Parlamentskorrespondenz Nr. 24 vom 18.01.2002

BERICHT ÜBER DIE VOLLZIEHUNG DES GLEICHBEHANDLUNGSGESETZES LIEGT VOR

Im Jahr 2000 850 neue Beratungsfälle

Wien (PK) - Dem Parlament wurde der von den Ministern Haupt und Bartenstein gemeinsam vorgelegte Bericht (III-135.d.B.) über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2000 zugemittelt.

Insgesamt hatte die Anwaltschaft 2.679 Beratungen durchzuführen, davon betrafen u.a. 1160 die Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, 264 die Festsetzung des Entgelts und 177 die Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei der Beförderung.

Neu kamen 850 Beratungsfälle hinzu, davon bezogen sich 692 auf das Gleichbehandlungsgesetz. Wien hatte die meisten neuen Beratungsfälle (434), gefolgt von Tirol (163), zu verzeichnen.

THEMENSCHWERPUNKTE

Mehr als in früheren Jahren wollen von Diskriminierung betroffene Frauen selbst gegenüber ihren Arbeitgebern initiativ werden. Viele scheuen auch ohne innerbetriebliche Unterstützung konfrontative und fordernde Gespräche nicht mehr. Derzeit sind es noch eher Frauen mit hoher fachlicher Qualifikation und auf wichtigen betrieblichen Positionen, die den Kampf um berufliche Gleichbehandlung selbst aufnehmen. Sie suchen die Gleichbehandlung auf, um Klarheit über die rechtliche Relevanz ihres Anliegens und Informationen über Rechtsfolgen und Judikatur zu ihrem speziellen Problem zu erhalten, genauso wichtig ist ihnen aber das Erarbeiten von Verhandlungsstrategien und Coaching durch die Anwältinnen für Gleichbehandlungsfragen. Dieses Empowerment lässt die betroffenen Frauen die notwendigen Veränderungen selbst einfordern, während die Anwaltschaft im Hintergrund bleibt, was in vielen Fällen die Chance auf eine Verhandlungslösung ohne Druck von außen wahrt.

Sehr viele Anfragen und Beratungen gab es zum Thema "Nachtarbeitsverbot für Frauen". Insbesondere in Produktionsbetrieben empfinden Frauen es als zunehmend ungerecht, dass ihnen durch das Nachtarbeitsverbot auch Aufstiegsmöglichkeiten und bessere Bezahlung verwehrt bleiben. Erstmals gab es Anfragen von für Förderungen und Auftragsvergaben zuständigen Stellen, deren Formulare als Kriterium für die Vergabe von Geldern oder für die Prüfung von Anboten die Einhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes vorsehen.

Unklarheiten gab es anlässlich von Ausgliederungen aus dem Bund, aber auch bei Privatisierung von Gemeindeunternehmen, ist doch ungeklärt, welches Gleichbehandlungsgesetz anzuwenden ist, insbesondere wenn keine ausdrückliche Regelung getroffen wird und im Unternehmen sowohl dienstzugeteilte öffentlich Bedienstete als auch privatwirtschaftlich eingestellte ArbeitnehmerInnern tätig sind.

Immer mehr Anfragen – das ist weiters dem Bericht zu entnehmen – kommen direkt aus den Betrieben. Vorrangig streben die einzelnen Firmen ein Zertifikat (Total E-Quality) oder eine Prämierung (Gläserner Schuh, Audit) an und suchen in der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen Informationen, wie Gleichstellungsmaßnahmen implementiert werden können. In einzelnen Fällen ist die Motivation, ein Zertifikat zu erlangen, eher zweitrangig; den Belegschafts- oder UnternehmensvertreterInnen geht es vielmehr darum, das Potential ihrer weiblichen Mitarbeiterinnen zu nützen. Durch entsprechende Fortbildungsangebote bzw. gezielte Ausschreibungen versuchen sie, die Zahl der Frauen in qualifizierten Positionen zu erhöhen und/oder zu planen bzw. Gleichstellungsverantwortliche zu installieren.

Vermehrt ergreifen Betriebe auch selbst die Initiative zur Prävention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Meist im Zuge einer ersten Beschwerde, "einem ersten Fall, bei dem alles schiefgelaufen ist", kommt es zu Beratungsanfragen, wie man das nächste Mal "richtig" mit dem Problem umgehen könne.

WEITERENTWICKLUNG DES GLEICHBEHANDLUNGSGESETZES

Der Bericht listet auch die aufgrund der praktischen Erfahrung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen notwendigen und möglichen Verbesserungen auf, denen sich zum Teil auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit anschließt:

Aufhebung der Schadensobergrenzen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg;

Einbeziehung von nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen durch ArbeitgeberInnen in die Verwaltungsstrafbestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes;

verbesserter Schutz bei Diskriminierung durch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz;

Erleichterung der Beweisführung in Fällen sexueller Belästigung;

verbesserter Schutz bei Folgediskriminierungen;

Angleichung der Fristen zur Geltendmachung von Schadenersatz;

sprachliche Gleichbehandlung durch das Gleichbehandlungsgesetz;

Einbeziehung von Personen, die arbeitnehmerInnenähnlich beschäftigt sind, in den Geltungsbereich des Gesetzes.

DIE GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Im Jahr 2000 wurden bis zum 31.12.2000 in 11 Sitzungen 31 Fälle behandelt. 11 Einzelverfahren wurden mit Prüfungsergebnissen/Vorschlag und ein Gutachten zum Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung abgeschlossen. 10 der anhängig gewesenen Anträge wurden in verschiedenen Verfahrensstadien zurückgezogen. Neu wurden 21 Anträge im Berichtsjahr eingebracht, der Großteil bezog sich auf Beschwerden wegen sexueller Belästigung, der Rest auf Einstellungs- und Aufstiegsdiskriminierungen sowie Diskriminierung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. (Schluss)