Parlamentskorrespondenz Nr. 504 vom 01.07.2002

2001: NEUE FORMEN DER INTERNATIONALEN ZUSAMMENARBEIT

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Wien (PK) - "Wenn ein Datum des Jahres 2001 noch lange prägend in Erinnerung bleiben wird, ist dies wohl der 11. September. Die Terroranschläge in den USA haben uns bewusst gemacht, dass kein Land der Erde unverwundbar ist." Mit diesen Worten beginnt Außenministerin Benita Ferrero-Waldner ihr Vorwort zum Außenpolitischen Bericht 2001 (III-150 d.B.), der dieser Tage dem Nationalrat zugeleitet wurde. Und sie fährt fort: "Dabei musste man sich auch von einer Illusion, sollte sie je existiert haben, verabschieden: von jener nämlich, dass ein Land allein in der Lage wäre, seinen BürgerInnen bestmöglichen Schutz zu bieten. Nur ein gemeinsames Vorgehen in einem größeren Verband und die Solidarität der internationalen Staatengemeinschaft können das leisten." In diesem Kontext war auch die österreichische Außenpolitik des abgelaufenen Jahres zu verstehen.

Der Kampf gegen den Terrorismus habe die gesamte Staatenwelt vor neue Herausforderungen gestellt, wobei es, wie die Außenministerin betont, Österreich zugute gekommen sei, klare Konzepte verfolgt zu haben und eine Außenpolitik, die auf festen Werten beruhe, zu betreiben. Österreichs Position in Europa und in der Welt habe sich verbessert, weil sich nach dem 11. September gezeigt habe, wofür Österreich stehe: "eine verantwortungsbewusste und in die Zukunft gewandte solidarische Politik als verlässlicher Partner".

Für Österreich habe Sicherheitspolitik dabei primär Europapolitik bedeutet, habe doch "kein anderes Modell so erfolgreich Frieden, Stabilität und Wohlstand gesichert wie jenes der europäischen Integration". Dementsprechend war ein weiterer Schwerpunkt des außenpolitischen Jahres 2001 die konsequente Vorbereitung der EU auf Institutionenreform und Erweiterung, in welchen Themen Österreich eine treibende Rolle spielen konnte und dies auch mit der von Bundesministerin Ferrero-Waldner initiierten "Österreich-Plattform" entsprechend kommunizierte. Darüber hinaus engagiert sich Österreich ungebrochen auf den Feldern der Auslandskulturpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit, wie der Bericht ausweist.

OPTIONEN DER EU

Hauptpunkte der politischen Arbeit der Europäischen Union waren die Fortsetzung der Debatten über eine Institutionenreform und über die Erweiterung der Union. Zu beiden Fragen waren auf dem EU-Gipfel in Nizza wesentliche Punktationen festgelegt worden. Thematisiert wurden dabei u.a. die Größe und Zusammensetzung der Kommission, die Stimmengewichtung im Rat sowie die Ausdehnung des Mehrheitsvotums. Auch hinsichtlich des Europäischen Parlaments, des Europäischen Gerichtshofes und anderer EU-Institutionen wurden die Auswirkungen einer Erweiterung diskutiert. Dieser Diskussionsprozess wurde 2001 konsequent weitergeführt und soll spätestens 2004 in eine weitere Regierungskonferenz münden, "welche die erforderlichen Vertragsänderungen beschließen soll". Grundsätzliches hiezu wurde auf dem Europäischen Rat in Laeken im Dezember 2001 in der gleichnamigen Erklärung beschlossen, deren wesentlichster Inhalt die Einberufung eines Konvents unter der Präsidentschaft von Valery Giscard d´Estaing ist, der sich seitdem um einen europäischen Reformpolylog bemüht.

Gegenstand der Aktivitäten innerhalb der EU waren überdies die weitere Ausgestaltung der GASP sowie die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten vor dem Hintergrund der WWU. Augenmerk wurde aber auch der Beschäftigung in Europa gewidmet.

Hauptpunkt der Politik der EU blieb die Frage der Erweiterung. Im Jahr 2001 wurden die Verhandlungen mit den zwölf Beitrittskandidaten erfolgreich weitergeführt, wobei den Vorgaben der beim Europäischen Rat von Nizza beschlossenen "road map" weitgehend entsprochen werden konnte: "Es gelang, Verhandlungserfolge in einigen schwierigen Verhandlungskapiteln zu erzielen", wie im Bericht (S. 7 ff.) ausführlich dargelegt wird.

Auch abseits der EU engagierte sich Österreich europapolitisch. So stellt unser Land den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung und den Generalsekretär des Europarates, ist in der CEI aktiv und engagiert sich konsequent weiter in der OSZE.

ÖSTERREICH UND DIE WELT - GEMEINSAM GEGEN DEN TERRORISMUS

Auch im Jahr 2001 setzte Österreich sein Engagement im Rahmen der Vereinten Nationen unvermindert fort. Schwerpunkt der Arbeit der VN war dabei der internationale Kampf gegen den Terrorismus. "Die Bedrohung durch transnational operierende Terrornetze, die sich auf moderne Kommunikationstechnologie stützen und möglicherweise Zugang zu Massenvernichtungswaffen haben könnten, ist in ihrer Dimension militärischen Bedrohungen durchaus gleichzusetzen", heißt es dazu in dem Bericht: "Gegen dieses Bedrohungsszenario, das in der neuen österreichischen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin präzise beschrieben wird, benötigt auch Österreich eine umfassende Abwehrstrategie. Die Prävention und Bekämpfung des Terrorismus erfordert gemeinsame, konzertierte Aktionen einer Vielzahl staatlicher Stellen in Österreich." Wie die EU insgesamt bekräftigte auch Österreich, "dass die diesbezüglich von den USA unternommenen militärischen Operationen im Sinne der Satzung der VN und der Resolution 1368 des Sicherheitsrates rechtmäßig sind. Die EU-Staaten bestätigten, nach Maßgabe der ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Mittel zu handeln."

Vor diesem Hintergrund war das Thema Terrorismus auch Schwerpunkt der Arbeit der 56. Generalversammlung der VN, die am 12. September 2001 eröffnet wurde und als ersten Akt die Anschläge vom Vortag verurteilte. Die Resolution der Generalversammlung, welche die Plenardebatte und die Arbeit der Arbeitsgruppen widerspiegelt, "ist im Vergleich zu den Vorjahren inhaltlich stärker und wurde erstmals seit Jahren wieder im Konsens angenommen. Österreich stellte sowohl in der Arbeitsgruppe als auch in der 6. Kommission eine der aktivsten Delegationen".

ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT

Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit war auch im Jahr 2001 bestrebt, den Zielen, wie sie im aktuellen EZA-Dreijahresprogramm der Bundesregierung festgelegt sind, zu entsprechen. Leider muss aber festgestellt werden, dass die Kernprobleme vieler Entwicklungsländer weiter bestehen: Armut und soziale Ungerechtigkeit, Zerstörung der natürlichen und sozialen Lebensräume, Krankheit und Mangel an Zugang zu Bildung und Ausbildung für die Bevölkerungsmehrheiten, weiters verschiedene Formen der Unterdrückung.

Entwicklungszusammenarbeit sei vor diesem Hintergrund nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sie sei auch in einem gut verstandenem Eigeninteresse wichtig. So bestehe mehr denn je die Notwendigkeit, die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern und die Länder der Dritten Welt bei ihrer wirtschaftlichen, sozialen, demokratischen und ökologischen Entwicklung zu unterstützen. Weiters habe die Globalisierung einen Wandel in der internationalen Entwicklungspolitik bewirkt, werde doch auf eine verstärkte Einbindung der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft gesetzt.

2000 betrug die gesamte öffentliche österreichische Entwicklungszusammenarbeit 459,3 Mill. Euro, was leicht über dem OECD-Durchschnitt von 0,22 % des BSP, aber unter dem EU-Durchschnitt von 0,32 % liegt, wie es in dem Bericht heißt.

Nach wie vor werden von österreichischer Seite fünf Schwerpunktregionen betreut, namentlich Zentralamerika (Nicaragua, Costa Rica, El Salvador, Guatemala), Sahelraum (Burkina Faso, Kap Verde, Senegal), Ostafrika (Äthiopien, Ruanda, Uganda, Burundi, Kenia, Tanzania), Südliches Afrika (Mosambik, Namibia, Zimbabwe, Südafrika) und Himalaya-Hindukusch (Bhutan, Nepal, Pakistan). Darüber hinaus engagierte sich Österreich auch weiterhin in der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

GLOBALER UMWELTSCHUTZ

Die Bedeutung eines globalen Umweltschutzes wurde im Berichtsjahr verstärkt gewürdigt. Das Umweltprogramm UNEP der VN wurde weiter betrieben und war um größere Effizienz bemüht. So wird für den Sommer 2002 ein Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg vorbereitet.

Generell ist die Staatengemeinschaft auf vielfältiger Ebene in Sachen Umweltschutz tätig, etwa im Rahmen des UNEP und diverser globaler Umweltschutzabkommen. So wurden im Juli 2001 die Verhandlungen der 6. Vertragsparteienkonferenz des Kyoto-Protokolls in Bonn wieder aufgenommen, während im Oktober 2001 in Genf die 5. Vertragsparteienkonferenz des VN-Übereinkommens zur Bekämpfung der Wüstenbildung stattfand.

AUSLANDSKULTUR

Mit dem im März 2001 vorgestellten Konzept "Auslandskultur Neu" leitete das Außenministerium "einen umfassenden Prozess der Reform und Modernisierung ihrer Arbeitsweisen, Strukturen und Inhalte" ein. Wie schon in den Jahren zuvor konnte auch 2001 eine Erfolgsbilanz ausgewiesen werden.

2001 führte das Außenministerium ca. 4000 Veranstaltungen und Projekte weltweit durch, womit der Stand des Jahres 2000 ziemlich exakt gehalten werden konnte. Regionale Schwerpunktsetzungen in Sachen Kultur erfolgten dabei in den ostmitteleuropäischen Reformstaaten, in der EU und in den USA: "2001 wurde begonnen, diese Fokussierung um die Begriffe 'globale Kulturzentren' (New York, London, Paris, Rom, Tokio, Madrid, Moskau, Berlin) und 'kulturelle Nachbarn' (Staaten mit traditionell engen kulturellen Beziehungen wie Ungarn, Tschechische Republik, Polen, Deutschland, Italien, Israel und unter Einschluss Südosteuropas, z.B. Kroatien, Bulgarien, Bundesrepublik Jugoslawien, Türkei) zu erweitern."

Österreich kann dabei aber nicht nur auf sein musikalisches Erbe verweisen, auch die österreichische Literatur hat weltweit einen guten Ruf. 2001 wurden Stücke von Thomas Bernhard und Arthur Schnitzler weltweit aufgeführt, aber auch Werke von Peter Turrini, Werner Schwab, Elfriede Jelinek "erfreuten sich weltweit großer Beliebtheit. Im Rahmen des Nestroy-Jahres 2001 konnten zahlreiche Inszenierungen und Begleitveranstaltungen organisiert werden."

"Autorenlesungen und Präsentationen literarischer Neuerscheinungen wurden in allen Schwerpunktregionen der Auslandskulturpolitik durchgeführt." Das Ziel dabei ist, Verlage außerhalb des deutschen Sprachraums für die Werke österreichischer Autoren zu interessieren. Derlei Projekte wurden im englischen und französischen Sprachraum, aber auch in Russland, der Ukraine, Bulgarien und Korea realisiert. Das BKA subventioniert die Übersetzung der Werke, das Außenministerium verpflichtet sich zu einer Abnahmegarantie und verteilt die angekauften Bücher dann gezielt an Bibliotheken, Schulen und andere Bildungseinrichtungen. In Kooperation mit dem Bundeskanzleramt, dem Wissenschaftsministerium und dem Buchhändlerverband wurde überdies die Präsenz von österreichischen Verlagen und Autoren auf internationalen Buchmessen und literarischen Festivals ermöglicht.

Populär ist auch weiterhin der österreichische Film. 2001 errang der Film "Die Klavierspielerin" von Michael Haneke bei den 54. Filmfestspielen in Cannes den Großen Preis der Jury. Österreichische Filmwochen wurden u.a. in Argentinien, Brasilien, Jugoslawien, Lettland und Polen veranstaltet. Darüber hinaus beteiligte sich Österreich an "Filmveranstaltungen der EU" in 31 Ländern.

Weiter ausgebaut wird auch das Projekt "Österreichbibliotheken". 2001 wurde deren Zahl durch die Eröffnung von Belgrad, Bitola und Riga auf 47 Einrichtungen erhöht. Durchschnittlich verfügt eine Bibliothek über 5.000 Bände. Die Gesamtkosten für die in Österreich angekauften Bücher betrugen rund 400.000 Euro.

Überdies sind derzeit weltweit 140 österreichische Lektoren tätig, namentlich in Albanien, Australien, BiH, Bulgarien, der VR China, Frankreich, Großbritannien, Irland, Israel, Italien,  Japan, Jugoslawien, Kroatien, Makedonien, Mexiko, Polen, Portugal, Korea, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ukraine und Ungarn.

Weiters gibt es in Prag, Budapest und zwei weiteren Standorten österreichische Schulen, wo nach österreichischem Lehrplan unterrichtet wird. Zweisprachige Schulen mit österreichischen Lehrkräften befinden sich in der Tschechischen Republik, in Ungarn und in der Slowakei. Den Beauftragten für Bildungskooperation in Zentral- und Osteuropa kommt schließlich eine wichtige Rolle bei der Vermittlung österreichischer Kultur zu. 11 Bildungsbeauftragte arbeiten in Belgrad, Bratislava, Brno, Budapest, Sarajevo, Sofia, St. Petersburg, Zagreb, Skopje, Tirana und Bukarest.

Ein umfangreicher Anhang, bestehend aus detaillierten Länderinformationen von Afghanistan bis Zypern, einer Übersicht über das diplomatische und konsularische Korps in Wien, die Diplomatische Akademie, Wien als Sitz internationaler Organisationen sowie der Mitgliedschaft Österreichs in diversen internationalen Gremien runden den umfassenden und ausführlichen Bericht ab. (Schluss)

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