Parlamentskorrespondenz Nr. 176 vom 13.03.2002

KUNSTBERICHT 2000 UND 3. RESTITUTIONSBERICHT IM KULTURAUSSCHUSS

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Wien (PK) - Eine breite Palette von Themen kam heute im Kulturausschuss bei der Diskussion über den Kunstbericht 2000 zur Sprache. Die Abgeordneten schnitten u.a. die Kürzung des Kunstbudgets, die Lage der Filmwirtschaft, den Themenbereich "Creativ Industries", die soziale Lage der KünstlerInnen, die Buchpreisbindung, das Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetz und die Auftragsvergabe im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Artothek an. Zudem übte die SPÖ vehemente Kritik daran, dass der Kunstbericht wie alle anderen von der Regierung vorgelegten Berichte nicht mehr im Plenum des Nationalrates diskutiert werde. Es sei demokratiepolitisch bedenklich, wenn sich die Parlamentarier selbst Diskussions-möglichkeiten vorenthalten, sagte dazu Abgeordnete Gisela Wurm.

Staatssekretär Franz Morak verteidigte die Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Artothek und machte darauf aufmerksam, dass der Rechnungshofbericht zur Artothek "ein Versagen seit 1945 auf allen Ebenen" dokumentiere. "Wir wollen diesen Tatbestand bereinigen." Zur Budgetkürzung merkte Morak an, auch die Künstler seien Teil der Solidargemeinschaft und müssten den generellen Sparkurs mittragen. Seitens des Staatssekretariats habe man sich aber bemüht, "in der Struktur zu sparen" und nicht bei den Künstlern und KünstlerInnen. Deshalb habe man etwa auch die Mittel für Preise und Stipendien erhöht.

Eingeleitet wurde die Debatte zum Kunstbericht durch Abgeordnete Christine Muttonen (S). Sie wies darauf hin, dass es Kulturministerin Gehrer gelungen sei, trotz des Nulldefizits mehr Geld für ihr Ressort zu lukrieren, während es im Kunstbereich Kürzungen gebe, die Staatssekretär Morak stillschweigend hingenommen habe. Die moderne Kunst habe immer schon zu kämpfen gehabt, meinte Muttonen, "aber diese Schieflage, in die sie jetzt geraten ist, war schon seit dreißig Jahren nicht gegeben". Die SPÖ werde daher dem Kunstbericht nicht zustimmen.

Abgeordnete Eva Glawischnig (G) brachte den Themenbereich "Creative Industries" zur Sprache und machte geltend, dass diese in anderen Ländern boomten, während Österreich beim Aufbau hinterher hinke. Man brauche mehr als einen Staatspreis "Design", eine Tagung in der Wirtschaftskammer und die Ankündigung, ein positives Klima zu schaffen, mahnte sie. Immerhin gebe es hier ein enormes wirtschaftliches Potenzial.

Glawischnig unterstrich darüber hinaus, dass sich die soziale Lage der Künstler in den letzten Jahren erheblich verschlechtert habe. In diesem Zusammenhang kritisierte sie auch das Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetz, das noch dazu vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden könnte. In Bezug auf die Artothek stellte die Abgeordnete die Qualität des gewählten Bestbieters in Frage und machte darauf aufmerksam, dass dieser im gegenständlichen Bereich noch keine einzige vorweisbare Leistung erbracht habe. Zudem zog sie in Zweifel, dass tatsächlich keine Ausschreibung nach dem Bundesvergabegesetz habe stattfinden müssen. Insgesamt sprach sie von einem "schiefen Licht" und forderte eine umfassende Aufklärung der Sachlage.

Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) widersprach Aussagen von Oppositionsvertretern, wonach früher alles besser gewesen sei. Auskunft urgierte er u.a. über die beabsichtigte Umverteilung von Fördermitteln von der Bundeshauptstadt zu den Ländern.

Abgeordnete Andrea Wolfmayr (V) wertete die im Bericht erwähnte Buchpreisbindung als vorbildhaft und erkundigte sich nach dem Stand des Beschwerdeverfahrens, das gegen diese Regelung in der EU eingebracht worden sei. Die von einigen Künstlern artikulierte Unzufriedenheit gegen das Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetz beurteilte sie als nicht repräsentativ.

Abgeordnete Inge Jäger (S) meinte, Staatssekretär Morak habe sein bei Amtsantritt gegebenes Versprechen nicht gehalten, wonach sich für die Künstler nichts ändern werde. So sei das Kunstbudget massiv gekürzt worden, zudem habe man die Kuratorenmodelle rückgängig gemacht. Entscheidungen fielen nunmehr verstärkt im Ministerium selbst, vielfach sogar ohne Beiratsbeschlüsse. Kleinen Kunst- und Kulturinitiativen blase nicht zuletzt aufgrund der Verteuerung des Postversandes "harter Wind entgegen". Ihre Fraktionskollegin Beate Schasching bedauerte vor allem die Kürzungen im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur und äußerte die Befürchtung, dass sich das geplante neue Vereinsrecht gerade für kleine Kulturvereine als Hemmschuh erweisen werde.

Ausschussobfrau Brigitte Povysil (F) unterstrich, der Zugang der FPÖ zur Kunst bestehe darin, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Künstler und Künstlerinnen in Ruhe arbeiten und ihre Kreativität ausleben könnten. Ziel sei es zudem, dass jedermann über Kunst mitreden und mitmachen könne. In diesem Sinn begrüßte sie u.a. das Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetz, die beschlossene Galerieförderung, das Preisbindungsgesetz am österreichischen Literaturmarkt sowie die steuerlichen Erleichterungen für Künstler. Sowohl Povysil als auch ihre Fraktionskollegin Brigitte Paphazy sprachen sich für eine steuerliche Absetzbarkeit im Kulturbereich aus.

Abgeordneter Walter Posch (S) hielt fest, durch das Abgehen vom Kuratorenmodell habe keine "demokratische Erneuerung" stattgefunden. Die nunmehrigen Entscheidungen seien weder besser noch demokratischer als früher. Hinsichtlich des Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetzes wies er auf die herrschende Unzufriedenheit unter den KünstlerInnen hin.

Staatssekretär Franz Morak relativierte die von den Abgeordneten angesprochenen Budgetkürzungen und betonte darüber hinaus, dass auch Künstler Teil der Solidargemeinschaft seien und den generellen Sparkurs mittragen müssten. Seitens des Staatssekretariats habe man sich aber bemüht, in der Struktur zu sparen und nicht bei den Künstlern und Künstlerinnen, bekräftigte er. Deshalb habe man auch die Mittel für Preise und Stipendien erhöht oder etwa den Künstlerhilfefonds im Bereich der bildenden Kunst um 19% aufgestockt.

Als ein Problem sieht es Morak, dass das österreichische Kunstbudget im internationalen Vergleich auf der einen Seite zwar relativ hoch ist, es auf der anderen Seite aber ein großes Handelsbilanzdefizit im Bereich der Kultur gebe. So gebe es etwa hohe Subventionen für die Bundestheater, aber kaum österreichische Theaterautoren, die über Copy-Rights verfügten.

Was die Kürzungen im Bereich der Filmwirtschaft anbelangt, wies Morak auf das Regierungsübereinkommen hin, wo es wörtlich heiße, dass es im Kulturbereich einen Schwerpunkt Film "durch einen effizienteren Einsatz der Fördermittel" geben solle. Förderungen allein, seien sie noch so hoch, würden der Filmwirtschaft aber nicht helfen, erklärte er, vielmehr gehe es um einen funktionierenden Markt. Als enorm wichtig für die Filmschaffenden und freien Produzenten wertete Morak in diesem Zusammenhang die Liberalisierung im TV-Bereich.

Besondere Bedeutung misst der Kunst-Staatssekretär, wie er sagte, auch dem Thema Kreativwirtschaft bei. In dieser Frage arbeite man mit der Wirtschaftskammer zusammen und sei dabei, einen Kulturwirtschaftsbericht herauszugeben.

Zuversichtlich zeigte sich Morak, dass das Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetz nicht vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird. Er gab außerdem zu bedenken, dass vorerst einmal lediglich entschieden werde, ob der Verfassungsgerichtshof überhaupt ein Gesetzesprüfungsverfahren einleite.

Als ein ihm großes Anliegen nannte Morak eine Umverteilung der Fördermittel von Wien zu den Bundesländern. Er räumte ein, dass es deshalb zu Spannungen komme, die er aber nicht für gerechtfertigt hält. So sei etwa die Wiener Theaterförderung gleich geblieben. Wie Morak mitteilte, rekrutiert er beispielsweise verstärkt Beiratsmitglieder aus den Bundesländern und hält die Beiräte an, die Bundesländer-Thematik bei der Fördervergabe mitzuberücksichtigen.

Positiv äußerte sich Morak zur Buchpreisbindung, die ihm zufolge nun auch in Deutschland Nachahmung finde. Zunächst vorhandene Probleme mit der EU sind seiner Auskunft nach ausgeräumt, es sei klargestellt worden, dass das österreichische Gesetz EU-konform ist.

Als wichtiges Thema beurteilte Morak die steuerliche Absetzbarkeit von Zuwendungen im Kulturbereich. Er informierte die Abgeordneten darüber, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut im Rahmen der Steuerreformkommission mit der Erstellung einer Studie zu diesem Thema beauftragt worden sei. Vor weiteren Überlegungen sei es notwendig, die Daten zu erheben und Vorarbeiten zu leisten.

Was die Artothek betrifft, zeige der Rechnungshofbericht, so Morak, "ein Versagen seit 1945 auf allen Ebenen". "Wir wollen diesen Tatbestand beseitigen." Der für die Ausschreibung zuständige Ministerialrat habe jedenfalls keine Weisung von ihm erhalten, betonte der Staatsekretär.

Der zuständige Beamte verwies im Ausschuss darauf, dass der Rechnungshof eine Neuorganisation der Artothek vorgeschlagen habe. Daraufhin habe man sich entschieden, einen Teil der Leistungen der Artothek an einen privaten Rechtsträger zu übertragen. Das Vergabegesetz habe dabei nicht angewendet werden müssen, dennoch habe man ein Verhandlungsverfahren durchgeführt und dafür einen Leistungskatalog erstellt. Dem Beamten zufolge ist das Kunststaatssekretariat an das Kunsthistorische Museum, die Österreichische Galerie Belvedere, das Museum für angewandte Kunst, die Akademie der Bildenden Künste, die Albertina und die Bundestheater-Holding herangetreten, einzig und allein eine Tochter der Bundestheater-Holding habe aber ein Angebot gelegt. Daraufhin habe man versucht, ein zweites Angebot zu bekommen und sich an die Gesellschaft zur Förderung des digitalen Kulturgutes gewandt und mit dieser als Bestbieter schließlich einen Vertrag abgeschlossen.

Zur Kürzung der Förderungen im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur merkte Morak an, diese bewege sich im Rahmen der anderen Kürzungen. Er wies aber darauf hin, dass ein neuer Preis für Kinderbuchautoren eingerichtet worden sei.

Bedauern äußerte Morak darüber, dass der Architekt des Kulturinstituts in New York, Raimund Abraham, die Staatsbürgerschaft zurückgelegt hat. Das Gebäude selbst qualifizierte er als wesentliche Herausforderung für den österreichischen Kunstexport.

Schließlich nahm Morak zum von Abgeordneter Glawischnig angesprochenen kosmos.frauenraum Stellung und führte aus, dass die Fachbeiräte über das Förderansuchen entschieden hätten. Nachdem das Konzept zur Errichtung einer Mittelbühne abgelehnt worden sei, habe er sich dafür eingesetzt, dass der kosmos.frauenraum über die für Kulturinitiativen zur Verfügung stehenden Mittel die gleiche Förderung wie im letzten Jahr erhalte.

Der Kunstbericht 2000 wurde mit den Stimmen der Koalitionsparteien zur Kenntnis genommen. Aus ihm geht hervor, dass sich das angestrebte Nulldefizit auch auf die Kunst dramatisch ausgewirkt hat. Rund 15 % Einbußen mussten Bildende Kunst, Literatur, Musik, Film und die anderen Kunstsparten bei den Förderungen im Jahr 2000 hinnehmen. Wurde die kulturelle Visitkarte Österreichs 1999 noch mit 1,22 Mrd. S (88,66 Mill. €) gefördert, gab es im Jahr 2000 gerade noch etwas mehr als eine Milliarde (exakt 1,06 Mrd. S bzw. 77,03 Mill. €). Dennoch konnte, wie Kunststaatssekretär Franz Morak im Vorwort des Berichtes ausführt, ein "Kahlschlag im Bereich der Kunstförderung" verhindert werden. Zudem weist er auf neue steuerliche Erleichterungen für KünstlerInnen, die Schaffung einer Künstler-Sozialversicherung und das Gesetz über die Buchpreisbindung hin.

Von den finanziellen Kürzungen waren - mit Ausnahme der Bildenden Kunst - alle Bereiche betroffen. So erlebten sowohl Musik und Darstellende Kunst (536,2 Mill. S gegenüber 595,8 Mill. S 1999) als auch Film (119,3 gegenüber 161,8), Literatur (129,2 statt 141,2) und Medienkunst (61,4 statt 70,4) substanzielle Einbußen. Für Bildende Kunst standen im Jahr 2000 insgesamt 77 Mill. S gegenüber 70,3 im Jahr zuvor zur Verfügung.

3. RESTITUTIONSBERICHT EINSTIMMIG ZUR KENNTNIS GENOMMEN

Einstimmig nahmen die Abgeordneten den 3. Restitutionsbericht des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Kenntnis.

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) hielt dazu fest, der 3. Restitutionsbericht zeige eindrucksvoll, in welch vorbildlicher Weise Österreich bei der Rückgabe der Kunstgegenstände vorgehe. Auch Abgeordnete Andrea Wolfmayr (V) äußerte Lob für die intensive Arbeit der Kommission.

Kulturministerin Elisabeth Gehrer erläuterte in Bezug auf eine Anfrage von Abgeordneter Eva Glawischnig (G), sie habe der Stiftung Leopold in Zusammenhang mit der Provenienzforschung empfohlen, nach den selben Kriterien vorzugehen, wie sie für Bundesministerien gelten. Dies sei aber eine Angelegenheit der Stiftung. Soweit sie wisse, seien Untersuchungen im Gang.

Als nicht sinnvoll wertete Gehrer eine Wertangabe der zurückgegebenen Kunstgegenstände. Die Objekte würden den ursprünglichen Eigentümern bzw. deren Erben zurückgegeben, die Angabe eines Gesamtwertes wäre den Betroffenen gegenüber unfair.

Dem Restitutionsbericht 2000/2001 zufolge wurden im Berichtszeitraum 75 Kunstgegenstände an die Erben von elf Personen übermittelt, darunter das berühmte Altarflügelbild des Meisters der Veitslegende, Daffingergemälde, antike Keramiken, chinesische Vasen und andere z.T. unschätzbare Kulturwerte. Zum Großteil betrafen die Rückgaben dabei Objekte, die zwar rechtmäßig in Bundeseigentum gelangt sind, jedoch zuvor Gegenstand von Rechtsgeschäften waren, die gemäß den Bestimmungen des Jahres 1946 nichtig sind, einige Kunst- und Kulturgegenständen wurden im Zuge von Verfahren nach dem Ausfuhrverbotsgesetz zurückbehalten und gelangten als "Schenkungen" und "Widmungen" in den Besitz der österreichischen Museen.

Generell wird im Bericht darauf hingewiesen, dass es sich bei den zu restituierenden Gegenständen "um wesentlich weit mehr Fälle als ursprünglich angenommen" handelt. Viele Kunstgegenstände gelangten nämlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg und vielfach auch weit über die vorerst als Zeithorizont fixierten 60er Jahre hinaus in Bundesbesitz. Nun ist beabsichtigt, die Provenienzforschung auf alle Erwerbungen und Zugänge in den Bundesmuseen und Sammlungen auszudehnen.

Sowohl der 3. Restitutionsbericht als auch der Kunstbericht 2000 wurden vom Kulturausschuss "enderledigt", beide Berichte werden daher nicht mehr im Plenum verhandelt. (Schluss)