 Tieren mehr die Vermeidung? Wo gibt es alternative Gesetzes­möglichkeiten? Auch das muss hier besprochen werden. Wie können wir diese Zahl verringern? – Da ist jeder aufgefordert, endlich einmal darüber nachzudenken.

Ich würde auch bitten, dass wir, wenn es um Tiere geht, das nicht mit Menschen vergleichen und das hier in diesem ganzen Pulk von Punkten, die sehr wichtig sind, nicht zu vermengen. Auch darüber sollten wir diskutieren.

Übrigens gibt es, wenn man der Zeitung glauben darf, auch Züchter, die der MedUni Wien die Kaninchen liefern. Wenn das jetzt stimmt, werden bedauerlicherweise 100 bis 200 Kaninchen pro Tag geliefert. Viele Kaninchen verenden schon in den Zuchtan­stalten unter verabscheuungswürdigen Umständen. Auch darüber sollten wir nach­denken.

Lassen Sie mich mit einem Zitat von Mahatma Gandhi schließen: „Je hilfloser ein Lebewesen ist, desto größer ist sein Anspruch auf menschlichen Schutz vor mensch­licher Grausamkeit.“

Schönen Urlaub im Sinne der Tiere! – Danke. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Franz. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz.

 


11.50.48

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Ein Wort, das ich jetzt auch verwenden möchte, haben wir in der letzten Zeit schon oft gehört, es geht nämlich um den „New Deal“, den der Herr Bundeskanzler wieder in die politische Diktion eingeführt hat, und zwar verlange ich einen New Deal im Gesundheitssystem. Es kann nicht sein, dass wir immer nur vom Sparen und von Kostendämpfung reden, denn: Was kommt heraus, wenn wir immer nur vom Sparen und der Dämpfung der Kosten reden? – Dann kommt eine Reduktion der Leistung heraus. Wir erleben das gerade in Wien beim KAV, da werden sich noch furchtbare Dinge abspielen, und ich glaube, das Wort „furchtbar“ ist dabei nicht übertrieben. Wir werden da noch einiges sehen, was den Wiener Patienten nicht guttun wird.

Klüger wäre es, wenn wir vom Investieren und vom Organisieren sprechen und uns an anderen Ländern, zum Beispiel an Dänemark, orientieren würden: Dänemark hat beschlossen, in den nächsten zehn Jahren 5 Milliarden zusätzlich in das Gesund­heitssystem zu investieren. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das ist ein gescheiter Ansatz, denn die Gesundheit ist für unser Leben enorm wichtig. Meiner Meinung nach sollten


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wir unser Gesamtdenken etwas von der Gesundheitsökonomie wegbewegen – die uns ständig vorschreibt, dass wir alle zu teuer sind, und über die vor allem die Ärzte als Kostenfaktor dargestellt werden – hin zu einer sinnvollen Investment-Politik, und wir sollten mehr für die Gesundheit tun.

Wir kennen unsere österreichischen Probleme: die Zersplitterung, die Fragmentierung des Gesundheitssystems, die divergierenden föderalen Interessen, die in ganz Öster­reich verstreute Verantwortung, die völlig ungleichen Versorgungsqualitäten – Fehlver­sorgung, Überversorgung, Mangelversorgung –, all das wird zunehmend schlagend. Wir haben das nicht nur im niedergelassenen Bereich, sondern vor allem auch im stationären Sektor, sprich in den Spitälern. Wir haben dort wirklich eine problematische Situation.

Wir haben 279 Krankenanstalten in Österreich, davon sind 88 in öffentlicher Träger­schaft, das heißt Länder, Gemeinden und Krankenkassen betreiben diese Spitäler zu völlig unterschiedlichen Bedingungen, nach unterschiedlichen Kriterien, mit nicht vergleichbaren Standards et cetera. Die Lösung dieses Problems wäre, die 88 Kran­kenanstalten, die jetzt in öffentlicher Trägerschaft sind, zusammenzuführen zu einem österreichischen Krankenhaus-Verbund, der von der Republik Österreich zu gleichen Bedingungen in ganz Österreich getragen und betrieben wird. Das hätte aus meiner Sicht nur Vorteile: Wir hätten klare Verantwortlichkeiten, eine gute Planbarkeit, eine gute Organisierbarkeit und Steuerung, wir könnten ein einheitliches Dienstrecht für die Mitarbeiter einführen, eine einheitliche Kostenrechnung, eine Abstimmung der regio­nalen Bedürfnisse auf die wirklichen Bedürfnisse und nicht auf die Machtinteressen der jeweiligen Lokalkaiser, wenn ich das so sagen darf, sondern auf die Bedürfnisse der Patienten.

Wir hören immer diesen Spruch – ich persönlich kann ihn eigentlich schon nicht mehr hören –: „Der Patient steht im Mittelpunkt.“ Dort steht er aber allen im Weg, den Kostenrechnern et cetera. Der Patient muss aber im Mittelpunkt stehen, denn um den Patienten herum ist ja das gesamte System aufgebaut, meine Damen und Herren! Wir sollten da schon umdenken und nicht immer diese Phrasen vor uns hertragen – „den Patienten in den Mittelpunkt stellen“ –, sondern sollten es auch tun. Wir sollten Dinge tun, die die Struktur der teils insuffizienten, ungenügenden Versorgungsqualität in Österreich verbessern. Und aus meiner Sicht wäre ein erster Schritt zu einer Verbes­serung die Zusammenlegung der öffentlichen Krankenanstalten.

Gleichzeitig muss man natürlich im niedergelassenen Bereich etwas tun. Im Regie­rungsprogramm steht die Stärkung des Hausarztes als erklärtes Ziel der Bundes­regierung. Bisher ist da noch nicht viel geschehen, da gibt es noch einige Luft nach oben. Ich glaube, man könnte auch dabei neue Wege gehen.

Wir haben jetzt – wieder ein Wort von Herrn Bundeskanzler Kern – das Start-up-Thema angerissen. Bitte, aus meiner Sicht sind neue Ordinationen oder Ordinationen, die nicht mehr besetzbar sind, ebenfalls Start-ups. Da müsste man Incentives setzen, Anreizprogramme schaffen, zum Beispiel für unterversorgte Regionen – derer gibt es schon genug, es gibt zig Kassenarztstellen, die nicht mehr besetzbar sind, auch in Wien. Ich könnte als Bund, als öffentliche Einrichtung hergehen und sagen: Ich investiere da in einen Kollegen, eine Kollegin, der oder die einen Fünfjahresvertrag macht und sich in eine Ordination setzt, indem ich dem einmal die Ordination finanziere, wenn er sich im Gegenzug dazu verpflichtet, fünf Jahre dort zu bleiben.

Solche Modelle hat es schon gegeben, beispielsweise in der Zahnmedizin vor zehn, fünfzehn Jahren, wenn wir uns erinnern. Damals wurde man bevorzugt ausgebildet, wenn man sich verpflichtet hat, in ein unterversorgtes Gebiet zu gehen. Solche Dinge muss man andenken, statt immer von Kostendämpfung und zu hohen Kosten zu


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sprechen. Das ist unsinnig und widerspricht den Interessen und Bedürfnissen der Österreicher.

Meine Damen und Herren! Das sind Dinge, die ja auch zum Teil schon seit vielen Jahren in den diversen regionalen Strukturplänen, österreichischen Gesundheitsplänen et cetera festgeschrieben sind, das gibt es alles. Es gibt die Vorschläge vom Rechnungshof, es gibt die Vorschläge vom ÖBIG, vom Fonds Gesundes Österreich – das gibt es alles.

Als letzten Punkt möchte ich noch einen anschneiden, der mir besonders am Herzen liegt: Wir haben voriges Jahr in diesem Haus beschlossen, dass wir 18 Millionen € für die Palliativversorgung zur Verfügung stellen, also für die Schwerstkranken in Öster­reich. Was ist bis jetzt mit diesen 18 Millionen € geschehen? Wir hören, dass der Hauptverband beziehungsweise die Krankenkassen Rücklagen gebildet haben – wie ein Unternehmen. Wozu brauchen die Rücklagen? Wo ist das Geld für die Schwerst­kranken? Warum geschieht da nichts?

Es hat einen Sechs-Parteien-Antrag gegeben, und die Schwerstkranken, die Palliativ­patienten warten noch immer auf eine adäquate, professionelle und gute Versorgung. Ich glaube, das muss man langsam als Schande bezeichnen, wenn da nicht bald etwas geschieht.

Ein Wort noch zum neuen Gesundheits- und Krankenpflegegesetz: Ich werde dafür stimmen, weil ich da eine deutliche Aufwertung der Pflege sehe und gleichzeitig eine Entlastung für die Ärzteschaft, was wiederum eine Aufwertung der Ärzteschaft bedeutet. Denn was ich auch wahrnehme – und das stellen wir unter uns Kollegen, die wir hier tätig sind, immer wieder fest –, ist eine zunehmende Ärztefeindlichkeit, förmlich einen Ärztehass in den Systemstrukturen und bei den Bürokraten, die unsere Systeme selbstverwalten. Die verwalten sich vorwiegend selbst und versuchen dauernd, den Mehrleistern und den Verantwortungsträgern im System zwar die Verantwortung zu lassen, aber das Leben umso schwerer zu machen.

Ich glaube, daher ist dieses neue Gesundheits- und Krankenpflegegesetz ein guter Schritt, auch wenn man darüber diskutieren kann, ob diese Ausbildungszeitverkürzung wirklich gescheit ist. Das wird man sich im Laufe der Zeit anschauen müssen. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Ein letzter Satz zur Psychiatrie: Bitte, überlassen Sie die Versorgung von tobenden, deliranten Patienten den Ärzten und versuchen Sie nicht dauernd, Patienten, die selbstgefährdend sind, fremdgefährdend sind, wo Blut fließt, mit irgendwelchen büro­kratischen Vorschriften „pseudozubefreien“! Das können die Ärzte schon selber machen in den Spitälern. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

11.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.57.46

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz soll mit dieser Regierungsvorlage geändert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich habe heute sehr genau zugehört, und ich habe es nicht ganz verstanden. Ich glaube, dass wir alle hier herinnen den Menschen, die in der Pflege tätig sind – egal, ob in einem Krankenhaus, in einem Seniorenpflegeheim oder wo auch immer –, ein herzliches Dankeschön aus­sprechen sollten, denn die leisten Übermenschliches. Liebe Freunde! Ihnen gebührt


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meiner Meinung nach ein großer Dank. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Frau Ministerin! Wichtig ist auch die Tatsache, dass Sie eine Lösung in Bezug auf die MRI-Untersuchungen suchen – das haben wir schon des Öfteren hier besprochen. Es kann nicht sein, dass schwerkranke Menschen drei, vier Monate oder länger auf eine Magnetresonanz-Untersuchung warten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das neue Gesundheits- und Krankenpfle­gegesetz sieht nun drei Berufsgruppen vor: Pflegeassistent, Pflegefachassistent und gehobener Dienst. Darüber hinaus gibt es Spezialisierungen, die Pflegeausbildung Neu mit akademischem Abschluss.

Die drei Pflegeberufe unterscheiden sich laut dem neuen Gesetz sowohl was ihre Ausbildung als auch was den Aufgabenbereich betrifft. Für die Pflegeassistenz, mit der die Pflegehilfe aufgewertet werden soll, ist eine einjährige Ausbildung notwendig. Die Ausbildung zur Pflegefachassistenz beträgt zwei Jahre, dabei muss mindestens die Hälfte auf die Theorie und mindestens ein Drittel auf die Praxis entfallen. Der geho­bene Dienst trägt die Verantwortung für die unmittelbare und mittelbare Pflege von Menschen in allen Versorgungsformen und -stufen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe bei diesem neuen Pflegegesetz die Gefahr, dass wir den gehobenen Dienst nicht mehr zu den Patienten schicken, sondern dass diese Bediensteten im Dienstzimmer – Herr Dr. Rasinger, Sie werden mir da recht geben – als Bürokraten oder als Verwaltungsassistenten ihre Tätigkeit verrichten müssen. Natürlich haben wir auch im Gesundheitsbereich Bürokratie, und es ist eine große Gefahr, die da besteht.

Mit dieser Novelle soll auch der Beruf der „Schwester“ abgeschafft werden, meine Damen und Herren. Ich glaube nicht, dass sich „Schwester“ im Volksmund so ohne Weiteres abschaffen lässt, denn ich glaube auch nicht, dass der Patient dann sagt, jetzt kann er nicht mehr die Schwester rufen, sondern muss die Pflegeassistenz oder sonst wen rufen. Der Beruf der Schwester wird, wie ich meine, weiterleben, wenn er auch im Gesetz nicht mehr verankert ist. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Schwentner.)

12.00


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


12.00.49

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Ich darf mich vorweg Kollegen Doppler anschließen und ganz besonders all jenen Frauen und Männern und Jugendlichen und NGOs, die im Pflegedienst tätig sind, einen aufrichtigen Dank aussprechen, weil ich das aus meiner Jugend kenne, und darf mich Kollegen Doppler vor allem dahin gehend anschließen, dass weniger die Berufsbezeichnung wichtig ist.

Ich kann mich noch erinnern, als ich ein kleiner Bub war, wie wichtig bei uns im Hause aufgrund der Krebserkrankung meiner Mutter eine der Familienhelferinnen war, die damals auf dem Land tätig waren, weil sie eine Ersatzmutter war.

Vorhin wurde die 365-Tage-Hilfe angesprochen: Jawohl, die Kranken sind auch an 365 Tagen im Jahr zu betreuen und zu pflegen, und deshalb eine aufrichtige Aner­kennung und ein Dankeschön. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Zu meinem darüber hinausgehenden Redebeitrag haben mich aber die Kollegen Eßl und Riemer bewegt, weil im vorliegenden Gesetz auch das Tierärztegesetz geändert


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wird und natürlich auch die Tierärzte an 365 Tagen im Jahr – richtig, Präsident Eßl – Dienst machen müssen. Aber sie haben das bereits geregelt, sie haben sich in Kliniken zusammengeschlossen. Da gibt es diese Tierarztpraxis draußen vor Ort, und sie schaffen das mit der 365-Tage-Betreuung.

Auf dem Bauernhof ist das anders, und deshalb wollte ich das ganz bewusst an­sprechen, weil das nicht gesagt wurde: Ich lade jeden hier ein, bei diesen 40-Grad-Temperaturen zur Erntearbeit auch noch zweimal am Tag die täglich notwendige Stallarbeit zu erledigen, und wenn eine Geburt in der Nacht ansteht, dann die kurzen Schlafstunden auch noch zu unterbrechen, damit man weiß, wie schön das ist.

Ich war sehr enttäuscht – aber dazu melde ich mich heute noch einmal extra beim Thema Volksanwaltschaft zu Wort – über den Volksanwalt Kräuter. Damit bin ich jetzt beim Thema, bei den Tierärzten. Im Tiergesundheitsdienst, auch das ist Sache der Tierärzte, haben wir einige Regelungen drinnen, die nicht praxisgerecht sind, weil es keinen Sinn macht, dass zwei Millionen Schweine mit Unterstützung der Veterinäre zur Schlachtung nach Österreich gebracht werden und hier dann den AT-Stempel bekom­men, 100 000 Rinder quer durch Europa zur Schlachtung nach Österreich gefahren werden, um hier den AT-Stempel zu bekommen.

Zum Thema Tierschutz ist es mir ein Anliegen, zu sagen: Wir reden nicht nur über die Qualzucht, wir reden nicht darüber, ob in der bäuerlichen Tierhaltung die Maße mit Zentimetern verordnet werden können, weil man sagt, mit 1,25 Metern Standbreite und 1,85 Metern Länge ist sowohl das Gesetz als auch das Tierwohl erfüllt. Na, in keinster Weise! Gott sei Dank haben wir einige Kühe zu Hause, die alle verschieden breit, verschieden hoch, verschieden lang sind, und wenn hier jemand glaubt, mit Zentime­tern Lösungen anbieten zu können, dann muss ich sagen, das ist Theorie. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Ein weiterer Punkt, Kolleginnen und Kollegen, ist: Wir müssen einfach über die Praxis reden! Es hat sonst überhaupt keinen Sinn, und es ist ja kein Wunder, wenn niemand draußen diese Politik versteht und die Menschen am Stammtisch – soweit noch jemand hingeht – fragen: Was habt ihr denn da wieder diskutiert?

Ein ganz entscheidender Punkt, über den wir auch reden müssen, sind die Futtertiere. Wir müssen auch über die Futtertiere reden, weil es nach wie vor Usus ist, dass bei uns exotische Tierarten gehalten werden, die nur mit Lebendtieren, sprich Mäusen, Ratten und Hasen, gefüttert werden können, und das wird goutiert.

Wenn wir reden, dann reden wir über die gesamte Breite! Dann ist es eine faire Diskussion, und darum möchte ich bitten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.04

12.04.30

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens des Berichterstatters wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 1: Abstim­mung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Berufsreifeprü­fungs­gesetz und das Ärztegesetz 1998 geändert werden, in 1194 der Beilagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 80

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Mückstein, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abände­rungs­antrag der Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes fol­gend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Mückstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 1 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuen Z 18a in Art. 1 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Mückstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 21 und 22 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Art. 1 Z 66 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Mückstein, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Gesundheits- und Krankenpflegegesetz: Mindestper­sonalschlüssel, Auslaufen der Pflegeassistenz-Ausbildung und Wartezeiten für MRT-/CT-Untersuchungen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Computertomografie(CT)- oder Magnetresonanztomografie(MRT)-Untersuchungen für Sozialversicherte.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 81

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1240 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Vorlage eines Fortschrittsberichts über die Evaluierung gemäß § 117 Abs. 21 GuKG an den Nationalrat.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen. (E 162.)

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1240 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Einrichtung einer zentralen Ansprechstelle zu MRT-Unter­suchungen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 163.)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1231 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1232 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1233 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1234 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1238 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenom­men.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

12.10.267. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (690 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesund­heitsberufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird, sowie über den

Antrag 1706/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Claudia Durchschlag, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 82

gesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) geändert wird (1239 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.11.10

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesundheitsberuferegister-Gesetz … (Ruf bei der ÖVP: Man hört nichts!) – Eins, zwei, drei! (Abg. Loacker: Jetzt geht’s!) Geht’s? – Danke.

Das Gesundheitsberuferegister-Gesetz hat eine sehr lange Geschichte. Wir verhan­deln oder, besser gesagt, die Regierungsparteien verhandeln schon seit vielen Jahren. Wenn man sich die Vorgeschichte ansieht, dann muss man ehrlicherweise sagen, dass die betroffenen Berufsgruppen ja schon von sich aus über viele Jahre eine Berufsliste angelegt haben, um auch da den Patienten eine gewisse Qualitätssicherung bieten zu können.

Es war auch der Wunsch der Berufsgruppen der MTD, der zusammengefassten Gruppen, dass diese Liste auch auf eine gesetzliche Basis gestellt wird. Niemand von den Betroffenen hat verstanden, warum diese Liste damals, im Jahr 2013, in die Arbeiterkammer hätte kommen sollen. Es herrschte große Verwunderung, und es war eigentlich auch so etwas wie ein Aufstand. Selbst Kollegin Durchschlag hat als Betroffene dieser Berufsgruppen damals gegen dieses Gesetz gestimmt.

Jetzt sollte dieses Gesetz repariert oder besser gemacht werden, sodass auch die Betroffenen dieser Berufsgruppen damit zufrieden sind. Was ist herausgekommen? – Natürlich wieder eine typisch österreichische Lösung: Man bläht jetzt wieder die Verwaltung noch weiter auf, man führt jetzt nämlich zwei Listen. Man belässt die Angestellten bei der Arbeiterkammer, diese führen dort ihre Berufsliste, während die anderen bei der GÖG sind.

Das ist ein Verwaltungsaufwand, der meines Erachtens durch überhaupt nichts in irgend­einer Art und Weise zu rechtfertigen ist, außer dass es wieder einmal eine Kompromisslösung à la Österreich geworden ist. (Beifall des Abg. Loacker.)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Genau das Gegenteil braucht Österreich. Wir brauchen eine Verschlankung, eine Vereinfachung dieser ganzen Verwaltungsstruk­turen. Wir haben jede Menge Sozialversicherungen, bei denen sich nichts bewegt, bei denen es keine Verschlankung gibt. Und jetzt wird wiederum ein neuer, groß ange­legter Apparat mit Doppelgleisigkeiten aufgezogen. Da können Sie doch nicht erwar­ten, dass die Opposition hier Hurra schreit und mitstimmt.

Frau Minister, auch wenn Sie uns jetzt wieder erklären, dass Sie auf dieses Gesetz stolz sind, ich sage Ihnen: Das Gesetz ist eines, das zwar österreichisch ist, aber wir sollten von dieser Mentalität endlich wegkommen. Verschlanken wir die Verwaltung und überdenken Sie noch einmal, ob das nicht wirklich der falsche Weg ist! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

12.13


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


12.13.49

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Gesundheitsberuferegister-Gesetz ist ein


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 83

Gesetz, das bereits in der Regierungsvorlage beziehungsweise im Regierungsab­kommen drinsteht; dieses wird heute umgesetzt.

Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, Sie sagen, es ist ein Kompromiss: Ja, das ganze Leben, gerade die Politik besteht aus Kompromissen. Und wenn man Lösungen haben will und sich in einer bestimmten Konstellation befindet, dann ist, glaube ich, ein Kompromiss noch eine Lösung, bei der wir uns beide wiederfinden, mit der wir auch die Berufsgruppen bedienen können.

Mit diesem Gesundheitsberuferegister-Gesetz, glaube ich, haben wir Qualität und auch Patientensicherheit hineingebracht und es auf ein Fundament gestellt, das für die Zukunft aufbaut, das wir immer wieder adaptieren können und wodurch auch für die Patienten eine gewisse Sicherheit gewährleistet ist. Ich bin davon überzeugt, dass diese gesetzliche Maßnahme den Erfordernissen der Gegenwart und auch der Zukunft entspricht.

Wenn wir heute dieses Gesetz beschließen und ins Detail gehen, dann können wir feststellen, dass wesentliche Punkte enthalten sind, die der Qualitätssicherung, aber auch der Aktualität entsprechen. Wenn man sich zum Beispiel ansieht, dass diese Berufsgruppen alle fünf Jahre neu gemeldet werden müssen, dann entspricht das einer Aktualität und auch einer Sicherheit für die Patientinnen und Patienten, denen wir eigentlich verpflichtet sind.

In dieser Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses 1239 der Beilagen möchte ich auch folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 18 Gesundheitsberuferegister-Gesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird ersucht, gemeinsam mit den in Betracht kommenden Interessenvertretungen der betroffenen Angehörigen der Ge­sund­heitsberufe sowie deren Dienstgeber/innen sowie den Berufsverbänden und den Ländern Lösungswege im Registrierungsbeirat zu beraten, die

einen unbürokratischen Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflichten, beispiels­weise mittels Vorlage einer Bestätigung einer anerkannten Bildungsinstitution, eines Krankenanstaltenträgers oder eines Berufsverbandes ermöglichen und

zu einem Entfall der Befristung der Gültigkeit der Berufsberechtigung führen könnten

und einen Bericht einschließlich allenfalls erforderlicher gesetzlicher Anpassungen dem Nationalrat bis Ende des Jahres 2022 vorzulegen.“

*****

Mit diesem Entschließungsantrag, glaube ich, wird auch der Punkt dieses Fünf-Jahres-Rhythmus der Meldung dieser Berufsgruppe ein bisschen unbürokratischer.

Geschätzte Damen und Herren! Ich sehe in diesem Gesundheitsberuferegister-Gesetz ein gutes Gesetz. Frau Bundesministerin, Sie wissen ganz genau: Es war nicht immer sehr einfach, dies umzusetzen. Es war vielleicht manchmal auch ein steiniger Weg. Aber Kompromisse haben es in sich. Ich möchte Ihnen recht herzlich gratulieren und bin sicher, dass dieses Gesetz den Erfordernissen entspricht. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 84

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Hechtl eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Spindelberger, Rasinger

und Kolleginnen und Kollegen

betreffend § 18 Gesundheitsberuferegister-Gesetz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses 1239 d.B. (TOP 7)

In § 18 des Gesundheitsberuferegister-Gesetzes ist eine Befristung der Gültigkeit der Registrierung von fünf Jahren vorgesehen. In der Zeit von drei Monaten vor und drei Monate nach dem Ablauf der 5-Jahresfrist muss die Registrierung durch eine Ver­längerungsmeldung verlängert werden. Die Registrierungsbehörde muss die Berufs­angehörigen und die Dienstgeber/innen über das Auslaufen der Registrierung informie­ren. Ohne zeitgerechte Verlängerungsmeldung ruht die Berufsberechtigung.

Die vorgesehene Befristung entspricht dem Zeitraum, in dem nach den zugrunde liegenden Berufsgesetzen bestimmte Fortbildungsverpflichtungen zu erfüllen sind.

Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit der Befristung der Berufs­berechtigung ein Mehraufwand für die Terminevidenz, für die Information der Berufs­angehörigen, für die Verlängerung bzw. Neuausstellung der Berufsausweise usw. verbunden ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird ersucht, gemeinsam mit den in Betracht kommenden Interessenvertretungen der betroffenen Angehörigen der Ge­sund­heitsberufe sowie deren Dienstgeber/innen sowie den Berufsverbänden und den Ländern Lösungswege im Registrierungsbeirat zu beraten, die

einen unbürokratischen Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflichten, beispiels­weise mittels Vorlage einer Bestätigung einer anerkannten Bildungsinstitution, eines Krankenanstaltenträgers oder eines Berufsverbandes ermöglichen und

zu einem Entfall der Befristung der Gültigkeit der Berufsberechtigung führen könnten

und einen Bericht einschließlich allenfalls erforderlicher gesetzlicher Anpassungen dem Nationalrat bis Ende des Jahres 2022 vorzulegen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort. – Bitte.

 


12.17.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Hechtl hat wirklich eine großartige Gabe: zwei


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 85

gegenteilige Dinge in einer Rede zu verpacken, nämlich zuerst zugunsten eines bürokratischen Gesetzes zu reden und dann einen Entschließungsantrag gegen die Bürokratisierung einzubringen – also wirklich, Hut ab, große Leistung! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das, was die Regierung hier geliefert hat, ist ein neuerlicher Tiefpunkt im Gesetz­gebungsverfahren. Auch dieses Gesetz wurde uns 17 Minuten vor Ausschussbeginn angekündigt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Uns auch!), und im Unterschied zum vorhergehenden haben wir es auch erst im Ausschuss hingelegt bekommen – 23 Seiten. Gnadenhalber wurde dann der Ausschuss für 15 Minuten unterbrochen, damit wir uns diese 23 Seiten noch zu Gemüte führen und uns dann vielleicht eine Meinung bilden konnten. Solche Schnellleser sind auf der Welt selten.

Jetzt zum Register selbst: Es hat ja schon Branchenverbände gegeben, die ein solches Berufsregister geführt haben, und diese Verbände hätten auch angeboten, das bestehende Register der Gesundheit Österreich GmbH zu übergeben, damit diese es weiterführen und vervollständigen kann. Das wollte man nicht. In einem groß­koalitio­nären Hin und Her hat man da herumkompromisselt, man musste nämlich unbedingt – unbedingt! – die Arbeiterkammer in dieses Gesetz hineinwürgen, die mit den Gesund­heitsberufen gar nichts zu tun hat. Das Einzige, was sie hat, ist übriges Geld.

Jetzt hat man das so gemacht, dass man die unselbständigen Gesundheitsberufe in die Arbeiterkammer würgt – die Zwangsbeitragszahler dürfen das finanzieren –, und die Selbständigen werden bei der GÖG geführt, und wenn jemand unselbständig und selbständig tätig ist, dann wird auf das Überwiegen abgestellt. Ich wünsche auch viel Erfolg beim Überprüfen des Überwiegens in der Tätigkeit von solchen Gesund­heits­berufen!

Jetzt haben wir eine wunderbare Doppelstruktur. Es sind zwei Stellen, die das Register führen, das wird dann beim Gesundheitsministerium zusammengeführt, und dort kann dann der Bürger nachschauen. Also das muss man echt einmal zustande bringen. Es ist richtig österreichisch, es ist richtig schlecht, es ist richtig bürokratisch, und es geht einfach wieder nur ums Bedienen – Kollege Hechtl hat auch das Wort „bedienen“ verwendet. Da wird jetzt eben die Arbeiterkammer bedient. Wieso die ÖVP profitiert, wenn es die GÖG für die Selbständigen bekommt, weiß ich nicht.

Niemand von den Betroffenen wollte das so haben. Niemand wollte diese bürokra­tische Lösung haben. Aber Sie haben sie jetzt hingewürgt. Es ist superpeinlich und eine Schande. (Beifall bei den NEOS.)

12.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


12.20.00

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt das alte Sprichwort: Was lange währt, wird endlich gut. Wenn ich jetzt das Gesetz in der heutigen Fassung mit dem nicht kundgemachten Gesetz aus 2013 vergleiche, dann würde ich sagen: Was lange währt, wird wesentlich besser. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber noch nicht gut!)

Damit es noch besser wird, darf ich auch einen Abänderungsantrag der Abgeord­neten Spindelberger, Rasinger, Mückstein und Durchschlag betreffend das Gesund­heits­beruferegister-Gesetz einbringen. Der Antrag enthält einige Punkte, die auch schon im Ausschuss besprochen wurden, wie beispielsweise, dass in § 6 die berufs­bezogene Telefonnummer, E-Mailadresse, Webadresse et cetera angeführt werden, dass die anonymisierten Daten auch an Universitäten, Fachhochschulen und einschlä-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 86

gige Forschungseinrichtungen gehen können, dass in § 13, der den Registrie­rungs­beirat regelt, auch noch ein Vertreter, eine Vertreterin der Sozialwirtschaft dazukommt. In Art. 3 wird auch noch ein Fortbildungsbeirat von MTD-Austria, ein MTD-Beirat eingefügt.

Ich darf aber ein paar grundsätzliche Bemerkungen zum Thema Registrierung machen. Es hat im Vorfeld durchaus auch Meinungen gegeben, die die Sinnhaftigkeit dieser Registrierung überhaupt in Frage stellen.

Alle EU-Länder registrieren die Pflegeberufe, und in 14 Ländern gibt es auch ein Register für die Angehörigen des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes. Diese Länder tun das eben nicht, weil sie gerne mehr Bürokratie haben, sondern weil es auf der einen Seite ein erprobtes Instrument zur Planung im Gesundheitsbereich ist und andererseits auch qualitätssichernd wirkt und daher für Patientensicherheit sorgt. Erst wenn man weiß, wie viele Berufsangehörige zur Verfügung stehen, kann man auch die Ausbildung dem Bedarf entsprechend steuern.

Diese Registrierung ist auch mit der Ausstellung des Berufsausweises verbunden. Dieser berechtigt zur Berufsausübung, und daher ist er auch ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Qualität. Patientinnen und Patienten, die sich einer Pflegefachkraft bedienen, die beispielsweise eine Physiotherapeutin, eine Diätologin, eine Logopädin et cetera aufsuchen, können sicher sein, dass das eine ausgewiesene Fachkraft ist, die auch den Ausbildungserfordernissen, die es in Österreich gibt, entspricht.

Apropos Ausbildung: Ich bin sehr froh, dass es doch noch gelungen ist, das Thema Fortbildung exakter zu regeln. Das ist ja im MTD-Gesetz ein bisschen schwammig beschrieben gewesen, wenn auf den wissenschaftlichen Letztstand hingewiesen wird. In Zukunft werden es 60 Stunden an Fortbildung sein, die in fünf Jahren zu absolvieren sind. Der eben von mir angesprochene Fachbeirat, der MTD-Beirat im Bundesminis­terium, wird mit dafür sorgen, dass die Qualität und vor allem auch die Relevanz der Fortbildungen gesichert sind. Das heißt, man nimmt die Berufsgruppe mit dazu, um einfach festzustellen, was sie braucht. Worüber man noch reden müssen wird, ist, wie man die Überprüfbarkeit regelt, damit am Ende des Tages die Re-Registrierung, die nur bürokratisch ist und mit nichts anderem zu tun hat, irgendwann einmal fällt. Das ist, denke ich, doch auch ein Ziel.

Ich habe am Anfang gesagt, dass ich dieses Gesetz, das im Gegensatz zum Ge­setz 2013 auch sehr verbessert ist, mit beschließen werde. Ich halte es auch für eine wesentliche Verbesserung, sage allerdings schon, dass sich an meiner Grundein­stel­lung, was den Ort der Registrierung betrifft, nichts geändert hat. Ich bin jetzt schon sehr froh – und da bin ich auch mit der Berufsgruppe d’accord –, dass das Register bei der GÖG, der Gesundheit Österreich GmbH, geführt wird. Die ganz oder überwiegend freiberuflich tätigen Kolleginnen und Kollegen werden dort ihre Registrierungsstelle haben und nicht bei der Bundesarbeitskammer.

Ich habe zuerst von den Registrierungsstellen in den anderen Ländern gesprochen. Das sind durchwegs gesundheitsnahe Einrichtungen und keine Arbeitnehmer­vertre­tungen, wie eben die Arbeiterkammer, bei der jetzt dann die angestellten Berufsange­hörigen registriert werden.

Es ist kein Geheimnis, dass ich nach wie vor denke, dass es die beste Lösung gewe­sen wäre, das bestehende, gut funktionierende und auch elektronisch funktionierende Register bei MTD-Austria zu nutzen. Wie ich aber bereits am Anfang gesagt habe: Ich halte das Gesetz für ein gutes und auch praktikables Gesetz, mit wesentlichen Verbes­serungen gegenüber 2013. Ich denke, es hindert uns alle nicht daran, an weiteren


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Verbesserungen, wo sie sich eben als notwendig erweisen, auch weiterzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.24


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Durchschlag eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Spindelberger, Rasinger und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses 1239 der Beilagen über den Gesamt­än­dernden Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage 690 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheits­berufen (Gesundheitsberuferegister-Gesetz – GBRegG) erlassen und das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Bundesgesetz über die Registrierung von Gesundheitsberufen (Gesundheits­berufe-register-Gesetz – GBRG) wird wie folgt geändert:

a) § 6 Abs. 3 Z 4 lautet:

„4. berufsbezogene Telefonnummer, E-Mailadresse und Webadresse“

b) Dem § 9 Abs. 3 Z 1 wird die Wortfolge „Universitäten, Fachhochschulen und einschlägige Forschungs-einrichtungen,“ angefügt.

c) In § 12 Abs. 2 und 4 wird jeweils das Wort „Bundesarbeitskammer“ durch die Wortfolge „zuständige Registrierungsbehörde“ ersetzt.

d) In § 13 Abs. 2 wird nach Z 5 folgende Ziffer 5a eingefügt:

„5a. ein/e Vertreter/in der Sozialwirtschaft Österreich,“

e) § 13 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Der Registrierungsbeirat kann für Angelegenheiten der Gesundheits-und Kranken­pflegeberufe bzw. der gehobenen medizinisch-technischen Dienste Ausschüsse einrichten. Diese Ausschüsse dienen der Vorberatung von speziell die jeweilige Berufs­gruppe betreffenden Angelegenheiten.“

f) In § 19 Abs. 2 wird in Z 10 das Wort „sowie“ durch einen Beistrich ersetzt, am Ende der Z 11 das Wort „sowie“ und folgende Z 12 angefügt:

„12. das Bundeswappen“

Artikel 3 (Änderung des MTD-Gesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. Im Inhaltsverzeichnis wird nach der Zeile „§ 12 … Entziehung der Berufs­berechtigung“ die Zeile „§ 12a …MTD-Beirat“ eingefügt.“

b) Nach Z 7 wird folgende Z 7a eingefügt:

»7a. Dem § 11d wird folgender Abs. 3 angefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 88

„(3) Der (Die) Bundesminister(in) für Gesundheit und Frauen kann durch Verordnung Richtlinien über die Anerkennung von Fortbildungen unter Bedachtnahme auf die vom MTD-Beirat erarbeiteten Standards erlassen.“«

c) Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

»11a. Nach § 12 wird folgender § 12a samt Überschrift eingefügt:

„MTD-Beirat

§ 12a. (1) Beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ist ein MTD-Beirat einzurichten.

(2) Aufgaben des Beirats sind insbesondere:

1. die Beratung in fachlichen Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes,

2. die Erarbeitung von Standards für die Anerkennung von Fortbildungen.

(3) Mitglieder des MTD-Beirates sind:

1.ein(e) rechtskundige Vertreter(in) des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen als Vorsitzende(r),

2. ein(e) weitere Vertreter(in) des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen

3. ein(e) Vertreter(in) der Gesundheit Österreich GmbH (Österreichischen Bundesins­tituts für Gesundheitswesen),

4. je ein(e) Angehörige(r) der sieben Sparten der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, der(die) aufgrund der beruflichen und wissenschaftlichen Qualifikation beson­ders für diese Tätigkeit geeignet ist.

(4) Die Mitglieder gemäß Abs. 3 Z 3 und 4 sind vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen für einen Zeitraum von fünf Jahren zu ernennen. Eine Wiederernennung ist möglich.

(5) Der MTD-Beirat hat eine Geschäftsordnung zu beschließen, die die Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben sicherstellt. Die Geschäftsordnung hat nähere Bestim­mungen insbesondere über die Einberufung, den Ablauf, die Anwesenheit, die Ver­tretung und die Beschlussfassung zu enthalten und bedarf für ihre Wirksamkeit der Genehmigung durch den Bundesminister für Gesundheit und Frauen.

(6) Die Mitglieder des MTD-Beirats üben ihre Aufgaben gemäß Abs. 1 ehrenamtlich aus.“«

Begründung

Zu Artikel 1 (Gesundheitsberuferegister-Gesetz):

Im Rahmen der fakultativ einzutragenden Inhalte im Gesundheitsberuferegister soll auch die Webadresse eingetragen werden können.

Auch Universitäten und Fachhochschulen sollen auf gegen Kostenersatz anonymi­sierte Datensätze bzw.Datenauswertungen erhalten können.

In den Registrierungsbeirat wird auch ein/e Vertreter/in der Sozialwirtschaft Österreich aufgenommen.

Weiters wird die Möglichkeit vorgesehen, dass der Registrierungsbeirat Ausschüsse einsetzen kann.

Zu Artikel 3 (MTD-Gesetz):


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 89

Vergleichbar dem Gesundheits- und Krankenpflegebeirat soll auch für Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste ein Fachbeirat geschaffen werden.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


12.25.06

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wertes Hohes Haus! Wenn wir heute dieser Einrichtung eines öffentlich zugänglichen Gesundheitsberuferegisters nicht zustimmen, dann heißt das nicht, dass wir dieses Register grundsätzlich ablehnen. Wir werden aber die Vorgangsweise, wie sich die Sozialpartner die Einrichtungen Österreichs aufteilen, nicht mittragen.

Um die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Bereich der Dienstneh­mer­freizügigkeit zu erfüllen, ist ein Register einzurichten. Das ist auch in Ordnung so. Im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode ist auf einmal die „Regis­trie­rung der Berufsberechtigungen sowie der absolvierten Fortbildungen und die Ausstellung von Berufsausweisen“ durch die „bestehenden überbetrieblichen Interes­sensvertretungen“ vorgesehen.

Was heißt das? – Das heißt, die Führung des Gesundheitsberuferegisters durch die Bundesarbeitskammer erfolgt entsprechend dem Regierungsprogramm und keines­wegs aufgrund einer gesetzlichen Notwendigkeit und schon gar nicht auf Wunsch der betroffenen Berufsgruppen.

Da dieses politische Vorhaben in einem ersten Entwurf, der vor einem Jahr vorgelegt wurde, aufgrund der großen Mobilmachung der Betroffenen nicht zustande gekommen ist, hat man sich jetzt auf eine wahrlich typisch österreichische Lösung geeinigt. Dabei hat sich leider nicht bestätigt, dass, was lange währt, auf jeden Fall besser wird. Das ist hier leider nicht der Fall.

Die Hälfte des medizinischen Personals, die Angestellten, wird der Arbeiterkammer zugeschoben beziehungsweise dort registriert, und die andere Hälfte, die der Selb­ständigen, wird bei der Gesundheit Österreich GmbH registriert, also in einer nachge­ordneten Dienststelle des Gesundheitsministeriums.

Diese Gesetzwerdung möchte ich im Kontext einer weiteren Gesetzesänderung, die wir heute durchgeführt haben, noch einmal betrachten, und zwar im Kontext der Änderung des Tierärztegesetzes. Genau in diesem Bereich hat die Europäische Union die Verhältnisse in Österreich kritisiert und sogar mit einem Vertragsverlet­zungs­verfahren gedroht, weil die Honorarordnung der Tierärzte in Österreich bisher eine Genehmigung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen benötigt hat und weil die Genehmigung erst nach Anhörung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, des Österreichischen Arbeiterkammertages, des Österreichischen Gewerkschafts­bundes und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs erteilt wurde. Jetzt haben wir dasselbe in Dunkelgrün noch einmal. Dieses Genehmi­gungs­verfahren beim Tierärztegesetz musste zum Glück gestrichen werden, und die Tier­ärzte und ihre Standesvertretung haben sich selbst eine Honorarordnung gegeben. Das Ganze geschah ganz einfach ohne politischen Proporz und ohne Mitwirken der Politik.

Dieses Beispiel sollte unserer Meinung nach durchaus Schule machen, und die Sozialpartner gehören in Wirklichkeit aus allen Themenbereichen hinaus, bei denen es darum geht, dass sich freie Berufsgruppen selbst organisieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 90

Daher gibt es keine Zustimmung von unserer Seite, denn wir sind der Meinung, dass das kein Klima sein kann, in dem eine freie Wirtschaft in Österreich gedeihen kann. (Beifall beim Team Stronach.)

12.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mückstein. – Bitte.

 


12.29.04

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Präsident! Wir werden das Gesetz unterstützen. Es geht, wie wir schon gehört haben, um die Registrierung der diplo­mier­ten Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und der MTD-Berufe. Das sind sieben Berufe, die in der Bevölkerung und bei den PatientInnen gar nicht alle so bekannt sind. Des­halb finde ich auch, dass man sie einmal nennen darf: Es geht um die Physio­thera­peutInnen, die biomedizinischen AnalytikerInnen, die DiätologInnen, die Ergothera­peutInnen, die LogopädInnen, die OrthoptistInnen und die Radiologie­tech­nologIn­nen.

Deshalb finde ich es auch sehr wichtig, dass es ein zentrales Register gibt, wo PatientInnen nachschauen können, ob diese Personen, von denen sie vielleicht auf Empfehlung eines Arztes behandelt werden sollen, auch den entsprechenden Qualifi­kationsnachweis haben und ihre Ausbildung entsprechend den Berufsgesetzen durch­geführt haben. Das ist also ein wichtiges Instrument für Patientensicherheit und auch für Transparenz.

Ja, ich gebe meinen Vorrednerinnen und -rednern recht, das ist sicher eine öster­reichische Lösung, aber aus meiner Sicht ist es doch ein Kompromiss im Interesse der Berufsgruppen. Die BerufsgruppenvertreterInnen haben sich dieses Gesetz, die Registrierung und auch den im Gesundheitsministerium angesiedelten Beirat zur Unterstützung der Ministerin in fachlichen Fragen ihrer Profession gewünscht.

Deshalb denke ich, es ist durchaus berechtigt, diesem Gesetz zuzustimmen, auch wenn ich dazusagen möchte, dass wir damals, als das Gesetz am Ende der letzten Legislaturperiode bereits zur Beschlussfassung gekommen ist, nicht zugestimmt haben. Wir finden, dass durch die Registrierung bei der AK die AK die Interessen­ver­tre­tung und zugleich Aufsichtsbehörde und Registrierungsbehörde wäre, und das wäre eine glatte Unvereinbarkeit gewesen, die so nicht tragbar ist. (Präsident Hofer über­nimmt den Vorsitz.)

Jetzt geht es darum, dass die Arbeiterkammer für die Angestellten und die GÖG beziehungsweise das ÖBIG für die Freiberuflichen zuständig ist. In der Mitte gibt es diese Schwierigkeit, jene zu registrieren, die mehr das eine oder mehr das andere sind.

Ich finde es auch sehr gut, dass es jetzt einen Antrag gibt, der sicherstellen soll, dass in Zukunft die Richtlinien für Fort- und Weiterbildung bei der Re-Registrierung ein­geführt werden und dass überlegt werden soll, wie das genau gemacht wird. Es ist schon wichtig, dass, wenn diese Berufsgruppe nach fünf Jahren wieder um die Regis­trierung ansucht, sie gleichzeitig einen Fort- und Weiterbildungsnachweis hat.

Ich kann das auch aus Sicht meiner eigenen Profession sagen, die vor bald 20 oder 25 Jahren damit begonnen hat, sich in der Öffentlichkeit mit ihrer Qualifikation auszu­weisen. Es war sehr, sehr wichtig, dass es da auch einen Beirat gab und noch immer gibt, der im Gesundheitsministerium angesiedelt ist und wo so etwas wie Fort- und Weiterbildungsverpflichtung tatsächlich auch kontrolliert und überprüft wird.

Ich denke, ich habe jetzt alles dazu gesagt. Ich freue mich, dass wir einen gemein­samen Abänderungsantrag haben und dass dem Wunsch nach einem MTD-Fachbeirat nachgekommen wurde. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.32



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 91

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.32.58

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Frau Abgeordnete hat es schon gesagt, wir haben dieses Gesetz hier schon einmal beschlossen. Danach wurde es auch im Bundesrat beschlossen und ist am Einspruch zweier Länder gescheitert. Wir haben es jetzt in einer verbesserten Form wieder auf der Tagesordnung. Ich bedanke mich auch sehr, es war eine Bundesrätin, Sonja Zwazl, mit der diese Idee eigentlich entstanden ist, dass wir dieses Gesetz dahin gehend abändern, dass wir zwischen der Gesundheit Österreich GmbH und der Arbeiterkammer splitten.

Kollege Loacker, was die Arbeiterkammer mit den Gesundheitsberufen zu tun hat, ist ganz einfach zu erklären: Im Normalfall – jetzt nicht, weil wir es neu einführen, das heißt, jetzt haben wir Bestehende, die sich registrieren müssen – wird man sich nach seiner Ausbildung in ein Berufsgruppenregister eintragen lassen. Es ist so, dass die Ausbildung, gerade was die Gesundheits- und Krankenpflege betrifft, in Schulen durchgeführt wird, und die sind Mitglieder der Arbeiterkammer. Das heißt, die Arbeiterkammer ist in vielen Fällen bei der Registrierung vor Ort und hat das auch angeboten. Es geht also darum, Wege zu sparen, Kosten zu sparen. Deswegen war der Wunsch auch in vielen Bereichen der Gesundheits- und Krankenpflege da, sich genau dort registrieren zu können, weil es einfach und nah ist.

Es stimmt, dass es im Rahmen der Freiberuflichkeit anders ist. Das ist vor allem etwas, das die jetzige Registrierung von bereits bestehenden Berufen betrifft. Eine frei­berufliche Physiotherapeutin hat mit der Arbeiterkammer gar nichts am Hut. Das war auch einer der Widerstände jener, die gegen dieses Gesetz waren. Das aufzulösen, denke ich, ist uns jetzt gelungen. Eine große Forderung beider – sowohl der Ange­stellten als auch der Freiberuflichen – war, eine Liste zu führen, damit niemand benachteiligt wird. Dem kommen wir auch nach.

Ich bedanke mich sehr für die guten Verhandlungen, dafür, dass wir dieses Gesetz jetzt dann doch noch ein zweites Mal zur Beschlussfassung gebracht haben. Ich hoffe, dass es uns auch gelingt, alle anderen Widerstände danach noch irgendwie gemeinsam zu meistern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Doppler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.35.09

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich bin nicht Ihrer Meinung, dass man beim Gesundheitsberuferegister-Gesetz nicht zwei Institutionen geschaffen hat. Man hat ja zwei Institutionen geschaffen. Es stimmt, dass in der Arbeiterkammer bereits diese Registrierungen vorgenommen werden, aber für die Selbständigen ist eben wieder eine andere Institution eingeschaltet worden. Das ist natürlich schon eine Sache, die zu hinterfragen wäre.

Die Registrierung von Angehörigen der Gesundheitsberufe diene der Qualität bezie­hungsweise Patientensicherheit, so heißt es in der Regierungsvorlage. Umgesetzt werden sollten damit EU-Bestimmungen über die Anerkennung von Berufsqualifi­kationen. Ich denke, da liegt auch ein großes Problem.

Gut und schön – was heißt das in der Praxis, Frau Ministerin? – In der Praxis heißt das, dass die Gefahr besteht, dass das Niveau nach unten geht, wenn es um EU-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 92

Bestimmungen geht. Hier geht es natürlich auch um Zulassungen am Arbeitsmarkt im Pflegebereich, das ist hier verankert und das ist keine gute Errungenschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, immer wieder wird eine Verwaltungs­verein­fachung gefordert. Wir hätten bei diesem Gesetz die Möglichkeit zum Bürokratieabbau. Es wäre möglich, nicht zwei zuständige Institutionen zu schaffen beziehungsweise keine getrennten Befugnisse, was die Registrierung dieser Berufe betrifft, zu haben. Wir haben es schon gehört: Einmal ist die Arbeiterkammer zuständig, einmal Gesund­heit Österreich.

Wir sagen bei jeder Gelegenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir Bürokratieabbau betreiben müssen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Verwaltung wird aufgebläht, und ich habe dabei einfach ein schlechtes Gefühl. Es wäre besser, bei der Registrierung dieser Berufe endlich eine schlanke Verwaltung zu haben. Das wäre ein guter Ansatz. So ist es nicht ganz in Ordnung. – Danke schön. (Beifall des Abg. Franz.)

12.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


12.37.19

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gesundheitsberufe sind in einem sehr sensiblen Bereich des menschlichen Wirkens angesiedelt. Ein Blick in den Pflegebereich zeigt zum Beispiel, dass sich Pflegesuchende, Angehörige und Personal in einem ganz beson­deren Vertrauensverhältnis zueinander befinden. Daher ist es für Patientinnen und Patienten auch sehr wichtig, dass Qualifikationen objektiv und transparent dar­gestellt werden und dass auch gewährleistet wird, dass innerhalb der EU ein gleicher Standard vorliegt und zugrunde liegt. Gerade in diesem Berufsfeld ist eine sehr hohe personelle Internationalität zu finden.

Wir haben auch schon gehört, dass die Berufsangehörigen dann Zusatzqualifikationen, Arbeitsschwerpunkte und so weiter eintragen lassen können.

Zur Kritik der Zweigleisigkeit möchte ich aus meiner Sicht noch anmerken: Für die Betroffenen ändert sich insofern nichts, als ja ohnehin alle Daten der Registrie­rungs­pflichtigen im Ministerium zusammenlaufen. Dass die im Gesundheitsbereich unselb­ständig Tätigen mit der Arbeiterkammer in Berührung kommen, finde ich doch sehr von Vorteil, weil gerade auch in diesem Bereich der Anteil ausländischer Fachkräfte hoch ist. Es ist auch wichtig, Ansprüche, Tarife, Kollektivverträge und so weiter bekannt­zumachen.

Transparenz kann keine Einbahnstraße sein. Einerseits muss die Qualifikation der Arbeitssuchenden genau dargestellt werden, aber andererseits müssen auch die Rechte und Löhne wiedergegeben werden. Daran müssen alle Interesse haben, vor allem unsere exzellent ausgebildeten heimischen Fachkräfte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


12.39.27

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Bundesminister! Herr Kollege Hechtl, Ihre Rede hat mich dazu animiert, mich noch einmal zu Wort zu melden. Ganz ehrlich: Sie stellen sich hier heraus, loben dieses Gesetz als ein groß-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 93

artiges, tolles Gesetz. Das lassen wir einmal dahingestellt. Dann gehen Sie her und bringen einen Entschließungsantrag ein. In weiterer Folge kommt ein Abänderungs­antrag, der Redner nach mir wird einen weiteren Entschließungsantrag zu diesem Gesetz einbringen.

Also dieser Start ist nicht nur ein bisschen holprig – er war nicht nur holprig im Ausschuss, wo wir 20 Minuten vor Beginn erfahren haben, dass das Gesetz auf die Tagesordnung kommt und im Gegensatz zum Gesundheitsberuferegister-Gesetz auch wirklich einen veränderten Inhalt hatte. Und jetzt kommen Sie heute wirklich hierher und bringen noch einmal eine Abänderung und zwei Entschließungsanträge ein.

Das ist kein gutes Gesetz. Alleine die Vorgehensweise bringt kein gutes Gesetz. Es ist auch im Übrigen inhaltlich nicht besonders gut, denn die Verwaltungsaufblähung konnten Sie nicht wegbekommen.

Frau Kollegin Becher! Wenn Sie mir sagen, die Beratung bei der Arbeiterkammer sei gut, dann entgegne ich: Ja, Angestellte sind ohnehin Mitglieder bei der Arbeiterkam­mer. Das heißt, die Information würden sie so oder so bekommen. Zweigleisigkeit ist dafür meines Erachtens nicht notwendig.

In diesem Sinne: Ein solches Gesetz, bei aller Wertschätzung, ist nicht gut. Und der Start ist mehr als holprig. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

12.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


12.41.01

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ja, da gebe ich Ihnen völlig recht: Holprig, mehr als holprig. – Aber am Ende einer holprigen Straße kann auch etwas Gutes stehen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Oder der Abgrund!) Ich glaube, das Gesetz ist gut. Die Berufsgruppen begrüßen es zumindest.

Frau Abgeordnete Durchschlag hat gesagt … (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie hat gesagt, es ist besser! Von gut hat sie nichts gesagt!) – Schauen Sie! Es spricht nichts dagegen, in einem langwierigen Diskussionsprozess – und das war eine komplizierte Materie – zu einem Ergebnis zu kommen. Aber das Ergebnis ist da. Ich sage das jetzt so, als ob ich Gynäkologe wäre: Es war nicht eine Normalgeburt, es war ein bisschen eine Steißgeburt, bei der das Kind im Geburtskanal stecken geblieben ist. (Ironische Heiterkeit und demonstrativer Beifall des Abg. Loacker.)

Aber mir ist es wesentlich, einen Punkt zu nennen, der mir als Arzt immer wichtig ist: Auch dieses Gesetz wird zu mehr Zusammenarbeit führen. Auch dieses Gesetz gibt der Berufsgruppe mehr Identität, was mir sehr wichtig ist. Auch dieses Gesetz wird zu mehr Qualität führen, weil die Berufsgruppe selber gesagt hat, sie will nachweislich 60 Stunden erbringen – nachweislich. Wir sagen nicht nur, irgendwo ausbilden. Es gibt keine anderen Berufe im Vergleich zum Gesundheitsberuf, die so viele Fortbildungen machen – wie eben vom Arzt angefangen bis zur Schwester. Und das finde ich entscheidend für die Qualität, für die Ausübung des Berufs gegenüber dem Patienten.

Der Beirat soll das Ganze auch institutionalisieren. Unter dem Augenmerk des Ministeriums sollen die fachlichen Standards entwickelt werden. Und fachliche Standards sind letztendlich entscheidend für die Weiterentwicklung des Fachs. Es geht nicht darum, dass man einen Ausweis hat, dass man etwas hat, sondern dass man ständig State of the Art ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 94

Bezüglich der Bürokratie kann man natürlich viel mehr tun, immer mehr tun. Deshalb bringe ich auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 12 Gesundheitsberuferegister-Gesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird ersucht, unter Einbindung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Wirtschafts­kammer Österreich die melderechtlichen Bestimmungen des Gesundheitsberufe­register-Gesetzes im 2. Halbjahr 2016 dahingehend zu evaluieren und anzupassen, dass, im Interesse der Vermeidung zusätzlicher Aufwendungen für Dienstgeber/innen und Sozialversicherung, eine effiziente und verwaltungspraktikable Vollziehung dieser Bestimmungen sichergestellt wird.“

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Spindelberger, Rasinger und Kolleginnen und Kollegen

betreffend § 12 Gesundheitsberuferegister-Gesetz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses 1239 d.B. (TOP 7)

§ 12 des Gesundheitsberuferegister-Gesetzes (GBRG) sieht vor, dass der/die Dienst­geber/in, gemeinsam mit den Meldungen zur Sozialversicherung (§ 41 ASVG, § 15a B-KUVG), die für die Eintragung in das Gesundheitsberuferegister erforderlichen Daten der als (freie) Dienstnehmer/-innen beschäftigten Angehörigen der Gesund­heits­berufe (§ 1 Abs. 2 GBRG) bekannt zu geben hat.

Im Interesse der Vermeidung zusätzlicher Aufwendungen für Dienstgeber/innen sowie für die Sozialversicherung stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird ersucht, unter Einbindung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Wirtschafts­kam­mer Österreich die melderechtlichen Bestimmungen des Gesundheitsberufe­register-Gesetzes im 2. Halbjahr 2016 dahingehend zu evaluieren und anzupassen, dass, im Interesse der Vermeidung zusätzlicher Aufwendungen für Dienstgeber/innen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 95

und Sozialversicherung, eine effiziente und verwaltungspraktikable Vollziehung dieser Bestimmungen sichergestellt wird.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


12.44.15

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich denke auch, dass dieses Gesundheitsberuferegister-Gesetz reiner Bürokratismus ist, der uns – so ist es ja vermittelt worden – von der EU aufs Auge gedrückt worden ist.

Ich weiß schon, dass die medizinisch-technischen Assistenten ein stärkeres Berufsbild haben wollen et cetera. Das ist alles klar und legitim. Aber es gibt Fachverbände für die verschiedenen Berufsgruppen, die in der Medizin, in der Pflege, in der Medizintechnik arbeiten. Ich glaube, denen hätte man es per Verordnung ermöglichen können, dass sie eine Berufsliste führen, oder man lässt das Ganze bei der Arbeiterkammer. Das wäre ein minimaler bürokratischer Mehraufwand gewesen.

Jetzt haben wir da wieder Doppelstrukturen und Doppelgleisigkeiten und den ganzen unnötigen Kram, den wir eigentlich immer bekämpfen wollen, zumindest sind das die Lippenbekenntnisse, die wir hier immer wieder hören. Der Bürokratieabbau war erst jetzt wieder in der gemeinsamen Pressekonferenz von Kanzler und Vizekanzler ein Megathema. Aber kurz danach kommt sofort die Bürokratieaufbaugeschichte, wie wir sie heute erleben.

Ich frage überhaupt: Wo ist der Bürokratieabbau? Was tun wir gegen die wild­wuchernde Bürokratie, gegen die Tausenden Gesetzesseiten, die sich von Brüssel her, von Wien her ansammeln? Überall in den Ländern, überall wachsen die Gesetzes­bücher und werden immer dicker. Wir tun eigentlich wenig bis kaum etwas dagegen, außer uns in der Opposition dagegen auszusprechen.

Wir haben auch voriges Jahr von Staatssekretär Mahrer gehört, dass er vorhat, eine sogenannte Sunset Legislation einzuführen, was bedeutet, dass man sich nach einiger Zeit alle Gesetze anschaut, ob sie überhaupt noch sinnvoll sind oder ob man sie einfach streichen könnte. Das war auch kurz in den Medien eine Debatte, ist dann wieder eingeschlafen. Also ist diese Sunset Legislation gemeinsam mit der Sonne untergegangen. Das wäre ein Thema, das man wieder aufgreifen könnte.

Wir haben sicher Dutzende, wenn nicht Hunderte Gesetze, die wir ad acta legen können, die wir nicht mehr novellieren oder irgendwie neu gestalten müssen. Das sind alles Beschäftigungstherapien für Verwaltungsapparate, die wir ohnehin reduzieren wollen.

In diesem Sinne möchte ich wieder dazu einladen und aufrufen: Bürokratieabbau sollte wirklich ein oberstes Ziel des Parlaments und der Regierung sein. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Team Stronach.)

12.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1239 der Beilagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 96

Hiezu haben die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Artikel 1 und 3 einge­bracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 18 Ge­sund­heitsberuferegister-Gesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 164.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 12 Gesundheits­beruferegister-Gesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 165.)

12.48.238. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1187 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tuberkulosegesetz und das Epidemiegesetz 1950 geändert werden, sowie über den

Antrag 1529/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Dengue-Fieber und Meldepflicht und über den

Antrag 1744/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Meldepflicht bei Zika-Fällen (1230 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 


12.49.09

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meldepflichtige ansteckende Krank-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 97

heiten sind in Österreich Gott sei Dank sehr selten. Auch das ist ein Zeichen von Qualität im österreichischen Gesundheitssystem. Damit diese Zahlen aber in Zukunft weiter sinken, damit man auch optimal auf neue Entwicklungen eingehen kann, sollen heute das Tuberkulosegesetz und das Epidemiegesetz geändert werden.

Die Meldepflicht für ansteckende Krankheiten ist in Österreich geschaffen worden, um die Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten zu verhindern. Da geht es nicht nur rein um die medizinische Behandlung der betroffenen Personen, sondern vor allem auch um die Untersuchung der Umgebung, Umfeldanalysen, aber auch die Unter­suchung und die Verfolgung der Infektionskette bis zu den Quellen von Erkrankungen und natürlich auch die Information gefährdeter Kontaktpersonen.

In das Epidemiegesetz werden heute zusätzliche Erkrankungsfälle mitaufgenommen. Das Chikungunya- und das Dengue-Fieber, aber auch das Zika- und Hantavirus sind neu im Epidemiegesetz.

Der Umgang mit Tuberkulosefällen ist in Österreich in einem eigenen Gesetz geregelt, im Tuberkulosegesetz. Da stammen die Kernbereiche aus dem Jahre 1968. Deswegen ist es wichtig, dass dieses Gesetz auch unter Einbindung von Expertinnen und Exper­ten und unter Einbindung von Fachgesellschaften generalüberholt wurde. Da geht es einerseits um die Erweiterung des Anwendungsbereiches, also auch um Erkrankungen bei Menschen, die durch unterschiedlichste Tuberkulose-Erreger ausgelöst wurden. Es gibt auch eine Ausweitung der Behandlungspflicht für Menschen, die an Tuberkulose erkrankt sind, die zwar nicht ansteckend ist, aber bis zur endgültigen Ausheilung behandelt werden sollte.

Es geht auch um eine Aufklärungspflicht für neue medizinische Möglichkeiten gegen­über ansteckungsgefährdeten Personen, die in Kontakt waren. Für ganz wichtig halte ich auch, dass es eine klare Definition der Aufgaben der Referenzzentrale geben wird, wo jährlich ein Bericht über Tuberkulosefälle erstellt werden wird. Es wurde natürlich festgesetzt, dass die notwendige Datengrundlage jedenfalls der Referenzzentrale zur Verfügung stehen muss.

Wichtig war auch, dass wir für den Fall, dass sich Menschen der Behandlung ver­weigern, die Frage der Freiheitsbeschränkung bei uneinsichtigen Tuberkulose­kran­ken neu geregelt haben; dies nämlich auch auf Basis verfassungsrechtlicher und men­schenrechtlicher Grundlagen.

In Summe denke ich, dass wir mit diesem heutigen Gesetzesvorschlag eine gute und wichtige Weiterentwicklung für Österreich mit dem Ziel zustande bringen, die Häufigkeit ansteckender meldepflichtiger Krankheiten in Zukunft noch einmal deutlich zu verringern. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


12.51.50

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren im Plenum! Tuberkulose-Erreger sind weltweit ein großer Krankheitskeim. Laut WHO ist ein Drittel der Weltbevölkerung mit Tuberkulose-Erregern infiziert, aber nur bei 5 bis 10 Prozent bricht dann die Krankheit auch aus, sodass sie behandelt werden muss.

Österreich ist ein Land, das wenige Tuberkulose-Neuerkrankungen hat. Um diese Zahl noch weiter zu senken, ist es natürlich wichtig, eine rasche Diagnostik und eine effizientere Therapie dahinterzusetzen. Es ist sehr oft so, dass schon resistente Keime auftreten, und das ist eine besondere Herausforderung für unser Gesundheitssystem,


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was natürlich auch mit hohen Kosten verbunden ist. So spricht in den Ländern Osteuropas, besonders in Weißrussland, nur mehr jeder Dritte auf die Medikamente an. Die anderen sind schon resistent. Das ist eine hohe Kostenherausforderung.

Warum kommt so etwas vor? – Teilweise auch deswegen, weil Therapien zu früh abgebrochen werden oder falsch therapiert wird. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich als Ziel gesetzt, in jenen Ländern die latenten Infektionen zu behandeln, und Österreich hat sich für 2050 das Ziel gesetzt, die Tuberkulose überhaupt auszurotten.

Mein Kollege hat es schon angesprochen: So wollen wir heute in dieser Novelle eben explizit auf die Meldepflicht hinweisen, dass das Labor die Fälle an die Bezirkshaupt­mannschaft melden muss. Die Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörde sind damit ausgeweitet worden, dass sie die Leute auf ihre Behandlungspflicht, die Rechtsfolgen und die Verletzungen hinweist, dass sie auch den Verlauf der Krankheit weiterhin kontrolliert und das explizit festgehalten wird. Wie schon angesprochen worden ist, sollen auch die Personen, die mit Infizierten in Kontakt stehen, aufgeklärt werden.

Tuberkulose ist eine große Gefahr für die Gesundheit, und daher ist es besonders wichtig, dass wir diese Maßnahmen setzen und dass wir diese Krankheit bei uns in Österreich komplett ausrotten. – In diesem Sinne herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck ist der nächste Red­ner. – Bitte.

 


12.54.23

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben derzeit eine Renaissance längst überkommener Bedrohungen, längst überkommener Erkrankun­gen, und auch neue Erkrankungen sind dazugekommen.

Es gibt drei Ursachen dafür: Die eine Ursache ist natürlich die vermehrte Reisefreiheit, die vermehrte Reisetätigkeit. Das ist keine Einbahnstraße. Nicht nur wir entdecken und reisen in neue Regionen, sondern es kommen auch von entfernten Winkeln dieser Welt Krankheitsbedrohungen zu uns.

Der zweite Punkt ist das veränderte Weltklima, das auch in unseren Breiten Krank­heiten gedeihen lässt, die zu früheren Zeiten hier nicht vorhanden waren.

Der dritte Punkt ist natürlich die enorme Flüchtlingsbewegung in unser Land.

Meine Damen und Herren! Das ist in der Dramatik nicht abzuschätzen. Der unge­bremste Flüchtlingszustrom der Gegenwart erhöht das Verbreitungsrisiko von gefähr­lichen und bislang unbekannten Keimen in unseren Breiten exponentiell. Das sehen nicht nur wir von der Freiheitlichen Partei so, sondern das sieht vor allem auch das Robert-Koch-Institut in Berlin so. Dieses warnt vor einer erhöhten Infektionsgefahr der Allgemeinbevölkerung durch die enorme Massenzuwanderung und geht davon aus, dass die hohe Zahl Asylsuchender das hiesige Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen stellt.

Die Prävention und Kontrolle von Infektionskrankheiten ist daher ein Aspekt von vielen, der besonders Gesundheitsämter und Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende zu beschäftigen hat. Was für Deutschland gilt, gilt natürlich auch für Österreich, weil Österreich neben Deutschland und Schweden eine der bevorzugten Destinationen der Flüchtlingsbewegung ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 99

Das „Deutsche Ärzteblatt“ vom 16. Oktober 2015 weist in diesem Zusammenhang auf einen möglicherweise fehlenden oder unvollständigen Impfschutz der Flüchtenden und Migranten hin und geht besonders auf das Tuberkuloserisiko ein. Es heißt, die Asyl­suchenden hätten ein erhöhtes Risiko, an Tuberkulose zu erkranken, auch aufgrund des häufigen Vorkommens in den meisten Herkunftsländern sowie der Ansteckungs­möglichkeiten während der Flucht und vor allem auf den Fluchtrouten. Das Screening von asylsuchenden Personen auf infektiöse Tuberkulose ist daher eine der wichtigsten präventiven Maßnahmen, sagt das „Deutsche Ärzteblatt“.

Die geschilderten Probleme stellen auch für das österreichische Gesundheitssystem eine große Herausforderung dar, denn das heimische Tuberkulosegesetz stammt größtenteils aus dem Jahr 1968. Man braucht jetzt nicht näher zu erläutern, dass sich seither zum Glück sowohl die epidemiologischen Voraussetzungen als auch die men­schenrechtlichen Standards für freiheitsbeschränkende Maßnahmen wesentlich geän­dert haben.

Oder um es weniger blumig auszudrücken: Der ungehinderte Zustrom von Flüchtlingen sorgt mittlerweile für einen dramatischen Anstieg des Infektionsrisikos. Ein Flüchtling, der in Aleppo gesund zur großen Flucht aufgebrochen ist, durchwandert Tausende Kilometer unwegsamen Geländes ohne jegliche sanitäre Standards und erreicht sein Ziel Europa möglicherweise mit einer gefährlichen Infektionskrankheit.

Deswegen sind die in der Novelle zum Tuberkulosegesetz und Epidemiegesetz 1950 vorgesehenen Maßnahmen grundsätzlich zu begrüßen, vor allem die explizite Melde­pflicht von Labors und die umfassende Aufklärungspflicht der Bezirksverwaltungs­behörden. Deswegen werden wir dem zustimmen.

Darüber hinaus gibt es jetzt noch zwei andere Punkte, die die Notwendigkeit, die Meldepflicht für gefährliche Infektionskrankheiten wieder einzuführen, hervorstreichen. Diesem Ansinnen dienen die beiden zur Abstimmung stehenden Entschließungs­anträge meiner Kollegin Frau Dr. Belakowitsch-Jenewein betreffend Dengue-Fieber und Meldepflicht beziehungsweise betreffend Meldepflicht bei Zika-Fällen. Das Dengue-Fieber als solches ist keine ansteckende Krankheit wie die Tuberkulose, aber es ist hier in erster Linie die Frage zu klären, ob es sich um importierte oder bereits um autochthone Fälle aufgrund von … (Abg. Jarolim: Herr Kollege! …! Sie sieht es ein bisschen anders!) – Aha, es ist schon gut. Ja, danke für den Hinweis. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Inhaltlich nicht!)

Aber die veränderten klimatischen Bedingungen sind möglicherweise dafür verant­wortlich, dass sich in diesem Bereich in der Zukunft etwas ändern könnte und das würde eine durchaus gefährliche Situation darstellen. Auch beim Zika-Virus müssen wir auf der Hut sein, das ist ein heimtückisches Virus, wie wir alle wissen. Deswegen ist die Meldepflicht vor allem für Schwangere durchaus zu unterstützen.

Frau Minister! Ich möchte jetzt noch eines sagen: Das Ganze hängt ja damit zusam­men – um diesen Bogen zu spannen –: Die Diagnosen finden, wenn man so eine Krankheit einmal hat, auch im Rahmen der sozialen Krankenversicherung statt.

Da möchte ich noch einmal den Bogen zu dem spannen, was wir vorher diskutiert haben. Sie haben natürlich vollkommen recht, dass Verträge, wo auch immer, einge­halten werden müssen, dass da keine Missverständnisse aufkommen. Aber schlechte Verträge, überspitzt ausgedrückt Knebelverträge, führen natürlich zu Missständen und bringen auch die Kollegen in den betreffenden Einrichtungen dazu, ein bisschen kreativ zu sein.

Ich möchte jetzt nur eines betonen – das ist jetzt nicht der Tagesordnungspunkt, aber es ist wichtig, das zu sagen, denn das würde dann zu einer Konfliktsituation führen –:


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Bitte nehmen Sie jetzt diesen unerfreulichen Anlassfall nicht her und versuchen, die Freiberuflichkeit einzuschränken oder aufzuheben! Die Freiberuflichkeit hat gefördert zu werden, sie ist ein durchaus erstrebenswerter Zustand. Die Freiberuflichkeit ist natürlich so etwas wie die Antithese zur verzopften Ideologie der Spät-Achtundsech­ziger sowjetischer Prägung – ich sage das absichtlich so überspitzt –, wo der Staat alles besser weiß.

Das ist etwas, was wir hier auch einmal diskutieren müssen: Der Patient in Österreich glaubt nämlich aufgrund dieser umfassenden Krankenkassen-Zwangsverpflichtung, die er hat, wirklich alles zu bekommen. Dem ist aber nicht so. Während der Versiche­rungs­nehmer bei einer Autoversicherung ganz genau weiß, welche Leistung er bekommt, weiß er es bei der sozialen Krankenversicherung nicht wirklich. Das ist nämlich der Grund für all die Missverständnisse, die hier auftreten. Und diese Diskussion haben wir in der neuen Session ab Herbst zu führen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Mückstein. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Abg. Jarolim: Genau da hilft ELGA irrsinnig! Das habe ich mit dem Kollegen Cap schon x-mal diskutiert, wir sind auf kein besseres Ergebnis gekommen!)

 


13.01.45

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Präsident! Sie haben schon gehört, was das neue Tuberkulosegesetz können soll, und das wird es auch können. Uns war es wichtig, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte gewahrt wird, dass menschen­rechtliche und verfassungsrechtliche Standards eingehalten werden und dass keine Willkür bei der Anhaltung herrschen kann. Wir glauben, dass das mit diesen Bestim­mungen sehr gut gewährleistet ist.

Was ich aber zu Ihnen, Herr Kollege Karlsböck, schon sagen möchte: Ich finde es eigentlich unerträglich, wie Sie so eine neue Regelung benützen, um wieder Angst und Panik zu machen und eine Krankheitsbedrohung in den Raum zu stellen, die es tatsächlich in dieser Form nicht gibt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Sie wissen von den Flüchtlingsströmen, wie wir sie letztes Jahr gesehen haben, dass der Großteil derer, die krank waren, an Verkühlung, Unterkühlung, Unterernährung erkrankt ist. Und so etwas wie Tuberkulose kommt ganz, ganz selten vor, und wenn, dann auf jeden Fall so, dass es leicht einzudämmen und in den Griff zu bekommen ist. (Abg. Karlsböck: Aber das Robert-Koch-Institut …!)

Wenn Sie diese Krankheitsbedrohung so sehen, dann, denke ich, können Sie sich ja freuen, dass dieses Gesetz nun für alle Menschen in ganz gleicher Weise gilt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, eh, wir stimmen ja zu! Wir freuen uns eh! – Abg. Karlsböck: Das Robert-Koch-Institut …!), unabhängig davon, woher sie kommen und welche Hautfarbe sie haben, und ganz egal, ob sie geflüchtet oder hier ansässig sind. (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Oberhauser: Vollkommen richtig!)

13.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Weigerstorfer gelangt nun zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


13.03.45

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ja, auch wir begrüßen natürlich diese vorliegende Reform des Tuber­kulosegesetzes und seine Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 101

Wir haben es gehört, die Tuberkulose spielt Gott sei Dank in Österreich nur noch eine sehr untergeordnete Rolle. Hier sind zwei Faktoren schlagend geworden: zum einen die sehr gute medizinische Versorgung in Österreich, aber auch die veterinärbehörd­lichen Maßnahmen seit dem Zweiten Weltkrieg, wodurch es Gott sei Dank keine Übertragungen mehr durch Rinder beziehungsweise kleine Wiederkäuer gibt. Das muss man auch einmal gesagt haben.

Nichtsdestotrotz sind natürlich Maßnahmen erforderlich. Wir haben es vorher auch gehört, es sind wenige Fälle, aber ich halte das gar nicht für so wenig: Laut dem letzten Tuberkulose-Bericht des Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 2014 wurden 440 bestätigte, 67 wahrscheinliche und 74 mögliche Fälle von Tuberkulose registriert. Auch in Europa ist Tuberkulose noch nicht ausgerottet, das sagt auch die WHO. Natürlich ist es im europäischen Raum mehr unter Kontrolle als in anderen Ländern.

Fakt ist, dass Tuberkulose weltweit fast so viele Menschen tötet wie Aids: rund 1,1 Millionen. Darum ist es sehr, sehr gut, dass wir dieses Gesetz heute beschließen, vor allem, weil die starke Zunahme dieser multiresistenten Tuberkulosestämme beson­ders besorgniserregend ist, die nicht mehr auf die zwei hochwirksamen Medikamente ansprechen. Da gibt es leider auch Fälle in Österreich: Schon 20 Fälle von multiresis­tenter Tuberkulose sind bei uns bestätigt worden.

Daher ist es sehr, sehr wichtig, dass wir dieses Gesetz heute beschließen, und dafür möchte ich mich auch recht herzlich bedanken. (Beifall beim Team Stronach.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


13.06.13

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir unser Tuberkulosegesetz modernisieren und vor allem an menschenrechtliche Gegebenheiten anpassen, ist erfreulich. Es ist schon sehr viel dazu gesagt worden.

Ich möchte das aber vielleicht noch, auch wenn Österreich von einer sehr niedrigen Inzidenz betroffen ist, in einen europäischen Rahmen stellen. Die WHO Europe, die zuständig für Europa und Zentralasien ist, sagt, dass wir in dieser Region die höchste Rate an multiresistenten Tuberkulosestämmen haben, mit der Konsequenz, dass wir in der Region auch die niedrigsten Behandlungserfolge haben. Ein Bericht des Anti­microbial Resistance, der vom britischen Premierminister gegründet worden ist, geht davon aus, dass es bis zum Jahr 2050 in der Region Europa und Zentralasien etwa 2 Millionen Todesfolgen aufgrund von Tuberkulose geben wird und etwa 1,1 Milliarden US-Dollar Kosten damit in Verbindung stehen werden.

Wir haben es schon gehört, Tuberkulose macht nicht vor nationalen Grenzen halt, es ist wirklich ein Thema der gesamten Region und somit auch von Österreich. Die Europäische Kommission hat ein politisches Rahmenwerk ganz generell zu HIV, Tuberkulose und Hepatitis C, das aus dem Jahr 2008 stammt und zum Beispiel auf die jetzt aufgetauchten Probleme mit der Multiresistenz und den damit verbundenen Konsequenzen noch nicht eingeht.

Es hat letztes Wochenende in Bratislava ein internationales Treffen von Parlamen­tarierInnen aus der Region gegeben, die sich über die Situation unterhalten haben. Als Ergebnis wurde unter anderem ein Brief an die Europäische Kommission verfasst, in dem die Europäische Kommission aufgefordert wird, diese aus dem Jahr 2008 stammende politische Rahmenfestlegung zu erneuern, auch im Hinblick darauf, dass viele Länder vor allem in Zentralasien jetzt keine Least Developed Countries mehr sind


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und sehr viel finanzielle Unterstützung, wie zum Beispiel vom Global Fund, nicht mehr in Anspruch nehmen können, aber trotzdem nicht in der Lage sind, selbst und allein auf diese Herausforderungen zu reagieren.

Ich denke, es macht Sinn, wenn die Europäische Kommission – auch im Sinne von Nachbarschaftspolitik und auch im Sinne von richtig verstandenen Eigeninteressen – da tätig wird, und ich würde mich freuen, wenn sich auch Österreich dieser Auffor­derung an die Europäische Kommission, ein neues Programm zu machen und es auch finanziell dementsprechend zu dotieren, anschließen und das unterstützen würde. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminister.

 


13.08.54

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Die Inhalte des Tuberkulosegesetzes sind ja schon von den Rednern der verschiedensten Parteien genannt worden. Wir haben menschenrechtliche Aspekte, die wir darin fest­halten, wir bringen dieses Gesetz in die Jetztzeit und wir nehmen auch Rücksicht auf die neuen epidemiologischen Gegebenheiten.

Da Kollege Karlsböck auch bei der Rede der Frau Mückstein, die gesagt hat, die Gefahren sind relativ gering, immer wieder hineingerufen hat: „Aber das Robert-Koch-Institut …!“, habe ich jetzt das Robert-Koch-Institut gegoogelt und mir den Bericht vom 20.11.2015 herausgesucht – ich nehme an, das ist der, den du zitierst. Da steht unter der Überschrift „Asylsuchende und Infektionsschutz (…) Die Gefahr ist gering“ Folgendes:

„Das Robert Koch-Institut (RKI) sieht derzeit keine relevante Infektionsgefährdung der Allgemeinbevölkerung durch Asylsuchende. Asylsuchende sind grundsätzlich durch die gleichen Infektionskrankheiten gefährdet wie die einheimische Bevölkerung (…). Auf­grund des häufigeren Vorkommens in den Heimatländern werden aber manche Infek­tionskrankheiten bei Asylsuchenden häufiger beobachtet. Die anstrengende Flucht und ein ggf. fehlender Impfschutz können darüber hinaus dazu führen, dass Asylsuchende empfänglicher gegenüber einigen Infektionskrankheiten sind.“

Der Impfschutz, der ihnen fehlt, ist der gegen Masern, Mumps, Röteln, Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten.

Das heißt, das Robert-Koch-Institut widerspricht völlig dem, was du hier zitiert und mehrfach hineingerufen hast, und ich glaube, das ist zur Richtigstellung wirklich notwendig gewesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Auer – in Richtung FPÖ –: Jetzt schaut ihr aber nicht gut aus! Das war 5 : 0 für die Ministerin!)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt keinen Wunsch hinsichtlich eines Schlusswortes.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1230 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

13.11.159. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1607/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Extradotation für den VKI in Sachen TTIP (1235 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1729/A(E) der Abgeord­neten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparenten Umgang mit Zutaten beziehungsweise Wirkstoffen, welche in der Lage sind, die Gesundheit zu gefährden, krebserregend zu wirken oder Allergien auszulösen (1236 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1288/A(E) der Abgeord­neten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme veganer und vegetarischer Produkte in den Codex Alimentarius (1237 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 1609/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Extradotation für den VKI in Sachen TTIP (1242 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 1702/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verpflichtung von Versicherungsgesellschaften zur permanenten Abrufbarkeit ihrer AGB-Kataloge (1241 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 13 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


13.11.40

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vor allem auf meinen Antrag betreffend Extradotierung des VKI aufgrund der Tatsache, dass TTIP ins Haus steht, eingehen. Ich bekenne mich dazu, ich lehne TTIP ab, ich weiß auch, dass es für die Ablehnung von TTIP eine doch große Mehrheit hier herinnen gibt, dennoch besteht eine ganz große Gefahr. Wir haben ja in den letzten Tagen erlebt, wie Kommissions­präsident Juncker versucht, CETA mit Gewalt durchzudrücken. Es schaut jetzt zwar


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etwas demokratisch aus, aber man sollte sich nicht davon täuschen lassen, dass die nationalen Parlamente abstimmen dürfen, denn eines ist ganz klar: Sollte auch nur ein einziges nationales Parlament dagegen stimmen, wird Juncker einen Weg finden und seine gefinkelten Juristen eine Lösung suchen lassen, dass CETA in jedem Fall kommen wird, und genau diese Gefahr sehe ich auch bei TTIP.

Dieses Abkommen hat sehr weitreichende Folgen für jeden einzelnen Bürger, auch für die Landwirtschaft, für die Ernährung, aber auch für die Gesundheit, den Gesund­heitsbereich. Ich denke, wir müssen uns leider Gottes darauf einstellen, dass es, so wie es derzeit aussieht, statt eines Umdenkens in Richtung Einbindung der Bürger eher ein Abschotten geben wird. Das ist leider Gottes die derzeitige Situation. Vielleicht ändert sich in den nächsten Wochen doch noch etwas, aber aus heutiger Sicht halte ich daher diesen Antrag für wirklich wesentlich und wichtig.

Ich habe ihn in zwei Ausschüssen gestellt, sowohl im Gesundheitsausschuss als auch im Konsumentenschutzausschuss. Ich weiß, beide Anträge kommen jetzt in den Wirtschaftsausschuss, und ich hoffe, dass mit dieser Überstellung in den Wirtschafts­ausschuss dort die Sache auch entsprechend ernst genommen wird, denn die Auswirkungen können wir heute nicht abschätzen. Es ist naiv, zu glauben, dass ein Freihandelsabkommen mit den USA wirklich dazu führen wird, dass unser Mittelstand gestärkt wird und dass wir gesündere Lebensmittel, bessere landwirtschaftliche Pro­dukte bekommen werden. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, das glaube ich auch nicht. Und jeden, der das behauptet, halte ich für naiv. (Beifall bei der FPÖ.)

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


13.14.12

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich darf mich auch auf die beiden Anträge der Kollegin Belakowitsch-Jenewein beziehen, die wir jetzt dem Wirtschaftsausschuss zuweisen. Sie haben als Begründung für die Extradotation des VKI das TTIP-Abkommen ange­führt. Ich kann der Argumentation insofern nicht ganz folgen, als es, glaube ich, um eine grundsätzliche Extradotation für den VKI gehen sollte, die zeitlich nicht auf die Zeit befristet ist, in der diese TTIP-Verhandlungen laufen. Ich glaube, unser gemein­sames Ziel – so habe ich Sie auch in den letzten Ausschüssen verstanden – ist es ja eigent­lich, dass wir eine permanente Höherdotation für den VKI erreichen.

Wir haben diese Extradotation im Regierungsprogramm vereinbart, und auch mir geht es, so ehrlich muss ich sein, zu langsam, dass wir hier gemeinsam eine Lösung finden. Wir wissen, das Thema Konsumentenschutz ist wichtig, und wir sehen auch, dass sich die Herausforderungen für den Konsumentenschutz deutlich gewandelt haben und dass sie wahrscheinlich auch gestiegen sind. Wir haben durch das veränderte Konsumverhalten der Menschen natürlich heute andere Anforderungen an den Konsu­mentenschutz. Der klassische Handel nimmt ab, wir haben immer mehr Inter­nethandel, und die Frage ist: Wie kann man gerade in einer so globalisierten Welt die Rechte der Konsumentinnen und Konsumenten schützen?

Wir merken auch in vielen Diskussionen, die wir in den Ausschüssen führen, dass es eine Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten gibt, wenn es darum geht, Produktinhaltsstoffe nachzuvollziehen, was ist in Produkten drinnen, welche Inhaltsstoffe sind drinnen. Wir haben auch schon die Diskussion gehabt, dass es nicht mehr nur um die Inhaltsstoffe geht, sondern wir kommen immer mehr darauf, dass es


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auch um Verunreinigungen geht, die heute in Lebensmitteln und Produkten enthalten sind.

Die Konsumentinnen und Konsumenten wollen darüber natürlich Bescheid wissen, und da braucht es jemanden, zu dem die Menschen Vertrauen haben, und das ist es, was der VKI, glaube ich, durch seine Arbeit in den vielen Jahren erreicht hat: Die Leute vertrauen dem VKI. Er wird in Fragen des Konsumentenschutzes als Experte ange­sehen, und darum ist auch diese Extradotation so wichtig. Ich sehe die Rolle des VKI auch als Partner der Wirtschaft, und ich glaube, auch für die Wirtschaft ist es wichtig, einen Partner zu haben, mit dem man sich in Fragen des Konsumen­ten­schutzes beraten kann.

Zum Abschluss noch einmal der Appell: Wir dürfen diesen Antrag nicht auf die lange Bank schieben, und ich hoffe, wir können hier zeitnah – es liegt an uns, ich weiß es – eine Lösung erreichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


13.16.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tatsächlich, der Konsumentenschutz ist ein ganz zentraler Aspekt, den die Bürgerinnen und Bürger nicht missen wollen und den wir auch weiter aus­bauen müssen. Insofern ist der Antrag durchaus interessant und wichtig, Frau Kollegin. Wir haben daher diesen Antrag an den Wirtschaftsausschuss weitergereicht, und es ist hier die Gelegenheit, inhaltlich noch einmal darauf einzugehen.

Der scheidende Geschäftsführer Franz Floss hat in seiner Abschlusspressekonferenz klar aufgezeigt, dass es in Zukunft neue Herausforderungen geben wird und daher auch zusätzliche Mittel geben muss. Es ist ja auch im Regierungsprogramm 2013 bereits festgeschrieben worden – Kollege Vogl, du hättest vielleicht auch kurz anmer­ken können, dass es hier noch zu keiner Umsetzung gekommen ist –, dass die Bun­des­wettbewerbsbehörde ihre Bußgelder zweckgewidmet für den Konsumentenschutz zur Verfügung stellen soll. Dann wäre die Finanzierung für den Konsumentenschutz gesichert, um diesen auszubauen und konsequent weiterzuentwickeln.

Derzeit sind ja die Trägerorganisationen eher geschrumpft. Wir haben die Bundes­arbeitskammer, wir haben den ÖGB, wir haben auch eine Basissubvention des Sozialministeriums. Mir ist klar, Frau Ministerin, Sie werden auch den einen oder anderen Auftrag an den VKI vergeben. Es ist das wirklich ein ganz zentrales Thema, und ich finde es gut, dass wir diesen Antrag jetzt an den Wirtschaftsausschuss weiterleiten, denn dort wird auch, nehme ich an, mit Minister Mitterlehner eine inter­essante, spannende Debatte geführt werden müssen, weil die Wirtschaft, die ursprünglich ja auch Mitträger war, sich da zurückgezogen hat. Ich kann das auch nur mit Achselzucken sozusagen kommentieren. Entweder ist ihnen diese Gangart … (Abg. Peter Wurm: Da steckt ein Plan dahinter!) – Ein Plan? – Ja, möglicherweise, Kollege Wurm, das kann schon sein.

Ich meine, dass unser Plan sein muss, diese Institution zu stärken. Das können wir gemeinsam hier im Parlament vorantreiben, im Regierungsprogramm sind ja diesbezüglich Hinweise enthalten, die durchaus auch die Opposition unterstützen kann. Es gibt also Wege, um die Situation zu verbessern.

Ich möchte auch noch auf zwei, drei Aspekte der anderen Anträge ein bisschen ein­gehen, nämlich die Frage veganer und vegetarischer Produkte. Dazu wird meine Kollegin noch einen Antrag einbringen. Aber hier ist tatsächlich auch ein Aspekt betrof-


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fen, der mit TTIP zu tun hat. Der VKI sollte sich mit allen Qualitätsparametern beschäf­tigen, und wir beschäftigen uns heute auch noch einmal im Rahmen einer Be­sprechung einer Anfragebeantwortung mit TTIP, Landwirtschaft und Lebensmitteln, aber entscheidend ist, dass wir uns im globalen Handel überlegen müssen: Welche Qualitätsprodukte wollen wir überhaupt hereinlassen und welche Nichtqualitäts­pro­dukte müssen wir entweder vor Ort sozusagen verändern beziehungsweise an der Grenze zurückweisen oder eben auch durch einen qualifizierten Außenschutz nach ökologischen und sozialen Standards entsprechend belasten, nämlich besteuern.

Meine Damen und Herren! In den veganen Industrieprodukten – das sage ich ganz bewusst so –, die die großen Handelsketten vertreiben, werden Wurstersatzprodukte aus Palmfett und Kokosfettprodukten verwendet. Wir wissen, dass Palmölplantagen in Malaysia, Indonesien Giftzentren sind. Die agrarindustrielle Produktion zerstört und verwüstet den Regenwald und geht mit massivem Glyphosat-Einsatz einher, dem Mittel also, das wir auf europäischer Ebene alle ablehnen, zumindest wir Grünen. Daher sind entsprechende Maßnahmen notwendig. Eine Palmfettsteuer an der EU-Außengrenze zum Beispiel würde es ermöglichen, unökologische Produkte zu belas­ten. Mit den Erlösen könnte man zweckgewidmete Ressourcen bilden, um zum Beispiel den Milchbauern und Milchbäuerinnen in Europa zu helfen, die Schwierig­keiten haben. Milchfett könnte wieder stärkeren Absatz finden. Wir hätten dann auch die Mittel, im Lebensmittelsektor qualitative Maßnahmen wie zum Beispiel Konsumen­tenschutz umzusetzen oder in Krisenzeiten Notmaßnahmen zu finanzieren.

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Ein Anliegen der regionalen Qualitäts­produktion, das auch unter dem Gesichtspunkt des Konsumentenschutzes immer öfter thematisiert wird, ist die Weideschlachtung. Ich hoffe, dass wir dafür eine ähnliche Regelung wie in Deutschland finden.

Abschließend: Morgen, Frau Ministerin, steht im ständigen Ausschuss die weitere Zulassungsverlängerung für alte Gentechnikpflanzen auf der Tagesordnung. Ich hoffe, unsere Beamten werden dort ganz klar gegen die Verlängerung dieser Zulassung stimmen. Vielleicht könnten Sie kurz dazu Stellung nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.21.41

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich kurz auf den Antrag unter Tagesordnungspunkt 13 des Kollegen Scherak, der zurzeit leider nicht im Saal ist, betreffend verpflichtende per­manente Onlineabrufbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Versiche­rungs­gesellschaften Bezug nehmen.

Wenn jemand einen Versicherungsvertrag abschließt, bekommt er gleichzeitig mit dem Vertrag die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit übergeben oder zugesandt. Sollte er diese verlieren, ist es jederzeit möglich, sie wieder anzufordern. Sie werden ihm unbürokratisch zugeschickt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorschlag ist natürlich diskutabel und soll auch entsprechend behandelt werden. Ich habe mit Vertretern der Versicherungs­branche gesprochen, und die haben mir versichert, dass auch in Zukunft eine noch­malige Zustellung natürlich kein Problem ist, wenn die Unterlagen verloren gegangen sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 107

Ich verstehe natürlich auch die Intention des Kollegen, es gilt jedoch auch zu beden­ken, dass es viele Menschen gibt, gerade ältere, die immer wieder Schwierigkeiten haben, dieses online verfügbare Archiv zu benützen, weil ihnen sehr oft auch die technische Möglichkeit zur Umsetzung fehlt – viele haben überhaupt kein EDV-Gerät zu Hause. Das ist zu bedenken. Man müsste also doppelgleisig fahren, um beide Aspekte berücksichtigen zu können.

Weiters ist zu bedenken, dass es da doch ein ziemlich großes Konvolut an Dokumen­ten zu bearbeiten gilt. (Abg. Loacker: Einfach online stellen!) Oft können die vielen Informationen auch zu Verwirrungen führen.

All das muss man natürlich beachten. In den Gesprächen haben die Versicherungs­vertreter nicht abgelehnt, die Geschäftsbedingungen online zu stellen, und sagen selbst, dass man sich das anschauen muss. Dadurch dürfen für sie aber natürlich keine zusätzlichen Kosten entstehen, und es muss auch eine Speicherung geben, eine Wartung und auch ein Archiv. Das muss man sich anschauen, und daher ist es sicherlich vernünftig, das an den Justizausschuss weiterzuleiten. Wenn es Sinn macht, sollte man es vielleicht auch umsetzen.

Wichtig ist natürlich auch, dass für den Konsumenten und die Konsumentinnen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Wenn, dann soll es ein zusätzliches Service sein, das unkompliziert in Anspruch genommen werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Manche Argumente sind schon sehr an den Haaren herbeigezogen!)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.24.29

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Punkte, die wir jetzt gerade besprechen, sind meines Erachtens sehr, sehr wichtig. Es geht um Information und einen ganz wichtigen Punkt, nämlich um Prävention. In einem Antrag geht es um eine Extradotation für den VKI in Sachen TTIP. Das unterstützen wir voll, weil Information gerade im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen TTIP ganz, ganz wichtig ist, um die Europäer präventiv schützen zu können. Information ist da, wie gesagt, ein ganz, ganz wichtiger Punkt, und darum geht es auch in meinen beiden Anträgen, die ich kurz besprechen möchte.

Sie wissen, Prävention ist immer viel, viel günstiger als Reparatur, und gerade im Gesundheitssektor kann man präventiv unglaublich viel erreichen. Es ist nur leider oft so, dass nicht ausreichend Information vorhanden ist. Durch Informationen, die man sich selbst im Internet holt, eignet man sich teilweise nur Oberflächenwissen an beziehungsweise bekommt so auch falsche Informationen. Es ist ein Auftrag der Politik, Information an die Bürgerinnen und Bürger weiterzugeben.

Es gibt derzeit keine seitens des Bundesministeriums für Gesundheit veröffentlichten Informationen über Zutaten, die in Zutatenlisten von Lebensmitteln, Kosmetika bezie­hungsweise Produktinformationen von Gebrauchsgegenständen zu finden sind und von denen bekannt ist, dass sie die Gesundheit gefährden können, krebserregend wirken können oder Allergien auslösen können. Ich bitte wirklich nachdrücklich, die diesbezügliche Information von politischer Seite auszubauen.

Ich möchte ein paar Beispiele anführen: Mineralöle, das hört man, das kennt man, Ben­zin, Diesel et cetera. Es gibt sehr viele aus Erdöl gewonnene Schmierstoffe, die auch in der Kosmetik Anwendung finden. Die stehen unter Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. Mit genau diesen gesundheitsgefährdenden Mineral­ölen sind auch viele unserer Lebensmittel verunreinigt, was auch mit gesättigten Mine-


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ralölen zusammenhängt, die sich im Körper anreichern und zusätzlich auch noch diverse Organe schädigen können.

Bei einem Test wurden beispielsweise 20 Schokohasen – nicht ganz aktuell – unter­sucht, und in knapp der Hälfte, nämlich in acht, wurden größere Mengen aromatischer Öle gefunden. Das waren übrigens nicht die preisgünstigsten Produkte, sondern diverse Markenartikel. Diese Tests zeigen uns immer wieder Ergebnisse, die uns eigentlich wachrütteln sollten, und das hat in den vergangenen Monaten und Jahren immer mehr zugenommen, nur geschieht leider nichts.

Wenn ich mich hier so umschaue, dann meine ich, es wird der eine oder andere, um ein weiteres Beispiel zu nennen, sicherlich schon ein Shampoo gegen Haarausfall verwendet haben. (Heiterkeit.) Ich möchte Ihnen hier kurz die Ergebnisse eines Tests nahebringen: Knapp die Hälfte der Shampoos war leider wirkungslos. Ganz im Gegenteil! Sie enthielten sehr viele gesundheitsgefährdende Stoffe. Das darf heutzu­tage nicht mehr sein! Gott sei Dank beobachten wir ein großes Umdenken in Richtung Gesundheit. Und Gott sei Dank gilt in Österreich, in Europa nach wie vor das Vorsorge­prinzip.

Ich weiß schon, es wird nicht so sein, aber wir werden den Finger in der Wunde lassen. Unser Antrag geht in die Richtung, eine umfangreiche Gesamtinformation für Konsu­menten im Bündel zur Verfügung zu stellen, die sonst nirgends abrufbar ist. Man bekommt überall nur Fragmente von Informationen, und es wird dem Konsumenten überlassen, sie entsprechend zusammenzufügen.

Mir ist es wirklich ein großes Herzensanliegen, präventiv auf Information zu setzen. Ich denke, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr, sehr mündig sind und selbst entschei­den können, ob sie dann ein Produkt verwenden oder nicht.

In eine ähnliche Richtung geht der andere Entschließungsantrag. Es geht um vegane und vegetarische Produkte. Wir bitten, dafür Sorge zu tragen, dass diese Produkte in den Codex Alimentarius aufgenommen werden. Gott sei Dank ist es so, dass gerade, ich habe es schon erwähnt, ein großes Umdenken stattfindet und die Leute versuchen, sich bewusster zu ernähren. Daher greifen sie vermehrt zu veganen oder vegeta­rischen Produkten.

Auch da gab es eine Reihe von Tests, die leider gezeigt haben, dass diese Produkte keineswegs alle sehr gesundheitsfreundlich sind. Darum – meine Redezeit neigt sich leider schon dem Ende zu – auch die Bitte, auch bei veganen und vegetarischen Produkten präventiv die Informationsaufgabe wahrzunehmen. – Danke vielmals. (Beifall beim Team Stronach.)

13.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.30.30

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich möchte aus Sicht des Konsumentenschutzes zu zwei Anträ­gen sprechen, der erste bezieht sich auf den VKI. Der VKI ist ein Thema, das uns ja nicht erst seit gestern beschäftigt, sondern er ist Thema, seit ich den Konsumenten­schutz betreuen darf.

Was ich spannend finde, Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein: Sie haben im Antrag, den Sie in beiden Ausschüssen eingebracht haben, sehr wohl die Abschieds­pressekonferenz des Kollegen Floss aus der Zeitung zitiert, der dann in Pension gegangen ist. Sie haben aber dann ganz einfach die TTIP-Debatte hinten angehängt. Das hinkt ein bisschen für mich (Abg. Peter Wurm: Das hinkt nicht!), und ich denke


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mir, dass die TTIP-Debatte für den VKI in der Form so einmal jetzt für uns nicht notwendig ist. Wenn es dann so weit ist, wird sich sicherlich auch der VKI damit aus­einanderzusetzen haben.

Nichtsdestotrotz bin ich davon überzeugt, dass alle in diesem Raum sich darüber einig sind, dass wir haben wollen, dass der VKI so abgesichert ist, dass er seine Arbeit ordentlich erbringen kann. Und das ist derzeit auch so. Er hat einmal zur Basis­finanzierung diese Million Euro im Dauerrecht, die ist jetzt einmal da. (Abg. Peter Wurm: Das reicht nicht! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die brauchen mehr!) Er bekommt derzeit auch noch von der Arbeiterkammer die Beträge, die sich an der Höchstbemessungsgrundlage orientieren.

Der VKI hat aber auch den Auftrag bekommen, seine Arbeit zu restrukturieren, weil er auch noch auf andere Dinge reagiert hat. Sie sind jetzt online, sie machen jetzt viele andere Dinge. Das ist durchaus positiv, und das wollen wir als Konsumenten ja auch so haben. (Abg. Peter Wurm: Soll er etwa Personal entlassen?)

Nein, er soll nicht Personal entlassen, aber es gibt noch andere Varianten, wie man zum Beispiel Informationen online noch viel besser streuen kann als vielleicht nur durch eine Zeitung. Und da, denke ich, ist es eine Aufgabe des VKI, sich darum zu kümmern, und das tut er ja auch. Ich bin überzeugt davon, dass wir den VKI als Instrument brauchen, dass er seine Arbeit perfekt leistet.

Zu den Bußgeldern: Wir haben schon immer gesagt, dass die Bußgelder Teil der Finanzierung sein sollen. Das finde ich gut, wichtig und richtig, ich würde es jedoch nicht nur an den Bußgeldern aufhängen wollen. Und ich kann Ihnen sagen, seitens des Sozialministeriums wäre für diese Änderungen beim Bußgeld eine Änderung im Kartellgesetz notwendig, und der Herr Sozialminister hat bereits einen Entwurf dazu an das Bundesministerium für Justiz geschickt und auch an das Bundesministerium für Finanzen, um ihn beurteilen zu lassen. Derzeit haben sich die beiden Ministerien aber noch nicht bereit erklärt, diesbezüglich Änderungen im Kartellgesetz vorzunehmen.

Daher denke ich mir, es ist ein wichtiger Aspekt, an dem wir weiter arbeiten sollten, nämlich die Bußgelder zur Finanzierung heranzuziehen. Andererseits brauchen wir aber trotzdem auch – abgesehen davon – eine gesicherte Finanzierung zum Wohle der Kunden und zum Wohle des VKI, damit er auch zeitgemäß arbeiten kann.

Ich möchte noch ganz kurz zum Antrag des Kollegen Scherak zur permanenten Abrufbarkeit der AGB-Kataloge Stellung nehmen. Ich finde diesen Antrag sehr gut, denn wir alle kennen das: Wenn man eine Versicherung oder irgendeinen anderen Vertrag abschließt, dann bekommt man auch sämtliche Unterlagen zugeschickt. Viele dieser Unterlagen verschwinden dann aber oft.

Frau Kollegin Fichtinger! Es kann kein Problem sein, wenn jetzt schon Online-Portale vorhanden sind, auf denen die aktuelle Situation der AGB dargestellt wird, dort dann auch jene des Zeitpunktes, als man den Vertrag abgeschlossen hat, abrufen zu können. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.) Daher halten wir diesen Antrag für sehr positiv, würden ihn auch unterstützen und hoffen, dass er im Justizausschuss entsprechend behandelt wird. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.34.45

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich nehme zu zwei Anträgen Stellung, und zwar zum transparenten Umgang mit gesund-


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heitsgefährdenden Wirkstoffen bezüglich Krebs, Allergien und zur Aufnahme veganer und vegetarischer Produkte in den Codex Alimentarius.

Kollegin Weigerstorfer hat schon sehr eindringlich darauf hingewiesen, was alles pas­sieren kann. Ich stelle mir vor, dass das auch heute wieder ein Minderheitsprogramm ist.

Mir bleibt im Ohr, dass es eine Gesundheit gibt, aber 4 000 oder 5 000 Krankheiten. Damit muss man einfach anfangen.

Der zweite Punkt ist: Österreich hat ein hervorragendes Gesundheitswesen oder -system. Gerade Dinge, die mit Krankheit zu tun haben, haben sehr oft mit Ernährung zu tun. Und mich wundert es schon, dass man dann eigentlich nicht so genau dorthin schaut, wohin man schauen sollte, denn es gilt offensichtlich der Grundsatz: Es ist alles gesund, was man nicht untersucht.

Es ist ganz klar: Wenn man etwas misst und untersucht – das machen andere ja –, kommt man eben drauf, dass es in der heutigen Zeit gar nicht so ohne ist.

Es wurden die aromatischen und gesättigten Mineralöle angesprochen. Die sind ein Problem! Man muss sich nur vorstellen, dass jeder Mensch hier, wie er da sitzt, ein Gramm Mineralöl an sich trägt. Jetzt fragt jeder: Wo habe ich das? Damit könnten wir ja ein Auto tanken – aber das ist nicht der Fall.

Es trägt jeder an sich. Die Frage ist: Wie bekommt er es? Wenn jemand für sich Verantwortung übernimmt und sagt: Mir ist es egal!, so ist das in Ordnung. Die Frage ist allerdings, ob es seinen Kindern auch egal ist. Ist es auch jenen egal, für die er/sie Verantwortung trägt? – Ich glaube, wohl kaum.

Es wurde gerade in letzter Zeit zu Recht auf einige Punkte hingewiesen – in diesem Zusammenhang ist ja die Informationspflicht der AGES wichtig, auch die des Gesund­heitsministeriums –, und zwar bei den Schokohasen. Jetzt sagt jeder: Na ja, ich kaufe meinen Kindern keine Schokohasen! Ich habe das auch gelesen: Von 20 Schokohasen wurden acht kritisch beäugt. – Was heißt denn das? Aromatische Mineralöle – was bedeutet denn das? Das bedeutet natürlich auch, dass sie krebserregend sein können, erbgutverändernd, das Hormonsystem verändern können und vor allem auch eine ganze Anzahl von Allergien auslösen können.

Wenn man sich heute die Allergien bei Kindern, bei Erwachsenen einmal genauer anschaut, wenn man sich ansieht, welche Krankheiten heute gehäuft auftreten, dann wundert mich schon – das muss ich ganz offen sagen –, warum die Raucher verfolgt werden, weil die ja das Krebsübel der Welt sind, und alle anderen Krankheitsursachen, die mit dem Darm- und Verdauungstrakt zu tun haben, nicht.

Der nächste Punkt sind vegane Produkte. Das ist das Gleiche. Ich bin ja selbst ein Betroffener. Entweder man ernährt sich klassisch und nicht mit dem, was man in der Supermarktkette findet, oder man nimmt in Kauf, was an Zutaten drinnen ist, die Kunst der Lebensmittelindustrie, die Chemie rein bei den Farbstoffen; was die Arbeiterkam­mer immer wieder feststellt. Ja, bitte, das ist alles nicht nur nicht gesund, es ist sogar krankheitsfördernd.

Wir haben auch über die Auswirkung von Aluminium in Dosen und anderen Materialien schon gesprochen. (Abg. Fekter: Also wenn ich der Debatte so zuhöre, ist alles schädlich!) Auch darüber sollte man sich einmal eingehend unterhalten.

Und wenn darüber gesprochen wird, warum man das nicht in den Codex Alimentarius aufnimmt, dann muss ich ganz offen sagen, dass das eine Diskriminierung aller Veganer und Vegetarier ist, denn wir haben das gleiche Recht, Informationen zu be­kommen.


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Da die Sendezeit schon aus ist (allgemeine Heiterkeit), will ich nur noch sagen: Ges­tern ist etwas ganz Interessantes über Schokoriegel in der Zeitung gestanden. Vielleicht hat jemand seinen Kindern Schokoriegel gekauft: Bitte, große Rückrufaktion! Zweiter Punkt: Chile hat die Produktion von Überraschungseiern und auch anderer Produkte eingestellt. Warum? – Weil die Menschen zu 60 Prozent und ein Drittel der unter 6-Jährigen übergewichtig sind. Chile hat das gesetzlich umgesetzt.

Zum Abschluss ein Zitat zur Aufnahme in den Codex Alimentarius. Ein Mann hat einmal gesagt:

„Nicht nur die Lebensmittelfachleute sollen wissen, was im Lebensmittelbuch steht, sondern auch Konsumentinnen und Konsumenten sollen einfach nachschauen kön­nen, wie ihre Lebensmittel gekennzeichnet sein müssen und was sie enthalten dürfen. Sie haben ein Recht auf Information.“ – Was glauben Sie, wer das war? – Der ehe­malige Gesundheitsminister Stöger. Hut ab! Dem ist nichts hinzuzufügen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und der Abgeordneten Steinbichler und Weigerstorfer.)

13.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte. (Abg. Öllinger: Jetzt ist mir ganz schlecht! – Abg. Peter Wurm: Kollege Öllinger!)

 


13.40.08

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zusehe­rinnen und Zuseher! Ich darf zu Beginn über Ersuchen meines Kollegen Werner Amon ganz herzlich Vertreter der Gemeinde St. Stefan ob Stainz mit Bürgermeister Stephan Oswald an der Spitze begrüßen. Herzlich willkommen im Hohen Haus! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

Ich nehme Bezug auf die Tagesordnungspunkte 12 und 9, der dem ja inhaltlich ent­spricht, wo es darum geht, dass der Herr Sozialminister mit dem Verein für Konsumen­teninformation über Extradotationen wegen TTIP verhandeln möge.

Die Finanzierung des VKI war ja, wie wir gehört haben, schon mehrmals Thema. Auch das Thema der Dotierung mit den Bußgeldern der Bundeswettbewerbsbehörde ist momentan, haben wir schon gehört, in Verhandlung mit dem Justizressort. Ich glaube dennoch, dass wir hinsichtlich der Finanzierung des VKI im Rahmen der Budget­verhandlungen eine entsprechende Lösung gefunden haben, damit das VKI seine Arbeit gut weitermachen kann.

Da aber die Kosten für TTIP, das ist auch bereits angesprochen worden, sicherlich nicht leicht abzuschätzen sind, wurde dieser Antrag auch dem Ausschuss für Wirt­schaft und Industrie zugewiesen.

Der VKI leistet wichtige Arbeit, unbestritten, wenn er Musterprozesse für Ver­brauche­rinnen und Verbraucher führt, er leistet wichtige Arbeit in der Beratung und Information für Verbraucher. Gerade im Konsumentenschutzbereich ist Information wichtig. Ich halte das für viel besser, als alles bis ins kleinste Detail zu regeln und zu normieren – es wurde heute auch schon von der überbordenden Bürokratie ge­sprochen.

Information stärkt auch die Eigenverantwortung, die immer wichtiger wird. Information ist aber auch immer dann wichtig, wenn Volksbefragungen kolportiert werden, etwa, weil es auch in diesem Antrag angesprochen wurde, zu TTIP. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Der Nationalrat hat in der Entschließung vom 24. September 2014 Anforderungen an Freihandelsabkommen festgelegt. Ich denke schon, dass auf dieser Grundlage Verhandlungen geführt werden müssen, dass sachlich analysiert werden muss, die


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Auswir­kungen abgeschätzt werden müssen und dass dann zu entscheiden ist. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Von wem? Von wem soll abgeschätzt werden?)

Informationen werden am besten über Emotionen vermittelt, habe ich vor Kurzem gehört. Aber wenn nur mehr Emotionen übrig bleiben, dann kann das leicht nach hinten losgehen.

In diesem Zusammenhang ist mir heute ein Kommentar von Birgit Braunrath im „Kurier“ in die Hände gefallen, den ich jetzt zur Hälfte vorstellen darf. Da geht es zwar um CETA, aber es ist auf viele Bereiche anzuwenden. Sie schreibt:

„Wer ein so fachspezifisches Thema für Wahlwerbung nutzt, erweist der Demokratie einen Bärendienst und hofft, dass ihm viele auf den Leim gehen. Wozu lesen denn Wähler alle fünf Jahre die Parteiprogramme und entscheiden dann, wem sie ihre Stimme geben? Damit diese Partei ihre Interessen im Parlament bestmöglich vertritt. Damit deren Experten diese 1 600 Seiten durchackern, die Wähler umfassend und ver­ständlich informieren und dann darüber entscheiden. Das ist politische Verant­wortung. Demokratie heißt nicht, dass das Volk die Arbeit derer erledigt, die es gewählt hat.“

Ich denke, ein durchaus beachtenswerter Artikel, der zum Nachdenken anregt. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.43.47

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Nationalratspräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich auf den Antrag der Kollegin Weigerstorfer zur Kennzeichnung der vegetarischen und veganen Produkte beziehen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Wir werden ihn selbstverständlich unterstützen, wie auch schon im Ausschuss. Ich habe vor längerer Zeit schon einmal einen ähnlichen Antrag eingebracht, der leider keine Mehrheit gefunden hat, und möchte heute noch einen ergänzenden Antrag einbringen, weil ich doch denke, dass das ein berechtigtes Anliegen ist.

Es gibt immer mehr Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren wollen, die das ganz bewusst tun: weil sie auf ihre Gesundheit schauen wollen, weil sie kein Tierleid verursachen wollen und aus Umwelt- und Klimaschutzgründen. Die Zahl derer, die sich für diese Ernährungsweise entscheiden, steigt, und ich denke doch, dass wir als gesetzgebendes Organ dieser Entwicklung in unserer Gesellschaft auch Rechnung tragen sollten. Die Kennzeichnung ist bei den Produkten, die es gibt, nicht immer ganz klar, und wir sollten Menschen, die sich eben vegetarisch oder vegan ernähren wollen, das erleichtern.

Es gibt auf europäischer Ebene bereits eine Verordnung, die eine bessere Kenn­zeichnung ermöglicht, allerdings fehlen noch die Durchsetzungsakte. Mit meinem Antrag möchte ich eigentlich nur die Bundesregierung und die Frau Bundesministerin ersuchen, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass innerhalb der Euro­päischen Union vegetarische und vegane Produkte ganz klar gekennzeichnet werden. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ge­setzlicher Schutz der Begriffe „Vegetarisch“ und „Vegan“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 113

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für eine rasche Festlegung der Kriterien für die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ einzusetzen und die Kommis­sion aufzufordern, die entsprechenden Durchführungsakte ehestmöglich zu erlassen.

*****

Ich denke, das erzeugt Transparenz beim Kauf von Lebensmitteln, bringt eine Erleich­terung für Vegetarierinnen und Veganer, ermöglicht es vielleicht auch jenen, die noch gerne Fleisch essen, auch einmal diese Produkte auszuprobieren. Insofern möchte ich Sie alle einladen, dem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde betreffend Gesetz­licher Schutz der Begriffe „Vegetarisch“ und „Vegan“

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1288/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme veganer und vegetarischer Produkte in den Codex Alimentarius“ (1237 d.B.)

Begründung

In Österreich ernähren sich etwa 3 Prozent der Bevölkerung vegetarisch bzw. vegan bei stark steigender Tendenz, wobei der Prozentsatz zwischen verschiedenen sozialen Schichten stark variiert (unter Studierenden ernähren sich bis zu 7 Prozent vegetarisch oder vegan). Gründe hierfür sind der Wunsch, sich gesünder zu ernähren, das wachsende Bewusstsein für Tierrechte, sowie das zunehmende Wissen über die Zusammenhänge zwischen Fleischproduktion, Klimawandel, und Welternährungsprob­lematik.

Für vegetarisch bzw. vegan lebende KonsumentInnen ist es unzumutbar, bei jedem Einkauf auf das Kleingedruckte achten zu müssen, um in Erfahrung zu bringen, ob das Produkt für eine vegetarische oder vegane Ernährung geeignet ist oder nicht. Dass einige Lebensmittelhersteller den Trend erkannt haben und Produkte als „vegan“ oder „vegetarisch“ kennzeichnen, bringt nicht die erhoffte Sicherheit. Denn beide Begriffe sind nicht gesetzlich geschützt. So finden sich immer wieder gekennzeichnete Pro­dukte, die dann doch tierische Bestandteile enthalten.

Laut Ernährungsbericht 2008 wird in Österreich viel zu viel Fleisch und zu wenig Obst und Gemüse gegessen. Während durchschnittlich pro Kopf und Tag 85 Gramm Fleisch und Wurst verzehrt werden - und damit deutlich mehr als international empfohlen -, wird bei Gemüse nur die Hälfte der empfohlenen Menge verzehrt.

Seit 13. Dezember 2014 gilt die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) verbind­lich in allen Mitgliedsstaaten der EU. Die Verordnung soll sicherstellen, dass die Hersteller europaweit einheitliche und klare Vorgaben zur Kennzeichnung haben und


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dass Verbraucher beim Lebensmittelkauf umfassend informiert werden. Die euro­pä­ische Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) sieht in Artikel 36 bereits vor, dass die Europäische Kommission im Rahmen ihrer Kompetenz zur Regelung auch der „Freiwilligen Informationen über Lebensmittel“ europaweit einheitliche Vorgaben für „Informationen über die Eignung eines Lebensmittels für Vegetarier und Veganer“ erlässt. Die Ermächtigung der Kommission, einen Durchführungsrechtsakt zu den frei­willigen Informationen in Bezug auf die Eignung eines Lebensmittels für Vegetarier oder Veganer zu erlassen, ist an keine Frist gebunden. Das Europäische Parlament und der Rat haben die Kommission bereits aufgefordert, dem nachzukommen und die notwendigen Durchführungsrechtsakte zu erlassen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für eine rasche Festlegung der Kriterien für die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ einzusetzen und die Kom­mission aufzufordern, die entsprechenden Durchführungsrechtsakte ehestmöglich zu erlassen.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Abg. Steinbichler stellt eine Tafel, auf der ein Regal mit verschiedenen chemischen Produkten abgebildet ist, auf das Rednerpult. – Ruf: Das ist mir schon abgegangen! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wo ist die Butter?)

 


13.46.04

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten zu Hause! Zur Rede des Kollegen Scherak zum Tagesordnungspunkt 13 darf ich aus beruflicher Erfahrung – 30 Jahre in der Versiche­rungsbranche – sagen: Wir haben natürlich auch das Problem, dass viele Konsu­mentIn­nen und KundInnen sich beschweren, dass bei jedem Vertrag – egal, ob es ein Moped ist, ob es ein Gebäudevertrag ist – sämtliche Bedingungen mitgeschickt wer­den. Ich darf aus der Praxis dazu anmerken: Die Bedingungen werden meistens nur dann erfragt, wenn es im Schadensfall Probleme gibt. Da sind sie selbstverständlich jedem Kunden auszuhändigen, und ich glaube, es gibt wenig Kunden, die täglich im Internet Bedingungen lesen. (Abg. Schmuckenschlager: Ja, aber das ist Grundlage jeder Versicherung!)

Zu den Tagesordnungspunkten 9 und 12 wurde von meinen Vorrednern viel gesagt. Ich habe da so ein Taferl mit einem Bild aus der letzten ZDF-Sendung „WISO“ mit­genommen. Ich darf vielleicht zitieren, dass der Reporter dort gesagt hat: Bei vielen Lebensmitteln ist der Karton, die Verpackung, gesünder als der Inhalt.

Wenn man sich diese Zutatenliste so anschaut – Kollege Öllinger hat zuerst gesagt: Da wird mir schlecht! –, dann muss ich sagen: Ganz berechtigt, das ist ein gutes Bauch­gefühl! 7 500 chemische Zusätze in unseren Lebensmitteln, habe ich letzthin gesagt. Da kaufst du eine Inzersdorfer Gulaschsuppe, die schmeckt nicht schlecht, aber wenn sie eine Haltbarkeit bis 2018 hat, muss sie chemisch tot sein, denn sonst zerreißt es die Blechdose, in der sie verpackt ist. Das ist das Problem: was wir unserem Körper


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antun! Und ein Kollege hat vorhin gerade sinngemäß gesagt: Wenn man nicht stirbt, dann ist es nicht schädlich! Ich denke, deshalb sind die Bundeswettbewerbsbehörde und der Verein für Konsumenteninformation höchst notwendig.

Ich habe heute schon zum Thema Tierschutz gesprochen. Das ist die moderne Speise Fisch (ein Taferl auf das Rednerpult stellend, auf welcher draufsteht: „Bio-Bachforelle 2,99 € per 100 g“ – Zwischenrufe der Abgeordneten Brunner und Pendl), die so empfohlen wird als Alternative, Kollegin Brunner, nicht nur Veganern. Ich sage dir gleich eines: Lass dir nicht das Geld nehmen mit diesen Produkten. Becel vegan mit Palmöl – und für Palmöl werden Gorillas gegrillt, werden Königstiger getötet, werden Nashörner geschlachtet! (Abg. Brunner: Es gibt auch nicht nur vegetarische Fairtrade-Produkte!) Wir roden im Regenwald täglich 1 000 Hektar Natur! Darunter leiden Klima, Umwelt und Tiere und auch leider die Wohnbevölkerung. Diejenigen, die wegkommen, flüchten ohnehin zu uns.

Und die Frau Minister sitzt da, und mein Appell an die Frau Minister: Setzen wir, Kolle­ginnen und Kollegen, endlich das seit 2009 vertagte Qualitätsgütesiegelgesetz um! Mit einem Gesetz lösen wir all diese Sorgen und Probleme, weil der Konsument weiß: Was draufsteht, ist auch drinnen! Und das ist, glaube ich, die Grundlage für eine vertrau­ensvolle Partnerschaft für die Zukunft. – Das ist doch fair für alle Beteiligten! (Beifall beim Team Stronach.)

Die Dotierung des VKI ist ja nur zu unterstützen. Natürlich haben die Kolleginnen und Kollegen gesagt, dass über die Bußgelder bereits etwas erledigt ist. Aber das ist zu wenig, wenn man bei CETA und TTIP – und wir werden heute noch eine Anfrage­besprechung haben – weiß, welche Kurven da gefahren werden von den Verant­wort­lichen. In Österreich ist jetzt anscheinend fast alles geregelt, und man braucht auch nicht Nein zu sagen. In Brüssel draußen feiern die ersten Abgeordneten, dass alle Bedenken ausgeräumt sind.

Und wenn ich sehe, dass beim Fisch nur 5 Prozent aus Österreich stammen, aus nachhaltiger, ordentlicher, freier Produktion, und der Rest aus brutalster Massen­tier­haltung, Aquakultur, dann muss ich sagen: Es ist dringendst notwendig, dass wir zu einer ordentlichen Lebensmittelkennzeichnung kommen, dass wir unsere Organisa­tionen VKI und Bundeswettbewerbsbehörde mit den nötigen Gesetzesgrundlagen aus­statten und unterstützen. Darum bitte ich. (Beifall beim Team Stronach.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Doppler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Leo, lässt du den Karton gleich da? Der ist giftig, du hast gesagt, dass der Inhalt noch giftiger ist!)

 


13.50.14

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretär im Gespräch! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier zwei Anträge, die den VKI betreffen. Der VKI ist eine sehr wichtige Einrichtung für die Konsumenteninformation. Wenn wir 2 Millionen bekommen, dann können wir unsere Arbeit weiter ausführen, so der scheidende Chef, der in Pension ging. Der VKI hat ein Jahresbudget von rund 10 Millionen €. Und was auch wichtig ist und schon oft angesprochen worden ist: Dieser Verein finanziert sich zu 75 Prozent selbst.

Diese zwei Anträge von Frau Dr. Belakowitsch-Jenewein sind vollkommen richtig. Ich glaube, Frau Kollegin Lueger hat zuvor angesprochen, dass diese beiden Anträge, die TTIP betreffen, das Freihandelsabkommen, angeschlossen worden sind. – Ja, Gott sei


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Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die jetzt angeschlossen, denn es ist eine große Gefahr, was da auf uns wartet!

Der VKI braucht zusätzliches Geld, damit die Bevölkerung aufgeklärt werden kann, was mit TTIP, dem Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa, der EU, auf uns zukommt. Es birgt viele Gefahren. Und da ist es ganz wichtig, dass die Menschen, die Bevölkerung über die Gefahren dieses Handelsabkommens aufgeklärt werden, meine Damen und Herren, und der VKI muss das aufzeigen und einen Schutz gegen­über der Bevölkerung bilden, denn was da auf uns wartet und was da auf uns zukommen wird, das können wir jetzt noch nicht erahnen. Deshalb ist eine finanzielle Unterstützung für den VKI wichtig. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Peter Wurm ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.52.08

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Der zuständige Konsumentenschutzminister Stöger ist leider nicht da, aber Sie sind auch herzlich willkommen, Frau Minister Oberhauser.

Ich bin am Ende dieser Debatte schon etwas überrascht, dass dieses wichtige Thema von ÖVP und SPÖ völlig negiert wird. Jetzt muss man einmal die Tatsachen auf den Tisch legen und sagen: Da steckt schon System dahinter! Der VKI ist seit Jahren in finanziellen Nöten. Es hat jetzt eine Zwischenfinanzierung gegeben, damit er über­haupt noch operativ arbeiten kann. Es ist aber keine Lösung in Sicht, wie der VKI zukünftig den Konsumentenschutz in Österreich gewährleisten soll.

Warum sage ich das? – Weil leider Gottes – und das ist die Wahrheit, das sehen wir bei jedem Konsumentenschutzausschuss – die Regierung den Konsumentenschutz völlig aus den Augen verloren hat. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Es geschieht da seit Jahren nichts. Jeder Antrag der Opposition, ob von uns, von den Grünen, von den NEOS, wird entweder herumgeschickt, anderen Ausschüssen zugewiesen oder ver­tagt. De facto kommt Konkretes zum Thema Konsumentenschutz seit Jahren im Konsumentenschutzausschuss nicht mehr vor.

Und da steckt sehr wohl System dahinter. Herr Vogl, Sie haben es gesagt: Die Öster­reicher wollen Vertrauen in den Konsumentenschutz haben! – Das politische Vertrauen ist nicht da. Die Österreicher vertrauen – oder müssen vertrauen – der letzten Bastion, die es im Konsumentenschutz gibt, dem VKI.

Der VKI hat ein Budget von derzeit exakt 12 Millionen € und finanziert sich zu 75 Pro­zent selbst. 75 Prozent der Geldmittel bringt der VKI selbst auf. Und jetzt kommt die schwere Kritik, und zwar an beiden Regierungsparteien: Die ÖVP hat den VKI mit der Landwirtschaftskammer verlassen, mit der Wirtschaftskammer verlassen. Meiner Mei­nung nach waren das zwei komplette Fehlentscheidungen, weil ein fairer Wettbewerb und ein fairer Konsumentenschutz überhaupt nicht im Widerspruch stehen. Bei der Landwirtschaft ist mir das völlig unverständlich, denn alles, was wir im Bereich Konsumentenschutz diskutieren, würde eigentlich unseren heimischen Bauern helfen. Also: Das heißt, das ist genau kontraproduktiv, also was die ÖVP anbelangt unver­ständlich. Das sollte man dringend ändern. Landwirtschaftskammer und Wirtschafts­kammer gehören normalerweise als Gesellschafter wieder zum VKI.

Aber ich kann auch – und das muss ich ganz deutlich sagen – die SPÖ nicht aus­nehmen. Das muss ich einmal deutlich erklären: Der ÖGB, der Österreichische Gewerkschaftsbund, tritt mit Ende des Jahres beim VKI aus. Was da für eine Strategie dahintersteht, soll mir einmal einer erklären! Wobei man sagen muss, dass der Beitrag


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des ÖGB ja fast lächerlich war. Der ÖGB hat nämlich jährlich 1 000 € als Mitglied beim VKI geleistet – eine Schande für den Gewerkschaftsbund! (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Die Geschichte geht aber noch weiter: Der mehr oder weniger einzige Gesellschafter beim VKI ist jetzt noch die Arbeiterkammer. Was macht aber die Arbeiterkammer? – Frau Lueger, Ihre Redebeiträge heute waren ja in diese Richtung gehend. Sie schreiben quasi dem VKI vor, er soll sparen. Da frage ich mich: Wo soll er sparen bei 85 Prozent Personalkosten? Das heißt, Sie wollen bei den circa 105 Mitarbeitern beim VKI reduzieren – und das kommt aus dem Mund einer Sozialdemokratin! Da kann ich nur mehr den Kopf schütteln, Frau Lueger, da kann ich nur mehr den Kopf schütteln! (Abg. Lueger: Ich habe nicht gesagt, dass der VKI sparen soll! – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, Frau Lueger, und das ist die Tatsache: Die Arbeiter­kammer hungert den VKI systematisch aus. Es gibt überhaupt nur eine AK-Bundes­länderorganisation, nämlich Tirol, die den VKI unterstützt und … (Abg. Loacker: Das ist die ärgste Arbeiterkammer auf Gottes weitem Erdboden!) Das ist die Realität! Nur in Tirol bekommen die Zwangsmitglieder (Abg. Loacker: … Zwangs­mit­gliedschaft …!), Frau Lueger, den „Konsument“ zugestellt. Alle anderen acht AK-Länderorganisationen tun für den VKI genau gar nichts. Und da steckt sehr wohl System dahinter. In Wahrheit will weder die SPÖ den Konsumentenschutz noch die ÖVP. Auf der Strecke bleibt aber da der österreichische Konsument. Und das ist jeden Tag mehr spürbar.

Und jetzt kommen wir zu einem anderen wichtigen Thema, nämlich CETA und TTIP. Genau da hätte der VKI die Notwendigkeit, personell Ressourcen und Kompetenzen aufzubauen, und seit Jahren verhindern Sie von ÖVP und SPÖ das! Der VKI hat schlicht und einfach nicht das Geld, sich Experten in diesem Bereich auszubilden, weil er schon so kaum über die Runden kommt. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Und in diesem Bereich, TTIP und CETA, kommt auf den Konsumentenschutz in Öster­reich und in ganz Europa eine Lawine zu. Und ich sehe weit und breit niemanden, hier im Parlament schon gar nicht, der die Konsumentenschutzinteressen noch vertreten kann – außer uns! Das sage ich ganz bewusst, denn wir kämpfen nachweislich! Sie können es sich anschauen: Anträge über Anträge! Wir bemühen uns wirklich seit Jahren, im Konsumentenschutzbereich etwas zu machen. Wir stoßen aber, Frau Lueger, bei der SPÖ und der ÖVP nur auf taube Ohren.

Ich halte das für die Zukunft in Österreich, für die Konsumenten, aber auch für die Wirtschaft für sehr, sehr bedenklich. Und leider Gottes ist weder CETA noch TTIP auf europäischer Ebene vom Tisch. Ich bin sehr gespannt, was sich Juncker und Schulz noch ausdenken, um einen Bürgerentscheid, den wir Freiheitliche wollen, zu verhin­dern. In dieser Frage wollen wir einen Bürgerentscheid, aber Schulz und Juncker wer­den das zu verhindern wissen – und ich bin schon sehr gespannt, wie das Rennen ausgehen wird.

Ich würde nicht darauf wetten, dass der Konsument, der Österreicher, der Bürger in letzter Konsequenz dabei das letzte Wort hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Lueger zu Wort gemeldet.

Ich weise auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung hin. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.58.03

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Wurm hat behauptet, ich hätte gesagt, der VKI muss sparen. Das weise ich zurück. Ich habe


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gesagt, dass der VKI seine Arbeit der Zeit anpassen und auch überdenken muss, ob Online-Dinge ganz einfach auch nicht für die … (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nein, nein, nein, nein! – Abg. Peter Wurm: Das ist so nicht rübergekommen! Lesen Sie es nach!)

Dann haben Sie es so leider nicht verstanden. Aber ich habe gemeint, dass der VKI seine Arbeit auch so umstellen soll, dass er online ganz einfach auch die Menge der Menschen erreichen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


13.58.47

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Jetzt muss ich mich auch noch einmischen in die Frage, was sie gesagt hat. Ich habe genau aufgepasst: Auf den Zwischenruf hat sie dann gesagt, es ist die Frage, ob man online nicht mehr Menschen erreichen kann als zum Beispiel durch die Zeitung.

Das hat Kollegin Lueger zur Frage der Effizienzsteigerung gesagt, zumindest habe ich es hier hinten, trotz der schlechten Tonanlage, so gehört. (Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Peter Wurm: Frau Minister, für Mindestpensionen eine super Idee …!) Ich habe Ihnen nur das gesagt, was ich gehört habe, was sie in der Frage der Einsparungen und der sonstigen Dinge gesagt hat.

Ich möchte jetzt Bezug nehmen auf die Frage, die vom Kollegen Pirklhuber an mich gestellt wurde, wie wir uns in der Sache morgen verhalten werden. Ganz ehrlich: Wir sind noch am Überlegen, aus einem ganz einfachen Grund. Und zwar: Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass wir in der EU immer gegen alles, was Gentechnik betroffen hat, gestimmt haben. Ich erinnere mich zum Beispiel noch an eine Entscheidung, ob man blau eingefärbte Blumen nach Österreich importieren kann. Also bei all diesen Dingen haben wir uns prinzipiell immer auf die harte Seite gestellt.

Jetzt haben wir erstmalig ein Papier auf dem Tisch, wo in diesem gleichen Dokument, in dem die Verlängerung enthalten ist, auch die Ausnahme Österreichs von der Einfuhr drinnen ist. Da ist der Expertenstreit. Jetzt stimmen wir damit auch gegen unsere eigene Geschichte. Wir überlegen, ob wir uns enthalten oder ob wir dagegen stimmen, wir sind noch nicht sicher. Aber im Prinzip sind das die zwei Dinge, die bei uns im Kopf sind, nicht, weil wir dafür sind, dass etwas Gentechnisches verlängert wird, sondern deshalb, weil die Frage ist, ob wir gegen ein Papier stimmen, wo wir aus dieser Geschichte ausgenommen sind. Also eine rein semantische Geschichte.

Zur zweiten Sache, Kollegin Weigerstorfer, mit den unterschiedlichen Kennzeich­nun­gen von schädlichen Stoffen: Sie haben es in Ihrer Rede selbst gesagt, das sind Sachen, mit denen Produkte verunreinigt sind – Verunreinigungen, ich habe es mir mitgeschrieben –, und genau das ist es. Wir können natürlich Verunreinigungen nicht festschreiben. Da bin ich jetzt in der Kombination von euch beiden, nämlich Leo Steinbichler und Ihnen. Der Leo hat gesagt, dass das ZDF sagt, dass der Karton manchmal gesünder ist als das, was drinnen ist. Aber genau der Karton macht die Verunreinigung zum Beispiel auf der Pizza, weil in manchen Dingen einfach Schwer­metalle drinnen sind; oder der Kaffee, wo wir wissen, dass zum Beispiel die Kaffee­säcke in Mineralöl eingetaucht sind, und das verunreinigt dann wieder den Kaffee.

Das heißt, Inhaltsstoffe sind bei uns immer aufgezeigt. Wenn Sachen gefunden werden, Verunreinigungen, werden diese Produkte aus dem Verkehr gezogen. Ich erinnere nur an die Diskussion des Aluminiums im Deo. Wir haben alle jahrelang Deos mit Aluminium verwendet, und es hat niemand nachgedacht, bis die Idee oder die


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Gefahr aufgezeigt wurde, dass möglicherweise in verschiedenen Bereichen Aluminium durchaus zur Entstehung von Krebs beitragen kann. So, jetzt ist es gekennzeichnet: aluminiumhaltige Deos oder aluminiumfreie Deos. Das heißt, wir reagieren! Wir sind natürlich oft langsamer als der Produzent, das ist auch keine Frage, weil uns der natürlich die Sachen voraushat. Nichtsdestotrotz testen wir sehr engmaschig.

Jetzt noch zum Entschließungsantrag der Kollegin Brunner: Meine Fraktion hat mir gerade mitgeteilt, dass wir dem sehr positiv gegenüberstehen. Es gibt noch Koordi­nations­probleme, deshalb wird es jetzt von uns in dieser Frage keine Zustimmung geben. Allerdings versichere ich Ihnen, dass ich auch ohne diesen jetzt hier be­schlossenen Entschließungsantrag Ihrer Aufforderung folgen werde und mich in der Europäischen Union – dorthin gehört es nämlich – dafür einsetzen werde, dass auch vegane und vegetarische Produkte gekennzeichnet werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise einer der Berichterstatter das Schluss­wort? – Ah, dann ist die Debatte nicht geschlossen, Herr Dr. Pirklhuber. (Unruhe im Sitzungssaal.) Das sehen wir sehr pragmatisch. (Abg. Auer: Das geht nicht! Abstim­mungsvorgang!) – Meine lieben Kollegen, es war am Bildschirm noch nicht ersichtlich, dass sich Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet hat. Es war daher mein Fehler. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Ich bitte um Verständnis.

Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber, bitte.

 


14.02.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! In aller Kürze und Klarheit: Ich habe nur eine ganz kurze Antwort auf die Frau Ministerin. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Es geht tatsächlich um eine wichtige Grundsatzfrage, und die Frau Ministerin hat ja ehrlicherweise gesagt, dass morgen die Verlängerung der Zulassung von Gentechnikpflanzen in Europa ansteht, die wir immer abgelehnt haben. Wir haben aber natürlich inzwischen die Opt-out-Regelung, das heißt, wir haben unser Selbstbestimmungsrecht durchgesetzt, und jetzt ist die Frage, wie Öster­reich weiterhin auf europäischer Ebene vorgehen soll.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht redundant, sondern das ist sehr wichtig. Wir sind in diesem Bereich über mehr als ein Jahrzehnt immer Vorreiter gewesen, und ganz Europa schaut jetzt darauf, ob es weiterhin eine Solidarität in dieser Frage geben wird. Frau Ministerin, ich wollte Ihnen gerne für diese Grundsatzentscheidung einen Rat mitgeben: Wenn wir Gentechnik in Österreich nicht wollen, sollten wir auch immer klar sagen, ob wir das auch in Europa nicht wollen. Das ist ja eigentlich die Geset­zesperspektive, die wir immer eingenommen haben: Wir wollten immer eine euro­päische gentechnikfreie Landwirtschaft sicherstellen. Daher ersuche ich Sie, auch in diesem Sinne auf europäischer Ebene das so zu erläutern und auch zu sagen: Das ist ein Anteil der Solidarität, den wir weiterhin für jene Mitgliedstaaten haben, die noch keine Opt-out-Regelung wie wir durchgesetzt haben, und wir wollen Gentechnikfreiheit in ganz Europa weiterhin aufrechterhalten! – Danke schön für diese Klarheit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.04

14.04.25

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Heinzl: Schon wieder! Einmal geht es noch!) – Schon wieder.

Die Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.


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Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 1235 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 1607/A(E) dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zu.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1236 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ge­sund­heitsausschusses, seinen Bericht 1237 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzlicher Schutz der Begriffe „Vegetarisch“ und „Vegan“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen des Weiteren zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1242 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 1609/A(E) dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zu.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1241 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 1702/A(E) dem Justizausschuss zu.

14.06.4614. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1188 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsan­walt­schaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehr­per­sonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrper­sonengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn- Pensionsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 und das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz geändert werden, ein Bundesgesetz zur Änderung der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 erlassen und die


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Pensionsdatenübermittlungsverordnung – Post aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2016) (1195 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1349/A(E) der Abge­ordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall einer disziplinären Verfolgung von Beamten trotz voller Sanktionierung unter Diversion (1196 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1595/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (1197 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


14.07.33

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Beamtendienstrechts-Novelle: Na ja, es wird nicht über­raschen, dass ich der Meinung bin, der Regierung ist mit dieser Novelle nicht gerade ein großer Wurf gelungen. Es sind ein paar Dinge zurechtgerückt worden, aber es bleiben auch Probleme und Fragen offen.

Beginnen wir mit dem Positiven! Und das ist: Endlich können Menschen mit einge­schränkter Handlungsfähigkeit in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden. Das war hoch an der Zeit. Ich habe noch im Ohr, wie die Vorgängerin, Staatssekretärin Steßl, gesagt hat, ja, ja, sie sei eh dafür, aber sie müsse das noch mit der Gewerk­schaft öffentlicher Dienst verhandeln. Ich meine, diese Ohnmacht gegenüber der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ist an Peinlichkeit schwer zu überbieten.

Was auch noch positiv ist, ist die Einführung eines Teilkrankenstandes für Richter, die nach langer Krankheit in den Dienst zurückkommen. Aber da frage ich mich: Warum kann man diesen Teilkrankenstand nicht insgesamt für die Arbeitnehmerschaft einführen? Da ist die Regierung mehr als säumig.

Spannend wird es bei den Dingen, die nicht so toll gelungen sind. Sie wissen nämlich nicht einmal, wie teuer Sie diese Novelle kommt. Es muss ja jetzt die Urlaubser­satz­leistung neu geregelt werden, und zwar für den Fall, dass ein Beamter aus dem Dienst ausscheidet und noch offene Urlaubsansprüche hat. Da gibt es nämlich ein EuGH-Urteil, das besagt, dass auch anteilig Sonderzahlungen, Zuschüsse und Nebengebüh­ren einzuberechnen sind. Das Finanzministerium hat gemeint, das haben sie einzu­kalkulieren vergessen. Natürlich, wenn ich so eine Rückstellung bilde, muss ich diese zusätzlichen Kosten auch in die Urlaubsrückstellung, in die finanzielle Vorsorge für diese Kosten aufnehmen, und da haben sie sich um 26 Prozent, nämlich um ungefähr 110 Millionen €, vertan oder sie haben es einfach unter den Tisch fallen lassen. Jeden­falls wird dieser Betrag nicht zurückgestellt und ist in der WFA aus den Kosten aus­geblendet.


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Sie wissen offenbar davon nichts, daher bringe ich heute eine Anfrage an alle Ressorts ein, wie viel im Zusammenhang mit der Urlaubsrückstellung bei ihnen durch das neue Gesetz jetzt verschoben wird.

Eine weitere Unsicherheit konnten Sie auch nicht aus dem Weg räumen, das betrifft die Frage der unionsrechtlich korrekten Anrechnung von Vordienstzeiten. Ihre Vor­gängerin hat das inhaltlich überhaupt nie verstanden, ich hoffe, es gelingt Ihnen besser, denn wenn das nicht gelingt, fliegen uns da die Milliardenkosten nur so um die Ohren. Wie man bei den Urlaubsersatzleistungen sieht, nimmt man es mit dem Geld ja offensichtlich nicht so genau in diesem Ressort.

Was ich besonders „liebe“ – und deswegen habe ich den Antrag auf Abschaffung der bezahlten Mittagspause im öffentlichen Dienst eingebracht –, sind Sonderrechte: wenn die Beamten Dinge dürfen, die Normalsterbliche nicht dürfen. Im öffentlichen Dienst haben sie Anspruch auf 30 Minuten bezahlte Pause. Da frage ich mich, wie die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler dazu kommen, den Beamten und den Vertragsbe­diens­teten im Bund und in acht Bundesländern – nur in Vorarlberg nicht – die Mittagspause von 30 Minuten mitzuzahlen. Im Ausschuss sind wir mit dieser Ansicht allein geblieben, und die liebste Replik war die aus der FPÖ: Ja dann muss man halt die bezahlte Mittagspause auf die Privatwirtschaft ausdehnen! – Das finde ich doch geil! Dann gehen Sie zum Friseur und dürfen dem Friseur die Mittagspause mitzahlen, oder zu Ihnen nach Hause kommt der Elektriker, und Sie dürfen dem Elektriker die Mittags­pause mitzahlen.

Ich weiß nicht, ob Sie das zu Ende gedacht haben und ob Sie es den Bürgern wirklich so präsentieren wollen, jedenfalls muss ein Beamter für acht Stunden Gehalt nur sieben­einhalb Stunden arbeiten. (Abg. Weninger: Du gehst doch auch auf Mittags­pause!) Das versteht die Mehrheit der Bevölkerung nicht, und dass Sie das vertei­digen, diese Besitzstandsverteidiger Rot und Schwarz mit Grün-, Blau- und Stronach-Verstärkung, halte ich für hochnotpeinlich, und das zeigt, wie dieses Parlament an den Bürgern vorbeiregiert! (Beifall bei den NEOS.)

Es sind viel zu viele öffentliche Bedienstete hier in diesem Haus, und das zeigt auch, wie wirklichkeitsfremd die Politik geworden ist. Wir vertreten die, die arbeiten, wir vertreten die, die arbeiten wollen, die Steuern zahlen und die jene Geschenke finanzieren müssen, die Sie Ihrer Klientel machen. (Beifall bei den NEOS.)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


14.12.14

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich will mich auf einige wenige Punkte aus dieser Novelle des Beamten-Dienstrechts beschränken. Wir haben im Herbst die letzte Novelle gehabt, da ist es zu großer Aufregung gekommen, insbesondere in der Richterschaft, und es wurde damals auch ein Entschließungsantrag angenommen. Wir erfüllen jetzt diesen Entschließungsantrag, und dieser Entschließungsantrag besagt, wie mein Vorredner schon gesagt hat, dass man nach längerem Krankenstand die Möglichkeit hat, eine Teilzeitregelung zu treffen. Eine Herabsetzung der Auslastung bis auf die Hälfte ist hier möglich, und ich finde diese Regelung hervorragend, damit man auch, wenn man nicht ganz fit ist, die Möglichkeit hat, diesen Beruf auszuüben.

Ich bin nicht der Ansicht des Kollegen, dass man das auf die gesamte Beamtenschaft übertragen kann, weil die Vertretungsregelungen außerhalb der Richterschaft nicht so streng sind wie die Vertretungsregelungen bei der Richterschaft, weil ja hier das Recht


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auf den gesetzlichen Richter gewährleistet sein muss. Das ist wohl anders zu be­trachten als eine Ersatzregelung für einen anderen Beamten, der durch einen anderen Beamten jederzeit ersetzt werden kann. Daher ist das nicht so leicht auszudehnen, wie das vorhin angeführt wurde.

Ich finde es auch gut, dass die Karenzvertretung durch SprengelrichterInnen ermög­licht wird, sodass man dann in der Zeit, wo ein Beschäftigungsverbot besteht, Spren­gelrichter zur Aufrechterhaltung des Dienstes insbesondere von kleinen Gerichten heranziehen kann und nicht eine zweite Person auf denselben Dienstposten ernennen muss. Das ist eine sicher sehr praxisnahe Regelung.

Und wir erfüllen mit dieser Dienstrechts-Novelle auch einen Wunsch, den letzten Wunsch, den wir mit dem Kollegen Gerstl und den anderen Verfassungssprechern bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit als eine der Zielsetzungen formuliert haben, nämlich die Durchlässigkeit der Richterschaft nach fünf Jahren Praxis von den Verwal­tungs­gerichten hin zu den Straf- und Zivilgerichten. Auch das finde ich eine hervorragende Lösung. Das ist der letzte offene Punkt aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit, und ich bin froh, dass wir den jetzt auch erfüllen können.

In diesem Sinne gibt es noch einen weiteren Entschließungsantrag zu nennen, der auch mit der Verabschiedung der letzten Novelle verabschiedet wurde, dass nämlich als Aufnahme eines Dienstverhinderungsgrundes nicht nur ein physischer Dienstunfall gilt, sondern auch eine akute psychische Belastungsreaktion, die zu einem Kranken­stand führt, und dass man nicht die pauschalen Vergütungen verliert, sondern dass diese pauschalen Vergütungen auch dann weitergeführt werden. Das finde ich in Ordnung. Wenn ein Polizeibeamter auf der Autobahn einen Lastwagen mit 72 Toten öffnet, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass der gleich wieder im vollen Umfang dienstfähig ist, und dann sollte er nicht seine Vergütungen verlieren, die er sonst hat. Das finde ich auch eine gute Lösung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

14.16.02

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren vor den Bildschirmen und wo auch immer Sie uns zuschauen! Ich möchte ganz kurz auf die Regierungsvorlage, also die Dienstrechts-Novelle eingehen, die ist so in Ordnung, die Unteroffiziere werden jetzt bessergestellt. Kollege Wittmann vor mir hat die Problematik mit den Krankenständen aufgrund traumatischer Erlebnisse im Dienst angesprochen. Hier sind Verbesserungen drinnen, die dringend notwendig waren, und deswegen wird das Team Stronach auch gerne zustimmen.

Ich möchte aber auch auf den Antrag des Kollegen Loacker mit der bezahlten Mittagspause eingehen. Du warst leider nicht im Ausschuss, Kollege Scherak war dort. (Abg. Weninger: Der war auf Mittagspause! – Heiterkeit.) Ich habe deutlich erklärt, warum das nicht geht. Der Antrag ist ja in gewissen Zügen nachvollziehbar, und ich bin auch der Meinung, dass in gewissen Bereichen, und zwar in der Verwaltung, die Beamtenmittagspause nicht bezahlt werden müsste. Aber ich habe dich damals gefragt, wie du dir das vorstellst, wenn der Polizeibeamte – das sind eben auch Be­amte – unterwegs und in der nicht bezahlten Mittagspause ist, du einen Unfall hast, die Polizei anrufst, wenn du Glück hast ist der beim Notruf gerade nicht in der Mittags­pause, du erwischst jemanden, und dann sagt man: Okay, die Polizei kommt in einer halben Stunde, denn der ist jetzt gerade in der Mittagspause, weil er eine nicht


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bezahlte Mittagspause hat; oder beim Militär bei gewissen Diensten, wo man einfach keine Mittagspause machen kann.

Fakt ist – und lass dir das aus der Praxis von einem Polizisten erklären –, wenn ich in der Mittagspause bin und kurz etwas esse, dann lasse ich, wenn ein Einsatz kommt, alles liegen und stehen, die Suppe wird kalt, und man fährt in den Einsatz. Das ist der Punkt, warum es so, wie ihr es beantragt habt, nicht geht und warum wir vom Team Stronach nicht zugestimmt haben. Wenn der Antrag anders formuliert ist, dann können wir darüber reden, gar keine Diskussion.

Aber lassen Sie mich noch kurz über ein Thema sprechen – wir haben jetzt die Exekutivbeamten angesprochen. Frau Staatssekretärin, Ihre Vorgängerin ist von mir mehrfach mit dieser Thematik konfrontiert worden, ich möchte auch jetzt wieder darauf eingehen. Wir haben im Ausschuss auch darüber diskutiert, da hat mir Ihre Sektions­chefin eine Zahl gesagt, ich komme später darauf zurück, aber es geht mir um die Exekutivbeamten. Die Exekutivbeamten sind nach einem Schema als Hilfsdienst der Behörden, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Bezirkshauptmannschaften und so weiter, eingestuft. Dementsprechend gering ist das Bruttogrundgehalt eines Exekutivbeamten, und das ist mir schon lange ein Dorn im Auge, denn das Exekutivgehalt ist auf Zulagen aufgebaut, da musst du aber im Dienst sein, da musst du diese Dienste leisten, sonst bekommst du das nicht.

Es ist so, wie ich es im Ausschuss auch schon erklärt habe: Ein Polizist ist mittlerweile nach der Strafprozessordnung erste Instanz des Strafverfahrens, das heißt, er macht eine juristische Tätigkeit, ist aber nicht juristisch, sondern als Hilfsdienst eingestuft.

Wie schaut es jetzt mit Zahlen aus? – Ich habe vorhin die Gehaltstabelle durchge­schaut: E2b-Beamte, das sind die Polizei-Hackler, die wirklich auf der Straße stehen, da könnt ihr vor dem Parlament und auch sonst wo schauen, das geht vom Inspektor bis zum Gruppeninspektor – das ist übrigens mein Dienstrang – verdienen in der Gehaltsstufe 1 1 675,50 € brutto im Monat.

Das geht dann bis zur Gehaltsstufe 19 – das ist die höchste, die ein E2b-Beamter erreichen kann –: 2 735,10 € brutto.

Jetzt habe ich mir das für den jungen Beamten, den jungen Inspektor ausgerechnet. Wenn man die Steuer und alles andere abzieht, kommt sein Gehalt auf 1 100 € netto. Bezieht jemand Mindestsicherung, so erhält er 880 €, mit dem Unterschied, dass der Exekutivbeamte, der den Kopf für uns alle hinhält, es selbst berappen muss, wenn zum Beispiel seine Waschmaschine oder sonst irgendetwas kaputt geht. Er bekommt keine Unterstützung für die Wohnung, keine Gebührenbefreiung bei Telefon und Fernsehen und so weiter. Jetzt erklären Sie mir, dass das gerecht ist!

Deswegen – ich habe mit Otto Pendl schon gesprochen – werden wir uns einmal zusammensetzen und diskutieren, was wir für die Exekutivbeamten, die wirklich gute Arbeit leisten und den Kopf für uns alle hinhalten, damit wir ruhig schlafen können, tun, um diesen Beamten ein angemessenes Gehalt zuzuerkennen, sodass sie auch dann leben können, wenn sie einmal im Krankenstand sind und alle Zulagen wegfallen, oder um im Ruhestand eine ordentliche Pension zu beziehen, von der sie leben können, ohne dass sie zum Bittsteller werden müssen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 



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14.21.16

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie mein Vorredner muss auch ich in meinem Beitrag mit der bezahlten Mittagspause beginnen.

Herr Kollege Loacker, Sie haben das so dargestellt, als wäre der öffentliche Dienst in Bezug auf die Arbeitszeit in unzumutbarer Weise gegenüber der Privatwirtschaft bevorzugt. Aber sehen Sie sich die Realität an! Der öffentliche Dienst hat eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. In den meisten Kollektivverträgen ist für die Privatwirtschaft eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden vorgesehen. Ebenso finden Sie Kollektivverträge, die auch in der Privatwirtschaft eine bezahlte Mittags­pause vorsehen. Ich darf Sie also bitten, mehr Fairness gegenüber den Beamten zu zeigen und nicht Beamten-Bashing zu betreiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Beamten-Bashing ist natürlich beliebt, aber ich bitte um Fairness und Objektivität! (Ruf: Das ist billige Klientelpolitik, was Sie da machen!) – Das ist keine Klientelpolitik, sondern eine faire Darstellung der Fakten, und die Fakten müssen Sie, bitte, zur Kenntnis nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vorliegende Dienstrechts-Novelle ist ein gelungenes Paket, das eine Reihe von wichtigen Einzelmaßnahmen enthält. Her­vorzuheben ist, dass künftig verstärkt darauf Rücksicht genommen wird, dass es im Berufsleben immer wieder Phasen geben kann, in denen man nicht zu 100 Prozent leistungsfähig ist. Dementsprechend wird etwa der Tatsache Rechnung getragen, dass auch ganz außergewöhnliche Ereignisse in dienstlichem Zusammenhang zu psychi­schen Belastungsstörungen führen können, die eine Dienstverrichtung vorübergehend nicht gestatten. Derartige Zeiträume sind künftig für die Bemessung der Frist, ab wann eine pauschalierte Nebengebühr ruht, irrelevant.

Weiters ist vorgesehen, dass vom bisherigen Erfordernis der vollen Handlungsfähigkeit künftig im Einzelfall abgegangen werden kann, wenn die für die vorgesehene Ver­wendung erforderliche Handlungsfähigkeit vorliegt.

Für die Richterinnen und Richter wird zur Ermöglichung beziehungsweise Erleich­terung des Wiedereinstiegs in den Dienst nach längerem Krankenstand die Möglichkeit geschaffen, ihre Auslastung herabzusetzen. Das gilt auch für unheilbar Erkrankte.

Eine weitere Forderung, die mir schon als Justizministerin sehr wichtig war, wird nunmehr ebenfalls umgesetzt. Dabei geht es um die Möglichkeit, zur Überbrückung der Zeit des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots Sprengelrichterinnen und -richter einzusetzen. Damit kann vor allem an kleineren Dienststellen rasch und flexibel auf mutterschutzbedingte Abwesenheiten reagiert werden.

An der bisherigen Regelung hat mich massiv gestört, dass sich die hohe Frauenquote für die Justiz nachteilig ausgewirkt hat. Dies wird nun endlich behoben.

So, wie wir es bereits von anderen Dienstrechts-Novellen kennen, kommt es auch zu europarechtlichen Anpassungen, insbesondere zur Umsetzung von EuGH-Erkennt­nissen. Erwähnt sei etwa die Verbesserung bei der Berechnung der Urlaubsersatz­leistung, die dem EuGH-Urteil Schultz-Hoff geschuldet ist.

Schließlich dient auch das private Arbeitsrecht als Vorlage für die eine oder andere Änderung des Dienstrechts. So wird etwa die Vereinbarung von Konkurrenzklauseln künftig nur noch dann erlaubt sein, wenn das Monatsentgelt das Zwanzigfache der täglichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage übersteigt. Für 2016 ergibt sich daraus eine Entgeltgrenze in Höhe von 3 240 €.

Verbesserungen gibt es auch beim Ausbildungskostenrückersatz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sosehr diese Einzelmaßnahmen zu begrüßen sind, dürfen sie uns doch nicht vergessen lassen, dass im Regierungsprogramm eine


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Modernisierung des Dienstrechts vorgesehen ist. Ich appelliere daher an Sie, Frau Staatssekretärin, so rasch wie möglich die sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst aufzunehmen, wie es im Koalitionsüber­einkom­men vorgesehen ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Ruf: Alm …! – Abg. Alm – auf dem Weg zum Red­nerpult –: Einen Witz mit Namen? Da habe ich schon lange keinen gehört! Kann ich einen neuen hören?)

 


14.25.47

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wenn der Staat oder andere öffentliche Institutionen zu Arbeitgebern werden, dann kommen oft sehr abenteuerliche Regelungen zum Vor­schein – Regelungen, über die sich Unternehmerinnen und Unternehmer, die in der echten Wirtschaft tätig sind, nur wundern können.

Da geht es vor allem um die Pflichten, die Unternehmen als Arbeitgeber wahrnehmen müssen. Gerald Loacker hat schon zuvor ausgeführt, dass bei den Rückstellungen für die Urlaubsersatzleistungen nicht klar ist, ob sie im öffentlichen Dienst, in den Res­sorts, erhöht werden müssen oder nicht. Inwieweit das passieren wird, wird man sehen.

Stellen Sie sich vor, was bei einem normalen Unternehmen der Fall wäre, würde es eine Rückstellung nicht dotieren. Das Finanzamt hätte seine Freude damit. Aber als Bund kann man sich natürlich einige Dinge erlauben, die anderen nicht erlaubt sind.

Da kommen wir gleich zu der anderen Ungleichbehandlung, die von meinem Kollegen Gerald Loacker angesprochen wurde: Der Bund als Arbeitgeber hat das Glück, nicht im Wettbewerb zu stehen. Das heißt: Das Geld wird den Leuten aus der Tasche ge­nommen, und was passiert damit? – Es werden Mittagspausen bezahlt! (Abg. Wöginger: Das ist sehr billig, sehr billig!) Wie kommen der Steuerzahler und die Steuerzahlerin dazu, Angestellten des öffentlichen Dienstes diese Zeit, in der eigentlich nicht gearbeitet wird, zu bezahlen? Damit wird aus einer 40-Stunden-Woche auf einmal eine 37,5-Stunden-Woche. – Und ja, es gibt KVs, die weniger als 40 Stunden vorsehen. (Abg. Karl: Es gibt KVs mit einer bezahlten Mittagspause!)  Aber es gibt keine Branche mit einer Normalarbeitszeit von 37,5 Stunden! Wenn Sie Ihre eigenen Fakten haben, dann können Sie das Recht auf Ihre eigenen Fakten natürlich geltend machen, aber der Realität entspricht das nicht, und es ist genau so, wie Sie es gesagt haben, Frau Kollegin Karl: Hier werden Menschen in unzumutbarer Weise bevorzugt.

Es geht um die Herstellung von Fairness und Gerechtigkeit zwischen allen Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmern, zwischen Unternehmen und Mitarbeitern. Der von der FPÖ eingeschlagene Weg oder der vorgebrachte Vorschlag, das auf dem Weg zu regeln, dass die Privatwirtschaft jetzt einfach auch die Mittagspausen bezahlen soll, ist einigermaßen absurd. Ich halte das für sehr amüsant und interessant, dass die FPÖ plötzlich für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung eintritt.

Damit ist natürlich bewiesen, dass die FPÖ im Herzen auch eine Linkspartei ist (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ – Ruf bei der FPÖ: Wie kommen Sie auf das! Wahnsinn!), wenn man dem Argument des Wirtschaftsnobelpreisträgers Paul Krugman folgt, der die „lump of labour fallacy“ als Trugschluss der ökonomisch naiven Linken entlarvt. Also der Schritt vom internationalen Sozialismus der naiven Linken zum sozialen Nationalismus der sozialen Heimatpartei ist oft nur sehr klein. (Beifall bei den NEOS. – Ruf: Das war halbwegs daneben!)

14.28



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


14.28.58

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir alle sehr gelacht. Kollege Alm, es war im Ausschuss die Anregung des Kollegen Kumpitsch und nicht mehr, und ich probiere es jetzt ein drittes Mal, ein drittes Mal, lieber Gerald Loacker, für dich, denn das ist ja dein Antrag mit der Mittagspause: Zum Ersten ist dieser Antrag schon lange überholt, denn es gibt ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes – Höchstgericht! –, das auch hoffentlich von den NEOS so anerkannt wird. Lest die Urteilsbegründung, dann wisst ihr mehr! (Abg. Loacker: Deswegen muss man ja das Gesetz nicht anerkennen!) – Ja, natürlich, man kann es anerkennen, man muss ein Höchst­gerichts­urteil aber natürlich auch nicht anerkennen. Man kann natürlich immer weiterlavieren, warum das so ist.

Kollege Hagen vom Team Stronach hat schon probiert, es gut zu erklären, er hat alles richtig erklärt. Exekutivbedienstete tragen Uniform, Arbeitskleidung, man wird sich wegen einer halben Stunde nicht umziehen, man macht im Regelfall an der Dienst­stelle, am Dienstort die Mittagspause und stellt sich sofort wieder in den Dienst. Das wird von der Bevölkerung auch so geachtet und sehr, sehr geschätzt.

Wollt ihr mit billiger Polemik, mit dem Streichen einer halben Stunde bezahlter Mittags­pause den Staat sanieren? Sind das eure einzigen Sorgen oder Vorschläge, welche die NEOS zu bieten haben? – Das ist ja fast lächerlich! Es hat auch Kollegin Karl richtig gesagt, dass sehr viele in der Privatwirtschaft schon in den Verträgen verankert haben, ob die Mittagspause bezahlt wird. Also bleiben wir ruhig, bleiben wir ein wenig sachlich, bleiben wir ein wenig seriös!

In diesem Sinne kann ich euch jetzt nur gratulieren. Überdenkt euren Antrag, lest euch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes durch! Dann seid ihr vielleicht ein bisschen gescheiter, und dann ist das alles hier unaufgeregter und besser.

Ich glaube, was sich die Bevölkerung und die Zuschauer vor den Fernsehschirmen nicht erwarten, ist, dass man das ins Lustige und Lächerliche zieht. Man schätzt es sehr, dass sich ein Polizist und ein Exekutivbediensteter, auch Justizwachebeamter, sofort in den Dienst für die Bevölkerung stellt, um die Sicherheit zu gewährleisten. Man hat hier mit dieser billigen Polemik eigentlich nichts am Hut – aber gut, okay, ihr seid noch eine sehr junge Partei, ihr lernt vielleicht noch dazu –, das ist, was sich die Bevölkerung von uns hier erwartet. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann noch zu meinem Antrag 1349/A(E). Da geht es um die Doppelbestrafung. Das ist hier vorbeigegangen. Ich bedanke mich bei Ihrer Vorgängerin, Frau Staatssekretär, wir hatten dazu gute Gespräche im Bundeskanzleramt. Wir waren auf einem guten Weg. Es hat lange gut ausgesehen, dass dieser Punkt in die Dienstrechts-Novelle ein­gearbeitet wird. Das ist leider nicht passiert. Es wäre ein Weg in die richtige Richtung gewesen: weg von einer Doppelbestrafung.

Worum geht es hier? – Wenn sich ein Beamter im Rahmen einer gerichtlichen Diver­sion auf eine Mindestbestrafung einigt, dann wird er mit voller Härte, meist mit einer Geldstrafe, im Disziplinarrecht noch einmal bestraft. Das heißt, wir stehen hier vor einer Ungleichbehandlung. In diesem Sinne – jetzt passen die NEOS nicht auf – sind die Beamten schlechtergestellt, sie werden doppelt bestraft. Das muss man auch einmal sehen. Nun hätte man das reparieren können, Frau Staatssekretär. Das war aber vor Ihrer Zeit. Das hat noch Ihre Vorgängerin gemacht. Wir hätten es uns erwar­tet, es wäre gut gewesen.


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Zur Dienstrechts-Novelle im Gesamten wird sich Kollege Kumpitsch noch äußern. Wir werden dem Vorschlag zustimmen. Es ist ein Weg in die richtige Richtung. Vieles – es wurde schon gesagt – ist eingearbeitet worden. Es war unser Antrag, jener der Frei­heitlichen, Personen mit besonderen Bedürfnissen und eingeschränkter Handlungs­fähigkeit nicht mehr aus dem öffentlichen Dienst auszuschließen. Ich bedanke mich dafür, dass das eingearbeitet wurde. Es wurde lange aufrechterhalten, dass man das nicht machen könne. Jetzt ist es doch geschehen, und diese Erkenntnis freut uns. Man kann am Ende des Tages noch immer gescheiter werden. (Abg. Pendl: Genau! Bravo!) Es ist schön, dass man solche Anträge der Opposition dann doch – es dauert immer ein wenig – einarbeitet. Das freut uns und viele Betroffene. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.33.42

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Ja, es ist auch eine Form von Populismus, was die NEOS machen, nämlich der klassische Populismus, an Neid­gefühle zu appellieren. Beide Redner haben gefragt: Wie kommen die Steuerzahler dazu – da wird klassisch an das Gefühl des Neides appelliert –, dass es Beamten besser geht als mir?

Es ist billiger Populismus, der aber noch dazu weit weg von allen Fakten ist. Das muss man einmal sagen. (Abg. Wöginger: Das wahre Gesicht der NEOS!) – Das wahre Gesicht der NEOS, gerade in der sozialen Frage, nämlich immer an vorderster Front zu sein, wenn es um die Einschränkung von sozialen Rechten geht.

Warum ist das aber auch faktisch falsch? – Es haben schon einige Vorrednerinnen und Vorredner vor mir gesagt: Ihr vergleicht Äpfel mit Birnen. Der Verwaltungsgerichtshof sagt sogar in seiner Verwaltungsgerichtshofentscheidung, dass man die Pause von Beamten aufgrund ihrer Verfügbarkeit nicht mit Pausen in der Privatwirtschaft ver­gleichen kann. Aber selbst dann, wenn man sie vergleicht, ist es falsch. Faktum ist, in der Privatwirtschaft wird vielfach weniger als 40 Stunden gearbeitet. Es wird 38,5 Stun­den gearbeitet, es wird 38 Stunden gearbeitet.

Und wenn wir von einer 38-Stunden-Woche ausgehen und einer Verteilung, wo an einem Tag nur sechs Stunden gearbeitet wird und keine Mittagspause anfällt, dann sind wir genau bei den 37,5 Stunden Nettoarbeitszeit, die Beamte haben.

Ihr versucht, hier den Eindruck zu erwecken, als gäbe es da irgendwelche Beamten­privilegien. In Wirklichkeit vergleicht ihr Äpfel mit Birnen, ihr versucht, den Neid anzuheizen. Und was steht am Ende? – Würde da die bezahlte Mittagspause entfallen, dann würden eure Vertreter in den einzelnen Branchen zu sagen beginnen: Moment, die Beamten arbeiten 40 Stunden! Wie kommen wir eigentlich dazu, dass in unseren Branchen nur 38 und 38,5 Stunden gearbeitet wird? – Ihr wollt im Prinzip – und das ist der Punkt – in allen Bereichen des Wirtschafts- und Soziallebens Verschlechterungen auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir wundern uns am Ende, dass die Menschen in diesem Land das Gefühl haben, dass es nur mehr schlechter wird und dass es ihnen nur mehr schlechter geht. Wir wundern uns dann, dass in ganz Europa Rechtspopulisten Erfolge feiern, die genau auf Basis solcher Maßnahmen die Politik mit der Angst der Menschen strapazieren.

Das ist genau jene Politik, die dazu führt, dass am Ende Rechtspopulisten in Europa die Wahlen gewinnen. Ihr steht an vorderster Front! – Könnt ihr! Aber dann jammert nachher nicht, wenn sie europaweit – von Frankreich, der Front National, bis nach


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Österreich, die FPÖ – Wahlen gewinnen. Es ist das Produkt eurer Politik des sozialen Kahlschlags auf Kosten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. (Beifall bei den Grünen. – Anhaltende Zwischenrufe bei den NEOS.)

Wir unterstützen die Novelle, da sie in vielen Punkten Dinge enthält, die wir gut finden und für lange notwendig erachten. Aus meinem Bereich möchte ich nur ein Beispiel bringen, nämlich dass Richterinnen und Richter, die krank waren und zurückkommen, eine Halbstelle besetzen können.

Es ist ein wichtiger Schritt, dass man akute psychische Belastungsreaktionen dem Dienstunfall gleichsetzt – als Beispiel sei ein Polizist erwähnt, der in einem gefährlichen Einsatz Erlebnisse hat, die logischerweise psychische Folgen haben. Das ist eine wichtige Weiterentwicklung.

Es ist auch eine wichtige Weiterentwicklung, dass wir den Umstieg der Verwaltungs­richter in Richtung der Justizgerichtsbarkeit und umgekehrt erleichtern. Ein weiterer spannender kleiner Punkt, den ich drinnen finde und der mich freut, ist, dass zukünftig auch besachwaltete Personen im öffentlichen Dienst arbeiten können, so man eine geeignete Stelle für sie findet, weil ja die Integration von Menschen mit Benach­teili­gungen ein Anliegen ist, das wir alle hier, so nehme ich an, teilen.

In diesem Sinne stimmen wir der Grundnovelle zu. Dem NEOS-Kahlschlag stimmen wir nicht zu, aber ich bin den NEOS dankbar dafür, dass es hier eine Differenzierung gibt. Denn: Es ist gut, wenn man die Unterschiede zwischen den einzelnen Fraktionen erkennt. Ich glaube, dass das ein wichtiger Hinweis ist, wo es trotz mancher Überein­stimmung zwischen Grünen und NEOS auch große Unterschiede gibt. Ich danke für diese Differenzierung. (Beifall bei den Grünen.)

14.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


14.38.02

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich schließe mich den Worten meines Vorredners an. Ich bin froh, dass diese Diskussion so geführt wird, denn dadurch kann ganz Österreich hören, wer für Rechtssicherheit steht. Es ist auch eine Frage, die den Wirtschaftsstandort Österreich berührt – das kann man sich auf der ganzen Welt anschauen – und gleich­zeitig auch der Fairness zwischen den Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmergrup­pierungen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Lugar: Ach so! – Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS und Team Stronach.)

Lassen Sie mich gleich zu Beginn – da könnt ihr lachen, wie ihr wollt – Folgendes sagen: In der Zweiten Republik haben wir eine gelebte Sozialpartnerschaft. Ich habe noch nie über Kollektivverträge in anderen Bereichen irgendeine negative Bemerkung gemacht. Das ist das Recht dieser Bereiche, und im öffentlichen Dienst ist es gelebte Praxis, die ganze Zweite Republik hindurch, dass der Dienstgeber und seine Vertreter sowie die Dienstnehmervertretungen ebenfalls sozialpartnerschaftlich das Dienst- und Besoldungsrecht verhandeln. Das zu kritisieren und ins Lächerliche zu ziehen, ist eine Demaskierung. Da habt ihr euch selbst demaskiert. Das sage ich in aller Klarheit. Ich bin froh, dass wir wieder ein Verhandlungsergebnis zwischen Dienstnehmer- und Dienstgebervertretern haben, das sich sehen lassen kann – das sich sehen lassen kann, Frau Kollegin!

Ich erinnere daran: Als wir die Herbstnovelle diskutiert haben, habe ich bereits den Inhalten der Entschließungsanträge, sowohl was die Behindertenfrage und die Frage


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der Durchlässigkeit bei den Richtern – schau mich gut an, Kollege Hagen! – als auch die Frage der psychischen Belastung bei der Exekutive betraf, zugestimmt. 

Alles, was wir zugesagt haben – alles! –: eingehalten! Wir haben gesagt, wir werden es bei der Frühjahrsnovelle beschließen. Also alles, was wir versprochen haben – unter riesiger Aufregung der Opposition –, beschließen wir heute, und jetzt bin ich neugierig, wer mitstimmt und wer nicht.

Ich sage auch hier ganz klar – und, Herr Kollege Loacker, es wird nicht besser –: Die Frage der Rückstellungen wird kritisiert, schauen wir uns das einmal rechtlich an. Schon gar nicht ist es die Sache des BKAs, denn das waren die einzelnen Ressorts mit dem Finanzminister. Und ob ich es in den Rückstellungen oder in den Rücklagen habe? Wissen Sie was? – Das können wir einmal bei einem Kaffee gemütlich diskutieren, dann können wir sehr in die Breite gehen. Es ist in Wirklichkeit nicht relevant! (Abg. Loacker: … Unterschied zwischen Rücklagen und Rückstellungen kennen!)

Das hier als Aufhänger zu nehmen gegenüber einem klassen, guten Verhandlungs­ergebnis, wo wir Solidarität herbeigeführt haben, wo wir Gerechtigkeit herbeigeführt haben – das waren langjährige Forderungen, das gebe ich zu –, das ist außer einer Ausrede nur eine Ausrede. Aber das ist mir ohnehin klar. Wenn man keine sozial­partnerschaftlichen Verhandlungen will, wenn man will, dass wir nach unten deregu­lieren, dann lade ich Sie ein: Fahren Sie einmal irgendwohin auf dieser Welt und schauen Sie sich an, wie schwierig es für die österreichische Wirtschaft ist, mit einem öffentlichen Dienst, der nicht für Rechtssicherheit sorgt, dort Geschäfte zu machen!

Das verdrängt ihr nämlich: Bei uns ist die Rechtssicherheit, bitte, durch den öffent­lichen Dienst garantiert! Ich werde das immer sagen, weil wir stolz sein können auf die Leistungen aller öffentlich Bediensteten.

Auch bei dieser Debatte stehe ich nicht an, mich bei den öffentlich Bediensteten, von – weil du (in Richtung ÖVP) mich gerade anschaust – der Polizei über die Bezirks­verwaltungsbehörden, den Bediensteten der Parlamentsdirektion, unseren Klubs, bis zu den PaMis, aber auch bei der Dienstrechtssektion sehr herzlich zu bedanken! Denn das ist ein Garant dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir diesen Staat auch rechtsstaatlich weiterentwickeln können. Wir müssen aber die Fairness aufbringen, dass wir bei den Kolleginnen und Kollegen zwar mit der Zeit gehen, aber faire Arbeitsbedingungen und eine ordentliche Entlohnung haben. Es ist so, und daher kann man, glaube ich, nur Gründe erfinden, warum man dagegen ist.

Lieber Kollege Hagen! Du kennst meine Affinität für die Sicherheitsbereiche. Wir können über alle Verbesserungen reden und verhandeln, ich stehe überall zur Ver­fügung. Aber meine Probleme fangen dort an, dass alle Fraktionen immer sagen: Wir haben viel zu viele Dienstrechte – ich erzähle das ohnehin dauernd –, 37 Dienst­rechte in Österreich, wir müssen weniger machen.

Das ist auch mein Zugang. Aber dann können wir nicht bei den Spezialdebatten ununterbrochen für jeden Bereich ein eigenes Dienstrecht fordern! Das ist der ver­kehrte Weg. Wir brauchen ein einheitliches Kerngesetz und müssen es dann natürlich spartenunterschiedlich, weil es ganz einfach unterschiedliche Belastungen gibt, aus­formen. Nur das kann ja der Zugang sein! Dass wir das für jene erreichen, die für die Österreicherinnen und Österreicher erstklassige Dienstleistungen erbringen, dazu lade ich Sie sehr herzlich ein.

Ich glaube, Österreich und wir alle hier im Haus können auf unseren öffentlichen Dienst stolz sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.43



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 131

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Duzdar zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.43.38

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Mag. Muna Duzdar: Sehr geehrte Abgeord­nete! Hohes Haus! Ich freue mich, dass ich erstmals als Staatssekretärin für den öffentlichen Dienst, im Bereich des öffentlichen Dienstes diese Dienstrechts-Novelle vorstellen darf. Ich sage immer, dass ein effizienter und moderner Staat auch einen starken öffentlichen Dienst braucht. (Abg. Pendl – Beifall spendend –: Bravo! – Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.) Das ist eben nur durch das große Engagement und die hohe Qualität der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst möglich.

Überall dort, wo in unserer Gesellschaft gesellschaftlicher Fortschritt stattfindet, nimmt der öffentliche Dienst eine Vorreiterrolle ein. Ich denke, dass wir hier nicht bescheiden zu sein brauchen, wenn wir uns beispielsweise den hohen Frauenanteil im öffentlichen Dienst anschauen, der bei 41,7 Prozent liegt, oder den Gender-Controlling-Bericht, den wir letzte Woche vorgestellt haben und der darlegt, dass der Anteil der Frauen in Führungspositionen ständig steigt. Hier liegen wir mittlerweile bei 34,5 Prozent. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern sind im öffentlichen Dienst weitaus geringer als in der Privatwirtschaft. Hier zeigt sich, dass die Frauenförderungsprogramme tatsächlich wirken! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Der Bund nimmt auch in vielen anderen Bereichen eine Vorreiterrolle ein. Beispiels­weise durch das Angebot von über 53 Lehrberufen ist der Bund der wichtigste und größte Lehrlingsausbildner Österreichs. Aber auch in Bezug auf Menschen mit Behin­derung erfüllt der Bund als Dienstgeber bereits seit 2007 vorbildlich die Vorgaben des Behinderteneinstellungsgesetzes. Das zeigt, dass wir eine fortschrittliche Politik machen, es zeigt aber auch, dass die Vielfalt, die wir leben, sich im öffentlichen Dienst wieder abbildet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das sind die Schwerpunkte, die ich setzen möchte. Ich möchte die Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst voran­treiben. Ich möchte die gelebte Diversität unserer Gesellschaft im öffentlichen Dienst noch stärker verankern. (Abg. Stefan: Was heißt das?) Wir möchten, dass die Men­schen ihre Potenziale und ihre Fähigkeiten bestmöglich im öffentlichen Dienst einbrin­gen können und die Diversität in ihrer Zusammensetzung, nämlich mit den unter­schied­lichen Lebensweisen, der Mehrsprachigkeit, den verschiedenen Kompetenzen, den öffentlichen Dienst stärkt.

Wir haben bereits so viele und so gut ausgebildete, motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die das gemeinsame Arbeiten in den Vordergrund stellen. Im öffentlichen Dienst ist die Zusammenarbeit eben für gemeinsame Ziele so wichtig. Ich sage auch immer, die Qualität des Staates bemisst sich auch an der Qualität seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Um es noch schöner und besser auf den Punkt zu bringen: Die Menschen, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten, stehen hier für etwas ganz Besonderes, denn sie sind die Visitenkarte des Staates. Sie repräsentieren den Staat und haben damit große Verantwortung.

Ich kann daher nicht oft genug betonen, wie viel ich als Staatssekretärin im öffentlichen Dienst an Engagement und an Professionalität der Bediensteten miterleben durfte. Daher möchte ich meine aufrichtige Wertschätzung zum Ausdruck bringen.

Aber, sehr geehrte Abgeordnete, an dieser Stelle ist es mir ein persönliches Anliegen, auch als Staatssekretärin für den öffentlichen Dienst persönliche Worte an die Kolle­ginnen und Kollegen von der Polizei zu richten, die letzte Woche in Penzing im


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Polizeieinsatz waren. Die Geschehnisse und vor allem die Folgen, die dieser tragische Vorfall für die Kollegen mit sich gebracht hat, haben mich tief betroffen gemacht. Ich möchte daher mein tiefes Mitgefühl, meine tiefe Anteilnahme, mein tiefes Beileid den Kolleginnen und Kollegen von der Polizei, natürlich insbesondere auch der Familie und den Angehörigen des Verletzten und des leider Verstorbenen, hiermit aussprechen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir haben hierdurch auf tragische Weise erfahren müssen, welches Risiko das hohe Engagement der Beamtinnen und Beamten in sich birgt, nämlich tagtäglich ihr Leben für die Sicherheit, für die Ordnung unserer Gesellschaft, aber auch für das faire und friedliche Zusammenleben zu riskieren. Ich bin in Gedanken bei den Kollegen und Kolleginnen.

Sehr geehrte Abgeordnete! Ich darf nun kurz die wesentlichen Eckpunkte der Dienst­rechts-Novelle vorstellen. Es ist schon viel dazu gesagt worden, aber es gibt einige Punkte, die mir sehr wesentlich erscheinen und die ich hier nochmals betonen möchte.

Zum einen geht es darum, dass wir erstmals die akute psychische Belastungsreaktion als Dienstverhinderungsgrund in das Gesetz aufgenommen haben. Das bedeutet besoldungsrechtlich, dass wir Vergütungen und Pauschalen während dieser Dienstver­hinderungszeit fortzahlen. Bisher galten diese Regelungen ja nur aufgrund physischer Dienstverhinderungen. Erstmals sollen nun Bedienstete aufgrund besonderer beruf­licher Belastungssituationen, nämlich bei außergewöhnlichen Ereignissen – denken wir an den Einsatz bei Brandkatastrophen, bei der Bergung von Leichen –, nicht zu kurz kommen.

Mit dieser Neuregelung zeigen wir auch als Dienstgeber, wie wichtig uns die Gesund­heit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst ist und dass wir sie in schwierigen Situationen nicht allein lassen. Gerade bei Polizisten und Polizistinnen ist es oftmals so, dass ganz außergewöhnliche Ereignisse in Ausübung ihres Dienstes zu psychischen Belastungsreaktionen führen können, die das Versehen des Dienstes eben unmöglich machen. Mit dieser Gesetzesnovelle möchten wir hier eine Lücke schließen.

Ein weiterer Punkt, den ich hier auch erwähnen möchte, ist, dass wir unserem Ziel näher gekommen sind, ein einheitliches Richterbild zu schaffen. Der Wechsel von Richterinnen und Richtern zwischen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der ordent­lichen Gerichtsbarkeit wird möglich gemacht. Damit erhöhen wir die Durchlässigkeit zwischen den Gerichten, und wir stärken die richterliche Berufsmobilität. Der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die am 1. Jänner 2014 in Kraft getreten ist, wird einmal mehr Rechnung getragen. Im Zusammenhang mit Richtern und Richterinnen darf ich weiters darauf hinweisen, dass jetzt auch die Möglichkeit der Teilzeitarbeit beim Wiedereinstieg nach einem längeren Krankenstand besteht. Das ist gut so!

Als letzten Punkt darf ich anführen, dass wir in dieser Novelle – das ist auch schon genannt worden – die Aufnahme von Menschen mit Behinderung erleichtern und klarstellen. Wir haben den Gesetzestext dahin gehend geändert, dass wir nicht mehr von der vollen Handlungsfähigkeit sprechen, sondern von der erforderlichen Hand­lungs­fähigkeit. Damit ist auch für die Zukunft die Inklusion von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Dienst klargestellt. Das ist mir als Zuständige für den Bereich Diversität auch ein besonderes Anliegen gewesen.

Zum Schluss möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der im Verfas­sungs­aus­schuss vonseiten der Abgeordneten der Grünen vorgebracht wurde, nämlich den Punkt in der Gesetzesnovelle, der im Disziplinarrecht die Rechte der Zeuginnen und Zeugen ausweiten soll. Es können nun erstmals Opfer von sexueller Belästigung im Verfahren vor der Disziplinarkommission eine Vertrauensperson beiziehen. Der Vorschlag der


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Grün-Abgeordneten war es, darüber hinauszugehen und die kontradiktorische Verneh­mung, so wie wir sie in der Strafprozessordnung kennen, auch im Disziplinarrecht vorzusehen.

Ich habe dies aus dem letzten Verfassungsausschuss mitgenommen, wir haben uns diese Frage auch inhaltlich genau angesehen. Es gibt bereits jetzt im Beamten-Dienstrechtsgesetz für minderjährige Personen im öffentlichen Dienst die Möglichkeit einer audiovisuellen Vernehmung bei Disziplinarverfahren. Mein Vorschlag wäre es, im Rahmen der nächsten Dienstrechtsverhandlung diesen Punkt mitzunehmen und diese audiovisuelle Vernehmung in Zukunft auch auf Erwachsene auszuweiten. Hier werde ich diese Möglichkeit nutzen und mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst als Sozialpartner diskutieren. Wir zeigen damit, dass uns auch der Schutz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst so wichtig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich denke, dass diese Dienstrechts-Novelle wesentliche Verbesserungen für die Mitarbeiter im öffent­lichen Dienst mit sich bringt. Ich wünsche mir und hoffe auf Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Scherak ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.53.33

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Weil Albert Steinhauser so gerne Unterschiede herausarbeitet, möchte ich vielleicht noch einmal anhand eines Beispiels erklären, wo hier die Unge­rechtigkeit ist und was offensichtlich fünf sozialdemokratische Fraktionen in diesem Haus nicht verstehen.

Es ist so schön – weil ja Kollege Wöginger beim Roten Kreuz Betriebsrat ist und Otto Pendl Arbeiter-Samariter-Bund-Präsident ist, glaube ich, wenn es richtig ist –, das Beispiel vom Kollegen Hagen noch einmal heranzuziehen. Er sagt, das funktioniert nicht, denn die Polizisten können ja in der Mittagspause nicht zum Einsatz fahren – was ist denn, wenn etwas passiert? (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Also, ich war Zivildiener beim Roten Kreuz, und ich habe jetzt extra noch einmal bei meinem damaligen Fahrer angerufen und gefragt, wie denn das ist. Selbstverständlich arbeiten Sanitäter 40 Stunden, müssen eine Mittagspause machen, die selbstver­ständlich unbezahlt ist, weil das auch ganz normal ist. Die Ungerechtigkeit besteht eben darin, dass das im öffentlichen Dienst nicht so ist. Und dafür, für diese Unge­rechtigkeit, ist in der Bevölkerung kein Verständnis da! (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenruf des Abg. Steinhauser.)

Der zweite Punkt – nur noch kurz zum Kollegen Steinhauser: Lieber Albert, es ist schon einigermaßen absurd, den NEOS hier vorzuwerfen, dass sie schuld am Aufstieg der Rechtspopulisten sind. Wie du weißt, sind die Grünen seit 1986 im Parlament. 1986 ist nicht nur mein Geburtsjahr, sondern eben auch das Jahr, in dem die Grünen ins Parlament gekommen sind. Interessanterweise hat auch der Aufstieg von Jörg Haider damals begonnen. Ich setze das jetzt nicht in einen kausalen Zusammenhang. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Man muss aber dazusagen, dass die NEOS erst seit 2013 im Parlament sind. Wie wir wissen, ist der Aufstieg der FPÖ schon viel, viel früher losgegangen, wir sind also sicher nicht schuld daran. Du hast deinen Schulmeister offensichtlich gelesen, aber den Liberalen den Vorwurf zu machen, dass sie schuld am Aufstieg der Rechts­popu-


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listen sind, ist einigermaßen peinlich. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steinhauser: Die Liberalen in ganz Europa machen diese Politik …! – Weitere Zwischenrufe.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


14.55.25

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär – schon da für den nächsten Tagesordnungs­punkt! Meine Damen und Herren! Aus den Augen, aus dem Sinn – darf nicht in diesem Haus gelten! Daher möchte ich als Allererstes meinen Dank an Frau Staatssekretärin Steßl richten, die diese Novelle hat ausarbeiten lassen (Abg. Loacker: Das erklärt einiges!), und an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ausverhandelt haben. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin! Auch wenn das heute Ihre erste Sitzung ist, an der Sie nicht teilnehmen (Abg. Lausch: Als sie noch da war, wurde anders geredet!), hier von diesem Rednerpult aus: Vielen Dank für Ihre Tätigkeit für den öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte nur noch auf einen Punkt eingehen, weil hier ein Fraktionsvertreter auch gemeint hat, dass die Frau Staatssekretärin – gemeint hat er wahrscheinlich Frau Staats­sekretärin Steßl – sich hier zu sehr der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ange­nähert hat. Mein Kollege Otto Pendl hat schon versucht, es zu erklären. Aber es hat natürlich auch etwas Verfassungsrechtliches an sich, das es für die Zuseherinnen und Zuseher zu erklären gilt.

Gehaltsabschlüsse zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer sind eine klassische Exekutivaufgabe, haben daher nichts mit der Legislative zu tun, also dem, was wir hier machen. Es ist dies auch eine der ganz wenigen Ausnahmen, wo wir hier unser Prinzip durchbrechen, nämlich dass wir exekutiv tätig werden. Aber warum machen wir das? – Weil wir als Parlamentarier die Kontrolle gegenüber der Exekutive haben und weil wir nicht wollen, dass die Regierung allein mit ihrem Sozialpartner sich etwas ausmacht, weil das öffentliches Geld ist. Daher macht es Sinn, in diesem Fall das auch hier zu beschließen. Daher macht es aber genauso Sinn, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich ihre Betriebsvereinbarung selbst ausmachen und gestalten.

Daher ist das sehr, sehr richtig! Es ist nichts Anrüchiges, es ist nichts Besonderes, es ist nicht überzogen. Es ist ganz richtig, dass sich die Gewerkschaft öffentlicher Dienst hier mit dem Dienstgeber Bundeskanzleramt zusammensetzt. Daher auch einen herz­lichen Dank für die vielen, vielen Verhandlungsrunden von beiden Seiten! Für das Zugehen aufeinander, dafür, dass man dem öffentlichen Dienst den entsprechenden Stellenwert gibt und dass es damit auch Sonderregelungen gibt für einzelne Bestim­mungen, die heute alle erwähnt worden sind und die man jetzt für alle Berufsgruppen gleichmacht.

Denn ich würde es nicht geil finden – um mit dem Wort des Herrn Kollegen Loacker zu reden –, wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer über einen Kamm geschoren werden sollten, wie Sie das zum Ausdruck gebracht haben. Ich finde es geil, wenn jeder einzelne Bürger seinen Wert bekommt, der ihm zusteht, und den Arbeitsplatz erhalten kann (Zwischenruf des Abg. Lugar), den er gerne haben möchte, mit der Betriebsvereinbarung in seinem Unternehmen, das für ihn passt. So individuell wie möglich, so verstehen wir uns – nicht in Gleichmacherei! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Weninger.)

14.58



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 135

Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich unter­breche nun die Sitzung bis 15 Uhr, damit wir dann die kurze Debatte über die Anfra­gebeantwortung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirt­schaft mit der Ordnungszahl 8782/AB durchführen können.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****

15.00.38Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 8782/AB

 


Präsidentin Doris Bures (den Vorsitz übernehmend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft mit der Ordnungszahl 8782/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung hat und alle weiteren Rednerinnen und Redner dann nicht länger als 5 Minuten sprechen dürfen.

Herr Abgeordneter Steinbichler, Sie eröffnen diese Debatte. – Bitte.

 


15.01.28

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Ja, es macht sich wirklich bezahlt, wenn man zeitgerecht über Jahre bei diesen Diskussionen fundierte Unterlagen wie solch aussagekräftige Bilder (eine Tafel, auf der ein Bauernhof abgebildet ist, mit der Aufschrift „wegen US-Konkurrenz geschlossen“ auf das Rednerpult stellend) heran­zieht, denn dann kann man sie zum gegebenen Zeitpunkt wieder verwenden, so wie beispielsweise bei der Besprechung der vorliegenden Anfragebeantwortung, die ich aus zwei Gründen in Frage stelle.

Erstens deswegen, weil von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in dieser Beantwortung die vier einzeln gestellten Fragen vermengt, im Gesamten beantwortet wurden. Das führt natürlich zu Überwerfungen, und das bestätigt auch der Inhalt der Beantwortung. Denn es ist ja wunderbar, wenn man am Anfang schreibt, dass die österreichischen Interessen, insbesondere die Interessen der Landwirtschaft, weitestmöglich berücksichtigt wurden und Eingang in die Verhandlungen finden. Umgekehrt spricht man dann aber in einem weiteren Absatz wieder davon, dass es großartige Chancen gibt, dass man hier Exportchancen hat, besonders die Lebens­mittelindustrie, aber auch ganz besonders der Agrarsektor, dass durch TTIP grund­sätzlich positive Ergebnisse zu erwarten sind.

Und ich verweise darauf – das sind die Probleme, die wir immer wieder haben –, dass großartige Ergebnisse und Verbesserungen in den Raum gestellt werden. Mich erin-


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nert diese Situation an die Abschaffung der Milchquote – da war die Situation ganz parallel –, wozu seitens des Ministeriums, seitens der Landwirtschaftskammern teuerste Informationsveranstaltungen abgehalten wurden. Ich darf nur an jene im Schloss Mondsee erinnern, wo man unter dem Motto „20/20/60“ positive Entwick­lungen in Aussicht gestellt hat und angekündigt hat: Also, liebe Bauern, wenn das Milchkontingent endlich weg ist, dann könnt ihr frei liefern! 20 Prozent mehr Menge wird gebraucht, es wird einen um 20 Prozent besseren Preis geben und um 60 Prozent mehr Export!

Das passt genau zu TTIP – um wieder die Brücke zu diesem Thema zu schlagen –, wenn es da heißt, es sei zu erwarten, dass mit TTIP die Aussichten für den Export nach Amerika, in diesen großen Markt, wesentlich bessere sein würden.

Ich darf in dieser Situation auch Minister Rupprechter erwähnen, der zu meiner großen Enttäuschung damals bei der Diskussion in der Sendung „Im Zentrum“ gesagt hat, TTIP würde für die Biobauern die großartige Chance bieten, nach Amerika zu liefern. Besonders Minister Rupprechter muss wissen, dass wir im Biobereich 80 Prozent Import haben! Wir reden nämlich nicht von den paar Biosachen, die im Laden oder beim Biobauern, beim Nachbarn gekauft werden, sondern wir müssen hier schon einmal über den großen gewerblichen Handel reden, wo Bioprodukte containerweise, palettenweise gehandelt werden. Und dann schauen wir uns an, woher die kommen!

Und, ganz wesentlich: Wenn man die Agrarexporte nach Amerika hinterfragt und dann feststellen muss, dass den größten Anteil davon unser berühmter Energy-Drink-Erzeuger Red Bull hat, dann werden sich auch so manche Bergbauern, Viehzüchter und Schweinemäster die Frage stellen: Was habe ich dann davon?

Natürlich wird Red Bull – ich möchte hier keinen Firmennamen schädigen – immer wieder in Zusammenhang mit der Landwirtschaft gebracht, weil dieses Unternehmen ja unter den großen Förderungsempfängern ist. (Abg. Pirklhuber: Wasser ist drinnen! Unser Wasser!) – Entschuldigung! Danke. Kollege Pirklhuber verweist gerade auf das Wasser.

Jetzt bin ich bei einem weiteren Thema. Und ich glaube, genau das, Herr Staats­sekretär, verursacht ja die große Unsicherheit bei der Bevölkerung, und ich glaube, genau das fehlt ja manchen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von der Agrarseite, dass sie anscheinend zu wenig zur Bevölkerung kommen. Die große Unsicherheit bei den Bäuerinnen und Bauern besteht ja darin, dass sie keine klare Antwort bekommen und dass sie natürlich aufgrund der aktuellen Situation besonders verunsichert sind. Und angesichts dessen von roten Linien zu reden und davon, dass man da nachschärfen muss und dort verbessern muss, das ist halt keine Antwort. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn man dann in der gestrigen Ausgabe der „Kronen Zeitung“ liest, dass der EU-Abgeordnete Karas bereits wieder, im Sinne eines großen Erfolgs, davon spricht, dass alle Hindernisse aus dem Weg geräumt seien und man jetzt ganz erfolgreich weiterverhandeln könne – die österreichischen Interessen seien alle berücksichtigt –, dann weiß man, dass es entweder große interne Abstimmungsprobleme gibt, auf politi­scher Ebene, oder es wird mit etwas, was wir nicht wissen, hinterm Berg gehalten. Und genau darum geht es, glaube ich, jetzt. Es ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, zu dem es auch aufseiten der Regierung ein klares Nein zu diesen TTIP- und CETA-Verhandlungen geben muss.

Ich glaube, sehr viel Öl hat in dieser Diskussion Präsident Juncker ins Feuer gegos­sen – neben dem Brexit –, indem er sich dann noch erlaubt hat, zu sagen, na, was so ein nationales Parlament sagt, das ist ein Furz, und der Österreich-Klamauk interes-


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siert ihn auch nicht. – Also an Präpotenz und Abgehobenheit nicht zu überbieten! (Beifall beim Team Stronach.)

Genau diese Leute sind es, die die Populisten fördern! Genau die sind es, die dann darüber jammern, dass die Populisten die Oberhand gewinnen, weil sie sich vorher den Realisten verweigern, weil sie vorher die Realisten als ein bissel zurückgeblieben hinstellen.

Ich denke, ganz wesentlich, Herr Staatssekretär, sind – und das sind neben der Land­wirtschaft noch Punkte, die wir für unsere Konsumenten ganz besonders berück­sichtigen müssen – auch die Sozialstandards. Ich habe das bereits hier in diesem Hause erwähnt. Wenn in amerikanischen Geflügelschlachthöfen Mitarbeiter Windeln tragen müssen, weil sie keine Zeit für einen WC-Besuch bekommen, wenn angeblich die ganzen Wasserrechte mitverhandelt werden, wenn auch über Atommüll geredet wird – und wer gestern die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gelesen hat, der weiß, wie schwierig es ist, allein in Deutschland ein Atommüllendlager zu suchen –, dann wissen wir, welche Gefahren solche Abkommen in sich bergen.

Deshalb, glaube ich, ist es unabdingbar und ganz wesentlich, dass hier ein klares Nein kommt. Das fehlt völlig in dieser Anfragebeantwortung, wie sich die Regierung da positioniert. Es wird eben durch diese Vermengung von vier Fragen ein unklares Bild gezeichnet. Das, glaube ich, spiegelt auch das Bild in der Bevölkerung wider, was zu dieser Unsicherheit führt. Wir brauchen hier ganz klare Standpunkte in den einzelnen Bereichen, aber ganz besonders was Konsumenten und Landwirtschaft betrifft – weil da Hunderttausende Arbeitsplätze betroffen sind, sowohl in der Produktion, aber in weiterer Folge ganz besonders auch im Klein- und Mittelgewerbe –, aber auch aus Sicht der Umwelt, des Klimas. Wir haben laufend die Beweise: Das Wetter eskaliert immer mehr. Wir haben keine Übergangswitterungen mehr, wir haben nur mehr Extreme – entweder extrem kalt oder extrem heiß.

Und deshalb der Spruch, den ich schon zweimal gebracht habe: Diese Entwicklung, diese Globalisierung nützt den Konzernen. Wir brauchen die nötige Regionalisierung, diese nützt den Menschen. Es ist notwendig, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die regionalen Geschäfte und Geldflüsse zu aktivieren. Wir sehen es, wenn Gemeinden beim Finanzausgleich – und jetzt gerade die Landeshauptleutekonferenz – verhandeln.

Ich darf abschließend darauf verweisen: Ich glaube, eine ganz wichtige und ganz mächtige Organisation in Österreich ist die Landeshauptleutekonferenz, und auch die Landeshauptleutekonferenz hat sich in ihrer letzten Sitzung ganz klar mit einem eindeutigen Votum gegen TTIP und CETA ausgesprochen. Und ich glaube, es ist eine klare und auch eine berechtigte Forderung der Opposition an die Regierungsparteien, sich hier im Sinne unserer Bevölkerung ganz klar und deutlich zu positionieren. (Beifall beim Team Stronach.)

15.09


Präsidentin Doris Bures: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Staats­sekretär Dr. Mahrer zu Wort gemeldet. – Herr Staatssekretär, Ihre Redezeit soll 10 Minu­ten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.10.17

Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lieber Leo Steinbichler! Mir ist zwar bei dieser Thematik noch immer nicht ganz klar, was du jetzt gerne beantwortet hättest, denn alle vier Punkte sind eigentlich in der Anfragebeant-


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wortung beantwortet worden. Ich gehe aber gerne noch einmal im Detail auf alle vier Punkte ein, das kann man auch gerne punktuell machen.

Die erste Frage war ja darauf gerichtet, ob es klug gewesen wäre oder zweckdienlich wäre, den agrarischen Teil aus den Gesamtverhandlungen herauszulösen. Dazu gibt es zwei Komponenten. Erstens eine rechtliche: Das ist gemäß den WTO-Kriterien rechtlich nicht möglich. Zweitens gibt es eine inhaltliche Komponente – das kann man auch einfach beantworten –: Es widerspricht in Wirklichkeit den gesamten EU-Inter­essen, das in irgendeiner Art und Weise separat zu verhandeln. Das wäre auch inhaltlich gar nicht sinnvoll. – Also, simpel, Frage eins: weder juristisch noch inhaltlich.

Die Frage war: Wird sich das Abkommen, so es geschlossen werden würde, auf einzelne Produktgruppen auswirken? – Wir wissen ja, es gibt sozusagen Verhand­lungs­positionen der jeweiligen Verhandlungspartner, aber noch keine konkre­ten Ver­handlungsstände. Die sind auch nicht im Detail vorhanden. Man kann auch tatsächlich, und das steht in der Anfragebeantwortung auch drinnen, für die einzelnen Produkt­gruppen keine detaillierten Aussagen machen. Was wir aber natürlich wissen, ist, dass für uns sensible Bereiche darin enthalten sind, die auch unsere sensiblen Interessen betreffen, insbesondere die Fleischprodukte – du weißt das: beim Rindfleisch, beim Schweinefleisch und beim Geflügel und natürlich im Bereich Getreide, Zucker, Ethanol sowie Stärke generell.

Auch zur dritten Frage, für welche Produktgruppen es von Nachteil wäre, wenn die Unterzeichnung von TTIP nicht stattfinden würde, findet sich die Antwort im Text, aber ich werde es gerne noch einmal gesondert beantworten. Ein gut verhandeltes Abkommen in diesem Bereich ist natürlich für beide Seiten von Vorteil, ganz besonders für jene Bereiche – der biologische Bereich ist bereits angesprochen worden –, für die wir dort einen zukünftig interessanten Exportmarkt hätten. Man muss dabei aber immer die hohen Standards im Auge behalten. Aber keine wesentlichen Verbesserungen für die EU-Exporte gäbe es dann bei Käse, Wein und hochverarbeiteten Lebensmitteln, vor allem natürlich bei Milch, Milchprodukten sowie Schokolade und Backwaren. Dort hätten wir natürlich wesentliche Verbesserungen in den Exportchancen, wenn es das Abkommen gibt. Gibt es dieses nicht, hätten wir logischerweise – kausaler Umkehr­schluss – keine großen Chancen, und damit würde es uns dort keine wesentliche Verbesserung bringen.

Die vierte und letzte Frage war, ob die Verhandlungen in mehrere Gruppen unterteilt sind und um welche Gruppen es sich handelt. Bekanntlich ist ja schon mehrmals hier im Hohen Haus darüber debattiert worden, wie das Verhandlungsmandat an sich strukturiert ist. Es gibt drei Bereiche: Marktzugang, Regulierungsfragen und nichttari­färe Handelshemmnisse sowie Regeln. Das sind aber keine Gruppen, keine Gruppen­unterteilungen, sondern die Zwischenberichte werden immer in diese unterschiedlichen Überschriftengruppen strukturiert. Wenn man im Datenraum war und sich das im Leseraum angeschaut hat, sieht man immer diese unterschiedlichen Positionen. Da ich weiß, dass du noch nicht dort warst, lade ich dich sehr herzlich ein, dir diese Positionen dort auch gerne im Detail anzuschauen. Deine Kollegin, Frau Weigerstorfer, war ja schon dort, die kennt das natürlich im Detail. Dort kann man sich das anschauen, kann das überprüfen und sieht das auch im Detail.

Vielleicht darf ich zum Schluss noch Folgendes ergänzen, weil das ganz spannend ist, zum Stand dieser Verhandlungen: Wie gesagt, es gibt keine Verhandlungsergebnisse, auch nicht für den agrarischen Bereich, nach 30 Verhandlungsrunden, sondern eben nur diese gegenseitigen Positionen, die man ja im Leseraum sieht. Ich lade dich daher noch einmal ein, dir das dort anzusehen, dann wirst du detailliertere Erkenntnisse dazu gewinnen.


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Abschließend möchte ich festhalten: Was für uns auf Regierungsseite ganz entschei­dend ist, ist der Punkt, dass die Verhandlungsposition auch ein Bekenntnis zu diesen hohen Standards, die wir ja immer wieder hervorgestrichen haben, einschließt, dass unser staatliches Recht zu regulieren, das berühmte „right to regulate“, gewahrt bleibt, ebenso wie unser Vorsorgeprinzip.

Damit sind alle vier Teilbereiche beantwortet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.14


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.

 


15.14.44

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Eines möchte ich ganz klar festhalten: Ich sehe mich hier als Vertreterin des Volkes und werde die große Skepsis in Bezug auf TTIP, die mir gegenüber tagtäglich in meinem Wahlkreis und im ganzen Land zum Ausdruck gebracht wird, auch weiterhin sehr, sehr ernst nehmen.

Lebensmittelsicherheit und Umweltstandards betreffen uns alle. Ich meine, sie sind das Fundament unserer Gesundheit. Eines ist klar: Solange im Raum steht, dass die Land­wirtschaft für amerikanische Lebensmittel geöffnet wird, mit den aus europäischer Sicht völlig unzulänglichen Lebensmittelgesetzen, so lange werde ich als Sozialde­mokratin gegen TTIP hier stimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Österreich braucht kein Hormonfleisch, keinen Hormonlachs, kein Chlorhuhn, kein Patent auf Saatgut oder andere Lebensmittel. (Abg. Lugar: Kein Chlor, …? – Das verwenden wir auch selber in Österreich!) Krebserregende Chemie, wie zum Beispiel Glyphosat, brauchen wir auch nicht.

Warum diese Geheimhaltung bei TTIP? Warum diese Verhandlungen hinter verschlos­senen Türen? Wir Menschen in Europa müssen Europa repräsentieren. Wer das noch nicht verstanden hat, der soll, bitte, die aktuelle Lage in Großbritannien beobachten. Denn diese Geheimhaltung und dieses Getuschel schaden Europa massiv – und ich sehe mich als Europäerin. Sie sind der Nährboden für Populisten, auch hier in Österreich. Hiermit schaue ich bewusst in diese Richtung (in Richtung FPÖ), wo die Reihen wieder einmal sehr schwach besetzt sind.

Es scheint auch einen Grund zu geben, warum da geheim verhandelt wird, denn für jene, die TTIP verhandeln, ist jeder Standard – egal, ob es jetzt den Arbeitneh­merschutz betrifft, ob es die Tiere, ob es die Umwelt, ob es die Lebensmittel oder das Klima betrifft – ein mögliches Handelshindernis und damit per se schlecht. Übersetzt heißt das: Standards sind Gründe, warum Konzerne weniger Geld machen.

Aber ich sage, unsere Standards sind unsere unique selling proposition. Die euro­päischen Standards sind das, was unsere Wirtschaft ausmacht, und das müssen wir endlich verstehen. Wir lassen uns nicht auf einen Wettbewerb um niedrigste Löhne und niedrigste Auflagen ein. Vielmehr punkten wir mit der hohen Qualität unserer Produkte und mit der Sicherheit. Deshalb: Raus aus dem Getuschel und rein in die Demokratie! Ich will vor allem Transparenz, so wie viele Millionen Menschen in Europa.

Besonders problematisch sind die privaten Schiedsgerichte, die so oft diskutiert werden. Mittels dieser können Konzerne bei Streitigkeiten das nationale Gerichtswesen umgehen und direkt vor privaten internationalen Schiedsgerichten – und damit außerhalb der nationalen und europäischen Rechtssysteme – einen Staat klagen. Und das ist schlecht. Es geht um Entschädigung für Regulierungen in Bereichen wie Gesundheit, in Bereichen wie Umwelt, in Bereichen wie Finanzen oder anderen Bereichen öffentlicher Politik, die aus Sicht der Investoren ihre Rechte beeinträchtigen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 140

Ich möchte aber unterstreichen: Ich bin nicht per se gegen Handel oder Freihandel. (Abg. Lugar: Na halleluja!) Das ist etwas Gutes, wenn er richtig gemacht wird. (Abg. Lugar: Da freuen wir uns aber!) Es darf nicht nur einigen wenigen nutzen, sondern es muss uns allen nützen. (Abg. Lugar: Eine Sozialdemokratin, die nicht gegen Handel ist! Das ist nicht schlecht!) – Ist nicht schlecht. Danke schön. (Abg. Hauser: Wieso lehnt ihr dann CETA nicht ab?)

Freihandel muss unsere Arbeitsplätze sichern, statt deren Verlust zu bewirken. Und Freihandel muss unsere Standards verbreiten, denn diese sind in Wirklichkeit unser Wettbewerbsvorteil. Was wir brauchen, ist eine Neuausrichtung der Handelspolitik, die den fairen Handel und den Schutz hoher Standards in den Vordergrund stellt und mit Demokratie und Transparenz agiert.

Und solange das alles nicht erfüllt ist, können wir als Sozialdemokraten da mit Sicherheit nicht mit. (Abg. Hauser: Lehnt doch CETA ab!) Und wenn ich mich um­schaue, ist es, glaube ich, offensichtlich, dass es für diese Freihandelspolitik in diesem Saal keine Mehrheit gibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte. (Abg. Schultes betritt den Saal und eilt sodann zum Rednerpult. – Abg. Strolz – in Richtung des Abg. Schultes –: So geht das nicht! Das ist unsere Zeit!)

 


15.18.55

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Wir dürfen heute – danke, lieber Leo Steinbichler – wieder einmal über TTIP reden, obwohl es dazu nicht viel zu sagen gibt. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Erstaunliche ist ja, dass dieses Thema nur von denen wirklich gespielt wird, die die Kenntnisnahme von Fakten verweigern und Informationen nicht aufnehmen wollen. (Abg. Lugar: Der war gut!) Die Tatsachen sind, wie vom Herrn Staatssekretär richtig dargestellt, so, dass dieses Thema zwar ein Verhandlungsthema ist, aber die Verhand­lungen zu diesem Thema nicht weitergehen, weil unsere europäischen Verhandler ihr Mandat von der Kommission ernst nehmen und den Auftrag, den wir ihnen mitgegeben haben, sehr genau beachten.

Ich darf in Erinnerung rufen, dass einige Parteien in diesem Haus – da gehört die Partei des Leo Steinbichler nicht dazu, die hat keinen Auftrag gegeben – der Regie­rung für die Europäische Kommission einen Verhandlungsauftrag gegeben haben, und dieser Auftrag enthält unter anderem folgende Punkte: kein Absenken europäischer Standards, Beachtung der Arbeitsüberkommen, Beachtung der Umweltabkommen und Betrachtung des Abkommens als gemischtes Abkommen. Das heißt: Wir haben gesagt, dieses Abkommen wird erst dann in Ordnung sein, wenn wir sagen, dass es in Ordnung ist. Erst dann! Und alle, die sich jetzt schon aufregen und jetzt schon von großen Sorgen sprechen, wollen sich halt aufregen, so nach dem Motto: Ich ärgere mich! Weil ein anderer mich gerade nicht ärgert, ärgere ich mich selbst! – Lieber Leo, du willst dich heute ärgern, also ärgere dich.

Wir reden über die Dinge, die wirklich ernst sind. Und zwar: Es geht den Bauern momentan wirklich nicht gut, es geht ihnen in allen Bereichen wirklich nicht gut. Auch die Einkommenszahlen vom letzten Jahr bestätigen – und das haben die Bauern eh schon gewusst –: Ein schlechtes Jahr ist noch schlechter geworden! Die Preise sind niedrig, die Situation ist schwierig. Und wir Bauernvertreter brauchen die Hilfe dieses Hauses, damit wir den Bauern helfen können. Wir müssen unseren österreichischen


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Bauern sagen, dass wir sie in dieser Situation verstehen. Und ich appelliere an alle hier im Haus, dass sie die Vorschläge, die wir bringen, unterstützen und einmal mithelfen, dass die Bauern wirklich spüren, dass es noch jemanden gibt, der in dieser schwie­rigen Situation mitdenkt. Deswegen unsere Forderung, in der Sozialversicherung eine Rate zurückzulassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Situation in der Landwirtschaft ist schwierig. Sie ist auch im Milchbereich schwierig. Ich habe hier einen Brief, die Position der Vereinigung österreichischer Milchverarbeiter. Das sind die, die bis zum Gehtnichtmehr momentan kämpfen. Die schreiben mir Folgendes:

„Die europäische Milchwirtschaft unterstützt die Verbesserung der Exportmöglichkeiten in die USA, schließlich sind die USA der kaufkräftigste und bedeutendste Markt welt­weit, was nach dem Wegfall des russischen Marktes und der rückläufigen Nachfrage aus China für die Milchwirtschaft von besonderer Relevanz ist. Auch haben sich die USA im letzten Jahr zum wichtigsten Exportmarkt der europäischen Milchwirtschaft entwickelt. Dabei gilt es natürlich, die europäischen Standards zu sichern.“

Das wird kundgetan, obwohl die Amerikaner einen Schutzzoll auf europäische Butter eingeführt haben, weil sie eben viel bessere Preise haben als wir. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Meine Damen und Herren! Sich hier herzustellen und zu sagen: Zum Schutz der Milchbauern will ich TTIP verhindern!, ist etwas, wo ich sagen muss: Dann sag uns bitte, Herr Kollege Steinbichler,  wie wir sonst mit unserer Milch auf die richtigen Märkte kommen! Putin nämlich, dein großer Freund, macht aus Palmöl Käse. Erklär ihm einmal, was das für ein Schund ist! – Leider ist das so. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Steinbichler und Hauser.)

Meine Damen und Herren! Wir haben tatsächlich Probleme in der Landwirtschaft, aber wir haben auch Lösungen für diese. So ist es uns gemeinsam gelungen, die Herkunfts­bezeichnungen zu verbessern. Wir haben gemeinsam die geschützte geographische Angabe, den Ursprungsnachweis in der Administration erleichtert. Und ich rufe von dieser Stelle aus alle Markenproduzenten auf – alle, die eine regionale Qualität bringen –: Meldet es an! Im neuen Abkommen CETA wird das nämlich geschützt!

In diesem neuen Abkommen sind viele Punkte enthalten, wo sich die Verhandler sehr genau an unsere Vorgaben gehalten haben. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) In den nächsten Monaten wird ausreichend Zeit sein, dieses Abkommen in diesem Haus auf Faktentauglichkeit zu überprüfen und zu überprüfen, ob in diesem Abkommen unsere Vorgaben berücksichtigt sind. Wenn unsere Vorgaben eingehalten sind, wird dieses Haus Ja sagen, und wenn unsere Vorgaben nicht eingehalten sind, wird dieses Haus Nein sagen. Deswegen: Entspannung ist angesagt! Wir werden unsere Aufgabe professionell erfüllen, und unsere österreichischen Konsumenten, die österreichischen Arbeitnehmer, die österreichischen Lebensmittelverarbeiter, die Menschen auf dem Land und die Bäuerinnen und Bauern können sicher sein, dass das nur dann beschlossen wird, wenn es für alle etwas bringt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


15.24.22

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Lieber Abgeordneter Schultes, ich gehe grundsätzlich davon aus, dass das österreichische Parlament ausschließlich die Interessen der heimischen Landwirtschaft vertritt und nicht nur die Interessen der europäischen oder gar der amerikanischen Landwirt­schaft. (Beifall bei FPÖ, Grünen und Team Stronach.)


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Nun kurz zum Bereich Milch. (Abg. Schultes: … hat keine Vorgaben abgegeben, hat sich nur hier hergestellt und …!) Bitte, wieder herausgehen! Aber das geht bei diesem Tagesordnungspunkt nicht. Du hast deine Redezeit gehabt, jetzt bin ich dran.

Die VÖM hast du zitiert, die jetzt händeringend nach diesem TTIP-Abkommen verlangt, um Milch nach Amerika zu exportieren. Die VÖM war jene Organisation, die gemein­sam mit dem Bauernbund gesagt hat: Wenn die Milchquote abgeschafft wird, dann haben wir kein Problem, wir bringen alles unter, unsere Produkte sind so gut! – Und jetzt haben wir den Scherben auf, wie man mit einem bäuerlichen Ausdruck so schön sagt. Und ihr geht jetzt her und sagt: Wir werden unsere Milch nach Amerika expor­tieren! – Hanebüchen ist das!

Herr Landwirtschaftsminister Rupprechter ist nach Südkorea geflogen, und er ist auch nach China geflogen. Ziel war eine Milchoffensive und Fleischoffensive. Ergebnis: Null! Verursacht hat das nur sehr, sehr viele Kosten. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Steinbichler und Pirklhuber.)

Weiters muss man sagen: Die Kritik, dass Russland beziehungsweise Präsident Putin jetzt Palmöl importiert, um Milch zu ersetzen, mag berechtigt sein, aber auch das ist der Europäischen Union – gemeinsam mit euch – geschuldet, denn ihr habt die unsäglichen Russland-Sanktionen eingeführt, die wir von der FPÖ kategorisch abge­lehnt haben. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach. – Abg. Schultes: Das ist ein großer Irrtum!)

Jetzt eine Bemerkung zur geschützten geographischen Angabe: Man muss auch in Österreich ehrlich sein. Das erinnert mich ein bisschen an die Bundespräsidentenwahl, an die Schlampigkeit der Bezirkswahlbehörden. Im Bereich der geschützten geographi­schen Angabe ist es ähnlich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schultes.) Du hast vorhin dazu aufgerufen, alle mögen die geschützte geographische Angabe auf ihre Produkte schreiben. Jetzt werde ich einmal erklären, was die geschützte geographi­sche Angabe bedeutet.

Ich bringe dafür das Beispiel Tiroler Speck, das ich schon mehrmals hier gebracht habe. Jeder kennt den Tiroler Speck und weiß, dass das ein ausgezeichnetes Produkt ist. Nun zur geschützten geographischen Angabe: Der Konsument, der in das Geschäft geht und Tiroler Speck kauft, wo die geschützte geographische Angabe draufsteht, denkt, der Speck kommt aus Tirol. Tatsache ist: Der Speck kommt nicht aus Tirol! Tirol hat keine Schweineproduktion in einem Ausmaß, dass es die Produkte, die unter „Tiroler Speck“ verkauft werden, vermarkten kann.

Wenn draufsteht „geschützter geographischer Ursprung“, dann ist das richtig, aber die geschützte geographische Angabe ist eine gesetzlich gedeckte Irreführung der Konsumenten, denn das Fleisch, das die Firma Handl in Tirol als Tiroler Speck verkauft, kommt aus Oberösterreich, aus Deutschland und aus Dänemark. Da muss man auch ehrlich sein!

Da wollen wir eine Änderung! Wir wollen, dass die geschützte geographische Angabe im Interesse der Konsumenten abgeschafft wird und nur mehr die Bezeichnung „geschützter geographischer Ursprung“ geführt wird, denn dann ist das tatsächlich ehrlich. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Nun kurz zur Anfragebeantwortung: Es ist so, Herr Staatssekretär, dass Sie ja nicht der Befragte sind. Diese Anfragebeantwortung kommt vom Herrn Wirtschaftsminister. Unserer Ansicht nach wirft sie aber, ehrlich gesagt, mehr Fragen auf, als sie Antworten bringt. Es steht da zum Beispiel zum Abkommen mit Kanada: „Bis zu einer verein­barten Menge könnten die USA bestimmte Agrarprodukte zollfrei nach Europa expor­tieren (…).“


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Offen bleibt hier die Frage: Um welche Menge handelt es sich dabei? Gibt es da schon einen konkreten Punkt, wo man sagen kann: Diese Menge will Amerika exportieren!? Ich war auch im Leseraum, ich habe mir diese Dokumente angesehen und muss sagen: Das ist ja im Grunde genommen ein Witz! Nämlich: Man kommt da in ein kleines Kämmerchen, wo ein Computer steht, und dort kann man die englisch­sprachi­gen Dokumente lesen, die nicht einmal in Deutsch übersetzt sind, man darf nichts mitnehmen, man darf nichts kopieren, man darf nichts abschreiben. Und da soll man sich dann 20, 30 Seiten Text im Kopf merken!

Sie haben da keine Möglichkeit … (Abg. Bayr: Wir haben seitenweise abgeschrieben!) Wir wünschen uns, dass alle diese Dokumente hier im Haus – das ist eine wesentliche Sache; nicht nur für uns Freiheitliche, sondern für ganz Österreich und für das ganze Parlament sollte das eine wesentliche Sache sein – in einem Ständigen Ausschuss diskutiert werden und die Abgeordneten wenigstens davon informiert werden, was der momentane Verhandlungsstand ist. Momentan herrscht trotz Veröffentlichung auf irgendwelchen europäischen Seiten Intransparenz in der Verhandlung (Abg. Schultes: Das stimmt überhaupt nicht!), und da wünschen wir uns absolute Offenheit in der Verhandlung. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Schultes.)

Es ist für einen Präsidenten der Österreichischen Landwirtschaftskammer ungebühr­lich, einem einfach ins Wort zu fallen. Jeder hat seine Redezeit, jeder kann hier herauskommen und reden – und das gilt auch für dich, Herr Präsident Schultes! (Beifall bei der FPÖ.) Im Grunde zeigt das nur deine Nervosität in Bezug auf TTIP und CETA.

Ich sage jetzt auch etwas zu CETA: Es war ein kapitaler Fehler vom Kommissions­präsidenten Jean-Claude Juncker, anzukündigen, dass dieses Abkommen schon durch ist. Und das ist – und das muss ich auch erwähnen – dem Brexit geschuldet.

Dem Brexit ist das geschuldet, und es war eigentlich das Positive an der englischen Abstimmung, wenn man das so sagen kann, dass jetzt das Freihandelsabkommen mit Kanada in die nationalen Parlamente zurückgebracht wird. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Wäre die Abstimmung in Großbritannien nicht so ausgegangen, dann wäre CETA schon längst durch. Jetzt hat die …

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schlusssatz kommen!

 


Abgeordneter Harald Jannach (fortsetzend): Jetzt hat die Europäische Kommission vor der Bevölkerung Angst bekommen, und deswegen landet das jetzt in den nationalen Parlamenten.

Das verlangen wir auch bei TTIP, wenn hier abgestimmt wird und so ein Freihan­delsabkommen abgeschlossen wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


15.30.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ja, eine wichtige Debatte, und danke für diese gute Anfrage, die Herr Staatssekretär Mahrer hier ja doch noch zu vertiefen versucht hat, denn die Beantwortung ist auch aus unserer Sicht nicht wirklich zufriedenstellend, weil nicht sachlich auf einzelne Punkte eingegangen wurde. Aber besonders auffällig ist, dass der oberste Vertreter der Landwirtschaft, Kollege Schultes, als Präsident der Kammern, also eigentlich in einer überparteilichen Funktion, sich als Abgeordneter dieses Hauses hier herstellt (Zwischenruf des Abg. Schultes) und als oberster Sozialpartner der Landwirtschaft hier in den Raum hinein behauptet beziehungsweise mehr oder weniger eigentlich den Vorwurf äußert, dass hier offensichtlich die meisten,


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die kritisch sind, die Kenntnisnahme der Fakten verweigern und Informationen nicht angenommen haben. – Ich habe das mitgeschrieben, Kollege Schultes.

Jetzt kommen wir einmal zu den Fakten. – Wir haben eine Agentur beauftragt, eine Umfrage unter den Bäuerinnen und Bauern zu machen, wie sie TTIP einschätzen, was für Perspektiven sie in TTIP sehen. Diese Umfrage ist vom Dezem­ber 2015/Jän­ner 2016, also sie ist nicht drei Jahre alt, sondern ein gutes halbes Jahr, und die Bäuerinnen und Bauern haben mit 68 Prozent gesagt, sie haben große Sorgen und fürchten sich tatsächlich und wollen TTIP nicht haben. Aber nur 1 Prozent der Bäue­rinnen und Bauern hat gesagt, sie sehen Chancen in TTIP. Hier sitzt einer: Kollege Schultes. 1 Prozent! (Beifall bei Grünen, FPÖ und Team Stronach.)

1 Prozent der BäuerInnen! – Abgeordneter Schultes ist einer davon – schon sehr interessant, oder? –, gleichzeitig vertritt er aber auch die restlichen 99 Prozent. Sehr interessant, ja! Es ist ein dialektischer Prozess, Kollege Schultes, den Sie hier perfor­men. Es wäre sehr interessant, einmal in Sie hineinzuschauen, wie denn das geht.

Ich war bei Veranstaltungen in Niederösterreich – andere Kolleginnen und Kollegen auch – und habe dort Folgendes erlebt: Die Bauern sind aufgesprungen, wenn es um dieses Thema ging! Und die Bäuerinnen genauso, Kollege Schultes, die sagen: Stopp mit diesen Märchengeschichten, wir haben genug von dieser Erzählung! (Abg. Schultes: Weil du sie belogen hast!) Das sagen die Bäuerinnen und Bauern – auch in Niederösterreich! (Abg. Schultes: Weil du sie regelrecht belogen hast!) Sie müssten es wissen, Kollege Schultes, Sie sollten es wissen. (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn Sie es gar nicht wahrhaben wollen, dann wird es notwendig sein – und das ist unsere Aufgabe –, die Bevölkerung weiterhin aufzuklären, alles daranzusetzen, dass es hier im Parlament eine demokratische, öffentliche Debatte gibt. Wir haben ja morgen noch einen Hauptausschuss, und ich freue mich, dass wir dort gemeinsam – ich hoffe, dass das morgen wirklich so sein wird – für den September die parla­mentarische Enquete zu CETA und TTIP beschließen werden. Das ist ein kleiner Stein für mehr Öffentlichkeit, für mehr Transparenz. Und das ist einfach erforderlich.

Ich stelle jetzt eine ganz einfache Rechnung auf, weil es in dieser Anfrage­beantwor­tung, Herr Kollege Mahrer, heißt, es wäre nicht konform, die Landwirtschaft von TTIP auszunehmen, weil das nach der Meistbegünstigungsklausel nicht möglich sei. Ich habe mir das in Ruhe angeschaut und muss sagen: Das ist schon richtig, und zwar insofern, als die WTO-Regelung sagt: Ja, es ist dann möglich, mit einer Freihan­dels­zone zu verhandeln, wenn nahezu oder annähernd der gesamte Handel damit invol­viert ist.

Das ist die richtige Antwort! Aber das heißt nicht, dass man nicht Sektoren aus­schließen darf. Das ist die Gegenformulierung! Und jetzt sind wir beim konkreten Punkt: Die Industriellenvereinigung sagt, 3,5 Prozent im bilateralen Handel mit den USA sind Zollbelastungen.

Meine Damen und Herren! Was passiert denn mit den Zolleinnahmen? – 25 Prozent können sich die Mitgliedstaaten für die Abwicklung behalten, und 75 Prozent gehen ein in das EU-Budget. Aber wenn diese Mittel gekürzt werden, wenn an der Außengrenze keine Zölle und keine Abschöpfungen mehr passieren, dann haben wir mehrere Milliarden Euro weniger im EU-Budget. Ja wer wird denn das zahlen? – Jetzt zahlen diese Zölle die Konzerne. Dann zahlen es wieder die Steuerzahler. So sieht es nämlich aus!

Das ist Zollabbau! Und wenn Sie auf der Homepage der Industriellenvereinigung nach­lesen – und das ist keine grüne Homepage –, so werden Sie sehen: Die sagt klar,


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40 Prozent des transatlantischen Handels ist Handel zwischen den großen transnatio­nalen Konzernen. 40 Prozent!

Wenn Sie das ganz nüchtern durchrechnen: 10 Prozent des EU-Budgets sind derzeit Zolleinnahmen. Das heißt, die Konzerne zahlen über ihre Abgaben an der Außen­grenze derzeit auch einen Beitrag für das europäische Budget. Das fällt weg im Freihandel – und das ist wieder eine der Formen der neoliberalen Umverteilung! (Abg. Schultes: Keine Ahnung!) Da wird umverteilt in die privaten Kassen der Konzerne, und wir Bürgerinnen und Bürger müssen, damit wir die Leistungen in Europa aufrecht­erhalten können, dann wieder mehr Steuergeld dafür hergeben, dass wir in Europa handlungsfähig sind.

Meine Damen und Herren! Das sollte uns sehr zu denken geben, und daher wäre es ganz wichtig, dass wir diese Anfrage weiter vertiefen. Wir haben einen entsprechenden Antrag im Landwirtschaftsausschuss liegen …

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schlusssatz kommen.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Danke, Frau Prä­sidentin, ich bin schon fertig. – Ich bin wirklich der Überzeugung, dass wir die 99 Pro­zent der Bäuerinnen und Bauern gut in diesem Haus vertreten müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


15.35.48

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe mir einiges von der heutigen TTIP- und daran angehängten CETA-Debatte erwartet, aber ich muss sagen: Es ist bis jetzt hauptsächlich die Unwahrheit gesagt worden! Ich würde mich – und das ist eine ganz unerwartete Allianz für mich – am ehesten beim Herrn Präsidenten Schultes finden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Gehen wir es einmal der Reihe nach durch! Als Erstes möchte ich folgenden Vergleich anstellen: Es wurde die Anfrage vom Kollegen Steinbichler gelobt, wie gut und ziel­gerichtet sie sei. Meiner Meinung ist das so, wie wenn Sie am Mittwoch ein Vorstel­lungsgespräch haben und am Montag davor wissen wollen, wie es ausgegangen ist. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Sie stellen dem Ministerium Fragen und kritisieren dann, dass Sie nicht auch das Ver­handlungsresultat übermittelt bekommen. Die Verhandlungen zum Landwirtschafts­kapitel haben noch nicht stattgefunden. Es gab vor drei Monaten Gespräche, die nicht zum Erfolg geführt haben. Es sind im Juli die nächsten Verhandlungen. Der Umwelt- und Landwirtschaftsminister hat vorletzte Woche noch nicht einmal gewusst, ob das Landwirtschaftskapitel jetzt im Juli überhaupt verhandelt wird, weil es eben so kritisch gesehen wird – von beiden Seiten! Das heißt, Sie verlangen etwas, was es gar nicht gibt.

Spannend war auch die Argumentation des Kollegen Jannach, dass alles dermaßen intransparent sei und dass man überhaupt nicht wüsste, wie denn das Ganze jetzt bei CETA wäre. CETA, das kanadisch-europäische Freihandelsabkommen, gilt ja weithin als Blaupause für TTIP. Jetzt ist aber der Punkt, dass das Ergebnis, nämlich der Vertragstext von CETA, auf der Website der Europäischen Kommission ist. Das kann man jederzeit nachlesen. Es wird kritisiert, man wisse nicht, was da genau drinnen steht. Und es ist auch die Frage: Ist es Teufelszeug?, weil immer davon geredet wird.


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Was bedeutet Freihandel? Welche Rechte, welche Standards werden abgesenkt? Wie schaut es denn dann ganz konkret aus? Wie schaut ein solcher Verhandlungstext aus? Ich möchte jetzt hiezu nur zwei Beispiele heranziehen.

Aus dem Landwirtschaftsbereich CETA: Kanada wird die Zölle für 90,9 Prozent sämtlicher Agrarzolltariflinien mit Inkrafttreten des CETA-Abkommens abschaffen, nach sieben Jahren sollen es 91,7 Prozent sein. Die EU wird ihrerseits 92,2 Prozent der Agrarzölle abschaffen. Nach sieben Jahren sollen es 93,8 Prozent sein. Die restlichen Prozentbereiche sind jene Bereiche, die von den Mandatsgebern, nämlich von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und von Kanada – bei TTIP den Vereinigten Staaten von Amerika – als die sensiblen Bereiche der jeweiligen Agrarwirtschaft definiert werden. Und das sind genau jene Bereiche, über die wir die ganze Zeit dis­kutieren, die ohnehin ausgenommen oder massiv eingeschränkt sind.

Von welchem Resultat sprechen wir denn beispielsweise bei CETA? – Weil die Milchprodukte angesprochen wurden: Durch CETA werden wir unserem Umsatz für die Bäuerinnen und Bauern von 100 Prozent auf knapp 130 Prozent steigern, gleichzeitig den Marktanteil der europäischen Produkte in Kanada von 2 auf 4 Prozent verdoppeln.

Im Gegenzug – nehmen wir jetzt das Schweinefleisch her, weil dieser Bereich eben­falls kritisiert wurde! – wurden beim Schweinefleisch Kontingente freigegeben. Wie viel machen diese Kontingente im gesamteuropäischen Kontext aus? – 0,4 Prozent des Gesamtschweinefleisches kommen dann aus Kanada.

So, wir reden von 0,4 Prozent. Und jetzt schauen wir uns noch ein paar Aussagen an, die für TTIP wichtig sind und auch für CETA wichtig waren.

Auf der einen Seite hat der europäische Agrarkommissar Phil Hogan das österreichi­sche Parlament informiert, dass er davon ausgeht, dass TTIP ein gemischtes Abkom­men sein wird, was bei CETA auch nicht ganz klar war. Aber von der Kommis­sionsseite her wurde kommuniziert, dass TTIP ein gemischtes Abkommen sein wird. Das bedeutet, die Mitgliedstaaten können dann über ganz konkrete Texte – zum Beispiel: 90 Prozent, 93 Prozent Schweinefleisch, Milchprodukte – diskutieren und müssen nicht den Teufel an die Wand malen. (Abg. Pirklhuber: Den malt niemand an die Wand!) Das machen Sie jetzt, solange Sie diese Texte nicht haben.

Auf der anderen Seite war der US-Chefverhandler Trick – Kollege Pirklhuber war damals auch dabei (Abg. Pirklhuber: Freilich!) – auch im österreichischen Parlament. Und was hat der gesagt? – Vonseiten der USA ist das „right to regulate“, das der Staatssekretär auch erwähnt hat, ein relevantes und zentrales Anliegen.

Warum? – Weil nämlich die Bundesregierung in den Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber den 50 Bundesstaaten genau das gleiche Problem hat wie die Europäische Kommission, das Europäische Parlament gegenüber den noch 28 Mitgliedstaaten. – Das heißt, all die Dinge, die Sie heute zu TTIP sagen, stimmen einfach nicht! (Abg. Pirklhuber: Ich habe nichts gesagt diesbezüglich! Ich habe über die Zölle gesprochen! Also, ich fühle mich nicht angesprochen!) Ich kann nicht behaupten, dass sie nicht eintreten, aber sie stimmen aus heutiger Sicht nicht, weil der Vertrag nicht existiert.

Und das, was Frau Kollegin Ecker gesagt hat, nämlich sie sei die Stimme des Volkes und möchte das Volk vertreten und sie werde jedenfalls TTIP unter den neoliberalen Gesichtspunkten, die bis jetzt bekannt sind, nicht unterstützen –, ist vollkommener – verzeihen Sie!; ich versuche, jetzt wertschätzend zu sein, aber es ist so – Humbug, denn wenn der Vertragstext nicht vorliegt, ist es unsere Aufgabe als Politikerin und als Politiker, jenen Wissensstand, den wir haben, nach außen zu tragen, die Debatte zu fördern und keine Ängste zu schüren, sondern zu fragen: Wie binde ich die Menschen


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ein? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Klinger: Man wird doch wohl vorher …!)

Die Frage ist: Wie binde ich die Menschen ein, wenn das Vertragswerk dann vorliegt (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) – das ist mein Schlusssatz, Frau Präsidentin –, damit wir auch in Österreich, und zwar in der Bevölkerung und im Parlament, eine Mehrheit haben? – Danke schön. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

15.41


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


15.41.22

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Unseres Erachtens zeigt diese Anfragebeantwortung einmal mehr auf, dass an uns hier TTIP und CETA betreffend sehr wohl blutdrucksenkende Beruhigungspillen verteilt werden.

Während der Bundesminister und die ÖVP anscheinend positive Ergebnisse für den Agrarsektor erwarten und glauben, dass gerade die österreichischen Lebensmittel­exporte davon profitieren können, freut es mich sehr, hier von SPÖ-Seite und vor allem auch von den betroffenen Bauern Skepsis zu hören. Wir haben es gehört: 68 Prozent der österreichischen Bauern wollen TTIP nicht, und das ist eine Zahl, über die man nicht einfach hinweggehen kann.

Dass diese Kritik oder dieses Skepsis TTIP gegenüber durchaus angebracht ist, zeigt uns ja auch die Vergangenheit, denn es gibt Freihandelsabkommen, die vergleichbar sind. Nehmen wir NAFTA her: Da reduzierte sich der Exportanteil von KMUs zwischen 1996 und 2012 von 15 auf 12 Prozent, während die Großunternehmer ihren Anteil ausbauen konnten. – Das sind schon Zahlen, die man durchaus auch hernehmen kann! Wir schüren also nicht nur Ängste, wie uns vom Vorredner irgendwie vorgehalten worden ist.

Es ist so, dass die US-Milchbauern durchschnittlich 32 000 Kühe haben; der EU-Durchschnitt liegt bei 17 Kühen – das kann sich nicht ausgehen! (Abg. Schultes: Das ist auch ein Blödsinn!) – Das ist kein Blödsinn, es kann sich nicht ausgehen! (Beifall bei Team Stronach und Grünen.) Es wird ein gnadenloser Preisdruck entstehen, weil wir mit dieser industriellen Massenproduktion auf der Kostenseite natürlich nicht mithalten können.

In der Anfragebeantwortung wurde auch auf das gültige Vorsorgeprinzip verwiesen. Allein dass sich die Vertragspartner auf Standards wie Codex-Rückstands­höchst­gehalte für Pestizide und andere Chemikalien geeinigt haben, bedeutet zum Beispiel für Glyphosat-Grenzwerte, wenn wir jetzt den Spargel hernehmen, einen fünfzigmal höheren Wert. Es ist einfach so, dass die Codex-Standards in Amerika wesentlich laxer sind als bei uns in der EU.

Was genau dahintersteckt, wenn es heißt, „TTIP soll dabei im vollen Einklang mit Rechten und Pflichten stehen, die sich aus der Mitgliedschaft beider Partner“ – USA und EU – „in der Welthandelsorganisation (WTO) ergeben“, das wird auch nicht wirklich erwähnt.

Produktstandards, die im finalen Produkt nachzuweisen sind, werden gleichwertig anerkannt. – Das ist gut so. Was leider nicht gleichwertig anerkannt wird, sind die Prozessstandards. Ich darf hier das Beispiel Papier bringen: Das wird einmal aus 50 Prozent Recyclingstoff hergestellt und einmal aus 100 Prozent neuer Faser. Auch wenn die Umweltauswirkungen durch das zweite Papier, also das mit den 100 Prozent neuer Fasern, viel schlechter sind, darf das jeweils importierende Land keinen Unter-


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schied zwischen den beiden Papierarten machen, wenn sie im Endprodukt die gleichen Nutzungseigenschaften aufweisen.

Ein mir persönlich immer sehr wichtiges Thema möchte ich zuletzt noch ansprechen, das ist der Tierschutz. Die Österreichische Tierärztekammer sieht in TTIP ebenso eine große Gefahr für die europäischen Standards im Tierschutzbereich. Während in Europa die Käfighaltung der Legehennen, der Kastenstand bei den Sauen und die Anbindehaltung von Mastkälbern in Einzelboxen verboten sind, ist das in den USA leider noch durchaus erlaubt. Auch das würde Druck auf den Preis europäischer Pro­dukte bedeuten.

Auch Tierversuche in der Kosmetikbranche zum Beispiel sind in den USA immer noch erlaubt, und eine Kennzeichnung der Produkte nach der Art der Tierhaltung – ich erinnere da an unsere Eier – ist in Amerika nicht vorhanden. Davon sind sie leider meilenweit entfernt.

Freier Handel: Ja, keine Frage, aber bitte nicht auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger und vor allem der Umwelt- und Lebensmittelstandards, für die wir hier in Europa jahrelang gekämpft haben. – Danke. (Beifall bei Team Stronach und Grünen.)

15.46


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.46.17Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 1697/A(E) der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Lohn­nebenkosten eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen.

Die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Schelling und mache darauf aufmerksam, dass der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten hat; alle weiteren Redner haben dann eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann Dr. Strolz. (Abg. Strolz begibt sich zum Rednerpult und deponiert dort eine an ein Verkehrszeichen erinnernde Tafel, die einen Elch und die Reifenspuren des Verkehrszeichens „Schleu­dergefahr“ darstellt.)

 


15.47.15

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! (Ruf bei der SPÖ: Das neue Logo?) Ich habe hier das neue Regierungslogo (die Tafel in die Höhe haltend – Ruf bei der ÖVP: Von den NEOS! – Abg. Kassegger: Ein besoffener Elch?) zur allgemeinen Ansicht.

Nein, tatsächlich, Herr Minister, geht es hier um einen Antrag zum Thema … (Unruhe im Sitzungssaal. – Ruf: Die Frau Präsidentin hat es nicht gesehen!) – Nicht nervös werden, ich erkläre alles. Nicht nervös werden! So, alles steht, ich kann noch einmal beginnen.

Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger, die Sie Ihre Steuern jeden Monat in großem Umfang abliefern müssen, denn wir in Österreich haben die zweithöchste Steuer- und Abgabenbelastung in der


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Europäischen Union! Natürlich haben wir hier in diesem Land die Aussicht, dass diese Steuerbelastung noch weiter ansteigen wird, wenn die Bundesregierung nicht ent­schlossen in Richtung Erneuerung und Reformen geht. Deswegen haben wir jetzt mit dieser Bundesregierung einen sogenannten Elchtest in Planung.

Der Elchtest ist der Test für Autos, der gemacht wird, um zu prüfen, ob ein Gefährt auch Bodenhaftung hat, wenn es in eine Belastungssituation kommt. Für uns steht außer Streit, diese Bundesregierung steht natürlich vor großen Herausforderungen. Bundeskanzler Kern hat anlässlich seines Amtsantritts gesagt (Abg. Höbart: Die Kern-Schnuppe!), er steht für den New Deal, er steht für den neuen Stil. Mitterlehner hat gesagt: Ja, ich will!, und wir haben das mit Sympathie zur Kenntnis genommen.

Die große Frage ist jetzt: Handelt es sich um leere Worte (Abg. Höbart: Na selbst­verständlich!) oder meinen die das ernst? (Abg. Höbart: Nein! Die meinen es nicht ernst!) Bisher kamen sehr viele Worte, es kam sehr viel auf der Analyseebene – da war nicht viel falsch, da war einiges richtig –, aber an konkreten Maßnahmen sehen wir noch nichts. Deswegen wächst bei uns die Skepsis, und es wächst bei uns, Herr Minister, auch die Ungeduld, und deswegen werden wir diesen Elchtest jetzt auch veranstalten, damit die Bürgerinnen und Bürger, damit wir alle Klarheit bekommen: Sind es leere Worte oder ist es ernst gemeint? (Abg. Höbart: Das ist sinnlos, der Elchtest!)

Wie findet nun dieser Elchtest statt? – Wir haben heute 20 sogenannte Fristset­zungsanträge eingebracht. Ich möchte das jetzt für jene, die mit den Abläufen im Parlament nicht so vertraut sind, kurz erläutern. Es geht hiebei um Anträge, die wir NEOS schon in den letzten Monaten und Jahren im Nationalrat eingebracht haben. Diese werden in der Regel einem der 40 Fachausschüsse zugewiesen, und dort widerfährt den Ideen und den Anträgen der Opposition – nicht nur jenen von uns NEOS, sondern auch jenen von den anderen Oppositionsparteien – eigentlich immer dasselbe Schicksal: Die Überschrift lautet „versenkt und verlocht“. Das heißt, in der Regel werden diese Anträge nicht einmal inhaltlich diskutiert, sondern sie werden vertagt, was bedeutet, sie verschwinden irgendwo in der Rundablage und werden nie mehr wieder gesehen.

Das halten wir nicht für sehr respektvoll. Das halten wir auch für falsch für das Land, weil nicht davon auszugehen ist, dass knapp 50 Prozent der Abgeordneten und 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler mit ihrer Präferenz für diese Abgeordneten total neben der Spur liegen (Abg. Tamandl: … Inhalte!), sondern es ist davon auszu­gehen, dass auch von den 50 Prozent, die nicht den Regierungsparteien angehören, sinnvolle Ideen kommen. Vielleicht, liebe ÖVP, teilt ihr nicht jede Idee (Abg. Tamandl: Das ist eine Sprechblase!), aber grundsätzlich jede Idee zu kübeln, das ist der falsche Ansatz. Das ist jedenfalls nicht neuer Stil.

Deswegen nehmen wir euch beim Wort. Neuer Stil würde heißen, Sie setzen sich mit den Ideen auch der Opposition ernsthaft auseinander – nichts anderes wollen wir.

Den ersten Elchtest machen wir schon heute. Wenn Sie nämlich alle zwanzig Frist­setzungsanträge ablehnen, dann, bitte, reklamieren Sie nie mehr wieder neuen Stil für sich. Wenn Sie heute aber dem einen oder anderen Antrag zustimmen, dann heißt das nicht, dass Sie inhaltlich schon dafür sind, sondern heißt das nur, dass Sie bereit sind, sich ernsthaft einer Diskussion zu stellen. Und das wäre neuer Stil. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schmuckenschlager: Da geniert sich sogar die eigene Partei!)

Umgekehrt: Wenn Sie alles ablehnen, heißt das, Sie zeigen keine Bereitschaft, in ernsthafte Debatten einzutreten, und deswegen bitte ich Sie, genau hinzuschauen. Wenn Sie zwanzigmal nicht mitgehen können – okay, man muss auch neuen Stil üben –, aber den einen oder anderen Themenbereich werden Sie nicht einfach so


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wegwischen können. Warum? – Weil wir fünf Schwerpunktbereiche ausgewählt haben, die der neuen oder der jetzigen Bundesregierung wichtig sind. – Zur Erinnerung: Es sind von den 16 Ministerinnen/Ministern beziehungsweise Staatssekretären, die ursprünglich vor gut zweieinhalb Jahren angetreten sind, nur noch sechs im Amt, alle anderen sind neu.

Von dieser Bundesregierung wurde ein neuer Stil und ein New Deal in diesen fünf Schwerpunktbereichen versprochen. Lassen Sie sie mich ausschildern: Wirtschaft, Arbeitsmarkt – halten wir für richtig –, Innovation, Forschung – halten wir für richtig –, Entbürokratisierung – halten wir für notwendig –, Bildung – halten wir für zentral – und Asyl, Integration und Sicherheit – halten wir für besonders relevant, dringlich und wichtig.

So, wir teilen also die strategischen Stoßrichtungen. Was machen wir jetzt? – Wir gehen noch einmal hinein und fragen, was wir in den letzten drei Jahren an Ideen hier eingebracht und erarbeitet haben, legen heute noch einmal – verdichtet – 20 konkrete Vorschläge auf den Tisch und sagen: Lasst uns die Themenbereiche, die Ihnen als Regierung und Regierungsparteien wichtig sind, die uns als NEOS wichtig sind, lasst uns diese Ideen ernsthaft diskutieren! Zum Beispiel lautet für den Bereich Wirtschaft, Arbeitsmarkt unser Vorschlag eben Lohnnebenkostensenkung.

Warum ist es wichtig, dass wir da weiterkommen? – Weil die Arbeitskraft in Österreich durch Lohnnebenkostenbelastung um zirka 10 Prozent teurer ist als in Deutschland. Das führt natürlich dazu, dass das Phänomen der Arbeitslosigkeit in Österreich – die höchste Arbeitslosigkeit seit 70 Jahren in diesem Land! – weiter befeuert wird, und deswegen wollen wir darüber diskutieren. Wir würden es nicht verstehen, wenn Sie sagen: Darüber wollen wir nicht diskutieren! – Das wäre meines Erachtens ein Wahnsinn. (Ruf bei der ÖVP: Tun wir eh dauernd!)

Beispiel Integration: Wir wollen hier darüber diskutieren, und unser Vorschlag ist eine Residenzpflicht für Menschen, die das Asylrecht zugestanden bekommen. Residenz­pflicht heißt für uns – diskutieren wir darüber und entscheiden wir darüber –, dass in diesem Fall anerkannte Flüchtlinge oder Asylberechtigte auch die Auflage bekommen: Wenn du am Sozialsystem teilhaben willst, hast du für eine gewisse Zeit eine Wohn­sitzbindung.

Warum wollen wir NEOS das? – Weil wir glauben, wir müssen eine unkontrollierte Binnenwanderung in Österreich hintanhalten, weil es andernfalls in diesem Land zu chaotischen Zuständen kommt. Das wollen die Menschen nicht, das wollen wir nicht. Da gibt es dann nur Verlierer. Das tut niemandem gut, und deswegen wollen wir darüber diskutieren.

Wenn Sie sagen, Sie wollen nicht einmal darüber diskutieren, dann müssen Sie diesen Fristsetzungsantrag ablehnen. Das würde aber von uns nicht verstanden werden, denn dann handelten Sie gegen Ihr Versprechen des neuen Stils, eines New Deal und Ihrer Schwerpunktsetzung Integration, Asyl, Sicherheit. (Abg. Tamandl: Wieso? Also das müssen Sie mir erklären, was das mit einer Fristsetzung zu tun hat!) – Ja, weil wir in ernsthafte Debatten gehen wollen!

Glauben Sie, dass die Bevölkerung draußen Verständnis dafür hat, dass die Hälfte der Abgeordneten hier dafür bezahlt wird, dass sie in den Abfallkübel hineinarbeiten? Das versteht niemand außer den Abgeordneten der Regierungsparteien. Niemand versteht das! (Beifall bei NEOS und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Thema Wirtschaft und Industrie: Wir wollen das Thema Gewerbeordnung mit Ihnen diskutieren (Zwischenruf der Abg. Tamandl), wir wollen betreffend den Bereich der Bedarfsorientierten Mindestsicherung diskutieren, wie wir Erwerbsanreize setzen können. Wir halten es für sehr wichtig, dass wir die Mindestsicherung eben immer auch


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als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt sehen. Es soll keine Inaktivitätsfalle sein, das ist uns besonders wichtig. Diskutieren wir darüber!

Vielleicht haben wir nicht die besten Ideen, vielleicht kommen Sie mit noch besseren Ideen. Aber wenn wir nicht darüber diskutieren, dann kommen weder unsere Ideen zum Tragen, noch werden wir Ihre je hören! Deswegen: Wenn Sie auch diese Diskussion im Keim ersticken, dann ist das natürlich ein Armutszeugnis.

In diesem Sinne: Das ist der Elchtest für die Bundesregierung. Alle Fristsetzungs­anträge sind mit 12. Oktober 2016 datiert. Warum? – Der 12. Oktober ist auch in der Woche, in der wir die Budgetrede des Finanzministers hören werden. Das heißt, wenn wir bis dahin Gewissheit haben, dass Sie bezüglich dieser fünf Themenbereiche, die Ihnen besonders wichtig sind, dass Sie betreffend diese 20 Vorschlagsbereiche, die wir einbringen, überall drüberfahren und überall sagen: Gekübelt!, dann ist der Beweis erbracht, dass Sie aus der Kurve geflogen sind, dass Sie den Elchtest nicht bestanden haben. Das Etikett New Deal, die Zuschreibung neuer Stil wird Ihnen dann offiziell aberkannt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Tamandl: Sehr, sehr schwach!)

15.56


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Schelling. Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschrei­ten. – Bitte.

 


15.56.56

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzter Herr Klubobmann! Lieber Matthias, ich hoffe, du hast diesen Elch nicht beim Umarmen einer deiner Bäume getroffen, denn Elche sind relativ gefährlich.

Im Zusammenhang mit dieser Grundsatzfrage, wie man mit Fristsetzungsanträgen oder auch anderen Anträgen umgeht, gehe ich jetzt konkret auf jenen ein, der heute sozusagen vorliegt, nämlich den betreffend die Lohnnebenkosten. (Abg. Tamandl: Den haben wir schon beschlossen, und … wart dagegen!)

Zum Ersten darf ich Folgendes festhalten: Es stimmt, dass die Lohnnebenkosten in Österreich höher sind als in Deutschland, aber die gesamten Lohnkosten inklusive Lohnnebenkosten sind in Österreich niedriger. Daher ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes nicht nur eine Frage der Lohnnebenkosten, sondern eine der Ge­samt­produktivität der Wirtschaft, und angesichts der Tatsache, dass wir weiterhin ein All-Time-High bei den Exporten haben, zeigt sich, dass der Standort offensichtlich auch international weiterhin wettbewerbsfähig ist. (Ruf: Na, da schau her!)

Was stimmt und was überhaupt keine Frage ist, ist, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen müssen, dass wir bei der Wettbewerbsfähigkeit vorankommen müssen und dass diese Bundesregierung die richtigen Maßnahmen dazu setzt und setzen wird. (Abg. Höbart: Was? – Abg. Kickl: Nämlich? – Abg. Vetter – in Richtung FPÖ –: Zu­hören!)

Ich komme jetzt zu diesen fünf Punkten, die du erwähnt hast: Die werden bereits abgearbeitet. Daran arbeiten bereits die Teams – ich bin selbst in zwei dieser Arbeits­gruppen engagiert –, und wir werden rechtzeitig im Herbst die notwendigen Maßnah­men im Bereich Deregulierung, Standort und Arbeitsmarkt vorlegen. Die Bundesregie­rung hat aber zwischenzeitlich, im letzten Ministerrat, bereits Schritte und Signale gesetzt – ich erinnere an das Start-up-Paket, an die Punktation zur Sozialversicherung, an die Punktation zur Gewerbeordnung –, und daher wird das zügig abgearbeitet werden.

Konkret bezüglich der Frage der Lohnnebenkosten darf ich auf Folgendes hinweisen, damit das nicht in Vergessenheit gerät: 1. Juli 2014: Unfallversicherungsbeitrag von


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1,4 Prozent auf 1,3 Prozent gesenkt (Abg. Tamandl: Auch dagegen gestimmt!); etwa 100 Millionen an Einsparung, ausschließlich Dienstgeberbeiträge.

Die Forderung im Entschließungsantrag ist, ihn auf 1 Prozent zu senken. – Dann bitte ich aber auch, den Menschen in diesem Land zu sagen, dass wir dann aufgrund der Tatsache, dass die meisten Ausgaben, die die Unfallversicherung zu tätigen hat, im Bereich Unfallversicherung und Rehabilitation – sprich: Unfallversorgung, Unfallkran­kenhäuser und Rehabilitation – erfolgen, bei einer weiteren Kürzung auch dort die Leis­tungen zurückfahren müssen. (Ruf: Wurscht!) Das bitte ich einfach zu berück­sichtigen, denn die Unfallkrankenhäuser gelten weltweit als eine der besten Einrich­tungen, und um die Reha-Einrichtungen werden wir weltweit beneidet.

Jetzt kann man sagen, man will das ändern. Ich habe kein Problem, diskutieren wir das! Aber einfach zu sagen: Fahren wir das um weitere 0,3 Prozentpunkte oder 300 Millionen herunter!, würde bedeuten, dass man das Leistungsspektrum deutlich verändern müsste. (Abg. Loacker: Das ist nicht wahr! … Einsparungspotenzial! Das ist nicht wahr, Herr Minister!)

Sie haben ja die Gelegenheit, sich hierher ans Rednerpult zu stellen. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) Vielleicht kann ich Ihnen auch da ein bisschen Nachhilfe geben, ich war nämlich einmal Obmann der AUVA und kenne die Kostenstruktur dort sicher mit Abstand besser als Sie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strolz: Dann wissen Sie aber auch … Effizienzpotenzial, sagt der Rechnungshof!)

Wir können über diese Frage diskutieren, nämlich ob man einem privaten, halbprivaten Träger wie der AUVA zwar den Bedarf zuordnet, aber nicht die Finanzierung, denn sie können diese Leistung nur erbringen, indem sie entweder LKF finanzieren oder indem sie aus den eigenen Beiträgen finanziert werden. Anders ist das eben nicht machbar. Aber ich nehme das zur Kenntnis, Sie haben sicher die entsprechenden Überlegungen angestellt.

Zweiter Punkt: 1. Jänner 2015 – Absenkung beim Insolvenz-Entgelt-Fonds um 0,1 Pro­zentpunkte; Einsparung: 180 Millionen €.

Wir senken ab 2017 beim Familienlastenausgleichsfonds um 0,4 Prozentpunkte ab und ab 1. Jänner 2018 um weitere 0,2 Prozentpunkte; in Summe 790 Millionen €.

Und wir haben vereinbart, dass die Senkung um 0,1 Prozentpunkte ab dem 1. Jänner 2018 auch im Rahmen des Bonus-Malus-Systems erfolgt.

Wir haben im Bereich der Start-ups aus genau diesen Gründen, um bessere Chancen zu erreichen, diese Förderung im Bereich der Lohnnebenkosten installiert, sodass für die ersten drei Mitarbeiter für drei Jahre bei den besonders innovativen Start-ups die Lohnnebenkosten mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 100 Millionen € gefördert werden.

Wenn man sich nun die einzelnen Bereiche anschaut, so sieht man, dass neben der Unfallversicherung auch noch die Wohnbauförderung drin ist. Die Wohnbauförderung sollte nicht unterschätzt werden. Sie ist eine gemeinschaftliche Bundesabgabe, die zu 80,55 Prozent den Ländern zur Verfügung steht. (Abg. Strolz: Und nicht zweck­ge­widmet ist!) Das gesamte Aufkommen liegt bei 770 Millionen €, bei einer Gesamtaus­gabe im Wohnbauförderungsbereich von 2,8 Milliarden € auf Basis 2014.

Die Zweckbindung wird derzeit im Rahmen des Finanzausgleichs diskutiert, allerdings möchte ich schon darauf hinweisen, dass auch die Zweckbindung der Einnahmen aus der Wohnbauförderung weder die Lohnnebenkosten bewegt noch die Ausgaben bei den Wohnbauförderungen verändert. Daher ist auch der dritte Punkt, den Sie an­sprechen, die verstärkte Autonomie, Gegenstand im Bereich des Finanzausgleichs.


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Was aber sicher nicht gehen wird, ist, dass man einen gemeindespezifischen Zuschlag fährt, um dann 2 500 verschiedene Einrichtungen zu haben, die die Bundessteuern mit Gemeindezuschlägen versehen. Das ist auch nicht administrierbar. (Abg. Strolz: Das ist eine Excel-Liste! Die Schweiz kann es auch!) – Das ist immer ein schönes Beispiel, aber wenn man die Schweiz zitiert, dann zitiert man sie ganzheitlich und verweist nicht nur auf die Rosinen! Diskutieren wir auch darüber, dass die Struktur, auch was die Steuer anlangt, völlig anders gelagert ist! Dort ist nämlich die Steuer nicht im hoheit­lichen Bereich, sondern im dezentralen Bereich, übrigens auch in Deutschland. Wenn man das so haben will, kann man das ausmachen, aber wenn Sie oder wenn du, lieber Matthias, immer von den Fürsten der Finsternis sprichst, dann wirst du doch nicht ernsthaft glauben, dass es richtig ist, dass die alle Steuereinnahmen lukrieren dürfen.

Ich glaube, dass die Bundesregierung gezeigt hat, dass sie das Thema Lohnneben­kos­tensenkung ernst nimmt, dass das, was budgetär möglich ist, tatsächlich in eine Etappe eingetaktet wurde und dass wir seit 2004 sukzessive die Lohnnebenkosten senken. Daher ist der Fristsetzungsantrag nicht notwendig, denn das, was ihr wollt, haben wir schon gemacht! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


16.04.00

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Klassischer Fall der NEOS: Elch hat einen Bauchfleck gemacht! Das haben wir jetzt alle bei dieser kurzen Debatte miterlebt. Herr Kollege Strolz stellt sich hier ans Rednerpult und bringt einen Wald- und Wiesenbericht zu allen Anträgen, die die NEOS eingebracht haben, und gehen tut es letztendlich um einen Entschließungsantrag, der den Titel „Senkung der Lohnneben­kosten“ trägt. Diesen diskutieren wir jetzt im Zuge dieser kurzen Debatte und nicht die ganzen „guten Ideen“ – gehört doppelt unter Anführungszeichen –, die Sie jetzt gerade präsentiert haben.

In diesem Antrag, den Herr Strolz nicht näher ausgeführt hat – darum muss ich jetzt darauf eingehen, was dort drinsteht –, wird damit argumentiert, dass die Arbeitskräfte für die Start-ups viel zu teuer sind, daher muss man die Lohnnebenkosten senken. – Das ist wieder eine klassische Themenverfehlung. Der Herr Minister hat ja gerade erklärt, dass es ein Paket der Bundesregierung gibt.

Weiter hinten im Antrag zu den Lohnnebenkosten wird dann ohnehin deutlich, worum es den NEOS wirklich geht: Es geht darum, die Arbeiterkammerumlage zu halbieren und die Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schwächen. – Das ist letztklassig! Das haben Sie schon so oft versucht – ganz ehrlich, das, was Sie da vorhaben, nimmt niemand mehr ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Strolz: Ihr seid Wegelagerer! Die Kammerbeiträge wachsen schneller als jeder Lohn!)

Ich sage ohnehin gleich etwas dazu, Herr Strolz, kommen Sie wieder runter und bleiben Sie locker! Ich wollte Ihnen nur zu Ihrer Eingangsgeschichte mit den Start-ups sagen: Die Start-ups brauchen nicht Ihre turbokapitalistischen Vorschläge und Einschätzungen, die sind, wie wir gesehen haben, bei der Bundesregierung sehr gut aufgehoben. Das Paket, das da geschnürt wurde, ist ein tolles. Und ganz ehrlich: Das, was Sie da sagen, glaubt niemand! Sie stellen sich hierher und reden von leeren Worten. Der Herr Minister hat Ihnen gerade erklärt (Abg. Strolz: Glaubt ihr, ohne uns wäre das gekommen?), es sind keine leeren Worte, es sind genau die Dinge, die der Herr Bundesminister jetzt geschildert hat.


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Was fordern die NEOS in diesem Antrag? – Zum Beispiel: Unfallversicherungsbeitrag von 1,3 auf 1 Prozent senken. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Herr Loacker, da können Sie hundertmal sagen, das stimmt alles nicht, Sie können auch Ihre eigene Wahrheit hier erzählen, es ist so: Das kostet die Unfallversicherung 300 Millionen €! – Das ist so. Und die Unfallversicherung hat 2015 einen Abgang von 43,6 Millionen € gehabt. – Das ist auch so. Da werden Sie sich jetzt wieder hinstellen und sagen: weil die Trotteln dort nicht wirtschaften können. Okay, das haben wir schon gehört, das nehmen wir auch zur Kenntnis.

Fakt ist, wir vermissen Ihren Gegenfinanzierungsvorschlag. Sie sagen, die Rücklagen in der Unfallversicherung gehören aufgelöst, aber Sie sagen gleichzeitig, die Unfall­versicherung zahlt vieles, was eigentlich Aufgabe der Gebietskrankenkassen wäre. Was Sie nicht sagen, ist: Woher kommt dann das Geld, damit die Gebietskran­ken­kassen ihre Aufgaben wahrnehmen können?

Ihnen geht es immer nur darum: Kürzen, kürzen, kürzen, hineinschneiden und das, was für die Menschen, insbesondere für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wich­tig ist, wegnehmen! Da fahren wir einfach mit dem Rasenmäher drüber, das interessiert die NEOS nicht! (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Nächster Punkt: FLAF-Beitrag. Sie wollen eine Senkung von 4,5 Prozent auf 3,75 Pro­zent. Wenn Sie sich die Unterlagen vom letzten Arbeitsmarktgipfel durchgelesen hätten, dann wüssten Sie: Eine Senkung auf 3,96 Prozent für alle und auf 3,8 Prozent für jene, die ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigen, ist festgelegt!

Also was bleibt von diesem komischen Entschließungsantrag übrig? – Die Halbierung der Arbeiterkammerumlage! Ihnen geht es nicht um die Start-ups, Ihnen geht es darum, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schwächen. Wenn man das liest, weiß man, die Katze ist aus dem Sack. Sie wollen die Arbeiterkammerumlage kürzen und argumentieren das mit den Lohnnebenkosten. Die Arbeiterkammerumlage zahlen aber die Arbeitnehmer und nicht die Arbeitgeber. Also was das mit Ihren Lohnneben­kosten zu tun hat, das müssen Sie sonst jemandem erzählen, denn dass Sie uns da mit dem Kappl fangen können – ganz ehrlich –, das wird so nicht stattfinden!

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen, was sie an der Arbeiterkammer haben. (Abg. Kickl: Das wissen sie nicht!) Die über 390 Millionen €, die die Arbeiter­kammer einnimmt, rechtfertigen sich schon allein durch die Aktivitäten, die die Arbeiter­kammer vor Gericht setzt. Genauso viel, wie sie einnimmt, erstreitet sie nämlich mit den Kolleginnen und Kollegen, die dort beschäftigt sind, vor Gericht. Das sind vorent­haltene Löhne und Gehälter und das sind Leistungen, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zustehen. Und Sie werden nicht verhindern, dass die Menschen zu ihrem Recht kommen! Sie nicht, ganz sicher nicht! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Das rote Lichterl hier hat schon aufgeblinkt, daher nur mehr ein Satz: Sie reden über die Mindestsicherung und reden von Erwerbsanreizen? – 1 700 € Mindestlohn, das wäre ein guter erster Schritt für mehr Erwerbsanreize. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


16.09.38

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Grundsätzlich bin ich immer für eine Lohnnebenkostensenkung, das ist überhaupt keine Frage. Wir verfolgen dieses Thema, Kollege Strolz, nicht erst seit dem Mai 2016, sondern wir haben die Lohnnebenkostensenkung dauernd auf der Agenda. (Abg. Strolz: Seit 30 Jahren! Das ist das Problem!) Es wundert mich eigentlich ein


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bisserl, dass Sie dieses Thema heute zu einer Fristsetzung machen. Sie hätten es ja zum Beispiel auch im Finanzausschuss einbringen können, der am 30. Juni getagt hat, aber da haben Sie das nicht diskutiert.

Wir haben ja, der Herr Finanzminister hat es schon ausgeführt, die Lohnnebenkosten gesenkt.

2014: AUVA-Beitrag – 0,1 Prozent. NEOS nicht dabei!

2015: Senkung beim Insolvenz-Entgelt-Fonds um 0,1 Prozent. NEOS nicht dabei!

2016: 0,1 Prozent, 2017: 0,4 Prozent, 2018: 0,2 Prozent, insgesamt 1,2 Milliarden €. – Ohne NEOS, es ist trotzdem gelungen! Danke, Herr Finanzminister, danke an die Koalition. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben, wenn Sie heute unter anderem auch die Gewerbeordnung betreffend einen Fristsetzungsantrag einbringen, wahrscheinlich auch den Ministerratsvortrag vom Diens­tag nicht gelesen. (Abg. Strolz: Ich habe den Leitl gelesen, gestern, was er gesagt hat!) Am Dienstag ist die Modernisierung der Gewerbeordnung ganz groß auf der Tages­ordnung gestanden und von der Regierung beschlossen worden, und sie ist nun in Verhandlung. – Ich denke, eine Maßnahme, die man auf den richtigen Weg gebracht hat.

Ein weiterer Fristsetzungsantrag betrifft die Sozialversicherung, Effizienzstudie der Sozialversicherung. – Auch dazu sei gesagt: Bundesregierung, Ministerrat, Dienstag – beschlossen und auf den Weg gebracht.

Also diese Anträge sind auch schon ein wenig überholt. Ich glaube, dass wir in diesem Bereich mit den Maßnahmen, die wir jetzt gesetzt haben, auf dem richtigen Weg sind. (Abg. Scherak: Es ist aber schon ein Unterschied zwischen Regierung und Parlament, oder?) – Trotzdem! Wir sind auch dafür verantwortlich, dass wir die Regierung bei ihren Maßnahmen, die sie setzt, unterstützen, und das haben wir mit den Beschlüssen zur Lohnnebenkostensenkung bestens gemacht und so 1,2 Milliarden € jährlich – das darf man nicht vergessen – auf den Weg gebracht. (Abg. Strolz: Wir inspirieren euch!)

Wenn es bei den Start-ups, die Sie angeschnitten haben, darum geht, die Positio­nierung zum Gründerland Nummer eins zu unterstützen, dann haben wir da am Dienstag auch ein Paket auf den Weg geschickt, das sich sehen lassen kann: Business Angel Fonds neu dotiert, aws-Garantien gestärkt, Seedfinancing gestärkt, Patentscheck für Start-ups eingeführt, eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft Neu – eine Forderung von euch, von uns immer gewesen – wird etabliert. Das ist gerade für die mittelständischen Unternehmen von großer Bedeutung, denn das schafft Spiel­räume für Investitionen und damit für neue Arbeitsplätze.

Darin auch enthalten ist ein Lohnnebenkostenförderungspaket für die innovativen Start-ups, wo eben drei Mitarbeiter auf drei Jahre aus einem Topf gefördert werden; das sind immerhin 100 Millionen €.

Also ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, was nicht heißt – da bin ich wieder dabei –, dass man auf dem Lohnnebenkostensektor nicht noch weitere Senkungen herbeiführen kann, aber das muss man halt so tun, dass man zuerst den Freiraum schafft und dann absenkt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Alles in allem meine ich, die Lohnnebenkostensenkung soll weiterhin auf der Agenda bleiben, aber mit den ersten Schritten haben wir schon wichtige Effekte in dieser Hinsicht gesetzt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 156

16.13.13

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Es geht um den Fristsetzungsantrag in Bezug auf den Entschließungsantrag der NEOS zum Thema Lohnnebenkosten, aber das entwickelt sich jetzt zu einer grundsätzlichen Generaldebatte, was im Grunde ja nicht schlecht ist, und auch ich werde jetzt in diesem Sinne ein paar Worte an das Hohe Haus richten.

Es ist immer die Rede von Lohnnebenkostensenkungen – das ist gut, es ist auch unbestritten, dass hohe Lohnnebenkosten in einer globalisierten Welt international einen Wettbewerbsnachteil darstellen –, aber es ist bisher noch mit keinem einzigen Wort erwähnt worden, dass die Senkung der Lohnnebenkosten erst der zweite Schritt sein muss. Der erste Schritt – Kollege Peter Haubner hat das in einem Nebensatz angesprochen – ist der, dass wir uns ausgabenseitig einmal die Freiräume dafür schaffen müssen.

Der Herr Finanzminister war noch vor einigen Monaten derjenige, der gesagt hat, wir haben ein Ausgabenproblem. Davon ist heute nichts mehr zu hören. Ich habe mir das Programm, das neue Wirtschaftsprogramm, sozusagen das New-Deal-Programm, ge­nau angesehen und kann sagen, das ist von Marketinggesichtspunkten her gesehen durch­aus eine gelungene Angelegenheit, aber es führt wieder zu weiteren Ausgaben. Das sind weitere Zuckerl, die man verteilt. Man vergisst völlig, dass wir ausgabenseitig mittlerweile Werte haben, die uns um die Ohren fliegen. Ich freue mich ja nicht, aber ich bin schon sehr gespannt auf die Zahlen im Budget, das im Herbst 2016 verhandelt wird.

Also dieses ganz massive Ausgabenproblem haben wir in keiner Weise im Griff. Wir müssen es aber in den Griff bekommen, das ist nämlich ein strukturelles Problem. Aber zu den strukturellen Problemen, die die wirklichen Probleme sind – natürlich sind die Lohnnebenkosten auch ein Problem –, ist für mich im Rahmen des sogenannten New Deal nichts zu sehen. Es ist nichts zu sehen, im Gegenteil! Was ich hier sehe – das bestätigen auch die Ausführungen meiner Vorredner, und Kollege Strolz wird mir da wahrscheinlich zustimmen –, ist das Verharren in Besitzständen, das Verteidigen von Besitzständen (Beifall bei FPÖ und NEOS sowie der Abg. Dietrich), das Verteidigen des Kammernstaates, der vom Modell her seine guten Dienste geleistet hat – aller­dings im 20. Jahrhundert, und wir befinden uns seit 16 Jahren im 21. Jahrhundert –, das Verharren in Strukturen und Besitzständen. Der gesamte Bereich des Förde­rungsunwesens wird mit keinem Wort im New Deal erwähnt. Wir wissen, wir sind Förderungsweltmeister, das ist aber leider eine Disziplin, wo wir nicht Förderungs­welt­meister sein wollen. Nichts davon ist zu erkennen.

Die Transparenzdatenbank wird als großartiges Ergebnis angekündigt, beziehungs­weise wird vom Herrn Finanzminister festgestellt, dass es nun endlich gelungen sei, zumindest in den Bereichen Energie und Umwelt Meldungen von den Ländern zu bekommen. Wir seien jetzt erstmals in der Lage zu beurteilen, inwieweit diese Förde­rungen auch jene Wirkungen erzielen, für die sie gedacht waren. Da frage ich mich: Was ist in den letzten 40 Jahren in diesem Bereich geschehen? – Also die Transpa­renz­datenbank, ein ganz elementares Steuerungsinstrument der Wirtschaftspolitik in der Republik, wird nach wie vor boykottiert und ist nach wie vor in einem rudimentären Zustand, in einem völlig unzufriedenstellenden Zustand.

Wir haben weiterhin die Doppelspiegelung des Landes derer, die diese Besitzstände – ich spreche natürlich von SPÖ und ÖVP – zu bewahren versuchen. Das geht hinunter bis in die kleinsten Sportvereine. Wir haben nach wie vor einen äußerst ineffizienten Föderalismus, im Gegensatz zur Schweiz, und das alles kostet Milliarden. Ich bin auch schon sehr gespannt, inwieweit Verbesserungsmöglichkeiten im Rahmen des Finanz-


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ausgleiches erarbeitet werden. Ich wünsche Ihnen, Herr Finanzminister, wirklich alles Gute für die Verhandlungen vor allem mit den Landeshauptleuten!

Faktum ist, dass wir diese großen Probleme nicht gelöst haben und auch im Rahmen dieses sogenannten New Deal nicht angehen, und da habe ich jetzt noch gar nicht von den riesigen Problemen gesprochen, die uns im Rahmen der Europäischen Union noch bevorstehen, und zwar erstens durch den Euro, die Währungsunion, den Euro­päischen Stabilitätsmechanismus. Ich weise immer wieder darauf hin: Wir haben Haftungsrisiken in Milliardenhöhe, nämlich für 20 Milliarden €, unterschrieben.

Ich bin auch der Meinung, dass das Ankaufsprogramm von Draghi in seiner Intensität – wir reden da von 1 000 Milliarden € – ein Gefahren- und Risikopotenzial in sich birgt, das de facto unkalkulierbar ist.

Und wir haben selbstverständlich auch die Migrationsströme nicht im Griff, und das, das muss auch gesagt werden, sind natürlich auch Milliardenbeträge.

Da man nur das ausgeben kann, was man einnimmt, ist das eine Frage der Res­sourcen­allokation und eine Frage, wofür wir bereit sind, Geld auszugeben, für diese oder für andere Dinge. Wir wären eher bereit, Geld für Bildung, für unsere Kinder, für Zukunftsinvestitionen auszugeben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Strolz.)

16.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


16.18.54

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Kassegger, wenn Sie den letzten Förderungsbericht aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, dass Österreich nicht Weltmeister bei den Förderungen ist. Bitte einmal hinschauen!

Den Fristsetzungsanträgen, Herr Kollege Strolz, werden wir zustimmen (Abg. Strolz: Sehr gut!), aber nicht deshalb, weil wir inhaltlich in allem einer Meinung sind. (Abg. Strolz: Ist okay!) Das gilt auch für den jetzt in Debatte stehenden, und ich werde das begründen. (Abg. Strolz: Bitte!)

Es beginnt schon bei der Einleitung. Sie sagen, die Standortrankings zeigen, dass Österreich ständig in seiner Position verliert. – Falsch! Der Herr Minister hat es schon angedeutet, er hat gesagt, Österreich ist wettbewerbsfähig. Im „WirtschaftsBlatt“ vom 30.5.2016 hat Herr Stefan Schiman vom WIFO geschrieben und auf Basis des Doing-Business-Berichts der Weltbank, eines Indexes, der auch über die Zeit hin verfolgbar ist und Indikatoren hat, die vergleichbar sind, festgestellt, dass Österreich bei den meisten Standortfaktoren gewonnen hat, erstens, und zweitens, dass der Abstand zu den Besten sich seit 2010 laufend verringert hat. Ich ersuche Sie, das zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege, worin ich Ihnen zustimme, das ist, dass wir in diesem Land eine Lohn­nebenkostensenkung brauchen; da bin ich dabei. Aber nicht bei Ihrem Konzept, sorry, das tut mir leid. Denn da müssen wir ein wenig den Elch-Test üben, den Sie sozu­sagen jetzt mit der Regierung üben wollen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Sie wollen das über verschiedene Komponenten machen – Unfallversicherung wurde andiskutiert, da wurden erste Schritte gesetzt. Ja, aber wenn Sie weiter senken wollen, dann stellt sich die Frage: Wie wollen Sie das finanzieren? Sie wollen einfach die fremden Aufgaben in die Krankenversicherung verschieben und einen Teil über Rücklagen finanzieren. (Abg. Strolz: Das ist eine Querfinanzierung, das ist unsauber!) Rücklagen stehen ein einziges Mal zur Verfügung, das muss ich Ihnen nicht sagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 158

Eine Lohnnebenkostensenkung wirkt über alle Zeit. Also ein Finanzierungskonzept für die Senkung des Unfallversicherungsbeitrages ist das nicht.

Wohnbauförderung: Die Wohnbauförderung ist natürlich nur zum Teil, nur zur Hälfte ein Dienstgeberbeitrag. Zur anderen Hälfte ist es ein Dienstnehmerbeitrag. (Abg. Strolz: Aber Sie wissen, dass das querfinanziert ist?!) Und noch einmal: Wie wollen Sie denn das finanzieren? Sie sagen, den streichen wir. Ich wäre sozusagen für eine Zweckbindung, damit die Gelder tatsächlich im Wohnbau ankommen. (Beifall bei den Grünen.) Sie sagen, machen wir das über die Steuerautonomie der Länder, vergessen aber zu sagen, über welche Abgaben Sie das machen wollen. – Also kein Finanzierungskonzept. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Dritter Punkt, FLAF: Da gebe ich Ihnen recht, eine Senkung wäre möglich, und eine Reform des FLAF wäre Voraussetzung dafür. Aber Sie sagen wiederum nicht, wie Sie das machen wollen. Ein Konzept, ein Finanzierungskonzept dafür bleibt offen. Sie müssen sich schon dazu bekennen, wie Sie das finanzieren wollen! (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Entweder sagen Sie, wir finanzieren das über höhere Schulden, so wie das die Bundesregierung macht … (Zwischenruf des Abg. Strolz. Aber das steht nicht im Antrag, tut mir leid, das steht nicht drinnen! (Abg. Strolz: Ja, ich schicke Ihnen einen Brief!) Insofern ist das ein sehr populistisches Konzept.

Dann kommt es überhaupt ganz dick, dann kommen unter dem Titel „Lohnneben­kosten“ die Senkung der Arbeiterkammerumlage und die Senkung der Kammerum­lage 2. – Das, bitte, hat mit Lohnnebenkosten null zu tun, Herr Kollege Strolz! Was Sie und Ihre Partei wollen, ist, dass Sie der Arbeitnehmervertretung eins am Zeug flicken wollen, und nichts anderes!

Wissen Sie, die Arbeiterkammer hat im APA/OGM-Vertrauensindex (neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Strolz) beziehungsweise gehört zu jenen Institutionen, die das höchste Vertrauen in diesem Land genießen, zusammen mit dem Rechnungshof, zusammen mit anderen Institutionen wie der Polizei; das ist das eine. Das Zweite ist, dass die Menschen für die Beiträge, die sie dort zahlen, auch Leistungen bekommen (Abg. Strolz: Das ist wichtig!), in Form von Beratungen im Pensionsbereich, im Sozialbereich und in vielen anderen Bereichen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und das Dritte ist, dass es im arbeitsrechtlichen Bereich auch die Vertretungen im Rechtsschutz gibt. Mein Freund Wolfgang hat schon darauf hingewiesen, dass die Arbeiterkammern mehr im Zuge des Rechtsschutzes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erstreiten, als die Arbeitnehmer für die Finanzierung der Kammern auf­wenden, das nämlich, was durch die Unternehmungen den Arbeitnehmern vorent­halten wird. (Beifall bei Grünen und SPÖ.) Und gäbe es die Kammern nicht, würden die ArbeitnehmerInnen das nie bekommen. So schaut es aus! Lassen Sie die Finger von einer Institution, die in diesem Lande höchstes Vertrauen besitzt! (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Zur Kommunalsteuer, Herr Kollege: Bei der Kommunalsteuer sagen Sie, wir finan­zieren das über einen Zuschlag zur Einkommensteuer. Da schneiden Sie sich ja ins eigene Fleisch, denn Sie sagen: Na ja, wenn die Kammerumlage gesenkt wird, dann entlasten wir auch die Arbeitnehmer.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, bitte zum Schlusssatz kommen!

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Dann finanzieren sich sozusagen die Arbeitnehmer die Kommunalsteuer.

Herr Kollege, unsere Antwort auf die Senkung der Lohnnebenkosten, die gewiss notwendig ist, ist unsere aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform. (Abg. Peter


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Wurm: Die Grünen sind Teil des Systems!) Morgen werden wir das Protokoll von Paris ratifizieren, und das wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Überlegen Sie sich, uns in diesem Konzept zu unterstützen! (Beifall bei den Grünen.)

16.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort. – Bitte.

 


16.25.00

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Zitat: „Wenn die Gewerbeordnung infrage gestellt wird, stelle ich auch die Staatsordnung infrage.“ – Diese Aussage von Christoph Leitl erinnert mich an eine durchzechte Nacht, in der jemand am Boden liegt und jemand mit einem Stock in die Person „reinsticht“, um zu schauen, ob sie noch lebt. Christoph Leitl hat reagiert, er lebt. Aber das, was er da sagt, ist äußerst bedenklich, und ich hoffe, die Bundesre­gierung kann sich von solch einem Schattenminister und diesen Aussagen auch ein wenig distanzieren.

Der Vorstoß Richtung Gewerbeordnung wird von uns unterstützt. Die Anträge von uns sind deswegen nicht überholt, Herr Kollege Haubner, sondern sie werden einfach auch mit umgesetzt in einer eigenen Interpretation. Deswegen sind unsere Anträge nicht alt oder falsch, sondern wir freuen uns, dass sie umgesetzt werden. Genauso freuen wir uns, dass es ein Start-up-Paket gibt. Wir haben öffentlich gesagt, dass wir das gut finden. Dass es Teile gibt, die auch in Anträgen von uns in ähnlicher Form vorliegen, ist auch kein Geheimnis. Wir behaupten nicht, dass Sie das von uns abgeschrieben haben. Wir kennen alle die gleichen Stakeholder in dem Bereich. Wir kennen die Wünsche der Branche und wir freuen uns, dass einiges davon auch tatsächlich funktioniert. Sie werden den Standort Österreich für Start-ups in dieser Hinsicht auch aufwerten.

Allen voran ist die Schaffung des qualifizierten Start-ups sehr wichtig, was es über­haupt einmal ermöglicht, diese Gruppe an Unternehmen in irgendeiner Form zu behandeln. Die Risikokapitalprämie entspricht in etwa dem, was wir als Realwirt­schaftsinvestitionsfreibetrag gefordert haben. Da kann man sich jetzt natürlich darüber unterhalten, ob das Konzept von Harald Mahrer besser ist oder ob unseres besser ist. Wichtig ist, dass hier etwas passiert.

Mit Kritik an diesem Paket, die ich auch üben könnte, halte ich mich zurück. Ich schwinge mich sozusagen auf diesen neuen Stil ein und versuche, auch die guten Seiten in den Vordergrund zu rücken. Und ich möchte diese auch noch konstruktiv ergänzen, zum Beispiel um die Idee der Klein AG: Wenn man schon ein qualifiziertes Start-up hat, dann kann man auch wirklich eine Rechtsform schaffen, die für Start-ups nützlich wäre, nämlich in Form einer AG light, einer Start-up AG, in der man eben die Vorteile von GmbH und AG miteinander verbindet.

Dann bin ich beim Bereich der Lohnnebenkosten, die auch in diesem Antrag wider­gespiegelt sind. Da wird für Start-ups etwas gemacht, und das ist sozusagen der Beweis dafür, dass Lohnnebenkosten das größte Hindernis an sich für neue Be­schäftigung sind, sonst würde man ja nicht solche besonderen Begünstigungen für Start-ups erfinden.

Das Gleiche könnte man natürlich auf den Bereich der EPUs ausdehnen. Wir haben in Österreich je nach Zählart – aktuelle Zahlen sagen das – zirka 290 000 EPUs. Es gibt eine Studie – und da sind wir unverdächtig – von der Initiative 1plus1, die besagt, dass ein Viertel der EPUs einen Arbeitsplatz schaffen will. 39 Prozent aller Befragten geben an, dass die hohen Lohnnebenkosten daran schuld sind, wenn das nicht gemacht wird.


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Wenn es uns gelingt, dieses Viertel der EPUs tatsächlich zu EMUs, also zu Ein-Mitarbeiter-Unternehmen, zu machen, dann schaffen wir zirka 70 000 neue Arbeits­plätze. Das setzt aber voraus, dass man diese Idee einer Lohnneben­kosten­senkung auch ein bisschen weiterspinnt und eben nicht nur Start-ups zugutekommen lässt, sondern eben auch für EPUs gangbar macht und in weiterer Folge natürlich auch für alle Unternehmen. Denn es sind die Unternehmen, die die Arbeitsplätze schaffen, und das sind nicht die staatsnahen Betriebe und der öffentliche Dienst.

Das Konzept ist schon einigermaßen kritisiert worden, von Ihnen, Herr Minister, aber natürlich auch vom Kollegen Katzian, vom Kollegen Rossmann, der da ein wenig – zu Beginn zumindest – etwas zurückhaltender in der Kritik war. Ja, darüber kann man aber eben diskutieren. Es ist nicht so, dass all das, was in dem Antrag drinnen steht, erschöpfend die Grundlage der Berechnungen darstellt, die dem Konzept zugrunde liegen. Da gibt es eben Berechnungen, speziell im Bereich der Kommunalsteuer, auf die Sie als Einziger, Herr Rossmann, eingegangen sind. Sie, Herr Minister, haben das geflissentlich übersehen beziehungsweise bewusst ausgelassen, dass eben der größte Teil dieser Lohnnebenkostensenkung durch diese strukturellen Änderungen herbei­geführt worden wäre. Sie haben auch ausgelassen, dass wir eine Streichung der Kammerumlage 2 vorgesehen hätten.

Es sind hier insgesamt sechs Maßnahmen skizziert, wobei man sicher die eine oder andere konstruktiver oder auch dekonstruktiver kritisieren kann. In Summe ergibt das bei uns 5,5 Milliarden €, das wäre eine Senkung von zirka 4 bis 5 Prozentpunkten in den Lohnnebenkosten, also zirka 15 Prozent der Lohnnebenkosten. Das wäre wirklich substanziell und würde in der Berechnung, die auch in den Ministerien angelegt wird, zu einer Neubeschäftigung von zirka 80 000 Personen führen. Das ist etwas, das weiter gedacht ist als die Konzepte, die vorliegen.

Die Lohnnebenkostensenkung, die Kollege Haubner erwähnt hat, 0,1 Prozent: Das sind 30 € pro Mitarbeiter pro Jahr. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Das schafft nicht wirklich viele Arbeitsplätze. Da müssen wir wirklich in ganz andere Dimensionen vordringen.

Ich würde Sie bitten, diesen Fristsetzungsanträgen auch im Sinne des von Ihnen pro­pagierten neuen Stils zuzustimmen, damit wir auch darüber diskutieren können. (Beifall bei den NEOS.)

16.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf, auf welcher untereinander die Euro-Beträge € 15.818,18, € 23.715,10 und € 7.896,92 stehen, wobei letzterer gelb unterlegt ist.)

 


16.30.35

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuseher an den Fernseh­geräten und auf der Galerie! Ich kann vorweg Entwarnung geben, Herr Minister, Kol­lege Strolz hat gesagt, es kann sein, dass der Elch Leo heißt; er ist nicht gefährlich, aber sehr zielstrebig und sehr kräftig. Ich kann ihn nur unterstützen bei dieser Forde­rung.

Ich habe mir das Taferl mitgenommen, und ein Kollege hat gefragt, was für ein Gehalt da draufsteht. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ganz einfach: Da steht das Teilzeit­gehalt einer Büroangestellten drauf, Herr Kollege Rädler. Danke, dass du die Stimme wieder gefunden hast, du warst heute stundenlang sehr ruhig. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)


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Aber wenn man sich die tatsächlichen Kosten anschaut für das, was diese Sekretärin an Gehalt bekommt, diese 15 800 €, und was der Betrieb zu leisten hat, was sie den Betrieb kostet, nämlich diese 23 700 € (Abg. Heinzl: Ist das ein Jahresgehalt brutto?) – Herr Kollege, besser zuhören!, ich habe gesagt, eine Teilzeitbeschäftigte –, dann weiß man, welche Kosten da entstehen. Und wenn wir etwas schönreden wollen, dass wir eh so toll aufgestellt sind – Herr Minister, ich kann dir nur gratulieren und danke auch für deine klare Aussage, dass wir wettbewerbsfähig sind und die Wettbewerbsfähigkeit gegeben ist –, dann muss man aber schon dazusagen, dass internationale Statistiken beweisen, dass wir annähernd 10 Prozent höhere Lohnnebenkosten haben, was auch viele Unternehmerinnen und Unternehmer beklagen.

Herr Kollege Haubner, ja, es gibt tolle Unternehmen, die Mitarbeiter suchen, aber es gibt sehr viele, die sagen, na ja, die Selbständigkeit kann ich meinen Kindern nicht empfehlen. Und besonders im ländlichen Raum, wo wir nicht so große Industrie­betriebe haben, sondern kleine und mittlere Unternehmen haben, haben wir sehr viele mit Nachfolgesorgen, auch was Mitarbeiter anlangt, da das Ganze im Konnex passiert. Ich glaube, genau so müssen wir das auch sehen.

Deshalb bin ich unglücklich, Herr Kollege Katzian, über diese emotionale Diskussion. Du kannst dich darauf verlassen, ich war 22 Jahre lang Kammerobmann, ich weiß, wovon wir sprechen beim Kammernsystem. Ich war damals mit Walter Berger von der Wirtschaftskammer einer der Gründer des Runden Tisches in Vöcklabruck. Mir war es immer wichtig, dass man ausgewogen und partnerschaftlich zusammenarbeitet. Aber es ist ganz wesentlich – der Minister hat es bereits bei der Regierungserklärung gesagt –: Österreich hat ein Ausgaben-Problem und kein Einnahmen-Problem. (Abg. Haubner: Er hat immer noch recht!)

Ich muss die Aufgabenerfüllung der Regierung einfordern, denn wir müssen endlich zu den Maßnahmen kommen, ihr müsst endlich die Wahlversprechen in Form von Ent­bürokratisierung, in Form von Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger einlö­sen – dort sind Kosten zu sparen, anstatt nach neuen Steuern und neuen Einnahmen zu suchen. (Beifall beim Team Stronach.)

Da brauchen wir nichts schönzureden, da hat Kollege Strolz recht, wenn er sagt: Hier ist anzusetzen. Wir müssen wegkommen von der Bewahrer-Politik und der Haltung: Weil es so super funktioniert und weil es gerade so richtig schön läuft und es für die Amtierenden passt, tun wir nichts! Ich glaube, es ist das Allerwesentlichste und es ist die Verantwortung von uns allen hier im Haus, dass wir uns alle gemeinsam für die Zukunft bemühen müssen. Wir müssen uns alle gemeinsam bemühen, bei jeder Möglichkeit einzusparen, wenn es etwas einzusparen gibt.

Und ich glaube, das ist auch ganz wesentlich: Wir sollten nicht die Situation haben, Herr Kollege Haubner, dass führende Industrielle, Gewerbetreibende in Oberöster­reich – ich darf hier den Chef von KTM, Stefan Pierer, nennen – beim Industrie-Empfang sagen, Österreich ist eine Bananen-Republik. Und wenn wir nicht von den Lohnnebenkosten, sondern von den Lohnhauptkosten reden, dann sind das nicht irgendwelche Inszenierungen vom Kollegen Strolz, der irgendwem etwas am Zeug flicken will, sondern dann ist das die Realität. Ich glaube, das ist das ganz Wesentliche, dass wir die Realität nicht verleugnen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das ist das Entscheidende, das darf man einfordern. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Ein letzter Punkt zur Realität: Wir alle wollen österreichische Produkte, alle reden davon, wie gut die efko-Produkte sind. Hier ist der letzte aktuelle Bericht von den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 2. Juli, efko sagt: Die Zukunft wird sein, dass wir österreichische Gläser haben werden und die Produktion in Tschechien. – Das-


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selbe höre ich von Agrana. Wir sind also sehr wohl gefordert, diesen Wirtschafts­standort zu sichern. Wir sind gefordert, hier nichts zu schönen, sondern über die Reali­tät zu reden. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Abschließend noch eines, und das ist das Entscheidende: Wir brauchen eine enkerl­gerechte Politik, denn wir bezahlen mit der Scheckkarte unserer Enkerl. Alles, was wir denen in den Rucksack geben, müssen die einmal stemmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.35


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Ent­schließungsantrag 1697/A(E) der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Lohnnebenkosten eine Frist bis 12. Oktober 2016 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

16.36.28Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Damit nehme ich die Verhandlungen über die Punkte 14 bis 16 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.36.37

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich zum Thema der Verkürzung der Arbeitszeit oder, besser gesagt, der halbstündigen Pause gar nicht Stellung nehmen, doch die Ausführungen der Kollegen Alm, Loacker und Scherak bedürfen einer Entgegnung.

Offenbar habe ich mit meiner Anregung, die NEOS sollten sich nicht in erster Linie darüber Gedanken machen, wie sie den öffentlich Bediensteten eine halbe Stunde bezahlte Arbeitszeit wegnehmen können, sondern vielleicht auch Überlegungen in die andere Richtung anstellen, den Nerv eurer neoliberalen Partei getroffen. Es war für mich schon beeindruckend, welch hochgeistige, pseudowissenschaftliche Thesen Kollege Alm über die FPÖ hat. Dass diese offenbar eine neue große Linkspartei ist – das ist ja sehr neu. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Aber ich sage euch eines, es gibt hier in diesem Haus keine Links- oder Rechtspartei, sondern andere Zugänge zu Themen, nämlich zu Problemen, die die Menschen in unserem Land haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines dieser Themen ist, dass wir es nicht ungerecht finden, wenn der öffentliche Dienst eine halbe Stunde Pause bezahlt bekommt, aber wir finden eines schon bemerkenswert, dass man auf der anderen Seite versucht, die Privatwirtschaft oder die privaten Arbeitnehmer gegen den öffentlichen Dienst aufzubringen, den Neid zu schüren. Da können wir nicht mit. Und ich frage euch: Habt ihr euch auch schon einmal die Frage gestellt, ob die Löhne der Arbeitnehmer ihrer Arbeitsleistung entsprechen, ob die ihrer wirklichen Arbeitsleistung angepasst sind? Habt ihr euch schon einmal gefragt, was öffentlich Bedienstete wirklich leisten und was sie zu leisten imstande sind? Ich denke da nur an die Migrations- und Flüchtlingswelle vorigen Jahres, die Polizei und die öffentlich Bediensteten haben das geschafft.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 163

Wenn man an den Standort Österreich denkt: Warum ist Österreich ein guter Stand­ort? – Weil wir gute Unternehmer haben, aber genauso gute Arbeitskräfte, die bereit sind, etwas zu leisten. Und dann denke ich mir, es muss nicht immer Bestrafen sein, es muss nicht immer Wegnehmen sein, sondern man kann Arbeitnehmer auch einmal belohnen.

Da tut es mir ein bisschen im Herzen weh, wenn Kollege Hagen sagt, dass er sich vorstellen könnte, dass man außer bei der Polizei dem öffentlichen Dienst die halbe Stunde Arbeitszeit streicht. Das kann ich nicht verstehen! Ich habe viele Jahre in der öffentlichen Sicherheitsverwaltung gearbeitet; und wenn Millionen von Akten bearbeitet und Verfahren geführt werden, dann weiß man erst, wie belastet diese Menschen sind. Man sollte sich schon bei der Verwaltung etwas überlegen, aber nur dahin gehend, wie man die Beamten entlasten oder die Aufgaben sinnvoll verteilen kann. Unter Um­ständen muss man noch mehr Personal fordern.

Aber jetzt zurück zu meiner eigentlichen Rede: Ja, wir Freiheitlichen stimmen der Dienstrechts-Novelle zu. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wir stimmen ihr zu, weil wir einerseits Punkte darin finden, die wir selbst beantragt haben, und weil wir uns in dieser Novelle wiederfinden. Wir sagen: Es ist notwendig gewesen, akute psychische Belastungsreaktionen gleich, wie wenn jemand einen Dienstunfall hat, zu behandeln. Es war wichtig, Richterinnen und Richtern die Möglichkeit zu geben, dass sie ihre Dienstzeit auf die Hälfte reduzieren lassen, wenn sie zuvor erkrankt waren und eine gewisse Zeit für den Einstieg in die Arbeitswelt brauchen, denn jeder weiß, dass viele, viele Richter mit Arbeit belastet sind, die sie nahe an ein Burnout bringen.

Es war auch richtig, dass man Unteroffizieren endlich einmal die Wertschätzung ent­gegenbringt, die sie verdienen. Mit dieser neuen Novelle wird nämlich die Verwen­dungsgruppe Unteroffizier 2 an die Verwendungsgruppe Unteroffizier 1 angepasst. Mir gefällt auch die Begründung, warum, nämlich dass sie einer der Hauptträger eines sinnvollen und attraktiven Wehrdienstes sind. Da können wir auch nur zustimmen.

Wir können auch zustimmen, dass man Behinderten die Möglichkeit gibt, dass sie im öffentlichen Dienst arbeiten, wenn sie für den Bereich, in dem sie arbeiten, die not­wendige Kenntnis haben.

Mit all dem sind wir aber noch nicht fertig, und wir können uns sicher nicht ausruhen. Aus diesem Grunde ist es mir ein Anliegen, in Form eines Entschließungsantrages ein weiteres Problem der Lösung zuzuführen. Es geht uns dabei darum, dass man die Zulage für Beamte der Verwendungsgruppe E2b, die man im Jahr 2006 eingeführt hat, die eigentlich nur 35 € beträgt und die man erst ab der Gehaltsstufe 12 erhöht, in eine ruhegenussfähige Zulage umwandelt und auch dem Index anpasst. Ich glaube, nach zehn Jahren wäre das angebracht. Es ist vor allem auch so, dass die Verwen­dungs­gruppen E1 und E2a bereits solch ruhegenussfähige Zulagen besitzen; in diesem Sinne wäre es auch nur gerecht, diese für Bedienstete der Verwendungsgruppe E2b einzuführen. (Beifall des Abg. Hagen.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ruhegenussfähige und an den Verbraucherpreisindex angepasste Funktionszulage für Beamte der Verwendungsgruppe E 2b

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 164

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine ruhegenussfähige und an den Verbraucherpreisindex angepasste Funktionszulage für Beamte der Verwendungsgruppe E 2b zum Inhalt hat.“

*****

(Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie können diesen Entschließungs­antrag unterstützen, indem Sie ihm hier Ihre Zustimmung geben. Wir werden dann weiterverhandeln und hoffen, auch dieses Problem lösen zu können. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

16.43


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kumpitsch, Lausch und weiterer Abgeordneter betreffend ruhegenussfähige und an den Verbraucherpreisindex angepasste Funktionszulage für Beamte der Verwendungsgruppe E 2b

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1188 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Lan­desvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­tragslehrpersonengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn- Pensionsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 und das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz geändert werden, ein Bundesgesetz zur Änderung der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 erlassen und die Pensions­datenübermittlungsverordnung – Post aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2016) (1195 d.B.) in der 138. Sitzung des Nationalrates am 7. Juli 2016. (TOP 14)

Die E 2b-Zulage wurde am 01.04.2006 für E 2b-Beamte ab der Gehaltsstufe 12 eingeführt, beträgt € 35,-- und wurde bis dato nicht erhöht. Die Zulage basiert aufgrund einer Verordnung des BMI und ist im GehG bisher nicht verankert.

Nachdem Beamte der Verwendungsgruppen E 1 und E 2a eine ruhegenussfähige Funktionszulage erhalten, ist hier gerechterweise eine Änderung für die Verwendungs­gruppe E 2b längst überfällig; und zwar die Umwandlung der E 2b-Zulage in eine ruhegenussfähige „echte“ Zulage im Gehaltsgesetz.

Auch die Anlehnung an das Senioritätsprinzip – die Zulage wird erst ab der Gehalts­stufe 12 gewährt – ist nicht nachvollziehbar, zumal junge und erfahrene Beamte alle Amtshandlungen ausnahmslos in Alleinverantwortung zu vollziehen haben.

Die Funktionszulagen für Beamte der Verwendungsgruppen E 1 und E 2a werden nach 17, 29 und 39 Jahren erheblich erhöht. Die E 2b-Zulage dagegen unterliegt keiner Indexanpassung und wurde in den zehn Jahren ihres Bestehens nicht erhöht. Daher ist


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 165

die Zulage an den Referenzbetrag zu binden, um eine Wertanpassung sicherzustellen (1,7 % wäre derzeit € 41,90, 2 % wäre € 61,60).

Der Berechnung liegen die derzeitige E2b-Zulage in der Höhe von € 35,-- und deren fiktive Erhöhung laut VPI 2005 seit 01.04.06 zugrunde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine ruhegenussfähige und an den Verbraucherpreisindex angepasste Funktionszulage für Beamte der Verwendungsgruppe E 2b zum Inhalt hat.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag. Aslan ist als Nächste zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


16.44.00

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Sexuelle Belästigung ist ein Anschlag auf die Men­schenwürde. Sexuelle Belästigung ist ein Sexualverbrechen. Um es heute noch einmal zu diskutieren, denke ich, muss man einmal auf die prozessuale Ebene schauen.

Auf der prozessualen Ebene gibt es für die Betroffenen einige große Hürden. Die erste Hürde ist es, dass es für Betroffene schwer ist, eine Anzeige gegen einen Täter, eine Täterin zu erstatten, wenn sich diese Person in einer – unter Anführungszeichen – „stärkeren Position“ befindet. Das verhält sich wie zum Beispiel auf der Universität. Eine weitere große Hürde ist es, wenn der Betroffene im Prozess dasteht und sich natürlich schwertut, wenn er auf eine psychosoziale und eine juristische Prozess­begleitung angewiesen ist, die er da nicht hat. Wir wissen einfach, dass es auch für die Betroffenen eine enorm hohe psychische und emotionale Belastung ist.

Disziplinarkommissionen, die auch Verfahren zu Dienstvergehen von Beamten, Beamtinnen durchführen, befassen sich natürlich auch immer wieder mit sexueller Belästigung. Jedoch genießen diese Opfer beziehungsweise Zeuginnen und Zeugen gerade in diesem Verfahren kein Recht auf psychosoziale und juristische Prozess­begleitung. Durch die Dienstrechts-Novelle ist es, wie Sie, Frau Staatssekretärin, heute gesagt haben, zwar möglich, dass die Betroffenen jetzt eine Begleitperson im Verfah­ren beiziehen können – diese Änderungen sind sehr wichtig und gut –, in der öster­reichischen Strafprozessordnung ist es aber so, dass gewaltbetroffene Opfer ein Anrecht auf unentgeltliche psychosoziale und juristische Prozessbegleitung haben. In Disziplinarverfahren haben die Opfer dieses gleiche Recht nicht, obwohl sie von der gleichen Tat betroffen sind.

Was im aktuellen Regierungsentwurf natürlich noch fehlt, ist das Recht auf eine kontradiktorische Einvernahme, und zwar für alle Zeuginnen und Zeugen, also nicht nur für Minderjährige. Das ist dringend notwendig und wertvoll; und es hilft natürlich, Opfer in dieser schwierigen Zeit auch ein bisschen zu entlasten.

Sie haben zwar gesagt, dass es natürlich Bemühungen auf der Ebene gibt, aber ich denke, es sollte keine Zeit vergehen, denn wenn Zeit vergeht, dann geht das auf Kos-


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ten der Opfer. Insofern würden wir heute einen Antrag einbringen, weil wir denken, durch diesen Antrag können wir endlich einmal einen konkreten Schritt diesbezüglich setzen. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechte von ZeugInnen in Disziplinarverfahren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Recht auf psycho-soziale Prozessbegleitung für ZeugInnen in Verfahren zu sexueller Belästigung, Belästigung und Mobbing im Disziplinarrecht des öffentlichen Dienstes verankert. Zudem muss sichergestellt werden, dass die kontradiktorische Einvernahme für alle ZeugInnen im Verfahren möglich ist.“

*****

Ich hoffe, wir bekommen auch Ihre Unterstützung, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

16.48


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aygül Berivan Aslan, Sigi Maurer, Freundinnen und Freunde betreffend Rechte von ZeugInnen in Disziplinarverfahren

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1188 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Lan­des­vertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­tragslehrpersonengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn- Pensionsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 und das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz geändert werden, ein Bundesgesetz zur Änderung der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 erlassen und die Pensions­daten­übermittlungsverordnung – Post aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2016) (1195 d.B.)

Begründung

Sexuelle Belästigung ist ein Sexualverbrechen, dessen Verhandlung für die beteiligten Personen eine hohe psychische und emotionale Belastung darstellt.

Das österreichische Justizsystem hat deshalb 2006 umfassende Opferrechte in der Strafprozessordnung verankert, die sicherstellen sollen, dass ZeugInnen bzw. Opfer


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solcher und weiterer Straftaten ausreichend psycho-sozial und juristisch vorbereitet und begleitet werden.

Disziplinarkommissionen, die Verfahren zu Dienstvergehen von Beamtinnen und Beamten durchführen, sind auch mit Delikten wie sexueller Belästigung befasst. In diesen Verfahren genießen die mutmaßlichen Opfer – im Verfahren ZeugInnen genannt – jedoch  weit weniger Rechte als ZeugInnen in Strafverfahren.

Die aktuelle Dienstrechtsnovelle 2016 geht auf den Vorwurf des mangelnden Opfer­schutzes im Diziplinarrecht insofern ein, als nun für alle ZeugInnen eine selbstgewählte Begleitperson im Verfahren erlaubt wird.

Was weiterhin fehlt ist das Recht auf eine kostenlose psycho-soziale Prozess­begleitung, die jedoch dringend notwendig wäre, um den Belastungen des Verfahrens standzuhalten. 

Auch das Recht auf eine kontradiktorische Einvernahme für alle ZeugInnen (nicht nur die Minderjährigen) fehlt im aktuellen Regierungsentwurf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Recht auf psycho-soziale Prozessbegleitung für ZeugInnen in Verfahren zu sexueller Belästigung, Belästigung und Mobbing im Disziplinarrecht des öffentlichen Dienstes verankert. Zudem muss sichergestellt werden, dass die kontradiktorische Einvernahme für alle ZeugInnen im Verfahren möglich ist.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.48.31

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Beamten-Dienstrechtsgesetz sorgt immer wieder für Aufregung und immer wieder für neue Ideen. Ich halte diese heutige Idee der NEOS, diesen Antrag mit der Mittagspause noch einmal zu diskutieren, wirklich für sehr originell, weil es ganz einfach zeigt, dass sie nicht bereit sind, einen Gerichtsentscheid, einen VwGH-Entscheid zu akzeptieren. (Abg. Scherak: Man kann Gesetze ändern!)

Da gibt es einen Entscheid, und der sagt aus, dass zu bezahlen ist; und der ist ganz einfach zu akzeptieren, auch wenn es Ihnen Ihrerseits so nicht in den Kram passt. (Abg. Strolz: Aber als Gesetzgeber kann man Gesetze ändern!) Wie stellen Sie sich vor, was Beamte sind und was nicht? – Ich stelle mir immer vor, wenn ich Ihren Schilderungen zuhöre, dass das irgendjemand mit Ärmelschonern ist, der als Verwaltungsbeamter hinter einem Schreibtisch sitzt. Dem ist nicht so!

Ihnen sollte schon auch bewusst sein, wie viele Menschen im Bundesdienst arbeiten: Es sind sehr wohl welche im Verwaltungsdienst, aber genauso welche im Exe­kutivdienst (Abg. Strolz: Ja, okay!), ob das Universitätsprofessoren sind, ob es Dozenten sind (Abg. Strolz: Alles gut!), ob es Universitätsassistenten sind, ob es Hochschullehrer, Lehrer, Schul- und Fachinspektoren, Beamte vom Post- und Fern-


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meldewesen, aber genauso Beamte des Krankenpflegedienstes sind. (Abg. Strolz: Warum brauchen sie dieses Privileg?!) – Dieses Privileg ist kein Privileg. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Schauen Sie sich das an! Schauen Sie sich Theorie und Praxis ganz einfach an (anhaltende Zwischenrufe bei den NEOS), schauen Sie sich an – so, wie der Kollege auch schon ausgeführt hat –, wie es in der Praxis wirklich funktioniert! Sie werden in diesem Gesetz nirgends einen Passus finden, der die Mittagspause bezeichnet. Den werden Sie nicht finden. (Abg. Strolz: Jetzt tun wir nicht Wörter klauben!) Wenn Sie diesen finden, dann zeigen Sie ihn mir bitte, denn das ist nicht wahr.

Dass Kolleginnen und Kollegen – genauso wie alle anderen – nach sechs Stunden ein Anrecht auf eine Pause haben, was im Privatrecht genauso wie im BDG ist, kann man, glaube ich, so unterstreichen. (Abg. Strolz: Ja, nicht bezahlt!)

Nichtsdestotrotz möchte ich noch einmal die wesentlichen Punkte hervorheben, die in diesem Gesetzentwurf jetzt berücksichtigt wurden. Es ist ein wesentlicher und ein guter Schritt, den Frau Staatssekretärin Steßl damals noch eingeleitet hat. Ja, und ich denke, das ist dann auch gelebte Demokratie, wenn die Opposition sagen kann, sie hat diesen Antrag eingebracht. Er wurde diskutiert, für gut befunden und auch ins Gesetz eingearbeitet, das halte ich wirklich für eine aktive Politik, die wir hier leisten. Gerade das BDG ist ja keines dieser Gesetze, die einmal aufgesetzt werden und dann fertig sind, sondern das muss ständig an das aktuelle Leben angepasst werden.

Daher halte ich es für toll und positiv, dass man darauf reagiert hat, dass man jetzt auch behinderte Menschen noch in die BDG-Novelle aufnimmt. Ich halte es auch für gut, dass es jetzt laut BDG möglich sein wird, dass man einen Strafregisterauszug machen kann, wenn es zu einer Neuaufnahme kommt. Ich denke mir, dass das ein ganz wesentlicher Aspekt ist, denn es gibt viele Menschen, viele Beamtinnen und Beamte, die dann auch mit Kindern arbeiten. Und es soll das gute Recht sein, sowohl die Kinder als auch die Menschen, die dort arbeiten, zu schützen. Und daher halte ich es für eine gute Ergänzung, dass man jetzt diesen Strafregisterauszug ganz einfach noch einmal nachvollzieht.

Zu dem Antrag, den Kollegin Aslan gerade eingebracht hat: Kollegin Maurer hat im Ausschuss gesagt, es reicht ihr nicht aus, dass man sagt, man kommt nur mit den Minderjährigen aus. Die Frau Staatssekretärin hat schon zugesagt, dass es im Herbst noch einmal eine Novelle geben wird, sodass man das noch einmal berücksichtigt, sich das anschaut, noch einmal diskutiert und dann hoffentlich auch in die Novelle einarbeitet. Ich denke mir, das ist auch so ein Aspekt, mit dem wir hier weiter arbeiten können.

Dass wir auch für die Attraktivität des Bundesheeres einen Abänderungsantrag eingebracht haben, sodass das Besoldungsrecht für die Grundwehrdiener ganz einfach neu gestaltet wird, um das Bundesheer ganz einfach attraktiver zu machen, ist, glaube ich, auch ein wesentlicher Aspekt und ein guter Ansatz, womit man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt.

Ich glaube, dass das BDG in dieser Art und Weise ein gutes Gesetz ist, das wieder in die Zeit hineingerückt wurde, in der wir uns jetzt gerade befinden; es gehört immer wieder neu durchgearbeitet. Es zeigt aber auch die Komplexität und die Schwierig­keiten, die dahinterstecken, weil sehr, sehr viele Dienstgruppen dahinter verborgen sind. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

16.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 169

16.53.40

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich einigermaßen kurzfassen, denn die überwiegende Zahl der Vorredner – eigentlich alle bis auf die NEOS, die außer Beamten-Bashing nichts beizutragen hatten (Abg. Pendl: So schaut’s aus! – Zwischenruf des Abg. Loacker) – hat mit Recht fest­gestellt, dass es ein ordentlicher und gelungener Gesetzentwurf ist, den wir heute hier beschließen.

Trotzdem darf ich in meiner Funktion als Sprecher für Landesverteidigung der ÖVP festhalten und meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass es uns gemeinsam gelungen ist – lieber Otto, auch du hast einen großen Anteil daran –, dass wir im Besoldungsrecht für unsere Berufssoldaten eine deutliche Besserung und damit Attraktivierung im Bereich der Unteroffiziere und auch im Bereich der Chargen – was ganz besonders wichtig ist, weil das die Einstiegsstruktur ist – zustande bringen. Damit leisten wir einen wirklichen Beitrag zur Attraktivierung der Berufslaufbahn bei unserem Bundesheer und in Wirklichkeit auch einen wirklich wichtigen Beitrag zur Stärkung der inneren und äußeren Sicherheit Österreichs. Darauf bin ich eigentlich schon sehr stolz, und darüber freue ich mich.

Ein Wort noch zu den NEOS, an die Herren Loacker, Scherak – und wer war noch draußen? (Ruf bei den NEOS: Alm!) – Entschuldigung, den habe ich vergessen – und Alm (Abg. Loacker: Müssen Sie sich mit den … rechtzeitig gut stellen?!): Herr Loacker, Sie hatten nicht nur in diesem Fall, sondern auch in allen anderen Fällen, zu denen Sie sich heute zu Wort gemeldet haben, eher wenig beizutragen. Ich darf Ihnen noch eines mitgeben, da Sie heute einen Elch präsentiert haben: Die größte Kritiker der Elche waren früher selber welche. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Allgemeine Heiterkeit.)

16.55

16.55.28

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend Dienstrechts-Novelle 2016 samt Titel und Eingang in 1195 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Mag. Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ruhegenussfähige und an den Verbraucherpreisindex angepasste Funktionszulage für Beamte der Verwen­dungsgruppe E 2b.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 170

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechte von ZeugInnen in Disziplinarverfahren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 1196 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich hiefür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 1197 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.57.4917. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1191 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (17. FSG-Novelle) (1210 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Mag. Leichtfried in unserer Mitte.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


16.58.16

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister, herzlich willkommen im Plenum! Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu einer ganzen Reihe von Verkehrsthemen. Der erste Punkt betrifft eine Novelle zum Führer­scheingesetz.

Da geht es um Aufgaben, die die Fahrschulen heute haben, und mit dieser Novelle werden bestimmte Aufgaben auf andere ausgedehnt, nämlich auf Automobilklubs. Es handelt sich um Perfektionsfahrten und Aufstiegsschulungen für Leute, die den Motorradführerschein haben und quasi upgraden wollen. Das war bisher eine exklusive Aufgabe für Fahrschulen, und die Novelle sieht vor, dass das jetzt Autofahrerklubs auch anbieten dürfen. Konkret werden die im Gesetz bezeichnet als „Vereine von Kraftfahrzeugbesitzern, sofern sie im Kraftfahrbeirat vertreten sind“.

Wer sind die Autofahrerklubs im Kraftfahrbeirat? – Siehe da, es sind der ÖAMTC, er wird der schwarzen Reichshälfte zugeordnet, und der ARBÖ, er wird der roten Reichshälfte zugeordnet. Es ist also eine schöne Aufteilung der neuen Aufgaben auf Schwarz und Rot. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Und genau das stößt uns auf.

Wir haben nichts dagegen, wenn man sagt, auch Autofahrerklubs sollen diese Aufschulungen anbieten können. Es gibt aber mehr Autofahrerklubs in Österreich als den ÖAMTC und den ARBÖ. (Rufe: Wen denn noch? Abg. Heinzl: Wen zum Beispiel?) – Es gibt zum Beispiel den EAC – Europäische Automobil Clubs, den Europäischen Automobil- und Verkehrsclub und (Abg. Deimek: Und?), Kollege Deimek, den VCÖ. (Abg. Deimek: Skandal!) Diese werden ausgeschlossen, und das Bundeskanzleramt, rot besetzt, hat genau darauf hingewiesen, dass es verfassungs-


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rechtlich bedenklich ist, wenn man diesen Kreis quasi auf nur zwei einengt. (Abg. Deimek: Das ist gut so! Danken wir dem Herrn Verkehrsminister!)

Meine Damen und Herren, das ist die alte großkoalitionäre Manier, und da tun wir Grüne nicht mit. Wir finden das einfach überholt, und ich wundere mich, Herr Minister, dass Sie das noch vertreten. Ich traue Ihnen nämlich zu, dass Sie das besser machen; Sie haben diese Novelle aber quasi von Ihrem Vorgänger übernommen. Wir finden es nicht gut, wenn dieses Upgrading auch noch in den Erläuternden Bemerkungen mit folgender Unterlegung begründet wird: Dieses diene der „Förderung umweltfreund­licher Verkehrsträger und einer nachhaltigen Mobilität“. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Dass es mit solchen Argumenten begründet wird, wenn man Schulungen machen muss, um mit dem schnelleren, dem stärkeren, dem größeren Motorrad fahren zu dürfen, was eher in Richtung weniger Verkehrssicherheit, jedenfalls weniger Umwelt­schutz geht, stößt uns Grünen sauer auf.

Ich hoffe, Herr Minister, dass die nächsten Novellen, die dann wirklich aus Ihrer Hand kommen, eine höhere Qualität haben. Bei einer Beuteverteilung auf die rote und die schwarze Reichshälfte tun wir Grünen jedenfalls nicht mit. (Beifall bei den Grünen. Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

17.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


17.01.39

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Vorjahr gab es österreichweit leider über 4 000 Verkehrsunfälle, an denen Moped- oder Motorradfah­rer beteiligt waren, und leider wurden dabei 90 Zweiradfahrer getötet. Wirft man einen genaueren Blick in die Statistik, erkennt man, dass es für die Unfälle, vor allem mit Motorrädern, gewisse Risikogruppen gibt: erstens Männer im Allgemeinen – die Wahr­scheinlichkeit, dass ein Mann bei einem Motorradunfall verletzt oder getötet wird, ist fast siebenmal höher als bei einer Frau – und zweitens junge Männer unter 20 und Männer zwischen 40 und 50. – Diese beiden Gruppen sind vorwiegend in Unfälle verwickelt. Die Frage, warum das so ist, ist Gegenstand sehr langer Diskussionen.

Meiner Meinung nach sind die Gründe sicherlich Selbstüberschätzung und fehlendes Bewusstsein für Gefahren. Jeder, sehr geehrte Damen und Herren, der, so wie ich, gerne mit dem Motorrad unterwegs ist und jährlich einige Tausend Kilometer zurück­legt, kennt auch Biker-Kollegen, die mit ihrem wirklich unangepassten Fahrstil zur Gefahr für sich selbst und, was noch viel schlimmer ist, auch für viele andere werden.

Deshalb ist es umso wichtiger, eine stark auf die Fahrpraxis und auf die spezifischen Anforderungen des Motorradfahrens hin konzipierte Ausbildung zu gewährleisten, und zwar natürlich vorwiegend in den Fahrschulen.

Fahrpraxis und die – ich wiederhole es – kritische Überprüfung jeweiliger Fähigkeiten müssen das A und O jeder Führerscheinausbildung sein. Und genau um diese wieder­holte kritische Überprüfung der jeweiligen Fahrfähigkeiten und -praxis sicherzustellen, wurde bereits im Jahr 2003 die sogenannte Mehrphasenausbildung ins Leben gerufen.

Zur Erinnerung: Im Falle eines Führerscheins der Klasse A sieht das Gesetz vor, dass im Zeitraum von zwei bis zwölf Monaten nach der bestandenen Prüfung ein Fahr­sicherheitstraining zu absolvieren ist sowie im Zeitraum von vier bis 14 Monaten nach einer Führerscheinprüfung eine sogenannte Perfektionsfahrt.


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Bis jetzt durften diese Perfektionsfahrten nur von Fahrschulen abgehalten werden und nicht von den schon angesprochenen Autofahrerklubs ARBÖ oder ÖAMTC. Sehr geehrte Damen und Herren, mit der heute zu beschließenden Novelle des Führer­scheingesetzes werden die Perfektionsfahrten sowie die Ausbildung im Rahmen des Stufenzugangs für die Klassen A, A1 und A2 auch für Autofahrerklubs freigegeben.

Der dadurch deutlich größere Kreis an Anbietern wird sich hoffentlich – und das hoffe ich wirklich – positiv auf den Wettbewerb und damit natürlich auch auf den Preis aus­wirken.

Gleichzeitig, sehr verehrte Damen und Herren, gilt es natürlich, die hohe Qualität der Ausbildung sicherzustellen. Es ist daher eindeutig als positiv hervorzuheben, dass genau festgelegt wird, welche Qualifikationen die Ausbildner haben müssen, und dass auch eine umfassende Pflicht zur Dokumentation gegeben ist.

Lieber Kollege Willi, lieber Georg, ich bin wirklich der Meinung, dass mit dem heutigen Beschluss der 17. FSG-Novelle eine höhere Qualität der Fahrausbildung sichergestellt ist, was wiederum ein großer Schritt hin zu mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen ist. Unser gemeinsames Ziel sollte ja sein, dass es keine Verkehrstoten mehr auf Österreichs Straßen gibt, und dafür ist gerade eine Fahrausbildung mit viel Praxis wichtig. Egal, wer das macht, es müssen gute Leute sein, die die Motorradfahrer ausbilden. Und das ist mit der heute zu beschließenden Novelle gesichert, sehr geehrte Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Deimek.)

17.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


17.06.26

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Kollege Heinzl und Kollege Willi haben den Inhalt schon sehr ausführlich dargelegt, daher kann ich mich sehr kurz fassen: Wir stimmen dieser Novellierung des Führerscheingesetzes natürlich zu.

Ein Wort möchte ich noch zu den Fahrschulen verlieren, nämlich ein Wort des Dankes: Die Fahrschulen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten sehr gute Arbeit. Wenn deren Arbeit qualitativ hochwertig ist, ist es auch die Qualität der Ausbildung, und das bedeutet mehr Verkehrssicherheit.

Schade finde ich, dass nicht alle FahrschülerInnen das so sehen. Vor einigen Monaten hat der „Kurier“ unter dem Titel „Das große Schummeln“ geschrieben: „Bei Führer­scheinprüfungen wird eifrig getrickst.“ Es ist in dem Artikel die Rede von Brillen, in die Kameras eingebaut sind, von Ohrstöpseln, Ohrhörern und Hörgeräten, die für eine unzulässige Kommunikation verwendet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, offensichtlich ist nicht allen Menschen klar, dass Mängel in der Ausbildung eine Gefahr für sie selbst und natürlich für alle anderen Verkehrsteilnehmer bedeuten könnten.

Ich denke, jeder Verkehrsteilnehmer ist gefordert, seinen Beitrag zur Verkehrssicher­heit zu leisten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Doppler.)


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17.08


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


17.08.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Drei Punkte sind es, die uns bei dieser durchaus kleinen, aber doch wichtigen FSG-Novelle interessant erscheinen.

Erstens sehen wir es im Bereich Führerschein für Schüler und Studenten als positiv an, dass einerseits auch dann eine Verlängerung der Frist zur Absolvierung des Mehr­phasenführerscheins zulässig ist, wenn man im Ausland zur Schule geht oder studiert, auch ohne dass der Wohnsitz verlegt wird, und dass man andererseits – auch nicht uninteressant – vom Mehrphasenführerschein befreit ist, wenn man sich mehr als sechs Monate – das ist ja gerade bei Studenten immer der Fall – im Ausland aufhält.

Auch interessant und durchaus zu begrüßen ist das Thema der Berechtigung zum Lenken unbesetzter Busse, die man ja durchaus mit einem Lkw vergleichen kann, mit dem C-Führerschein, wenn er vor dem Jahr 2013 gemacht wurde.

Erlauben Sie mir aber auch ein paar Worte zum Thema Perfektionsfahrten und zu der Diskussion, die es am Anfang, bei der ersten Willensbildung zu diesem Gesetz, zwischen den Fahrschulen einerseits und den Automobilklubs auf der anderen Seite gegeben hat.

Natürlich wissen wir, dass es Fahrschulen gibt, die sich etwas antun, die investieren, die die Qualität hochhalten wollen. Aber im Sinne eines vollkommenen Marktes gibt es auch den eher billigen Bereich, den günstigeren Bereich, und in diesem Zusammen­hang finden wir es durchaus wichtig, dass man auch die Klubs dazugenommen hat.

Kollege Willi, ich würde nicht von Reichshälften sprechen, denn wie man auch hier im Saal sieht: Es sind keine Hälften mehr, wir reden höchstens von Dritteln oder Vierteln.

Den ÖAMTC würde ich nicht unbedingt als schwarzen Verein titulieren. Er bemüht sich sehr, alle anzusprechen, und er hat natürlich auch rote und blaue Mitglieder, möglicherweise auch ein paar grüne. Auch der ARBÖ ist keine rein rote Organisation. Diese beiden Klubs haben sich wirklich mit viel Geld und Engagement in diesem Bereich verdient gemacht. – Es ist nicht nur in Anlagen investiert worden, sodass man dort alles Mögliche ausprobieren und testen kann, sondern die Klubs waren auch die Ersten, die immer wieder darauf hingewiesen haben, wie wichtig das Perfektionieren als Ergänzung zur reinen Schule ist und dass man das immer wieder machen sollte.

Bei den anderen Klubs, die du, Kollege Willi, genannt hast, wäre mir das nicht so aufgefallen. Gerade der VCÖ, der glaubt, überall Expertise zu haben und diese auch abgeben zu müssen, ist genau da ein bisschen schwach. (Abg. Rädler: Genau! Abg. Willi: Zu dem hast du ein gestörtes Verhältnis! Abg. Heinzl: Die haben ja nicht einmal ein eigenes …!So ist es. Der Kollege von der SPÖ sagt es ja ganz richtig: Wo sind denn die Mängel? Wir wollen nicht darüber diskutieren, ob wir das Dorf auf der Straße haben können oder nicht, sondern es geht um Verkehrssicherheit, es geht um das Reduzieren der Anzahl von Unfällen und Verkehrstoten, es geht um mehr Sicherheit auf der Straße, und das machen die bestehenden Klubs hervorragend.

Gemeinsam mit den Fahrschulen wird es möglich sein, das noch zu verbessern, und der VCÖ soll wieder um Spenden betteln gehen. Ich hoffe, dass er von möglichst wenig Regierungsorganisationen der Länder oder der Bundesregierung etwas bekommt. Das reicht an und für sich. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.12


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 174

17.12.03

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Über den VCÖ haben wir jetzt genug gehört, glaube ich, Herr Kollege Deimek.

Ich möchte in aller Kürze auf ein Problem eingehen, das ich auch im Ausschuss ange­sprochen habe. Es wurde mir von Ihnen, Herr Minister Leichtfried, beziehungsweise auch vom ÖVP-Verkehrssprecher Ottenschläger geantwortet, dass das Problem gar nicht existiert und wir deswegen ohne Weiteres zustimmen können.

Worum geht es? – Es geht darum, dass die Fahrschulen bei diesen Perfektions­trainings auf der einen Seite eine Genehmigung des Landeshauptmanns benötigen und auf der anderen Seite aber, wenn sie eine solche Genehmigung nicht erhalten, von der Bezirkshauptmannschaft zuerst eine Abmahnung und dann in weiterer Folge auch eine Strafe erhalten können.

Meine konkrete Frage damals im Verkehrsausschuss war: Was ist vorgesehen, wenn eine Fahrschule solche Trainings anbieten will, aber vom Landeshauptmann – Lan­deshauptfrauen haben wir ja derzeit leider keine (Abg. Wöginger: Kommt schon wieder!) – keine Genehmigung bekommt? Was war die Antwort sowohl des Ministers als auch des Kollegen Ottenschläger? – Diesen Fall gibt es gar nicht.

Ich darf jetzt die Fahrschule nicht namentlich nennen, darf aber erwähnen, dass es in einer Bezirkshauptmannschaft in Vorarlberg derzeit einen solchen Fall gibt, in dem eine solche Genehmigung vonseiten des Landeshauptmanns ganz bewusst nicht erteilt wird, um einfach nicht mehr Wettbewerb in der Region zuzulassen – und das war kein Einzelfall, sondern das ist in der Vergangenheit öfter vorgekommen.

Das Problem, das ich schildere, ist durch dieses Gesetz festgeschrieben, es ist aber von der Novelle nicht betroffen. Das heißt, wir können der Novelle trotzdem zustim­men, weil sie eine Verbesserung in vielen Bereichen bringt. Sie hat aber eine konkrete Problemsituation nicht bereinigt, das bedeutet, wir werden mit einem entsprechenden Antrag auf die Abgeordnetenkollegen zugehen und die nächste Novelle, die hoffentlich bald erfolgt, vorbereiten.

Der zweite Punkt ist nicht weniger kritisch – Kollege Willi hat ihn schon angesprochen –: Es wird mit dem Argument, dass mehr Wettbewerb zugelassen wird, der Kreis jener, die Perfektionsfahrten anbieten dürfen, von den Fahrschulen auch auf den Kraftfahr­beirat erweitert. Alle Mitglieder des Kraftfahrbeirats dürfen jetzt hinsichtlich dieser Perfektionsfahren das Gleiche anbieten wie die Fahrschulen.

Im Kraftfahrbeirat sitzen aber nur ÖAMTC und ARBÖ. Ich gebe Ihnen schon recht, Herr Kollege Deimek, der VCÖ wird konkret nicht viel machen können. Aber was bedeutet das? – Wir schreiben fest, dass zwei Organisationen – meinetwegen mögen sie überparteilich sein – in den Wettbewerb hineingelassen werden, aber alle ande­ren – auch die, die noch kommen – nicht.

Es wäre wesentlich sinnvoller gewesen, wenn man Parameter festgelegt hätte: Die jeweiligen Organisationen müssen überregional verfügbar sein, müssen bestimmte Dienstleistungen anbieten, müssen das eine gewisse Anzahl an Jahren schon getan haben, die Mitarbeiter müssen einen bestimmten Ausbildungsgrad haben und, und, und. Wir schaffen ja sonst auch für ein kleines Volumen eine riesige Ausschreibungs­büro­kratie – und da schaffen wir es nicht! Es wird genau darauf abgezielt, zwei weitere Teilnehmer in den Markt zu lassen und alle anderen wieder abzuschotten. Das geht nicht.


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Wir stimmen trotzdem zu. Es erfolgen mit dieser Novelle einige Verbesserungen, aber das Gesetz enthält auch noch einige Fehler, und deswegen fordern wir rasch eine nächste Novelle. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.15.30

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird. Herr Kollege Willi, ich glaube, du magst die Autofahrer generell nicht so gern, nicht nur die Autofahrerklubs. Ich glaube, die Autofahrerklubs haben bis jetzt sehr gute Service­leistungen erbracht und sind auch in der Lage, diese Fahrten fachlich kompetent anzubieten. (Abg. Moser: Das bestreitet ja niemand!)

Die Änderung des Führerscheingesetzes, meine sehr geehrten Damen und Herren, ermöglicht es in Zukunft auch Autofahrerklubs – und nicht wie bisher nur Fahrschulen –, Perfektionsfahrten mit Motorrädern und verschiedene Aufstiegsschulungen abzuhalten. Die Novelle trifft auch noch einige Klar- und Richtigstellungen.

Herr Minister, ich habe eine Frage: Soweit mir bekannt ist, gab es eine EU-Klage, aufgrund derer das Lenken eines unbesetzten Omnibusses mit dem C-Führerschein in Zukunft nicht mehr erlaubt ist. – Ich habe das nicht ganz herauslesen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es wichtig ist, dass die Sicherheit auf den Straßen erhöht wird. Ich habe gerade mit Kollegen Wöginger gesprochen, wir kommen ja aus dem Gesundheitsbereich und wissen, wie es auf den Straßen oftmals zugeht, wie viele Unfälle passieren. Wir hoffen, dass weniger Unfälle passieren, wenn Sicherheits- und Perfektionsfahrten angeboten werden, und dass dadurch auch weniger Menschen verletzt werden. Ich glaube, generell ist es so: Alles, was der Sicherheit dienlich ist und den Menschen vor einem Unfall schützt, sollten wir unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.17


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte. (Abg. Heinzl: Auf zur Perfektionsfahrt!)

 


17.17.29

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Zum Thema Führerscheingesetz, Verkehrssicherheit: Mit dem gegenständlichen Antrag soll das Führerscheingesetz in wesentlichen Punkten geän­dert werden. Einerseits ist angedacht, die Ausbildung der Führerscheinklassen A, A1 und A2 auch Automobilklubs zu ermöglichen, andererseits werden die Führer­schein­klassen C und C1 beschnitten. Gerade einspurige Fahrzeuge sind in schwere, mitunter tödliche Unfälle verwickelt. Dieser Umstand erfordert eine Adaptierung der praktischen Ausbildung.

Fahrschulen sind auf die Ausbildung motorisierter Verkehrsteilnehmer spezialisiert, Automobilklubs sind überwiegend Betreuungsorganisationen mit vielfältigen Angebo­ten. Die Verkehrssicherheitszentren der Automobilklubs sind jedoch lobend hervorzu­heben. Diese Sicherheitszentren stellen einen wesentlichen Beitrag zur Hebung der Verkehrssicherheit dar, und entsprechende Trainings sollten für alle, auch für ältere Verkehrsteilnehmer, nach Erlangen einer Lenkerberechtigung verpflichtend eingeführt werden.


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Die Beschneidung der Führerscheinklassen C und C1 erfolgt dahin gehend, dass es mit diesen Führerscheinklassen nicht mehr möglich sein soll, unbesetzte Autobusse zu lenken. Diese Beschneidung wirkt sich besonders auf Überstellungsfahrten und für Werkstätten in Verbindung mit Probefahrten negativ aus und ist aus deren Sicht abzulehnen.

Umstritten ist hingegen die Lenkung eines Feuerwehr-Schwerfahrzeugs, mit bis zu neun Personen besetzt, mit einem sogenannten Feuerwehrführerschein auf Basis der Führerscheingruppe B – verwiesen wird auf die Stresssituation.

Diese angedachte Gesetzesänderung stellt definitiv keine Maßnahme zur Förderung der Verkehrssicherheit dar. – Danke. (Beifall des Abg. Lugar.)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.19.44

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Worum geht es bei dieser Novelle? – Es geht darum, dass eine Zahl über uns schwebt: 479.

479 Verkehrstote gab es im letzten Jahr in Österreich. Ich glaube, die Reaktion auf diese 479 Toten kann nur die prinzipielle Forderung sein, es anzustreben, dass es keinen einzigen, keine einzige mehr gibt, geschätzte Damen und Herren. (Beifall der Abgeordneten Aubauer und Lichtenecker.)

Wo wäre die Grenze, wenn wir über Verkehrstote sprechen? Kann man sagen, 200 Tote wären akzeptabel? Kann man sagen, 150 Tote wären akzeptabel? – Ich finde, das kann man nicht tun. Man kann es ja herunterbrechen, wenn die bundesweite Angabe zu abstrakt ist. Wie viele Tote wären in einer Gemeinde akzeptabel? Oder brechen wir es weiter herunter: Wie viele Verkehrstote wären in der Familie akzep­tabel? – Die Antwort, geschätzte Damen und Herren, ist immer null – null Verkehrstote!

Null Verkehrstote erreicht man aber nicht durch spektakuläre, große Einzelmaß­nah­men. Null Verkehrstote kann man durch sehr, sehr viele einzelne Maßnahmen er­reichen, die am Ende dazu führen, dass die Anzahl der Unfälle sinkt, die Anzahl der Schwerverletzten sinkt und die Anzahl der Toten sinkt.

Einer der Gründe für Unfälle ist schlechte Ausbildung, schlechtes Beherrschen der Ver­kehrssituation, schlechtes Umgehen mit der Situation im Straßenverkehr im Allgemei­nen – und gerade da sind Nachschulungen, Perfektionskurse natürlich irrsinnig wichtig.

Wir haben ein zweites großes Problem – das ist schon angesprochen worden –, näm­lich bei den Motorrädern. Bei den Unfällen mit Motorrädern ist die Zahl der Verkehrs­toten besonders auffällig. Ich denke, die Kombination aus schlechter Ausbildung und Motorradfahren ist ein großes Problem. Deshalb bin ich froh, dass diese Novelle so gemacht wurde.

Ich denke, es ist wichtig, dass wir den Markt öffnen können. Es gibt in Österreich sehr gute Fahrschulen – die meisten sind wirklich sehr gut; es gibt vielleicht einige, die es nicht so genau nehmen –, aber es ist trotzdem notwendig, mehr Angebot zu schaffen, mehr Angebot für Sicherheit zu schaffen, geschätzte Damen und Herren. Und das tun wir mit dieser Novelle.

Ich bin froh darüber und möchte nur eines anmerken: Ja, es sind jetzt zwei Auto­fahrerklubs; sie haben die Kapazitäten, sie haben die Kompetenz, sie haben die Expertise. Sollten einmal andere diese Expertise, diese Kompetenz, diese Möglich­keiten haben, dann wird man darüber diskutieren können, ich sehe da kein Problem.


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Aber, Herr Abgeordneter Willi, die Argumentation, die, die es können und ausgewählt wurden, sind deshalb ausgewählt worden, weil sie irgendeiner Partei zugehören, und die, die es nicht können, sind nicht genommen worden, weil sie nicht dabei sind, halte ich für nicht ganz zielführend. (Zwischenruf des Abg. Willi. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Warum schreiben Sie nicht Kriterien hinein?) Ich meine, wenn die Qualität gegeben ist, dann kann man das durchaus diskutieren und dann kann es zu weiteren Ausdehnungen kommen; dagegen spricht meines Erachtens überhaupt nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Muss man wieder eine Novelle machen!)

Abschließend, was die Frage zu den Omnibussen betrifft: Die Europäische Kommis­sion hat eben ein Verfahren eingeleitet, und es war notwendig, dem nachzukommen. Geschätzte Damen und Herren, ich glaube aber, es ist auch sinnvoll, dass Menschen, die einen Autobus lenken, die entsprechende Qualifikation dafür haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23

17.23.25

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1210 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, der gebe ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmt, der gebe ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.23.5518. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1192 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (33. KFG-Novelle) (1211 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


17.24.21

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einer tatsächlichen Berichtigung: Ich habe überhaupt nichts gegen Autofahrer, ich bin selbst manchmal Autofahrer (Abg. Deimek: Viel zu selten!) und ich bin Mitglied beim ÖAMTC und mit seinen Leistungen sehr zufrieden. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Kinderwagenfahrer!)

Wir reden jetzt über die Kraftfahrgesetz-Novelle; die letzte wurde hier herinnen vor zwei Monaten beschlossen – das war Ende April –, jetzt wird die nächste beschlossen.

Ich beginne mit einer Meldung: Am 1. Juli kam über verschiedene Agenturen die Meldung – ich zitiere –: „Bei einer Fahrt mit der Autopilotfunktion eines Tesla-Elektro­autos ist erstmals ein Fahrer tödlich verunglückt. (…) Das Unternehmen sprach von einem ‚tragischen Verlust‘.“

Weiter hieß es: „Möglicherweise habe der Autopilot die weiß gestrichene Seite des Lkw nicht von dem taghellen Himmel dahinter unterscheiden können; die Bremsfunktion sei


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jedenfalls nicht ausgelöst worden. (…) Hätte sich das selbstfahrende Auto von vorne oder von hinten dem Lkw genähert, hätte sein eingebautes Unfallvorbeugungssystem wahrscheinlich ernstere Verletzungen verhindert“, hieß es in dieser Aussendung.

Meine Damen und Herren! Das automatisierte Fahren kommt auf uns zu, rollt stark in die technische Landschaft hinein, und wir Grüne begrüßen das ausdrücklich. Wir glauben auch, dass das, was die Technik da anbietet, einen Beitrag zur Verkehrs­sicherheit und vielleicht auch zu mehr Umweltschutz im Straßenverkehr, zur Optimie­rung von Fahrzeugen, was den Verbrauch betrifft, leisten kann.

Es ist gut, dass sich der Gesetzgeber um diese Frage kümmert. Die Frage ist nur: Wie nähert sich der Gesetzgeber dieser Frage? – Die Antwort vonseiten des Ministers – und wahrscheinlich wird das Plenum des Hauses dem folgen – lautet: Wir machen eine Verordnung. Wir geben dem Minister die Macht, per Verordnung die näheren Um­stände zum automatisierten Fahren auf der Straße zu Testzwecken zu regeln. Eine Verordnung kann aber – und das wissen alle Verfassungsexperten – nur das, was im Gesetz schon verankert ist, konkretisieren, sozusagen vertiefend ausführen. Und dazu fehlen in dieser Vorlage die Rahmenbedingungen. Es steht quasi nur drin: Wenn der Minister in einer Verordnung etwas erlaubt, was das automatisierte Fahren betrifft, dann soll es gelten!

Ich habe großes Vertrauen in Sie, Herr Minister Leichtfried, ich erwarte mir von Ihnen auch vieles, aber ich bin erst seit Kurzem in diesem Haus und Sie sind der vierte Verkehrsminister. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Man stelle sich vor, Klubobmann Lopatka wird nach einer Regierungsumbildung Vizekanzler und Kollege Rädler wird Verkehrsminister. (Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ sowie des Abg. Rädler.) Das Erste, was er tun wird, ist, aus Niederösterreich ein Testgebiet für automatisiertes Fahren zu machen und zu sagen: Jetzt schauen wir einmal, was die alles können! – Und da, meine Kolleginnen und Kollegen, habe ich Sorge. Da hätte ich sogar größte Sorge, und nur aus diesem Grund sagen wir Grüne: So kann es nicht gehen!

Wir wissen, das automatisierte Fahren – und solche Modelle, siehe Tesla (Zwischenruf des Abg. Rädler), sind schon im Testbetrieb auf der Straße unterwegs – wird an den Punkt kommen, an dem der Fahrer beziehungsweise mehrere Fahrgäste nur noch im Auto sitzen, den Zielort eingeben, und das Auto fährt selbst dorthin.

Das sind lernende Systeme, das wissen wir. Mit jedem Mal, bei dem etwas Kritisches im Straßenverkehr passiert, lernen diese dazu – das ist auch gut –, aber es wird Situationen geben, in denen dieses selbstfahrende Auto wird entscheiden müssen: Ich steuere auf einen Crash zu. Wer ist jetzt der, der eher draufzahlt, der verletzt werden könnte: Ist es der Fahrgast im Auto, oder ist es der Verkehrsteilnehmer außerhalb des Autos, sei es der Fußgänger oder ein anderer Straßenverkehrsteilnehmer?

Da geht es also – und das hat Kollege Ottenschläger im Ausschuss schon richtig angesprochen – um ganz grundlegende ethische Fragen. Also in der Zuspitzung: Welches Leben opfere ich? (Abg. Lugar: Geh!) – In der Zuspitzung! Daher wollen wir Grüne diesen heiklen, von vielen Begleitfragen dominierten Bereich nicht einer Ver­ordnungsermächtigung des Ministers allein überlassen. Ich finde, solche Fragen gehören hier im Parlament entschieden. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist der Grund, meine Damen und Herren, dass wir sagen, das geht uns zu weit. Es wurden auch von vielen Seiten verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, die haben gelautet: Holla, ihr macht da einfach eine Verordnungsermächtigung ohne eine vertiefende gesetzliche Grundlage dafür! – Und nur aus diesem Grund werden wir – wohl als einzige Fraktion – dieser KFG-Novelle nicht zustimmen.


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Wir hoffen, Herr Minister, dass Sie, wenn Sie Verordnungen auf den Weg bringen, das Parlament doch in irgendeiner Form einbinden werden, weil es um grundlegende Fragen geht, die zuvor zu klären sind. Darum ersuche ich Sie. (Beifall bei den Grünen.)

17.29


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Klug. – Bitte.

 


17.30.01

Abgeordneter Mag. Gerald Klug (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mit der 33. Novelle zum Kraftfahrgesetz setzen wir heute gemeinsam einen nächsten und meines Erachtens auch sehr wichtigen Schritt, damit wir automatisiertes Fahren grundsätzlich nach der Einführung der Technologie in Österreich nicht nur weiterentwickeln können, sondern um als Gesetzgeber mit einem eigenen Instrument – zu diesem komme ich noch – diesen Weg auch unterstützend zu begleiten.

Kurz zur technischen Umsetzung: Es gibt die schon zitierte Verordnungsermächtigung für den Verkehrsminister, bei der es im Wesentlichen aber darum gehen wird, gemein­sam, in Abstimmung mit den maßgeblichen Stakeholdern, mit den Technikern, mit den Forschern, mit der Industrie, aber auch mit Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern, zu definieren: Welche Straßen kommen überhaupt infrage? Über welche Geschwindig­keiten reden wir am Beginn dieser Technologie? Ganz allgemein gesagt: Über welche Funktionalitäten reden wir, beispielsweise spurhaltende Bremssysteme und Ähnliches mehr? Im Wesentlichen geht es auch darum, das Anforderungsprofil für die Test­strecken zu definieren.

Ich freue mich, dass es gelungen ist, das mit rund 140 maßgeblichen Stakeholdern in vier Arbeitsgruppen im Verkehrsministerium sehr gut und professionell vorzubereiten. Ich denke, das hat wirklich sehr gut funktioniert.

Im nächsten Schritt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist aber dann natürlich auch die Industrie am Zug, um den konkreten Bedarf zu melden und zu definieren. Es kommt im Wesentlichen eine neue Technologie auf die Straße, und ganz entscheidend ist dabei, dass Österreich vorne mit dabei ist, dass wir die Nasenspitze vorne haben. Alle anderen Länder zeigen es uns vor.

Ich möchte zur Kritik des Kollegen Willi nur sagen: Der inhaltliche Zugang hat sich gegenüber Ihren Ausführungen im Ausschuss maßgeblich geändert. Ich hatte anfangs den Eindruck, dass da eine grundsätzliche Antipathie der Grünen gegenüber Pkws zum Ausdruck kommt, aber heute hat das schon etwas anders geklungen. Ja, es gibt viele Unbekannte: Sicherheitsfragen, Haftungsfragen, Datensicherheit – all das ist wichtig, und oberste Priorität hat die Sicherheit.

Klar ist aber auch, dass diese neue Technologie tolle Chancen für den Industrie- und Wirtschaftsstandort bietet, tolle Chancen für hoch qualifizierte Arbeitnehmer. Österreich hat eine lange und gute Tradition im Bereich der Automobilindustrie im Allgemeinen. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Ich weiß, jetzt kommt ein bisschen der Steirer in mir durch, aber ich sage ganz offen: Magna hat in diesem Zusammenhang eine Vorrei­terrolle und ist ein positives Beispiel. Wir reden in diesem Zusammenhang von 700 Un­ternehmen, von rund 150 000 Arbeitsplätzen und einer Bruttowertschöpfung von 23 Milliarden €.

Es gibt viele Chancen, es ist der richtige Zeitpunkt, es ist das richtige Instrument, es ist die richtige Vorgangsweise. Ich kann an dieser Stelle nur gratulieren. Alles Gute, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Aubauer und Ottenschläger.)

17.33



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 180

Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


17.33.38

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr gut erklärt worden, Herr Kollege Klug hat es jetzt auch eindrucksvoll beschrieben: Es ist wirklich der richtige Zeitpunkt, es ist richtig (Abg. Moser: Nur nicht die richtige …!) – ich gehe gleich darauf ein –, dass wir da einen ersten Schritt setzen.

Lieber Kollege Georg Willi, ich verstehe die Bedenken, ich habe mich auch dahin gehend geäußert, dass wir sehr respektvoll, sehr vorsichtig mit diesem Thema um­gehen müssen. Ich denke aber, dass es jetzt nicht möglich wäre, all die Bedenken und all die Möglichkeiten, die es da gibt, in ein Gesetz auf die Art und Weise einzuarbeiten, dass alle Eventualitäten abgebildet sind.

Es ist wichtig und richtig, dass das Bundesministerium – und das wird auch ge­schehen; ich gehe davon aus, dass der Herr Bundesminister das auch noch so bestätigen und erklären wird – die entsprechenden Experten aus all den Bereichen, vor allem natürlich auch zum Thema Sicherheit, zurate zieht, wenn diese Verordnung auf dem Tisch liegt, um in die Umsetzungsphase zu kommen, denn es wird das ureigenste Interesse des Herrn Bundesministers sein, dass da – auf gut Deutsch – nichts passiert.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Klug hat es auch schon angesprochen: Warum ist dieses Thema eigentlich so wichtig, und wem nützt es? – Der Nutzen ist natürlich der, dass wir für den Wirtschaftsstandort, für Forschung und Entwicklung, für die Automobilzulieferindustrie, die in Österreich ein sehr wichtiger Arbeitgeber ist, einen wichtigen Schritt für die Zukunft machen, eine Möglichkeit schaffen, international wettbewerbsfähig zu sein. Der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger ist schlicht und einfach der Erhalt von bestehenden beziehungsweise die Schaffung von zusätzlichen hochwertigen Arbeitsplätzen in diesem Land – und das brauchen wir wie einen Bissen Brot. Das ist der unmittelbare Nutzen, den wir jetzt haben.

Für die Zukunft bedeutet das, dass Österreich in diesem Bereich Schritt halten kann und nicht irgendwie nachhoppelt, sondern möglicherweise sogar federführend mitarbeiten kann. Diese Technologie kommt auf uns zu, verschiedenste Systeme sind teilweise schon Realität – Georg Willi und Herr Kollege Klug haben das auch schon beschrieben. Das wird jetzt zusammengeführt werden, und diese Assistenzsysteme werden wahrscheinlich dazu führen, dass wir in ein paar Jahren vom automatisierten Fahren nicht mehr so weit entfernt sind, vor allem im übergeordneten Straßennetz, sprich: vor allem auf den Autobahnen.

Es stimmt, es sind zahlreiche Fragen offen, Fragen ethischer Natur, Fragen der Datensicherheit. Es ist wirklich die Frage, wie sich das weiterentwickelt. Das wird auch unsere Aufgabe sein: gemeinsam mit dem Bundesminister, mit den Expertinnen und Experten in möglichst kleinen Schritten transparent in die richtige Richtung weiter­zugehen, damit die Verordnung irgendwann einmal in ein Gesetz münden kann. Davon bin ich auch überzeugt, dass wir die Rahmenbedingungen, auch die gesetzlichen Rah­menbedingungen hier irgendwann festlegen können, wenn wir all diese Informationen haben, die wir dazu brauchen, die sich jetzt in einer Testphase ergeben, und diese entsprechend einarbeiten können, und dass diese Rahmenbedingungen all die offenen Fragen entsprechend behandeln.

Zusammengefasst: Das ist ein richtiger, ein wichtiger Schritt, den wir sehr begrüßen und unterstützen, den wir mit forciert haben. Das ist wichtig für die Arbeitsplätze in diesem Land, wichtig dafür, dass wir in technologischen Zukunftsfragen mithalten kön-


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nen, und insofern hoffe ich, dass wir schnell in die Umsetzung kommen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.38


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek zu Wort. – Bitte.

 


17.38.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Ich möchte meinen Beitrag mit einem kleinen Bonmot beginnen, und zwar: Wenn in den frühen siebziger Jahren in Baden-Württemberg, genauer in Stuttgart, an einem Sonntag – sehr wenig Verkehr – jemand mit hoher Geschwindigkeit bei Rot über die Kreuzung geknallt ist, dann haben die Stuttgarter gewusst: Das ist Ernst Fuhrmann beim ABS-Testen für Porsche.

So weit wird es möglicherweise beim automatisierten Fahren gar nicht kommen, aber das zeigt schon: Bei Technologien braucht es ab den ersten Erfindungen – beim ABS war das in den dreißiger Jahren – viele, viele Jahre und Jahrzehnte, bis etwas marktreif ist und auch wirklich funktioniert. Genau so, wie sich die Technologie entwickelt, gehört das von der legistischen Seite mitbegleitet und mitverfolgt und teilweise natürlich auch gesteuert.

Von den Systemen, von denen wir sprechen, gibt es einzelne Komponenten teilweise schon mit Marktreife. Es ist angesprochen worden: das Spurhalten oder das sichere Spurwechseln, der Seitenabstand, der Abstand nach vorne und so weiter. Was es noch nicht gibt – und das wahrscheinlich noch nicht in den nächsten Jahren –, ist das Gesamtsystem. Das gibt es im Flugverkehr, das gibt es bei den Schiffen – beim Auto als solchem gibt es das noch nicht. Ich denke, es wäre vermessen, herzugehen und mit einem ganzen Konvolut, mit einem Gesetz mit den dazugehörigen Bestimmungen, Verordnungen und so weiter, schon jetzt darauf zu reagieren.

Warum? – Zunächst: Wir reden einmal überhaupt von Testgebieten. Egal, ob es um das autonome Fahren geht oder um andere Dinge, es waren immer Verordnungen, die Testgebiete, einzelne Straßenzüge, Gebiete und so weiter definiert haben. Genauso ist es auch in diesem Fall, beim automatisierten Fahren – es soll langsam mitwachsen können. Ich bin mir sicher, dass der Herr Minister und, wie immer sich das Ganze personell in der Zukunft entwickeln wird, möglicherweise auch seine Nachfolger das entsprechend sicher und gut begleiten werden. Dann wenn wir die Systeme haben, wenn wir das automatisierte Fahren in Marktreife haben, können wir das mit einem Gesetz absichern. Ob man das dann beim Kraftfahrgesetz anstückelt oder sonst wo, sei einmal dahingestellt, aber man muss es absichern, denn du, Kollege Willi, hast vollkommen recht: Die ethische Frage wird immer bleiben. Je mehr Systeme wir haben, die den Menschen unterstützen, die ihm das Arbeiten oder das Fahren erleich­tern sollen, umso mehr werden wir dahin kommen, dass wie beim Flugverkehr die Schwäche des Menschen als Faktor übrig bleibt.

Und je mehr Daten wir haben, die wir während der Fahrt mitschreiben, je mehr Daten wir haben, die wir über diese Systeme generieren, umso mehr werden wir die Unzu­länglichkeit des Menschen – egal, ob in Bezug auf das Sehen, Hören und so weiter – entdecken. Genau da ist es wichtig, nicht mit einem ersten Klatsch ein Gesetz über­zustülpen und zu sagen: Der oder der ist schuld, wenn etwas passiert!, sondern da muss man, genauso wie die Systeme wachsen, auch in der Gesetzgebung dann aufpas­sen und sehr sorgfältig schauen: Wo hat sich das Ganze hinbewegt, und wie kann man das trotz der Unzulänglichkeit des Menschen, die wir in den letzten zehntausend Jahren nicht abstellen konnten und die wir in den nächsten zehntausend


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Jahren auch nicht abstellen werden, mit einer gewissen Sicherheit so gestalten, dass die Sicherheit, wie wir es beim letzten Punkt gehabt haben, möglichst hoch bleibt?

Wir glauben, dass die jetzt gewählte Vorgangsweise die richtige ist, und werden sie daher unterstützen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Klug.)

17.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


17.42.32

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Automatisier­tes Fahren im Straßenverkehr war jetzt das Thema der Vorredner. Ich verstehe die Argumente des Kollegen Willi – ich habe die gleiche Grundfragestellung gehabt. Die Frage ist: Wie entscheidet sich der Computer in einer Problemsituation, wenn der Fahrprozess automatisiert abläuft?

Die Frage ist aber auch, und die ist meiner Meinung nach in der Alltagsdiskussion mindestens genauso relevant: Was geschieht mit den Daten, die gespeichert werden? Wer verwaltet die, wie werden die verwendet? Was kann der User machen, damit sie nicht an Dritte weitergegeben werden?

Wir reden jetzt aber davon, dass wir eine gesetzliche Grundlage für eine Testregion schaffen. Ich habe sehr gründlich darüber nachgedacht, ob wir aus heutiger Sicht – mit dem Wissen, das heute schon vorliegt – dazu befähigt wären, ein entsprechendes Gesetz so zu gestalten, dass dieses länger als zwei oder vier Wochen hält, und ich glaube, das wäre in dem konkreten Fall nicht gegeben. Ich glaube daher, dass diese Zwischenschritte, wie es die Kollegen Ottenschläger, Deimek und andere bereits gesagt haben, über eine Verordnungsermächtigung sicherlich zeitnäher durchgeführt werden können.

Weitergeben möchte ich da noch ein Erlebnis, weil es dabei auch um die wirtschaft­liche Bedeutung ging. Ich war noch unter Minister Stöger bei einem Netzwerktreffen eingeladen, bei dem es um das automatisierte Fahren ging. Da waren über 100 Unter­nehmen, die sich auf Einladung des Ministeriums einen Dreivierteltag Zeit genommen haben: Autohersteller, Energiekonzerne, Siemens und, und, und.

Die warten darauf, dass wir eine Grundlage schaffen, damit sie sozusagen auch in die Testung kommen können – vielleicht ist es nicht heute und morgen, vielleicht ist es übermorgen, aber es ist tatsächlich beeindruckend gewesen, wie nahe die Zukunft sein kann. Aus meiner Sicht stimmen wir heute auch deswegen dieser Novelle zu, weil wir diese Zukunft nicht aufhalten wollen – trotz der Schwächen, die Sie, Kollege Willi, richtigerweise angeführt haben.

Ich möchte aber noch ein zweites Thema ansprechen, das ich auch beim vorigen Tagesordnungspunkt angesprochen habe, nämlich das Thema des Kraftfahrbeirates. Es gibt da auch ausreichend Kritik vom Rechnungshof, die ich noch vorbringen möchte. Ich bin ja recht rasch in den Möglichkeiten, um das Ganze zu lösen. Ich bringe dazu auch einen Antrag ein, den ich im Folgenden begründen möchte.

Der Österreichische Verkehrssicherheitsfonds nimmt derzeit 3 Millionen € jährlich für die Wunschkennzeichen ein und hat diese in Projekte für die Verbesserung der Verkehrssicherheit zu investieren. Im Verkehrssicherheitsfonds sitzen, und das ist aus meiner Sicht sehr relevant, genau jene Mitglieder des Kraftfahrbeirates, und diese Institutionen, die in diesem enthalten sind, sind dann sowohl Förderempfänger als auch Auftragnehmer der Förderungen, die sie vorher empfehlen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 183

Der Rechnungshof sagt dazu: „Im Beirat vertretene Institutionen waren teilweise auch Förderempfänger oder Auftragnehmer des Fonds. Insgesamt wirkten im überprüften Zeitraum bei rd. 38 % der vom Verkehrssicherheitsfonds vergebenen Förderungen und bei rd. 24 % der Aufträge Projektwerber mit, die auch im Beirat vertreten waren.“

Das bedeutet, man gibt sich selbst die Aufträge oder empfiehlt das dann dem Kollegen im Beirat weiter. Ich halte das für mehr als kritisch.

Es gibt auch eine konkrete Empfehlung des Rechnungshofes, nämlich: „Auf eine Änderung der Zusammensetzung des Beirats durch eine entsprechende Änderung des Kraftfahrgesetzes wäre hinzuwirken. Dem Beirat sollten ausschließlich Organisationen, die in keinem Vertragsverhältnis zum Verkehrssicherheitsfonds stehen – wie etwa internationale Experten – angehören, um Interessenskonflikte zu vermeiden.“

Aus Sicht des Rechnungshofes wäre es also eine gute Geschichte, wenn diejenigen, die eine Empfehlung abgeben, nachher nicht auch gleich den Auftrag wieder selbst einheimsen. Ich will niemandem etwas unterstellen, aber die Optik wäre schlecht. Würde ich das als privatwirtschaftliches Unternehmen machen, würde ich ziemlich rasch ziemlich große Probleme bekommen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformierung des Kraftfahrbeirates beziehungsweise des Beirates des Verkehrsicherungsfonds

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden aufgefordert, das Kraftfahrgesetz 1967 so zu ändern, dass dem Beirat des Verkehrsicherungsfonds (des derzeitigen KFG 1967 § 131) ausschließ­lich Organisationen angehören, die in keinem Vertragsverhältnis zum Verkehrssicher­heitsfonds stehen, um Interessenskonflikte zu vermeiden und damit den Empfehlungen des Rechnungshofes Folge zu leisten.“

*****

Kolleginnen und Kollegen! Kleine Maßnahme, große Wirkung – vor allem für die Optik. Ich bitte um Ihre Unterstützung. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.47.02

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Kraftfahrgesetz 1967 soll geändert werden. Mit dem Entwurf der Novelle sollen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit bestimmte Systeme, automatisierte Fahrsysteme, genutzt werden können. Es soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit automatisches Fahren unter bestimmten Rahmenbedingungen in Zukunft möglich ist.

Der Lenker soll bestimmte Fahraufgaben wie Abstandhalten, Beschleunigung, Brem­sen, Spurhaltung, Spurwechsel, Lenken und so weiter dem System übertragen. Der Hauptgrund dieser Novelle ist, dass einige Lenkerverpflichtungen, die wir jetzt haben – wie zum Beispiel, dass eine Hand beim Fahren am Lenkrad sein muss und so weiter –, eigentlich diesen Testzwecken entgegenstehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 184

Herr Minister, ein Absatz in den Erläuterungen zu dieser Novelle sticht mir besonders ins Auge, da steht Folgendes: „Der Lenker muss aber jederzeit in der Lage sein, die Fahraufgaben wieder zu übernehmen. Dadurch ist sichergestellt, dass es auch weiterhin einen menschlichen Lenker geben wird.“ – Wollen wir es hoffen.

Herr Kollege Deimek, du hast es angesprochen, du hast gesagt: Ja, es ist dann alles automatisiert! Aber ich glaube, bei aller Technik – es wird jede Technik, jedes Programm, jede EDV von Menschen programmiert (Abg. Lausch: Ja, freilich!), und darauf sollte man auch Rücksicht nehmen, denn es passieren auch bei der best­möglichen Technik immer wieder Fehler, weil die Bedienung durch Menschen erfolgt. – Herzlichen Dank.

17.48


Präsident Karlheinz Kopf: Ich hole noch eine formale Feststellung nach: Der von Herrn Abgeordnetem Pock eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pock, Kollegin und Kollegen

betreffend Reformierung des Kraftfahrbeirates bzw. des Beirates des Verkehrsiche­rungs­fonds

eingebracht im Zuge der Debatte über das  Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahr­gesetz 1967 geändert wird (33. KFG-Novelle) – TOP 18

Der österreichische Verkehrssicherheitsfonds nimmt jährlich rund 3 Mio. EUR aus Wunschkennzeichen und spezifischen Verkehrsstrafen ein, die zweckgewidmet für Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr zu verwen­den waren. Zur Förderwürdigkeit von Projekten gab der Beirat des Verkehrssicher­heitsfonds eine Empfehlung ab. Im Beirat vertretene Institutionen waren zum Teil Förder­empfänger und Auftragnehmer des Fonds. Dies barg das Risiko von Interes­senskonflikten. Dies sind auch die Bedenken des Rechungshofes.

Im Rechnungshofbericht heißt es weiter: "Im Beirat vertretene Institutionen waren teilweise auch Förderempfehlung oder Auftragnehmer des Fonds. Insgesamt wirkten im überprüften Zeitraum bei rund 38 % der vom Verkehrssicherheitsfonds vergebenen Förderungen und bei rund 24 % der Aufträge Projektwerber mit, die auch im Beirat vertreten waren."

Konkret empfiehlt der Rechnungshof: "Auf eine Änderung der Zusammensetzung des Beirats durch eine entsprechende Änderung des Kraftfahrgesetzes wäre hinzuwirken. Dem Beirat sollten ausschließlich Organisationen, die in keinem Vertragsverhältnis zum Verkehrssicherheitsfonds stehen – wie etwa internationale Experten – angehören, um Interessenskonflikte zu vermeiden."

Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden auf Anfrage des bmvit von den im KFG 1967 § 131a genannten Institutionen nominiert. Wobei Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat zur sachverständigen Beratung in Kraftfahr­an­gelegenheiten und insbesondere zur Begutachtung der Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen, die das Kraftfahrwesen betreffen, den Kraftfahrbeirat zu bestellen. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden aufgefordert, das Kraftfahrgesetz 1967 so zu ändern, dass dem Beirat des Verkehrsicherungsfonds (des derzeitigen KFG 1967 § 131) aus­schließ­lich Organisationen angehören, die in keinem Vertragsverhältnis zum Ver­kehrssicher­heitsfonds stehen, um Interessenskonflikte zu vermeiden und damit den Empfehlungen des Rechnungshofes Folge zu leisten.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Lipitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.49.08

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist zu diesem Thema der 33. KFG-Novelle schon sehr viel gesagt worden, ich möchte nur auf eines hinweisen: Wenn wir heute die Grundlage schaffen, gehe ich davon aus – und ich bin mir sogar ganz sicher –, dass der Bundesminister, aber auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genügend Verantwortungsbewusstsein haben, um da nicht irgendwelche Risiken einzugehen.

Es sind ja auch gewisse Vorgaben im Gesetz enthalten – das hat mein Vorredner angesprochen. So muss es derzeit immer möglich sein, dass jemand eingreift. Es geht grundsätzlich darum, ein Anforderungsprofil für diese Teststrecken zu erstellen. Wir wissen ja heute noch nicht, wie das funktionieren wird. Wir diskutieren schon seit zehn Jahren, welche Möglichkeiten es gibt, aber es ist in der Form noch nie ausgetestet worden, wie das im Verkehr alles wirklich genau funktioniert.

Da ist ein Anforderungsprofil zu erstellen. Man kann das nicht in ein Gesetz gießen und sagen: Das und das will ich haben!, sondern es ist notwendig, da wahrscheinlich alle paar Monate nachzujustieren (Abg. Lugar: … 100 000!), da auch Möglichkeiten zu schaffen, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Wenn man sich beispielsweise die Regeln für das Handytelefonieren hernimmt: Ich weiß, da wird bereits diskutiert, dass wir diese Regelungen nicht mehr brauchen, aber das bleibt alles aufrecht, auch die Lenkzeiten für Lkw-Fahrer und so weiter bleiben aufrecht, alles bleibt unangetastet. Es geht rein darum, eine Grundlage dafür zu schaffen, dass wir das einmal testen können, damit die Entwicklung vorangetrieben wird. Die Entwicklung bringt dann mit sich, dass Firmen in Österreich die Möglichkeit haben, diese Produkte zu produzieren, und das sind wieder Arbeitsplätze. Diese Grundlage sollten wir heute daher auch schaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: Die Deutschen werden sich …!)

17.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.51.01

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Geschätzte Damen und Herren! Was erleben wir derzeit in der – wenn ich diesen Begriff verwenden darf – „Straßenverkehrsszene“? – Wir erleben eigentlich in vielen Bereichen so etwas wie eine Revolution. Wir erleben eine Digitalisierung, die bis jetzt


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in ihren ganzen Auswirkungen überhaupt nicht absehbar ist, wir erleben eine Auto­matisierung und wir erleben den Weg hin zur Elektromobilität.

Ich glaube, das sind die drei wichtigsten Dinge, die derzeit im Bereich Straßenverkehr vor sich gehen, und Aufgabe des Gesetzgebers ist es, in mehrerlei Hinsicht darauf zu reagieren. Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass unsere Industrie die Möglichkeit erhält, da Schritt zu halten – und das ist gerade ein österreichisches Spezifikum, weil wir eines der wenigen Länder sind, die sich sehr intensiv im Bereich Automotiv-Industrie engagiert haben. Da müssen wir unserer Industrie die Möglichkeiten geben, nicht nur Schritt zu halten, sondern vorne mit dabei zu sein.

Das Ganze bedingt aber natürlich auch eine Anpassung der notwendigen Regelungen im Bereich des Straßenverkehrs. Diese Änderung des Kraftfahrgesetzes ist meiner Ansicht nach eben notwendig, um weiterzukommen.

Worum geht es im Wesentlichen? – Es geht darum, dass es in Zukunft für öster­reichische Unternehmen im Bereich von automatisiertem Fahren möglich sein sollte, Tests auf öffentlichen Straßen durchzuführen. Das ist der Kern der gesamten Geset­zesänderung.

Nun stellt sich die Frage, wie wir dahin gekommen sind. Es war ja nicht so, dass sich die Bürokratie des Verkehrsministeriums jetzt eine Änderung überlegt hat und sagt: Das machen wir jetzt, weil das so praktisch ist! Nein, das war überhaupt nicht so, dahinter steht ein langer Prozess – und das wurde ja bereits von einem Vorredner hier am Rednerpult erwähnt –, wo an die 140 Stakeholder aus allen Bereichen miteinander diskutiert haben, versucht haben, Lösungen zu finden, überlegt haben, was das Beste für diese Situation ist. Herausgekommen ist diese Änderung des Kraftfahrgesetzes, wobei es auch meiner Meinung nach das Sinnvollste ist, es so zu machen.

Der erste Punkt ist einmal: Es geht nicht um ein Gesetz, das die Verwendung im Alltagsbetrieb auf lange Sicht regelt, sondern es geht einmal um Testsituationen. Zweitens geht es auch nicht darum, bereits jetzt fix festzuschreiben, was möglich ist und was nicht möglich sein sollte. Ich habe es selbst erlebt, beispielsweise war es vor Kurzem noch die Vermutung des Gesetzgebers, dass die Unternehmen Interesse haben, einmal auf den Autobahnen zu testen, weil die Autobahnen das einfachste Umfeld für solche Tests sind – sie sind sehr gut vorbereitet, sie sind teilweise digita­lisiert, man kann auch Kommunikation auf Autobahnen testen und so weiter und so fort. Doch was war wirklich das Interesse? – Es gibt schon Interesse, dass auf Auto­bahnen getestet wird, aber ich habe auch schon gehört, dass einzelne Unternehmen gerne auf Bergstraßen testen wollen, andere wollen unter Umständen im Stadtverkehr testen. – Das sind Dinge, die man meines Erachtens mit einem Gesetz so nicht erfassen kann.

Aus diesem Grund war auch meines Erachtens die Idee, das in Form einer Verord­nungsermächtigung zu machen, die richtige. Ich möchte bezüglich dieser Verordnungs­ermächtigung nur auf eines hinweisen, auch in Bezug darauf, was Kollege Willi angesprochen hat: Es geht eben einmal um Tests, und es ist im Absatz 3b, nach § 102 Abs. 3, ganz klar festgelegt, dass der Lenker „stets verantwortlich“ bleibt, „seine Fahr­auf­gaben wieder zu übernehmen“. Das heißt, diese Tesla-Situation, wie immer sich das abgespielt hat, wird es nach dieser Novelle nicht geben – es ist immer der Fahrer im Fahrzeug. Der Fahrer ist verantwortlich dafür, was geschieht. (Abg. Lugar: Das war beim Tesla genauso – der Lenker hat sich nur nicht darum gepfiffen!) Der Fahrer hat die Situation unter Kontrolle zu halten, und es gibt nur eine Ausnahme, die ich auch ansprechen möchte: Die Ausnahme ist das automatisierte Einparken, da gibt es Systeme, bei denen der Fahrer neben dem Fahrzeug steht, aber auch immer in der


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Lage sein muss, neben dem Fahrzeug den Einparkvorgang abzubrechen. – Das sind die Dinge, um die es derzeit geht.

Es geht auch beim Datenschutz derzeit um andere Fragen. Ich wäre sofort bereit zu argumentieren: Wenn es um ein Gesetz geht, welches das endgültig regelt und von dem jeder Autofahrer betroffen ist, dann müssen wir sehr strenge Datenschutzrege­lun­gen heranziehen. Wenn es aber jetzt um Tests geht, möchte das Verkehrsministerium schon wissen, wie oft unter Umständen etwas geschieht, was genau geschieht, was die Probleme sind. – Da stellt sich auch die Datenschutzproblematik anders dar.

Also noch einmal: Wir lassen niemanden selbständig fahren, der nebenbei am Fernseher irgendwas anschaut. Es geht dabei um Tests auf eigens ausgesuchten Straßen, wo der Fahrer hauptverantwortlich dafür ist, was geschieht, und wo es auch nicht zu Situationen kommen kann, in denen eine Maschine zu entscheiden hat, ob dieser oder jener zu sterben hat – das sind Dinge, um die es jetzt nicht geht. Jetzt geht es um Tests mit Endverantwortung des Autofahrers, der im Fahrzeug sitzt. Ich glaube, es ist die richtige Entscheidung, die Sie hier und jetzt treffen, und ich darf dafür auch um Ihre Unterstützung bitten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

17.56


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


17.56.33

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Ja, es ist eine spannende Zeit und Phase, in der wir uns befinden, die wir jetzt eröffnen – die erste Regelung für auto­matisiertes Fahren, gleichsam ein Ticket in die Zukunft –, aber wir alle wollen doch sicher leben, vor allem auch auf den Straßen. Daher ist die Kernfrage: Können diese automatisierten Systeme unserer Sicherheit nutzen?

Schauen wir in die Luft, da gibt es schon lange die Autopiloten. Trotzdem ist der menschliche Pilot nicht überflüssig, er muss jederzeit übernehmen können, wenn es die Situation erfordert. Also was bringt dann das automatische Fliegen, was nützt es? – Jahrelange Erfahrungen zeigen: Der Mensch wird entlastet und dadurch auf Dauer weniger beansprucht.

Wie sieht das dann im Straßenverkehr aus? – Es soll ähnlich funktionieren. Lenker aus Fleisch und Blut werden nicht überflüssig werden, wie der Herr Minister ja gerade bestätigt hat. Experten bekräftigen, dass durch diese neue Technologie die Verkehrs­sicherheit massiv verbessert werden kann. Einige Vorredner haben auch bereits hervorgehoben, wie wichtig diese Entwicklung für den Wirtschaftsstandort Österreich ist.

Ich darf noch einen weiteren Aspekt einbringen, der mir wichtig ist: Immer mehr Menschen werden älter, die demographische Entwicklung ist eine große Herausforde­rung, und immer mehr wollen so lange wie möglich auch mobil bleiben. – Können diese Assistenzsysteme helfen? Experten sagen Ja.

Interessant ist, wie das die Senioren sehen. Laut Allianz Studie 2016 steht bei der Ausstattung eines Autos für Lenker über 60 die Sicherheit an oberster Stelle, die PS-Leistung spielt praktisch keine Rolle. Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an, im Alltag auf das Auto angewiesen zu sein, sie wollen, müssen mobil bleiben. Und jetzt wird es spannend: Die Senioren sind besonders neugierig darauf, was da auf sie zukommt. Ein Viertel der älteren Autofahrer hält das selbständig fahrende Auto für


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 188

erstrebenswert. Sogar 40 Prozent der über 60-Jährigen würden gerne ein selbstfahren­des Auto testen. Das finde ich toll, da würde ich auch dabei sein.

Fazit: Die Zahl der Senioren steigt. Um maximale Mobilität zu erhalten, wird es die verschiedensten Anstrengungen brauchen. Ob dabei ein Autopilot dienlich sein kann? – Es sind neue Chancen, schauen wir es uns an! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

17.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte.

 


17.59.33

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Verkehr, im Besonderen der Verkehr mit Automobilen, zählt wirklich zu den zentralen und den wichtigsten Themen von Politik, Wirtschaft und den Menschen, den Autofahrern selbst.

Wenn man die Entwicklung des Automobils in den letzten Jahrzehnten beobachtet, dann muss man sagen, dass der technologische Fortschritt atemberaubend war. Fahrzeugtech­nologien, die noch vor 20 Jahren in Science-Fiction-Filmen zu sehen waren, sind heute Wirklichkeit geworden, und eigentlich hat uns die Technologie schon überholt. Daher war es hoch an der Zeit, dass man eine gesetzliche Grundlage schafft, die auch auto­ma­tisiertes Fahren in die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Regelungen einbindet.

Es ist schon richtig: Man will ja den Lenker entlasten und man will gewisse Fahrauf­gaben wie – es wurde schon erwähnt – Beschleunigen, Spurhalten et cetera auto­matischen Systemen oder Assistenzsystemen übertragen; bis dato war das eigentlich nicht legal. Mit der Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie soll man eben genau beschreiben, welche Systeme zum Einsatz kommen dürfen und auf welche Weise. Tatsache ist, dass viele Systeme bereits jetzt schon Leben gerettet haben: Auffahrassistent, Spurwechselassistent und dergleichen. Daher muss es auch möglich sein, zugelassene Systeme wie zum Beispiel den Stauassis­tenten auch in Österreich zu legalisieren.

Richtig ist auch, was Kollege Deimek sagt: Man muss der Technik eine Chance geben und man muss die Technik gesetzlich begleiten. Das ist natürlich eine sehr verant­wortungsvolle Aufgabe, und man darf neben allen wirtschaftlichen Überlegungen, die es gibt und die auch wichtig sind, den Aspekt der Sicherheit nicht vergessen. Wenn man nämlich die Entwicklung in Amerika anschaut, dann sieht man, dass es leider auch wieder zu bedauerlichen Unfällen kommt. Kollege Willi war es, glaube ich, der den Unfall mit dem Tesla angeführt hat, wobei ich aber erwähnen möchte, dass laut meinen Informationen dieses Fahrzeug mit einer Beta-Version des Systems unterwegs war und nicht mit einem völlig ausgereiften System.

Zum anderen haben wir ja Vorkehrungen getroffen: In der jetzigen Form muss es möglich sein, als Lenker jederzeit einzugreifen. Nach dem Muster einer Fahrschul­ausbildung, bei der der Fahrschüler unter der Aufsicht des Fahrlehrers fährt und der Fahrlehrer auch die Möglichkeit hat einzugreifen, glaube ich, dass wir diese Bestim­mung für unsere Zwecke momentan ganz gut gebrauchen können und alles Weitere hinsichtlich der gesetzlichen Entwicklung beobachten müssen.

Wir Freiheitliche werden dieser Novelle also zustimmen, weil es wichtig ist für die Weiterentwicklung der Technik, für unsere Wirtschaft, und – die Kollegin hat es vorhin angesprochen – es wird auch von einer großen Zahl in der Bevölkerung gewünscht. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.03



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 189

Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Grillitsch gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


18.03.20

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema automatisiertes Fahren braucht, glaube ich, einen sehr verantwortungsvollen Umgang auch hier im Hohen Haus. Es wäre, wie ich meine, eine Gefahr, wenn man blindes Vertrauen in technische Machbarkeit hätte, sondern man sollte hier offen und zielstrebig diese Chance für die Zukunft diskutieren: Wie können wir den Verkehr sicherer machen? Wie können wir den Verkehr effizienter machen? Wie können wir den Verkehr umweltverträglicher gestalten?

Was das Thema Sicherheit betrifft, Herr Bundesminister, und ich bin sehr froh, dass du das auch so angesprochen hast: Jeder Tote auf der Straße ist einer zu viel. Das heißt, da sind wir gefordert, alles zu nutzen, um Menschen und Technik im Einklang so zu gestalten, dass wir sicher auf unseren Straßen unterwegs sind, meine Damen und Herren! (Beifall und Bravoruf des Abg. Steinbichler.)

Wenn man hier von Testregionen spricht, dann habe ich einen Vorschlag, Herr Bun­desminister; das sage ich von Steirer zu Steirer. (Bundesminister Leichtfried: Murau?) – Nein, nicht Murau, sondern die Steiermark als Testregion zu wählen, weil wir in der Steier­mark seit Jahren mit diesem Hightech, mit dem Autocluster feder­führend unter­wegs sind, meine Damen und Herren! (Beifall der Abgeordneten Amon und Schittenhelm. – Abg. Moser: Mit dem Traktor!)

Wir haben in der Steiermark auch etwas, was weltweit gesucht wird, nämlich die Formel 1 und einen Investor wie Didi Mateschitz, der die Regionen belebt, meine Damen und Herren! (Abg. Kickl: Habts ihr nicht die meisten Geisterfahrer?) Daher glaube ich, dass wir als Steiermark zu diesem Thema Hightech einen starken Zugang haben und prädestiniert sind, das dort auch durchzuführen. (Abg. Moser: Die Formel 1 könnte man automatisieren!)

Meine Damen und Herren! Ich weiß schon, dass jetzt die Bundesländer da … (Abg. Kickl: Ihr habts die meisten Geisterfahrer!) – Sollen die Kärntner natürlich mitnutzen, Kollege Kickl!

Da bin ich schon beim nächsten Thema: Was mich natürlich auch freut, was ich dem Herrn Bundesminister als neuem Infrastrukturminister mitgeben möchte, ist, dass er einer ist, der aus einer Region kommt, aus der Obersteiermark, aus Kapfenberg, der auch weiß, was es heißt (Bundesminister Leichtfried: Aus Bruck!) – aus Bruck, entschuldige –, wenn Menschen abwandern, und was in diesen Regionen zu tun ist, nämlich die Infrastruktur auszubauen, die Straßen auszubauen, die Schiene auszu­bauen, das Breitband auszubauen.

Herr Bundesminister, es gibt dort in dieser Region eine Südachse sozusagen von Judenburg bis Klagenfurt, die S 36 und S 37. Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Sankt Veit haben 30 Bürgermeister entlang dieser Strecke teilgenommen (Abg. Moser: Das sind die Testpiloten!), die gewählten Legitimierten, die in Zukunft die legitimierte laute Mehrheit sein müssen, nicht die schweigende Mehrheit, sondern die laute Mehr­heit sein müssen, damit durch diesen Straßenausbau endlich auch ein Lückenschluss in den Süden vollzogen werden kann und damit die Menschen entlang dieser Strecke vor allem sicherer unterwegs sind. Denn jeder Tote entlang dieser Strecke ist einer zu viel. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Angerer und Zanger. – Abg. Moser: Das stimmt! – Abg. Zanger: Kann ich nur unterstützen, Herr Kollege!)

18.06



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 190

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


18.06.41

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Lieber Kollege Fritz Grillitsch, du hast natürlich einen erfolgreichen Steirer vergessen, wenn du schon alle aufzählst, auch wenn ein Steirer nach Kanada geht: Frank Stronach hat auch sehr viele Arbeitsplätze in der Steiermark geschaffen, nämlich genau mit diesen Autoteilen damals bei Magna. Das ist ja ganz klar.

Deshalb möchte ich zur vorliegenden Regierungsvorlage auch erwähnen, wenn es um das automatisationsunterstützte Fahren geht, welch wichtiger Wirtschaftspartner in der Zwischenzeit diese Autoteilezulieferer sind. Ich darf auch einen Betrieb aus dem Bezirk Vöcklabruck erwähnen, die Firma STIWA, die in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren über 1 000 regional wichtige Arbeitsplätze geschaffen hat. Deshalb muss man diese oftmals autofahrerfeindlichen Diskussionen auch von der Seite der Wirtschafts­kraft sehen. Da entstehen natürlich nicht nur sehr viele Arbeitsplätze, sondern auch durchaus sehr viel Zukünftiges.

Wenn man das automatisationsunterstützte Fahren anspricht, glaube ich, muss – und das wurde auch von Kollegin Aubauer erwähnt – die Sicherheit im Vordergrund stehen, im Mittelpunkt stehen. Es muss auch das Ziel sein, dass für die Zukunft wertvolle Projekte gestartet werden. Wir sind sicherlich nicht so weit, das bereits in den Straßen­verkehr umzusetzen, und ich darf das, was Kollege Grillitsch gerade gesagt hat, nochmals erwähnen: Jeder Tote ist einer zu viel.

Kolleginnen und Kollegen, ihr könnt euch noch erinnern, als ich vor einigen Monaten die­sen Antrag über die verpflichtende Warnweste bei Mopedfahrern eingebracht habe, denn das sind ganz wichtige Verkehrsteilnehmer, und es ist ganz wichtig, dass man sie sieht.

Wie das Schicksal es will, haben wir in der Zwischenzeit leider in unserer Gemeinde einen weiteren 16-jährigen Toten im Bereich dieser Mopedfahrerei, und da bin ich beim Kollegen Grillitsch, der gesagt hat: Jeder Tote ist einer zu viel. Es ist im Straßen­verkehr ganz wichtig, dass man gesehen wird. Und welche Tragödien da passieren, haben wir jetzt in unserer Gemeinde leider zweimal erleben müssen. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhö­hung der Sicherheit bei Mopeds durch größere Rückstrahler sowie durch das verpflich­tende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung – im Speziellen der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie – wird ersucht, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, um größere Rück­strahler bei Mopeds sowie das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren zu gewährleisten.“

*****

Wir bitten um Unterstützung für diesen wichtigen Antrag. Wir unterstützen auch die vorliegende Regierungsvorlage. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.09



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 191

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Steinbichler eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Hagen, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Erhöhung der Sicherheit bei Mopeds durch größere Rückstrahler sowie durch das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren“

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 18 über den Bericht des Verkehrsaus­schusses über die Regierungsvorlage (1192 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraft­fahrgesetz 1967 geändert wird (33. KFG Novelle) (1211 d.B.)

Jugendliche dürfen bereits ab den 15 Lebensjahr selbstständig am Verkehrsgeschehen teilnehmen. Trotz praktischer und theoretischer Prüfung stellt die Teilnahme am Ver­kehr oftmals eine Herausforderung dar. Jugendliche sind überdurchschnittlich oft an Verkehrsunfällen beteiligt:

„Jugendliche und junge Erwachsene haben ein erhöhtes Risiko im Straßenverkehr zu verunglücken. Dies gilt insbesondere für 15- und 16-Jährige. 2013 verunglückten trotz eines zehnprozentigen Rückgangs fast 3.600 junge Menschen im Alter von 15 bzw. 16 Jahren.“ (http://statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/unfaelle/076400.html)

Somit gab es seit dem Jahr 2006 in keiner anderen Altersgruppe mehr Verunglückte im Straßenverkehr als bei den 15- bzw. 16-jährigen (Ausnahme 2012). Drei Viertel dieser verunglückten Jugendlichen waren entweder Lenker oder Mitfahrer eines Mopeds. (http://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_umwelt_innovation_mobilitaet/verkehr/strasse/unfaelle_mit_personenschaden/index.html)

Im Jahr 2014 ereigneten sich in Österreich 4.192 Verkehrsunfälle mit Mopeds (inkl. Kleinmotorräder). Im Zuge von Verkehrsunfällen mit Mopeds (inkl. Kleinmotorräder) wurden im vergangenen Jahr 4.574 Personen verletzt und 14 sogar getötet. (http://unfallstatistik.kfv.at/index.php?id=65&no_cache=1&cache_file=kfv_nav_cache.html&report_typ=%C3%96sterreich&kap_txt=Einspurige+KfZ&tab_txt=Allgemeine+Unfallzahlen+von+einspurigen+Kraftfahrzeugen+) Besonders auffällig hierbei ist, dass rund 2.126 männliche Opfer sowie 1.508 weibliche zwischen 10 und 19 Jahren alt waren. (http://unfallstatistik.kfv.at/index.php?id=65&no_cache=1&cache_file=kfv_nav_cache.html&report_typ=%C3%96sterreich&kap_txt=Einspurige+KfZ&tab_txt=Verletzte+Benutzer+von+Mopeds%2FKleinmotorr%C3%A4dern+nach+Altersgruppen+und+Geschlecht)

Am 30.10.2015 ereignete sich ein schwerer Unfall in Regau (Oberösterreich):

Durch eine Frontalkollision mit einem PKW wurde das Moped eines 16-jährigen rund 40 Meter mitgeschleift – der Junge erlag seinen schweren Verletzungen.

Grund für dieses Unglück war unter anderem eine mangelnde Beleuchtung des Mopeds. Vor allem bei Rutschgefahr sowie schlechten Wetter- und Sichtverhältnissen kann mangelnde Ausstattung des Mopeds schnell zum Verhängnis werden und die Jugendlichen in höchste Gefahr bringen.

Größere Rückstrahler sowie auffällige Jacken mit Reflektoren können deshalb derar­tige Unfälle verhindern. Zudem sorgen sie für mehr Sicherheit für die Mopedfahrer selbst, als auch für andere Verkehrsteilnehmer.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 192

Die Presse berichtet am 09. November 2015 (S. 13), dass der OGH nun urteilte, dass Motorradfahrer zur Vorsorge auch passende Schutzkleidung tragen müssen. Weiters betonte der OGH, dass entsprechende Schutzkleidung zur Pflicht eines Fahrers gehört. Somit kann bei Verkehrsunfällen mit unzureichender Bekleidung des Motorrad­fahrers von einem sog. „Motorradschutzbekleidungsmitverschulden“ ausgegangen werden. Schwere und tödliche Verletzungen können mit einer angemessenen Aus­stattung des Fahrzeuges sowie des Fahrer bzw. der Mitfahrer verhindert werden. So kann viel menschliches Leid und gleichzeitig volkswirtschaftlicher Schaden verhindert werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung – im Speziellen der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie – wird ersucht, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, um größere Rück­strahler bei Mopeds sowie das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren zu gewährleisten.“

*****

18.10.01

 


Präsident Karlheinz Kopf: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens des Berichterstatters wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1192 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformierung des Kraftfahrbeirates bezie­hungsweise des Beirates des Verkehrsicherungsfonds.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Sicherheit bei Mopeds durch größere Rückstrahler sowie durch das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflek­toren“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 193

18.11.1219. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1741/A der Abgeordneten Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1212 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1694/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend fluglärmreduzierende und damit bürgerInnenfreundliche Verwendung der bei der Austro Control anfal­lenden Überschüsse (1213 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


18.11.54

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich kann es ganz kurz machen: Die Änderung des Luftfahrtgesetzes geht an sich in eine gute Richtung. Die Idee war, dass man Außenlandungen und Außen­abflüge unter bestimmten Umständen erleichtert.

Ich komme aus Tirol, wo es immer wieder Einsätze gibt, sei es abgestürztes Almvieh, seien es Lawinenabgänge. Da sind solche Flüge wirklich notwendig, auch wenn man beim Ansuchen um die Genehmigung noch nicht sagen kann, wo ein Hubschrauber, ein Flugzeug landen oder wo sie wieder starten müssen.

Es ist also ein richtiger Anlass, das Luftfahrtgesetz zu ändern. Nur, was machen Sie daraus? – Sie weichen das so auf, dass mehr oder weniger alles möglich ist. Und aufgrund des Stellungnahmeverfahrens ist herausgekommen, dass die Bundesländer gesagt haben: Das geht so weit, dass andere öffentliche Interessen, die vielleicht einmal dagegensprechen, das zu erlauben, quasi nicht mehr stechen, dass also zum Beispiel aus Umweltschutzgründen, aus Lärmschutzgründen und ähnlichen Dingen eine gewisse Steuerung nicht mehr möglich ist.

Das heißt, die Tür wird viel weiter aufgemacht als notwendig. Das stößt uns sauer auf, weil wir finden, es muss Räume geben, die von Fluglärm möglichst befreit sind und in denen man nur fliegt, wenn es unbedingt notwendig ist.

Da komme ich schon zum zweiten Punkt, zur Austro Control: Die Austro Control hat im Jahr 2015 13 Millionen € Überschuss gemacht, und wir finden, dass man dieses Geld für etwas verwenden sollte, was viele von Fluglärm geplagte Anrainerinnen und An­rainer seit Langem fordern, nämlich für einen Flugverkehr, der weniger Lärm pro­duziert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Pilz: Bravo!)

Das geht, wenn man die Flugrouten richtig legt. Da geht es zum Beispiel um Dinge wie den gekurvten Anflug. Da geht es darum, dass man als Austro Control die An- und Abflüge über Städten – Stichwort Wien – so legt, dass möglichst wenige Menschen von Fluglärm betroffen sind.

Da ist vieles möglich, und genau dafür könnte und sollte man dieses Geld verwenden. Das wäre der Inhalt unseres Antrags, und ich bitte Sie dafür um Unterstützung. Sie


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werden nämlich auch sehr viele Mails bekommen, in denen sich Menschen einfach aufregen, dass es unnötigen Fluglärm gerade auch im Raum Wien gibt, der an sich in dieser Intensität nicht notwendig wäre. (Beifall bei den Grünen.)

18.14


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


18.14.49

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Der Initiativ­antrag 1741/A zielt auf eine Vereinfachung der Genehmigung von Abflügen und Landungen außerhalb von Flugplätzen ab. Die derzeitige Regelung besagt, dass derartige Abflüge und Landungen grundsätzlich nur mit Bewilligung des jeweiligen Landeshauptmanns nach Durchführung einer Interessenabwägung zulässig sind.

Zusätzlich muss auch der genaue Ort des Abfluges und der Ankunft im Voraus bekannt gegeben werden, und das ist vielfach nicht möglich oder nur eingeschränkt möglich, beispielsweise bei Notlandungen, bei Rettungseinsätzen, bei Katastrophenhilfen sowie bei Hänge- und Paragleitern oder auch bei Segelflügen oder Ballonfahrten.

Um für derartige Fälle Abflüge und Landungen außerhalb von Flugplätzen rechts­konform zu ermöglichen, soll nunmehr festgelegt werden, dass die Außenabflug- beziehungsweise Außenlandebewilligung auch ohne Angabe der konkreten Fläche in Form einer allgemeinen Bewilligung erteilt werden kann. Voraussetzung ist, dass durch Auflagen und/oder Bedingungen sichergestellt werden kann, dass die öffentlichen Interessen gewahrt werden können. Also das ist wirklich die Voraussetzung dafür, im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, Kollege Willi.

Gleiches gilt auch für die praktische Vollziehung von Landungen von Fallschirm­springern und Freiballonen. Bei Außenlandungen mit Fallschirmen oder Freiballonen außerhalb von dicht besiedeltem Gebiet wird nämlich kein öffentliches Interesse berührt. Daraus folgend soll nun festgelegt werden, dass für Außenlandungen mit Fallschirmen und Außenabflügen von Freiballonen außerhalb von dicht besiedelten Gebieten keine Bewilligung nach § 9 mehr erforderlich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. – Bitte.

 


18.16.40

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine beiden Kollegen haben als Vorredner schon ziemlich genau erklärt, worum es bei der Änderung des Luftfahrtgesetzes geht.

Kollege Willi, ich meine, man muss das wirklich ein bisschen kritisch sehen. Es will, glaube ich, keiner, dass Außenlandungen stattfinden, speziell von Hubschraubern, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Deswegen steht aber auch drinnen, dass es im öffentlichen Interesse sein muss. Es wird ja nicht ständig vorkommen, dass solche Einsätze von Hubschraubern notwendig sind, ohne sie vorher bewilligen lassen zu können. Das wird eher selten sein.

Außerdem haben wir noch eine Ausschussfeststellung gemacht, in der festgehalten ist, dass auch evaluiert werden soll, wie das genau abgeführt wird und was es für Auswirkungen hat. Von daher, denke ich, ist es doch eine Änderung, die im Sinne aller ist, weil es einfach manchmal Situationen gibt, die man vorher nicht bekannt geben kann oder in denen man vorher nicht sagen kann, wo jemand landet oder landen kann.


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Ich glaube, es ist ein guter Mittelweg, und ich denke auch, dass das dann gut funk­tionieren wird. Da können wir schon alle dafür sein, wie ich meine, weil es eben hin und wieder solche Situationen gibt, gerade auch bei uns im bergigen Gebiet, wo eine schnelle Bergung von Tierkadavern oder ein Kontrollflug gemacht werden muss und man nicht diesen ganzen Behördenweg einhalten kann. Aber so etwas ist ja immer im öffentlichen Interesse, und von daher denke ich, dass man das auch vertreten kann.

Außerdem ist es so, dass die Besitzer des Grundstücks, auf dem die Landung erfolgt, nach wie vor einverstanden sein müssen und auch eine rechtliche Handhabe hätten, wenn sie sich übervorteilt fühlen würden oder damit eben nicht einverstanden wären.

Ich möchte noch ergänzen, dass wir in diesem Gesetz auch regeln, dass das Abfeuern von Feuerwerkskörpern innerhalb von Sicherheitszonen von Flughäfen erlaubt ist, wenn der Flughafen keine Betriebszeit hat. Es gibt bei uns ja sehr viele kleine Flughäfen, die irgendwann um 22 oder 23 Uhr schließen, und dann ist das Abfeuern von Feuerwerkskörpern in Zukunft erlaubt, innerhalb der Betriebszeiten aber natürlich nicht, weil das ja eine gefährliche Situation wäre.

Wir sind davon überzeugt, dass es sich bei dieser Novelle um sinnvolle Beschlüsse handelt, und zwar wirklich im Sinne der betroffenen Anrainer, der Flugsportler, der Luftfahrt und der Rettungsdienste.

Was euren Antrag betrifft, lieber Kollege Georg Willi, bezüglich der Austro Control: Das klingt natürlich alles supergut. Du hast aber vergessen, dazuzusagen, dass die Austro Control eigentlich nur 2 Prozent Gewinn einbehalten darf.

Alle anderen Gelder, die eingenommen werden oder vorher budgetiert worden sind, müssen wieder im Rahmen von Single European Sky rückerstattet werden. Auch von diesen 13 Millionen € Gewinn – das klingt natürlich sehr schön – sind keine 13 Millio­nen € übrig geblieben, sondern 9 Millionen € wurden wieder an die einzelnen Flug­gesellschaften rückerstattet. Daher ist der Ansatz vielleicht begrüßenswert, aber ein­fach nicht durchführbar. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.20


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Klinger. – Bitte.

 


18.20.33

Abgeordneter Ing. Wolfgang Klinger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren des Plenums! Geschätzte Zuhörer und Zuseher im Internet oder via Fernsehen! 1986 habe ich meinen Jagdschein beziehungsweise meinen Flugschein und 1990 die Jagdschutzprüfung und gleichzeitig den Berufspilo­ten­schein gemacht. Ich habe heute für meine erste Rede dieses Thema ausgewählt, diesen Initiativantrag, weil ich geglaubt habe, dass das ja ganz einfach ist, dieser Initiativantrag wird für mich als Berufspiloten ja gar kein Problem darstellen.

Ich kann einmal kurz vorwegschicken, dass wir aufgrund einer gewissen Deregulie­rung, die diesem Antrag zugrunde liegt, natürlich auch unsere Zustimmung geben werden.

Man muss allerdings bei diesem Antrag schon gewaltige Unterschiede machen, nämlich dahin gehend, dass es sich im ersten Bereich dieser Gesetzesänderung wahrscheinlich um Hubschrauberflüge handeln wird. Das sind Hubschrauberflüge, die auch notwendig sind und die dazu dienen, extrem wichtige Aufgaben im Gebirge, an unzugänglichen und auch unbekannten Stellen mit entsprechendem Gerät zu erledigen. Da kommt es natürlich immer wieder zu Lärmbelästigungen. Da kommt es auch immer wieder zu verschiedenen Problemen mit der Jägerschaft, die hintan­zuhalten sind, wenn Gefahr im Verzug ist.


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Eines muss schon festgestellt werden: Gefährlich ist besonders die Landung, denn sie kommt immer plötzlich, und in der Umgebung treten plötzlich Lärm oder andere Belästigungen auf. Allerdings ist hier klar festzustellen, dass es wichtig ist, diese Gesetzesänderung durchzuführen.

Beim zweiten Bereich wird die Sache allerdings schon etwas schwieriger: Da geht es um Heißluftballone, Segelflugzeuge, Motordrachenflieger, Freiballone oder Fallschirm­springer. Wenn Fallschirmspringer für eine Geburtstagsparty ausmachen, dass sie dort und da abspringen, weil ja gerade ein Fest stattfindet, dann ist schon die Frage zu stellen, ob es unbedingt notwendig ist, dafür kurzfristig eine Landemöglichkeit zu schaffen. Gleichzeitig treten da wieder jene Probleme ein, die wir aus der Jagd ja schon kennen und die so weit gehen, dass es im jagdlichen Betrieb zu gewaltigen Störungen kommt. Es geht oft so weit, dass Tiere abstürzen, weil sie plötzlich in eine Stresssituation kommen und flüchten müssen. Da müssen wir vorsichtig sein, um in diesem Zusammenhang nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Die dritte Sache in dieser Gesetzesänderung betrifft Feuerwerkskörper. Feuerwerks­körper sind meines Erachtens in der Nähe von Zivilflugplätzen äußerst vorsichtig einzusetzen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Bei jedem Zivilflugplatz gibt es auch die Möglichkeit einer Notlandung oder einer verspätet angemeldeten Landung. Das heißt im Klartext: Ein Flugzeug, das sich in der Luft befindet, wird ja nicht auf der Straße landen, wenn es unterwegs Probleme hat, sondern es muss seinen Zielflug­hafen sicher erreichen können. (Abg. Moser: Oder den Notflughafen!)

Wenn zum Beispiel an einem Zivilflughafen um 23 Uhr Dienstschluss ist, aber nachher noch ein Flugzeug angemeldet wird – was übrigens auch Kosten für das Flugunter­nehmen bedeutet –, dann stelle ich mir die Frage, was wichtiger ist: die Genehmigung eines Feuerwerks oder die Sicherstellung des sicheren Betriebes eines Flugplatzes? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Moser: Na, Letzteres natürlich!)

Deshalb ist für uns ganz entscheidend für die Zustimmung, dass die Ausschuss­feststellung beschlossen wurde und wir in einem Jahr zu evaluieren haben, ob diese Sache auch einen guten Ausgang nehmen möge. (Beifall bei der FPÖ.)

18.25


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Pock zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.25.33

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Bevor ich auf die Punkte 19 und 20 eingehe, möchte ich herzlich eine junge inter­nationale Forschergruppe des Zentrums für Medizinische Physik von der MedUni Wien begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte nur in aller Kürze unsere Unterstützung für Tagesordnungspunkt 19, Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, kundtun. Ich finde die Änderungen alle solide, es gibt keinen Punkt zur Kritik, das unterstützen wir sehr gerne.

Umso mehr Grund zur Kritik gibt es dafür für den Antrag betreffend fluglärm­redu­zierende und damit bürgerInnenfreundliche Verwendung der bei der Austro Con­trol anfallenden Überschüsse, eingebracht von den grünen Kolleginnen und Kollegen.

Was ist der Inhalt des Antrags? – Die Austro Control erhält für Dienstleistungen von den Fluglinien entsprechende Gebühren. Normalerweise – und das ist ja auch gesetz­lich so verankert – darf die Austro Control maximal 2 Prozent Gewinn oder Verlust machen. Meine Vorrednerin hat das schon angesprochen. Im letzten Jahr kam es zu einem außergewöhnlichen Gewinn aufgrund von zwei besonderen Ereignissen, näm-


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lich einer Reduktion beim Personal und deutlich gesunkenen Zinskosten. Dadurch hat sich der Gewinn von 1,8 Millionen € im Jahr auf 12,9 Millionen € im Jahr erhöht.

Was ist derzeit im Gesetz vorgesehen? – Ist der Gewinn höher als diese besagten 2 Prozent, erhalten die Fluglinien, die Unternehmen, die eingezahlt haben, diesen Überschuss entsprechend den Anteilen, die sie eingezahlt haben, wieder retour. Man sollte meinen, das ist eine gute Sache: Wenn ein Unternehmen zu viel bezahlt hat, bekommt es den zu viel bezahlten Betrag zurück.

Die grünen Kolleginnen und Kollegen schlagen vor, dass man das in Zukunft anders macht, nämlich dass man diesen Überschuss behält und in fluglärmreduzierende und bürgerInnenfreundliche Maßnahmen investiert.

Das bedeutet, dass aus dem privatwirtschaftlichen Gewinn – es gibt einen Überschuss, ich gebe es zurück an die Unternehmen, die die Dienstleistung bezahlt haben – ganz plötzlich eine Abgabe wird. Somit steigt auch die Abgabenquote, und das durch die Hintertür. Da machen wir nicht mit, auch nicht bei diesem Antrag, das haben wir schon tausendmal gesagt. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


18.28.00

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird: Kollege Willi, weißt du, was sauer auf­stoßen würde? – Wenn die vielen Tierkadaver – Rinder, die vom Blitz erschlagen werden – liegen gelassen und nicht abtransportiert würden. Was die vielen Touristen sagen würden, wenn sie diese Kadaver vorfänden! Im Sommer stinken diese Kadaver, wenn sie nicht abtransportiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein sehr gutes Gesetz und vor allem in der Praxis ganz wichtig. Dieses Gesetz betrifft hauptsächlich die Vereinfachung von Bewilligungen für Abflüge oder Landungen außerhalb der Flugplätze. Dabei geht es beispielsweise um den von mir gerade angesprochenen Abtransport von Tierkadavern. Erst kürzlich war zu lesen, dass 17 oder 18 Rinder vom Blitz erschlagen wurden.

Das ist vor allem auch bei Materialflügen im öffentlichen Interesse wichtig. Ganz wichtig sind auch Flüge, die die Sicherheit betreffen, also Lawinenbeobachtung und viele andere Fälle mehr.

Betroffen von dieser Novelle sind zum Beispiel auch Fallschirmspringer.

In diesem Gesetz ist auch geregelt, welche Feuerwerkskörper in der Nähe von Flug­häfen während der Betriebszeiten nicht verwendet werden dürfen. Ich denke, das ist ein problematischer Bereich, und wir haben das schon oft gehört, Herr Minister. Auch mit Laserpointern und dergleichen mehr werden Piloten irritiert, wodurch die Sicherheit gefährdet wird. Das wollen wir nicht, und deshalb ist das ein sehr gutes Gesetz für die Praxis. – Herzlichen Dank. (Beifall des Abg. Franz.)

18.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


18.30.05

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Als letzter Redner darf ich noch einmal festhalten, dass es vor allem um eine rechtliche Anpassung geht, damit kurzfristig erforderliche


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 198

Abflüge und Ladungen im öffentlichen Interesse auch außerhalb von Flugplätzen rechtskonform sind und durchgeführt werden können.

Zu Tagesordnungspunkt 20 wurden wesentliche Punkte von zwei meiner Vorredner schon angesprochen. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass es, wenn man von Überschüssen oder von einem Gewinn der Flugsicherung spricht, so ist, dass es überwiegend um Nachforderungen aus früheren Perioden geht, die daraus resultieren, dass die Airlines weniger geflogen sind als geplant. Von Single European Sky ist ein festgelegter Teilungsschlüssel hinterlegt. Konkret kommen in diesem Fall nur rund 2 Prozent des Gewinns zur Auszahlung, und der Rest fließt an die Flugunternehmen zurück.

Die heutige Diskussion ermöglicht es mir aber auch, einiges zur Austro Control selbst zu sagen: Die Austro Control ist ja für einen sicheren und wirtschaftlichen Ablauf des Flugverkehrs über Österreich verantwortlich. Sie ist in den letzten Jahren ein modernes, zukunftsorientiertes Flugsicherungsunternehmen in Europa geworden und hat sich entsprechend etabliert. Die Austro Control gehört bei der Entwicklung von Flugsicherungsverfahren zu den innovativsten Flugsicherungen in Europa. Von der Implementierung eines grenzüberschreitenden Luftraumes bis hin zur Umsetzung von modernen An- und Abflugverfahren ist die Austro Control miteingebunden.

Die flächendeckende Implementierung von Free Route ist für 2019 geplant und wird zu einer wesentlichen Kosten- und Schadstoffreduzierung im europäischen Luftraum beitragen. Flugrouten werden um rund 15 Millionen Kilometer verkürzt, und der CO2-Ausstoß wird um rund 170 000 Tonnen reduziert.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Luftfahrt ist für den Wirtschafts­stand­ort Österreich von zentraler Bedeutung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Austro Control leisten hervorragende Arbeit. Ich hoffe, dass Sie dem Tagesord­nungs­punkt, Änderung des Luftfahrtgesetzes, zustimmen werden. Den TOP 20 wird unsere Fraktion nicht unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33

18.33.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1212 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1213 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 199

18.34.0321. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1740/A der Abgeordneten Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1214 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Jetzt kommen wir zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Der erste von nur zwei Rednern ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. 

 


18.34.29

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Beim vorliegenden Gesetz handelt es sich um eine rein redaktionelle Änderung von Fehlern, wie zum Beispiel der doppelten Nummerierung von Absätzen. Nun ist dieses Gesetz technisch sozusagen wieder gerichtet, und wir haben es aufgrund der Geschäftsordnung wieder zu beschließen. Ich denke, dem Gesetz ist somit der Weg geebnet. (Beifall bei der ÖVP.)

18.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


18.35.00

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir stimmen diesem Gesetz auch zu, das ist klar.

Ich habe mich auf die RednerInnenliste setzen lassen, um auf eine Entwicklung am Markt hinzuweisen, die Vor- und Nachteile hat, und irgendwie müssen wir eine Lösung finden. Es geht um die Fernbusse. Wir haben einen immer größeren Fernbusmarkt. Deutschland ist da schon wesentlich weiter als Österreich.

Auf den ersten Blick sind diese Fernbusse etwas ganz Tolles, ein preisgünstiges Angebot, um von A nach B zu kommen. Mir ist es lieber, wenn Menschen, statt mit dem Auto weite Strecken zu fahren, kostengünstige Busangebote bekommen. Die Angebote werden gern von Studenten und von Gruppenreisenden genutzt.

Das Problem ist, dass die Fernbusse in aller Regel zwischen Zentren hin- und herfahren, wo es auch Bahnverbindungen gibt. Diese Busse sind dann eine Konkur­renz für die Bahn, und das kann nicht in unserem Interesse sein, denn die Bahn ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Ich würde Sie, Herr Minister, bitten, uns zu sagen, wie Sie mit dieser Entwicklung am Markt in Zukunft umzugehen gedenken.

Ich nenne ein Beispiel: Es wurde eine Fernbusverbindung zwischen Graz und Salzburg beantragt. Die Salzburger Landesregierung hat den Antrag auf Erteilung einer Kon­zession eben mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass es eine Bahnverbindung gibt, die Kapazitäten hat. Daher wird dieses Fernbusangebot nicht gebraucht, die Landes­regierung will die Bahn nicht schwächen. Dann ist der Antragsteller in die Steiermark gegangen, und in Graz wurde die Genehmigung erteilt. Jetzt gibt es diesen Fernbus Graz–Salzburg.

Eines müssen wir auch wissen: Die Bedingungen für die Busfahrer sind in der Regel schlecht. Sie sind schlecht bezahlt und stehen unter großem Zeitdruck. Kurzum, es ist für die dort Beschäftigten kein wahnsinnig toller Arbeitsplatz.

Daher meine Frage, Herr Minister: Wie werden Sie mit dem Problem der Fernbusse umgehen? – Einerseits sind sie attraktiv beim preislichen Angebot, andererseits aber eine starke Konkurrenz zur Bahn. Was wir Grüne jedenfalls nicht wollen, ist, dass die Bahn noch mehr unter Druck gerät. Wir wollen mehr Bahn, ein tolles Bahnangebot und keine unnötige Konkurrenz. (Beifall bei den Grünen.)

18.37



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 200

Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Willi! Auch wenn das nicht ganz zum Tagesordnungspunkt war, möchte Ihnen der Herr Bundesminister trotzdem antwor­ten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.37.56

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Der Herr Präsident hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass er ausnahmsweise genehmigt, dass ich Ihnen antworte, obwohl das etwas von der Tagesordnung abweicht.

Ich denke, wir sind uns da relativ einig. Für mich ist im Bereich der Verkehrspolitik die Bahn der Hauptträger Nummer 1. Ich glaube, das erste Ziel muss es sein, die Bahn weiter zu attraktivieren. Was ist eine attraktive Bahn? – Das muss man natürlich auch charakterisieren. Es gibt einige Dinge, die wichtig sind: Die Bahn muss erreichbar sein, sie muss schnell sein, sie muss gut vertaktet sein, sie muss bequem sein, es muss ein gewisser Coolness-Faktor da sein, und auch der Preis muss passen. Ich denke, diese Kombination muss uns gelingen.

Das versuchen wir jetzt auf der Südachse. Ich denke, dass die Busse, die diesen Bereich abfahren möchten, relativ schnell wieder aufhören zu fahren, wenn die Süd­achse fertig ist, weil die Bahn dann viel attraktiver ist als jeder Bus es sein kann. Das muss à la longue auch das Ziel auf der Pyhrnachse sein. Ich denke, da sind wir uns auch einig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.38

18.39.00

 


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Herr Bundesminister.

Es liegt keine weitere Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1214 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.39.3022. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1693/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend maximale Nutzung der ökolo­gischen Spielräume bei der LKW-Bemautung (1215 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Jetzt kommen wir zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

18.40.00

 


Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich lasse in dieser Frage nicht locker. Es geht um die Frage von ökologischen Mauten, nämlich Lkw-Mauten in Österreich.

Am letzten Freitag war im ORF folgender Satz zu hören – ich zitiere –: „Diese österreichische Mentalität – na irgendwie werden wir das schon organisieren – ist hier fehl am Platz.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 201

Von wem war dieser Satz? – Von Vizekanzler Mitterlehner. Er hat sich auf diese ganzen Umstände rund um die Aufhebung der Bundespräsidentenwahl bezogen. Als ich diesen Satz gehört habe, habe ich aber an jemand anderen gedacht, an die Wirtschaftskammer, den Generalsekretär, der der Herr Vizekanzler einmal war, an den Satz „Na irgendwie werden wir das schon organisieren“. Was im Bereich der Lkw-Maut passiert, ist genau das, was der Vizekanzler mit diesem Satz ausgedrückt hat.

Ich komme zurück zur EU-Wegekostenrichtlinie. Österreich hat sich sehr verdient gemacht, die Wegekostenrichtlinie zu verbessern. Dank der österreichischen Initiative sind zwei Dinge geschehen: Es wurde einerseits der Querfinanzierungszuschlag eingeführt, andererseits kamen Teile der externen Kosten in die Wegekostenrichtlinie hinein. (Abg. Moser: Dank Lichtenberger und …!) – Auch dank Leichtfried, der war da federführend dabei, hautnah am Geschehen dabei. Herr Minister! Ich bedanke mich heute dafür, dass Sie mit Ihrer Banknachbarin im EU-Parlament, Eva Lichtenberger, für diese Dinge eingetreten sind. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt zeige ich Ihnen (eine Tafel mit der Aufschrift „Mautspreizung derzeit für schwere LKW“ vor sich auf das Rednerpult stellend), wie die Maut heute ist. Heute haben wir eine Mautspreizung, da werden die Infrastrukturkosten, die die Autobahnen verur­sachen, auf die Lkws umgelegt und eine Bestimmung in der Wegekostenrichtlinie angewendet, die da lautet: Bei der Festlegung der Mauten ist zu differenzieren zwi­schen den alten stinkenden Lkws und den neuen EURO VI. Heraus kommt dieses Bild: Der moderne Lkw EURO VI bezahlt richtigerweise weniger als der alte Stinker.

Jetzt haben wir mit der Zustimmung des Parlaments das Bundesstraßen-Mautgesetz geändert, und jetzt ist es möglich, die externen Kosten in die Maut einzuberechnen. Richtig, ein guter Schritt.

Auf diesem Bild (eine weitere Tafel mit der Aufschrift „Mauttarife neu“ vor sich auf das Rednerpult stellend) sehen wir die Infrastrukturkosten, das ist dieser große Block, der macht für die ASFINAG 1,3 Milliarden € aus. Dazu kommen jetzt die externen Kosten, das sind zwischen 40 und 50 Millionen €, wie ausgerechnet wurde. Ein kleiner Teil der Mautkosten sind externe Kosten. In Prozenten ausgedrückt werden rund 97 Prozent der Mauten über die Infrastrukturgebühr eingehoben und rund 3 Prozent über die externen Kosten.

Was jetzt aber passiert ist, das ist das, was man mit „Na irgendwie werden wir das schon organisieren“ bezeichnen kann. Die Wirtschaftskammer hat sich wieder einmal durchgesetzt und hat gesagt: Damit wir zustimmen, dass ihr die externen Kosten einberechnen dürft, verlangen wir einen Deal, dass nämlich die Differenzierung der Maut beim großen Anteil bei den Infrastrukturkosten wegfällt. Das heißt, jeder Lkw einer Gewichtsklasse zahlt gleich viel, wurscht, ob er alt ist oder neu.

Das führt jetzt – und das ist mein drittes Bild (eine dritte Tafel mit der Aufschrift „Mautspreizung 2017 für schwere LKW“ vor sich auf das Rednerpult stellend) – zu folgender Situation: 2017 – und da nehme ich immer die verschiedenen Mautkate­gorien mit 100 Prozent an – wird es für die modernsten LKWs eine Preissteigerung um 16 Prozent geben. Und die größten Stinker werden gegenüber heute eine Preisreduk­tion um 1 Prozent erfahren. Das völlig falsche Signal!

Herr Minister! Jetzt haben Sie es in der Hand, dass Sie sagen: Was kümmert mich die Vereinbarung mit der Wirtschaftskammer vom Frühjahr? Ich bin ein neuer Minister. Ich habe das in Brüssel verhandelt, dass wir das ökologisieren. (Heiterkeit bei den Grünen.) Und ich erwarte mir – und in diese Richtung geht der Antrag –, dass Sie entsprechend handeln und die Lkw-Mauten ökologisieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 202

Jetzt noch etwas: Wenn Sie es nämlich nicht tun, dann widersprechen Sie der EU-Wegekostenrichtlinie. Zweitens: Sie widersprechen sich selber oder, sagen wir, dem Bundeskanzleramt. Wir haben nämlich ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Über­schreitung der Stickoxide laufen. Im Antwortschreiben, in dem sich Österreich recht­fertigt, wieso das passiert ist, steht, dass Österreich diese Mautspreizung, wie wir sie heute haben, anwendet, also die alte Spreizung.

Da steht – ich zitiere –: Dies lässt darauf schließen, dass auch die seit 2010 einge­führte Spreizung der Mauttarife in den letzten Jahren einen entsprechenden Beitrag leisten konnte. – Das heißt, das Bundeskanzleramt brüstet sich mit der Mautdif­ferenzierung, die wir heute haben, nämlich bei den Infrastrukturkosten, und sagt: Gut sind wir, wir haben eh etwas getan.

Genau das, mit dem sich das Bundeskanzleramt heute brüstet, soll abgeschafft werden.

Noch ein letzter Satz: Es widerspricht auch dem, was wir morgen beschließen werden: das Klimaabkommen von Paris. Das zwingt uns – zum Glück, und alle sind dafür bis auf die berühmte FPÖ, die das nicht notwendig findet – zur Ökologisierung der Mauten. (Abg. Pirklhuber: Ganz genau!)

Daher meine Bitte an Sie, Herr Minister, und meine Bitte an Sie, meine Damen und Herren: Bleiben wir auf dem richtigen Pfad der Ökologisierung der Lkw-Mauten und tun Sie das, was in der Wegekostenrichtlinie drinnen steht, Herr Minister, darum ersuche ich Sie! (Beifall bei den Grünen.)

18.46


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


18.46.37

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Novelle des Bundesstraßen-Mautgeset­zes 2002 wird insgesamt einen wesentlichen Beitrag zu mehr Kostenwahrheit im Ver­kehr, wie sie auch von den Grünen immer wieder gefordert wurde, leisten, da ab 1. Jänner 2017 erstmals auch externe Kosten, wie gerade erwähnt, der Luftver­schmutzung und des Lärms bei der Berechnung der Mauttarife berücksichtigt werden. Anders als bei der bisher stets aufkommensneutral zu gestaltenden Spreizung der Mauttarife erfolgt die nach Emissionsklassen unterschiedlich hohe Anlastung der externen Kosten künftig zusätzlich zu den Tarifen. Herr Willi! Das haben Sie hier absichtlich weggelassen. Es werden zusätzlich 40 Millionen € pro Jahr … (Abg. Willi: Das hat man gesehen! Das war oben drauf!) – Das habe ich nicht gesehen.

Bei in Summe einer Milliarde Gesamtaufwand erscheinen 40 Millionen € natürlich in Relation nicht unbedingt als sehr viel, aber sie kommen zusätzlich dazu. (Abg. Öllinger: Ja, stimmt! Das ist wirklich nicht sehr viel!)

Das ermöglicht auch zusätzliche Maßnahmen zur nachhaltigen Gestaltung des Ver­kehrs in Österreich. Die emissionsklassenabhängige Bemautung entfällt also nicht, sondern erfolgt künftig im Wege der Anlastung der externen Kosten. Die maximale Spreizung wird am Basisnetz zwar geringer sein als bisher, schadstoffarme Fahrzeuge werden aber jedenfalls auch weiterhin erheblich begünstigt.

EURO-Klasse-VI-Fahrzeuge zahlen um 20 Millionen € pro Jahr im gesamten Wege­netz in Österreich weniger. Das haben Sie auch vergessen zu erwähnen. Damit kommt der EURO VI auch im Brennerkorridor in den Genuss eines geringeren Tarifs als die weniger umweltfreundlichen Fahrzeuge. Das wäre durchaus ein Grund – in Summe genau das, was die Grünen die letzten Jahre gefordert haben –, auch der neuen


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Novelle zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Das war leider nicht sehr überzeugend!)

18.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


18.49.11

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja durchaus ein spannendes Thema, und wir werden es – davon gehe ich aus – hier noch öfter diskutieren, aber vielleicht noch einmal ein paar Fakten dazu, obwohl wir sie schon öfter hier dargelegt haben.

Nur damit man weiß, worüber wir reden: Bereits 2017 werden 90 Prozent der Fahrleistung in Österreich von den sogenannten Nicht-Stinkern, also EURO-Klasse V bis VI, erfolgen. Das heißt, wir reden über 90 Prozent umweltfreundliche Lkws. Und das, was du kritisierst, macht dann 10 Prozent der Fahrleistung in Österreich aus. – Das ist einmal der erste Punkt. Nur damit man weiß, worüber wir hier sprechen.

Der zweite Punkt: Wer fährt denn mit den älteren Lkws, den sogenannten Stinkern? – Das sind oft Betriebe, Handwerksbetriebe zum Beispiel, die eben viel weniger Kilo­meterleistung zurücklegen. (Abg. Willi: In der Regel nicht auf der Autobahn!) Diese sollten wir unter den gegebenen Umständen jetzt nicht noch mehr bestrafen, denn mehr Steuern können wir im Moment mit Sicherheit nicht brauchen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das, was du verlangst, ist schlicht und einfach eine Erhöhung und mehr Kosten, was am Ende des Tages alle treffen wird.

Eines muss man auch dazusagen: Faktum ist, dass im Vergleich zu unseren Nach­barländern, wo wir auch im Wettbewerb stehen, unsere Mauttarife jetzt schon sehr hoch sind. Es ist ja nicht so, dass wir in diesem Fall sehr niedrige Gebühren einheben würden, sondern – im Gegenteil! – da ist der Beitrag, den die Transportwirtschaft et cetera bezahlen, schon ein erheblicher. Auch da müssen wir aufpassen, dass wir nicht die Konjunktur weiter im negativen Sinne beeinflussen. (Abg. Willi: Die Schweiz ist viel höher!) Das mag schon sein, aber die Schweiz ist nicht das einzige Nachbarland. Wir haben mehrere, mit denen wir auch in unmittelbarer Konkurrenz stehen. (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Ich wiederhole zusammenfassend: Es sind die Argumente schon öfter gefallen, sie werden noch öfter ausgetauscht werden, ich habe noch ein paar. Ich bleibe dabei: Ein Hauptargument ist, 90 Prozent fahren 2017 mit umweltschonenden Lkws. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte.

 


18.52.01

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Ottenschläger, Österreich hat bereits die höchsten Kfz-Steuern der EU, auch eine wesentlich höhere Bemautung als unser Nachbar, die Bundesrepublik Deutschland. Das ist korrekt.

Was auch ein wesentlicher Punkt ist, das sind der scharfe Wettbewerb und die politischen Rahmenbedingungen, die es hier in Österreich gibt, wobei natürlich unsere österreichischen Transportunternehmer auch entsprechend geschwächt würden, soll­ten wir, wie in diesem Bereich, weitere Bemautungen einführen wollen.

Der Antrag von Ihnen, Herr Kollege Willi, würde bedeuten, dass unser Standort Öster­reich geschwächt würde, dass wir auch unsere Transportunternehmer wesentlich hö-


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her belasten würden. Man sieht es jetzt schon bei den Lkws, die in Österreich fahren, dass österreichische Unternehmer mit ausländischen Kennzeichen fahren, um bestimmte Steuern zu umgehen.

Was im Endeffekt das Wesentliche für uns ist, ist natürlich auch, dass der Endver­braucher am meisten und auch am höchsten belastet würde. Anstatt neue Belastungen zu erfinden, sollte man den Gedanken pflegen, über wesentliche Punkte nachzu­denken.

Neue Gebühren landen im Endeffekt beim Endverbraucher. Besonders der ländliche Raum ist auf die Lkw-Transporte angewiesen. Eine Bemautung gefährdet Arbeitsplätze und Betriebe im ländlichen Raum. Das ist für uns der Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben bereits eine verbrauchsabhängige Steuer, Herr Bundesminister, das ist die Mineralölsteuer. Besonders traurig finde ich von Ihnen, Herr Bundesminister, damals, als Sie noch Verkehrslandesrat in der Steiermark waren, als Sie erwähnt haben, dass Sie selbst für eine flächendeckende Lkw-Maut eintreten.

Alle Punkte, die ich vorhin angesprochen habe, würden den ländlichen Raum ent­sprechend schwer belasten. Hier ist es wichtig, dass wir die Menschen in Österreich auch entlasten. In erster Linie erwischt man zum großen Teil den Regionalverkehr, zweitens werden entlegene Regionen noch mehr ausgedünnt. Ich glaube nicht, dass dies in Ihrem Sinne sein kann und auch nicht im Sinne der Bundesregierung.

Wir brauchen eine schnellstmögliche Zweckwidmung der Mineralölsteuer, das ist das Entscheidende. (Zwischenruf der Abg. Brunner.) Die muss zweckgewidmet werden, Frau Kollegin Brunner, ich weiß, das regt Sie auf, aber das ist unser Standpunkt, und zu dem stehen wir: Zweckwidmung der Mineralölsteuer. Das ist unser Thema. (Beifall bei der FPÖ.)

Dies wird von uns Freiheitlichen seit Jahren gefordert, dafür stehen wir ein. Und wir bitten darum, dass diese Mittel im Sinne der Bürger und auch im Sinne eines leistungs­fähigen und vor allem nachhaltigen öffentlichen Verkehrskonzepts dann zweckgebun­den werden. (Beifall bei der FPÖ.)

18.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Ohne Taferl!)

 


18.55.44

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das ist der New Style.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernseh­geräten! Ich denke, zur Bemautung wurde schon einiges gesagt.

Herr Kollege Willi, was mir vielleicht noch viel mehr fehlt, ist, dass wir uns damit be­schäftigen, wie viele sinnlose und spekulative Transporte unterwegs sind. Ich glaube, hier gilt es anzusetzen. Wir sollten nicht die braven, fleißigen und tüchtigen Unterneh­mer kriminalisieren, die brav ihre Steuern zahlen, sondern wir sollten uns damit beschäftigen, wie viele Transporte einzusparen wären. Wir diskutieren bereits zwei, drei Monate. – Danke, Herr Kollege Willi, du liest es mir von den Lippen ab.

Wir sollten uns vielleicht einmal an einem Hafengelände treffen. Wenn man da sieht, wo der Geschmack der Heimat herkommt, wo die Container raus- und reingefahren werden, ob das als erfolgreiche Export-Statistik oder Import-Statistik ausgewertet wird?! Denn wenn man die Statistiken vergleicht, dann sieht man, dass das ein kommunizierendes Gefäß ist: Was auf der einen Seite als Erfolg gewertet wird, wird auf der anderen Seite herbeigefahren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 205

Wir haben heute schon über diese sinnlosen Rinder- und Schweinetransporte, diese sinnlosen Palmöltransporte gesprochen. Dass man hier einmal Licht ins Dunkel bringt, wäre, glaube ich, sehr, sehr gut.

Ich darf einen weiteren Umstand erwähnen, dass man nämlich jene Unternehmen einmal genau anschaut, die ausflaggen. Das, was so unter Ausflaggen dargestellt wird, heißt nichts anderes als: Der Firmenbesitzer fährt mit österreichischer Plane, aber mit zum Beispiel polnischem Kennzeichen und zahlt seine Steuern, seine Versicherung im Ausland.

Ich denke, bevor wir jene österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer höher besteuern, höher bemauten, sollten wir uns jene Betriebe anschauen, die nicht sauber sind, die nicht einer ordentlichen Geschäftstätigkeit, wie es sich gehört, nachgehen, sehr geehrter Herr Minister. Wir haben zu diesem Thema bereits eine Anfrage einge­bracht. Ich meine, dass wir auch diesen Bereich durchleuchten sollten, nämlich jene Firmenbesitzer, die mit ausländischem Kennzeichen die Transporte durchführen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.58


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


18.58.28

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! (Abg. Heinzl: Wir hören ihn nicht!) Gegenständlicher Antrag zielt mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf ab, eine Lkw-Bemautung flächendeckend einzuführen. Im Raum stehen Einnahmen in der Höhe von circa 1,3 Milliarden €, wobei für externe Kosten ein Anteil von 3 Prozent errechnet wird. (Rufe bei der SPÖ: Psst!)

Wenn seitens der Bevölkerung auf einen belastenden Schwerverkehr verwiesen wird, ist dies auf eine verfehlte Raumordnung der Länder beziehungsweise Gemeinden zurückzuführen. Der Ziel- und Quellenverkehr ist von diesen Streckenbegrenzungen bekanntlich ausgeschlossen, und dies wird auch in Zukunft nicht zu ändern sein. (Rufe bei der SPÖ: Psst!)

Seitens des Antragstellers wird auf Einnahmen in der Höhe von 1,3 Milliarden € verwiesen. Dieser Wert ist als weitere Steuerbelastung zu bezeichnen und belastet schlussendlich ausschließlich den Endverbraucher. Verteuerungen der Lebensmittel wie auch sonstiger Güter sind unweigerlich die Folge.

Mit dem neuen ASFINAG-Gesetz hat sich die Belastung für den Straßenverkehr nicht unwesentlich verteuert. Die Forderung der Wirtschaft und der Industrie nach just in time setzt einen Lkw-Transport voraus. Die Technik wird ihren Beitrag zur Moder­nisierung der Fuhrparks leisten.

Der öffentliche Transport auf Schiene erfordert hohe Subventionen (Ruf bei der SPÖ: Das ist aber ein Blödsinn, das weißt du eh!) und ist nicht in der Lage, Zielpunkte des Konsumenten anzufahren. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.00


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis, wir operieren seit heute Früh mit einer Ersatztonanlage, die offenbar in der Aussteuerung nicht immer ganz optimal funktioniert, aber im Großen und Ganzen geht es hoffentlich.

Herr Bundesminister Mag. Leichtfried ist der nächste Redner. – Bitte.

 


19.00.56

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, die nicht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 206

ausdifferenzierte Tonanlage so gut wie möglich zu handhaben, und möchte gleich am Anfang versuchen, mit einem Mythos aufzuräumen.

Herr Abgeordneter Willi, Sie haben gemeint, dass Österreich vehement im euro­päischen Gefüge für eine Ökologisierung der Lkw-Maut gekämpft hat. Das mag möglicherweise im Rat so gewesen sein, das kann ich nicht so beurteilen, aber dass Österreich im Europäischen Parlament für ein derartiges System geschlossen gekämpft hätte, das ist nicht so. Das muss man auch einmal ganz offen sagen.

Die politische Auseinandersetzung im Europäischen Parlament war die gleiche wie hier, keine andere. Es gibt politische Gruppierungen, die meinen, die Ökologisierung der Lkw-Maut ist etwas, das vernünftig ist. Es gibt Gruppierungen, die das anders sehen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Man kann ganz offen sagen, dass, wenn es darum gegangen ist, dafür zu sorgen, dass die externen Kosten einen größeren Bestandteil dieser Maut ausmachen, die FPÖ dagegen gestimmt hat. Man hat ja auch bei den Ausführungen von Herrn Abge­ordnetem Rauch gemerkt, dass das nicht wirklich das Interesse der Freiheitlichen ist. Das sollte man auch einmal anmerken, geschätzte Damen und Herren.

Was die Situation in Österreich betrifft, so meine ich, ist mit dieser Novelle schon etwas gelungen: Es ist gelungen, das System umzustellen, nämlich auf externe Kosten. Für mich ist das ein Schritt, das sage ich auch ganz offen, der zwar in die richtige Richtung geht, der aber noch verbesserbar ist, denn: Was ist beispielsweise auf europäischer Ebene überhaupt nicht gelungen, wofür hat es keine Mehrheiten gegeben? – Es hat keine Mehrheiten dafür gegeben, den CO2-Ausstoß in die externen Kosten einzu­berechnen. Es ist doch wirklich verrückt, wenn man auf der einen Seite meint, Klima­abkommen ja, unterzeichnen, die Europäische Union soll Nummer eins in der Bekämp­fung des Klimawandels sein – und dann gibt es parlamentarische Mehrheiten, die dafür sind, CO2 nicht einzuberechnen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und bei den Grünen.) Geschätzte Damen und Herren, das ist etwas, das meines Erachtens zu ändern ist!

Ich meine, es ist überhaupt in der Verkehrspolitik wichtig, europäisch zu denken. Wenn man die Brennerstrecke und den Transitverkehr auf der Brennerstrecke anschaut: Ich weiß jetzt nicht genau, wie lange die Brennerstrecke ist, das werden vielleicht 60, 70 Kilometer sein, wenn es viel ist, aber die Lkw fahren da von Hamburg bis Palermo. Wenn man da finanzielle Maßnahmen setzt, wenn man über Mauten diskutiert, so glaube ich, wird es am Ende nicht restlos gelingen, das so massiv zu beeinflussen, dass sich alles in unserem Sinne ändert. Da muss man wirklich europäisch agieren, europäisch denken und dafür sorgen, dass die nächste Wegekostenrichtlinie – und die ist in Ausarbeitung – es auf der ganzen Strecke ermöglicht, Kostenwahrheit so weit herzustellen, wie es möglich ist. Das ist meines Erachtens der erfolgreiche Weg.

Es ist schon erwähnt worden, durch die Umstellung setzen wir weiter auf Ökolo­gisierung, wir haben insgesamt mehr Mauteinnahmen, es gibt ein bisschen mehr Kostenwahrheit, aber es ist sicher nicht der letzte Schritt, geschätzte Damen und Herren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

19.04

19.04.22

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1215 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 207

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.04.5323. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1770/A(E) der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Leistungs­fähi­ges Internet für Hasendorf (1216 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1732/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Reformierung des Universaldienstes (1217 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 23 und 24 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


19.05.28

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Ja, der Antrag seitens der FPÖ, vom Herrn Hafenecker, zum leistungsfähigen Internet für Hasendorf bietet eine gute Gelegenheit, einerseits zu klären, wie groß Hasendorf ist, wo das liegt. Aber jetzt sehe ich den Kollegen Hafenecker gar nicht beziehungsweise ist von der FPÖ gar niemand in der Debatte zu Wort gemeldet. (Abg. Schimanek: Er ist krank und entschuldigt! – Abg. Moser: Das ist ein Hasenfuß, weil er sich nicht meldet!) Aber wie auch immer, der Antrag bietet eine gute Gelegenheit, heute zu debattieren, wie es um den Breitband­ausbau in Österreich steht.

Es ist keine Frage, es werden alle zustimmen, dass leistungsfähiges Internet eine wichtige und zentrale Säule eines leistungsfähigen Wirtschaftsstandortes ist und jedes Unternehmen, jedes klein- und mittelständische Unternehmen, jedes große, jedes Einpersonenunternehmen und selbstverständlich auch die Haushalte leistungsfähiges Internet brauchen.

Warum auch die Haushalte? – Sie kennen das von Ihren eigenen Ansprüchen: Vom Downloaden von Videos über die intelligente Haustechnik, über Bildungsprogramme bis zum Homeworking; es sind viele Anwendungsbereiche, die leistungsfähiges Internet in dieser Form notwendig machen.

Bei den klein- und mittelständischen Unternehmen – das kennen Sie insbesondere aus den Regionen – haben wir ein enormes Defizit. Wenn Sie sich die Vergleiche mit anderen Ländern anschauen, dann sehen Sie, dass Österreich beim sogenannten Network Index ganz klar hinten liegt, nämlich auf Platz 20. Da gilt es selbstverständlich aufzuholen, indem wir Ziele setzen, die dafür sorgen, dass Österreich in den nächsten Jahren entsprechend aufholt und unter den Top 5 landet.

Ja, das ist eine Herausforderung, insbesondere auch für die Bundesländer, und da komme ich gleich zur Umsetzung der Breitbandmilliarde. Da gibt es Mängel, die, wie ich glaube, dringend zu erheben sind. Es geht darum, zu eruieren, wo es denn hakt, woran es liegt, dass teilweise Fördergelder liegen bleiben, etwa wenn es um die Lehrrohrförderung geht, es aber andererseits Überzeichnungen beim „Access“ gibt.


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Hier muss es einerseits eine Evaluierung geben, andererseits müssen entsprechende Schritte gesetzt werden. Da wird es darum gehen, dass einerseits ein Technologiemix möglich gemacht wird – Glasfaser kombiniert mit dem mobilen Netz – und andererseits forciert wird, dass die Finanzierung sowohl öffentlich wie privat in Kombination erfolgen kann.

Aber es wird vor allem auch um eines gehen: Wir brauchen für die Bewältigung der Herausforderung der Digitalisierung, des digitalen Wandels in Wirtschaft und Gesell­schaft eine Digitale Agenda 2025. Daran müssen wir arbeiten und hier die ent­sprechenden Ziele und Maßnahmen festlegen und umsetzen. Diese digitale Kluft betrifft nämlich insbesondere die ländlichen Regionen, die dadurch massive Nachteile erleiden. Daran muss gearbeitet werden!

Herr Minister, das halte ich auch für eine der großen Herausforderungen in Ihrem Ressort. Es geht nicht nur um das Bekenntnis, ja, Breitband ist wichtig, sondern jetzt geht es um die möglichst schnelle Umsetzung, es braucht hier Tempo. Selbstver­ständlich ist das ein Bereich, den wir sehr gerne tragend mit unterstützen, damit es hier entsprechende Fortschritte gibt. (Beifall bei den Grünen.)

19.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Abg. Brosz: Welches Hasendorf ist das genau?)

 


19.09.47

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Das ist das Hasendorf bei St. Pölten, Bezirk St. Pölten. Aber anscheinend weiß bei der FPÖ nur Kollege Hafenecker, wo das wirklich ist, weil keiner von Ihnen heute dazu spricht. Oder was ist dafür der Grund? (Abg. Rädler: Der ist auf Hausbesuch in Hasendorf!) Sonst weiß anscheinend niemand, wo es ist. Hasendorf ist im Bezirk St. Pölten in Niederösterreich. (Abg. Deimek: Bezirk Tulln!) – Im Bezirk Tulln? Die St. Pöltener haben mir gesagt, Bezirk St. Pölten! Gut, Tulln, Entschuldigung! Als Steirerin habe ich es nicht so genau gewusst. (Abg. Deimek: Möglicherweise im Bezirk Liezen!) – Es ist nicht im Bezirk Liezen, aber die haben ähnliche Probleme, weil der Breitbandausbau, die Versorgung mit leistungsstarkem Internet natürlich überall wichtig ist, nicht nur in Hasendorf, sondern in ganz Österreich, vor allem in den ländlichen Regionen. Insofern verstehe ich natürlich auch die Sorge der Hasendorfer, dass sie vielleicht keinen Breitband­ausbau dorthin bekommen. Aber es gibt bis 2020 die Breitbandmilliarde, bis dahin soll der flächendeckende Ausbau geschafft sein.

Ich denke aber nicht, dass das das Hauptproblem ist, das wir haben. Kollegin Lichtenecker hat es schon kurz angesprochen: Es geht einerseits um die Schließung der digitalen Kluft, um eben auch die ländlichen Regionen zu erreichen, aber es geht auch darum, die Gesellschaft darauf vorzubereiten, was das bedeutet, was das Inter­net alles mit sich bringt. Die Digitalisierung, die schon in der Gesellschaft angekommen ist, ist ja nicht nur mit dem Netzausbau zu verbinden, sondern betrifft auch die Wirt­schaft, die Arbeitsprozesse. Es verändern sich dadurch Autos, Häuser, Kleidungs­stücke, die mit dem Internet verbunden werden, die gesamte Gesellschaft, die Be­reiche Gesundheit, Sicherheit. Alles verändert sich, und darauf müssen wir uns vor­bereiten.

Was uns derzeit in der EU sicher auch noch fehlt, ist der rechtliche Rahmen, damit die Nutzer und auch die Unternehmer genau wissen, was im Internet passieren darf und was nicht. Die Menschen müssen sich sicher sein können, dass die europäischen Regeln nicht nur für die eigenen Unternehmen gelten, sondern dass Datensicherheit und Konsumentenschutz auch dann gelten, wenn es sich um Internethändler oder Anbieter von Dienstleistungen handelt, wie zum Beispiel Airbnb, Google, YouTube et


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cetera, die aus den USA, Kanada oder China kommen. Auch da müssen die gleichen Regeln gelten, und da brauchen wir EU-weit sicher noch eine Antwort. Ich weiß, der Herr Minister ist sehr europaaffin und sieht das auch so.

Aber auch die Datenmengen, die auf uns zukommen werden, sind viel größer, als wir uns das jetzt noch vorstellen können. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Ich nenne nur ein Stichwort: selbstfahrende Autos.

Fakt ist: Anhalten werden wir den technischen Fortschritt ganz sicher nicht können, aber die Menschen müssen darauf vorbereitet sein, sie müssen wissen, was eine Cloud ist, wo die eigenen Daten gespeichert werden, was mit den Daten geschieht, die gespeichert werden. Verbieten können wir den Kindern und Jugendlichen ganz sicher nicht, dass sie auf Facebook oder auf Snapchat vertreten sind, das wäre auch ein Blödsinn. Man muss sie aber darauf hinweisen, welche Gefahren das Internet birgt, und dazu ist eine entsprechende Medienschulung, Medienpädagogik an den Kinder­gärten, Schulen, Universitäten, aber auch in den Unternehmen wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pock. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.13.25

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Über Hasendorf wurde schon viel gesagt (Ruf bei der ÖVP: Noch nicht genug!), ich glaube, auch schon genug. Es gibt mehrere Hasendörfer in Österreich, fünf Stück, um genau zu sein. (Heiterkeit. – Beifall bei Abgeordneten von NEOS, FPÖ und Grünen.) Wir wissen aber nur von einem, dass es nicht gut mit Internet versorgt ist.

Ganz im Ernst: Es ist ja eine Zuweisung. Ich möchte mich sowohl bei den Kollegen der ÖVP als auch der SPÖ bedanken, dass hier zugewiesen und nicht vertagt wurde, das weiß ich zu schätzen. Darüber hinaus möchte ich sagen, dass wir, soweit es uns möglich ist, dann im entsprechenden Ausschuss diesen Antrag ablehnen werden, aus einem ganz banalen Grund: weil hier explizit die Verbesserung für Hasendorf gefordert ist und aus unserer Sicht eine Ortschaft allein zu wenig ist. Wenn, dann braucht es eine breit angelegte Strategie, die auch hinterlegt sein sollte, und wir wollen jetzt nicht Antrag für Antrag und Ortschaft für Ortschaft durchgehen, sondern bevorzugen eine gesamtheitliche Arbeitsweise.

Zweiter Punkt: der Antrag, der von uns, konkret von mir, gestellt wurde, in dem es um eine Reformierung der Universaldienstordnung geht. Das halte ich für eine sehr konkrete Möglichkeit, die angesprochene Entbürokratisierung und Erleichterungen für Unternehmen rasch voranzutreiben.

Was ist in der Universaldienstordnung aus unserer Sicht zu reformieren? – Unter Punkt 4 – das ist im Telekommunikationsgesetz entsprechend hinterlegt – wird die „flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen an allgemeinen und jederzeit zugänglichen Standorten“ festgelegt. 2001 gab es eine Novellierung, in der man festgestellt hat, dass man in Zukunft diese flächendeckende Zurverfügungstellung der Telefonzellen unter Berücksichtigung der Abdeckung von Mobiltelefonen prüfen sollte. Das ist aber bis heute nicht geschehen.

Wie ist die Situation in Österreich? – Es gibt sozusagen eine 150-prozentige Netzab­deckung durch Mobilfunker – 100 Prozent wäre der Fall, wenn jeder Österreicher und jede Österreicherin ein Gerät besitzen würde –, gleichzeitig gibt es aber österreichweit flächendeckend Telefonzellen, die natürlich nicht kostendeckend sind, aber von den


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Telefonanbietern zur Verfügung gestellt werden müssen. Das macht man gerne, dort, wo es Sinn macht, wo die Abdeckung nicht gut genug ist, wo die Möglichkeit für Notrufe gewährleistet sein muss, aber der Wunsch des Antrags ist, das zu prüfen. Da geht es um einige Millionen Euro jährlich, die wir den Unternehmern aus der Tasche ziehen und die wir derzeit nicht gut begründen können.

Ich bitte um Ihre Unterstützung im Ausschuss. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

19.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Jarolim: Ist der Bürgermeister von Hasendorf unter uns? – Abg. Moser: Da gibt es keinen Bürgermeister! Das ist eine Katastralgemeinde!)

 


19.16.10

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir machen heute Werbung für Hasendorf, aber ich glaube, wir sollten diesen Antrag so verstehen, dass wir im Auftrag von 2 354 öster­reichischen Gemeinden leistungsfähiges Internet einfordern und das Internetangebot weiterentwickeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Es werden ja derzeit beträchtliche Mittel aus der Breitbandmilliarde, aus Landes­för­derungen und Gemeindeförderungen eingesetzt, um das Breitbandangebot auszu­bauen. Aus meiner Sicht gibt es zwei Herausforderungen: einerseits, dass die Koor­dination funktioniert, um die unterschiedlichen Anbieter und die unterschiedlichen Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden zusammenzuführen, und als Zweites, dass die Fördergelder effizient und bedarfsorientiert eingesetzt werden.

Aus meiner Sicht sollte der Breitbandausbau zukünftig laufend evaluiert werden. Derzeit stehen wir nämlich bei 80 Prozent Anschlussgrad mit 2 Megabit Minimum, und in Zukunft soll das auf 50 bis 100 Megabit gesteigert werden.

Es geht darum, dass wir die digitale Kluft zwischen den Ballungsräumen und den ländlichen Regionen schließen. Es geht um eine wichtige und zukunftsorientierte Infrastruktur, wo Qualität, Betriebssicherheit und Leistbarkeit entscheidend sind. Wir stehen dem offen gegenüber, aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir hier geschlossen auftreten und im Sinne von Fairness und Gleichberechtigung alle Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft mit einschließen und uns gemeinsam für sie einsetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.17

19.17.55

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Verkehrs­ausschusses, seinen Bericht 1216 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 1770/A(E) dem Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie zu.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Ver­kehrsausschusses, seinen Bericht 1217 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 211

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 1732/A(E) dem Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie zu.

19.18.4825. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1482/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „IG-Luft Geschwindig­keitsbeschränkungen auf Bundesstraßen – Verlagerung in Bundeskompetenz“ (1218 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte schön, Herr Abgeord­neter.

 


19.19.08

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie uns zuschauen! Sie haben sich sicher auch schon einmal über diesen Lufthunderter geärgert, wenn es geregnet hat, wenn die Witterung so war, dass man normalerweise keinen Lufthun­derter einschalten sollte. In Salzburg gibt es sogar einen Luftachtziger. Sie haben sich dann wahrscheinlich noch mehr geärgert, wenn Sie dort die Geschwindigkeit etwas überschritten haben und dann im Vergleich zur Strafe für das normale Verkehrsdelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung die doppelte Strafe zahlen mussten.

Das hat folgenden Grund: Bei diesem Lufthunderter kassiert der Straßenerhalter die Hälfte, also die normale Strafe, und dann kommt dieselbe Strafe noch einmal dazu. Diese kassiert dann das Bundesland, das diesen Lufthunderter eingeschaltet hat.

Mich ärgert das, und ich höre das von vielen Menschen, die beruflich sehr viel mit dem Auto auf der Autobahn unterwegs sind. Die Autobahnen sind ein höherrangiges Straßen­netz, weshalb man eigentlich schneller fahren können sollte; deswegen machen wir die Autobahn. Es ist auch für die Wirtschaft interessant, dass die Menschen flott unterwegs sind und dass sie schnell von A nach B kommen. (Beifall des Abg. Doppler.)

Es ist auch so, dass der Bund, die Bundesregierung beziehungsweise wir als Gesetz­geber, sehr viel Steuergeld in den Ausbau dieser Straßen gesteckt hat. Sie haben eine Bauartgeschwindigkeit von 180 km/h. Man könnte ohne Weiteres 180 km/h auf diesen Autobahnen fahren, und dann ärgert es umso mehr, wenn man halt 80 km/h oder 100 km/h fährt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Walser und Öllinger.)

Lassen wir uns das einmal auf der Zunge zergehen! Ich habe mehrere Anfragen an den zuständigen Minister gestellt, weil ich immer wieder feststellen musste, dass bei Regenwetter, bei dem diese Luftemissionen meiner Ansicht nach nicht so belastend sein können, wieder diese Lufthunderter eingeschaltet worden sind, vorwiegend in Bundesländern, in denen die Grünen mit in der Landesregierung sind. (Die Abgeordneten Walser und Öllinger: Ja, genau!) Und dann wissen wir natürlich schon, woher der Wind weht.

Wir haben die Situation, dass diese Antiautofahrerpartei, die natürlich alles verbieten und alles mit Strafe belegen und möglichst viel Geld vom Autofahrer kassieren will, obwohl er ja schon genug bezahlt, dort halt wieder einmal ihre Macht missbraucht. (Heiterkeit bei den Grünen. – Beifall des Abg. Steinbichler.) Das ist das, was mich


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ärgert, und deshalb habe ich diesen Antrag eingebracht, damit den Ländern diese Kompetenz entzogen und wieder dem Bund zugewiesen wird, der das meiner Ansicht nach wesentlich objektiver macht als grüne Landesräte.

Meine Damen und Herren! Das ist der Sinn und Zweck dieses Antrags. (Abg. Öllinger: Wir haben es schon verstanden!) Es geht nämlich nicht an, dass wir eine Straße haben, um schnell von A nach B zu kommen, und dann unter irgendeinem Vorwand nicht nur abkassiert werden, sondern dieser Lufthunderter missbräuchlich einge­schaltet wird.

Das Interessante war ja: Ich habe hier vor ein paar Monaten – es ist, glaube ich, zwei Monate her – über dieses Thema, über diesen Lufthunderter in Oberösterreich, dis­kutiert. Es war hochinteressant, dass mich ein paar Tage später die Leute ange­schrieben und angerufen und gesagt haben: Ein Wunder ist geschehen! Seit Jahren ist der Lufthunderter durchgehend aktiv, und siehe da: Wenn es regnet, ist er plötzlich nicht mehr da! – Da ist schon klar, dass das bewusst gesteuert worden ist. (Abg. Brunner: Also keine Geschwindigkeitsbegrenzung mehr in Österreich!) Und mir kann auch niemand erzählen, dass das wirklich mit den Luftemissionen zusammenhängt.

Denken Sie einmal nach: Wenn Sie in Oberösterreich vom Knoten Haid bis Steyr fahren, haben Sie den Lufthunderter, und dann kommen Sie nach Niederösterreich, und siehe da – dort ist der Lufthunderter plötzlich nicht mehr notwendig! Und dann gibt es noch ganz sinnvolle Lufthunderter wie in Vorarlberg auf der Rheintal Autobahn. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Der geht nämlich über genau zwei Kilometer, der ist immer aktiv, Tag und Nacht.

Das sind Regeln, mit denen man hier eine Politik macht, mit der man vorgaukeln will, dass man ja so umweltschonend ist. (Abg. Walser: Machen wir es durchgehend!) Und das findet nur statt, um grüne Politik durchzusetzen und die Autofahrerinnen und Autofahrer zu sekkieren und abzukassieren.

Meine Damen und Herren, das gehört abgeschafft! Deswegen gehört diese Ver­antwortung in Bundeskompetenz, damit dieses Schindluder, das da getrieben wird, endlich zu Ende ist. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bacher. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.23.59

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Im vorliegenden Antrag und auch hier vom Pult aus hat Kollege Hagen kritisiert, dass der Gesetzesvollzug bezüglich Immissionsschutzgesetz-Luft womöglich politisch motiviert und überall dort aktiv wäre, wo Grüne in der Landesregierung sind. In meinem Bundesland, in Salzburg, haben wir Grüne in der Landesregierung, und wir haben auch den Lufthunderter (Abg. Hagen: Luftacht­ziger!) – und -achtziger, wie du gesagt hast, zwischen Golling und Salzburg, und ich habe mir jetzt ein bisschen genauer angeschaut, wie das funktioniert.

Von der Asfinag habe ich mir sagen lassen und es selbst überprüft: Die Luftmess­stelle des Landes Salzburg übermittelt halbstündlich die gemessene Schadstoff­belastung an die Asfinag. Diese Werte werden mit den Verkehrsdaten kombiniert und ergeben dann bei Überschreitung eines gewissen Wertes die Anforderung, die IG-Luft-Schaltung zu aktivieren. Das passiert übrigens nicht, wie Kollege Hagen im Ausschuss und auch hier angedeutet hat – liebe Grüne, verzeiht mir jetzt den Ausdruck –, durch ein böses grünes Manderl (die Abgeordneten Öllinger und Walser: Oh ja!), das irgendwo sitzt und dann draufdrückt und den Hunderter aktiviert. Und das


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passiert schon gar nicht durch irgendeinen bösen, womöglich auch grünen Mitarbeiter bei der Asfinag, sondern es passiert schlicht und einfach automatisch aufgrund der gemessenen Werte. (Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Nun frage ich mich, welche Motivation womöglich hinter diesem Antrag steht, und auch im Anfragenvorlauf, den du gemacht hast und auch selbst angesprochen hast, ist es immer nur um das Thema Geschwindigkeit gegangen. Und das kann eigentlich nicht das Ziel sein, denn das wahre Ziel, das eigentlich hinter dem IG-Luft steht, ist, dass man gezielte Maßnahmen setzt, um die Gesundheit der Menschen, der Tierwelt und der Pflanzenwelt zu schützen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Und dazu ist es eben notwendig, die Emissionsgrenzwerte für Stickstoffoxide mit wirksamen Mitteln zu senken. Eine Maßnahme dafür ist eben auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung.

Dieser Zugang fehlt mir bei deinem Antrag, Kollege Hagen, und deswegen müssen wir ihn ablehnen, denn unser oberstes Ziel muss sein, gesundheitsschädliche Schadstoffe, die in erster Linie auf den Kfz-Verkehr zurückzuführen sind, zu reduzieren und damit auch künftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt zu ermöglichen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

19.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Hagen – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Rädler –: Dass du jetzt ja nichts Falsches sagst! – Abg. Brosz: Wenn wir jetzt da auch noch klatschen müssen …! – Abg. Rädler: Dein Wille geschehe!)

 


19.26.14

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hagen! Die Luft ist draußen. Du warst selbst, glaube ich, noch in der FPÖ in Vorarlberg, als Schwarz-Blau in Vorarlberg diesen Lufthunderter beschlossen hat. Hast du das heute vergessen? – Ich weiß es nicht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) – Das zur Verteidigung der Grünen.

Aber ich glaube, um darüber zu reden, dass man Länderkompetenzen jetzt auf Bundesebene überträgt, ist nicht der richtige Zeitpunkt. Oder bist du ein Zentralist? – So habe ich dich eigentlich nicht eingeschätzt.

Aber in diesem Zusammenhang fällt mir natürlich ein: Einer deiner damaligen Partei­kollegen – ich weiß nicht, ob er dein Parteikollege war oder nicht, du warst in so vielen Parteien –, Gorbach (Abg. Öllinger: Spitzenmann!), ist ja dafür eingetreten, dass man überhaupt von Vorarlberg bis nach Wien 170 bis 180 km/h freigibt. (Ruf: 160!) – 160, ja.

Also zunächst einmal, das wurde noch nicht gesagt: Die Feinstaubbelastung sinkt, der NOX-Ausstoß steigt, und das hat mit der Geschwindigkeit zu tun. Ja, Herr Kollege Steinbichler, das hat mit der Geschwindigkeit zu tun. Zuhören!

Also damit wären wir wieder bei Gorbach. (Ruf: Guter Mann!) Und daher würde ich dir raten, für die nächste Rede und auch für die Anträge einen anderen Anlass zu finden. Dieser Antrag war nicht passend.

Aber da wir bei den Länderkompetenzen sind und bei der gestrigen Debatte einiges so stehen geblieben ist – leider habe ich nur mit Zwischenrufen antworten können (Heiter­keit bei FPÖ und Grünen – Abg. Deimek: Ein Tag ohne Zwischenrufe von Rädler ist wie ein Tag ohne Sonne!) –, komme ich jetzt zurück zu einer besonderen Situation, zu einem Kernthema, das ja, glaube ich, zur Stunde im Burgenland beim burgenlän­dischen Spargelessen behandelt wird, nämlich zur Mindestsicherung, die dort zwi­schen Kern und Strache besprochen wird, und zu der Frage, ob man auch eine Arbeitszeitverpflichtung in die Diskussion einbringen könnte, wie es Sobotka gesagt


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hat. (Abg. Katzian: … morgige Zeitung!) – Bitte? Die morgige Zeitung? – Heute in der „Kronen Zeitung“ gelesen!

Aber in Wirklichkeit geht es um etwas anderes. Schau, Herr Kollege Katzian, ich werde dir etwas sagen; und insbesondere auch der Kollegin Königsberger-Ludwig, die da gestern eine Position eingenommen hat (Abg. Königsberger-Ludwig: Das darf man aber schon noch, oder?), und den Kollegen Schwentner, Brosz, Loacker, Holzinger, Kucharowits folgende Botschaft:

„Wenn im selben Dorf ein pensionierter Maurer 1040 Euro verdient und seine Frau keine Pension erwarb, weil sie Kinder großzog, dafür ein Arbeitsloser 838 Euro und seine Lebensgefährtin 600 Euro Mindestsicherung beziehen, ist das rational nicht mehr zu erklären.“ (Abg. Schwentner: Nein, weil dann verdienen sie zu wenig!) „An dem Punkt sagen ehemalige Kernwähler,“ – Noch-Kernwähler – „wir vertreten sie nicht mehr. Das wird in abgehobenen Politikzirkeln“ – die ich angesprochen habe – „nicht gesehen. (…) Viele Sozialdemokraten haben das Ohr nicht mehr bei den Menschen. Sie sollten besser zuhören, was die Leute im Wirtshaus so denken. Man muss ja nicht jeden Tag hingehen.“ (Abg. Brosz: Ist jetzt bunte Stunde, oder wo sind wir da?) – Das trifft auch Sie, Herr Kollege Brosz. Aber Sie wissen, von wem das ist: Norbert Darabos im „profil“, in Stein gemeißelt. (Beifall bei der ÖVP.)

19.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.30.00

 


Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rädler, ich glaube, beim Schlusssatz hat sich niemand mehr ausgekannt, was du gemeint hast, weil einfach der Zusammenhang gefehlt hat. Lieber Freund, so schaut es aus. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieser Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Hagen, „IG-Luft Geschwindig­keits­beschränkungen auf Bundesstraßen – Verlagerung in Bundeskompetenz“, hat schon etwas Wahres an sich: dass auf vielen Bundesstraßen und Autobahnen Ge­schwindigkeitsbegrenzungen eingeführt werden und man das IG-Luft zum Vorwand nimmt.

Man sollte sich einmal genau ansehen, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich habe zuerst noch kurz mit Herrn Kollegen Klinger gesprochen –, auch du, Herr Kollege Walter Bacher, wo die Messstellen angebracht sind, lieber Walter, wo Luft und Abgase gemessen werden. Ich glaube, dass sie völlig falsch angebracht sind: gegen die Windrichtung und dergleichen mehr. Das ist nicht in Ordnung. Ich erinnere an die sechsspurige Stadtautobahn in Salzburg, lieber Walter. Da wird getrickst, dass sich die Balken biegen. Da gibt es Unfallberichte. Da geht man auf einmal her und sagt: Ein Blechschaden ist kein Unfall. Das kannst du mir bestätigen, oder?

Ich weiß, dass es ein Unfall ist, wenn zwei Autos zusammenstoßen. Hoffen wir, dass keine Menschen betroffen sind! Die Unfallzahlen stimmen bei Weitem nicht, und es gibt dazu ein Gutachten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dieses Gutachten besagt, dass die Unfallzahlen seit diesem Lufthunderter (Ruf bei der SPÖ: Achtzig!) – 80, 100, 80, 100 – gestiegen sind. Das ist so. Und jeder, der dort oft fährt, kennt die Gefahren: Ein Pkw ist eingezwickt zwischen zwei Lkws, Spurwechsel hin und her – die Gefahren sind enorm, meine Damen und Herren.

Ich glaube, dass da immer wieder nicht die Wahrheit gesagt und dieses IG-Luft vor­geschoben wird. Und die Tatsachen sind schon so: Es wird da nichts anderes betrie-


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ben als eine massive Abzocke der Autofahrer. Bei uns in Salzburg sind viele Pendlerinnen und Pendler betroffen, die beschweren sich massiv.

Es hat niemand Tempo 180 gefordert, wie jemand von den Grünen, ich glaube, Karl Öllinger, unterstellt hat. Nein, lieber Karl, die Tatsachen sind so: Wenn wir 100 km/h fahren können, sind wir zufrieden. Aber diese ständigen Wechsel sind eine Gefah­renquelle, dass man seinesgleichen suchen muss. (Abg. Königsberger-Ludwig: Ihresgleichen!)

Herr Minister Leichtfried, ich habe Ihren Vorgänger schon gebeten, dass man vielleicht darauf einwirken kann, dass dieser Lufthunderter in Salzburg abgeschafft wird. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

19.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Ing. Schellenbacher gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.32.55

Abgeordneter Ing. Thomas Schellenbacher (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte meinen Beitrag leisten, um dieses Thema zu entmystifizieren. Ich muss auch in die Kerbe des Kollegen Bacher schlagen. Ich bin mir ganz sicher, denn ich habe selbst einen Teil der Anlagen gebaut: Kein grüner Landesrat und kein schwarzer Landeshauptmann schaltet irgendwie in der Zentrale in Inzersdorf den Lufthunderter an, sondern die Anlagen funktionieren in fünf Bundesländern mit einem System, einem Algorithmus.

Daher ist auch nicht nur die Messstelle so wichtig, sondern es werden von den Verkehrsbeeinflussungsanlagen die Daten des tatsächlichen Verkehrsaufkommens zusammengesammelt – von Lkws, Pkws, Bussen und Motorrädern. Dazu werden dann die Umfelddaten, die Wetterstationen gemessen, mit einem eigenen Programm wird der Wind gemessen, und darüber hinaus gibt es abseits der Autobahnen die dezen­tralen IG-Luft-Sanierungsstationen.

Daher ist absolut sichergestellt, dass diese Schaltungen ordnungsgemäß funktionieren. Das Einzige, was aus meiner Sicht verbesserungswürdig ist: Es geht nicht um die Kompetenz, aber die Bundesländer legen einen Schwellenwert fest. Der Schwellenwert ist ein Teil dieses Algorithmus. In Tirol haben wir überhaupt dynamisch Tempo 100 – da gibt es diesen Schwellenwert nicht. In Oberösterreich auf der A1 haben wir einen Schwellenwert von 35, da sind wir, kombiniert mit der Verkehrsbeeinflussungsanlage, bei ungefähr 70 Prozent Tempo 100. Das heißt zwar 50 Prozent durch die IG-Luft, aber 20 Prozent durch die Verkehrsbeeinflussungsanlage und das damit verbundene Stau- und Verkehrsaufkommen bei der Umfahrung Graz. Auf der A2/A9 haben wir eine Hunderterhäufigkeit von 30 bis 50 Prozent. Also das ist eigentlich das Gebiet, wo man am schnellsten fahren kann.

Die Asfinag dokumentiert das eigenständig mit einem Monitoring. Und hier im Großraum Wien hat man überhaupt auf die Anlage der IG-Luft verzichtet. Hier gibt es die Verkehrsbeeinflussungsanlage, und man fährt die normale, verordnete Geschwin­digkeit.

Mein Vorschlag, was wesentlich zu verbessern wäre, ohne dass dabei ein Grenzwert überschritten wird, lautet: Die Schwellenwerte könnten angehoben werden, denn die Reserve, bis die Anlage der IG-Luft anschlägt, ist oft 20, 30 Prozent. Ein etwas höherer Schwellenwert würde die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs verbessern, weil man eben öfter 100 km/h fahren kann.

Und was wirklich essenziell ist – dieses Thema hat Herr Kollege Bacher ange­sprochen –, ist der Messzyklus von einer halben Stunde. Wenn ich heute in Graz einen


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Autobus starte und dieser an einer Stelle steht, die wirklich günstig ist, um eine Schaltung auszulösen, aber nach drei Minuten schon weg ist, habe ich bei einem Schaltrhythmus, bei einem Messzyklus von einer halben Stunde eine Stunde Tempo 100. Der Bus ist nach drei Minuten weg, man könnte wieder 130 fahren.

Die Asfinag hat lauter gleiche Anlagen geschaffen; diese sind dynamisch. Wenn man diesen Schaltzyklus und Messzyklus verkürzt, dann könnte man, ohne dass die Umwelt leidet, ohne dass irgendetwas Nachteiliges hinsichtlich Feinstaub et cetera passiert, viel öfter 130 fahren. Meine Bitte wäre, dass man das vielleicht berück­sichtigt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


19.36.49

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Zum Thema IG-Luft: Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgrund des IG-Luft wurden bisher in den Landesgesetzblättern sowie örtlich durch entsprechende Hin­weis­schilder kundgemacht. Der Gültigkeitsbereich umfasst Bundesstraßen, Auto­bahnen sowie Schnellstraßen.

Wenngleich sich der Entschließungsantrag mit der Kundmachung befasst und diese künftig per Bundesgesetzblatt angestrebt wird, ist darauf zu verweisen, dass eine amtliche Kundmachung sehr wohl erforderlich ist, jedoch davon ausgegangen werden muss, dass diese lediglich von einem geringen Teil der Verkehrsteilnehmer gelesen beziehungsweise wahrgenommen wird.

Für die Verkehrssicherheit von Bedeutung ist hingegen eine sinnvolle, den örtlichen Verhältnissen angepasste Verordnung. Verordnungen des IG-Luft sind der tatsäch­lichen Luftgüte beziehungsweise dem Verkehrsaufkommen, also auch dem Schadstoff­ausstoß entsprechend umzusetzen.

Zu berücksichtigen ist, dass bei höheren Geschwindigkeiten durch eine bessere Verbrennung und entsprechende Wahl des Ganges durch einen geringeren Schad­stoffausstoß eine geringere Luftbelastung zu erwarten ist.

Bei zahlreichen Verordnungen des IG-Luft besteht jedoch der Eindruck der Abzocke, dies insbesondere beim Beispiel der dreispurigen West Autobahn im Stadtbereich von Salzburg. Dort ist bei Tempo 80 eine Zunahme an Verkehrsunfällen zu verzeichnen, deren Ursache erwiesenermaßen in der Geschwindigkeitsbegrenzung liegt.

Verkehrsleiteinrichtungen sind, wie sich zeigt, sinnvoll einzusetzen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


19.38.50

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Leichtfried! Hohes Haus! Es wurde eingangs dieser Debatte der Ärger erwähnt, wenn jemand zu schnell fährt und eine Strafe bezahlen muss. Ich kann verstehen, dass das ein Grund für Ärger ist. Ich kann auch verstehen, dass jemand gerne schneller mit dem Auto fahren möchte. Auf der anderen Seite gibt es auch eine Sorge. Diese wird manifest, wenn ich im Winter von Kinderärztinnen und -ärzten höre: Unsere Praxen sind voll, weil kleine Kinder Asthma oder Bronchitis haben.


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Diese Sorge verstärkt sich, wenn ich erfahre, dass es in Österreich im Schnitt 7 000 vorzeitige Todesfälle aufgrund der Luftverschmutzung gibt. Also es geht hier gar nicht um Umweltschutz – nicht nur –, sondern vor allem um Gesundheitsschutz.

Und ich denke, wir als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger müssen Interessen abwägen. Das ist unser Job.

Jetzt kann es das Interesse geben, ich möchte schneller fahren – okay. Es gibt auch das Interesse der Sicherheit im Verkehr, das spricht, glaube ich, gegen höhere Geschwindigkeiten. Und dann gibt es das Interesse der Gesundheit, vor allem von Kindern, von alten Menschen, aber auch von uns allen. Für mich ist klar, welches Interesse einfach sticht. (Beifall bei den Grünen.)

Niemand verordnet einen Lufthunderter oder -achtziger einfach aus Spaß, sondern wir haben erklärt bekommen, was da alles dahintersteht. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Erstens müssen wir das Vorsorgeprinzip gelten lassen, um eben gesundheitliche Beeinträchtigungen und frühzeitige Todesfälle zu vermeiden.

Zweitens gibt es auch ein Recht der BürgerInnen auf eine gesunde Umwelt, auf sau­bere Luft. Einige BürgerInnen versuchen auch, sich das zu erstreiten, weil einzelne Länder zu wenige Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von BürgerInnen setzen.

Drittens haben wir einfach auch gültiges Recht einzuhalten. Es laufen Vertragsver­letzungsverfahren gegen Österreich, nicht nur, was Feinstaub, sondern auch, was Stickoxide angeht. Also haben wir hier umfassenden Handlungsbedarf. Die Kompetenz liegt bei der Luftgüte ohnehin auf Bundesebene. Zuständige oberste Behörde ist der Umweltminister, dieser müsste auch einschreiten, wenn zu wenige Maßnahmen gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund finde ich auch die Kompetenzfrage nicht für geeignet.

Wir werden den Antrag ablehnen und uns weiterhin dafür einsetzen, dass genügend Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung gesetzt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Abg. Steinbichler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Da siehst du, was so ein Kampel für eine Kondition hat!)

 


19.41.37

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Zur laufenden Diskussion, die ich mit großem Interesse verfolge: Vielleicht liegt es nicht an der Lustigkeit, Herr Kollege Öllinger, sondern an der Ernsthaftigkeit, weil ich wirklich viel auf der Straße bin.

Ich darf Folgendes sagen: Wenn ich mir die Anfrage anschaue – die hast du, glaube ich, nicht gelesen; wir haben zwei Anfragen gestellt, eine an den Herrn Verkehrs­minister und eine an den Herrn Umwelt- und Landwirtschaftsminister –, muss ich sagen, da sind sehr berechtigte Fragen enthalten, weil wir natürlich etwas verbessern wollen. Die Rede des Kollegen Hagen müsste bereits zu denken geben: Was wird mit diesen Daten gemacht? Werden diese Daten verwertet? Warum wird denn der evaluierte Bericht nicht veröffentlicht?

Es funktioniert ja nichts! Man redet von einem Gesetz, der Landeshauptmann versteckt sich hinter dem Bund, denn verordnen, Frau Kollegin Brunner, tut der Landes­haupt­mann, es ist ein Erlass des Landeshauptmannes. Das möchte ich jetzt schon einmal wissen, diese Verkehrsexperten möchte ich persönlich sprechen. (Zwischenruf der


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Abg. Brunner.) – Frau Kollegin Brunner, ich habe dir auch zugehört! (Abg. Rädler: Dann heißt es immer, ich schreie hinein!)

In der Beantwortung des Umweltministers heißt es, Ziel der IG-L-100-Verordnung ist es, die Schadstoffemissionen zu reduzieren und zusätzlich die Verkehrssicherheit zu erhöhen, das heißt niedriges Unfallaufkommen. Und ich behaupte, genau das Gegenteil ist der Fall, denn es gibt nichts Unangenehmeres für Autofahrer, als im Stau zu fahren. (Zwischenruf des Abg. Willi.) Das ist also eindeutig zu widerlegen. (Abg. Pirklhuber: Leo, du hast nichts verstanden!)

Eine geringere Lärmbelastung: Das widerlege ich genauso, denn ich bin fünf Jahre lang Lastwagen gefahren, und ich fahre täglich mit dem Pkw. Ich garantiere dir, Frau Kollegin, es gibt nichts Lauteres, als ständig im Stau vom Stand wieder wegzufahren, wieder 3 Meter zu fahren, Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Und ich behaupte, dass auch die Umweltbelastung eine wesentlich höhere ist, als wenn man mit zügigem Verkehr durchfährt.

Eine Erfahrung darf ich auch sagen – und den Verkehrsexperten zeigt ihr mir auch noch; der bestätigt das –: dass wir, seit wir den Hunderter in Linz haben, Staus haben, vorher haben wir keine gehabt. (Abg. Pirklhuber: Das ist ein Blödsinn!) – Herr Kollege Pirklhuber, das ist so! Seit dieser verordnete Hunderter ist, haben wir in der Früh zwischen 6.30 Uhr und 8.30 Uhr Staus, und dann nicht mehr, dann ist der Verkehr wieder zügig. Und das sagt mir der Hausverstand, dass, wenn ein zügiger Verkehr mit 130 km/h ist, weniger Lärmbelastung, weniger Luftbelastung und weniger Unfallrisiko ist.

Deshalb ist es gescheit, wenn das vom Bund her verordnet wird. Deshalb haben Kollege Schmid und Kollege Doppler recht, die von Abzocke gesprochen haben. Ich bin der Meinung, man sollte solch künstliche Hürden so schnell wie möglich beseitigen. Man tut damit niemandem etwas Gutes. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.44.45

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich oute mich jetzt zu Beginn meiner Stellungnahme als lebende Gegenthese zum Herrn Abgeordneten Hagen. Ich war nämlich selbst einer, der für diesen IG-L-Hunderter in der Steiermark verantwortlich war, war aber nicht Angehöriger einer grünen Landesregierung, sondern einer ande­ren. Das heißt, die erste These, dass ausschließlich grüne Landesregierungen da sehr aktiv sind, ist einmal, glaube ich, nicht richtig. (Abg. Hagen: Vielleicht grün ange­haucht!)

Das Problem stellt sich in zweierlei Dimensionen dar, und das entspricht auch Ihrem Antrag, Herr Abgeordneter.

Das Erste ist, ob der Hunderter etwas bringt. Man kann da jetzt den gesunden Hausverstand bemühen, man kann über irgendwelche Theorien philosophieren oder man kann schauen, was passiert ist. Und wenn man schaut, was passiert ist, dann muss man eindeutig sagen, dass dieser IG-L-Hunderter im Bereich des Feinstaubs funktioniert hat. Es ist in der Steiermark – und der Großraum Graz ist ein besonders schwieriges Gebiet, was Feinstaub betrifft – mit diesem Hunderter und mit einigen anderen Maßnahmen, insbesondere mit dem Anschluss an die Fernwärme und einigen Zusatzmaßnahmen, gelungen, in kleinen Schritten das Feinstaubproblem so weit zu reduzieren, dass man bei guter Wetterlage in Graz keine Feinstaubprobleme mehr hat


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beziehungsweise nicht mehr über die Grenzwerte kommt. Wenn das Wetter nicht passt, kommt man noch drüber, das heißt, man muss weitermachen, weiter versuchen, Feinstaub zu reduzieren, um am Ende eine gesündere Luft für die Menschen zu haben. Ich glaube, das ist das Ziel, das dahintersteckt, und es ist das auch das wichtigste Ziel. Es geht in dieser Frage Gesundheit vor Tempo, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aufgrund dieser Bemühungen ist es auch gelungen, dass die Europäische Kommission das Feinstaubverfahren eingestellt hat. Ich denke, das war eine gute Entscheidung, und es konnten jetzt auch in der Steiermark, beispielsweise in der Obersteiermark, Gefährdungszonen wieder aufgehoben werden. Das heißt, dort gibt es keine Geschwindigkeitsbeschränkungen mehr, weil es gelungen ist, den Feinstaub so weit zu bekämpfen, dass das nicht mehr notwendig ist. (Zwischenruf des Abg. Walter Rauch.)

Es wäre aber trotzdem noch Folgendes zu bedenken: Es gibt jetzt ein zweites Verfahren gegen Österreich, und dieses zweite Verfahren betrifft NOx. NOx ist ein Schadstoff oder ein Luftbestandteil, der fast ausschließlich dem Straßenverkehr zuzuschreiben ist und wo es massive Reduktionen gibt, wenn man beispielsweise von Tempo 130 auf 100 reduziert. Das ist natürlich etwas, was dafür sorgen wird, dass es diesen IG-L-Hunderter weiter geben muss.

Da ist es egal, ob es regnet oder nicht, NOx wird immer ausgestoßen. Man kann also auch nicht sagen, wenn es regnet, ist es nicht notwendig. Ja, wenn es regnet, muss es genauso sein, denn wenn es regnet, fahren genauso viele Autos, wenn nicht sogar mehr, geschätzte Damen und Herren. Deshalb ist auch dieses Regenargument meines Erachtens mehr als an den Haaren herbeigezogen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Der zweite Punkt ist die Frage, ob die Zuständigkeit besser dem Bund übertragen werden sollte. – Ich meine nicht. Ich meine deshalb nicht, weil wir erstens in einem föderalistischen Staat leben, und wenn man schon eine föderalistische Republik ist, ist der Föderalismus schon auch ernst zu nehmen, geschätzte Damen und Herren, denn sonst können wir uns den Föderalismus am Ende überhaupt ersparen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Das Zweite, das ich dazu auch anmerken möchte, ist schon, dass dieser Föderalismus ja nicht aus Jux und Tollerei geschaffen wurde, sondern das Subsidiaritätsprinzip, das diesem Föderalismus innewohnt, ja Sinn macht. Es sollen die Dinge dort entschieden werden, wo sie am besten entschieden werden, wo man sich am besten auskennt, wo man die Verhältnisse kennt und wo man auch weiß, was zumutbar ist und was nicht, und am Ende auch mit den Ergebnissen leben muss. Und das ist gerade in dieser IG-L-Frage meines Erachtens sehr der Fall, und deshalb würde ich meinen, dass die Situation, so, wie sie ist, eine bessere ist, als sie im Antrag dargelegt ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

19.49

19.49.02

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1218 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


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19.49.2926. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1144 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Musterschutz­gesetz 1990 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (1204 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über den Antrag 1675/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Patentierung von Pflanzen und Tieren (1205 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 und 27 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


19.50.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Zwei Punkte, die heute dabei von Interesse sind: Das Erste ist die sogenannte Neugestaltung rund um das Patentamt. Das ist schon eine etwas längere Geschichte. Um 2011/2012 herum hat die damalige Ministerin Bures angefangen, das dort neu zu strukturieren, und damals konnte man noch davon ausgehen, dass es eine ähnliche Bewegung gibt wie in den Jahren davor bei der ACG, das heißt eine komplette Auslagerung.

Es gab daraufhin auch im Jahre 2012 oder 2013 einen Rechnungshofbericht, der sich der ganzen Sache im Detail angenommen hat und mehrere Punkte für dieses Konzept empfohlen hat. Das Sonderbare war, dass man diese Punkte, die vor allem für die finanziellen Folgen für die Republik und vor allem auch für die Kunden nicht uninter­essant sind, nicht berücksichtigt hat, sondern – und so scheint es uns – sich in die genau entgegengesetzte Richtung bewegt hat.

Man ist jetzt so weit, dass man sagt, das Ganze, und zwar sowohl der amtliche Teil, also der hoheitliche Teil, als auch der teilrechtliche Teil, wird jetzt wieder ins Minis­terium gegeben. Das bedeutet aber eine Erhöhung der Zahl der Planstellen, also mehr Ausgaben, als man ursprünglich erwarten konnte, und das bedeutet aber auch zu­sätzlich keine Einsparungen.

Wenn man sich das Rechnungshofpapier ansieht und vergleicht, was jetzt gemacht werden soll, dann sieht man, es fehlt eigentlich eine vernünftige Geschäftsfeldstrategie, davon abgeleitet ist dann auch ein Businessplan nicht vorhanden. Wir reden immer in den allgemeinen Sonntagsstatements – nicht nur die Bundesregierung, auch allgemein die Regierungsparteien – von einer Entbürokratisierung. Auch das ist nicht wirklich merkbar.

Und jetzt fragen wir uns: Gibt es überhaupt so etwas wie – im Regierungsprogramm steht es drinnen – eine nationale Strategie für die Intellectual Property Rights, für die Patente, für das geistige Eigentum? (Zwischenruf des Abg. Mayer.) Wir glauben, dass es nämlich genau das nicht gibt. Wenn es das geben sollte – und das steht diametral zu den Empfehlungen des Rechnungshofs –, dann hat der offensichtlich irgendetwas anderes geprüft oder es gibt so große Erkenntnisse, die dem Rechnungshof verborgen


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geblieben sind, oder, woran wir auch schon gedacht haben, aber nicht wirklich als realistisch empfinden, es hat persönliche Gründe.

Nur: Wenn ich mir die Patentamtsleiterin anschaue – und ich kenne sie jetzt seit etlichen Jahren –, muss ich sagen, dass das eine fähige Frau ist. Also das kann es nicht sein. Der würde ich das zutrauen, dass sie den komplett ausgelagerten Betrieb, also sowohl den hoheitlichen also auch den teilrechtsfähigen, komplett und kompetent leitet.

Uns ist daher nicht klar, warum man das Ganze jetzt wieder ins Ministerium selbst gibt. Es mag sein, dass das auch mit dem Einwirken von Patentanwälten zusammenhängt. (Abg. Pirklhuber: Das ist schon näher an der Sache!) Wir glauben in Summe, dass es für die Kunden, für die, die das Ganze zu zahlen haben, und am Schluss auch für die Steuerzahler zu teuer ist.

Der zweite Punkt, den ich nur kurz ansprechen möchte, ist das mit den Patenten auf Leben. Da gibt es ja auch einen eigenen Antrag, dem wir uns vollinhaltlich ange­schlossen haben. Ich vertraue darauf, Herr Bundesminister, dass Sie in den Gremien der Europäischen Union und überall, wo das ein Thema ist und zur Sprache kommt, diesem Antrag entsprechend die österreichische Position vertreten werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mayer: Da sollte man den Rechnungshofbericht noch einmal nachlesen!)

19.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Der muss erst seine Rede vorbereiten! – Abg. Weninger: Es ist besser, wenn man die Rede vorbereitet!)

 


19.54.31

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unser Österreichisches Patentamt gehört mit inzwischen stolzen 117 Jahren sicherlich zu den ältesten Rechtsschutzinstitutionen auch im internationalen Vergleich. Es hat – und das bekommen wir im internationalen Standort- und Innovationswettbewerb mit – die Rolle des geistigen Eigentums in den letzten Jahren deutlich zugenommen und wird durch eine sehr offensive Patent­rechtspolitik vieler Staaten – China ist dafür ein Beispiel – in Zukunft natürlich noch deutlich an Bedeutung gewinnen.

Ich glaube, dass es eben nicht nur aufgrund der angesprochenen Rechnungs­hofemp­fehlungen, sondern auch aufgrund der Entwicklungen im Bereich der Patente dringend notwendig ist, dass wir dieser altehrwürdigen Institution einen neuen gesetzlichen Rahmen geben, dass wir Fehler aus der Vergangenheit aufgreifen, aber vor allem auch Zukunftspotenziale und Zukunftschancen für die Republik nützen.

Früher war es so, dass Rohstoffe, Transportkosten, Arbeits- und Energiekosten die entscheidenden Kriterien waren. Das ist jetzt durch den Faktor Wissen abgelöst worden – Wissen, wie man Dienstleistungen erbringt, wie man Produkte herstellt. Und die Frage ist natürlich auch, wie man dieses Wissen auch in einer globalen Welt schüt­zen kann. Das sind zentrale Herausforderungen für das Österreichische Patentamt.

Da geht es einerseits natürlich um die Information gerade für KMUs, nämlich nicht nur den Schutz des geistigen Eigentums, sondern vor allem auch darum, wie man mit Fragen der Abwehr von Patentrechtsverletzungen umgeht, wie man damit umgeht, wenn man Patente unter Umständen unabsichtlich verletzt, weil man die Informationen nicht gehabt hat. Das sind in Zukunft alles Aufgaben für das Österreichische Patentamt, denen wir uns stellen sollten.


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Nur zum Vergleich andere Staaten, vor allem China und Südkorea, die hier mächtig aufrüsten und sehr offensive Strategien fahren: China hat sich im Rahmen der nationalen Patentstrategie das Ziel auferlegt, die Anmeldezahlen bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln. Da reden wir von zwei Millionen Patenten pro Jahr, zwei Millionen Wissensmonopolen. Diese Entwicklung ist unaufhaltsam, die wird uns treffen. Wir müssen mit dieser Entwicklung auch leben und darauf reagieren. Ändern können wir sie nicht, aber wir haben hier die Chance, sie auch zu gestalten.

Ich möchte wie Kollege Deimek grundsätzlich auch die Kritik des Rechnungshofs ansprechen. Ich glaube, es ist selbstverständlich, dass wir diese Parallelstruktur, die es bisher im Patentamt gegeben hat, dringend bereinigen und zusammenführen müssen. Es gibt zwei Alternativen bei dem, was der Rechnungshof zum Zusammenführen sagt. Eine Privatisierung kann wahrscheinlich nicht die Lösung sein, dass alles privat gemacht wird. Deswegen ist es wichtig, dass wir in dieser Institution alles unter ein Dach bringen. In der Vergangenheit ist es vorgekommen, dass Menschen in der Tochtergesellschaft angestellt waren, dass Mitarbeiter beim Patentamt für gleiche oder ähnliche Tätigkeiten doppelt kassiert haben. Das alles sind ja Entwicklungen, die wir nicht wollen und die Gott sei Dank auch von der neuen Präsidentin abgestellt wurden, wo man einfach schaut, dass man Synergien schafft. Und ich finde es auch positiv, dass man für die bisherigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im teilrechtsfähigen Bereich eine faire Lösung gefunden hat.

Die Anregungen des Rechnungshofs gehen weiter, dahin, dass man vor allem den Bereich der Information, der Dienstleistungsorientierung ausbaut. Das wird gerade in Richtung KMUs ein wichtiger Schritt sein. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Was möglich ist und welche Dynamik sich hier in diesem Bereich Gott sei Dank breitgemacht hat, hat die Maßnahme von Minister Leichtfried letzte Woche gezeigt, dass wir nämlich gerade für den wesentlichen Bereich der Start-ups ganz neue Beratungsleistungen und Unterstützungsleistungen in Angriff genommen haben. Diese Bereiche müssen wir in Zukunft noch deutlicher ausbauen.

Ich darf abschließend auch noch allen Kolleginnen und Kollegen im FIT-Ausschuss Danke sagen, in dem wir gemeinsam zu bedenklichen Entwicklungen, wie dieser Harvard-Krebsmaus, die es vor 25 Jahren gegeben hat, Turbolachs, Superkühe, paten­tierter Brokkoli, ganz klar Nein gesagt haben.

Die Natur ist keine Erfindung, und deswegen kann es auch keine Patente auf Tiere und Pflanzen geben, das hat hier der Ausschuss beschlossen. Wir haben im Ausschuss gemeinsam die rechtliche Grundlage noch einmal nachgeschärft, sind dann noch einmal deutlicher geworden. Wir haben beschlossen, diese rechtlichen Grundlagen in Zukunft weiter zu evaluieren, weiter dafür zu sorgen, dass diese strengen Biopatent­richtlinien in Österreich sogar auch europaweit umgesetzt werden sollen. Und das ist, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Schulterschluss, dass wir gemeinsam mit 800 000 Men­schen in ganz Europa, davon über 100 000 Menschen in Österreich, die sich gegen Biopatente ausgesprochen haben, auch den zuständigen Bundesminister unterstützen, damit wir europaweit dafür kämpfen, dass es in Zukunft keine Biopatente geben darf.

Gerade diese Evaluation wird wichtig sein, um gemeinsam mit unserer Wissenschafts- und Forschungscommunity, den NGOs und Umweltschutzorganisationen dafür zu sorgen, dass so Unklarheiten und Graubereiche, die es bisher in der europäischen Biopatentrichtlinie gegeben hat – wo es dann heißt: im Wesentlichen biologische Verfahren –, beseitigt werden. Das gehört gemeinsam laufend evaluiert, und es ist darauf zu achten, dass wir auch den technologischen Fortschritt in unser österreichi-


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sches Recht mit aufnehmen. Ich danke also allen für diese klare Aussage: keine Patente auf Tiere und Pflanzen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.59.29

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme Stellung zum Tagesordnungspunkt 27: Das ist ein sehr guter Antrag! Ich habe gerade zu Herrn Berlakovich gesagt, das ist ein sehr guter Antrag, ich glaube, vom Kollegen Kucher, sofern ich das richtig gesehen habe. Aber es müsste eigentlich selbstverständlich sein: Keine Patentierung von Pflanzen und Tieren! Wir alle loben immer wieder unsere heimischen Produkte von unseren Bäuerinnen und Bauern.

Auch im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten darf die Vielfalt der heimischen Produkte nicht durch Patente, Herr Kollege Pirklhuber, eingeschränkt werden, genauso wie bei Pflanzen. Die gehören niemanden und schon gar nicht der EU.

Die Pflanzen sind tatsächlich eines der höchsten Güter, vor allem auch, was Heil­pflanzen betrifft. Pflanzen gehören der Natur und sind keine Erfindung der Men­schen. – Herr Kollege Pirklhuber lacht, aber es stimmt so. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) – Ja, das ist wunderbar! Wir und vor allem die Pflanzen brauchen dazu kein Patent. Freuen wir uns mit der Natur, mit den Pflanzen! Wir brauchen nicht immer und für alles Regelungen, Bevormundungen, Bestimmungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Natur lässt sich sowieso nicht betrügen. – Herzlichen Dank. – Pirklhuber, klatschen! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

20.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.01.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die europäischen Patentgesetze verbieten die Patentierung von Pflanzen und Tieren, insbesondere wenn diese aus biologischen Verfahren gewonnen werden. – Soweit die Rechtsmaterien.

Dann ist es aber durch das Europäische Patentamt doch zur Patentierung von Brokkoli und Paradeisern gekommen, und das, obwohl beide nach herkömmlichen, also biologischen Verfahren gezüchtet wurden. Die Aufregung war groß und die Empörung in der Bevölkerung enorm, weil das niemand versteht. Die Folge war, dass es zu einer Lawine von Anträgen beim Europäischen Patentamt gekommen ist. Rund 180 weitere Patente wurden bereits erteilt, und über 1 200 Patente sind sozusagen in der Warte­schleife, um Pflanzen und Tiere patentieren zu lassen. Der Bürger fragt sich: Wie gibt es das? Wie kann es dazu kommen, wenn Europa das eigentlich nicht will?

Tatsache ist, dass das Europäische Patentamt die Rechtsmaterien in einer besonders spitzfindigen Art und Weise interpretiert, nämlich indem es sagt, dass herkömmliche Züchtungsmethoden nicht patentierbar sind, aber Pflanzen und Tiere, die mit her­kömmlichen Zuchtmethoden gezüchtet werden, sehr wohl. Das ist ein Widerspruch, den niemand versteht. Es ist auch extrem unverständlich.

Meines Erachtens bedarf diese Praxis des Europäischen Patentamtes unbedingt einer eindeutigen Präzisierung, weil sie eben gegen den Geist der europäischen Gesetze ist.


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Viele Menschen stört die Patentierung von Pflanzen und Tieren. Sie stört die Patentierung von Leben, und ich schließe mich dieser Meinung voll an. In Österreich haben Arche Noah, Bio Austria und auch PRO-GE eine Petition gegen die Paten­tierung von Pflanzen und Tieren gestartet, die rund 127 000 Menschen unterschrieben haben. Auch ich habe unterschrieben und viele Tausende, Hunderttausende Men­schen in Europa ebenfalls, die dagegen sind, dass Leben, Tiere, Tierrassen und Pflan­zensorten patentiert werden.

Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass wir eine breite Vielfalt bei der Bewahrung der Sortenvielfalt alter, traditioneller bäuerlicher Haustierrassen und Pflanzensorten haben. Wir werden das in Zukunft noch mehr brauchen.

Wir haben uns damals dafür eingesetzt, dass die EU-Saatgutverordnung, die hier sehr stark einschränken wollte, nicht gekommen ist, damit wir den kleinen Produzenten, aber auch der heimischen Saatgutwirtschaft, die eine mittelständische ist, Perspektiven einräumen und nicht alles von Großkonzernen dominiert wird. Damals waren wir erfolgreich, und so setzen wir uns auch heute – meine Kollegin Himmelbauer darf ich erwähnen, wir hier, meine Wenigkeit – dafür ein, dass es eben nicht zur Patentierung von Pflanzen und Tieren kommt und Patente auf Leben nicht erfolgen.

Der Dank gilt mit Sicherheit den Betreibern der Petition und auch den vielen Menschen, die das unterschrieben haben. Tausende haben uns auch per E-Mail ihre Anliegen weitergegeben. Diesen Menschen können wir heute eine positive Nachricht mitteilen, nämlich: Wir novellieren das österreichische Patentgesetz, indem wir eine Präzisierung vornehmen, dass nicht nur die Patentierung von Pflanzen und Tieren verboten ist, sondern im Wesentlichen von Tieren und Pflanzen, die aus biologischen Verfahren gewonnen werden.

Wir sehen es auch als ein starkes Signal an die europäische Ebene, wo es notwendig ist – und das ist auch der Sinn unserer Entschließung –, dass sich die österreichische Bun­desregierung – sowohl in München als insbesondere auch in Brüssel – dafür einsetzt, dass die europäischen Materien, die EU-Biopatent-Richtlinie, präzisiert wer­den, sodass es nicht zu einer derart spitzfindigen Auslegung kommt, die kein Mensch versteht.

Es ist wichtig, dass sich Österreich dafür einsetzt, weil die Europäische Kommission plant, im Herbst eine derartige Präzisierung vorzunehmen. Es ist aber noch nicht ausgemacht, in welche Richtung. Deutschland, Frankreich, Schweiz, die Niederlande und auch Österreich unterstützen die Europäische Kommission, die beabsichtigt, es in unserem Sinne zu interpretieren. Aber gewonnen ist das Match noch lange nicht. Daher ist es wichtig, dass sich Österreich und auch die österreichische Bundesregie­rung sehr stark dahin gehend einsetzen.

Tatsache ist aber auch, dass sich Züchtung und Forschung weiterentwickeln und dies eine sehr komplexe Materie ist, bei der Grauzonen zwischen biologischen Verfahren und anderen Methoden verschwimmen. Es gibt viele neue Züchtungsmethoden. Es ist sehr wichtig – und das hat unsere Diskussion ergeben –, dass wir uns eingehend und fachlich mit dieser Materie befassen, weil wir zum Beispiel anerkannte Forschungs­institutionen wie die Universität für Bodenkultur, aber auch andere privatwissen­schaft­liche Forschungseinrichtungen im Bereich der Medizin in Österreich haben.

Es ist wichtig, dass wir im Herbst die Diskussion weiterführen, und ich darf im Ab­schlusssatz sagen: In Zeiten von Klimawandel und weltweiter Ernährungssicherheit ist es wichtig, dass kleine Züchter und eine mittelständische österreichische Saatgut­wirtschaft freien Zugang zu biologischem Züchtungsmaterial haben, denn nur das garantiert Innovation und die Entwicklung neuer Sorten, die wir dringend brauchen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.06



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 225

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker ist die nächste Rednerin. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.06.08

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Ja, klar, Patente sind wichtig für den Schutz des geistigen Eigentums, und das Patentamt ist der Partner für die Erfinder, für die kreativen Geister, für die Innovatoren in diesem Land. Genauso wichtig wie die Patente sind natürlich auch Strategien, die offene Räume zulassen, Know-how offen zugänglich machen und damit auch eine entsprechende Open-Innovation-Strategie fahren.

Das Patentamt ist ein guter Partner natürlich auch für die Wirtschaft. In Österreich sind im Jahr 2015 an die 3 200 Patente angemeldet worden. Oberösterreich ist mit 621 angemeldeten Erfindungen ein Spitzenreiter in dieser Liga.

Diese Gesetzesvorlage ist, so glauben wir, ein guter Schritt zur Verwaltungsver­einfachung. Sie ist ein wesentlicher Schritt dazu, dass endlich die Teilrechtsfähigkeit beendet und die damit befasste Organisationseinheit aufgelöst wird. Damit werden Mehrkosten reduziert, Doppelgleisigkeiten abgeschafft und die Compliance-Konflikte, die dadurch aufgetreten sind, endlich beseitigt. Es ist also tatsächlich ein sehr begrüßenswerter Schritt, den wir Grünen auch unterstützen.

Der andere Teil, nämlich keine Patente auf Tiere und Pflanzen, ist in dieser Form nur zu unterstreichen. Mein Kollege Wolfgang Pirklhuber wird das noch näher ausführen. Wie wichtig dieses Thema den Menschen war und ist, haben wir auch daran gesehen, dass die FraktionsprecherInnen des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie mehr als 6 000 Mails von Bürgerinnen und Bürgern, die sehr besorgt waren, bekommen haben. Dem wird einhellig hier im Nationalrat nun Rechnung getragen, um der Praxis einen eindeutigen Riegel vorzuschieben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.08.48

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits erwähnt wurde, haben die Forschungssprecher 6 000 E-Mails zu diesem Gesetz bekommen, wobei es nicht um den wichtigsten Punkt, die Neuorganisation des Patentamts gegangen ist, die jetzt sehr positiv zu bewerten ist und die Institution auf wirklich gute Beine für die Zukunft stellt, sondern um das Thema: Wird jetzt Leben patentiert oder nicht? Die europäische Biopatentrichtlinie ist in diesem Bereich wirklich zu wenig klar. Das ist nicht gut. Es wäre zu wünschen, dass sie eindeutiger ist.

Aber es gibt auch Akteure, die auf sehr unseriöse Art und Weise Stimmung machen. Da geht es gegen Brüssel, gegen die Technokraten, die das Leben patentieren wollen, gegen den Fortschritt. Die Frage ist: Ist das wirklich so? – Kollege Berlakovich hat es schon klar erklärt: Es ist nicht so.

Daher kommt auch dieser Antrag von uns, um klarzustellen, dass es nicht so ist und man Leben und Pflanzen nicht patentieren will. Aber es ist auch unsere Aufgabe in der Politik, den Unterschied zu erklären, das, worum es dabei eigentlich geht, nämlich darum, dass es um den Unterschied von biologischen Verfahren, von technischen Verfahren geht, aber auch darum, wie der Graubereich dazwischen zu bewerten ist, was – wie Sie, Herr Kollege, es erklärt haben – immer schwieriger wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 226

Aber es ist unsere Aufgabe, jene der Politik, das auch zu erklären, die Ängste wahr­zunehmen, aber auch klarzustellen, worum es eigentlich geht. Das ist nämlich teilweise eine sehr exklusive Gemengelage. Da gibt es bekannte Ausformungen, das ist teilweise auch ein konservativ-reaktionärer Ansatz, Technologiefeindlichkeit, manchmal vielleicht auch zum Beispiel ein ganz falsch verstandener Naturschutzgedanke.

Dieser Wunsch nach Sicherheit, nach dem Gleichbleibenden ist mir total klar, das ist sehr verständlich, aber das Neue kann manchmal auch Hoffnung mit sich bringen, zum Beispiel Hoffnung auf die Heilung von bisher nicht heilbaren Krankheiten.

Ich habe es im Ausschuss schon angesprochen, ich lese im Moment sehr viel über das neue Verfahren CRISPR-Cas9, das von der französischen Forscherin Emmanuelle Charpentier gemeinsam mit einer amerikanischen Kollegin entwickelt worden ist. Damit könnten wir zum Beispiel sämtliche erblichen Krebserkrankungen oder auch andere Erkrankungen mit genetischen Ursachen: Sichelzellenanämie, Chorea Huntington, aber vielleicht auch Multiple Sklerose und ALS bekämpfen und irgendwann einmal heilen. Das hat ein wahnsinniges Potenzial.

Da sind wir in der Politik auch gefragt, diese Komplexität zu erklären, diese neuen Herausforderungen auch so darzulegen, dass Technologie, dass Fortschritt, dass das Neue – manchmal nichtsdestotrotz passiert, auch wenn man vielleicht Angst davor haben mag – auch große Hoffnungspotenziale mit sich bringt, die wir auch gutheißen können und sollen.

Ich finde es auch gut, wenn wir uns im Parlament darauf vorbereiten und in diesem Projekt, dem Büro für Technologiefolgenabschätzung, das wir gemeinsam mit der ÖAW und dem AIT machen, in nächster Zeit vielleicht auch etwas weitergeht, damit wir Abgeordnete mehr Möglichkeiten haben, Wissen zu bekommen, sodass wir Kenntnis haben, wie Entwicklungen in manchen Forschungsgebieten vorangehen, und diese auch faktenbasiert erklären können.

Das wäre extrem wichtig und ein wichtiger Schritt für das Parlament. Da muss etwas weitergehen. Wir müssen aktive Kommunikatoren in diesen Themen, die die Zukunft in großer Art und Weise bestimmen werden, sein, auf die Bevölkerung zugehen und deren Ängste eingehen, damit sie vielleicht in Zukunft nicht mehr bestehen. (Beifall bei den NEOS.)

20.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Weigerstorfer ist die nächste Red­nerin. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.12.40

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Wir haben es schon gehört, es ist vielfach positiv erwähnt worden, ich möchte mich auch in diese Reihe eingliedern: Alle Fraktionen haben sich im Ausschuss gegen die Paten­tierung von Pflanzensorten oder Tierrassen sowie für im Wesentlichen biologische Züchtungsverfahren ausgesprochen. Das ist sehr, sehr gut so!

Warum das gut und wichtig ist, liegt ganz klar auf der Hand: multinationales Saatgut. Chemie-Konzerne wie zum Beispiel Monsanto versuchen, nicht nur Patente auf Pflanzen, die mittels gentechnischen Verfahren verändert wurden, sondern zunehmend leider auch auf herkömmliches Obst und Gemüse zu erhalten. Wir haben es gehört, rund 180 solche Patente wurden leider im Europäischen Patentamt bereits erteilt, und etwa 1 200 sind dort weiter beantragt. Dem muss man einfach dringend einen Riegel vorschieben, denn die Patentinhaber erhalten damit exklusive Nutzungsrechte auf Lebensmittel und reißen damit die Kontrolle über Landwirtschaft und Lebensmittel­produktion an sich. Ich glaube, mit dieser Novelle ist das sehr, sehr gut gelungen.


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Ich möchte mich vor allem auch bei den Bürgern bedanken. 6 000 Mails waren sehr, sehr viel, aber man hat einfach gesehen, es ist ein Anliegen. Ich freue mich, dass hier die Politik einmal wirklich auf die Bürger hört, und darf einen persönlichen Nachsatz sagen: 600 hätten auch gereicht, wir haben es verstanden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


20.14.24

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Rolle des geistigen Eigen­tums wird immer wesentlicher. Waren es früher in der wirtschaftspolitischen Auseinan­dersetzung die Dampfmaschinen und das Fließband, so ist es jetzt das geistige Eigentum, das Wissen, wie Produkte erzeugt werden, mit welchen Materialien Pro­dukte erzeugt werden. Und ich denke, es ist Aufgabe jedes Landes, jedes Staates, dieses geistige Eigentum derer, die es kreiert, erfunden, ans Licht gebracht haben, zu schützen.

Diesen Schutz garantiert eine nationale starke Institution, nämlich ein nationales starkes Patentamt. Ich glaube, mit dieser Novelle sind wir auf dem richtigen Weg, das auch zu erhalten. Es schützt Wissen und Können, es hilft der Wissenschaft, es hilft den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich doch auch in diesem unübersicht­lichen Dschungel des Patentwesens zurechtzufinden. Es leistet Unterstützung, und wir haben jetzt auch vor – es ist vom Kollegen Kucher schon erwähnt worden –, Service­leistungen auszubauen, die Reaktionsfähigkeit des Patentamtes zu erhöhen, es schneller agieren zu lassen, um gerade jungen Menschen, die einsteigen wollen, die irgendetwas Geniales erfunden haben und glauben, es vermarkten zu können, dabei zu helfen. Dazu ist es auch wichtig, dass es eine Organisation ohne Doppelgleisig­keiten, ohne Reibungsverluste und ohne große persönliche Befindlichkeiten gibt. Ich denke, so ist der Weg, den wir hier einschlagen, ein richtiger, und ich bitte Sie, das auch zu unterstützen.

Zum zweiten Punkt: Auch ich bin selbstverständlich dagegen, dass es Patentierungen von Leben gibt. Ich denke, das ist etwas, was man sich nicht unbedingt anmaßen sollte. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

20.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


20.16.36

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich nicht in der spannenden Diskussion über die Prob­lematik der Patentierung von Tieren und Pflanzen zusätzlich ausbreiten. Kollege Berlakovich hat inhaltlich die Positionen klar dargelegt und der Minister die Zielsetzung dieser Novelle sowie den Wunsch nach Unterstützung des diesbezüglichen Weges der Regierung. Als Gegenpol hat die junge Kollegin Gamon gezeigt, dass man den Blick für Neues trotzdem nicht verschließen muss.

Was mir auch wichtig erscheint, bezieht sich auf die Neuorganisation des Patentamtes. Ich will das, was Kollege Deimek gesagt hat, etwas ins rechte Licht rücken, weil er doch auf die Rechnungshofberichte verwiesen hat. Er hat darauf verwiesen, dass der Rechnungshof bei der Follow-up-Überprüfung im Jahr 2015 bestätigt hat, dass das BMVIT und das Österreichische Patentamt dem überwiegenden Teil der Empfehlungen


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des Rechnungshofes aus dem Jahr 2012 nachgekommen sind. Er hat aber auch gesagt, dass es noch offene Kritikpunkte gibt, darunter zum Beispiel:

„Das Patentamt reduzierte zwar seinen Personalstand, aber das Projekt des BMVIT zur Aufgabenkritik und Reorganisation des Patentamtes war noch nicht abgeschlos­sen. Dadurch blieben erhöhte Aufwendungen (…) für die Doppelstruktur aus dem hoheitlichen und dem teilrechtsfähigen Bereich weiterhin aufrecht.“

Der zweite Kritikpunkt war:

„Offen blieben weiters die Empfehlungen des RH zur Steuerung des Patentamts auf Basis der vorhandenen Kosten- und Leistungsrechnung und zur Einstellung der Neben­beschäftigungen von Bediensteten des Patentamts in der serv.ip.“

Der damals zuständige Bundesminister Stöger erklärte im Rechnungshofausschuss, dass es höchst an der Zeit war, initiativ und aktiv zu werden. Der ehemalige und vom damaligen Bundesminister Gorbach – das sieht man, wenn man im Bericht aus 2012 nachliest und zurückblendet, wie das Ganze entstanden ist – eingesetzte Präsident Rödler wurde aus der Führungsposition in die internationale Abteilung versetzt. Die Organisation des Patentamts, so der damalige Minister, werde verändert, der Prozess sei bereits gestartet und die Empfehlungen des Rechnungshofes würden dabei einfließen. In Zukunft werde das Patentamt bei der Forschungs- und Technologieent­wicklung mitwirken, bereits im kommenden Jahr solle der Regierungsentwurf zur Neuorganisation des Patentamtes stehen. – Ich habe mir damals gedacht, das schaue ich mir an, ob das wirklich hinhaut, wie das klappt.

Es freut mich als Rechnungshofsprecher unserer Fraktion, aber auch als Mitglied des Forschungsausschusses, dass wir heute mit dem neuen Minister, der für Forschung, Technologie und Verkehr zuständig ist, Mag. Leichtfried, die angekündigte Novelle beschließen können.

Ich darf, um das, was eingangs kritisch erwähnt wurde, noch einmal auf den Punkt zu bringen, das Wesentliche dieser Novelle zusammenfassen: die Integration des Unter­nehmensteils serv.ip und seiner Aufgaben in die Bundesdienststelle, Übernahme der Bediensteten von serv.ip in Bundesverhältnisse, alles Forderungen des Rechnungs­hofes. Dadurch werden über die Anregung des Rechnungshofes folgende Ziele erreicht – auch das wird bestätigt, auch in der Kritik des Rechnungshofes –: ein­heitliche Organisation, keine Doppelt-Administration mehr, alle Service- und Infor­mationsleistungen für die heimische Innovationsszene. Durch den Abbau der Leistun­gen für ausländische Großkunden werden Ressourcen freigemacht für den Ausbau der Leistungen im eigenen Land. Nicht zuletzt dadurch ist Österreich für das EU-Einheits­patent, dessen Inkrafttreten für 2017 geplant ist, fit gemacht.

Ich meine, auch das, was wir in den letzten Tagen diskutiert haben, die Start-up-Initiative der Regierung, wird hier sehr wesentlich unterstützt. Es gibt den neuen, jungen Unternehmen Sicherheit, es gibt Perspektiven. Ich meine, wir würden gut daran tun, alle gemeinsam diese Novelle zu beschließen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Himmelbauer ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.

 


20.20.55

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ausgangslage dieses Gesetzes war eigent­lich die Umstrukturierung des Patentamts – wie auch mein Kollege schon ausführlich dargelegt hat –, weil das Patentamt als wichtige Institution ein Partner für unsere


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Forschenden, für die Entwickler und für die Unternehmer in diesem Land ist und umfassend berät, sei es in der Recherchetätigkeit, sei es im Schutz des geistigen Eigentums oder auch in der Ausstellung von Patenten.

Es wurde auch schon dargelegt: Es ging bei dieser Umstrukturierung vor allem darum, wo es ja zuvor eine Aufteilung in einen hoheitlichen und in einen teilrechtsfähigen Bereich gab, diesen zweiten Teil, die serv.ip, wiederum in das Patentamt einzuglie­dern, deren Dienstleistungen, die sie zuvor für österreichische Kunden, aber auch für ausländische Patentämter durchgeführt haben. Die Kritik daran betraf nämlich eben die Doppelgleisigkeiten, die es in der Verwaltung gab, die Compliance-Konflikte, die Servicekonflikte, die es dadurch gab, die Nebenbeschäftigung von Mitarbeitern, die auch in der serv.ip aushelfen mussten, um deren Dienstleistungen zu erbringen, und einiges mehr.

Jetzt werden durch die Zusammenführung genau diese Bereiche ausgeräumt. Die Mitarbeiter werden ins Patentamt übernommen, die Compliance- und Steuerungs­konflikte werden aufgehoben. Die Doppelgleisigkeiten und auch die Mehrkosten werden aufgehoben.

Da muss ich schon sagen, da kann ich die Kritik des Kollegen Deimek nicht ganz nachvollziehen, weil ja genau diese Punkte vom Rechnungshof kritisiert worden sind, zu Recht kritisiert worden sind, und auch vorgeschlagen worden ist, es genau in dieser Form umzusetzen. Deswegen darf ich dir jetzt vielleicht auch die Stellungnahme des Rechnungshofes zur Begutachtung des Gesetzes noch einmal nahelegen, wo auch diese Punkte neuerlich aufgelistet worden sind und dann unten klargestellt worden ist, dass es zu dieser Gesetzeslage eine positive Stellungnahme gibt.

Damit ist aber nicht Schluss. Es freut mich sehr, dass zuletzt auch am Dienstag vom Ministerrat angekündigt worden ist, weitere sinnvolle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Patentamt umzusetzen, um das Patentamt näher an die Forschenden und an die Entwickler heranzuführen und die Serviceleistung, die Informationsleistung des Patentamts für die Unternehmen weiter auszubauen. Das heißt Patentchecks für Unternehmen, um einfach auch die finanzielle Leistung beizutragen, und zum anderen Provisional Application. Das ist ein ganz interessanter Ansatz, um frühzeitig, in einem frühen Stadium der Entwicklung, wo aber die Entwicklung an sich noch nicht patentreif ist, einen gewissen Schutz auf ein Jahr gesehen gewährleisten zu können.

Da finden sich jetzt auch Maßnahmen wieder, die schon in der Gründerland-Strategie angekündigt worden sind, die ein wichtiges Maßnahmenpaket für unsere Start-ups, für unsere Unternehmenslandschaft und unsere Forschungslandschaft darstellt. An dieser Stelle darf ich – er kommt erst später – Staatssekretär Mahrer, der auch die Ob­mannschaft für die Gründerland-Strategie hat, ganz herzlich danken.

Zu guter Letzt noch zu dem zweiten Punkt, der uns vor allem in den letzten Wochen beschäftigt hat, auch im Zuge der Patentierung von Pflanzen und Tieren. Es gilt mein Dank natürlich auch den zahlreichen Unterstützern dieser Petition und auch jenen, die uns per E-Mail kontaktiert haben. Was mich persönlich gefreut hat, ist: Das hat mir wieder gezeigt, dass dann, wenn es ein gewisses Thema gibt, Menschen durchaus immer wieder auch für die Politik zu begeistern sind. Sie wollen sich mitteilen, sie wollen mit dabei sein, wollen ihre Anliegen auch teilen und die Politik auffordern, tätig zu werden.

Deswegen war es uns wichtig, eine Änderung, eine Verschärfung des Patentgesetzes zu bewerkstelligen, weil wir eine klare Abgrenzung im österreichischen Recht schaffen wollten, um damit ein Zeichen zu setzen, und das nicht nur in Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene, dass auch auf europäischer Ebene diese Lücken geschlossen werden, die mein Kollege Berlakovich schon angesprochen hat.


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Ich möchte dennoch auch das ansprechen, was schon Kollegin Gamon gesagt hat. Wir haben uns in diesen letzten Tagen auch sehr intensiv mit der Abgrenzung biologischer Verfahren, mikrobiologischer Verfahren, mit vielen, vielen Themenbereichen, die das betrifft, auseinandergesetzt, da hier natürlich auch Graubereiche sind. Deswegen auch mein Dank an den Ausschuss, dass wir gemeinsam eine Ausschussfeststellung zu­stande gebracht haben, um den Verlauf in all diesen Fragen, was Biopatente betrifft, weiter zu beobachten und uns auch Expertenmeinungen einzuholen. Ich glaube, ein gutes Beispiel ist auch das Biopatent-Monitoring-Komitee, das uns als FIT-Ausschuss hier auch mit Expertise zur Seite steht und die österreichische und europäische Lage auch hier immer wieder kontrolliert; wir bekommen dazu auch regelmäßig einen Bericht vorgelegt. Es ist sehr wichtig, dass man mit diesen Experten kontinuierlich weiter­diskutiert.

Das ist mein Plädoyer, weil vor allem auch wir in Österreich einen wichtigen Life-Science-Standort bieten, mit Unternehmen, die hier hervorragende Leistung erbringen, wo im medizinischen Bereich – und das hat auch die Kollegin schon angesprochen – sehr vieles passiert. Also vielen herzlichen Dank für die umfangreiche Beteiligung im Ausschuss! Ich hoffe auf weiterhin gute Zusammenarbeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


20.26.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin Himmelbauer, Sie haben durchaus recht, wir haben auch dieser Ausschussfeststellung, vor allem mit diesem Teil, durchaus nicht nur zuge­stimmt, sondern sind auch auf diesen Antrag draufgegangen, weil es wichtig ist, dass wir uns hier sehr bald und rasch gemeinsam Gedanken machen über die Entwick­lungen, die in diesem Sektor am Laufen sind und die man auf keinen Fall übersehen darf.

Ich möchte aber bei dem Punkt anknüpfen, den der Herr Minister so dargestellt hat: Er hat gesagt, er würde sich nicht anmaßen wollen, Patente auf Leben auszusprechen. – Ich habe Sie so verstanden und finde, das ist durchaus ein sehr, sehr emotionales und richtiges Argument. Warum, meine Damen und Herren? – Ich glaube, das ist auch der Grund, warum so viele Menschen hier sehr, sehr emotional und aktiv gemeinsam gekämpft haben, nicht erst seit ein paar Wochen, sondern ich erinnere an das Gentechnik-Volksbegehren von 1997. Dieses hat damals ganz klar zum Ausdruck gebracht; es hat mehrere Forderungen gehabt, und eine der drei Hauptforderungen war: Kein Patent auf Leben!

Warum ist das so? – Da möchte ich an Kollegen Doppler anknüpfen, er hat das heute so nett formuliert. Er hat gemeint, die Heilpflanzen gehören der Natur. Ja, tatsächlich, es gibt so etwas wie ein Recht der Natur auf sich selbst. Spinoza hat diese Lebenskraft lateinisch als natura naturans bezeichnet. Die modernere Geisteswissenschaft sagt – wir wissen das, das ist alltägliche Erfahrung, wir sind ja nicht allein auf diesem Planeten –: Wir haben nicht nur Verantwortung, sondern die Natur, die Geschöpfe haben auch so etwas wie ein Eigenrecht. Die Natur ist nicht nur für uns da, sondern sie hat auch sozusagen einen eigenen Status, sie ist für sich etwas Wertvolles, das wir gemeinsam behüten müssen. Wir sind Teil dieser Biosphäre und nicht allein. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ja, und aus dieser Verantwortung heraus, meine Damen und Herren: eine gute Entschließung von den Kollegen Berlakovich und Kucher, die wir selbstverständlich unterstützen, diese Tausenden Unterschriften, diese gemeinsame Positionierung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 231

Abschließend, Herr Bundesminister, möchte ich es Ihnen wirklich sehr ans Herz legen, auf europäischer Ebene sehr aktiv für diese Veränderung des Patentrechts zu kämp­fen, für diese Klarstellung. Auch Ihr Vorvorgänger Alois Stöger hat mir in einer Anfragebe­antwortung schon sehr klar mitgeteilt, dass das die Position der Bundes­regierung ist. Ich hoffe, dass wir gemeinsam an diesem Strang ziehen können und in Europa auch in diese Richtung erfolgreich weiterarbeiten. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

20.30

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Klug. – Bitte.


20.30.06

Abgeordneter Mag. Gerald Klug (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Zwei Signale sind meines Erachtens bei dem Tages­ordnungspunkt entscheidend, die wir festhalten sollen. Signal eins ist: Kein Patent auf Tiere und Pflanzen! Niki Berlakovich hat das meines Erachtens sehr gut ausgeführt. (Beifall des Abg. Doppler.) Es gibt nichts mehr hinzuzufügen, außer der Betonung des einheitlichen Signals, das aus dem österreichischen Parlament hinaus nach Europa gehen soll. Dieses einheitliche Signal ist meines Erachtens eines der wichtigsten. Mein Dank gilt in diesem Zusammenhang auch allen, die sich dafür im Ausschuss und auch heute im Plenum stark gemacht haben.

Das zweite Signal ist meines Erachtens aber auch klar. Das zweite Signal ist bei der Frage Patentamt: Veränderung der Teilrechtsfähigkeit, wieder heimholen in die Familie! Kollege Deimek, bei allem Respekt: Da sind Sie auf dem falschen Dampfer; wir korrigieren eine Fehlentwicklung, das ist auch ganz deutlich. Doppelgleisigkeiten, doppelte Gehälter, kein Weisungsrecht, und das Geschäftsmodell und Geschäftsfeld wollen wir jetzt nicht besonders verbreitern. Entscheidende Aufgabe ist, dass sich das Österreichische Patentamt stark macht für österreichische Innovation, für öster­reichische Unternehmer, für österreichischen Erfindergeist! Und wenn noch Luft ist, auch für ausländische – ich sage das bewusst so salopp dazu.

Daher: eine Korrektur! Ich freue mich, dass es gelungen ist. Mein Dank gilt dem Minis­terium, dass die Planstellen vorbereitet wurden, dass der Übergang reibungslos funktioniert. Ich glaube, das ist ein sehr anständiges Angebot. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ausreichend Zeit, sich das auch tatsächlich zu überlegen.

Der wirtschaftliche Erfolg des Patentamtes unter der neuen Leitung, der neuen Präsidentin spricht für sich: 38 Millionen € Einnahmen, 19 Millionen € Ausgaben, 19 Millionen € daher abführen ans Finanzministerium. Ich möchte der Frau Präsidentin sehr herzlich gratulieren und den rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken. Sie leisten sehr, sehr viele Detailarbeiten penibelst genau.

Zu guter Letzt: Erlauben Sie mir aus steirischer Sicht einen Hinweis. Frau Kollegin Lichtenecker, ich kann das gut verstehen, wenn man auch aus einem Industrie-Bun­des­land, Oberösterreich, kommt, dass man darauf verweist und sagt: starkes Industrie-Bundesland, über 600 angemeldete Erfindungen, und so weiter. Alles richtig, aber an der Spitze, Frau Kollegin, steht ein steirisches Unternehmen mit 88 angemeldeten Patenten 2015: die AVL List GesmbH aus Graz, an der Spitze Professor List! Ge­statten Sie mir, dass ich als Grazer und Steirer in diesem Zusammenhang unserem Industrie-Leitbetrieb und all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Indus­triestandort sehr herzlich gratuliere! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Franz ist nun zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 232

20.33.29

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Kollegen! Ich glaube, wir sind uns einig – das ging aus allen Reden hervor –: Patente auf Leben kann es nicht geben, sie sind zu heikel! Das ist im Grundprinzip abzulehnen, weil es Kernbereiche der Natur und fundamentale Fragen berührt. Man würde damit die berühmt-berüchtigte Büchse der Pandora öffnen.

Es gibt aber auch hier, weil das Leben immer komplexer wird, ein großes Aber – Kollegin Gamon hat es angesprochen –, wenn es nämlich um medizinische Heil­methoden geht, die man nur über Tierversuche und genetische Veränderungen bewerkstelligen kann. Es ist Ende Juni – ich weiß nicht, vielleicht haben es einige von Ihnen gelesen – in Kalifornien gelungen, einem Schweineembryo menschliche Stamm­zellen zu implantieren, die sich in diesem Embryo zu einer Bauchspeicheldrüse entwickelt haben. Das heißt, dieser Schweineembryo hat ein menschliches Organ entwickelt. Er wurde nach 28 Tagen entsorgt und das Experiment abgebrochen.

Das eröffnet natürlich schöne und gute Optionen für Leute, die Organe brauchen. Tiere als Organbanken, das ist ethisch noch irgendwie nachvollziehbar, aber es haben die Forscher, die an diesem Versuch beteiligt waren, insofern Bedenken geäußert: Es wäre nämlich möglich, dass die durch die erwähnte CRISPR-Technik veränderten Stammzellen im Körper des Schweines ins Gehirn wandern, sich dort Neuronen angleichen und möglicherweise bewusstseinsähnliche Sensationen aufbauen, Synap­sen bilden und so weiter. Das heißt, wir würden möglicherweise ein Schwein mit einem menschlichen Bewusstsein erzeugen.

Das sind also ganz grauenvolle Vorstellungen, die da auf uns zukommen (Abg. Berlakovich: Frankenstein!), diese sogenannten Chimären und Frankensteine. Aber wir müssen uns mit dem auseinandersetzen, weil diese Dinge nicht aufhören. Hier wird weitergeforscht, und in Amerika sind weitere Experimente in diese Richtung bewilligt worden.

Wer ganz viel auf diesem Gebiet tut, ohne sich sehr viel mit Ethik herumzuschlagen, sind die Chinesen. Die haben Reihenversuche mit befruchteten Eizellen; das sind aus meiner Sicht kleine Menschen. Die machen Menschenversuche mit der CRISPR-Technologie, die greifen in befruchtete Zellen ein und versuchen hier, andere Menschen zu konstruieren. Es ist jetzt laut einer ganz rezenten Studie gelungen, dort Embryonen herzustellen, die HIV-immun sind. Auch diese Minimenschen wurden danach entsorgt, wie es in den Studien so schön heißt.

Das heißt, da dräut etwas an uns heran, von dem wir überhaupt noch nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen. Das ist auch die Sorge der Menschen bei diesen Fragen, die in den vielen E-Mails geäußert wird, weil da jeder das Gefühl hat: Da passiert etwas, da greift man in die Schöpfung ein. Ich glaube, da müssen wir sehr wachsam sein. Da ist jetzt auch die Bioethikkommission gefragt sowie alle Leute, die sich wirklich gut damit auskennen. Das ist ein hochkomplexer Bereich, ein wirklich hochkomplexer Bereich, den wissenschaftlich zu beurteilen auch ich als Arzt mir nicht wirklich zutraue. Da brauchen wir Leute, die sich ganz, ganz intensiv damit beschäftigen, und wir brauchen ethisch kompetente Leute, die sich damit beschäftigen. Wir alle müssen da up to date bleiben, denn da dräut etwas heran, was so auf dieser Welt noch nie da war.

Das möchte ich Ihnen mitgeben: Bitte, seien Sie aufmerksam! Da kommen sehr viel Verantwortung und sehr viel Entscheidungsgewalt auf uns zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 233

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Marken­schutzgesetz, das Musterschutzgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden, in 1144 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek vor.

Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun in getrennter Abstimmung zur Abstimmung über Artikel 1 Z 1 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27, die dem Aus­schuss­bericht 1205 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend keine Patentierung von Pflanzen und Tieren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 166.)

20.38.3728. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1175 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgebühren­gesetz, die Fernmeldegebührenordnung und das Fernmeldegebührengesetz geändert werden (1206 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1176 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Fernsprechentgeltzu­schuss­gesetz geändert wird (1207 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 28 und 29 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auch hier wurde auf die mündliche Berichterstattung verzichtet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 234

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Antoni. – Bitte.

 


20.39.16

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Der Verfassungsgerichtshof hat im letzten Jahr, im Juli 2015, bei der Rundfunkgebührenbefreiung Verfassungswidrigkeiten festgestellt. Mit dieser Novelle sollen jetzt diese festgestellten Verfassungswidrigkeiten mit Änderungen im Rundfunk­gebührengesetz, im Fernmeldegebührengesetz, in der Fernmeldegebührenordnung sowie im Fernsprechentgeltzuschussgesetz und in den darauf Bezug nehmenden Verordnungen beseitigt werden.

Bei den Verfassungswidrigkeiten ist genau festgestellt worden: Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes liegt insofern eine Verfassungswidrigkeit vor, als die Beschränkung des Abzugs auf Mietverhältnisse, die dem Mietrechtsgesetz unterliegen, in einer gegen Artikel 7 B-VG verstoßenden Weise zu einer Ungleichbehandlung von Mietverhältnissen nach dem Mietrechtsgesetz gegenüber Mietverhältnissen außerhalb des Mietrechtsgesetzes führt, die vom Gesetzgeber ebenfalls einem mieterschützen­den Regime unterstellt wurden.

Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus auch die bisherige Berücksichtigung des Eigenheimpauschales durch die GIS des im Jahre 1986 mit monatlich 1 250 Schil­ling, zuletzt mit 105,38 € festgesetzten Abzugsbetrages für nicht zulässig erklärt, weil die Be­zug nehmende Rechtsverordnung niemals ordnungsgemäß kundge­macht worden ist.

Zu welchen Neuerungen kommt es nun mit dieser Novelle? Künftig besteht die Abzugsfähigkeit des Hauptmietzinses inklusive Betriebskosten nach dem Mietrechts­gesetz, aber auch nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen. Im Sinne der Gleichbehandlung ist künftig auch ein Pauschalbetrag für den Wohnungsaufwand in der Höhe von 140 € für alle anderen Wohnformen abzugsfähig.

Eine weitere notwendige Anpassung ist die Änderung des Begriffes Haushalts­nettoeinkommen. In diesem Zusammenhang kommt es zu einer Klarstellung dahin gehend, dass die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebenden Personen bestritten werden, nicht anzurechnen sind.

Und eine weitere Neuerung, die ich abschließend noch anführen möchte, gibt es bei der 24-Stunden-Betreuung. Künftig besteht in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, die Ausgaben für die 24-Stunden-Betreuung, für die auch ein Zuschuss zur Unter­stützung der 24-Stunden-Betreuung durch das Sozialministeriumservice gewährt wird, unmittelbar nachzuweisen. Das heißt, diese Neuregelung ermöglicht es den Rundfunk­teilnehmern, außergewöhnliche Belastungen aufgrund der §§ 34 und 35 des Einkom­mensteuergesetzes 1988 sofort geltend zu machen.

Ich denke, das ist eine wichtige Novellierung der angesprochenen Gesetze, vor allem für jene Menschen, die es ohnedies nicht so leicht haben. Und wir werden dieser Gesetzesvorlage und der Novellierung sehr gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler gelangt zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


20.42.42

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Antoni, Sie haben ja die wesentlichen Punkte jetzt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 235

perfekt dargebracht. Ich möchte mich also nicht in einer Wiederholung üben. Was ich aber schon noch einmal anmerken will: Warum wir diese vier Gesetzesmaterien heute überhaupt zu behandeln haben, teilweise zu reparieren haben, ist, wie es der Kollege Antoni angesprochen hat, das Vorliegen eines Erkenntnisses des Verfassungsge­richtshofes vom 3. Juli 2015, nach dem wir das – nicht binnen Jahresfrist, aber – bis Ende August 2016 zu reparieren haben, was wir heute auch machen.

Ein Punkt ist inhaltlicher Natur und wurde bereits erläutert. Und der zweite Punkt ärgert mich schon ein wenig, und so eine Situation möchte ich eigentlich nicht mehr oft im Hohen Haus erleben müssen, und zwar, dass aufgrund eines Formalfehlers – das ist ja gesagt worden – diese Rechtsverordnung nie ordnungsgemäß kundgemacht wurde. Das ist ärgerlich, ich glaube auch, das entspricht nicht den Usancen unserer Beamten, die das umsetzen. Natürlich ist mir aber auch bewusst, dass, wo Leute arbeiten, auch Fehler passieren können. Aber das ist ein grober handwerklicher Fehler.

Mein Appell zum Schluss, und dabei möchte ich es auch schon belassen, ist, solche Fehler in der Zukunft tunlichst zu vermeiden, obwohl – unter Anführungszeichen – „nichts Großartiges“ geschehen ist, da wir ja auch inhaltlicher Natur etwas zu repa­rieren gehabt haben. Ich hoffe, dass Derartiges nicht mehr passiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

 


20.44.20

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprachdolmetscher): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Rundfunkgebühr Bezug nehmen.

Sie wissen es, sinnesbehinderte Menschen haben früher das Fernsehen und auch das Radio gratis benutzt, damals gab es keine Untertitel, da gab es auch kein Angebot für diese Menschen. Es hat sich dann jedoch geändert, und es gab dann immer ein bisschen Untertitel da, ein bisschen Untertitel dort. Wir haben dann hier im Parlament beschlossen, dass auch die Menschen, die sinnesbeeinträchtigt sind, die volle Gebühr bezahlen müssen. Fakt ist aber, dass das Angebot nicht vollständig für sie gegeben ist. Das heißt, gehörlose Menschen, schwerhörige Menschen hatten damals 10 bis 20 Prozent an Untertiteln und mussten aber die volle Gebühr bezahlen. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie wenn man beispielsweise zum Bäcker geht, zehn Semmeln bezahlt und nur eine einzige Semmel bekommt.

Ich denke, das ist nicht fair, denn 2009 haben wir hier ein Gesetz beschlossen, das sagt, dass die Barrierefreiheit der Untertitel in einem Ausmaß bis zu 100 Prozent erreicht werden muss. Das wurde aber bis dato noch nicht erreicht, und es wurde auch keine Frist gesetzt. Der aktuelle Stand für gehörlose Menschen liegt bei der Unter­titelung bei 67 Prozent, bei ORF III bei zirka 33 Prozent, für blinde Menschen bei knapp 10 Prozent Angebot. Es ist nicht fair, dass man hier den vollen Preis bezahlt und dann nur 10 Prozent oder ein paar Prozent zurückbekommt. Das ist wohl ganz klar, dass das nicht in Ordnung ist.

Und aus diesem Grund möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 236

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire Rundfunkgebühr für Menschen mit Sinnesbehinderungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der vorsieht, dass die Rundfunkgebühr für sinnesbehinderte Menschen dem prozentuellen Ausbau des barrierefreien Ange­botes entspricht.“

*****

Ich denke, das ist ein wichtiges Zeichen, und denken Sie bitte auch daran: Sie würden auch nicht mehr zahlen und nur 10 Prozent haben wollen! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend faire Rundfunkgebühr für Menschen mit Sinnesbehinderungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1175 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgebührengesetz, die Fernmeldegebührenordnung und das Fernmeldegebührengesetz geändert werden (1206 d.B.)

Begründung

In der UN-Behindertenrechtskonvention ist der Zugang zu Information in Artikel 21 verankert. Die Massenmedien, einschließlich der Anbieter von Informationen über das Internet werden aufgefordert, ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen.

Im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012-2020 zur Umsetzung der UN-Behin­dertenrechtskonvention ist als Maßnahme 102 die schrittweise Erhöhung des Anteils der Barrierefreiheit aller Sendungen des ORF und anderer audiovisueller Medien­dienste bis 2020 enthalten.

Bis es so weit ist, müssen blinde, schwer sehbehinderte, gehörlose, schwer hörbe­hinderte und taubblinde Menschen die volle Rundfunkgebühr bezahlen, obwohl sie nur einen Teil des Programms konsumieren können.

Von 2010 bis 2015 ist der Ausbau der Untertitelung für gehörlose und schwer hörbehinderte Menschen der Sendungen von ORF 1  + 2 von 41,13 % auf 67,6 % gestiegen, die Untertitelung von ORF III betrug 2015 33,95 %.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 237

Der Ausbau des barrierefreien Angebotes für blinde, taubblinde und schwer seh­behinderte Menschen mittels Audiodeskription stieg im selben Zeitraum von 2,3 % auf nicht einmal 10 %.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der vorsieht, dass die Rundfunkgebühr für sinnesbehinderte Menschen dem prozentuellen Ausbau des barrierefreien Ange­botes entspricht.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.47.22

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Jarmer, dieser Antrag kommt ja in den unterschiedlichen Ausschüssen immer wieder einmal. Das richtige Ministerium wäre eigentlich das Finanzministerium, da die Fernmeldege­büh­renordnung im Finanzministerium geregelt wird. Deswegen ist der Minister eigentlich der falsche Ansprechpartner, und aus diesem Grund werden wir heute den Antrag auch ablehnen.

Ich kann den Ansatz natürlich nachvollziehen, überhaupt keine Frage, aber ich möchte trotzdem zu bedenken geben, dass die Gebührenbefreiung einer anderen Logik – wenn ich das so sagen darf – folgt, nämlich der Logik, dass man auf Einkommens­grenzen schaut. 2004 ist das unter einer blau-schwarzen Regierung geändert worden, man hat damals das Gesetz dahin gehend geändert, dass eben die Einkommens­grenze der ausschlaggebende Punkt für eine Gebührenbefreiung ist. Seitdem ist das eben so. Und es ist nicht daran gemessen worden, wie groß der barrierefreie Ausbau des ORF-Programms ist. Das ist einfach nur die Logik hinter dem Gesetz.

Ausführen möchte ich auch noch gerne ganz kurz – die Kollegin Jarmer hat es angesprochen –, dass sich in der Barrierefreiheit des ORF schon viel getan hat. Das muss man aus meiner Sicht schon sehr anerkennen. Wir haben erst vor Kurzem beim ORF einen Round Table gehabt, wo auch Behindertenorganisationen das wirklich sehr, sehr lobend erwähnt haben. Es gibt, wie gesagt, 67 Prozent Untertitelung, es gibt aber auch 464 Stunden, die beim ORF in Gebärdensprache gedolmetscht werden, wir haben zirka drei Stunden pro Tag Fernsehprogramm mit Audiodeskription.

Es ist also wirklich viel getan worden, vor allem auch deswegen, weil der ORF bis 2014 die Gebührenrefundierung auch dafür bekommen hat, dass der barrierefreie Ausbau weiter vorangetrieben werden kann. Das ist im Moment nicht der Fall. Vielleicht sollten wir in diese Richtung wieder einmal denken, denn ich glaube, in erster Linie geht es nicht nur um Gebührenbefreiung, sondern um Teilhabe für Menschen mit Sinnesbeein­trächtigung. Und dahin sollten unsere Anstrengungen gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.49



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 238

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich sehe keinen Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgebührengesetz, die Fernmeldegebührenord­nung und das Fernmeldegebührengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1175 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire Rundfunkgebühren für Menschen mit Sinnesbehinderungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fernsprechentgeltzuschussgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1176 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.51.1130. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über den Antrag 1776/A(E) der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Philip Kucher, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der For­schungsprämie sowie über den

Antrag 460/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Evaluierung der Forschungsprämie (1208 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über den Antrag 337/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der indirekten Forschungsförderung – Erhö­hung der Forschungsprämie für EPUs und KMUs (1209 d.B.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 239

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 30 und 31 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.52.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Meine Damen und Herren! 2017 soll die Forschungsprämie evaluiert werden. Das ist schon länger eine Forderung, eine Forderung, die auch von den Grünen kommt.

Was ist überhaupt die Forschungsprämie? – Sie ist an und für sich ein sehr gutes Werkzeug. Blickt man zurück, so sieht man, es hat diese Bundesregierung im Budget­begleitgesetz 2011 gesagt, man sollte als Ergebnis einer Evaluierung diese doch etwas zersplitterte Förderlandschaft komprimieren und beobachten, wie die einzelnen Werkzeuge wirklich wirken. 2013 hat es dann bei der Forschungsprämie, einem Steuervorteil, der ja von der FFG, der Forschungsgesellschaft des Bundes, genau darauf evaluiert wird, welche Projekte wirklich Forschungs- und Entwicklungsprojekte sind und was nicht in diesen Bereich gehört, eine Evaluierung gegeben, und man hat entdeckt, dass dieser Prozess höchst effizient ist. Daraufhin hat es berechtigterweise weitere Erhöhungen gegeben. Zuletzt wurde im heurigen Jahr die Forschungsprämie auf 12 Prozent erhöht.

Und jetzt haben sich glücklicherweise die Regierungsparteien angeschlossen und haben gesagt, es ist sinnvoll, genau dieses Werkzeug einmal darauf zu überprüfen, wo es wirkt, wo es nicht wirkt, ob es Verwerfungen und Ausreißer gibt. Und ich muss sagen, bei den direkten Förderungen gibt es das ja im Prinzip laufend durch die FFG selbst, bei der Forschungsprämie werden wir das jetzt haben. Der Betrag von 500 Mil­lionen an Steuermitteln, die davon betroffen sind, rechtfertigt das.

Für mich ist die Evaluierung nicht deshalb wichtig, um sie sozusagen zu hinterfragen und zu sagen: Nein, das ist eigentlich ein Werkzeug, das wir nicht bejahen!, sondern ich glaube, die Forschungsprämie ist ein absolutes Standort-Highlight. Ich habe in der letzten Zeit von zwei Firmen gehört, die genau aufgrund der Forschungsprämie ihren Standort nach Österreich verlegt haben. Man kennt es immer wieder, es gibt drei oder vier Länder, mindestens eines davon im südostasiatischen Bereich, bei denen man sich dann fragt, wo man mit seinen Produktions- oder Forschungsstandorten hingehen soll. Da ist meistens Forschung gekoppelt mit der gleichzeitigen Produktion von entsprechenden Hightech-Produkten. Und ich erwarte mir – das ist möglicherweise jetzt noch ein Wunsch an das Christkind, aber er sei trotzdem geäußert –, dass genau diese Evaluierung diesen tollen und guten Standortvorteil bestätigt.

Was ich noch nicht weiß und was ich mir dann auch aus der Evaluierung erhoffe, ist, dass man sieht, welche Auswirkungen das Ganze auf die KMUs hat. Wir reden immer davon, dass es auch eine Forschungsförderung für KMUs geben soll, und wollen das verstärken. Ich bin mir nicht immer sicher, ob alle Werkzeuge auch wirklich dort ankommen. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, was die Evaluierung selbst bringt.

Und manche werden jetzt sagen: Na ja, die Freiheitlichen haben jetzt den ursprüng­lichen und gemeinsamen Antrag bejaht, aber auch den Antrag der Frau Kollegin Lichtenecker! Was war für die Grünen der Unterschied und was ist auch für uns eigentlich wichtig? – Wir erwarten uns, dass der Zeithorizont implizit in die Arbeit und in die Evaluierung einbezogen wird. Ist er zu kurz, dann kann man eigentlich zu wenig wirklich aussagen. – Und in diesem Sinne erwarte ich ein hoffentlich sehr positives Ergebnis für die österreichische Forschungslandschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

20.56



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 240

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.56.46

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wiederhole mich zwar, aber ich glaube, man kann es nicht oft genug sagen: Wir werden im internationalen Wettbewerb niemals mit den niedrigsten Löhnen, mit den billigsten Produkten, mit den billigsten Dienstleistungen, mit den niedrigsten Sozial- und Umweltstandards gewinnen können, sondern es kann nur über die besten Köpfe, über die besten Ideen, über innovative Produkte und Dienstleistungen funktionieren. Deshalb ist gerade der Bereich For­schung, Technologie und Innovation ein ganz wesentlicher auch für die Zukunftsfähig­keit unserer Republik, für Arbeitsplätze, für ganz große Herausforderungen, egal, ob im Sozial- oder im Umweltbereich, die wir gemeinsam auch angehen sollten.

Grundsätzlich: Wie schauen die Ausgaben für den Forschungs- und Entwicklungs­bereich in Österreich aus? – Es gibt eine Prognose der Statistik Austria für 2016: 10,74 Milliarden €  – das ist ein Rekordniveau, das für den F&E-Bereich für das Jahr 2016 prognostiziert wird. Wir liegen damit auch im europaweiten Vergleich hinter Finnland und Schweden, noch vor Deutschland an dritter Stelle der forschungs­intensivsten Länder. Aber es ist auch ganz klar zu sagen: Auf dem Weg zum Inno­vation Leader, also wirklich zur Weltspitze der forschungsintensivsten und stärksten Länder, ist noch einiges zu tun.

Es gibt einige Bereiche, wo wir in der Vergangenheit schon viel weitergebracht haben – wir haben es im Rahmen des Forschungs- und Technologieberichtes bereits disku­tiert –, man braucht auch leider in vielen Bereichen, trotz aller Ungeduld, einen langen Atem. Es gibt noch viele Bereiche, in denen wir definitiv besser werden müssen – ich nehme das der Sigi Maurer gleich vorweg –: Es ist der Bereich der Grundlagenfor­schung, unsere Wissenschaft und Forschung allgemein auch an den Universitäten, das Bildungssystem, Fragen des Risikokapitals bis hin zu Fragen der Stellung von For­schung, Technologie und Innovation allgemein in der Gesellschaft.

Im Bereich der Forschungsförderung durch die öffentliche Hand sind unsere Ausgaben im internationalen Vergleich durchaus hoch, vor allem auch im Bereich der Förderung der angewandten Forschung. Das Ziel ist es aber immer, dass jeder Steuer-Euro im Bereich der öffentlichen Forschungsförderung einen möglichst großen Hebel entfaltet, also auch den Hebel so nützt, dass der Unternehmensanteil steigt, dass weitere Euros auch aus dem Unternehmensbereich dazukommen.

Jetzt haben wir, wie jede hochentwickelte Volkswirtschaft, in Wahrheit eine Vielzahl an Instrumenten, und im Wesentlichen sind das zwei: Das eine ist die direkte Forschungs­förderung, bei der wir als Politik auch konkrete Projekte und Schwerpunkte vorschla­gen – das BMVIT zum Beispiel, das jetzt einen ganz wichtigen Schwerpunkt mit Produktionstechnologien in der Zukunft, Industrie 4.0, setzt. Das sind Bereiche, bei denen man bewusst Schwerpunkte setzt, da ist die Planungssicherheit für die Unter­nehmen geringer, da das sehr kompetitiv vergeben wird.

Und zusätzlich gibt es dann aber auch andere Bereiche, die genauso notwendig sind, das ist die indirekte Forschungsförderung, die sogenannte Forschungsprämie in Österreich, bei der 12 Prozent der Forschungsleistung jedes Unternehmens auch steuerwirksam geltend gemacht werden können. Das hat einige Vorteile. Es ist niederschwelliger, die Planungssicherheit ist höher. Die Frage ist: Wie schaut der Steuerungseffekt aus, vor allem im Bereich dieser Hebelwirkung? (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 241

Genau diese Frage haben wir jetzt gemeinsam im Ausschuss auch besprochen. Da darf ich wirklich noch einmal an alle Fraktionen hier im Hohen Haus Danke sagen, dass wir das gemeinsam in Angriff nehmen. Wir haben ja auch zu überlegen, qualitativ und quantitativ, wie die Forschungsprämie funktioniert. Können wir da etwas ver­bessern, mit dem Ziel, dass wir wirklich jeden Steuer-Euro optimal einsetzen, damit wir wirklich im Bereich der Innovationen auch zur Weltspitze gehören? (Beifall bei der SPÖ.)

21.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


21.00.30

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Leichtfried! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde das wirklich großartig, dass es endlich eine Einigung darüber gibt, dass die Forschungsprämie evaluiert wird. Das ist eine lange Geschichte, eine lange von mir verfolgte Geschichte, weil ich als Ökonomin den Zugang habe, dass, wenn es Maßnahmen gibt, diese auch auf ihre Effizienz zu überprüfen sind. Dem entspricht auch mein Antrag, der Ihnen vorliegt, aus dem Jahr 2014. Er wurde halt immer wieder vertagt und wurde jetzt endlich in dieser Form im letzten Ausschuss wieder diskutiert und steht heute mit einem anderen Antrag hier im Plenum zur Debatte.

Jetzt möchte ich einen Schritt zurückgehen, und da stellt sich die Frage Wo ist der Ausgangspunkt? – Der Ausgangspunkt der ganzen Debatte ist im Jahr 2011, da wurde die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent erhöht. Ich möchte betonen, dass ich zutiefst davon überzeugt bin, dass die Kombination aus direkter Forschungsförderung und indirekter Forschungsförderung, also der steuerlichen Forschungsförderung, ein sehr effizientes Instrument darstellt. Gleichzeitig glaube ich, dass es notwendig ist, die Forschungsprämie genauer anzuschauen.

Anno dazumal, 2011, hat zu dem Zeitpunkt, zu dem die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent erhöht worden ist, einer der wirklich führenden Top-Innovationsexperten in Österreich – nicht nur in Österreich, sondern auch international anerkannt –, Andreas Schibany, das analysiert und hat dann festgestellt, dass der Ausbau – und jetzt zitiere ich –: der steuerlichen Förderung in ihrer aktuellen Ausgestaltung ausschließlich Mit­nah­meeffekte erzeugt und nicht jenen Kriterien entspricht, die in der FTI-Strategie formuliert wurden. – Zitatende.

Weiter ist es damit gegangen, dass die Kriterien der steuerlichen Forschungsförderung zu wenig zielgruppenspezifisch sind und keiner entsprechenden Kontrolle unterliegen. Also: Wir haben ein Instrument, dass es hier besser zu gestalten gilt.

Insofern habe ich natürlich dann im Jahr 2013 eine entsprechende Anfrage an das Finanzministerium gerichtet und gefragt: Wie sieht es denn mit den Effekten aus? Was tut sich denn da so? – Das Finanzministerium – Frau Kollegin Dr. Fekter lächelt mich an, es war ja in ihrer Zeit, als das beantwortet worden ist – sagte dann – ich zitiere jetzt aus der Anfragebeantwortung –:

„Das Bundesministerium für Finanzen verfügt über kein geeignetes Datenmaterial, aus dem sich ein seriöser Vergleich (…) ableiten ließe

Das ist auch ein bisschen matt: kein geeignetes Datenmaterial bei einer steuerlichen Förderung. – Weiter wurde ausgeführt:

„Öffentlich bekannt sind derzeit nur bruchstückhafte Fakten“ – das war aus der Anfrage ans Ministerium – (…) „dass derzeit ‚vier Fünftel der Forschungsprämie an Groß­betriebe‘ ausgeschüttet werden.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 242

Gut, damit hat sich dann der Antrag mit dem Ersuchen um Evaluierung ergeben, weil – und jetzt kommt der Rechnungshof noch ins Spiel – der Rechnungshof wiederum auch die Wirkung dieser steuerlichen Begünstigung beschrieben hat, und da heißt es – ich zitiere aus dem Rechnungshofbericht –:

„Die steuerliche Forschungsförderung wirkte im Wesentlichen quotenorientiert (mög­lichst hohe Zahl von Förderungsfällen); messbare qualitätsorientierte Outputindika­to­ren, wie etwa die Zahl der Patente und Publikationen, die Entwicklung der Beschäf­ti­gungsdynamik in (neu gegründeten) Unternehmen oder die Zahl der Forschungs­kooperationen mit Wissenschaftseinrichtungen, spielten keine Rolle.“

Jetzt sage ich einmal: Ein besonders prickelndes Zeugnis des Rechnungshofes ist es ja wiederum nicht. Insofern halte ich es selbstverständlich für notwendig, das grundsätzlich zu evaluieren. Daher ist es jetzt gut, dass evaluiert wird. Meine Erwar­tung ist – und so ist es auch im Ausschuss debattiert worden –, dass die Evaluierung bis zum Jahr 2011 zurückgeht, um hier ganz konkret zu schauen: Wie sind die Effekte? Wie hat sie sich entwickelt? Ein wesentlicher Punkt ist auch noch in meinem Antrag enthalten, und das sind die klein- und mittelständischen Unternehmen.

Es ist eine große Herausforderung, die Forschungskooperationen zwischen den größeren Unternehmen und den klein- und mittelständischen Unternehmen zu stärken. Aber vor allem halte ich es für dringend notwendig, genau die klein- und mittel­ständischen Unternehmen – die nicht die großen Forschungsabteilungen haben, die nicht die großen Rechtsabteilungen haben, die die Förderanträge machen – zu unter­stützen und für diesen Bereich die Prämie entsprechend zu erhöhen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Doppler.) Ich glaube, dass das ein sehr effizienter und wirksamer Maßnahmenmix wäre, der hier unterstützend sein kann.

Nichtsdestotrotz: Wir werden selbstverständlich den Antrag unterstützen und laden Sie ein, den Antrag der Grünen in dieser Form – im Sinne eines guten Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Österreich – heute auch mitzutragen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

21.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


21.05.50

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Deimek hat es ja schon ange­sprochen, die Forschungsprämie hat sich in den letzten Jahren wesentlich geändert: in ihrer Höhe beziehungsweise in ihrer Umsetzung, in der technischen Durchführung, spätestens seit der Bündelung verschiedener Instrumente bei der Forschungsprämie und damit verbunden mit einer Erhöhung von 8 auf 10 Prozent beziehungsweise durch die Steuerreform auf 12 Prozent. Darüber hinaus wurden aber Kompetenzen – und zwar jetzt auch in der Begutachtung der inhaltlichen Voraussetzung von Unterneh­men – im Jahr 2013 an die FFG übertragen.

Es wurden aber auch die Forschungsprämien betreffend einige Änderungen umge­setzt: wie etwa was die Wertschätzung oder die Wertigkeit von interner Forschung und Entwicklung betrifft, im Gegensatz zu der extern beauftragten Forschung und Entwicklung.

Wir wollen natürlich nun – mit diesem heutigen Entschließungsantrag – diese For­schungsprämie einer Evaluierung unterziehen. Wir haben im Rahmen des Aus­schusses auch darüber gesprochen, was sozusagen die zeitliche Komponente betrifft, und uns gegenseitig versichert, dass man damit eigentlich mit dem Zeitpunkt vor dem


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 243

Jahr 2011 starten wird, mit 2009/2010, dass das auf jeden Fall berücksichtigt wird und dass es dadurch auch Rückschlüsse auf die quantitative und qualitative Wirkung dieser Forschungsprämie geben soll.

Es freut mich, dass wir hier auch eine größtmögliche Zustimmung haben, denn ich glaube, es ist auch im Sinne einer Evaluierungskultur, die wir auch im Ausschuss im Rahmen des Forschungs- und Technologieberichts diskutiert haben. Dass es diese gibt, wurde uns von den dort anwesenden Experten auch attestiert, vor allem was die direkte Forschungsförderung betrifft, und dass das natürlich auf eine indirekte For­schungsförderung auch umgemünzt werden soll. Es ist einfach wichtig, dass Instru­mente und Maßnahmen immer wieder auf ihre Treffsicherheit, auf ihre Auswirkung und ihre Zielerreichung überprüft werden.

Wir haben diesen Antrag der Opposition und vor allem der Grünen in der Vergan­genheit natürlich auch schon vertagt, aber immer mit dem Hinweis, dass es eine qualifizierte Datenlage braucht, um diese Evaluierung aufgrund der vielen Änderungen auch durchführen zu können.

Diese Evaluierung ist jetzt keineswegs auf Skepsis gegenüber dieser Forschungs­prämie bezogen, denn ich bin durchaus der Meinung, dass dieses Instrument ein wichtiger Anreiz für Unternehmen ist, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Ich bin auch der Meinung, dass es eine Stärkung des österreichischen Forschungsstand­ortes bedeutet und dass es auch die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes erhöht. Insgesamt sind neben den indirekten oder den direkten Förderungen auch in definier­ten Schwerpunkten steuerliche Förderungen für allgemeine Forschungsanstrengungen wichtig, um einen guten Mix herzustellen. Ich glaube, das wurde im Forschungs- und Technologiebericht auch entsprechend gewürdigt.

Ich bin der Meinung dass Forschung und Entwicklung eine gemeinschaftliche Aufgabe sind, die müssen der Bund, die Länder und auch die Gemeinden fördern, denn es ist einfach wichtig, die Relevanz und die Notwendigkeit auf allen Ebenen sichtbar zu machen: dass Forschung und Innovation zu einer starken Wettbewerbsfähigkeit, zu Wohl­stand und zu Arbeitsplätzen und auch zu einer gesellschaftlichen Weiterentwick­lung führen.

Vielleicht darf ich da noch anmerken, dass natürlich in vielerlei Hinsicht auch immer wieder das Forschungssystem und die Forschungsfinanzierung weiterentwickelt wer­den. Deswegen auch die Freude über die Ankündigung am Dienstag im Ministerrat, dass – Kollege Deimek hat es schon angesprochen – auch eine Übersicht für die Unternehmen gegeben sein muss und dass natürlich auch die KMUs in den Genuss dieser Forschungsprämie kommen. Es muss klar ersichtlich sein, was es gibt, welche Voraussetzungen es gibt und wer das abwickelt.

Unter anderem wurde auch angekündigt, ein Förderportal zu installieren – foerderpilot.at –, um genau diese Transparenz zu geben: Was gibt es auf dem Markt? Was gibt es staatlich organisiert? Wo kann ich das in Anspruch nehmen?

Das ist nur ein Punkt, es gibt viele weitere Punkte. Ich möchte es heute nicht allzu lange ausdehnen, weil der Wunsch besteht, den Fußballfans auch Zeit zu geben. (Abg. Doppler: Bitte, Frau Kollegin!)

Vielen herzlichen Dank dafür, dass wir hier, wie auch im Ausschuss, diesen Antrag gemeinschaftlich mittragen und dass wir diesen auch umsetzen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.10


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Maurer zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 244

21.10.55

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wider Erwarten, Philip Kucher, geht es nicht ausschließlich um die Grundlagenforschung, aber natürlich ist es wichtig, dass die Grundlagenforschung Geld erhält.

Ich möchte zur Evaluierung der Forschungsprämie und zum Rahmen dazu sprechen. Auch ich begrüße es sehr, dass die Forschungsprämie jetzt endlich evaluiert wird, das ist eine langjährige Forderung. Aber ich möchte in Erinnerung rufen, worum es auch geht, nämlich um die Frage: Erreichen wir mit der Forschungsprämie das Ziel, For­schung zu stärken und zu unterstützen? (Zwischenruf des Abg. Doppler.Es ist schon erwähnt worden, dass in der Vergangenheit bereits Verbesserungsschritte gesetzt wurden. Während vorher nur vom Finanzamt geprüft wurde, gibt es jetzt ein Begutachtungsverfahren durch die FFG, um sicherzustellen, dass das Geld tatsächlich in Forschungsprojekte und nicht etwa in die Sanierung von Gebäuden oder Ähnlichem fließt. Das ist jedenfalls eine Verbesserung.

Allerdings sind noch nicht alle Zweifel ausgeräumt, und es stellt sich die Frage – es sind 500 Millionen € –: Ist dieses Geld tatsächlich effizient eingesetzt? – Dazu möchte ich auf einen Rechnungshofbericht Bezug nehmen, der vergangene Woche veröffent­licht worden ist, ganz grundsätzlich zum Ziel der Forschungsquote von 3,76 Prozent bis zum Jahr 2020. Wir alle wissen, dieses Ziel werden wir nicht erreichen. Aber der Rechnungshof sagt diesbezüglich schon Erstaunliches.

Herr Minister Leichtfried, ich möchte Ihnen mitgeben, dass man da insgesamt – also nicht nur bei der Forschungsprämie, sondern insgesamt, was diese Ausgaben betrifft – genauer hinschaut.

Der Rechnungshof sagt: Das ist weder ein aussagekräftiger noch steuerungsrelevanter Wirkungsindikator und „nicht geeignet, die Effizienz, die Qualität und die Effektivität der eingesetzten Mittel im F&E-Bereich wiederzugeben.“

Ein ähnliches Problem betrifft eben auch die Forschungsprämie: Wir stecken da zwar Geld hinein, aber was dabei herauskommt, wissen wir nicht. Wir hoffen, dass wir das jetzt durch die Evaluierung geklärt bekommen.

Ich möchte diese Debatte nutzen, um auch auf die restlichen Problemstellen hinzu­weisen. Wir haben – das kommt bei diesem Rechnungshofbericht heraus – 240 ver­schie­dene Stellen, die Forschungsfinanzierung in Österreich abwickeln. 240 Stellen sind für ein so kleines Land wie Österreich tatsächlich sehr, sehr viel. Der Rech­nungshof kommt auch zum Schluss, dass das Ganze sehr komplex und sehr intrans­parent ist und dass einheitliche Datenbanken fehlen.

Dazu kommt noch – das ist etwas, was mich besonders irritiert und worin wir auch eine kleine Parallele zur Diskussion der Forschungsprämie der vergangenen Jahre sehen –, dass ein Drittel der Angaben der Bundesländer nicht plausibel war. Also dort haben wir auch wieder die Situation, dass Geld in Bereiche geht, die zwar unter dem Titel Forschung laufen, tatsächlich aber etwas ganz anderes sind.

Ich denke, dass wir da viel genauer hinschauen müssen. Es geht bei dieser Quote, bei der Forschungsfinanzierung insgesamt um die Frage: Landet dieses Geld tatsächlich in Forschung und Entwicklung? Landet es tatsächlich in den Projekten, die zukunfts­wirksam sind, oder eben nicht? Und dann muss man es auch korrekt ausweisen, denn wenn das Geld für etwas anderes ausgewiesen wird, dann können wir es auch nicht zur Quote dazurechnen und uns so einen besseren Wert quasi erschwindeln und sagen: Wir sind da eh schon ganz gut!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 245

Wir brauchen ganz klare Zahlen, Daten und Fakten, um eben sicherzustellen, dass die Mittel gut und richtig eingesetzt sind.

Herr Minister, das ist ja quasi Ihr Start, und ich möchte Ihnen eine Lupe mitgeben, damit Sie sich sehr genau anschauen können, ob wir in diesem Bereich tatsächlich transparent und sauber genug arbeiten. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Bun­desminister Leichtfried: Danke!)

21.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


21.14.58

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Nationalrat möchte heute ein klares Zeichen setzen: dass für alle Forschungsförderungsprogramme das Gleiche gilt.

Eine Evaluation – somit auch zu schauen, ob die Gelder zweckmäßig verwendet werden, ob sie ihren Sinn erfüllen, ob das funktioniert – sollte eigentlich eine Selbst­verständlichkeit sein. Es ist eher fragwürdig, warum das nicht überhaupt schon geschehen ist. Ob das wirklich so ist, die These, ob das wirklich funktioniert – wie Kollege Kucher das ja auch ausgeführt hat –, kann man eigentlich nicht wirklich sagen. Das ist ja auch das einzige Problem, das ihr zum Beispiel mit der Begründung unseres Antrags habt, aber darüber kann man jetzt hinwegsehen. Es sind ja immer nur vermutete Dinge, die man da in den Raum stellt, ein bisschen anekdotisches Wissen, ob die Forschungsprämie in der Art und Weise funktioniert, weil wir es eben nicht wissen und noch nicht evaluiert haben.

Der historische Rückblick zu diesem Thema macht einen ja auch ein bisschen skep­tisch. 2010 hat der damalige FWF-Chef Gerhard Kratky auch gesagt, dass er „mit Befriedigung“ zur Kenntnis genommen hat, dass bei der Regierungsklausur die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent erhöht wurde. Denn „bedauerlicherweise hat es eine ähnliche Erhöhung für die Grundlagenforschung nicht gegeben“, und das ist „langfristig ein immens schädliches Vorgehen“ gegenüber der Grundlagenforschung. Die Situation für die Grundlagenforschung hat sich ja in der Zwischenzeit bekanntlich nicht verbessert.

Wie Kollegin Lichtenecker bereits erwähnt hat, gab es damals auch schon Wissen­schaftler, die darauf hingewiesen haben, dass nicht sicher ist, dass diese steuerliche Begünstigungen, diese Incentives, unbedingt so funktionieren, wie man sich das vorstellt.

Ich finde es toll, wenn wir eine Evaluierung beschließen und das haben wollen, denn wir wissen es einfach nicht. Wir können nur mutmaßen, ob das funktioniert oder nicht. Im Sinne dessen, dass es ja um eine Forschungsprämie geht, um Wissenschaft, um Fakten, ist es gut, wenn wir eine wissenschaftliche Evaluierung beschließen. – Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie des Abg. Lugar.)

21.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


21.17.06

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Evaluierung der Forschungsprämie, Erhöhung der Forschungsprämie: Die Forschung ist ein ganz wichtiger Standortfaktor für Österreich, und ganz wichtig dabei ist – Frau Dr. Lichtenecker hat es angesprochen –, dass die KMUs nicht vergessen werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 246

Die Zersplitterung der steuerlichen Forschungsförderung wurde beseitigt, das ist ein ganz wichtiger Ansatz. Zusätzlich wurde die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent und jetzt auf 12 Prozent angehoben.

Das zweite steuerliche Förderungsinstrument, der Forschungsfreibetrag, wurde abge­schafft. Es ist aber auch für die Forschungsprämie, wie wir schon gehört haben, eine Wirkungsevaluierung durchzuführen; nach zweimaliger Erhöhung ist es an der Zeit, das zu machen.

Forschungsförderung ist ein ganz wichtiger Faktor für Österreich und für die heimische Wirtschaft, und daher muss uns die Forschung ein ganz großes Anliegen sein. Die Forschung ist ein Garant für die Arbeitsplätze von morgen, und daher ist das ein ganz dringender Punkt und ein komplett richtiger Antrag, Frau Kollegin Himmelbauer. – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Himmelbauer und Tamandl.)

21.18


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 


21.18.33

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kucher hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir, was die Forschungs­quote anlangt, international sehr gut liegen, nämlich an dritter Stelle, ganz knapp hinter den besten europäischen Staaten Finnland und Schweden und deutlich vor For­schungs­giganten wie Deutschland. Das ist also ein toller Erfolg, der natürlich nicht leicht zu halten sein wird.

Vor allem das Ziel, 3,76 Prozent des BIP bis zum Jahr 2020 für Forschung und Entwicklung aufzuwenden, wird ganz schwierig zu erreichen sein, weil wir uns ja wünschen und hoffentlich auch eintritt, dass das BIP wieder stärker steigt. Und dann wird natürlich dieser Prozentsatz nominell noch einmal sehr viel höher.

Aber wir sind auf einem guten Weg. Vor allem wissen wir, dass wir – so wie bei der Universitätsfinanzierung – auch bei der Forschungsfinanzierung insgesamt einen relativ hohen Anteil öffentlicher Mittel und einen – international verglichen – immer noch niedrigen Anteil privater Mittel haben. Auch deswegen ist es wichtig, diesen privaten Anteil zu steigern, und dafür ist die Forschungsprämie ein sehr gutes Mittel. Dieses Mittel wird übrigens auch sehr stark von Klein- und Mittelbetrieben genützt.

Wir haben über all die Jahre hinweg von den insgesamt 2 500 Anträgen, die die FFG jährlich zu begutachten hat, etwa 85 Prozent an Anträgen aus Klein- und Mittel­betrieben und nur 15 Prozent aus Großbetrieben. Das ist also eine ganz tolle Relation. (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker.)

Wir haben noch etwas, was heute nur angedeutet wurde, nämlich die Möglichkeit, dass die Forschungsprämie auch ausbezahlt wird, wenn Klein- und Mittelbetriebe nicht selbst forschen, sondern durch Forschungsinstitutionen forschen lassen. Sie können Forschungsaufträge – zum Beispiel an Universitäten – vergeben und das dann auch in die Forschungsprämie einspeisen.

Das ist eine ganz wichtige Möglichkeit, damit auch Klein- und Mittelbetriebe stärker forschungsorientiert arbeiten. Ich wünsche mir, dass das noch stärker genützt wird. Die Evaluierung, die wir heute beschließen, wird zeigen, was dabei wie genützt wird. Ich bin auch schon sehr gespannt darauf. Wir haben nun genügend Zeit, um zu sehen, wie sich das Instrument entwickelt hat.

Es ist zudem ein sehr schlankes Instrument – das möchte ich auch sagen, ein bisschen auch zur Rechnungshofkritik der unübersichtlichen Forschungsförderung in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 247

Österreich – mit wenig Bürokratie, mit sehr kurzen Wegen, mit direkten Wegen in das Finanzamt. Ich wünsche mir da ebenfalls, dass das so bleibt. Man muss auch diesbezüglich sehen, dass natürlich die Fülle an Forschungsanstrengungen, die von allen Gebietskörperschaften getätigt wird, nicht ganz leicht in totale Übersichtlichkeit und totale Transparenz überzuführen ist, denn da würde der Aufwand an Bürokratie wieder viel Gutes zunichtemachen.

Man muss allen Gebietskörperschaften, von den Gemeinden über die Länder, dankbar sein, dass sie viel in Forschungsförderung investieren. Natürlich wünsche auch ich mir möglichst viel Effizienz. Die Evaluierung wird zeigen, wie effizient wir sind und wo wir noch Verbesserungsmöglichkeiten haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.21

21.21.53

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30, über die dem Ausschussbericht 1208 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Evaluierung der Forschungsprämie.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 167.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Aus­schusses für Forschung, Innovation und Technologie, seinen Bericht 1209 der Beila­gen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

21.22.4332. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 39. Bericht der Volks­anwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2015) (III-235/1180 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Hell zu Wort. – Bitte.

 


21.23.07

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herr Volks­anwalt! Wir behandeln nun den 39. Bericht der Volksanwaltschaft. Der Volksanwalt­schafts­ausschuss hat sich in zwei Sitzungen mit diesem Bericht auseinandergesetzt. Der Bericht wurde wieder in zwei Bänden aufgelegt, wobei sich der erste Band mit der Kontrolle der öffentlichen Verwaltung und der zweite Band mit präventiven Menschen­rechtskontrollen beschäftigt.

Es ist dies ein sehr ausführlicher Bericht, der eindrucksvoll die Tätigkeit der Volks­anwaltschaft dokumentiert. Er zeigt strukturelle Schwachstellen auf und gibt in einigen Einzelfällen auch Einblick in die Situation, wie sie die Volksanwaltschaft vorgefunden hat.

Die Volksanwaltschaft bearbeitete im Jahr 2015 insgesamt 17 231 Anliegen und Be­schwerden in der öffentlichen Verwaltung. In 8 181 Fällen – das sind rund 48 Prozent – leitete die Volksanwaltschaft ein formelles Prüfverfahren ein. Die meisten Prüfverfahren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 248

wurden im Bereich der inneren Sicherheit eingeleitet. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits im Vorjahr ab, wobei das auf die große Zahl an fremden- und asylrechtlichen Beschwerden zurückzuführen ist. Annähernd gleich viele Prüfverfahren wurden im Sozialbereich eingeleitet, wobei sich Problemstellungen im sozialversicherungsrecht­lichen oder in den arbeitsmarktbezogenen Bereichen ergeben haben.

Meine Damen und Herren, der Zugang zur Volksanwaltschaft soll leicht und für die Bevölkerung einfach möglich sein. Im Rahmen der Sprechtage haben Menschen in allen Bundesländern die Möglichkeit, ihre Anliegen mit der Volksanwaltschaft – den Volksanwälten und der Volksanwältin – persönlich zu besprechen. Im Berichtsjahr fanden 243 Sprechtage mit fast 1 500 persönlichen Gesprächen statt. Zusätzlich kön­nen die Beschwerden telefonisch und schriftlich eingebracht werden. Auf der Home­page ist ein sehr einfaches Beschwerdeformular zu finden, das ebenfalls sehr gerne benützt wird.

Auffallend ist, dass sich nach wie vor mehr Männer als Frauen an die Volksan­waltschaft wenden.

2015 wurde eine IMAS-Studie durchgeführt, die zeigt, dass sieben von zehn befragten Personen die Volksanwaltschaft kennen und dass Bürgernähe und Einsatz für die Bürger sehr hoch bewertet werden. Wahrscheinlich trägt auch die Fernsehsendung „Bürgeranwalt“ wesentlich dazu bei.

Der zweite Berichtsteil beleuchtet das Menschenrechtsmonitoring der Volksanwalt­schaft und ihrer Kommissionen. Im Rahmen des nationalen Präventionsmechanismus kontrollieren die Volksanwaltschaft und ihre sechs Kommissionen regelmäßig öffent­liche und private Einrichtungen. Seit Juli 2012 wurden bereits 1 575 Kommissions­einsätze verzeichnet.

Im Jahr 2015 wurden 501 Kontrollen durchgeführt, 445 davon galten Einrichtungen, wobei der Fokus auf klassische Aufenthaltsorte wie Justizanstalten, Polizeiinspek­tionen und Polizeianhaltezentren gelegt wurde, aber auch auf Alten- und Krankenpfle­geanstalten, Psychiatrien, Krankenanstalten sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen. Zusätzlich wurden 56 Polizeieinsätze beobachtet.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, die Volksanwaltschaft als Institution ist in der Bevölkerung sehr hoch angesehen. Dahinter stehen unsere Volksanwälte mit ihren Mitarbeitern. Ich darf mich im Namen der Bürgerinnen und Bürger für ihre Tätigkeit recht herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Schimanek.)

21.27


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Sieber zu Wort. – Bitte.

 


21.27.20

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Dame und Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Kollege Hell hat die Arbeit der Volks­anwaltschaft in komprimierter Weise perfekt zusammengefasst, dem ist nichts hinzuzu­fügen. Ich möchte mich für meine Fraktion dem Dank an die Volksanwältin und die Volksanwälte anschließen. Ich bitte Sie, diesen Dank auch an Ihre Beamten und die Kommissionen weiterzuleiten.

Was ich ansprechen möchte, ist eine Thematik, die an und für sich nicht im Auf­gabenbereich der Volksanwaltschaft angesiedelt ist, aber dennoch sehr oft bei ihr landet. Es geht um die Sachwalterschaft. Wir haben in Oberösterreich einen Fall, der im Bericht zu finden ist und der die Versäumnisse der Sachwalterschaft sehr schön praktisch darstellt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 249

Es geht dabei um zwei besichtigte Häuser eines Vereins in Oberösterreich, der ohne behördliche Genehmigung nicht nur Wohnversorgung, sondern auch Pflege anbietet: „Geleistet wird diese durch Frau und Herrn XY. Beide verfügen über keine einschlä­gigen Ausbildungen und versorgen 15 teils hochgradig pflegebedürftige Personen im Alter zwischen 45 und 55 Jahren rund um die Uhr.“ Daraus erwirtschaften sie praktisch ihren Unterhalt.

Es geht mir nicht so sehr um die behördlichen Verantwortlichkeiten dieses Falles, sondern vielmehr darum, dass einige dieser Personen besachwaltet waren und dass sich die Sachwalter dieser Personen offensichtlich keinen Deut darum gekümmert haben, wie ihre Schützlinge untergebracht sind, ob es ihnen gut geht und ob es auch wirklich passend für sie ist.

Es ist dabei einfach anzumerken, dass diese Umstände dazu geführt haben, dass die Sachwalter in solchen Fragen sehr oft kontaktiert wurden. Und es war insbesondere Volksanwältin Brinek, die sich immer wieder dieser Themen besonders angenommen hat.

Es trifft sich gut, dass wir gerade heute durch Minister Brandstetter ein neues Erwach­senenschutzgesetz präsentiert bekommen haben, das nun in Begutachtung gehen wird. In diesem Gesetz wird massiv darauf abgestellt, dass solche Fälle in Zukunft nicht mehr stattfinden können, dass eine Anwaltskanzlei nicht mehr eine zu große Zahl an besachwalteten Menschen betreuen kann, dass man vor allem aber die Eigen­vorsorge und Würde der Menschen berücksichtigt und dass alle drei Jahre Überprüfun­gen stattfinden. 

Ich glaube, dass mit diesem Erwachsenenschutzgesetz eine gute Handhabe geschaf­fen wird. Wir werden im Herbst darüber diskutieren können. Und falls dann irgendwann doch noch Mängel auftreten, wird, davon bin ich überzeugt, die Volksanwaltschaft ein offenes Ohr für diese Menschen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.30


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schimanek zu Wort. – Bitte.

 


21.30.22

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volks­hanwalt! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Die Volksanwaltschaft als Institution hat, wie wir schon gehört haben, einen sehr hohen Stellenwert in der Be­völkerung. Dahinter stehen die Volksanwälte und natürlich auch ihre Mitarbeiter, die mit sehr hoher Qualität und Kompetenz für unser Land arbeiten.

Dies belegen auch die zwei beziehungsweise drei Berichte. Herr Kollege Hell hat ja nur von zwei Berichten gesprochen (Zwischenruf bei der SPÖ), dieses Mal hatten wir aber drei, nämlich auch den Sonderbericht zu Vordernberg, den wir dann noch besprechen werden. Das finde ich eigentlich ganz toll, denn so etwas hatten wir schon lange nicht mehr.

Auch ich möchte mich seitens meiner Fraktion recht herzlich bei der Volksanwaltschaft bedanken, ebenso bei ihren Mitarbeitern, denn diese Arbeit ist wirklich sehr hoch zu schätzen. (Beifall bei FPÖ, ÖVP, NEOS und Team Stronach.)

Ich möchte auch – das sei mir an dieser Stelle erlaubt – anmerken, dass es mich sehr freuen würde, besonders als Vorsitzende des Volksanwaltschaftsausschusses, wenn wir diese Themen einmal an prominenter Stelle diskutieren könnten – nicht so wie heute als letzte Tagesordnungspunkte am zweiten Plenartag. Das wäre ein Wunsch


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von mir, und ich denke, das wäre auch im Sinne der Volksanwälte. (Beifall bei FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zahlen hat Kollege Hell eigentlich schon bekannt gegeben. Im Berichtsjahr 2015 gab es 17 231 Beschwerden über die öffent­liche Verwaltung. Das ist ein leichter Rückgang, was aber nicht heißen soll, dass die Beschwerden nicht wichtig waren, insbesondere im Bereich Inneres, Soziales und Justiz. Mit einem Erledigungsgrad von 84,8 Prozent ist das, glaube ich, eine beacht­liche Leistung. Die Mitarbeiter der Volksanwaltschaft haben hervorragende Arbeit geleistet.

Besonders im Ohr ist mir auch, dass die Volksanwälte im Volksanwaltschafts­aus­schuss die gute Zusammenarbeit mit dem Parlament unterstrichen haben. Sie möchten, dass wir auch weiterhin die Anliegen und Berichte aufnehmen und sie auch weiter an Gesetzen mitarbeiten lassen. Vielen Dank auch an die Einladung, die Volks­anwaltschaft zu besuchen. Wir werden der Einladung gerne nachkommen.

Ich würde gerne noch kurz zwei Bereiche ansprechen, die mir besonders wichtig sind, einerseits das selbstbestimmte Leben im Alter und die bundesweiten Besuche der Kommission in 105 Alten- und Pflegeheimen. Ich glaube, diese waren sehr wichtig, weil man sieht, dass die Lebensrealität von alten und behinderten Menschen nicht immer optimal ist. Insbesondere der Umstand, dass man alte Menschen schon relativ früh ins Bett steckt – unter Verabreichung von Tabletten –, ist, glaube ich, nicht im Sinne eines besonders lebenswerten Lebens im Alter. Wir alle haben, denke ich, Anspruch darauf, dass wir, wenn wir etwas älter sind, auch in Würde in diesen Heimen leben können.

Ein weiterer Punkt, der mir ganz wichtig ist, sind die ständigen Versuche der Grünen im Volksanwaltschaftsausschuss, Herrn Dr. Fichtenbauer anzupatzen. Herr Dr. Zinggl, ich schätze Sie wirklich sehr und halte Sie für einen sehr intelligenten Menschen, was ich aber nicht verstehe, ist, dass Sie jedes Jahr wieder etwas haben. War es das letzte Mal die Bestellung des Kommissionsleiters, so ist es heuer die Unterstellung, dass Dr. Fichtenbauer sein Amt nicht unparteiisch ausführt. Und die ewige Dauerschleife wegen des Bestellmodus ist wirklich nicht mehr zu ertragen.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch einmal sagen, dass man mit der Volks­anwalt­schaft auch dann sehr gut zusammenarbeiten kann, wenn man keinen eigenen Volks­anwalt in der Volksanwaltschaft hat. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Ich darf daran erinnern, dass ich mit der ehemaligen Volksanwältin Stoisits sehr gutes Einver­nehmen hatte, wir haben uns ausgetauscht und diskutiert. Meines Erachtens geht es darum, wie man mit solchen Dingen umgeht, ob man einen Beißreflex hat oder ob man konstruktiv miteinander arbeiten will. Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie doch ein bisschen konstruktiver werden.

Wie ich eingangs schon gesagt habe: Die Volksanwaltschaft und ihre Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit, und das sollten wir wertschätzen und nicht schlecht­reden. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.35


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. – Bitte. (Abg. Jarolim – in Richtung der Abg. Schimanek –: War das jetzt original oder Play-back? – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 


21.35.39

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Volks­anwälte! Frau Volksanwältin! Meine Damen und Herren! Einmal im Jahr treffen wir uns hier tatsächlich, um spätabends die Volksanwaltschaft zu loben. Ich mache das auch heuer gerne wieder. Das wiederholt sich seit vielen Jahren. Die Volksanwaltschaft ist


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 251

eine ganz wichtige Einrichtung des Parlaments, die man nicht hoch genug schätzen kann.

Insbesondere begrüße ich es, wenn die Zusammenarbeit mit dem Nationalrat seitens der Volksanwaltschaft fast eingefordert wird, beispielsweise im Zusammenhang mit Verordnungen, die gesetzwidrig sind, wo dann der Nationalrat aufgefordert wird, unterstützend zu agieren.

Ich begrüße auch die Zusammenarbeit der Volksanwaltschaft mit den anderen Ombudseinrichtungen in der Europäischen Union. Da sind uns einige Dinge berichtet worden, die mehr als erfreulich sind. Wenn in Kroatien die Ombudsfrau oder in Polen der Ombudsmann Probleme mit der Regierung beziehungsweise mit dem Parlament hat, dann ist es gut, wenn es Unterstützung von ähnlichen Institutionen in Europa und insbesondere in Österreich gibt.

Weniger großartig finde ich es – Kollegin Schimanek hat darauf angespielt –, wenn Volksanwälte ihre Funktion für Parteipropaganda nutzen, denn das ist nicht im Interesse des Parlaments – geschehen im Präsidentschaftswahlkampf auf „ServusTV“.

Herr Dr. Fichtenbauer, natürlich haben Sie recht, wenn Sie – wie im Ausschuss – sagen, dass es Ihnen als Bürger zusteht, Ihre Meinung kundzutun. Ich weiß nur nicht, ob es dem Amt der Volksanwaltschaft nutzt, wenn Sie das zu exzessiv machen. Ich meine dabei gar nicht Wahlpropaganda für einen bestimmten Präsidentschafts­kandi­daten, sondern die Diskreditierung von anderen Fraktionen im Parlament, des Öster­reichi­schen Gewerkschaftsbundes, des Wirtschaftsbundes, der Arbeiterkammer und so weiter.

Sagen Sie nicht, Sie haben das nicht gesagt, denn ich habe eine A4-Seite hier liegen, die ganz voll damit ist und mit der ich das sehr gut nachweisen kann. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Es sind Aussagen wie: Die Menschen fühlen sich zu Recht von der rot-schwarzen Ebene vernachlässigt, die Grünen sitzen im Rucksack der Roten und so weiter.

Sie können das schon sagen, aber es wäre nicht gut, wenn beispielsweise die Präsi­dentin oder der Präsident des Nationalrates solche Aussagen tätigen würde, wenn die Rechnungshofpräsidentin oder die ehemaligen Rechnungshofpräsidenten solche Aus­sagen getätigt hätten, denn das sind Organe des Parlaments. Auch die Volksan­waltschaft ist ein Organ des Parlaments, weswegen ein wenig Zurückhaltung ange­bracht wäre. Ich ersuche Sie, das in Zukunft bleiben zu lassen.

Es gibt genug Dinge, über die Sie berichten können. Der 39. Bericht der Volksan­waltschaft, der ganz hervorragend gemacht ist, gäbe genug Gelegenheit. Ich hoffe, dass Sie in Zukunft dieses Amt in der Richtung besser vertreten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.38


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Vavrik zu Wort. – Bitte.

 


21.39.10

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Meine sehr geehrten Volksanwälte! Hohes Haus! Und auch grüß Gott an die 17 österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die nicht das Halbfinale anschauen, sondern diese Debatte verfolgen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich möchte mit meinem Dank für die ausgezeichnete Arbeit der Volksanwaltschaft und für den Bericht an meine Vorrednerin und Vorredner anschließen. Ich muss sagen, dass die Lektüre dieses Berichtes für mich gemeinsam mit der Lektüre der Rechnungs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 252

hofberichte immer ein Highlight meiner parlamentarischen Arbeit ist. Das tut gut, denn wir haben ab und zu Low Points – ich denke an die Wahl der Rechnungshofpräsidentin und an den gestrigen Zwischenfall mit diesem Abänderungsantrag. 

Ich muss sagen, die Lektüre ist auch insofern ernüchternd, als sie zeigt, dass es auch in Österreich mit der Gesetzmäßigkeit und der Billigkeit der Entscheidungen der Ver­waltung nicht immer zum Besten steht und dass auch bei uns bei der Einhaltung der Menschenrechte Luft nach oben ist. Es ist gut, sich das in Erinnerung zu rufen.

Erlauben Sie mir aber trotzdem, meine Herren Anwälte, einen kleinen Kritikpunkt, und zwar betreffend die Wahrnehmung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft. Ich darf noch einmal erinnern – für Sie brauche ich das nicht, aber vielleicht für Kollegen –: Artikel 148a B-VG – die Kompetenzen der Volksanwaltschaft –: „Jedermann kann sich bei der Volksanwaltschaft wegen behaupteter Missstände in der Verwaltung“ und so weiter „beschweren, sofern er von diesen Missständen betroffen ist und soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht.“

Und dann steht in Absatz zwei: Die Volksanwaltschaft kann bei solchen Missständen auch von Amts wegen prüfen. – Soweit zur Kompetenz laut B-VG.

Ich beziehe mich jetzt in meiner kleinen Kritik auf das Kapitel „Landesverteidigung und Sport“, 3.11, Seite 187 und weitere. Hier steht eingangs, dass im Mittelpunkt der Beschwerden dienstrechtliche Probleme und Beschwerden von Präsenzdienern stan­den, aber tatsächlich dreht sich der Bericht im Folgenden nicht darum, stellt also nicht diese Probleme dar, sondern eher amtswegige Prüfverfahren seitens der Volksan­waltschaft, und zwar in drei Bereichen: erstens „Symbolische Akte gegen die Lan­desverteidigung“, zweitens „Lückenhafte Luftraumüberwachung“ und drittens dann „Weitere Mängel bei verschiedenen Truppenteilen“.

Ich kann nicht auf alles im Detail eingehen, aber ich nehme eines als Beispiel: Die Volksanwaltschaft geht davon aus, dass die umfassende Landesverteidigung zu respektieren ist.

Wichtig: Ein Teil davon ist die geistige Landesverteidigung, wiederum ein Teil davon sind die Symbole der Verteidigung, und darunter fallen wiederum zum Beispiel auch militärische Institutionen, die sich an und für sich außerhalb des Militärwesens befinden, und diese sind eine Visitenkarte auch für die innere Motivation. Wir sprechen natürlich von der Militärmusik. Und wenn es der Militärmusik nicht gut geht, dann geht es diesem Symbol nicht gut, dann geht es an die geistige Landesverteidigung und daher auch an die umfassende Landesverteidigung.

So hat die Volksanwaltschaft befunden, und ich zitiere aus dem Bericht: „Als Pläne bekannt wurden, die Militärmusikkapellen einer drastischen personellen Kürzung zu unterziehen, leitete die VA ein amtswegiges Prüfungsverfahren ein und hinterfragte das Vorhaben.“

Ich glaube nicht, dass es die Aufgabe der Volksanwaltschaft ist, das Vorhaben des Ausschusses beziehungsweise dieses Hauses zu hinterfragen und im Vorhinein zu checken – und auch nicht nachher, wenn es einmal in Gesetz gegossen worden ist. (Beifall bei den NEOS.)

Man kann der Meinung sein, dass es eine Hauptaufgabe der Armee ist, die traditionelle Musikkultur zu fördern – durchaus, das ist eine Diskussion wert. Und es ist auch interessant, zu erfahren, dass Dennis Russel Davies und die Konferenz der öster­reichischen Musikschulwerke und der Gemeindeverband und andere Personen und Institutionen, die in Sachen Landesverteidigung sehr kompetent sind, auch dieser Ansicht waren. Trotzdem glaube ich, das fällt nicht in den Bereich der Volksanwalt­schaft. (Abg. Schimanek: Die Volksanwaltschaft … doch nicht erklären müssen!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 253

Das Gleiche gilt für die Auflassung des Militärrealgymnasiums Wiener Neustadt, die Verzögerung bei der Bestellung des Milizbeauftragten, die Diskussionen um die An­gelobungen auf öffentlichen Plätzen – das ist durchaus auch diskussionswürdig, hat aber mit Missständen in der Verwaltung, die einzelne Personen betreffen, wenig zu tun.

Auch zur Luftraumüberwachung gibt es eine sehr interessante Abhandlung, auch mit einem Exkurs über asymmetrische Kriegsführung, sicherheitspolizeiliche Bedrohungs­lage an Stellen, wo bei uns vielleicht auch der 11. September einmal zum Tragen kommen könnte, Terroranschläge. – Missstände sehe ich darunter nicht.

Und unter dem Punkt „Weitere Mängel“ geht es dann um den Mangel an Ein­satzbereitschaft der Pionierbataillone 1 und 3 – durchaus möglich, ja, und durchaus bedauernswert –, und es wird auch die Reduktion der schweren Waffen bemängelt. – Gut, das war eine sicherheitspolitische Entscheidung, und ich fürchte, da hat eine gewisse Liebhaberei für das Bundesheer Eingang in den Bericht gefunden. (Abg. Lausch: Was wollen Sie uns sagen damit?)

Ich finde es schade – diese Abhandlung hier ist durchaus interessant und hat auch ihre Argumente –, denn es werden da die Ressourcen der Volksanwaltschaft nicht sinn­gemäß, gesetzesgemäß eingesetzt, und ich glaube, es ist auch schade, weil einfach die Glaubwürdigkeit der Volksanwaltschaft darunter leidet. Das war vielleicht dieses Mal nur ein Ausrutscher, aber ich würde darum bitten, dass sich die Volksanwaltschaft in Zukunft mehr an ihren Auftrag hält.

Ich möchte noch einen zweiten Punkt erwähnen, und zwar unterstützend einen Kritikpunkt der Volksanwaltschaft, der uns sehr wichtig ist: Es geht um die Situation der Obsorge betreffend unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, kurz UMF. Es ist so, dass sie bis zum Beginn des Asylverfahrens in der Obsorge des Bundes stehen. Der Bund hat jedoch nicht die notwendigen kindergerechten Unterbringungsmöglichkeiten. Das heißt, diese Kinder sind bis zu zehn Monate in einem Limbus-Status, es mangelt an allem, sie bekommen keine Ausbildung, keine Schule, sind auf sich allein gestellt. Das sind Zustände, die wir für österreichische Kinder nie akzeptieren würden, und ich sehe nicht ein, dass es okay sein soll, nur weil es Flüchtlinge sind.

Die Volksanwaltschaft bemängelt das zu Recht, wir unterstützen das. Wir glauben, dass die Regierung schnellstmöglich dafür Sorge tragen sollte, dass sämtliche Kinder und Jugendliche, die also noch nicht offiziell den Antrag stellen können und die derzeit noch in der Obsorge des Bundes sind – in zum Teil überfüllten Aufnahmelagern wie zum Beispiel Traiskirchen, welches die Volksanwaltschaft mehrmals besucht hat –, in die Grundversorgung der Länder übertragen werden, damit sich die Kinder- und Jugendhilfeträger auch kindgerecht um sie kümmern können. Das möchte ich hier unterstreichen und ganz besonders unterstützen. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

21.46


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


21.46.22

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die österreichische Volksanwaltschaft leistet eine sehr wichtige Arbeit, das haben auch meine Kollegen festgestellt. Besonders für die Menschen in unserem Land ist sie ganz wichtig. Nächstes Jahr, 2017, feiert diese Bürgerinnen- und Bürgereinrichtung ihr 40-jähriges Bestehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 254

Österreich war nach den skandinavischen Ländern Vorreiter. Auch bei uns gab es vor 40 Jahren Vorbehalte, gab es Bedenken. Diese haben sich in der Praxis aber als nicht zutreffend erwiesen.

Heute geht es um den Bericht über das Jahr 2015. Auf drei Menschenrechtsbereiche möchte ich eingehen. Ich beginne wie mein Kollege mit den Sachwalterschaften, mit den Sachwalterinnen und Sachwaltern, denen die gesetzliche Vertretung von psychisch kranken und geistig behinderten Erwachsenen übertragen wird. So wie mein Kollege Norbert Sieber möchte ich auf die Kritik, die berechtigte Kritik – an der Überlastung, an zu wenig Zeit, Einschränkungen über das Notwendige hinaus – eingehen.

Diese Kritik wird ernst genommen, und es wird zu gesetzlichen Verbesserungen kommen. Der neue zeitgemäße Gesetzesvorschlag ist in der Begutachtungsphase: Mehr Zeit für die Betroffenen, das Eingehen auf die einzelne Person bei der Fest­legung, in welchen Bereichen es keine Einschränkungen geben soll, das ist die Zielrichtung.

Meine Damen und Herren, die Volksanwaltschaft hat festgestellt – und das ist kein Ruhmesblatt –, dass es in Polizeianhaltezentren zehnmal so viele Selbstmorde gibt wie in Justizanstalten. Die Volksanwaltschaft fordert, um diese Selbstmorde zu verhindern, diese Kurzschlusshandlungen zu vermindern, die Verbesserung im medizinischen Bereich und vor allem auch einheitliche Richtlinien und entsprechende verpflichtende Personalschulungen – unerlässliche Schulungen. Dies soll rasch umgesetzt werden, ohne Zeitverlust sollen diese wichtigen Punkte Realität werden.

Meine Damen und Herren, ich habe schon erwähnt: In den siebziger Jahren waren wir, war Österreich eines der ersten Länder mit einer parlamentarischen Volksanwalts­einrichtung. Heute gibt es sie in 90 Staaten. Diese sind Mitglied im International Om­budsman Institute mit Sitz in Wien. Volksanwalt Dr. Kräuter hat die Aufgabe des Generalsekretärs. Die Stärkung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und transparente Verwaltung sind die Aufgabenfelder. Diese internationale Arbeit steht nicht im Rampenlicht, ist aber für die Lebensumstände der Menschen und für die positive Weiterentwicklung der Staaten von großer Bedeutung.

Ich komme zum Schluss: Die österreichische Volksanwaltschaft hat sich einen sehr, sehr guten Ruf erarbeitet. Dazu gratuliere ich den Volksanwälten und allen Mitarbeitern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


21.50.19

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Die Herren Volksanwälte! Ihr aktueller Bericht ist aufrüttelnd und zeigt wieder einmal Missstände bei Ämtern und Behörden. Viele Menschen fühlen sich alleingelassen. Zum Glück gibt es aber die Volksanwälte, an die man sich wenden kann. Jeder erhält Rat, auch wenn nicht jedes Problem gelöst werden kann.

Der Bericht zeigt auf der einen Seite dramatische Einzelschicksale, auf der anderen Seite die strukturellen Probleme. Damit sehen wir, wo der Hebel anzusetzen ist, wo es gesetzliche Reparaturen braucht. Eine solche Reparatur ist ja heute gerade auf den Weg geschickt worden: die Neuregelung der längst veralteten Sachwalterschaft. Ich freue mich, dass schon einige Kollegen dazu Stellung genommen haben. Das zeigt, dass es uns ein gemeinsames großes Anliegen ist, und wir werden gemeinsam zu tollen Lösungen kommen. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 255

Danke, Frau Dr. Brinek, dass Sie so hartnäckig geblieben sind und immer wieder Verbesserungen eingemahnt haben. Sachwalterschaften erfolgen derzeit viel zu früh, manche Sachwalter kümmern sich zu wenig, und es gibt viele, viele Mängel – daher kommt jetzt die neue Erwachsenenhilfe, sie ist nach dem Leitsatz „Unterstützen statt Entmündigen!“ geplant. Wir wollen maximale Selbstbestimmung für alle Menschen in jedem Alter, die mit ihrem Alltag nicht mehr alleine zurande kommen.

Ein zweiter großer Bereich, der uns besonders am Herzen liegt, ist die Überprüfung der Qualität von Heimen, Überprüfung bezüglich Einhaltung der Menschenrechte. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen – und Herr Volksanwalt Kräuter hat es ja auch immer wieder betont –: Die österreichischen Heime verfügen über sehr gute Qualität. Aber es gibt immer wieder ein paar Ausreißer, und diese Missstände gehören beho­ben.

So fehlten in einigen Heimen barrierefreie Zugänge. Es passierten sehr viele Stürze. Keine Sturzprävention war vorhanden. In anderen Heimen wiederum, wir haben es vorher schon gehört, werden die Bewohner sehr früh in die Nachtruhe geschickt, wenn man es freundlich ausdrückt. Die Bewohner beklagten viel zu lange Liegezeiten im Bett.

Ja, wo liegt das Problem? – Es nützt nichts, wenn wir Missstände nur beklagen, hier braucht es Verbesserungen. Die Ursache mancher Probleme liegt darin, dass zu wenig Pflegepersonal vorhanden ist. Was haben wir, was hat die Politik zu tun? – Wir müssen ermöglichen, dass ausreichend Pflegekräfte eingesetzt werden, und, letzter Satz noch zu den Demenzkranken, es braucht eine ganz spezielle Ausbildung, um genau in die­sem Bereich Verbesserungen zu erreichen.

Die Empfehlungen der Volksanwaltschaft sind wertvolle Empfehlungen und Anregun­gen für uns. Ich danke Ihnen für die Arbeit, für die Qualität der Arbeit und vor allem für Ihr ganz persönliches Engagement. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

21.53


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


21.53.56

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Der 39. Bericht der Volksanwaltschaft hat wieder deutlich gezeigt, wie sehr die Menschen der Volksanwaltschaft vertrauen, wenn sie Hilfe suchen, wenn sie Aufklä­rung suchen, wenn sie Unterstützung brauchen, und in vielen Fällen wird auch Positi­ves bewirkt.

In letzter Zeit ist wieder ein vermehrtes Aufkommen an Beschwerden über das Pflichtschulsprengelsystem zu verzeichnen. Oft bemühen sich die Eltern besonders begabter Kinder erfolgreich, die passende Schule zu finden, eine Aufnahme wird jedoch nicht ermöglicht. Ich gehe jetzt auf ein Beispiel aus dem Berichtsjahr 2015 ein: Eine Schülerin schaffte die Aufnahmeprüfung in der Musikklasse der Neuen Mittel­schule in Blindenmarkt und stellte damit ihre musikalische Begabung einmal mehr unter Beweis.

Dennoch wurde dem Mädchen der Besuch der Neuen Mittelschule Blindenmarkt zunächst verwehrt, da ja sonst der Heimatgemeinde Ybbs der Schulerhaltungsbeitrag entgangen wäre. So musste das Kind, ein musikalisch begabtes Kind, ausgerechnet die Sportschule, die Neue Mittelschule in Ybbs als sprengeleigene Schule besuchen. In diesem Fall, nach Darstellung in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“, wurde eine positive


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 256

Lösung gefunden. Die Schule der aufnehmenden Gemeinde Blindenmarkt, Neue Mittelschule mit Schwerpunkt Musik, verzichtete auf den Schulerhaltungsbeitrag, machte von ihrem Ablehnungsrecht keinen Gebrauch und nahm somit diese Schülerin auf.

Sehr geehrte Damen und Herren, Fälle wie diese werden immer wieder an die Volks­anwaltschaft herangetragen, denn dies ist schon seit vielen Jahren, seit 1996, ein großes Thema. Vermehrt werden in Schulen Schwerpunkte wie Musik, Sport oder EDV angeboten, und daher ist auch der Wunsch nach dem Besuch einer bestimmten Schule nachvollziehbar, beziehungsweise dieser bietet sich ja geradezu an.

Dem steht allerdings das starre Schulsystem, das Sprengelsystem entgegen. Sehr geehrte Damen und Herren, es ist wichtig, jedem Kind einen gesicherten Platz anzubieten, aber zusätzlich sollte das Schulsprengelsystem flexibler gestaltet werden, damit die Neigungen von Kindern besser berücksichtigt werden können.

Viele Anregungen von der Volksanwaltschaft sollen wir ernst nehmen und daran arbeiten, Gesetze oder Systeme zu verbessern, zu vereinfachen oder sinnvoller zu gestalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Mückstein.

 


21.57.25

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volks­anwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Von all den Themen, die behandelt wurden, möchte ich den Bereich Pflegeheime und Psychiatrie und dabei die medikamentöse Freiheitsbeschränkung aufgreifen. Leider kommt es immer noch dazu, dass Menschen nicht indiziert und nicht angemessen, auch von der Dosierung her, mit Medikamenten behandelt werden. Es kommt zur Polypharmazie, das heißt, es werden viel zu viele Medikamente gegeben, und es wird mangelhaft geprüft, ob es auch Alternativen zu dieser Medikamentengabe gäbe.

In Pflegeheimen geht es vor allem um sedierende Medikamente – wenn man es böse ausdrücken will, um das Ruhigstellen von alten Menschen –, um den Tagesablauf zu gewährleisten. Dieses Thema wurde mehrmals aufgegriffen, unter anderem auch voriges Jahr. Es gab mehrere Anträge, auch unsererseits, dazu, die leider immer wieder abgelehnt wurden. Ich würde mich sehr freuen, wenn einige dieser Empfeh­lungen, die die Volksanwaltschaft wirklich sehr sorgfältig ausgearbeitet hat und die sehr sinnvoll erscheinen, die sehr, sehr vielen Menschen tatsächlich Hilfestellung brin­gen könnten, endlich aufgegriffen werden könnten. Ich hoffe, dass die Beharrlichkeit der Volksanwaltschaft auch dazu führt, dass diese teilweise wirklich zutiefst beschä­menden Zustände möglichst bald ein Ende haben. (Beifall bei den Grünen.)

21.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler.

 


21.59.22

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Zum vorliegenden Bericht wurde vom Kollegen Hell bereits erwähnt, dass 17 231 Fälle bearbeitet wurden. Dies zeigt die Fülle von Anliegen, die von der Bevölkerung an die Volksanwaltschaft herangetragen werden.

Kollegin Mühlberghuber hat vom Vertrauen und von der Hoffnung gesprochen, die die Bevölkerung in die Arbeit der Volksanwaltschaft setzt, und Frau Kollegin Aubauer hat die Probleme der Sachwalterschaft erörtert.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 257

Ich schätze die Volksanwaltschaft sehr, wir bedanken uns auch vonseiten unseres Klubs für diese wertvolle Arbeit. Ich habe jedoch eine Bitte, besonders an den Volksanwalt Dr. Kräuter, denn ich glaube, es sind auch nicht Ihre Worte. Ich habe hier diesen Originalbericht der „Kronen Zeitung“ vom 21. Juni. Sie wollen da als für Tierschutz und Veterinärwesen zuständiger Volksanwalt die heimischen Kühe befreien und sprechen von „Tierquälerei“ und von „geschundenen Kreaturen“. Da bitte ich darum und erwarte ich mir, dass das in aller Öffentlichkeit für die vielen aufrichtigen österreichischen Milchbauern und Milchbäuerinnen richtiggestellt wird. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Es gibt genug Arbeit im Umweltbereich! Ich denke an Palmöl, ich denke an das Unwesen in der Fischereiwirtschaft, Pangasius und Ähnliches, und würde Sie bitten, Herr Umweltanwalt, dass wir da für unsere Konsumentinnen und Konsumenten wirklich in Zukunft zusammenarbeiten. (Zwischenruf der Abg. Fekter.) Ich bitte um gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Lugar: Bravo, Leo!)

22.00


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


22.00.57

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Ich möchte im Speziellen auf den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und im Konkreten auf den Bereich der geflüchteten Kinder und Jugendlichen eingehen. Sie haben in Ihrem Bericht aufgezeigt, welche Zustände in manchen Unterbringungen für Kinder und Jugendliche herrschen oder geherrscht haben: Massenunterbringung, keine Privat­sphäre, und die besonderen Bedürfnisse, die Kinder und Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen haben, sind da nicht beachtet worden.

Auch die Bundesjugendvertretung hat heuer im Frühjahr eine explorative Studie prä­sentiert, wo es genau darum geht, wie sich Jugendliche in den sogenannten Massen­quartieren fühlen, sie haben zum Beispiel überhaupt keinen Zugang zu einer minimalen Privatsphäre.

Ich selbst habe auch eine parlamentarische Anfrage dazu gestellt, und eine Kom­mission der Volksanwaltschaft hat sich eben konkret auch einer Überprüfung eines Quartiers angenommen und dort etliche Kinderrechtsverletzungen und vor allem die Nichterfüllung von Kinderrechten erkannt und das in dem Bericht auch dement­sprechend dokumentiert. Interessant ist nur, dass die parlamentarische Anfragebeant­wortung sehr diametral zu den Berichten der Volksanwaltschaft steht, aber auch zu jenen Berichten, die wir, glaube ich, selbst alle von betroffenen Jugendlichen kennen.

Der Erfolg war aber, dass durch die Prüfung der Kommission der Volksanwaltschaft dieses Massenquartier in der Steiermark aufgelöst und den Jugendlichen geholfen wurde. Danke dafür an dieser Stelle. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz kurz noch ein zweiter Aspekt – Kollege Vavrik ist schon darauf eingegangen –, nämlich dass, was die Obsorge an sich anbelangt, sehr viele junge Leute in der Luft hängen, weil sie in einem Bundesbetreuungsquartier untergebracht sind und die Länder, die eigentlich für die Kinder- und Jugendhilfe verantwortlich sind, sich weigern. Die Volksanwaltschaft hat schon oft darauf aufmerksam gemacht; das ist leider nicht der erste Bericht, den wir lesen können. Deshalb möchte ich einfach an dieser Stelle noch einmal den Appell aussprechen – nicht nur das Netzwerk Kinderrechte, sondern viele Kinder- und Jugendanwaltschaften machen darauf aufmerksam –: Lösen wir dieses Problem! Junge Leute, wie gesagt, hängen in der Luft, haben keine Obsorge, bekommen dieses Recht auf Obsorge nicht. Ehrlich gesagt, wir müssen das so schnell


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 258

wie möglich lösen und alle Verantwortung übernehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.03


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

22.03.24

 


Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Meine Vorredner haben bereits einen detaillierten Bericht abgegeben und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Volks­anwaltschaft eine wichtige und inzwischen vor allem, man kann es ruhig sagen, volksnahe Institution geworden ist. Diesen Worten kann ich mich ebenfalls nur an­schließen.

In den letzten Jahren hat sich die Volksanwaltschaft hin zu einem bürgernahen Forum weiterentwickelt, welches Menschen in vielen Lebenslagen unterstützt, ihnen hilft und positive Aufklärungsarbeit leistet. Auch beispielsweise die Begleitung und Beobachtung von Polizeieinsätzen – das wurde heute noch nicht erwähnt – fördert nicht nur die Transparenz, sondern legt auch klar dar, welch herausfordernde Arbeit unsere Polizis­tinnen und Polizisten leisten. Dies bringt aber auch Verbesserungspotenzial an die Oberfläche.

Den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, vor allem aber unseren Volksanwälten Frau Dr. Brinek, Herrn Dr. Kräuter und Herrn Dr. Fichtenbauer ist es auch zu verdanken, dass die Volksanwaltschaft vielen Menschen nicht nur ein Begriff ist, sondern auch als Anlaufstelle für viele Probleme gesehen wird. Dafür gebührt ein Dankeschön. Wir wünschen uns und freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


22.05.18

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Brinek! Geschätzte Herren Fichtenbauer und Kräuter! Hohes Haus! Ich darf kurz auf den internationalen Einsatz und Kampf der Volksanwaltschaft für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingehen.

Die Volksanwaltschaft beherbergt seit 2009 das Generalsekretariat des Internationalen Ombudsmann Instituts. Dieses Institut ist eine unpolitische internationale Organisation für unabhängige Verwaltungskontrollorgane und vereint weltweit rund 170 unabhän­gige Ombudsmanneinrichtungen aus mehr als 100 Ländern. Es gibt eine Reihe von Initiativen zur Förderung und Entwicklung des Konzepts der Institution des Ombuds­mannes, wie etwa Schulungen, Seminare, Trainingsprogramme oder auch durch den Informations- und Erfahrungsaustausch über eine Falldatenbank für die Mitglieds­länder. Der Hauptfokus der Arbeit liegt auf der Frage, wie das Institut seinen Mit­gliedern bestmögliche Unterstützung bieten kann, damit diese ihre Rolle angesichts aktueller Herausforderungen umfassend ausüben können.

Die Volksanwaltschaft arbeitet international auch mit den EU-Institutionen, dem Euro­parat, den Vereinten Nationen und der OSZE zusammen. Der aktuelle Bericht der Volksanwaltschaft thematisiert auch die internationale Verantwortung von Ombuds-Einrichtungen und nationalen Menschenrechtsinstitutionen durch den enormen Anstieg an Flucht- und Migrationsbewegungen. „Millionen von Menschen auf der Flucht benö­tigen Hilfe. Oftmals geht es um elementarste Grundbedürfnisse“, so darf ich unseren Volksanwalt und Generalsekretär des Internationalen Ombudsmann Instituts Dr. Gün­ther Kräuter zitieren. (Beifall bei der SPÖ.) „Mit der Unterzeichnung der ‚Belgrader


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 259

Deklaration‘“ wird die ausdrückliche Verantwortung und Bereitschaft signalisiert, „die gesamte Reputation der jeweiligen Einrichtung, alle Kompetenzen und Instrumente zum Schutz der Grund- und Menschenrechte von Flüchtlingen und Migranten ein­zusetzen“.

Auch deshalb ein herzliches Danke an die Volksanwälte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft für die absolut hervorragende Arbeit und den großen Einsatz im Interesse unseres Landes und der Menschen generell. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.07


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jäger. – Bitte.

 


22.07.52

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Wirtschaftskrise, Rekord­arbeitslosigkeit und Flüchtlingsbewegung – 2015 gab es viele Gründe für Zukunfts- und Abstiegsängste für unsere Bevölkerung. So führte das auch unser Volksanwalt Günther Kräuter in seinem Vorwort zum diesjährigen Tätigkeitsbericht aus. Österreichs Ombudsstelle versucht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Menschen zu helfen.

Die ersten Plätze bei den Beschwerden nehmen weiterhin die Bereiche Inneres mit 28,16 Prozent, das Soziale mit 28,01 Prozent und die Justiz mit 14,13 Prozent ein. Ich möchte auf zwei Beispiele eingehen, die von der Ombudsstelle bearbeitet wurden.

Ein wirklich erwähnenswerter Punkt ist meines Erachtens der von der Volksan­walt­schaft bearbeitete Punkt, dass Menschen mit Beeinträchtigung ein Recht auf eine angemessene Entlohnung haben. Menschen, die in Beschäftigungstherapiewerkstätten tätig sind, sind nicht automatisch pensionsversichert und bekommen häufig auch nur Taschengeld. Diese Leute sind dann ein Leben lang auf Sozialhilfe angewiesen. Ich denke, das ist ein Missstand, der von der Volksanwaltschaft aufgezeigt wurde, und es ist, glaube ich, ein Gebot der Stunde, diesen anzugehen und zu beheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weiters möchte ich noch die Tageszentren und die Altenheime betrachten, die auch einer Prüfung durch die Ombudsstelle unterzogen worden sind. Ich denke, dass der Pflegeberuf in diesen Heimen ein sehr anstrengender ist und viele Menschen gar nicht fähig wären, diese Arbeit zu leisten. Auch die Kollegin Aubauer hat schon erwähnt, dass hier eine Aufstockung stattfinden muss und dass das Personal dann auch psychisch und physisch geschult und unterstützt werden muss.

Ich war am letzten Freitag bei einer Zehnjahresfeier im Tageszentrum meiner Heimat­gemeinde Schwertberg und ich denke, das ist ein Vorzeigetageszentrum, und ich lade Sie alle ein, dieses zu besuchen. Ein Tageszentrum mit an Demenz erkrankten Men­schen, das mustergültig geführt wird, ist trotzdem eine enorme Herausforderung an das Personal. Die Volksanwaltschaft hat das auch festgestellt und untersucht.

Wir als Gesetzgeber sind gut beraten, die Anregungen der Volksanwaltschaft anzu­nehmen, ernst zu nehmen, zu prüfen. Hier gibt es viel praktisches Wissen, das wir in unserer politischen Tätigkeit umsetzen können. Es liegt eben an uns, dieses aufzu­greifen und allfällige Missstände so schnell wie möglich zu beheben. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 260

22.11


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Yilmaz. – Bitte.

 


22.11.19

Abgeordnete Nurten Yilmaz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herren Volksanwälte! Ich möchte mich, bevor ich es vergesse, auch gleich für Ihre Arbeit sehr herzlich bedanken. Diese ist nicht nur sehr wertvoll, sondern die Bürgerinnen und Bürger vertrauen Ihnen auch, und auch das Parlament hat großes Vertrauen in Ihre Arbeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, im Kapitel Inneres, Untertitel Fremden- und Asyl­recht, sind die Feststellungen der Volksanwaltschaft besorgniserregend, beginnend mit „Systemmängel bei der Betreuung von Asylwerbenden“ über „Bundesamt für Frem­denwesen und Asyl missachtet Recht auf Privat- und Familienleben“ oder „Rück­führungsversuch einer hochschwangeren Frau“ bis hin zu „BFA verschleppt Verfah­ren“. – Das sind Überschriften im Bericht, in dem auch ausführlich und penibel be­schrieben wird, warum man diese Überschriften gewählt hat oder wählen musste.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich denke, mit unseren österreichischen Wer­ten, auf die wir wirklich und mit Recht stolz sind, sind diese Zustände, dieser Bericht nicht vereinbar. Ich hoffe sehr, dass die zusätzlich beschlossenen Finanzmittel für die Flüchtlingsbetreuung dazu beitragen werden, die Situation für Schutzsuchende in unserem Land zu verbessern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von ÖVP und Grünen.)

22.13


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangen die Damen und Herren Volksanwälte zu Wort, als Erster Herr Volksanwalt Dr. Kräuter. – Bitte.

 


22.13.37

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das führt mich, lieber Herr Präsident, gleich zu der Überlegung: Wir waren ja gemeinsam mehr als 40 Jahre lang im Parlament tätig und wissen daher, dass kurze Reden spätabends im Hohen Haus ziemlich beliebt sind. Wir werden uns in dieser Hinsicht sehr bemühen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich für das Lob und die Anerkennung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie sind wirklich mit Begeisterung und Leidenschaft bei der Sache.

Ich freue mich sehr, dass die Dienstrechts-Novelle heute im Hohen Haus beschlossen wurde, dass nämlich bei Aufnahmen nicht mehr die volle Handlungsfähigkeit, sondern die erforderliche Handlungsfähigkeit geboten ist, und das ist ein riesiger Unterschied für Menschen mit Beeinträchtigung und ein ganz wichtiges Signal, was Inklusion und Teilhabe betrifft.

Betreffend die Wartezeitendiskussion der letzten Tage, was Magnetresonanz- und Computertomographie betrifft, haben wir sehr intensiv kritisiert, ja geradezu protestiert gegen diese Art von Zweiklassenmedizin, dass man nämlich mit 200 € sehr schnell einen Untersuchungstermin bekommt, wenn man aber keine Privilegien oder nicht die erforderlichen Geldmittel hat, nicht. Immerhin gibt es mittlerweile eine Reaktion, es gibt Sofortmaßnahmen. Wir werden das sehr genau beobachten und im Herbst dann evaluieren, wie sich die Dinge entwickeln. Wie Sie wissen, sind wir auch in engem Kontakt mit den Patientenanwaltschaften in den Bundesländern und haben da wirklich eine ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Gestern haben Sie eine Kurzdebatte zum Thema Mindestsicherung durchgeführt, und heute gibt es ja auch wieder eine ganze Reihe von Wortmeldungen dazu. Wie ist die Siutation, meine Damen und Herren? Wie stellt sich für die Volksanwaltschaft die Lage in den Bundesländern dar? – Na ja, in der Steiermark hat man gesagt: strengere Kontrollen. In Niederösterreich hat man bestimmte Personengruppen ausgenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 261

In Oberösterreich hat man Kürzungen beschlossen. In Wien sagt man: keine Kürzungen.

Ist das jetzt wirklich der Weisheit letzter Schluss, dass wir Unterschiede in den ein­zelnen Bundesländern in Österreich haben, dass wir damit dann eine Wanderbe­wegung der sozial Schwächsten innerhalb Österreichs auslösen? Ist es gut, wenn es eine emotionale Dauerdiskussion in dieser sozialpolitisch so wichtigen Frage gibt? Daher gibt es den Appell der Volksanwaltschaft, eine einheitliche rechtskonforme und auch gesellschaftspolitisch vernünftige Lösung zustande zu bringen. Das ist übrigens ein Appell, der sich auch schon in unserem letzten Bericht wiederfindet.

Abschließend: Die Volksanwaltschaft ist auch für den Tierschutz zuständig, und dieses Parlament hat ja ein Gesetz beschlossen, dass eine dauernde Anbindehaltung von Rindern verboten ist. Jetzt haben wir die Situation, dass es eine Verordnung gibt, die geradezu das Gegenteil bewirkt und eindeutig gesetzwidrig ist. Das ist auch in unserem Bericht nachzulesen. Ich ersuche hier dringend, erstens natürlich im Interesse des Tierschutzes, aber auch im Sinne der Rechtsstaatlichkeit, die Initiative der Volks­anwaltschaft zu unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)

22.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Volksanwältin Dr. Brinek zu Wort. – Bitte.

 


22.17.08

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze auf einige von Ihnen aufgeworfene Fragen eingehend: Ja, es ist uns schon lange ein Anliegen, dass Männer und Frauen gleichermaßen den Weg in die Volksanwaltschaft finden. Dass dies noch nicht so ist, mag an verschiedenen Dingen liegen, wir arbeiten jedenfalls daran. Als Beispiel: Heuer werden wir mit der Medizinuniversität in Wien zusammenarbeiten und gemeinsam eine interdisziplinäre Ringvorlesung bestreiten, um damit auf ein Thema hinzuweisen, das in der Justiz ein Thema ist, aber auch in der Frauenpolitik, nämlich Gewalt gegen Frauen auf allen Ebenen. Das nur als Beispiel. (Allgemeiner Beifall.)

Wir haben im Vorjahr eine einschlägige, sehr intensive Austauschveranstaltung gehabt, sodass am Ende – ich hoffe, in einigen Jahren – dieses Thema kein Thema mehr sein wird. Es soll niemand das Gefühl haben, nicht gehört worden zu sein: „Wenn ich gewusst hätte, dass ich mich an die Volksanwaltschaft wenden kann, hätte ich es getan.“ – Aus Unwissenheit soll niemand auf dieses Bürgerservice und diese Bür­gerunterstützung verzichten müssen.

Ein weiteres Thema, das heute schon angesprochen wurde: Ich bin sehr froh darüber und bedanke mich bei allen, die das Justizministerium, den Minister, die Volks­anwaltschaft und alle wohlwollenden unterstützenden Gruppen im ständigen Aufzeigen bei der Reform des Sachwalterrechtes mit Kraft unterstützt haben. Es hat heute die Begutachtung begonnen. Dies ist in der Tat ein Quantensprung in der Erwach­se­nenhilfe. Die gerichtliche Sachwalterschaft alten Typs soll wirklich nur mehr der letzte Ausweg, die Ultima Ratio sein. Es soll damit eigentlich eine gestufte, über mehrere Säulen oder Alternativen – je nachdem, wie Sie es sehen wollen – Hilfe für Menschen geschaffen werden mit größtmöglicher langdauernder Berücksichtigung des eigenen Willens, der Vorstellung der Angehörigen. Es soll begrenzt sein, sowohl zeitlich als auch vom Umfang. Ich freue mich schon sehr, wenn das gelingt, und auf die Debatte im Herbst, die ich von außen beobachten werde. Das wird das Hohe Haus hier tun und hoffentlich ein sehr, sehr gutes Gesetz zum Wohle aller beschließen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 262

Letzte Bemerkung zum Thema Menschenrechte und meine Arbeit in dem Bereich: Unter der Maßgabe, dass sich die Qualität einer Gesellschaft auch darin spiegelt, wie sie mit Schwächeren, temporär Außenstehenden, Häftlingen, Untergebrachten umgeht, meine ich, dass es uns allen ein Anliegen sein sollte, auch da die Forderungen des Justizministers in budgetärer und personeller Hinsicht zu unterstützen. Das betrifft die Justizwache genauso wie die Fachdienste, das betrifft die Leitungen, das betrifft die Therapieangebote, denn das Ziel ist die Resozialisierung.

Als Volksanwältin habe ich zu allen Gruppen in diesen Bereichen sehr gute kom­munikative Beziehungen, und das soll in dem Sinn so bleiben, hoffe ich, damit auch dort der Aufenthalt möglichst menschenwürdig gestaltet ist, mit dem eigentlichen Ziel, dass die Menschen diese Stätten sehr bald wieder verlassen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, was mir ein bisschen Sorge macht – und damit komme ich schon zum Ende –: Die versprochenen Humanressourcen, die Suche von Personen, um diese den Institutionen zuteilen zu können, zieht sich etwas, um es auf Wienerisch zu sagen, weil viele Kandidatinnen/Kandidaten die Aufnahmeprüfungen nicht schaffen. Das wissen wir aus der Polizei, das wissen wir aus der Justizwache. Vielleicht ist das ein Bildungsproblem.

Zum Schluss: Meine Damen und Herren, den Dank, den Sie ausgesprochen haben, nehme ich mit. Er ist für uns, nicht nur für mich hier, Verpflichtung, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger weiter zu arbeiten. Lassen Sie uns das tun und lassen Sie mich Ihnen einen schönen Sommer wünschen! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

22.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Volksanwalt Dr. Fichtenbauer zu Wort. – Bitte.

 


22.21.31

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! In meine Kompetenz fällt auch das Schulwesen. Ich darf daran erinnern, dass wir vor einem Jahr eine äußerst hochwertige Veranstaltung im Hohen Haus, namentlich im Palais Epstein, unter Einbeziehung erstrangiger Fachleute durchgeführt haben. Sie hatte den Titel „Das chronisch kranke Kind im Schulsystem“. Die Ergebnisse dieser Veranstaltung werden wir noch heuer publizieren und Ihnen zur Verfügung stellen. Ich darf schon jetzt die Anregung und die Bitte aussprechen, die darin enthaltenen notwendigen Erkenntnisse, die legistisch aufgegriffen werden müssen, umzusetzen.

Kinder in den Schulen bedürfen unserer besonderen Aufmerksamkeit. Das zeigt der letzte Wahnsinn, der gestern offenkundig geworden ist, nämlich dass unter Anleitung von vier Lehrern/Lehrerinnen 40 oder 50 – ich weiß es nicht genau – Kinder durch den geschlossenen Bahnschranken geleitet worden sind – ein paar Minuten, bevor der Zug gekommen ist – und sich eine der Damen noch angeschickt hat, mit ausgebreiteten Armen den herannahenden Zug aufzuhalten. Ich habe dazu ein amtswegiges Prü­fungs­verfahren eingeleitet.

Ich bekenne mich auch ausdrücklich dazu, dass es zu den Staatsaufgaben zählt, sicherheitspolitische Vorkehrungen für das Land und seine Bürger zu treffen. Das betrifft das Bundesheer und die Polizei. Ohne Ansehen von Namen und Stand habe ich bei Bekanntwerden von offenkundigen Fehlern, von möglichen Missständen der Ver­waltung amtswegige Verfahren im Rahmen des Polizeidienstes, aber auch des Heeres aufgegriffen.


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Diese Medaille hat aber zwei Seiten. Das zeigt der einsatzbezogene Tod eines Polizisten, eines jungen Burschen, den wir zu beklagen haben. Der Familie darf ich von hier aus meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen.

Es ist so, dass die Tätigkeit der Volksanwaltschaft jeden Tag ein neues Problem offen­legt. Die Volksanwaltschaft wird mit ihrer Tätigkeit nie fertig werden. Ich erinnere daran, dass die Volksanwaltschaft ein Hilfsorgan des Nationalrates ist, und es täglich darum geht, Missstände der Verwaltung zu erkennen, zu beseitigen und gegebenenfalls legistische Anregungen zur Beseitigung struktureller Mängel durchzuführen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

22.24


Präsident Karlheinz Kopf: Vielen Dank. – Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-235 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

22.24.4533. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Sonderbericht der Volks­anwaltschaft über die Wahrnehmungen des Prüfungsverfahrens zum Anhalte­zentrum Vordernberg (III-188/1181 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Hechtl. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


22.25.07

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Wie angekündigt der Sonderbericht zum An­halte­zentrum Vordernberg. Die Volksanwaltschaft hat dieses Anhaltezentrum aufgrund von Vermutungen überprüft, auch jenen Bereich, in dem es darum gegangen ist, ob die Durchführung gewisser ausgelagerter Tätigkeiten nicht eigentlich ein hoheitlicher Akt ist. Die Zuständigkeit hat das Innenministerium.

Das Innenministerium hat für die Tätigkeiten mit der Gemeinde Vordernberg einen Vertrag abgeschlossen, und die Gemeinde Vordernberg hat wiederum mit einer privaten Sicherheitsfirma einen Vertrag abgeschlossen, die Tätigkeiten für sie durch­führt. Die Volksanwaltschaft hat diese geprüft. Die Vermutung, dass diese Sicher­heitsfirma hoheitliche Aufgaben getätigt hat, hat sich erhärtet.

Dadurch wurde der Vertrag abgeändert. Das ist ein Erfolg der Volksanwaltschaft. Für uns, geschätzte Damen und Herren, sind Menschenrechte nicht teilbar und haben auch keine Grenzen.

Ich möchte der Volksanwaltschaft zu diesem Sonderbericht, der wirklich sehr aus­führlich ist, gratulieren. Ich möchte aber auch festhalten, dass die Kommission, die dieses Anhaltezentrum viermal überprüft hat, klar festgestellt hat, dass die dortige Versorgung im medizinischen Bereich, die Dokumentation, die psychosoziale Betreu­ung, der Hygienebereich sowie der Verpflegungsstandard als gut betrachtet werden können. Ich möchte der Volksanwaltschaft für diesen ausführlichen Bericht nochmals danken. (Allgemeiner Beifall.)

22.27



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 264

Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


22.27.15

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin Volksanwältin und sehr geehrte Kollegen Volksanwälte! – Ich darf das sagen: Einerseits waren Sie ja alle lange Zeit selber Abgeordnete, anderer­seits war ich Volksanwältin. Ich bedanke mich für diesen umfassenden Sonderbericht zum Anhaltezentrum Vordernberg. Vordernberg ist ja ein Projekt aus meiner Zeit im Innenministerium.

Es freut mich sehr, dass die Kommissionen, die dieses Haus besucht haben, sehr positiv darüber berichten und der Sonderbericht insgesamt sehr positive Dokumen­tationen enthält, auch wenn sie gelegentlich erst durch die Beseitigung von Kinder­krank­heiten geschaffen wurden.

Die Einbindung privater Sicherheitskräfte wird von der Volksanwaltschaft grundsätzlich positiv gesehen, aber sie regt an, dass wir diesbezüglich ein eigenes Sicherheitsgesetz machen sollen. Ich begrüße das. Wir kennen das vom Flughafen, von dortigen Sicherheitsdiensten – auch da haben wir ein eigenes Gesetz –, und ich kenne es auch von der Justizagentur, wo die Justizwache im Hinblick auf den unterschiedlichen Einsatz mit Privaten ebenfalls ein eigenes Gesetz hat. Das heißt, das ist ein Auftrag an den Gesetzgeber, und wir werden sehen, dass wir ihn ehestmöglich umsetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte.

 


22.29.06

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Das Beste kommt immer zuletzt. Das ist ein Spruch, der auf diese Tagesordnung in zweierlei Hinsicht zutrifft, nämlich zum einen, weil dieses Anhaltezentrum Vordernberg in Wirklichkeit ein Paradebeispiel für Misswirtschaft, Rechtsignoranz und Geldverschwendung ist (Abg. Fekter: Welchen Bericht haben Sie? Ich habe keinen solchen!) – na, ich werde es Ihnen schon noch erklären, Frau Kollegin! –, und zum anderen, weil dieser Sonder­punkt an den Anfang der heutigen Tagesordnung gehört hätte. Dann hätten auch die Zuseher auf ORF 2 und andere Leute vielleicht erkennen können, welche Missstände in Wirklichkeit vorliegen.

In Wahrheit bräuchte man nur eine kabarettistische Sendung von Reinhard Nowak, einem österreichischen Kabarettisten, in Puls 4 anzuschauen, dann würde man wie er zu dem Schluss kommen: „Bist Du deppert!“ So viele Merkwürdigkeiten – ich will es einmal so bezeichnen – von Beginn an, von der Ausschreibungsphase bis zum Betrieb, sind schon eigenartig.

Merkwürdig ist das alles schon deshalb, weil anlässlich der Vergabe eines der größten Dienstleistungsaufträge für die Republik Österreich ein Unternehmen, nämlich der VSÖ – der Verband der Sicherheitsunternehmen Österreichs, der aus einer Gemein­schaft von vier anderen großen Sicherheitsunternehmen, darunter der G4S, besteht –, vor Beginn der Ausschreibung ein Handbuch herausgegeben hat, wie man eine Aus­schreibung am besten gestaltet – das ist einmal das eine. Auf der anderen Seite schreibt unsere vorhergehende Innenministerin Mikl-Leitner das Vorwort für dieses Büchlein. – Merkwürdig!

Dann schreibt die Gemeinde Vordernberg diesen Vertrag europaweit aus, und rein zufällig wird eine Wiener Firma beauftragt, die genau dieses Handbuch als Grundlage


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für die Ausschreibung verwendet. – Wieder eigenartig! Dann schaut man ein bisschen weiter: Bei der Ausschreibung ist die Firma G4S alleiniger Anbieter. Man könnte sich fragen: Ja wie ist denn das möglich? – Und da fällt mir ein, dass der damalige Ge­schäftsführer Matthias Wechner stellvertretender Geschäftsführer des damaligen Innenministers Platter war. – Merkwürdig und reiner Zufall!

Ex-Minister Ernst Strasser war im Aufsichtsrat der Firma G4S. – Auch merkwürdig und alles reinster Zufall!

Dann kommt überhaupt das Größte: Das Angebot musste unter einem Maximal­angebot liegen, das natürlich streng geheim war – Frau Kollegin? Danach war es so: Die Gemeinde Vordernberg erhält für die Schneeräumung 9 799 €. Das ist ein stolzer Betrag, aber es soll so sein. Wenn man diesen Betrag vom maximalen Höchstbetrag abzieht, dann stellt die Firma G4S ein Angebot, das genau bei 99 Prozent dieses Ausschreibungsangebotes liegt. – Wieder merkwürdig!

Sie hat nämlich eines geschafft: Sie hat erraten, wie hoch die Kosten für die Schnee­räumung sind, und gleichzeitig, wie hoch das Maximalangebot ist. (Abg. Matznetter: Kommt da der Meischberger gar nicht vor?!) – Da braucht man gar keinen Meisch­berger, das hat man so geschafft. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) – Wir können ja nachher weiterdiskutieren.

Aber jetzt kommt es erst: Danach schließt man einen Vertrag auf unbestimmte Zeit ab, der erst nach 16 Jahren gekündigt werden kann! – Na ja, es geht ja um nichts. Es geht eigentlich nur um 446 988 € an Kosten im Monat, 16 Jahre lang. Das sind 5 363 856 € im Jahr und in 16 Jahren, wenn wir kündigen können, sind es 85 Millionen € und ein paar Zerquetschte, unabhängig davon, ob dieses Anhaltezentrum vielleicht in ein paar Jahren gebraucht wird oder nicht. Das ist schon ein starkes Stück! (Abg. Fekter: Aber dafür waren wir schon!) – Ja, für was haben Sie das konzipiert? – Für 200 Leute oder Angehaltene, und zehn Leute haben Sie die meiste Zeit drinnen gehabt, und die Kosten haben Sie der Landespolizeidirektion Steiermark umgehängt. Die hat bei ihren Kunden betteln gehen können, weil sie zeitweise die Rechnungen nicht bezahlen konnte. – Tolle Zustände, also wirklich toll! (Ruf: Die hätten mehr Strafzetteln verteilen können!) – Nein!

Aber gehen wir weiter. Darum bin ich auch der Volksanwaltschaft so dankbar, dass sie dieses Thema wirklich aufgegriffen und auch geschaut hat, ob es vielleicht wenigstens in verfassungsrechtlicher Hinsicht passt. Aber auch da hat es nicht gepasst. Der Kollege vorhin hat schon gesagt: Man hat beim Vertrag flicken, nachbessern müssen, weil er verfassungswidrig war.

Aber es war ein guter Wurf, indem man private Firmen beauftragt, Angehaltene zu betreuen, und gleichzeitig nicht einmal weiß, welche Zuständigkeiten vergeben wer­den. Wo ist die Abgrenzung, wo ist die Kompetenz? – Eine tolle Leistung, das muss ich sagen!

Wenn man heute sagt – und es ist schon richtig –, die Häftlinge werden gut betreut, dann muss ich sagen, das ist bei diesen Voraussetzungen schon alles klar. Doch im Grunde kann ich nur eines sagen: „Bist Du deppert!“ – Danke. (Beifall bei FPÖ, Grünen und NEOS.)

22.35


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


22.35.48

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Volksanwältin! Geschätzte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 266

Herren! Ich glaube, es ist allgemein bekannt, dass ich den Reden von freiheitlichen Kollegen und Kolleginnen selten zustimme. In diesem Fall muss ich wirklich eine Ausnahme machen, weil man sich dieser Analyse der unhaltbaren Zuständen leider nur anschließen kann. In diesem Sinne: Danke an den Vorredner, dass er das so offen formuliert hat!

Ich möchte mit einem Dank an die Volksanwaltschaft beginnen. Der vorliegende Bericht über das Schubhaftzentrum Vordernberg ist nämlich der erste Sonderbericht dieser Art. Ich finde es gut, aber auch bezeichnend für die Zustände, die da herrschen und mit dem Bericht auch vorgelegt und analysiert werden, dass die Volksanwaltschaft sich eben dafür entschieden hat, sich diese Zustände genauer anzuschauen, und zwar aus rechtlicher und verfassungsrechtlicher Sicht. Ich halte es schon für ein starkes Stück, sehr geehrte Frau Kollegin Fekter, wenn Sie dieses Machwerk, sozusagen diese Knebelverträge, die aus Ihrer Zeit stammen, so leichtfüßig hinstellen als: Na ja, und jetzt sollten wir vielleicht ein Gesetz ändern, denn die Volksanwaltschaft hat uns darauf hingewiesen.

Der Sonderbericht der Volksanwaltschaft bestätigt nämlich alle unsere Kritikpunkte von Anfang an, dass nämlich mit dieser Teilprivatisierung dieses Schubhaftgefängnisses auch hoheitliche Aufgaben teilprivatisiert wurden.

Ich möchte dazu kurz aus dem vorliegenden Bericht zitieren. – Die Volksanwaltschaft argumentiert ja darin, dass sie sich diese Sonderprüfung aufgrund der Mutmaßung, dass hoheitliche Aufgaben an private Sicherheitskräfte ausgelagert wurden, vorge­nommen hat. Ich zitiere aus dem Bericht: „Diese Vermutung“ – nämlich dass hoheit­liche Aufgaben verfassungsrechtswidrigerweise an private Sicherheitskräfte ausge­lagert werden – „hat sich im Laufe des Prüfungsverfahrens bestätigt, und zwar insbe­sondere hinsichtlich der Befugnisse, im Rahmen der ‚Tagesstrukturierung‘ die Haus­ord­nung im Anhaltezentrum ‚durchzusetzen‘, ebenso im Bereich Gewalt- und Konflikt­prävention“ und so weiter und so fort.

Weiter sagt die Volksanwaltschaft in ihrem Bericht – ich zitiere wieder –: „Verfassungs­rechtlich höchst problematisch erscheint die ‚faktische Ausgliederung‘ von Hoheits­befugnissen. Dies geschieht insbesondere dadurch, dass der Schutz von Insassen gegen Übergriffe,“ – Vorsicht, Menschenrechte! – „welcher primär durch hoheitliches (…) Einschreiten von Exekutivbediensteten zu bewerkstelligen wäre, de facto vermehrt durch Ausübung von Jedermannsrechten (…) durch private Sicherheitskräfte ersetzt werden soll.“

Die Volksanwaltschaft sagt weiter: „Auch dieser Mangel könnte“ – könnte! – „durch ständige Präsenz von Exekutivbediensteten in den Wohnbereichen des AHZ einiger­maßen bereinigt werden, was vom BMI jedoch bis zuletzt abgelehnt wurde.“ – Stand: Mai 2015.

Diese Zustände, wo verfassungswidrigerweise hoheitliche Aufgaben privatisiert wur­den, wo durch ein dubioses Ausschreibungsverfahren dafür gesorgt wurde, dass eine der größten privaten Sicherheitsfirmen, nämlich G4S, den Zuschlag bekommt, wo – wie der Kollege von den Freiheitlichen vorhin zu Recht erwähnt hat – ganz zufällig der ehemalige Vize-Kabinettchefs eines ÖVP-Innenministers Geschäftsführer war und ist, wo ganz zufällig ein Knebelvertrag unterzeichnet wird, der erst nach 16 Jahren aufgelöst werden darf, wo ganz zufällig fast eine halbe Million Euro Steuergeld monatlich gezahlt wird, auch wenn sich dort zwei Insassen befinden, was zeitweise auch vorgekommen ist – das ist rechtsstaatlich leider eine Bankrotterklärung, die unter einer ÖVP-geführten Innenministerinnenschaft erfolgt ist –, wo Sie wirklich die Chuzpe, muss man sagen, haben, sich heute hinzustellen und zu sagen: Ja, die Volksanwalt-


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schaft hat uns gesagt, wir müssen noch ein Gesetz machen, um das Ganze zu sanieren. 

Das Ganze stinkt leider zum Himmel, und man muss sagen: Wenn man diese Zu­stände kennt, dann versteht man, was die ÖVP offensichtlich unter „Mehr privat, weniger Staat“ versteht, nämlich Privatisierung von hoheitlichen Aufgaben, Zuschan­zen von Verträgen an private Sicherheitsfirmen, wo ganz zufällig ehemalige ÖVP-Kabinettsmitarbeiter sitzen, mit einem Knebelvertrag, wo wir 16 Jahre lang als Bürger und Bürgerinnen von unseren Steuerbeiträgen Monat für Monat ungefähr eine halbe Million Euro zahlen dürfen.

Danke herzlich an die Volksanwaltschaft, dass diese Zustände nun schwarz auf weiß belegt sind! Die Konsequenz kann und muss sein, dass diese Verträge aufgelöst werden. In diesem Sinne hoffe ich auf Kooperation, dass wir diese Verträge endlich gemeinsam auflösen beziehungsweise darauf hinarbeiten. (Zwischenruf der Abg. Fekter.) – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

22.41


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


22.41.54

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Vielen Dank für den Bericht! Ich halte das, was Sie hier niedergeschrieben haben, für ganz besonders wichtig. Es ist ja einigermaßen histo­risch: Wenn bei einem Menschenrechtsthema Kollegin Korun, Kollege Kumpitsch und ich einer Meinung sind, dann kann es sich eigentlich nur um eine Sache handeln, nämlich um das Vermächtnis von Kollegin Fekter im Innenministerium: hochprob­lematische Ausschreibungen, und noch dazu in so einem grundrechtssensiblen Bereich! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Wir haben das Problem schon gehört, es geht darum: Was passiert, wenn private Sicherheitsdienstleister, die man ja ohne Weiteres mit gewissen Aufgaben betrauen kann, im grundrechtssensiblen Bereich beauftragt werden? – Wenn hier dann Grund­rechtsverletzungen vorkommen und passieren, dann gibt es halt keine Handhabe dagegen. Wenn die Polizei etwas macht und eine Grundrechtsverletzung passiert, dann gibt es eine Handhabe, nämlich die Maßnahmenbeschwerde. Hier gibt es das nicht.

Es gibt eine Rechtsschutzlücke, die geschlossen werden muss, die wir als Parlament schließen müssen und die wir vor allem auch schon längst hätten schließen können. Denn als wir vor, glaube ich, knapp eineinhalb Jahren, als das Thema zum ersten Mal hochgekommen ist, diese Diskussion im Menschenrechtsausschuss gehabt haben, haben wiederum unisono Freiheitliche, Grüne und NEOS gesagt: Wir haben eine Rechtsschutzlücke und müssen etwas tun. Frau Kollegin Fekter ist dagesessen und hat gesagt: Es ist alles kein Problem, die Landespolizeidirektion Steiermark hat mir gesagt, es ist alles in Ordnung, wir haben hier keine Rechtsschutzlücke.

Frau Kollegin Fekter! Das ist das große Beispiel, wie gut es wäre, wenn man einmal auf die Opposition hören würde. Es haben hier drei Oppositionsparteien, die gerade im Menschenrechtsbereich an und für sich sonst sehr weit auseinander sind, ganz klar gesagt, was zu tun ist. Wir hätten es machen können. Es ist nicht passiert, sondern es ist höchst peinlich, dass wir das als Parlament, als Gesetzgeber nicht geschafft haben.

Wir müssen uns insbesondere um Grundrechte kümmern, wir hätten hier eine Rechtsschutzlücke schließen können. Es ist gut, dass Sie es jetzt auch noch gesehen haben. Danke noch einmal an die Volksanwälte für diesen Bericht! Wir müssen das schleunigst, so schnell wie nur irgendwie möglich machen, denn was nicht sein kann,


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ist, dass wir das Gewaltmonopol des Staates aushöhlen. Wir wissen, wozu das geführt hat: Sie brauchen nur in die USA zu schauen, um zu sehen, wozu das geführt hat.

Ich halte gerade diese Tätigkeiten für eine Uraufgabe des Staates. Wenn wir das Gewaltmonopol des Staates aufweichen, dann haben wir (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen) nachhaltig ein massives Problem. (Beifall bei NEOS, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

22.44


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Volksanwalt Dr. Fichtenbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.44.18

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ein hoher Anteil des Debatteninhaltes würde jetzt organisatorisch dem Rechnungshof zuzuweisen sein. Das ist ein Teil, so eine Art Partner-/Geschwisterunternehmen der Volksanwaltschaft.

Ich bedanke mich sehr herzlich dafür, dass dieser Sonderbericht, der erste Son­derbericht der Volksanwaltschaft, diese Würdigung erfährt. Eigentlich ist er komplett, ich kann dem jetzt auch nichts mehr hinzufügen, es ist alles geschrieben.

Es ist auch ein Musterbeispiel dafür, dass ohne Ansehen von Namen, Stand, Person oder Partei der Zug selbstständig gefahren ist und die Volksanwaltschaft ein Dokument erarbeitet hat, das beispielgebend ist, vielleicht auch für die Zukunft, und das ein Beweis für sich ist, dass Anmutungen jeglicher Art, die vielleicht aufkommen können – dass Parteieinflüsse eine Rolle spielen –, definitiv nicht der Fall sind.

Ich weiß auch nicht, ob Frau Kollegin Dr. Fekter selber Autorin oder Unterschrifts­leistende für hier kritisierte Verträge war oder ist. (Zwischenruf der Abg. Fekter.) Das weiß ich nicht. Das ist auch definitiv (Abg. Korun: Das wäre ein großer Zufall, wenn es so wäre!) nicht Gegenstand des Berichtes der Volksanwaltschaft und nicht Inhalt des Berichtes der Volksanwaltschaft. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Noch einmal: Ich vermute, dass ein hoher Anteil der kritischen Betrachtung dem Rechnungshof zuzuweisen ist. Ich bedanke mich nochmals dafür, dass das Hohe Haus den Wert dieses Sonderberichtes erkennt und sieht, dass Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Alles Weitere wäre nur eine Wiederholung dessen, was drinsteht, das brauche ich nicht nachzuerzählen. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)

22.46


Präsident Karlheinz Kopf: Vielen Dank. – Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-188 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.46.57Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zu den Abstimmungen über 18 Fristset­zungsanträge der Abgeordneten Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen, die jeweils eine Fristsetzung (Abg. Brosz: Ich glaube, die wollen eine namentliche Abstimmung!) zur Berichterstattung bis zum 12. Oktober 2016 vorsehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 269

Ein Fristsetzungsantrag betreffend den Entschließungsantrag 864/A(E) der Abge­ordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen wurde zurückgezogen.

Ich werde natürlich über jeden Fristsetzungsantrag einzeln, geordnet nach Aus­schüssen, in der Reihenfolge der Beantragung unter Nennung der Nummer und der Antragsteller des betreffenden Initiativ- beziehungsweise Entschließungsantrages abstimmen lassen. (Unruhe im Sitzungssaal.)

Meine Damen und Herren! Ich würde bitten, den Abstimmungsvorgang nicht durch dieses … Na, warten wir halt! (Abg. Brosz – neben seinem Sitz bereits zur Zustimmungsbekundung bereitstehend –: Vor allem die Sitzenden sollen ruhig sein!)

Zunächst kommen wir zu den Fristsetzungsanträgen betreffend den Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Wir stimmen ab über den Fristsetzungsantrag betreffend den Entschließungsantrag 709/A(E) der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte im Fall Ihrer Zustimmung um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abge­lehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 740/A(E) der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 863/A(E) der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 864/A(E) entfällt wegen Zurückziehung.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Fristsetzungsantrag betreffend den Entschließungsantrag 1646/A(E) der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 1650/A(E) der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zu den Fristsetzungsanträgen betreffend den Finanzausschuss:

Zunächst stimmen wir ab über den Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 703/A der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Entschließungsantrag 862/A(E) der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen.

Im Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 1659/A(E) der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Gleichbehandlungsausschuss:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 270

Wir stimmen ab über den Fristsetzungsantrag betreffend den Entschließungs­an­trag 738/A(E) der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsanträge betreffend den Unterrichtsausschuss:

Wir kommen zur Abstimmung über den Fristsetzungsantrag betreffend den Ent­schließungsantrag 523/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 1088/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag zum Antrag 1444/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen.

Im Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ferner: Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 1445/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen.

Im Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abge­lehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 1472/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Das ist wiederum die Minderheit. Damit abgelehnt.

Fristsetzungsanträge betreffend den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Wir stimmen ab über den Fristsetzungsantrag zum Entschließungsantrag 613/A(E) der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Im Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 624/A(E) der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag 1151/A(E) der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Wer gibt dem die Zustimmung? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Fristsetzungsantrag betreffend den Entschließungsantrag 1399/A(E) der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen.

Im Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 271

22.52.04Einlauf

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nunmehr darf ich noch bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1802/A bis 1808/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.53 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.52.28Schluss der Sitzung: 22.52 Uhr

 

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