Parlamentskorrespondenz Nr. 187 vom 11.04.2000

DER WIRTSCHAFTSMINISTER VERTRITT SEIN BUDGET IM AUSSCHUSS

Ausgliederung von Bundesimmobilien soll Milliarden bringen

Wien (PK) - Im Anschluss an das Kapitel Gesundheit verhandelte der Budgetausschuss die Budgetansätze des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit. Das Grundbudget umfasst beim Kapitel "Wirtschaft und Arbeit" 51,012 Mrd. S (+570,680 S gegenüber 1999) und beim Kapitel "Bauten und Technik" 8,664 Mrd. S (-394,483 Mill. S gegenüber 1999), wovon mit 49,708 Mrd. S bzw. 7,255 Mrd. S die Löwenanteile jeweils auf den Sachaufwand entfallen. Als Einnahmen sind bei "Wirtschaft und Arbeit" 47,999 Mrd. S, bei "Bauten und Technik" 848 Mill. S veranschlagt. Der Konjunkturausgleich-Voranschlag enthält in der Stabilisierungsquote 740 Mill. S und in der Konjunkturbelebungsquote weitere 530 Mill. S.

In der von Obmann-Stellvertreter Mag. TRATTNER geleiteten Debatte zeigten sich die Abgeordneten in einer ersten Fragerunde hauptsächlich an den Details der geplanten Vollliberalisierung des Energiemarktes, an der Förderung von Kleinwasserkraftwerken, an Tourismusthemen, dem Schutz der Nahversorgung gegen die Konkurrenz der Einkaufszentren auf der grünen Wiese, an der Situation des Tourismus und an Plänen für weitere Ausgliederungen interessiert. 

Die Auflistung einer langen Reihe sehr konkreter Detailfragen an den Wirtschaftsminister eröffnete S-Abgeordneter EDER. Er wollte wissen, wie die grundsätzliche Absicht der Bundesregierung, kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen, mit der vorgesehenen Kürzung der BÜRGES-Mittel für die Gewerbestrukturverbesserungsaktion zusammenpasse. Auskunft erbat Eder auch über die Pläne für die Energiemarktliberalisierung sowie über Schätzungen der Auswirkungen der Marktöffnung auf den Gas- und Strompreis. Schließlich interessierte er sich für die mögliche Förderung der Kleinwasserkraftwerke durch deren Berücksichtigung als Erzeuger erneuerbarer Energie.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) stellte ebenfalls Fragen nach der Strom- und Gasmarktregulierung, insbesondere nach der Finanzierung der unabhängigen Regulierungsbehörde. Weitere Fragen betrafen die Förderung des Internet von Jungunternehmen, die Gewerbestrukturverbesserungsaktion, die Nahversorgung, die Austrian Business Agency und die Überantwortung der Marchfeld-Schlösser an die Bundesimmobiliengesellschaft.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) drängte auf die Senkung der Lohnnebenkosten, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und erkundigte sich nach dem diesbezüglichen Stufenplan des Wirtschaftsministers.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) machte auf einen Lauschangriff gegen eine Salzburger Landtagsabgeordnete durch einen Privatdetektiv aufmerksam und forderte rechtliche Maßnahmen zum Schutz von Betroffenen.

Die Fragen des Abgeordneten Dipl.-Ing. HOFMANN (F) galten den Leistungsgrenzen bei der Förderung von Kleinwasserkraftwerken und der Entwicklung der Anträge für Abbaugenehmigungen nach dem Mineralrohstoffgesetz.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) erbat Auskunft über die Konsequenzen der Klage eines ehemaligen designierten Geschäftsführers der Österreich Werbung.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) befasste sich mit der Förderung von Kleinwasserkraftwerken und mit der Situation der Kraft-Wärme-Koppelung unter dem wachsenden Preisdruck auf dem Strommarkt.

Abgeordneter HAIGERMOSER (F) bedauerte die Aufhebung der Einkaufszentrenverordnung durch den Verfassungsgerichtshof vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Baumbooms auf der "grünen Wiese". Jeder Arbeitsplatz in einem Einkaufszentrum vernichte drei Arbeitsplätze in der mittelständischen Wirtschaft, klagte Haigermoser und warnte aus dem selben Grund auch vor der Ausdehnung der Ladenöffnungszeit auf den Sonntag, weil dies nur den Multis und ihren Teilzeitarbeitskräften nützen würde. Die mittelständische Wirtschaft würde damit kaputt gemacht. Einmal mehr trat Haigermoser dafür ein, in "Österreich-Häusern" die Auslandsvertretungen der Wirtschaftskammer und der Österreich Werbung zusammenzulegen, um Synergien zu nützen.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) zeigte sich besorgt über den für die Gemeinden drohenden Einnahmenentfall von 1,5 Mrd. S durch die kürzlich beschlossene Ersatzlösung für die Getränkesteuer. 

Abgeordnete Sophie BAUER (S) verlangte die Fortsetzung der Lehrlingsförderungsmassnahmen im laufenden Budgetjahr.

Abgeordneter SCHWEMMLEIN (S) zeige sich besorgt über zunehmende Stornos im Kongresstourismus.

Abgeordneter KIERMAIER (S) wollte wissen, welche Ausgliederungen im Wirtschaftsressort geplant seien und wie Minister Bartenstein die Auswirkungen auf die kleinen und mittleren Unternehmen einschätze.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. BARTENSTEIN bestätigte die Kürzung von Budgetmitteln für die BÜRGES, teilte aber gleichzeitig mit, dass er nach diesbezüglichen Gesprächen mit den BÜRGES-Geschäftsführern optimistisch sei, dass die Förderungsbank ihren Aufgaben im Jahr 2000 nachkommen könne. Der Verwaltungsaufwand im Ausmass von 10 % sei hoch, gab der Minister zu, wies aber auf die grosse Zahl an Förderungsfällen und auf die Zunahme von Haftungs- und Garantieübernahmen hin. Einsparungsmöglichkeiten würden geprüft, so sei geplant, sich auf zwei statt bisher drei Geschäftsführer zu beschränken. Gleichzeitig gelte es aber, die Bearbeitungsdauer zu verkürzen.

Für die beabsichtigte Vollliberalisierung der Energiemärkte gab der Wirtschaftsminister hinsichtlich Gas als Datum den 1.10.2002 bekannt, bei Strom nannte den 1.10.2001. Das WIFO rechne infolgedessen mit einer Strompreissenkung um 15 %, teilte der Minister mit. Der Grund für die um ein Jahr später angesetzte Vollliberalisierung des Gasmarktes liege in der grossen Importabhängigkeit Österreichs bei Erdgas. Kosten für die Regulierungsbehörde seien noch nicht budgetiert. Dieser Aufwand könnte mit dem Durchleitungszuschlag finanziert werden. Der Minister hielt es auch für möglich, die Vollliberalisierung mit den bestehenden Regulationsstrukturen herbeizuführen.

Kleinen und mittleren Unternehmen will der Wirtschaftsminister beim Einstieg in den Internethandel durch Know-how-Transfer und Informationen beistehen.

Beim Thema Nahversorgung bekannte sich Minister Bartenstein nachdrücklich zur Erhaltung der Stadtkerne und zur Aufrechterhaltung der Nahversorgung im ländlichen Raum. Er meinte aber, dass die Bundesländer mit dem Instrument der Raumordnung und die Gemeinden im Bereich des öffentlichen Verkehrs wirksamere Handhaben besitzen, die Nahversorgung zu fördern als der Bund. Eine Entscheidung betreffend Einkaufszentrenverordnung kündigte der Minister bis Ende Juni an. Sollte keine vernünftige Lösung gefunden werden können, da es nicht einfach sei, Marktentwicklungen zu regulieren, hielt er es auch für möglich, dass es in Zukunft keine Verordnung geben werde.

Bei den Ladenöffnungszeiten ist eine Erweiterung der täglichen

Rahmenöffnungszeit und eine Ausweitung der Wochenöffnungszeit auf 72 Stunden vorgesehen. Bei der Sonntagsarbeit soll aber alles so bleiben wie bisher.

Aus dem Stufenplan für die Senkung der Lohnnebenkosten, der per 2003 eine Entlastung der Unternehmen um 15 Mrd. bringen soll, gab der Minister folgende Zahlen bekannt: Im Jahr 2001 werden die Beiträge zum Insolvenz-Entgeltsicherungs-Fonds und zur Unfallversicherung um 3,2 Mrd. S bzw. um 1,7 Mrd. S sinken. 2,3 Mrd. S wird die volle Urlaubsaliquotierung und 0,3 Mrd. S der Entfall des Postensuchtages bei Selbstkündigung den Unternehmen bringen. 2002 wird der Beitrag der Arbeitslosenversicherung um insgesamt 3,5 Mrd. S sinken. Im Jahr 2003 werden die Lohnnebenkosten um weitere 3 Mrd. S sinken. Die Arbeitsmarkteffekte beziffere die Arbeiterkammer mit 4.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen, das Institut für Höhere Studien rechne sogar mit einem Plus von 11.000 bis 16.500 Jobs.

Nach dem Mineralrohstoffgesetz wurden bislang 42 Anträge erledigt, die Bezirkshauptmannschaften haben zwei Abbaugenehmigungen erteilt, gab Minister Bartenstein bekannt.

Hinsichtlich der Klage eines ehemaligen designierten Geschäftsführers der Österreich Werbung hielt der Wirtschaftsminister fest, dass er alles tun werde, um den Schaden für die Republik so gering wie möglich zu halten. Er denke an eine Umstrukturierung der Österreich Werbung, da die bestehende Struktur eines von Bund, Ländern und Wirtschaftskammer getragenen Vereins für die Arbeit der Österreich Werbung nicht geeignet sei.

Es gebe Stornos im Bereich des Kongresstourismus, räumte der Minister ein, erinnerte aber gleichzeitig daran, dass es derartige Stornos zu allen Zeiten gegeben habe. Insgesamt seien die Aussichten der Tourismuswirtschaft für den kommenden Sommer optimistisch, insbesondere was die Umsätze anlange. 

Ergänzend merkte Staatssekretärin ROSSMANN an, dass sie die Aufgaben der Österreich Werbung hinterfragen wolle und Synergien zwischen Österreich Werbung und Wirtschaftskammer im Sinne einer schlagkräftigen Organisation nützen wolle. Weiters informierte die Staatssekretärin über ein spezielles Förderungsprogramm zur Saisonverlängerung, das umso notwendiger erscheine, als die Auslastung der Betriebe außerhalb des Städtetourismus bei nur 27 % liege.

Für die Förderung von Kleinwasserkraftwerken sei hauptsächlich der Umweltminister zuständig, teilte der Minister mit und gab die auf sein Ressort entfallende Förderungssumme mit 5 bis 6 Mrd. S jährlich an. Die Kraft-Wärme-Koppelung bei der Stromerzeugung in Gasturbinenkraftwerken hielt der ehemalige Umweltminister für eine optimale energiepolitische Lösung, der Finanzminister sah bislang aber keine Möglichkeit, diese Kraftwerke von der Energieabgabe zu befreien.

Die Ersatzlösung für den Entfall der Getränkesteuer sei im Einvernehmen mit dem Gemeindebund und sehr nahe an einem Konsens mit dem Städtebund konzipiert worden, sagte der Ressortleiter. Der Entfall der Getränkesteuer, deren Einhebung sehr arbeitsintensiv sei, bringe für die Gemeinden Einsparungsmöglichkeiten mit sich. Der Wirtschaftsminister zeigte sich grundsätzlich optimistisch, dass es den Gemeinden gelingen wird, ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung auch in Zukunft zu leisten.

Sein Ressort plane zahlreiche Ausgliederungen, gab der Wirtschaftsminister bekannt. Er sprach von der Vollausgliederung des AMS, bei der an das Modell einer "GesmbH eigener Art" gedacht sei. Einen zweistelligen Milliardenbetrag für das Budget erwartet sich der Wirtschaftsminister vom Projekt einer Bundesimmobiliengesellschaft II, von der außerdem ein starker Impuls zur Entwicklung des Immobilienmarktes ausgehen soll. Weiters sei die Ausgliederung des Bundesamtes für das Eich- und Vermessungswesen beabsichtigt. Die Vermeidung unlauteren Wettbewerbs ausgegliederter Einrichtungen gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen werde er selbstverständlich im Auge behalten, sicherte der Minister zu.

BARTENSTEIN WILL BUNDESIMMOBILIEN IM WERT VON 30 MRD. S VERÄUSSERN

Beim Themenblock Bauten und Technik wurden von den Abgeordneten DI HOFMANN (F) und ELLMAUER (V) insbesondere Pläne der Regierung angesprochen, die Bundesimmobiliengesellschaft neu zu strukturieren und in diesem Zusammenhang für die Hoheitsverwaltung nicht mehr benötigte Liegenschaften zu veräußern.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN erläuterte dazu, es bestehe seitens der Regierung die Absicht, Bundesimmobilien im Gegenwert von 30 Mrd. S an einen Träger zu veräußern, der nicht notwendigerweise die Bundesimmobiliengesellschaft sein müsse, aber vorerst zu 100 % in Bundeseigentum stehen solle. Mittelfristig könnte die Gesellschaft, von Bartenstein als "BIG II" bezeichnet, dem Minister zufolge dann "an den Kapitalmarkt herangetragen werden". Die "Rentierlichkeit" des Projekts soll durch entsprechende Mieterlöse gewährleistet sein. Den ersten Schritt zur "BIG II" will Bartenstein, wie er ankündigte, bereits in den nächsten Wochen setzen und Ende des Monats einen entsprechenden Gesetzesentwurf in Begutachtung schicken.

Seitens der SPÖ erklärte Abgeordneter Dr. EDER, seine Fraktion habe eine Reihe von schriftlichen Fragen zum Thema Bauten und Technik abgegeben. (Fortsetzung)


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