Parlamentskorrespondenz Nr. 210 vom 25.03.2002

DER SITTENWÄCHTER

Cato der Ältere (234 - 149 v. Chr.)

Wien (PK) - "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam". Wenn diese Aussage in dieser Form auch nicht authentisch ist, so bleibt sie doch dem/der geplagtesten LateinschülerIn in Verbindung mit einem Namen dauerhaft im Gedächtnis: Marcus Porcius Cato, der Ältere.

Auch heute noch greifen PolitikerInnen auf das Instrument zurück, ihnen wichtige Probleme mittels eines kurzen Satzes am Ende jeder Rede in Erinnerung zu rufen,  etwa eine bekannte Grün-Politikerin den Tierschutz. Auch der Herausgeber einer Stadtzeitung bedient sich dieses Instruments, um einem mächtigen Medienkonzern sowie einem dazugehörigen Kleinformat, dessen Inhaber unter dem Pseudonym Cato schreibt und damit einen Hinweis auf seine Ideologie gibt, den Kampf anzusagen und Bewusstseinsbildung zu betreiben.

Als Vertreter der nationalen Richtung in Literatur und Leben wandte sich Cato vor allem gegen die, seiner Meinung nach, schlechten, sogar verderblichen Sitten der hellenistischen Zivilisation. Damit stand er in strikter Opposition zu den Scipionen und ihrem Kreis, die das in Rom aufkeimende Hellenentum nachdrücklich förderten. Das Amt des Zensors, das ihm 184 v. Chr. übertragen wurde, und das er seinen, den  altrömischen Tugenden verpflichteten Überzeugungen entsprechend äußerst streng als ein wahres Sittenregiment handhabte, brachte ihm den Beinamen "Censorius" ein. Diese Unnachgiebigkeit verwickelte ihn auch in zahlreiche Prozesse, die er selbst anstrengte, in denen er aber auch 44 Mal als Angeklagter fungierte. Er wurde aber stets freigesprochen.

Wie in einer Rede Catos aus dem Jahr 195 v. Chr. nachzulesen ist, beschäftigte er sich auch eingehend mit den Gefahren, die Männern durch freiheitsliebende, aufmüpfige Frauen entstehen könnten. So warnte er eindringlich davor, diesbezügliche gesetzliche Schranken zu lockern: "Wenn wir die Wahrheit sagen wollen, so sehnen sie sich nach Freiheit, ja nach Ungebundenheit in allem. Was wäre noch, woran sie sich nicht wagen werden, wenn sie das errungen haben?....Und wie,...glaubt ihr, dass ihr euch dann noch ihrer werdet erwehren können? In dem Moment, wo sie euch gleich sein werden, werden sie eure Herren sein.“

Was wir über Cato den Älteren wissen, ist in erster Linie der Biographie des Plutarch zu verdanken. Er wurde im Jahr 234 v. Chr. in Tusculum geboren und entstammte einer plebejischen Familie, die es geschafft hatte, zur führenden Schicht Roms aufzusteigen. Cato erreichte sehr rasch hohe Staatsämter. So wurde er im Alter von 30 Jahren Quästor (oberster Finanzbeamter) in Afrika und Sizilien, 199 v. Chr. plebejischer Ädil (hoher Staatsbeamter mit verschiedenen Aufgaben, v. a. polizeilicher Natur), 198 v. Chr. Prätor (Beamter mit Befugnissen in der Rechtssprechung) in Sardinien, 195 v. Chr. Konsul (höchster Jahresbeamter) und schließlich 184 v. Chr. Censor für fünf Jahre.

Nachdem er sich im 2. Punischen Krieg (218 – 201 v. Chr.) gegen Hannibal ausgezeichnet hatte, machte er es zu seinem Prinzip, Karthago mit allen Mitteln zu bekämpfen. Er wandte sich daher auch vehement gegen die Politik des Senats, dem besiegten Gegner Karthago den Wiederaufbau zu ermöglichen und forderte mit seinem "ceterum censeo" in allen Versammlungen hartnäckig die völlige Vernichtung der Stadt. Damit bereitete er den 3. Punischen Krieg (149 – 146 v.Chr.) vor, der tatsächlich mit der völligen Zerstörung Karthagos endete.

Durch seine schriftstellerische Tätigkeit gilt Cato als Schöpfer des lateinischen Prosastils. Auch wenn er des, seiner Ansicht nach, "dekadenten" Griechischen mächtig war, verfasste er im Gegensatz zu anderen Autoren seine Werke in lateinischer Sprache, um Vorbildwirkung zu erzielen und das Griechische zu verdrängen.

Die früheste überlieferte Prosaschrift in lateinischer Sprache ist sein Buch "De Agricultura", geschrieben im Jahr 154 v. Chr. Darin wird die tiefe Verwurzelung des römischen Volkes in seinem bäuerlichen Ursprung verdeutlicht, indem unter anderem der Wert und der Vorzug des Bauern gegenüber dem Kaufmann hervorgehoben wird. Cato beschreibt darin sehr ausführlich die verschiedensten Aspekte bäuerlichen Lebens, von den Anweisungen über die Errichtung eines Guts und dessen Verwaltung, über die verschiedensten Vorschriften für die anfallenden Arbeiten in Feld, Garten und Weinberg, über Kochrezepte, Schädlingsbekämpfung und Heilmittel für Mensch und Tier bis hin zu Erntefesten und Gebetsvorschriften.

Sein Hauptwerk sind aber die "Origines", eine siebenbändige Geschichte Roms und der italischen Stämme. Cato ging dabei bewusst neue Wege, weg von der chronologischen Schilderung hin zur Darstellung zusammengehöriger Ereignisse, die er bis in seine Zeit hinauf in einheitlicher Beschreibung zu verbinden suchte. Er wurde damit zum eigentlichen Begründer der lateinischen Geschichtsschreibung. Cato versuchte in diesem Werk, von dem nur mehr Fragmente und Zeugnisse erhalten sind, auch seine moralischen Prinzipien und seine demokratische Grundtendenz zu verankern. Er nannte beispielsweise kein einziges Mal den Namen eines Feldherrn oder Politikers, sondern stets nur Rang und die Amtsbezeichnung, um zu demonstrieren, dass Erfolg und Aufstieg Roms nicht die Leistung einzelner, wenngleich verdienstvoller Führer, sondern des gesamten Volkes sind. Sich selbst widmete er dennoch im zweiten Teil seines Buches breiten Raum. Den überragenden Platz in der Literatur- und Geistesgeschichte Roms verdankt das Werk nicht nur seiner präzisen Sammlung und Sichtung eines umfassenden Quellenmaterials, sondern auch seiner sprachlichen Qualität.

Ebenso bruchstückhaft erhalten sind Catos Unterweisungen für seinen Sohn über Ackerbau, Rhetorik und Medizin sowie seine mehr als 150 Reden.

Cato starb im Jahre 149 v. Chr. Den Tod fürchtete er nicht, denn "alles, was natürlich ist, ist gut". Auch über das Alter meinte er, dass der alte Mensch seine geistigen Fähigkeiten behält, vorausgesetzt, dass diese auch geübt und bereichert werden.

Die Statue Catos steht im Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses des Reichsrates. Sie stammt von Hans Bitterlich und zeigt den Politiker mit Tunika und Toga bekleidet. Die geballten Fäuste, der finstere und stechende Blick und sein energisch wirkendes Vorwärtsschreiten sollen festen Willen und Tatendrang vermitteln. Cato ist aber auch an der Außenseite des Parlamentsgebäudes dargestellt, ebenfalls in einer Pose, die Entschlossenheit signalisiert. Die Statue auf der Attika des Abgeordnetenhauses wurde von Karl Schwerzek gestaltet.

(Schluss)