Parlamentskorrespondenz Nr. 155 vom 26.03.2003

ZUSTÄNDIGKEITEN DER MINISTERIEN NEU GEREGELT

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Wien (PK) - Eine große Zahl von Debattenrednern befasste sich mit der Novellierung des Bundesministeriengesetzes, mit der die Zuständigkeiten der Ministerien neu festgelegt werden. Die vorliegende Novelle sei durch zwei Punkte gekennzeichnet, meinte Abgeordneter Dr. WITTMANN (S). Erstens sei es zu einer Vergrößerung der Bundesregierung gekommen, was natürlich mit höheren Kosten verbunden sei. Es sind zwei Staatssekretäre mehr im Amt, die einen Mehraufwand von rund 2,151.000 Euro im Jahr verursachen. Man müsse sich fragen, welchen Sinn dies haben, da die Bundesministerienstruktur nicht einfacher, nicht effizienter und nicht sparsamer geworden sei. Es sei z.B. auch nicht einsichtig, warum man dem Minister Böhmdorfer die Konsumentenschutzagenden weggenommen hat. Bedauerlich sei zudem, dass Minister Haupt nun nicht mehr für die Nahrungsmittelkontrolle zuständig ist. Weiters bemängelte Wittmann, dass die Forschungsagenden nicht zusammengefasst wurden und dass der Unabhängige Bundesasylsenat im Innenministerium angesiedelt wird.

Das Bundesministeriengesetz stellt letztlich den Ordnungsrahmen für die materielle und inhaltliche Arbeit der Regierung dar, erläuterte Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V). Da es aber auch Ausdruck der politischen Schwerpunktsetzung ist, werde es immer auf die Kritik der Opposition stoßen. Was den Unabhängigen Bundesasylsenat betrifft, so sei es durchaus richtig, dass diese Behörde dem fachlich zuständigen Ministerium zugeordnet wird; außerdem sei es unbestritten, dass die Unabhängigkeit weiter gewährleistet ist. In Richtung der SPÖ merkte die Rednerin überdies noch an, dass die Alleinregierung Kreisky IV die bisher höchste Zahl an Mitgliedern aufwies. Sie brachte noch einen Abänderungsantrag ein, der die Einfügung einer Überschrift beinhaltete.

Sie habe den Eindruck, dass beim Bundesministeriengesetz mehr personelle und aktuellen Bedürfnisse im Vordergrund standen als sachpolitische Motive, urteilte Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G). Obwohl Bundeskanzler Schüssel die Bündelung der Forschungsagenden als großes Ziel in seinem 10-Punkte-Programm angeführt hat, gebe es noch immer eine Zersplitterung der Aufgaben in diesem Bereich. Kritisch betrachtete sie auch, dass die Sozialagenden noch weiter aufgeteilt wurden und die Unterordnung der Arbeitsmarktpolitik unter die Wirtschaftspolitik nicht revidiert wurde. Auch die Kontrolle des Umweltsektors durch die Landwirtschaft, die sich überhaupt nicht bewährt habe, werde weiter fortgeschrieben. Nicht nachvollziehen könne sie zudem, warum der Bundesasylsenat dem Innenministerium zugeordnet wurde.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) bezeichnete es als einen außerordentlich wichtigen Schritt, dass das Ministerium für soziale Sicherheit sinnvoll aufgeteilt worden ist. Dies habe u.a. dazu geführt, dass es nun ein eigenes Frauenministerium gibt, was einer Forderung der Opposition entspricht. Was die zwei zusätzlichen Staatssekretäre angeht, so haben diese Mitglieder der Bundesregierung sehr wichtige Aufgaben, unterstrich die Rednerin. So werde sich etwa Staatsekretärin Haubner speziell um die Kinder kümmern und u.a. danach trachten, Kinderrechte in der Verfassung zu verankern und eine effiziente Sucht- und Drogenprävention aufzubauen. Nicht verstehen könne sie Kritik hinsichtlich der organisatorischen Zuordnung des Unabhängigen Bundesasylsenates in das Innenressort, zumal dessen Unabhängigkeit durch die Verfassung eindeutig garantiert ist.

Das Bundesministeriengesetz bildet jenen Rahmen, der neben dem Regierungsübereinkommen die Grundlage für die Arbeit dieser Bundesregierung bildet, führte Staatssekretär MORAK aus. Die Kompetenz- und Ressortverteilung ist dabei den jeweils prioritären Herausforderungen anzupassen. In einer Zeit, wo man mit neuen terroristischen Gefahren und geänderten Bedrohungsszenarien konfrontiert ist, sei es nur redlich und auch erforderlich, dass es zu einer Bündelung der Agenden der inneren Sicherheit kommt. Auch der fortschreitenden Integration der Europäischen Union wurde mit der Größe der neuen Bundesregierung Rechnung getragen, argumentierte Morak. Bewährt haben sich zudem die Zusammenlegung von Arbeits- und Wirtschaftsagenden, sowie von Umwelt und Landwirtschaft, weshalb dieser Weg weitergeführt werde. In einigen Bereichen, wie etwa bei den Frauenagenden, dem Konsumentenschutz etc., wurden notwendige Nachjustierungen getroffen. Die österreichische Bundesregierung brauche auch keinen nationalen oder internationalen Vergleich zu scheuen, was die Anzahl der Mitglieder der Bundesregierung betrifft, meinte Morak.

Abgeordneter PRÄHAUSER (S) brachte einen Entschließungsantrag betreffend Bezügefortzahlung ehemaliger Regierungsmitglieder vor dem Hintergrund aktueller politischer Debatten ein und kritisierte sodann das Verhalten der ÖVP in den Wochen und Monaten nach der Wahl. Auch die personelle Ausweitung der Bundesregierung vor dem Hintergrund der Belastungswelle für die Bevölkerung sei zu bemängeln. Aus Sicht der Sozialdemokraten sei die FPÖ von der ÖVP über den Tisch gezogen worden, doch empfinde die SPÖ deswegen kein Mitleid.

Abgeordneter DONABAUER (V) forderte die Opposition auf, konstruktive Vorschläge zu machen anstatt "weinerlich" zu kritisieren. Der Bundeskanzler habe eine beeindruckende Regierungserklärung abgegeben, was allseits gewürdigt worden sei. Nun folge das Bundesministeriengesetz, das vorbildlich sei, wie auch die Maßnahmen des Jahres 2000 sich als richtungweisend erwiesen hätten. Im übrigen habe es schon größere Regierungen gegeben, man solle Kritik daher nicht an derlei Aspekten festmachen, zumal die Regierung auch entsprechend gewachsene Aufgaben zu bewältigen habe.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) griff die Aufforderung seines Vorredners auf und schlug vor, Entgeltfortzahlungen gerecht zu gestalten, um die gegenwärtige Situation zu verbessern. Hinsichtlich des Sozialministeriums hielt der Redner fest, dass hier die Kompetenzen zersplittert würden, was kaum ergebnisorientiert genannt werden könne, zumal eine weitere Zersplitterung laut Regierungsübereinkommen zu befürchten sei. Das sei die falsche Antwort, so könne man die Sozialpolitik nicht reformieren und verbessern.

Abgeordneter BUCHER (F) erinnerte den Abgeordneten Prähauser daran, dass dessen Partei die geltende Regelung mit beschlossen habe, was für die FPÖ nicht gelte. Sodann erläuterte der Redner die Hintergründe im Fall Reichhold und meinte, dieser habe seine Entgeltfortzahlung durch die Kärntner Landesregierung Bauern in Not gespendet. Sodann signalisierte der Redner seine Zustimmung zur gegenständlichen Vorlage. Dieser Weg sei richtig, so Bucher, wenngleich es bedauerlich sei, dass das Staatssekretariat für Tourismus nicht mehr existiere, weshalb das Haus einen eigenen Tourismusausschuss konstituieren sollte.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) kritisierte den Umstand, dass das neue Ministeriengesetz eine massive Kompetenzzunahme bei den RessortleiterInnen der ÖVP mit sich bringe. Die Abschaffung des Tourismus-Staatssekretariats sei bedauernswert, auch die Überführung des UBAS in die Zuständigkeit des Innenministeriums sei zu kritisieren, hätte dieser doch im Interesse seiner Unabhängigkeit auch weiterhin zum BKA ressortieren sollen, wie zahlreiche Kritiker festgehalten hätten. In diesem Sinne brachte der Redner einen S-G-Abänderungsantrag ein.

Abgeordneter DI Mag. REGLER (V) meinte, der Bundeskanzler habe den Freiheitlichen ein faires Angebot gemacht, es gäbe hier also keinen Grund zur Klage. Auch die Kompetenzaufteilung sei zu begrüßen, sie werde sich als richtig erweisen. Die Sorgen der Opposition hinsichtlich des UBAS betrachtete der Redner als unbegründet.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) sprach über den Menschenrechtsbeirat, der eine rege Tätigkeit entfaltet habe, und sich nun mit massiven Interventionen konfrontiert sehe, worunter die Arbeit des Beirates real leide. Daher müsse man beim UBAS mit besonderer Vorsicht vorgehen, dieser solle daher in der Kompetenz des BKA bleiben. Konkret schlug sie vor, die Berichte des Beirates auch dem Nationalrat zuzuleiten. Von Staatssekretär Morak erwarte sie sich jedenfalls Aufklärung hinsichtlich der Umschichtung des UBAS, sei doch die Kritik der NGO eindeutig gewesen, meinte die Rednerin.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) meinte in Anspielung auf einzelne sozialdemokratische Wortmeldungen, er hätte sich auch gewünscht, seine Partei hätte mehr Einfluss auf die Ressortverteilung gehabt, sie werde aber in der künftigen Regierung unter Beweis stellen, dass sie das in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigen werde. Auch werde sich seine Fraktion mit den Vorschlägen der Opposition konstruktiv auseinandersetzen, wie sie für eine umfassende Diskussion zur Schaffung einer vernünftigen Regelung abseits parteipolitischer Interessen eintrete.

Abgeordneter MARIZZI (S) legte angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Situation ein Bekenntnis zur Neutralität ab und forderte die Regierung dazu auf, diese nicht in Frage zu stellen. Sodann äußerte sich der Redner zu Fragen des Tourismus und regte an, Staatssekretär Schweitzer auch mit den diesbezüglichen Agenden zu betrauen. Die Lösung für den Forschungsbereich sei "suboptimal", betonte Marizzi.

Abgeordnete GRANDER (V) wies eingangs darauf hin, dass sie eben ihre Jungfernrede halte und ging sodann auf den Gesundheits- und Frauenbereich ein, den vorliegenden Gesetzesentwurf in diesem Lichte einer Bewertung unterziehend und dabei zu einem positiven Befund kommend.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) unterzog die Vorlage einer Kritik hinsichtlich der Zersplitterung der Kompetenzen, was die Rednerin am Beispiel des Konsumentenschutzes illustrierte. Eine ambitionierte Bündelung der Kompetenzen und mehr Engagement in der Sache wäre wünschenswert gewesen, bilanzierte die Rednerin.

Staatssekretär DR. WANECK ging gleich Grander auf die Gesundheitspolitik der Regierung ein und erläuterte die diesbezüglichen Pläne für die kommende Legislaturperiode. Die jetzige Aufteilung sei eine gute Basis zur Bewältigung der Aufgaben, zeigte sich Waneck zuversichtlich.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) zeigte sich ebenfalls angetan von der Gesetzesvorlage, die eine Grundlage schaffe, die anstehenden Probleme zu lösen und eine zielorientierte Reformpolitik machen zu können. Der Bundesregierung wünsche er "ad multos annos".

Abgeordneter PENDL (S) betrachtete die Vorlage aus der Sicht der öffentlich Bediensteten und warb für deren Standpunkt. Sodann kommentierte er die aktuellen Verhandlungen zwischen Regierung und Beamten aus seiner Sicht. In diesem Sinne brachte er einen Entschließungsantrag betreffend die Zukunft der Zollverwaltung ein.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) setzte sich mit der Forschungspolitik der Bundesregierung auseinander und kam dabei zu einem negativen Befund. Die Opposition habe konstruktive Vorschläge gebracht, sei aber damit nicht durchgedrungen. Dies gelte grosso modo auch für die Gesundheitspolitik, meinte der Redner.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) beklagte, dass die Koalition in ihrem Regierungsprogramm zwar Rechtsbereinigung und Rechtsvereinfachung als Ziel verankert habe, sich aber beim Bundesministeriengesetz schon nicht an diese Vorgabe halte. Offenbar handle es sich dabei nur um eine "hohle Überschrift", meinte sie, es sei gar nicht daran gedacht, diese mit Leben zu erfüllen. Zur Untermauerung ihrer Argumentation führte Grossmann u.a. die Zersplitterung der Zuständigkeiten für Tierschutzangelegenheiten und den Veterinärbereich an.

Abgeordnete MANDAK (G) zeigte sich darüber erfreut, dass es wieder ein Frauenministerium und eine Frauenministerin gibt. Damit sei eine jahrelange Forderung der Grünen erfüllt worden. Es werde sich aber erst zeigen, sagte Mandak, wie stark und einflussreich dieses Frauenministerium tatsächlich sei. Sie urgierte eine Reihe arbeits- und sozialpolitischer Maßnahmen, um das Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern, zu erreichen. So sollten ihr zufolge Schritte gesetzt werden, damit auch Väter Karenzzeiten in Anspruch nehmen, der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Karenz müsse erleichtert werden.

Abgeordneter DI KUMMERER (S) setzte sich kritisch mit wiederholten Reorganisationen des Verteidigungsministeriums auseinander und bewertete die Einrichtung des Infrastrukturministeriums als "Flop". Er äußerte die Vermutung, dass das nicht zuletzt mit den handelnden Personen zu tun habe. Unzufrieden zeigte sich Kummerer auch mit der Verkehrspolitik des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) rechnete vor, dass die Einrichtung zweier neuer Staatssekretariate Kosten im Gegenwert von 50 Einfamilienhäusern verursache. Er sieht dadurch Steuergelder aus dem Fenster hinausgeschmissen. Kritik übte Jarolim zudem an der Personalpolitik von Innenminister Strasser.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) hielt, wie der Vorsitz führende Dritte Nationalratspräsident Prinzhorn ankündigte, ihre Abschiedsrede nach mehr als zwölfjähriger Tätigkeit im Nationalrat. Sie habe dem Hohen Haus mit sehr viel Leidenschaft und Begeisterung angehört, betonte sie, und ihre Reden nie als Pflichtübung gesehen. Insbesondere erinnerte sie an ihre Filibuster-Rede vor einigen Jahren, um einen Beschluss des Nationalrates zu verzögern. Erfreut äußerte sich Petrovic über die Proteste vieler junger Menschen gegen den Irak-Krieg.

Im Zusammenhang mit dem geplanten Österreich-Konvent wies Petrovic auf die Notwendigkeit hin, eine Neuordnung der Kompetenzen in Österreich anzugehen. Aber auch die Arbeitsmöglichkeiten des Parlaments sollten ihrer Auffassung nach ausgebaut und verbessert werden. So urgierte sie etwa die Einrichtung eines Verfassungsdienstes im Parlament. Abschließend wünschte die scheidende Abgeordnete ihren KollegInnen eine "kontroversielle, lebendige, gute Arbeit".

Die Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 wurde unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrages mehrheitlich beschlossen, die Abänderungsanträge der Opposition blieben in der Minderheit. Ebenfalls abgelehnt wurden die beiden Entschließungsanträge der SPÖ betreffend Überprüfung der Inanspruchnahme der Bezügefortzahlungen bzw. betreffend Übertragung der Zollwache ins Bundesministerium für Inneres.

(Schluss Bundesministeriengesetz/Forts. NR)