Parlamentskorrespondenz Nr. 15 vom 17.01.2001

LIEBSCHER ZIEHT POSITIVE WIRTSCHAFTSBILANZ FÜR EURO-ZONE

Nationalbankspitze berichtet dem Finanzausschuss

Wien (PK) – Die wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern der Euro-Zone verläuft nach wie vor positiv, aufgrund der Abflachung der Konjunktur in den Vereinigten Staaten ist aber mit einer Rücknahme der Wachstumsprognosen auch für Europa zu rechnen. Dies geht aus dem Bericht der Nationalbank über die geld- und währungspolitischen Massnahmen im EZB-Raum im zweiten Halbjahr 2000 hervor, den Gouverneur Klaus Liebscher und Vize-Gouverneurin Gertrude Tumpel-Gugerell heute im Finanzausschuss präsentierten.

Nationalbank-Gouverneur Liebscher beurteilte die Erfahrungen mit der Währungsunion und dem Euro als positiv, wobei er den Wegfall des Wechselkursrisikos als entscheidend einstufte. Mit 3,5 % konnte die Euro-Zone im Jahr 2000 das höchste Wachstum der letzten zehn Jahre in Europa verzeichnen. Die besseren Wachstumsbedingungen haben sich dabei auch auf die Beschäftigungssituation ausgewirkt. So ist die Arbeitslosenquote im letzten Jahr mit 8,8 % auf den niedrigsten Stand seit 1992 gesunken, während gleichzeitig 2,6 Millionen neue Arbeitsplätze im Euro-Raum geschaffen werden konnten.

Liebscher wies ferner darauf hin, dass sich der Euro nunmehr auch auf den internationalen Finanzmärkten gut etabliert habe. So seien 1999 13 % der weltweiten Devisenreserven bereits in Euro gehalten worden, 40 % der Anleihen und der kurzfristigen Schuldverschreibungen habe man in den letzten zwei Jahren in Euro ausgegeben, der Euro fungiere in mehr als 50 Staaten als währungspolitischer Anker.

Der Tiefstand des Wechselkurses des Euro zum Dollar sei aufgrund der wirtschaftlichen Daten nicht gerechtfertigt gewesen und habe in keiner Weise das Verhältnis der wirtschaftlichen Leistungskraft Europas zu jener der USA zum Ausdruck gebracht, gab Liebscher zu bedenken. Das Wachstum in der Euro-Zone und die Abschwächung der US-Konjunktur dürften nun aber zu einer gewissen Korrektur dieses Missverhältnisses in den Währungsrelationen führen, glaubt Liebscher.

Zur Inflation meinte der Gouverneur, das Euro-Gebiet verfüge über eine der niedrigsten Inflationsraten der Welt. Gerade die im abgelaufenen Jahr gesetzten Zinsschritte hatten die Bekämpfung von Risken für die mittelfristige Preisstabilität im Auge gehabt. So seien die Leitzinsen des Euro-Systems in zwei Schritten um jeweils 0,25 Prozentpunkte angehoben worden. Als Gründe dafür nannte Liebscher das weiterhin hohe Wachstum bei der Geldmenge und bei der Kreditentwicklung, das gestiegene Inflationsrisiko als Folge des hohen Ölpreises und der Abschwächung des Euro-Wechselkurses sowie den Ausblick auf eine Phase des stärkeren Wachstums in Europa. Zur Sicherstellung eines nachhaltigen inflationsfreien Wachstums seien nach den Worten Liebschers aber weitere Strukturreformen, insbesondere in Richtung von mehr Flexibilität bei Güter- und Dienstleistungen sowie eine Fortsetzung der Budgetkonsolidierung unabdingbar.

Was die Vorbereitungen der Nationalbank auf den Euro-Umtausch betrifft, teilte Liebscher mit, dass ab 1.1.2002 340 Millionen Euro-Banknoten und 1,5 Milliarden Euro-Münzen in Österreich zur Verfügung stehen werden. Er rechnete damit, dass der Umtausch bereits in den ersten drei Wochen des Jänners 2002 zu 70% bis 80 % abgeschlossen sein werde.

Vize-Gouverneurin Gertrude Tumpel-Gugerell sprach von einer nach wie vor positiven konjunkturellen Entwicklung in der Euro-Zone, warnte aber vor einer Abschwächung des globalen Wachstums als Folge des Rückgangs in den USA. Im dritten und vierten Quartal 2001 könnte dies auch zu einer Abkühlung der Konjunktur im Euro-Raum führen. Tumpel-Gugerell erwartete deshalb eine Rücknahme der Wachstumsprognosen und meinte, die 3 % Wachstum, von denen derzeit noch ausgegangen wird, seien wohl nicht zu halten. Dies ändere aber nichts daran, dass heuer erstmals der Euro-Raum die USA in Sachen Wirtschaftswachstum übertreffen könnte.

Zur konjunkturellen Situation in Österreich meinte sie rückblickend, das starke Wachstum des ersten Halbjahres 2000 konnte nicht gehalten werden, die Wirtschaftsprognosen mussten leicht nach unten revidiert werden. Im dritten Quartal sei die Stimmung der Unternehmer etwas weniger optimistisch gewesen. Tumpel-Gugerell machte für die leichte Abschwächung der heimischen Konjunktur den hohen Erdölpreis, aber auch Konsolidierungsmaßnahmen verantwortlich, die sich dämpfend auf die Nachfrage auswirkten.

Auch die kräftige Exportdynamik habe im September 2000 eine gewisse Abkühlung erkennen lassen, das Leistungsbilanzdefizit habe sich, wie Tumpel-Gugerell weiters berichtete, durch den hohen Ölpreis und die Wechselkurse erhöht. Die Treibstoffpreise wiederum haben ein Ansteigen der Inflationsrate bewirkt.

(Schluss)