Parlamentskorrespondenz Nr. 557 vom 10.07.2002

SPÖ KRITISIERT IN DRINGLICHER ANFRAGE DEN ANKAUF VON ABFANGJÄGERN

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Wien (PK) - S-Abgeordneter Dr. GUSENBAUER, Erstunterzeichner der Dringlichen Anfrage, deponierte abermals die Kritik seiner Fraktion am Abfangjägerkauf, den er als Husch-Pfusch-Aktion bezeichnete. Angesichts der gestiegenen Arbeitslosigkeit, eines Rekordstandes der Steuer- und Abgabenquote und des eher bescheidenen Wirtschaftswachstums sei die Anschaffung dieser "Luxuskampfflugzeuge" der falsche Weg. Die Regierung zeige damit, dass ihr die wirklichen Anliegen der Bevölkerung gleichgültig sind.

Gusenbauer zweifelte an den behaupteten Kompensationsgeschäften und an deren Rückflüssen ins Budget und verlangte von Finanzminister Grasser, den er überdies in dieser Sache als "Hauptumfaller" titulierte, Aufklärung über die Finanzierung. Empört zeigte sich Gusenbauer über den Umstand, dass die Kaufentscheidung auf das teuerste der drei Angebote gefallen ist. Er befürchtete zudem, die mit den Flugzeugen verbundenen Mehrkosten für Wartung und Erhaltung könnten zu Lasten des normalen Heeresbudgets und damit der Soldaten gehen.

Fest stand für Gusenbauer jedenfalls, dass Österreich die Abfangjäger nicht braucht. Er vermutete vielmehr, dass der Kauf eine Vorbereitungsaktion für den von der Bundesregierung angestrebten NATO-Beitritt sei.

Mit Nachdruck forderte Gusenbauer eine Volksabstimmung über die Abfangjäger. Er erinnerte weiters Grasser an dessen kritische Aussagen zu den Abfangjägern und appellierte an den Finanzminister, dieses Geschäft noch zu stoppen.

Finanzminister Mag. GRASSER hielt Gusenbauer entgegen, jeder sozialdemokratische Bundeskanzler seit Sinowatz sei für die Anschaffung von Abfangjägern gewesen. Nun aber habe die SPÖ offenbar Regierungspolitik durch oppositionelle Untergriffe ausgetauscht und betreibe Kindesweglegung ersten Ranges.

Zu seiner eigenen Rolle bemerkte Grasser grundsätzlich, es gebe natürlich Interessengegensätze zwischen einem Finanzminister und einem Verteidigungsminister. Er habe aber zur Kenntnis genommen, dass der Bundespräsident, die Regierungsspitzen und die Parteien inklusive vieler Sozialdemokraten für die Beschaffung eingetreten sind. Dies sei eine klare Mehrheit, die in einer Demokratie respektiert werden müsse. Am Ende des Tages könne er, Grasser, mit gutem Gewissen und voller Überzeugung die Entscheidung vertreten. Als Finanzminister sei er ursprünglich für die preisgünstigste Variante gewesen. Dieser Typus habe aber die Anforderungen des Ausschreibungsverfahrens nicht erfüllt. Der in Summe knapp teurere Eurofighter habe sich als die bessere Variante herausgestellt. Es bringe Vorteile, ein europäisches Modell anzuschaffen. Der Eurofighter sei eine Zukunftslösung, meinte Grasser, der in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die zu erwartenden Gegengeschäfte von einem Türöffner sprach.

Den Kaufpreis bezifferte Grasser mit 1,791 Mrd. €. Den von den Medien kolportierten Preis in der Höhe von 2,4 Mrd. € bezeichnete der Minister als nicht realistisch. In der Beantwortung der detaillierten Anfragepunkte gab Grasser zu bedenken, dass die Vertragsverhandlungen noch nicht abgeschlossen sind und Aussagen über Finanzierungsmodelle deshalb noch nicht getroffen werden können.

Abgeordneter Dr. CAP (S) erinnerte an die ursprünglich ablehnende Haltung Grassers zum Ankauf von Abfangjägern und bezeichnete die heutigen Aussagen des Ministers als unglaubwürdig. Der Redner verwies überdies auf einen Bericht der "Presse", wonach der tatsächliche Kaufpreis 2,4 Mrd. € betrage, und warf Grasser vor, die Bevölkerung beschwindelt zu haben. Cap kritisierte die Entscheidung als sozial gewissenlos und befürchtete, dass dieser Ankauf das Budget nachhaltig belasten werde. Den Finanzminister erklärte er für rücktrittsreif.

Abgeordneter JUNG (F) erinnerte daran, dass die gesamte Entscheidung zum Kauf der Abfangjäger von der SPÖ geführt wurde. Die jetzige Kursänderung der Sozialdemokraten war für Jung wenig nachvollziehbar. Der SPÖ gehe es bei dieser Dringlichen nur darum, durch bewusste Unwahrheiten die Bevölkerung zu verwirren, von seriöser Politik haben sich die Sozialdemokraten schon längst verabschiedet, sagte Jung.

Den Regierungsparteien falle der Ankauf angesichts der hohen Kosten nicht leicht, aus staatspolitischer Verantwortung sei die Entscheidung aber zu treffen, zeigte sich der FP-Wehrsprecher überzeugt.

Abgeordneter MURAUER (V) meinte, es gelte, die prinzipielle Frage einer Luftraumüberwachung zu beantworten. Entweder man erfülle den Verfassungsauftrag und völkerrechtliche Verpflichtungen oder nicht. Die Bundesregierung habe sich entschieden, die Sicherheit des Landes zu gewährleisten. Dazu habe man erprobtes europäisches Material erworben, das die gestellten Aufgaben adäquat erfüllen werde.

Dabei gehe es um Überwachung, nicht um Kriegsführung, und es gehe weiters darum, an der GASP mitzuwirken, so Murauer. Die Sozialdemokraten würden dies mit der Zeit auch einsehen, prophezeihte der Redner. Die Sicherheit zu Lande und in der Luft werde nicht nur den Wirtschaftsstandort, sondern auch den Sozialstaat Österreich sichern, sagte Murauer.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) hielt die Argumentation der Regierungsfraktionen für wenig stichhaltig und bezweifelte die Notwendigkeit dieser Anschaffung. Er wies darauf hin, dass es eine Ungleichbehandlung zwischen Post und Gendarmerie einerseits und der österreichischen Luftwaffe andererseits gebe. Die Regierungsfraktionen mögen erklären, warum die Luftwaffe für die Bevölkerung wichtiger sei als Gendarmerieposten, Bezirksgerichte und Postämter.

Die Bevölkerung sehe das genau so, unterstrich Pilz, der sich weiters fragte, weshalb der Finanzminister in dieser Angelegenheit "umgefallen" sei. Dabei stellte der Redner einen Zusammenhang zwischen den zu beschaffenden Eurofightern und dem Konsortium von Frank Stronach her. Jedenfalls gebe es Gründe, weshalb die Kompensationsliste dem Nationalrat vorenthalten werde, stehe doch der Verdacht von "Scheingeschäften" im Raum. Die Grünen forderten jedenfalls volle Transparenz in dieser Causa, unterstrich Pilz, der festhielt, wer Abfangjäger kaufe, der könne nicht länger für soziale Sicherheit sorgen.

Bundesminister SCHEIBNER verteidigte die gewählte Vorgangsweise und erläuterte die Hintergründe, die zur gegenständlichen Entscheidung geführt hätten. Er sei froh, dass auch in Zukunft der verfassungsrechtliche Auftrag, die Souveränität Österreichs sicherzustellen, erfüllt werden könne. Dies sei verantwortungsvolles Handeln, das nicht nach Meinungsumfragen schiele, so der Minister.

Im Übrigen sei die Bevölkerung über diesen Beschaffungsvorgang entsprechend informiert worden, soweit dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt möglich sei, müssten doch einige konkrete Details erst noch ausverhandelt werden. Umso notwendiger wäre es, möglichst geschlossen in die anstehenden Verhandlungen zu gehen. Er trete jedenfalls dafür ein, dass die Sicherheit Österreichs zu Lande und in der Luft durch österreichisches Heer gewährleistet werde. Dazu müsse für alle Bereiche der Landesverteidigung die nötige Vorsorge getroffen werden.

Abgeordneter GAAL (S) wies darauf hin, dass es heute völlig andere sicherheitspolitische Rahmenbedingungen gebe als noch Mitte der achtziger Jahre, vor deren Hintergrund es unklug sei, "ohne Wenn und Aber" diese Geräte anzuschaffen. Die Regierung Kreisky habe Werte geschaffen und die Arbeitslosigkeit bekämpft, habe Österreich sozialer und gerechter gemacht, die nunmehrige Regierung aber gefährde den sozialen Frieden.

Die Bevölkerung habe kein Verständnis für diese "teure Fehlentscheidung", zumal das Flugzeug in keiner Armee eingeführt und voller Mängel sei. Österreich sei ein Versuchskaninchen für einen Flieger, der noch gar nicht fertig sei. Diese Anschaffung sei "Großmannssucht", und das brauche das neutrale Österreich sicherlich nicht, unterstrich Gaal.

Abgeordneter Dr. OFNER (F) bewertete die Argumentation der Opposition als wenig stichhaltig und wies darauf hin, dass die Sicherheit des Luftraums unerlässlich für die Sicherheit der Soldaten sei, die Anschaffung des Fluggeräts mithin auch den Interessen der Sozialdemokraten entgegenkomme.

Weiters verwies Ofner auf die arbeitsmarktpolitische Komponente dieser Anschaffung, sichere diese doch nicht weniger als 1.000 Arbeitsplätze am Boden. Österreich habe hier eine Verpflichtung, und man müsse dafür Sorge tragen, dass diese Verpflichtung dann nicht von anderen wahrgenommen werde, warnte Ofner.

Abgeordnete STADLER (V) bestritt einen "Sozialabbau" durch die gegenwärtige Regierung und befürwortete die Anschaffung der genannten Fluggeräte als im Interesse der Sicherheit des Landes unumgänglich. Von der nationalen Sicherheit dürfe man sich nicht verabschieden, meinte Stadler an die Adresse der Opposition, die sie aufforderte, das Gemeinwohl über die Interessen der eigenen Partei zu stellen. Die Sicherheit der Bürger müsse als oberste Priorität gesehen werden, unterstrich die Rednerin.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) bekräftigte die Argumentation seines Fraktionskollegen Pilz und kritisierte, dass eine Type gewählt worden sei, deren Produzenten engste geschäftliche Verbindungen zu einem Konsortium hätten, bei dem der Finanzminister einst führende Funktionen innegehabt habe. Diese Vorgangsweise mache den Finanzminister "eigentlich rücktrittsreif".

Die Regierung, die angetreten sei mit dem Motto "Keine neuen Schulden" habe durch die Wahl des in Rede stehenden Typs "jede Glaubwürdigkeit verloren". Der "Gripen" wäre durchaus vertretbar gewesen, stattdessen habe man sich für den teuersten Typen entschieden, und dies sei nicht zu goutieren. Hinsichtlich der Gegengeschäfte brachte der Redner einen Antrag ein, wonach eine Liste dieser Kompensationen dem Wirtschaftsausschuss des Nationalrats zur Einsicht vorzulegen sei.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN zeigte sich ein wenig verwundert über die Aussagen des Abgeordneten Kogler hinsichtlich der Gegengeschäfte. Er wolle schon in Erinnerung rufen, dass der angesprochene Konzern Daimler Chrysler jährlich mehr als 2 Mrd. € an Zukäufen im Inland tätigt und damit tausende Arbeitsplätze sichert. Und bei allem Verständnis für die politische Argumentation solle man auch nicht vergessen, dass Frank Stronach - wie kaum ein zweiter Investor in Österreich - tausende Jobs geschaffen hat. Es sei natürlich unser Interesse, die Abgeordneten bestmöglich zu informieren, betonte er. Er sei an einem Maximum an Transparenz interessiert und sobald es möglich ist, werde daher der in den nächsten Wochen zu verhandelnde Gegengeschäftsvertrag mit EADS veröffentlicht werden, kündigte er an. Was das Verhalten der sozialdemokratischen Fraktion anbelangt, so sei er der Meinung, dass man sich nicht so schnell von der eigenen Vergangenheit und den getroffenen Entscheidungen verabschieden könne.

Sodann nahm Bartenstein konkret zu den Gegengeschäften Stellung, die natürlich nicht das alleinige, aber ein wesentliches Entscheidungskriterium waren. Das Angebot brauche keinen Vergleich zu scheuen, führte er weiter aus, da es dabei um einen Betrag in der Höhe von 5,5 Mrd. € gehe. Dies sei deutlich mehr als die geforderten 200 %, betonte der Wirtschaftsminister, und habe eine große Bedeutung für sehr innovative und wichtige Industriebereiche wie die Luft- und Raumfahrttechnik sowie die Verkehrs- und Automobiltechnik. Nicht weniger als 20 Absichtserklärungen unterstreichen zudem die hohe Glaubwürdigkeit der geplanten Gegengeschäfte. Unrichtig sei, dass nur wenige Großbetriebe von dem Angebot profitieren würden, merkte Bartenstein an. Man werde ganz genau darauf achten, dass den kleinen und mittleren Unternehmen ein überproportionaler Stellenwert eingeräumt wird. Er freue sich auch besonders darüber, dass EADS in sehr innovative Bereiche einsteige und zahlreiche Kofinanzierungen angeboten hat. Zudem wurde ein begleitendes Controlling sichergestellt, das vom WIFO und dem IHS durchgeführt werden soll.

Abgeordneter FREUND (V) sprach im Zusammenhang mit dem geplanten Ankauf der Eurofighter von einer vorausblickenden Entscheidung der Bundesregierung. Dieser Auftrag trage ohne Zweifel dazu bei, dass die Forschungskooperationen ausgebaut und die heimische Flugzeugzulieferindustrie gestärkt werden könne. Die dringliche Anfrage strotze vor populistischen Äußerungen; die SPÖ wolle der Bevölkerung anscheinend falsche Tatsachen vorspiegeln, kritisierte er.

Abgeordneter Dr. BRUCKMANN (V) bezeichnete es als absurd, wenn - wie dies die SPÖ in ihrer Anfrage getan hat - die Anschaffungskosten für den Eurofighter durch die Zahl der erwarteten Einsätze dividiert werden. Der Mandatar wies weiters darauf hin, dass Tschechien derzeit 110 Kampfflugzeuge besitzt. Er glaube nicht, dass es die österreichische Bevölkerung befürwortet, wenn man in jedem Notfall Tschechien darum bitten muss, uns auszuhelfen.

Sie könne es nicht nachvollziehen, wenn die Regierungsvertreter jeglichen Zusammenhang mit der Sparpolitik, z.B. im Sozialbereich, und dem Ankauf der Eurofighter bestreiten, meinte Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G). Das verstehe kein Mensch, denn wenn sich eine Familie ein Haus kauft, wird sie sich vielleicht in den nächsten Jahren kein Auto leisten können. Es sei eben eine Frage der politischen Prioritätensetzung, aber eine Diskussion darüber werde leider verweigert, bedauerte sie. Außerdem bemängelte Lichtenberger die "obskuren Gegengeschäfte". Schließlich brachte sie noch einen Entschließungsantrag ein, in dem die Grünen die Durchführung einer Volksabstimmung zu diesem Thema fordern.

Er habe die Debatte in den letzten Wochen, die unter dem Motto "der einsame Kampf des Finanzministers gegen die Flugzeuglobby" stand, mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, konstatierte Abgeordneter EDLINGER (S). Dem Wirtschaftsminister hielt er entgegen, dass bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP zwar über die Abfangjäger gesprochen wurde; eine Zustimmung der SPÖ hätte es aber nur "im Rahmen der Möglichkeiten des Gesamtbudgets" gegeben, unterstrich er. Grasser sei für ihn der "Umfaller der Bundesregierung", denn seine Politik sei geprägt von Sozialabbau und einer falschen Prioritätensetzung.

Abgeordneter Dr. KHOL (V) meinte, heute könne man nachvollziehen, warum eine Koalition mit der SPÖ nicht zustande gekommen ist. Mit gekreuzten Fingern unter dem Tisch haben sich die Sozialdemokraten für die Abfangjäger ausgesprochen, aber dann, wenn es um den konkreten Kauf geht, wäre kein Geld vorhanden gewesen. Die amtierende Bundesregierung praktiziere einen anderen Stil, erklärte Khol, denn neu regieren heiße, "wir stehen zu dem, was wir vereinbart haben".

Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) machte darauf aufmerksam, dass sich die Verpflichtung zur Luftraumüberwachung aus den Rechtsbestimmungen der dauernden Neutralität ergebe. Denn die Bereitschaft zum Schutz unser Heimat könne nicht ein paar Meter über dem Erdboden enden, stellte er mit Nachdruck fest. Weiters kam er auf den Auftritt des Nationalratspräsidenten in der "Pressestunde" am Sonntag zu sprechen, wo Fischer nachweislich die Unwahrheit gesagt habe. Denn er habe bei den Koalitionsgesprächen mit der ÖVP mit ausverhandelt, dass die Entscheidung für den Ankauf eines neuen Luftraumüberwachungsflugzeuges - ohne Einschränkungen - fixiert sei.

Die Aussagen von Klubobmann Dr. Khol haben bestätigt, dass die ÖVP Abfangjäger um jeden Preis wollte und ihr die Auswirkungen auf das Budget gleichgültig waren, meinte Abgeordneter Dr. CAP (S). Die Schuldenlüge sei daher zusammengebrochen, betonte er.

Bei der Abstimmung wurden die G-Entschließungsanträge abgelehnt.

KURZDEBATTE ZUR FRISTSETZUNG BETREFFEND 25. BERICHT DER VOLKSANWALTSCHAFT

Wir haben uns deshalb entschlossen, einen Fristsetzungsantrag einzubringen, da es sich bei der Vorlage des Berichtes der Volksanwaltschaft um keine Routineangelegenheit mehr handle, erläuterte Abgeordneter Dr. CAP (S). Die Aussagen von Stadler bei der Sonnwendfeier von Seebarn, wonach wir 1945 angeblich vom Faschismus und von der Tyrannei befreit worden und in die nächste Tyrannei geraten seien, sind eine beispiellose Entgleisung und ein Bruch mit dem Grundkonsens der Zweiten Republik. Diese Umschreibung der Geschichte müsse schärfstens verurteilt werden und dazu müsse auch der Nationalrat sowie die Bundesregierung Stellung nehmen, forderte er. Stadler sei zudem für die Politisierung seines Amtes verantwortlich und es stelle sich zudem die Frage, wie Stadler sein Amt einsetzt für seine Tätigkeit im Rahmen der niederösterreichischen FPÖ. Dieser Mann sei untragbar als Volksanwalt und müsse daher zurücktreten, forderte Cap.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) klagte über den Schaden, den Ewald Stadler der Volksanwaltschaft zugefügt habe, und berichtete, dass viele Menschen einem Volksanwalt Stadler ihre Anliegen nicht anvertrauen wollten, weil er den Grundkonsens der Zweiten Republik verlassen habe, indem er von der "angeblichen Befreiung" Österreichs vom Faschismus gesprochen habe. Sie habe tagelang auf Stellungnahmen der Regierungsspitze zu diesen Äußerungen gewartet, sagte Kuntzl und begrüßte es, dass sich der Bundeskanzler zu dem Satz durchgerungen habe, der 8. Mai 1945 sei ein Tag der Freude gewesen. Das sei aber nicht genug, man müsse weiter gehen und den Rücktritt Ewald Stadlers verlangen, schloss Kuntzl.

Abgeordneter Dr. OFNER (F) warf den Oppositionsparteien vor, es gehe ihnen nicht um die österreichische Geschichte, sie wollten mit Ewald Stadler vielmehr einen erfolgreichen und beliebten Politiker "umbringen". Zur Verteidigung Stadlers zitierte Ofner Leopold Figl, der, so Ofner, den berühmten Satz "Österreich ist frei" nicht 1945, sondern 1955 gesprochen habe. Leopold Figl sei jahrelang im Konzentrationslager gesessen und habe sehr genau gewusst habe, was er wann sage. Ofner erinnerte an die Besatzungszeit, in der Österreich "wie ein Kolonialland" behandelt worden sei und für seine Besetzung auch noch hohe Beträge habe zahlen müssen. Erst die Unterzeichnung des Staatsvertrages und die Herstellung der völligen Souveränität Österreichs habe das Bedürfnis nach feierlicher Gemeinsamkeit in Form eines Staatsfeiertages ausgelöst.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) kündigte die Ablehnung des Fristsetzungsantrages der SPÖ an, da die Fristsetzung dem Verfassungsausschuss das Recht auf Behandlung des Berichts in einer bedenklichen Weise entziehen würde. Dass der Nationalsozialismus ein Verbrecherregime war, sei ebenso klar wie die Tatsache, dass die Befreiung von diesem Unrechtsregime im Jahr 1945 erfolgt sei. Dieses Geschichtsverständnis sei von den Repräsentanten ihrer Partei, insbesondere auch von Bundeskanzler Schüssel, klar zum Ausdruck gebracht worden. Respekt vor diesem gemeinsamen Geschichtsverständnis der Zweiten Republik sei von allen ihren Repräsentanten, auch von den Volksanwälten, zu erwarten, schloss Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) pflichtete ihrer Vorrednerin bei, vermisste aber politische Konsequenzen und hielt fest, dass ein Mann wie Ewald Stadler aufgrund seiner jüngsten Äußerungen nicht Volksanwalt bleiben könne. Abgeordneten Ofner erinnerte die Abgeordnete daran, dass es nicht die Opposition gewesen sei, die deutschnationale Reden gehalten habe, sondern Stadler. Er selbst habe sich in die Situation gebracht, in der er sich nun befinde, eine Situation, die nicht bestehen bleiben könne. Schon jetzt wollen Menschen ihre Anliegen einem Volksanwalt Stadler - er ist in der Volksanwaltschaft immerhin für Unterricht, Kultur und Fremdenrecht zuständig - nicht mehr unterbreiten. Stadler will kein Volksanwalt für alle Österreicher im Sinne der österreichischen Bundesverfassung sein. Einen Volksanwalt, der sich nicht zu dem gemeinsamen Grundkonsens der Zweiten Republik bekennt, der durch die gemeinsame Aufarbeitung der Nachkriegsgeschichte entstanden sei, sollte nicht länger im Amt bleiben.

Der Fristsetzungsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)