Parlamentskorrespondenz Nr. 653 vom 20.09.2002

MASSNAHMEN GEGEN JUGENDARBEITSLOSIGKEIT ZUM PARLAMENTSKEHRAUS

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Wien (PK) - Ein Maßnahmenpaket zur Jugendbeschäftigung bildete den letzten Punkt der Tagesordnung der letzten ordentlichen Sitzung der XXI. Gesetzgebungsperiode. Abgeordnete SILHAVY (S) vermutete wahltaktische Gründe hinter dem Lehrlingspaket der Bundesregierung und erinnerte, die SPÖ habe schon lange Aktivitäten auf diesem Gebiet gefordert. In einem Abänderungsantrag trat Silhavy unter anderem für die Einführung eines Anrechtes auf Lehrabschlussprüfung für Jugendliche in Lehrgängen ein.

Abgeordneter BÖHACKER (F) befasste sich mit einem Teilaspekt des Paketes, der Ermächtigung zur Erteilung von Bundesgarantien für die Bewerbung Salzburgs als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2010. Der Redner erwartete sich davon eine Aufbruchstimmung für das Bundesland und meinte, nun werde auch Chancengleichheit mit dem stärksten Konkurrenten Salzburgs, der Stadt Vancouver, hergestellt.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) beklagte, die Maßnahmen der Jugendausbildung würden zu spät kommen. Anliegen des Redners waren darüber hinaus eine grundsätzliche Verbesserung der Ausbildung, etwa durch Forcierung der Fremdsprachenorientierung an den Berufsschulen oder durch Verlängerung des schulischen Teils der Berufsausbildung. Skeptisch bewertete Öllinger unter Hinweis auf die aktuellen Börsenturbulenzen das neue Modell der Zukunftsvorsorge durch Aktiensparen, wobei er kein Verständnis für die diesbezüglichen Begünstigungen äußerte. Weiterer Kritikpunkt des Redners war die Förderung der volksdeutschen Landsmannschaften, denen er im Übrigen Revanchismus in der Frage der Benes-Dekrete vorwarf.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) widerspricht Darstellungen, wonach Österreich im Bereich des Arbeitsmarktes eine negative Entwicklung habe, während es in der EU einen gegenteiligen Trend gebe. Zudem stellte er klar, dass das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer nicht sinke, und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Inflationsrate im heurigen Jahr 1,7 % betrage, die meisten Kollektivvertragsabschlüsse jedoch über diesem Wert lägen. In Bezug auf das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz betonte Mitterlehner, die Regierung habe sichergestellt, dass die Maßnahmen auch finanziert werden könnten.

Mitterlehner brachte zum vorliegenden Gesetzesantrag noch einen Abänderungsantrag ein, der neben redaktionellen Korrekturen vorsieht, dass für Lehrlinge kein Zuschlag zum Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten ist.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN machte für die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt nicht zuletzt die Konjunkturlage verantwortlich. Kein Verständnis äußerte er für die Kritik der SPÖ an der vorgesehenen Änderung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes. Seiner Ansicht nach sind weitere Verbesserungen und Modernisierungen vorgesehen. Es gelte auch für die Regierung Schüssel, dass Jugendliche, die keinen Lehrplatz gefunden haben, Zugang zu einem Lehrgangsplatz bekommen, betonte er. Besonders erfreut zeigte sich Bartenstein auch über die Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe für Eltern, die ihren Kindern für Ausbildungszwecke eine Zweitunterkunft finanzieren müssen.

Abgeordneter RIEPL (S) fragte den Wirtschaftsminister, warum er nicht früher gehandelt habe, um arbeitslosen Jugendlichen Lehrstellen zu sichern. Es sei unverständlich, dass Bartenstein und Schüssel Warnungen der Experten in den Wind geschlagen und Vorschläge der Sozialdemokraten ignoriert habe. Sie haben auf den Markt gesetzt und ziehen erst jetzt die Notbremse." Damit haben sie Unsicherheit bei Schülern, Lehrern, Eltern und beim AMS erzeugt, kritisierte Abgeordneter Riepl. Für die SPÖ beginne die Arbeitsmarktpolitik nicht erst dann, wenn der Jugendliche bereits auf der Straße stehe, schloss Riepl.

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) wies die Kritik des Abgeordneten Öllinger an der Förderung von Heimatvertriebenenverbänden zurück, indem er darauf aufmerksam machte, dass auch bei Sportverbänden keine Bedarferhebungen durchgeführt werden und dennoch niemand bezweifle, dass die Sportförderungsmittel zweckmäßig verwendet werden. Grollitsch begrüßte in diesem Zusammenhang die Gesetzesreparatur im Bereich der Sportförderung, die sicher stellt, das die Vereine auch für das kommende Jahr mit Förderungsmitteln rechnen können, hielt aber an seiner Forderung nach der dringend notwendigen Novelle des Sportförderungsgesetzes fest.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) kritisierte einmal mehr die Vorgangsweise der Koalitionsparteien bei der Verabschiedung des Hochwasserhilfspakets und warf ÖVP und FPÖ die Vermengung von Budgetüberschreitungsgesetz und Hochwasserentschädigungsgesetz vor. Die Opposition sei für die Trennung der Materien eingetreten, weil sie eine Fachdebatte über die wichtigen und begrüßenswerten Maßnahmen abhalten wollte. Die SPÖ steht für eine Zukunft ohne Studiengebühren und ohne Besteuerung der Unfallrenten, aber mit Arbeit für alle, lauteten Hagenhofers Schlussworte.

Abgeordneter Mag. Walter TANCSITS (V) meinte, die Maßnahmen zur Konjunkturbelebung und zur Sicherung der Jugendbeschäftigung werden jetzt zum richtigen Zeitpunkt gesetzt. Der Abgeordnete brach eine Lanze für die duale Grundausbildung und bekannte sich zum Ziel, durch die Einrichtung neuer Lehrberufe und Prämien für die Lehrbetriebe den Anteil der Lehrlinge pro Jahrgang auf 40 % zu heben. Die vorliegenden Maßnahmen werden sich positiv auswirken, zeigte sich Abgeordneter Tancsits überzeugt.

Abgeordneter Dr. Martin GRAF (F) bekundete Stolz über die Beschlussfassung zur Einrichtung einer Vertriebenenstiftung, mit der die Volkstumsarbeit der Vertriebenen auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden könne. Seinen Dank brachte Graf auch gegenüber den Landeshauptleuten zum Ausdruck, die einen Beitrag der Länder von Anfang an außer Streit gestellt haben.

Abgeordneter EGGHART (F) sprach von einem notwendigen Sonderprogramm der blau-schwarzen Regierung für die Jugendlichen. Zwar weise Österreich nach den Niederlanden die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit auf, man dürfe aber Jugendarbeitslosigkeit nicht hinnehmen und müsse Schwerpunkte bei der Förderung von Jugendlichen mit Behinderungen, für Schulabbrecher und die zweite Generation von Zuwanderern setzen.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) wies auf die wertvolle humanitäre Tätigkeit der Vertriebenenverbände hin, deren Existenz durch die Einrichtung einer speziellen Stiftung gesichert werden soll. Die Republik bringe damit ihren Dank gegenüber den Heimatvertriebenen zum Ausdruck, die wesentliche Beiträge zum Wiederaufbau Österreichs geleistet haben.

Der Antrag der Koalitionsparteien mit Maßnahmen zur Sicherung der Jugendbeschäftigung und zur Belebung der Konjunktur wurde nach Annahme eines F-V-Abänderungsantrages und der Ablehnung oppositioneller Abänderungswünsche in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Der Beschluss zur Beendigung der Tagung mit Ende der Sitzung erfolgte einstimmig. Der Antrag des Abgeordneten Dr. Kräuter (S) auf Permanenzerklärung des Rechnungshofausschusses wurde mangels Mehrheit abgelehnt.

SCHLUSSANSPRACHE VON NATIONALRATSPRÄSIDENT HEINZ FISCHER

In seiner Schlussansprache teilte Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer zunächst mit, dass in dieser Gesetzgebungsperiode rund 390 Gesetze beschlossen wurden, 42 % davon einstimmig, 58 % mit Mehrheit.

Präsident Fischer ging dann auf die kommende Wahlauseinandersetzung ein und gab den Abgeordneten als "Leitmotiv" einen "politischen kategorischen Imperativ" mit auf den Weg, den er wie folgt formulierte: "Handle in der politischen Auseinandersetzung so, wie Du es auch von den anderen erwartest, und tue nichts, was Dich empören würde, wenn es andere tun würden."

Präsident Fischer richtete seinen herzlichen Dank an alle Abgeordneten, die aus dem Haus ausscheiden werden und verabschiedete sich stellvertretend namentlich bei den Senioren und langgedienten Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Bruckmann, Dr. Feurstein und Kurt Heindl, die dem Haus durch Jahrzehnte angehört haben. Sehr herzlich dankte der Präsident weiters allen Mitgliedern der Präsidialkonferenz, den Präsidenten DI Prinzhorn und Dr. Fasslabend sowie den Klubobmännern Dr. Cap, Dr. Khol, Dr. Van der Bellen und dem scheidenden FP-Klubobmann Ing. Westenthaler, "auch wenn wir nicht immer in voller Harmonie zueinander waren". Er habe "manches deutliche Wort hören müssen", sagte Fischer, zollte Westenthaler aber Respekt für dessen "starkes Engagement als Klubobmann".

Zum Schluss legte der Nationalratspräsident unter dem Beifall des Hauses ein Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich ab. (Schluss)