Parlamentskorrespondenz Nr. 552 vom 11.10.2000

KEINE VOLKSBEFRAGUNG ÜBER VERKAUF VON WÄLDERN DER BUNDESFORSTE

Koalitionsparteien lehnen SP-Antrag im Hauptausschuss ab

Wien (PK) - Nach den Debatten und Abstimmungen zur Vorbereitung des inoffiziellen EU-Gipfels in Biarritz wandten sich die Mitglieder des Hauptausschusses traditionellen Aufgabenbereichen ihres Ausschusses zu. Im Mittelpunkt stand dabei das Verlangen der SPÖ auf Abhaltung einer Volksbefragung zum Thema "Erhalt des öffentlichen Waldes, Wahrung der freien Zugänglichkeit zum Wald und zu den Seegrundstücken als Erholungsraum und Erhalt der öffentlichen Wasserressourcen".

Die Frage, mit Ja oder Nein zu beantworten, hätte, geht es nach der SPÖ, folgenden Wortlaut: "Soll dem von der Bundesregierung beabsichtigten Ausverkauf von Zehntausenden Hektar öffentlicher Waldflächen an Private ein Riegel vorgeschoben, der freie Zugang zum Wald als wichtiges Erholungsgebiet aufrecht erhalten und in diesem Zusammenhang auch der Erhalt der öffentlichen Wasserressourcen für die Zukunft sichergestellt werden?"

Abgeordneter Gradwohl (S) begründete den Antrag seiner Fraktion, indem er auf die Kritik der Bundesländer an der seiner Meinung nach viel zu kurzen Begutachtungsfrist bei der von der Bundesregierung beabsichtigten Bundesforstegesetz-Novelle hinwies. Er machte auch darauf aufmerksam, dass dem zu erwartenden Erlös von 3 Mrd. S aus dem Verkauf von 50.000 Hektar Wald Finanzierungskosten von 1 Mrd. S gegenüberstehen. Überdies warf Gradwohl der Regierung vor, Verfassungsrechte zu umgehen und appellierte an die Koalitionsparteien, dem Eigentümer der österreichischen Bundesforste, den Staatsbürgern, die Möglichkeit zu geben, sich in einer Volksbefragung über den geplanten Ausverkauf der "Grünen Lunge" und des "Weißen Goldes" zu äußern.

Abgeordneter Schwarzenberger (V) unterzog den Antrag der Sozialdemokraten einer kritischen Analyse und stellte fest, dass der freie Zugang zu den Wäldern und Seeufern und der Erhalt der Wasserressourcen durch bestehende gesetzliche Bestimmungen, an die die Bundesforste wie private Waldbesitzer gleichermaßen gebunden seien, gewährleistet seien. Schwarzenberger verwahrte sich gegen die Unterstellung, dass private Waldbesitzer die Wälder schlechter pflegen würden als die Bundesforste. Anhand des aktuellen Grünen Berichts untermauerte der Landwirtschaftssprecher der Volkspartei sein Argument, dass private bäuerliche Waldbesitzer ihre Wälder intensiver pflegten, weil sie im Unterschied zu den Bundesforsten nicht auf den Einsatz von fremden, teuren Arbeitskräften angewiesen seien. Die Bedenken gegen den Antrag der Sozialdemokraten fasste Abgeordneter Schwarzenberger in einem gemeinsam mit Abgeordnetem Pistotnig (F) vorgelegten und zuletzt mit FP-VP-Mehrheit angenommen Ausschussfeststellung zusammen. Tenor: Es gibt keinen Grund für eine Volksbefragung über den geplanten Verkauf von 50.000 Hektar Wald der Bundesforste.

Abgeordnete Lichtenberger (G) registrierte demgegenüber grobe Unterschiede bei der Nutzung des Waldes durch Private und die Bundesforste und nannte konkret die Absperrung von Jungwaldflächen. Zudem wandte sie sich dagegen, Bauern mit Förderungen zu unterstützen, damit diese sich den Kauf neuer Waldflächen leisten können. Dem Antrag der Sozialdemokraten stimmte sie unter dem Vorbehalt seiner Umformulierung in Richtung auf eine einzige Frage zu.

Abgeordneter Pistotnig (F) trat der Behauptung entgegen, man stünde vor einem Ausverkauf der Bundesforste an Industrielle und Ausländer und trat dafür ein, den Bauern und bäuerlichen Genossenschaften die Möglichkeit zu geben, ihren Waldbesitz zu erweitern.

Abgeordneter Haupt (F) fügte hinzu, dass der geplante Verkauf unter Rahmenbedingungen erfolge, die die SPÖ gemeinsam mit der Volkspartei beschlossen habe. Von einem Ausverkauf der Quellen könne keine Rede sein. Der Gesetzesantrag der Bundesregierung gefährde Wald und Wasser in keiner Weise, sondern biete bäuerlichen Grundbesitzern die Möglichkeit, ihren Besitzstand zu verbessern.

Abgeordneter Donabauer (V) rief dazu auf, das Instrument der Volksbefragung behutsam einzusetzen und unterstrich, dass das Forstgesetz den freien Zugang zu allen Wäldern, unabhängig vom jeweiligen Besitzer garantiert. Die Bauern hätten keine Chance, Grundkäufe aus Förderungsmitteln zu bestreiten, sie werden Ersparnisse verwenden müssen, wenn sie zusätzliche Waldflächen kaufen. Der Antrag der Sozialdemokraten sei abzulehnen.

Abgeordneter Gradwohl (S) wies gegenüber den Vertretern der Koalitionsparteien darauf hin, dass der Umfang der Sperrgebiete in den Wäldern zuletzt stark zugenommen habe und machte überdies auf gravierende Bedenken des Verfassungsdienstes gegenüber der geplanten Novelle des Bundesforstegesetzes aufmerksam. Gradwohl kündigte einen Minderheitsbericht seiner Fraktion an.

Abgeordneter Feurstein (V) nannte das Beispiel seines Bundeslandes Vorarlberg, wo die letzten Bundesforstebesitzungen verkauft wurden und die bäuerlichen Waldbesitzer sowohl die Pflege als auch den freien Zugang zu den Waldflächen gewährleisten.

Staatssekretär Finz teilte mit, dass die Bundesregierung Einwendungen, die im Zuge des Begutachtungsverfahrens gegen die Bundesforstegesetz-Novelle vorgebracht werden, Rechnung tragen werde. Insbesondere sei geplant, den Verkauf von Wäldern mit großen Wasserreserven nicht zuzulassen.

Bei der Abstimmung blieb der SP-Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung in der Minderheit der Oppositionsparteien.

VERKAUF VON ANTEILEN AN DER TIMMELSJOCH-HOCHALPENSTRASSE AG

Nächster Punkt der Tagesordnung war der Bericht des Finanzministers über die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße AG in der Höhe von 68,5715 % an die Hochgurgler Lift-Gesellschaft mbH & Co.KG mit einem Kaufpreis von 61 Mill. S. Der Ausschuss nahm den Bericht mit FP-VP-Mehrheit zur Kenntnis. 

Bedenken des SP-Abgeordneten Reheis, der Verkaufspreis sei angesichts von Wertpapierrücklagen, geringen Personalkosten, beachtlichen Bruttoumsätzen und einem neuwertigen Fuhrpark der Straßengesellschaft zu gering, zerstreute Staatssekretär Finz mit dem Hinweis auf ein Bewertungsgutachten und die Feststellung, dass der Zuschlag dem Bestbieter erteilt wurde. Ein besseres Angebot der Gemeinde Sölden sei erst nach Ende der Ausschreibungsfrist, also zu spät, vorgelegt worden.

ÖSTEREICHER ALS STABSOFFIZIER BEI DER OSZE IN BOSNIEN-HERZEGOWINA

Einstimmig wurde der Antrag auf Fortsetzung der Entsendung eines Angehörigen des Bundesheeres als Stabsoffizier in die "Implementation Section" des Bereiches "Regional Stabilization" der OSZE-Mission für Bosnien und Herzegowina bis längstens 31. Oktober 2001 angenommen. Diese Funktion im Hauptquartier der Mission wird seit April 1998 von einem österreichischen Offizier bekleidet und wurde bereits im Vorjahr verlängert. Wie der Antrag der Außenministerin ausführt, wird der betreffende Offizier die Leitungsfunktion in der Implementation Section für einige Monate übernehmen können.

EINSATZ IM KOSOVO WIRD VERLÄNGERT

Seit Sommer 1999 ist ein österreichisches Infanteriekontingent im Kosovo im Rahmen des multinationalen Friedenseinsatzes (KFOR) im Einsatz. Die Stationierung soll nun bis 31. Oktober fortgesetzt werden, wobei die maximale Entsendestärke auf bis zu 560 Personen erhöht wird. Begründet wird dies damit, dass der dem österreichischen Kontingent zugewiesene territoriale Verantwortungsbereich um rund 50 Prozent größer ist als ursprünglich vorgesehen. Weiters ist geplant, bis zu 20 Angehörige des Kontingents für Funktionen im Stab der KFOR bzw. der deutschen Brigade abzustellen. - Die Mitglieder des Hauptausschusses stimmten dieser Mandats-Verlängerung mit SP-FP-VP-Mehrheit zu.

In der Debatte brachte Abgeordnete Lichtenberger (G) neutralitätsrechtliche Bedenken gegen diesen Einsatz vor und wandte ein, diese Entsendung würde politische Lösungen im Kosovo nicht fördern.

LANDESRAT JOSEF FILL NEUES MITGLIED IM AUSSCHUSS DER REGIONEN

Nach dem Ausscheiden von Dr. Christoph Leitl als stellvertretendem Mitglied im Ausschuss der Regionen wurde nun auf Vorschlag der oberösterreichischen Landesregierung Landesrat Josef Fill für die verbleibende Amtsperiode bis 2002 als Nachfolger in dieser Funktion nominiert. - Der Hauptausschuss nahm diese Mitteilung zur Kenntnis.

NEUE MITGLIEDER IM STÄNDIGEN EU-UNTERAUSSCHUSS

Schließlich wählten die Ausschussmitglieder die Abgeordneten Georg Schwarzenberger (V) und Ilse Burket (F) zu Nachfolgern der aus dem ständigen Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ausscheidenden Abgeordneten Rudolf Schwarzböck (V) und Wolfgang Jung (F). Abgeordneter Karl Donabauer (V) wurde zum Ersatzmitglied anstelle des Abgeordneten Schwarzenberger gewählt.

(Schluss)