Parlamentskorrespondenz Nr. 285 vom 22.04.2002

REGIERUNGSVORLAGEN UND PETITION NR. 92

NEUERLICHER ANLAUF FÜR NEUES BUNDESVERGABEGESETZ

Die Regierung hat dem Nationalrat ein neues Bundesvergabegesetz vorgelegt, nachdem ein im Jahr 2000 eingebrachter Entwurf nicht die parlamentarische Hürde genommen hatte und vom Parlament lediglich eine Übergangslösung beschlossen wurde. Ziel des Gesetzes ist insbesondere eine Liberalisierung des öffentlichen Auftragswesens. Zudem werden - nicht zuletzt aufgrund mehrerer Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs - der Rechtsschutz für unterlegene Bieter neu ausgestaltet und die vergabespezifischen Rechtsschutzbestimmungen auch auf öffentliche Aufträge ausgedehnt, die unter jenem Schwellenbereich liegen, für den EU-Vorschriften jedenfalls detaillierte Verfahrensbestimmungen und -garantien verlangen. Im Wesentlichen sind das Liefer- und Dienstleistungsaufträge mit einem geschätzten Auftragswert unter 200.000 € bzw. Bauaufträge und Baukonzessionsverträge unter 5 Mill. €.

Konkret ist u.a. vorgesehen, das Bundesvergabeamt als unmittelbare Bundesbehörde einzurichten. Die Verfahrens- und Rechtsschutzbestimmungen für den Unterschwellenbereich werden grundsätzlich an jene für den Oberschwellenbereich angeglichen, allerdings gibt es im Sinne einer praxisgerechten Vorgangsweise einige Sonderregelungen etwa in Bezug auf Fristenregelungen oder Bekanntmachungen. Darüber hinaus werden neue Vergabeinstrumentarien wie elektronische Auktionen oder Rahmenvereinbarungen auf den Unterschwellenbereich beschränkt.

Weiters werden mit dem Bundesvergabegesetz die Voraussetzungen für die Nutzung elektronischer Medien - etwa das Internet - im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge geschaffen sowie die im März 2000 neu gefasste ÖNORM A 2050 berücksichtigt. Die Bundesbeschaffungs-GmBH erhält die Möglichkeit, auch Vergabeverfahren für Auftraggeber abzuwickeln, die den Landesvergabegesetzen unterliegen. Damit sollen, wie es in den Erläuterungen heißt, die Einsparungspotentiale der Bundesbeschaffungsgesellschaft auch für die Länder fruchtbar gemacht werden können.

Eine Änderung der Zuständigkeiten der Länder ist im Entwurf nicht vorgesehen, da für die des Öfteren geforderte Vereinheitlichung des Vergabewesens zwischen Bund und Ländern umfassende Kompetenzänderungen auf Verfassungsebene notwendig wären. Eine Lösung der organisations- und kompetenzrechtlichen Fragen solle vielmehr, so die Erläuterungen, auf parlamentarischer Ebene verhandelt werden.

Wie die Regierungsvorlage festhält, wurden 1999 öffentliche Aufträge im Wert von 35,23 Mrd. € (das entspricht 17,9 % des BIP) vergeben. Eine konsequente Liberalisierung des Beschaffungswesens in Österreich könnte der Vorlage zufolge kurzfristig Einsparungen in der Höhe von 1 % des Gesamtauftragswertes, langfristig sogar im Ausmaß von 2 % bringen, wobei sich 80 % der Preissenkungen im Bereich des Bundes und der Bundesunternehmen ergeben würden. Weitere Einsparungen wären durch Volumensbündelungen und Prozessoptimierungen sowie durch die gezielte Nutzung bestimmter Formen der elektronischen Auftragsvergabe möglich.

Für die Beschlussfassung des Bundesvergabegesetzes im Nationalrat ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. (1087 d.B.)

DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN MIT MAROKKO

Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Marokko macht den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung notwendig. Das diesbezügliche Abkommen orientiert sich an den international anerkannten Grundsätzen, die der Fiskalausschuss der OECD für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erarbeitet hat (1071 d.B.).  

PETITION GEGEN ILLEGALE BESCHÄFTIGUNG

Abgeordneter Johann Maier (S) überreichte dem Nationalrat eine Petition der Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr mit dem Titel "Illegale Beschäftigung darf kein Kavaliersdelikt bleiben! Sozialbetrug ist Diebstahl und Diebstahl muss bestraft werden." Gefordert wird u.a. die Einführung eines gerichtlichen Strafrechtstatbestandes "Sozialbetrug" analog zu Deutschland, höhere Strafsätze im Verwaltungsstrafrecht bei illegaler Beschäftigung, die "Abschöpfung" des wirtschaftlichen Vorteils bei jenen, die Vorteile aus der illegalen Beschäftigung ziehen, die sofortige Anmeldung von ArbeitnehmerInnen bei der Sozialversicherung bei Arbeitsantritt sowie umfassendere Kompetenzen der Zollorgane bei der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung von In- und Ausländern und bei der Bekämpfung von Sozialbetrug durch Umgehung abgabenrechtlicher Bestimmungen. Nach Ansicht der Gewerkschafter reichen die von der Regierung vorgesehenen Maßnahmen zur Schwarzunternehmerbekämpfung nämlich nicht aus, um eine abschreckende Wirkung gegen Steuerhinterziehung, Schwarzbeschäftigung und Sozialbetrug in der Wirtschaft zu erzielen. (92/PET) (Schluss)