Parlamentskorrespondenz Nr. 902 vom 18.12.2001

BIOTECHNOLOGIE: BEWUSSTSEINSBILDUNG ALS VORDRINGLICHE AUFGABE

Aktuelle Aussprache mit Ministerin Forstinger im Industrieausschuss

Wien (PK) Mit dem Thema Biotechnologie im Rahmen der Technologiepolitik befasste sich heute Nachmittag der Industrieausschuss des Nationalrats bei einer Aussprache zu aktuellen Themen seines Aufgabenbereichs. Wie Ausschuss-Obmann Fritz Verzetnitsch (S) einleitend betonte, würden bei den aktuellen Beratungen die mit Biotechnologie zusammenhängenden Fragen der Medizin ausgeklammert. Zu Sitzungsbeginn wurde die Beiziehung des Vorsitzenden des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, Prof. Knut Consemüller, zu den Ausschussberatungen beschlossen.

Die zuständige Ressortchefin, Bundesministerin Monika Forstinger, gab einleitend eine Darstellung der einschlägigen Ressortaktivitäten und zeigte sich erfreut über die sich abzeichnende Erhöhung der Forschungsquote von derzeit 1,7 % des BIP auf 2,5 % im Jahr 2005. Zu den von Anfang an geplanten 7 Mrd. S kämen jetzt durch das Konjunkturprogramm der Bundesregierung weitere 7 Mrd. S hinzu. Damit werde man die Stärken noch besser herausarbeiten können. Zufrieden zeigte sich Forstinger auch mit der Erhöhung der Rückflüsse aus der EU, die von 72 % im 4. Rahmenprogramm auf 99 % im 5. Programm gestiegen seien. Auf zwei Schwerpunkte der Aktivitäten ihres Ressorts wies die Ministerin besonders hin: auf die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU), für die der Zugang zu Forschung und Entwicklung und deren Finanzierung erleichtert werden müsse, und auf diverse Aktivitäten, um Forschung und Entwicklung noch besser an die Bürger heranzubringen. Als konkrete Beispiele nannte Forstinger intelligente Verkehrssysteme, Maßnahmen in Richtung nachhaltiges Wirtschaften und Weltraumtechnologie.

Die Abgeordneten zeigten sich interessiert an Details der Maßnahmen des Konjunkturprogramms der Regierung (Thomas Prinzhorn, F, und Martina Pecher, V). Abgeordnete der Sozialdemokraten kritisierten, dass die Bundesministerin auf die Biotechnologie in ihren Ausführungen nicht näher eingegangen sei. Sie hätte weder Strategien in diesem Feld skizziert noch sei sie auf das Thema Kompetenzzentren eingegangen (Maria Kubitschek) oder hätte Nischen im Biotechnologiebereich angesprochen (Kurt Gartlehner). Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) wollte wissen, was im Ministerium "angedacht" würde; Abgeordneter Paul Kiss (V) ging auf Probleme der öffentlichen Darstellung ein und fragte nach Gegenstrategien sowie nach Maßnahmen, durch die ansiedlungswilligen Unternehmern im Bereich Biotechnologie Rechtssicherheit vermittelt werden könne. In ähnlichem Sinn äußerten sich die Abgeordneten Jakob Auer (V) und Bernd Brugger (F). G-Abgeordneter Werner Kogler problematisierte die Schwierigkeiten internationaler Vergleiche und wollte im Zusammenhang mit Gegengeschäften den Schwerpunkt auf Technologietransfer verlagert wissen. Abgeordneter Peter Keppelmüller (S) fragte nach dem Anteil der Biotechnologieforschung an den gesamten Forschungsausgaben und nach dem Anteil der KMU daran. Wie er ging auch Ausschuss-Vorsitzender Fritz Verzetnitsch (S) auf die Frage der Schwerpunktsetzungen in diesem Bereich ein.

Österreich sei es noch nicht gelungen, sich als Biotechnologie-Standort zu etablieren, begann Technologie-Ministerin Forstinger ihre Antwort grundsätzlich. Biotechnologie würde - trotz einer sehr offenen Diskussion in der Wirtschaft - im Allgemeinen noch zu sehr von der Gefahrenseite her gesehen; Bewusstseinsbildung sei daher das Wesentliche, ein sehr sensibles Vorgehen erforderlich, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Forstinger wies in diesem Zusammenhang auf die Einrichtung eines Ethikrats hin. Man sei in Österreich an einem entscheidenden Punkt angelangt, Strategien für die Zukunft zu entwickeln, sagte die Ministerin.

Prof. Knut Consemüller, der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, ging dann näher auf diese Strategien ein. Von den 7 Mrd. S der laufenden Periode seien 6 Mrd. S bereits gebunden, die 7 Mrd. seien vom Finanzministerium übertragbar gestellt worden, sagte Consemüller, dazu kämen für die Jahre 2004, 05 und 06 weitere 7 Mrd. S aus dem Konjunkturprogramm. Consemüller beschrieb dann die Empfehlung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung bis 2005: Bei den Universitäten gelte es das Niveau zu halten, in der Wirtschaft das Wachstum auf diesem Sektor zu verdoppeln und in der außeruniversitären Forschung zu verdreifachen.

Besondere Beachtung sei dabei, betonte Consemüller, der Grundlagenforschung zu widmen. So würden auch von den genannten 6 Mrd. S 65 - 68 % für wirtschaftsnahe und über 30 % für Grundlagenforschung veranschlagt. Die Biotechnologie sollte stark gefördert werden, meinte Consemüller, und zeigte sich erfreut, dass von den genannten 6 Mrd. S eine Mrd. in die Biotechnologie fließe. Er nannte in diesem Zusammenhang die Mittel für das Zentrum für Molekulare Medizin in Wien.

Dr. Knut Consemüller hob zudem noch die Bedeutung von "public awareness"-Programmen hervor und wies darauf hin, dass vor einigen Wochen ein entsprechendes Konzept vorgelegt wurde. So könnte etwa wieder eine ORF-Gala zu einem bestimmten Thema stattfinden, regte er an, wobei insbesondere die Akteure im Mittelpunkt stehen sollen. Was die angesprochenenen Kompetenzaufsplitterungen betrifft, so wurde der Rat aufgefordert, sich die Strukturen genau anzusehen. Ein diesbezüglicher Bericht werde wahrscheinlich im Sommer bzw. Herbst vorliegen, kündigte er an.

In Beantwortung von Fragen der Abgeordneten machte Bundesministerin Dr. Monika Forstinger darauf aufmerksam, dass die Mittelaufteilung zwischen auftragsorientierten Programmen (z.B. FFF) und ausschreibungsorientierten Programmen (z.B. Aeronautik) ungefähr gleich und damit sehr ausgewogen sei. Hinsichtlich der geplanten Holding, die die operative Vergabe von Mitteln im außeruniversitären Bereich vornimmt, merkte sie an, dass es ihr ein Anliegen sei, dass auch Vertreter der Wirtschaft eingebunden werden. Weiters kam sie noch auf die Beteiligung an den Programmen der European Space Agency (ESA), das "Business plus Capital"-Programm (Frühphasenfinanzierung innovativer, technologieorientierter Unternehmen), auf "Private Public Partnership"-Modelle sowie auf die für nächstes Jahr geplante "Science Week", die der Förderung des Verständnisses für Wissenschaft und Technologie dient, zu sprechen.(Schluss)