Parlamentskorrespondenz Nr. 134 vom 10.03.1998

HAUPTAUSSCHUSS STIMMT UN-EINSATZ ÖSTERREICHS IN DER WESTSAHARA ZU

Bericht der Regierung über Publizistikförderung zur Kenntnis genommen

Wien (PK) - Der Hauptausschuss des Nationalrates stimmte in seiner heutigen Sitzung der Entsendung eines bis zu 235 Mann starken österreichischen Truppenkontingentes in die Westsahara zu, das im Rahmen der UN-Mission MINURSO tätig wird. In der Auf- und Abbauphase der Operation, die für maximal acht Monate anberaumt ist, sollen zusätzlich bis zu 30 Soldaten, insbesondere Pioniere, zum Einsatz kommen. Der Beschluss des Hauptausschusses erfolgte einstimmig, nachdem Minister Fasslabend der FPÖ zugesichert hatte, dass die erforderlichen Finanzmittel nicht durch das Verteidigungsbudget, sondern durch das allgemeine Budget gedeckt würden.

Abgeordneter JUNG (F) unterstrich zu Beginn der Debatte, die Freiheitlichen könnten künftigen UN-Einsätzen des österreichischen Bundesheeres nur dann zustimmen, wenn die Kosten nicht zu Lasten "des ohnehin überdehnten Bundesheer-Budgets" gehen würden. Er und sein Fraktionskollege Abgeordneter SCHEIBNER vermissten darüber hinaus eine entsprechende Vorbereitung des Einsatzes. Zu sagen, "hurra, wir fahren hinunter", sei zu wenig, meinte Scheibner, es sei notwendig, zunächst das sicherheitspolitische Konzept sowie Fragen der Finanzierung und der Ausrüstung zu klären.

Abgeordneter SCHIEDER (SP) gab in Richtung der Freiheitlichen zu bedenken, dass Österreich beste Voraussetzungen für den Einsatz mitbringe. Für ihn ist die Entsendung österreichischer Soldaten in die Westsahara sowohl in bezug auf die österreichische Aussenpolitik als auch unter sicherheitspolitischem Gesichtspunkt etwas sehr Positives.

Verteidigungsminister Dr. FASSLABEND wies darauf hin, der südliche und südöstliche Randbereich Europas sei eine Zone, die sicherheitspolitisch für Europa langfristig von Bedeutung sei. Österreich habe ein grosses Interesse an der Stabilisierung der Region. Was die Finanzierung des Einsatzes betrifft, informierte der Verteidigungsminister über eine Zusage von Finanzminister Edlinger, die erforderlichen Mittel aus dem allgemeinen Budget bereitzustellen. Er zeigte sich zudem zuversichtlich, das für den Einsatz erforderliche Personal rekrutieren zu können.

Die UNO ist seit 1991 in der Westsahara präsent, um im Konflikt zwischen der Unabhängigkeitsbewegung Polisario und Marokko zu vermitteln und ein Referendum über die weitere staatliche Entwicklung in diesem Gebiet vorzubereiten. Aufgabe der österreichischen Soldaten wird es sein, Flüchtlinge zu schützen, zivilen Polizeieinheiten bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung beizustehen sowie Waffen- und Munitionslager zu sichern. Ausserdem sollen die anwesenden Militärbeobachter bei der Überwachung der Reduzierung, des Rückzugs und der Auflösung von Streitkräften der Konfliktparteien unterstützt werden. Österreich beteiligt sich bereits seit 1991 mit Beobachteroffizieren an MINURSO, seit einigen Monaten ist der österreichische Divisionär Bernd Lubenik Kommandant der Einsatzkräfte.

Ebenfalls einstimmig genehmigte der Hauptausschuss einen Antrag von Aussenminister Schüssel, einen österreichischen Offizier zur Teilnahme an der "Implementation Section" der OSZE-Mission in Bosnien und Herzegowina für die Dauer von sechs Monaten zu entsenden. Die zum Bereich "Regionale Stabilisierung" gehörende "Implementation Section" überwacht die Durchführung der im Allgemeinen Rahmenabkommen für Frieden in Bosnien und Herzegowina vereinbarten Rüstungskontrollmassnahmen.

1997 ERHIELTEN 160 ZEITSCHRIFTEN PUBLIZISTIKFÖRDERUNG

Mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Grünen nahm der Hauptausschuss einen Bericht der Bundesregierung über die Publizistikförderung 1997 zur Kenntnis. Aus dem Bericht geht hervor, dass im vergangenen Jahr 160 Zeitschriften insgesamt 6,53 Mill. S erhielten, 49 Förderansuchen wurden mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen abgelehnt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung pro Zeitschrift betrug zwischen 34.485 S und 137.941 S. Ziel des Publizistikförderungsgesetzes ist es, die Vielfalt periodischer Druckschriften, die der staatsbürgerlichen Bildung dienen, zu erhalten.

Über die Fördervergabe herrschten im Ausschuss unterschiedliche Ansichten. Während G-Abgeordnete Dr. Gabriela MOSER positiv hervorstrich, dass dieses Mal auch kleinere Publikationen wie AKIN bedacht wurden, hält Abgeordneter SCHEIBNER (F) gerade die Förderung dieser Zeitschrift, aber auch von UNITAT für fragwürdig. Er sieht hier einen Widerspruch zur einvernehmlich in Aussicht genommenen Vorgangsweise, bei der Zuerkennung von Förderungen an Zeitschriften mit extremistischem Gedankengut und diskriminierenden Inhalten sensibel vorzugehen.

Dem Einwand von Abgeordnetem Dr. CAP (SP), die Freiheitlichen würden für Zensur in Metternichschem Stil eintreten, hielt Abgeordneter JUNG (F) entgegen, seine Fraktion wolle die Zeitungen ja nicht verbieten, sondern nur nicht fördern. Dies sei ein grosser Unterschied. G-Abgeordnete Moser meinte dazu, der Entzug der Förderung würde für viele kleine Blätter das Aus bedeuten, ein solcher Schritt sei daher durchaus als eine Art Zensur zu betrachten. Abgeordneter Dr. HÖCHTL (VP) plädierte dafür, einen Mittelweg zwischen den Extremstandpunkten - alles zu fördern bzw. Zensur einzumahnen - zu wählen.

Abgeordneter Mag. BARMÜLLER (L) sprach sich für eine Änderung der Förderrichtlinien aus. Seiner Ansicht nach sollte man überdenken, ob es gut sei, dass auch Publikationen von Parteien und Interessenvertretungen Publizistikförderung erhalten.

ARBEITGEBERBEITRÄGE NACH ENTGELTFORTZAHLUNGSGESETZ AUF 2,1% GESENKT

Einstimmig billigte der Hauptausschuss die von Sozialministerin Hostasch beantragte Änderung der Verordnung, mit der der Beitragssatz nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz festgesetzt wird. Demnach soll der Arbeitgeberbeitrag für die Leistung der Erstattungsbeiträge gemäss Paragraph 13 Art.I Entgeltfortzahlungsgesetz ab April 1998 von 2,3 % auf 2,1 % gesenkt werden. Möglich wird die Beitragsreduzierung, da der beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger eingerichtete Erstattungsfonds, der eine ausgeglichene Gebarung der Erstattungsfonds der einzelnen Krankenversicherungsträger zu gewährleisten hat, zum Bilanzstichtag 31.12.1997 voraussichtlich ein Reinvermögen von rund 1,94 Mrd. S aufweisen wird. Verantwortlich für die günstige finanzielle Entwicklung ist in erster Linie der Rückgang der Krankenstandstage.

Schliesslich nahm der Hauptausschuss mehrheitlich einen Bericht von Bundeskanzler Klima und Aussenminister Schüssel über die von Österreich nominierten Vertreter für den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union zur Kenntnis. Die Kandidatenliste umfasst neben den neun österreichischen Landeshauptleuten den Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes, Mag. Franz Romeder, und die beiden Bürgermeister von Salzburg und Graz, Dr. Josef Dechant und Alfred Stingl.

Abgeordneter Mag. BARMÜLLER (L) zeigte sich verwundert darüber, dass die Regierung als Ländervertreter ausschliesslich die Landeshauptleute nominiert habe, noch dazu wo einzelne von ihnen bei den Sitzungen des Ausschusses der Regionen nie anwesend seien. Abgeordneter Dr. NEISSER (VP) stellte dazu fest, dass Österreich bei der Entsendung von Mitgliedern in den Ausschuss dem deutschen Beispiel folge und jedes Bundesland einen Vertreter nominieren könne.

Der Hauptausschuss beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung auch mit der kommenden EU-Ministerratstagung der Verkehrsminister. Nicht, wie ursprünglich geplant, verhandelt wurde die Aufstockung des Volksgruppenbeirates für die slowenische Volksgruppe von 16 auf 18 Mitglieder.

Eine weitere Sitzung des Hauptausschusses ist für diesen Freitag - im Anschluss an die Sondersitzung des Nationalrates - anberaumt; auf der Tagesordnung steht eine Vorlage betreffend die Verlängerung des Mandats des österreichischen Richters am Gericht erster Instanz der EU, Dr. Josef AZIZI. (Fortsetzung)