Parlamentskorrespondenz Nr. 193 vom 12.04.2000

GEHRER: BETRIEB AN DEN UNIVERSITÄTEN NICHT GEFÄHRDET

Gegen Studiengebühren bei der Grundausbildung

Wien (PK) - Erstmals in ihrer Eigenschaft als Ressortzuständige für den Bereich Wissenschaft stand heute Bundesministerin Gehrer den Abgeordneten im Budgetausschuss Rede und Antwort.

Aufgrund der von der Rektorenkonferenz und anderen Gruppierungen geäußerten Bedenken und Befürchtungen für den Fortbestand des universitären Betriebes standen die Kürzungen der Mittel im Bereich des Sachaufwandes für das Jahr 2000 im Mittelpunkt der Diskussion. Bundesministerin GEHRER hielt dem entgegen, dass das Budget ab 1. Juni wirksam werde und Großinvestitionen, die man ausschreiben müsse, sich heuer ohnehin nicht ausgehen würden. Universitäten, die autonom werden wollen, könne man zumuten, Schwerpunkte zu setzen und so zu handeln, dass der Betrieb aufrecht erhalten werden könne. Die Ministerin unterstrich, dass die notwendigen Personalerfordernisse abgedeckt seien, die Dotation für die Forschung, die das Ambiente und das Ansehen einer Universität maßgeblich bestimme, mit einer Erhöhung der Zuwendungen von über 900 Mill. S rechnen könne und auch für die internationale Kooperation ausreichend Mittel zur Verfügung stünden. Die Verunsicherung der jungen Menschen durch die getätigten Aussagen halte sie daher für nicht zielführend.

Für das Kapitel Wissenschaft sind im Jahr 2000 Ausgaben in der Höhe von 29,63 Mrd. S veranschlagt, wobei auf das Personal 14,06 Mrd. S entfallen.

Der größte Anteil am Personalaufwand ist mit 12,2 Mrd. S für die Universitäten und mit 1,32 Mrd. S für die Universitäten der Künste vorgesehen. Die Sachausgaben für die hochschulischen Einrichtungen, in die auch die Förderungen für Mensen und Studentenheime sowie die Studienförderungen miteingeschlossen sind, beziffern sich auf 2,7 Mrd. S, der Sachaufwand für die Universitäten der Künste ist mit einem Rahmen von 550,74 Mio. S festgelegt. Darüber hinaus können die Universitäten über ein Kreditvolumen von 7,47 Mrd. S verfügen.

Den Fachhochschulen sollen Mittel in der Höhe von 855,53 Mio. S zufließen.

Für die Forschung werden in diesem Budgetkapitel insgesamt 1,89 Mrd. S bereit gestellt.

Der zentrale Kritikpunkt, nämlich die Kürzungen bei den Aufwendungen und Anlagen, wurde gleich zu Beginn von Abgeordnetem DDr. NIEDERWIESER (S) angesprochen, der die Reduktion der dafür vorgesehenen Gelder mit 66 Prozent bezifferte. Er kritisierte vor allem, dass sich die Verschiebung der Kompetenzen für wirtschaftsnahe Forschung in das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie auf die universitäre Forschung ungünstig auswirken werde. Es stelle sich auch die Frage, welcher Minister mit welchen Kompetenzen auf EU-Ebene auftreten werde.

Niederwieser brachte schließlich einen Abänderungsantrag ein, der eine Erhöhung der Mittel um ca. 1,5 Mrd. S vorsieht, die unter anderem für Fachhochschulen, für Forschungsgeräte und Computer und für den Einsatz neuer Medien eingesetzt werden sollen. Die Bedeckung der Mehrausgaben sollte aus dem Verkauf der vierten Handylizenz erfolgen, da der budgetierte Betrag von Einnahmen in der Höhe von 4,1 Mrd. S mit Sicherheit zu niedrig angesetzt und ein Erlös von 8 bis 10 Mrd. S zu erwarten ist.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) hält die Zielsetzung dieses Antrages für nicht realisierbar. Die Proteste bezeichnete er als politisch motiviert, da die Aussagen bewiesen, dass man sich mit dem Budgetvoranschlag nicht genau auseinandergesetzt habe. Er unterstrich, dass es richtig gewesen sei, nicht im Personalbereich zu sparen. Seine Fragen betrafen die Entwicklung der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten und die Verbesserung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) erinnerte an die Technologieoffensive, deren Ziel es war, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung von derzeit 1,5 Prozent des BIP auf 2,5 Prozent bis 2005 anzuheben. Dies würde einen zusätzlichen Aufwand von 30 Mrd. S bedeuten. Er sei daher neugierig, wie die Ministerin diesen Mehrbedarf in den nächsten Jahren aufbringen werde. Die Aufsplitterung der Forschungsförderung in drei Ressorts führe seiner Meinung nach zu unnötigen Reibungsverlusten. Insbesondere setzte sich der Abgeordnete mit den Ausgaben des Bundes für die Universitätskliniken auseinander, da hier Leistungen bezahlt würden, die eigentlich in die Kompetenz der Länder fallen, wie die Versorgung der Kranken. Die Kosten für die Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes auf das Wissenschaftsbudget abzuwälzen, sei nicht sachgerecht und mache den "Bund zum Betrogenen".

Auch Abgeordnete Dr. BRINEK (V) hält die Steigerung im Personalbereich für eine wichtige Entscheidung, zumal die Sachausgaben insgesamt in den letzten Jahren signifikant angehoben worden seien. Man müsse sich auch innerhalb der Universitäten überlegen, ob man nicht andere Finanzierungsmodelle, wie Leasing, einsetzen könne. Dass es im Bereich der Studienförderungen keine Einsparungen geben werde, hob die Mandatarin gesondert hervor. Konkret bezogen sich Ihre Fragen unter anderem auf Frauenförderungspläne und -maßnahmen.

Weiters interessierten sich die Abgeordneten für Evaluierungen von Forschungseinrichtungen (Dr. ANTONI, S), für das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz und für die Einführung des gesetzlichen Urlaubsanspruches von fünf bis sechs Wochen an den Universitäten (Dr. PITTERMANN, S). Die Abgeordnete sprach darüber hinaus die gläserne Decke für Frauen an den Universitäten an und wollte von der Ministerin wissen, ob sie Forschungen unterstützen werde, die sich mit den Auswirkungen der Shoa beschäftigen. Mag. PLANK (S) warf der Ministerin vor, dass für die Fachhochschulen 50 Mill. S fehlen und erkundigte sich nach deren Selbstfinanzierung sowie nach den Plänen in Bezug auf die Einführung von Studiengebühren.

Das Fachhochschulwesen betraf auch einen Großteil der Fragen von den F-Abgeordneten Dr. GROLLITSCH und Dipl.-Ing. SCHÖGGL. Die Evaluationskultur wurde von letzterem als nicht ausgeprägt bezeichnet. Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) zeigte Interesse an vorhandenem Datenmaterial zu den europaweiten Entwicklungen im universitären Bereich. Abgeordnete Dr. PAPHAZY (F) brach eine Lanze für das Universitäts-Sponsoring.

Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) ersuchte die Ministerin um Auskunft, wie weit die neuen Studienpläne für das Lehramtstudium gediehen sind, und Abgeordnete Mag. HAKL (V) erkundigte sich nach den geplanten Zwischenstufen bis zur Erreichung der Vollrechtsfähigkeit der Universitäten.

Bundesministerin GEHRER erläuterte den Abgeordneten eindringlich, dass aufgrund des vorhandenen Budgetlochs die Entscheidung zwischen Rasenmähermethode und Schwerpunktsetzung zu fällen gewesen sei und man sich aus guten Gründen für das Letztere entschieden habe. Sie werde sich in den nächsten Jahren für Großinvestitionen im Universitätsbereich stark machen. Bei den Finanzierungsmodellen für Geräteanschaffungen müssten die verschiedenen Möglichkeiten von Experten geprüft werden. Bezugnehmend auf den vorliegenden Abänderungsantrag meinte Gehrer, dass man erst die Einnahmen aus dem Verkauf der Handylizenzen abwarten müsse, sie aber dann sicherlich dem Finanzminister "sehr lästig" fallen werde, um zusätzliche Gelder für den Wissenschaftsbereich zu lukrieren.

In der Forschung würden, so die Ministerin, zusätzliche Schwerpunkte gesetzt werden können. Für die Akademie der Wissenschaften sei eine ausreichende Dotierung vorgesehen. Die Zusammenarbeit mit den anderen Ressorts sei notwendig und eine Abgrenzung unmöglich. Die Erhöhung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung auf 2,5 Prozent des BIP strebe sie selbstverständlich an, weshalb diesem Bereich ab 2001 ihr Augenmerk gelten werde. Die Aufwendungen für den Bund dafür betrügen jedoch nur ca. 18 Mrd. S, da der Rest von ca. 12 Mrd. S aus wirtschaftlichen Geberquellen fließe. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und wirtschaftsnaher Forschung bezeichnete die Ressortchefin als unabdingbar. Sie werde sich auch bemühen, internationale Forschungsgroßeinrichtungen in Österreich zu installieren. Forschungsanträge zur Shoa würden, wie alle anderen Anträge, genau geprüft.

Was die Vollrechtsfähigkeit betrifft, so sieht die Ministerin insbesondere im Dienstrecht noch Handlungsbedarf. Die Vollrechtsfähigkeit und die Autonomie der Universitäten hält die Ministerin für einen wichtigen Schritt, es müssten aber noch genau die Spielregeln und die Verantwortung definiert werden. Datenmaterial zur universitären Entwicklung im internationalen Bereich stellen beispielsweise die OSZE aber auch andere Institutionen regelmäßig zur Verfügung. Abgeordnete Paphazy habe ihr mit dem Universitätssponsoring "aus der Seele gesprochen". Sie wünsche sich auch im Bereich des Denkmalschutzes und im Kunstbereich mehr Abschreibmöglichkeiten.

Die Evaluierung sehe sie als einen Auftrag an die Universitäten, es müssten aber auch Schlüsse daraus gezogen werden. Die Frauenförderungspläne würden weitergeführt, sie trete für eine positive Diskriminierung ein.

Die Ministerin wies darauf hin, dass zusätzliche Fachhochschullehrgänge finanziert werden könnten. Sobald Fachhochschulen Unterstützungen vom Staat bekommen, halte sie es für falsch, Studiengebühren zu verlangen. In diesem Zusammenhang sprach sie sich grundsätzlich gegen Studiengebühren im Bereich der Grundausbildung aus. Bei Zusatzangeboten könne man aber an einen Kostenbeitrag denken.

Für die Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes seien 400 Mio. S vorgesehen, informierte die Ministerin. Die Urlaubsregelung könne man aufgrund der anderen Dienstzeiten nicht 1:1 auf die Universitäten übertragen. Die Nutzung der Gebäude in den Sommermonaten sei jedoch vernünftig. (Fortsetzung)