Parlamentskorrespondenz Nr. 356 vom 16.05.2002

RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS BEFASST SICH MIT EINKOMMENSBERICHT

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Wien (PK) - Die Frage, ob Unternehmen und Einrichtungen aus dem öffentlichen Bereich die Gehälter jener Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen offen legen müssen, die monatlich mehr als rund 80.000 S (5.813 €) verdienen, ist nach wie vor strittig. Rechnungshofpräsident Franz Fiedler informierte die Abgeordneten des Rechnungshofausschusses heute darüber, dass Rechtsverfahren, die mehrere Unternehmungen gegen diese im Bundesbezügegesetz normierte Verpflichtung angestrengt haben, nach wie vor im Laufen seien.

Fiedler zufolge haben sowohl der Verfassungsgerichtshof, bei dem acht Verfahren anhängig sind, als auch der Oberste Gerichtshof, der zwei Verfahren zu entscheiden hat, um eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs ersucht, um die Frage zu klären, ob eine Verpflichtung zur Offenlegung von öffentlichen Bezügen EU-konform sei. Mittlerweile seien die vom EuGH angeforderten Stellungnahmen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten eingetroffen, wobei der Großteil der Staaten, so Fiedler, keine Einwände gegen die gesetzliche Verpflichtung geltend gemacht hat, lediglich ein Land habe sich vorsichtig, wenn auch nicht dezidiert ablehnend geäußert.

Der EuGH hat nunmehr nach Auskunft Fiedlers für 18. Juni eine Verhandlung anberaumt, bei der aber noch keine Entscheidung zu erwarten sei. Mit einer solchen rechnet der Rechnungshofpräsident vielmehr nicht mehr in diesem Jahr.

Grundlage für die Ausführungen Fiedlers bildete der Einkommensbericht des Rechnungshofes über die Jahre 1999 und 2000, mit dem sich der Rechnungshofausschuss des Nationalrates heute befasste. Der Rechnungshof ist verpflichtet, dem Nationalrat jedes zweite Jahr über die durchschnittlichen Jahreseinkommen in Unternehmen und Einrichtungen zu berichten, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Einkommen der Mitglieder des Aufsichtsrates und des Vorstandes als auch auf jene der Beschäftigten, wobei auch alle Sozial- und Sachleistungen sowie zusätzliche Pensionsleistungen zu berücksichtigen sind.

Dem Bericht zufolge waren im Jahr 2000 294 Unternehmungen mit 189.085 Beschäftigten von der Erhebung betroffen, davon 1.237 Aufsichtsrats- und 455 Vorstandsmitglieder. Die Unternehmungen wurden im Bericht in insgesamt 14 Wirtschaftszweige aufgegliedert, wobei der Rechnungshof auf Wunsch der Abgeordneten jene Einkommen gesondert kennzeichnete, die über dem Bezug des Bundeskanzlers gemäß Bezügebegrenzungsgesetz liegen. Nach dieser Aufstellung lagen die durchschnittlichen Vorstandsbezüge bei der ÖIAG, zahlreichen Elektrizitätsunternehmen (EVN, KELAG, ÖEAG, Verbund Austrian Hydro Power), den Austrian Airlines, der Tyrolean Airways, dem Flughafen Wien, den ÖBB, der Post und Telekom Austria, den Österreichischen Bundesforsten, der Österreichischen Postsparkasse, der PSK Beteiligungsverwaltung, der Print Media Austria, dem Dorotheum, der Österreich Werbung und der Assmann Ladenbau über diesem Betrag, wobei in einigen Fällen einmalige Pensionsabfindungen und ergebnisorientierte Tantiemen im Bezug inkludiert sind.

Aus dem Bericht geht außerdem deutlich hervor, dass die Zahl der vom Rechnungshof zu prüfenden Unternehmen stark rückläufig ist. So waren im Jahr 1996 noch 521 Unternehmen und öffentliche Einrichtungen von der Einkommenserhebung betroffen, im Jahr 2000 waren es nur noch 294.

Abgeordneter Günther Kräuter liest aus dem Bericht zudem heraus, dass die Lehrstellen in öffentlichen Unternehmungen dramatisch rückläufig seien. Er wertete das als "fatale Beispielswirkung" für andere Betriebe. Er habe das Gefühl, meinte Kräuter, die Manager würden umso besser bezahlt, je mehr Personal sie abbauen und je weniger Lehrlinge sie ausbilden. Darüber hinaus habe es für Manager zum Teil "exorbitante" Bezugserhöhungen gegeben, während die Arbeitnehmer sich mit massiven Einschränkungen, auch beim Gehalt, abfinden müssten. Die Politik müsse auf diese Entwicklung reagieren, forderte der Abgeordnete. Ähnlich äußerten sich auch die SPÖ-Abgeordneten Josef Edler, der bedauerte dass sich der Staat aus der Lehrlingsausbildung zurückziehe, und Kurt Gaßner.

Seitens der ÖVP wiesen die Abgeordneten Wolfgang Großruck und Gottfried Feurstein diese Darstellung zurück. Großruck wandte sich vor allem dagegen, etwaige exorbitante Managerbezüge und Lehrlingsrückränge der neuen Regierung anzulasten, und machte geltend, dass der vorliegende Einkommensbericht die Jahre 1999 und 2000 umfasse. Sowohl er als auch Feurstein wollten zudem von Rechnungshofpräsident Fiedler wissen, ob die von Kräuter genannten Entwicklungen tatsächlich aus dem Einkommensbericht herausgelesen werden könnten.

FPÖ-Abgeordneter Eduard Mainoni kritisierte vor allem die hohen Durchschnittsbezüge im Ausmaß von rund 1 Mill. S (72.672 €) bei den Angestellten des ORF.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler erklärte, in Bezug auf die Entwicklung der erhobenen Bezüge lasse sich kein generalisierender Schluss ziehen. Es gebe sowohl Veränderungen nach oben als auch Veränderungen nach unten und zwar sowohl in der Belegschaft als auch beim Management. Hier müsse jedes Unternehmen gesondert betrachtet werden. Eine seriöse Beurteilung, ob es innerhalb der letzten Jahre tatsächlich zu einem Rückgang der Lehrlingsausbildung in den öffentlichen Unternehmungen gekommen sei, ist Fiedler zufolge kurzfristig nicht möglich.

Von Ausschussvorsitzendem Werner Kogler (G) auf etwaige Schwierigkeiten bei der Erhebung der Bezüge angesprochen, teilte Fiedler mit, dass es derzeit einen "Schlagabtausch" mit der AUA-Gruppe in der Frage der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes gebe. Zudem herrschten unterschiedliche Auffassungen über die Prüfungszuständigkeit zwischen dem Rechnungshof und der Telekom.

Die Zahl der von der Einkommenserhebung betroffenen Unternehmungen und Einrichtungen wird Fiedler zufolge jedenfalls auch im nächsten Jahr weiter zurückgehen, wenn auch nicht mehr so deutlich wie in den vergangenen Jahren. In diesem Zusammenhang erneuerte der Rechnungshofpräsident seine kritische Haltung in Bezug auf die Durchführung von Ausgliederungen, da es dadurch oftmals lediglich zu einer Umschichtung vom Personalaufwand zum Sachaufwand komme.

Der Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen und zusätzliche Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes 1999 und 2000 wurde mit den Stimmen der Koalitionsparteien zur Kenntnis genommen. (Schluss)