Parlamentskorrespondenz Nr. 281 vom 07.05.2003

NATIONALRAT NIMMT VIER SP-ANTRÄGE IN ERSTE LESUNG

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Wien (PK) - Vier Anträge der Sozialdemokraten waren die letzten Punkte der Tagesordnung der 14. Sitzung des Nationalrats.

Im Antrag 77/A verlangt die SPÖ eine Änderung des Energie-Regulierungsbehördengesetzes. Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) bekannte sich vollinhaltlich zu den einstimmig beschlossenen Gesetzen im Energiebereich, hält es aber für notwendig, Erfahrungen zu berücksichtigen oder Korrekturen an den Gesetzen vorzunehmen. In diesem Sinn erläuterte der Abgeordnete den Vorschlag seiner Fraktion, den Erdgasbeirat funktionsfähig zu machen, indem man ihn in Angelegenheiten der Preisbestimmung auf die Vertreter der betroffenen Ministerien und die Vertreter der Sozialpartner reduziert. Weiters urgierte Oberhaidinger die Vorlage des Energieberichts und die Ausarbeitung einer Verordnung für die Arbeit der Regulierungsbehörde. Man sollte die Probleme der Netzbetreiber nicht auf die leichte Schulter nehmen, meinte Oberhaidinger.

Abgeordneter KOPF (V) räumte ein, dass der Antrag von Abgeordnetem Oberhaidinger etwas für sich habe. "Unsere Gesprächsbereitschaft ist gegeben", versicherte er, Kopf sprach sich aber dafür aus, die Frage erst im Herbst bzw. Ende dieses Jahres gemeinsam mit der anstehenden Umsetzung einer Energie-Binnenmarktrichtlinie der EU zu verhandeln.

Auch Abgeordneter DI HOFMANN (F) signalisierte gegenüber Abgeordnetem Oberhaidinger Gesprächsbereitschaft. Seiner Auffassung nach sollte man aber generell über die Zusammensetzung des Gasbeirats diskutieren und nicht unbedingt eine Gleichstellung mit dem Elektrizitätsbeirat anstreben. Er hält vor einer Nachjustierung des Gesetzes außerdem einen Beobachtungszeitraum für angebracht.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) will den von Abgeordnetem Oberhaidinger eingebrachten Antrag gemeinsam mit anderen anstehenden Fragen im Energiebereich diskutieren. Auch in einem liberalisierten Markt sei es notwendig, dass der Staat gewisse Grundlagen erarbeite, skizzierte sie, dafür wäre die Vorlage eines Energieberichts hilfreich. Als notwendig erachtet Glawischnig weiters eine Evaluierung des Öko-Stromgesetzes.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN meinte, er könne die Forderung von  Abgeordnetem Oberhaidinger nicht ganz nachvollziehen. Seiner Ansicht nach ergeben sich Interessenskonflikte nicht aufgrund der Gesetzesbestimmungen, sondern aufgrund der von den Ländern vorgenommenen Nominierungen für den Gasbeirat. Einen Energiebericht will Bartenstein noch 2003 dem Parlament zuleiten.

Der Vorsitz führende Dritte Nationalratspräsident DI PRINZHORN wies den Antrag 77/A dem Wirtschaftsausschuss zu.

Antrag 93/A verfolgt das Ziel einer Änderung des Meldegeseztes. Abgeordneter Mag. MAIER (S) wies auf die seiner Meinung gegebene Notwendigkeit hin, um Datenmissbrauch in Zukunft zu verhindern. Er erinnerte daran, dass die SPÖ der im Jahr 2001 vorgenommenen Novellierung des Meldegesetzes nicht zugestimmt habe, weil Datenschützer und Konsumentenschützer bereits damals erhebliche Bedenken geäußert hätten. Die damaligen Befürchtungen haben sich seiner Meinung nach nun bestätigt. Maier zufolge hat das Innenministerium Abfrageberechtigungen für das Zentrale Melderegister an Personen vergeben, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben gewesen wären. Vergessen habe man auch, Abfrageberechtigungen für das Zentrale Melderegister auf Österreich zu beschränken.

Abgeordneter KÖSSL (V) sieht hingegen keinerlei Notwendigkeit zur Novellierung des Meldegesetzes. Seit der letzten Änderung 2001 stehe ein modernes, zukunfts- und serviceorientiertes Gesetz zur Verfügung, betonte er, es gebe wenige Gesetze, die bei jenen, die sie vollziehen müssten, auf so großen Anklang stoßen würden. Kößl sieht auch keinen Grund, an der Datensicherheit des Zentralen Melderegisters zu zweifeln. Alle Unkenrufe und die Angstmacherei seien, so der Abgeordnete, ins Leere gegangen. Vereinzelte Missbräuche könnten durch Gesetzesänderungen nicht verhindert werden.

Abgeordneter Mag. MAINONI (F) schloss sich den Ausführungen Kößls an und zeigte sich überzeugt, dass das Meldegesetz gut zu handhaben und der Datenschutz im Wesentlichen nicht gefährdet sei. Im Großen und Ganzen sei es unmöglich, den Datenschutz zu verletzen, unterstrich er.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) räumte ein, dass das neue Meldegesetz unbürokratisch, kundenfreundlich und effizient ist. Die Erfahrungen haben ihrer Meinung nach aber gezeigt, dass sich die bei der Beschlussfassung des Gesetzes geäußerten Bedenken der Datenschützer als berechtigt erwiesen hätten. Aus diesem Grund erachtet sie eine Novellierung des Gesetzes für erforderlich und unterstützt daher auch, wie sie sagte, den Vorstoß der SPÖ.

Abgeordneter PARNIGONI (S) hält es für bedenklich, dass abfragende Personen bei einer Abfrage im Zentralen Melderegister nicht in jedem einzelnen Fall ein rechtliches Interesse an der Datenabfrage nachweisen müssten. Abfragen sollten nur dann getätigt werden dürfen, wenn genau angegeben wird, wofür man diese Daten braucht, forderte er.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) erklärte, Datenschutz sei auch ihr ein großes Anliegen. Abfragen im Zentralen Melderegister könnten aber ohnehin nur von Personen gemacht werden, die zuvor eine generelle Berechtigung vom Innenministerium erhalten haben. Ob der Innenminister rechtswidrige Berechtigungen vergeben habe, könne man vom Plenum aus nicht beurteilen, betonte Partik-Pable. Ihr seien jedenfalls nur zwei Fälle von Missbrauch bekannt, denen das Innenministerium sofort nachgegangen sei und die dazu geführt hätten, dass die Betroffenen ihre Abfrageberechtigung verloren haben.

Zwei Anträge, die unter einem debattiert wurden, betreffen das Wahlrecht: Zum einen (95/A) wird beantragt, dass jede/r wahlberechtigt sein soll, die/der am Wahltag das Wahlalter erreicht hat, zum anderen (96/A) fordert die SPÖ die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) erläuterte die beiden Anträge seiner Fraktion. Zum einen gehe es den Sozialdemokraten darum, dass künftig alle Personen bei bundesweiten Wahlen wählen dürfen, die bis zum Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben; derzeit ist der Stichtag der 1. Jänner des Wahljahres. Im elektronischen Zeitalter sollte es seiner Meinung nach kein Problem sein, den Wahltag selbst zum Stichtag zu machen. Generell hält es Wittmann jedoch für sinnvoller, das Wahlalter gleich auf das vollendete 16. Lebensjahr zu senken. Er wies darauf hin, dass man bei den Kommunalwahlen im Burgenland gute Erfahrungen damit gemacht habe. Zudem will die SPÖ allen in Österreich arbeitenden Ausländern das aktive und passive Wahlrecht in ihren Interessenvertretungen gewähren.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) ortet einen Widerspruch zwischen den vorliegenden Anträgen der SPÖ. Ihr stellt sich die Frage, ob die SPÖ nun das Wahlalter auf genau 18 Jahre oder auf 16 Jahre senken wolle. Der Verfassungsausschuss wird sich ihr zufolge mit beiden Anträgen genau befassen, Baumgartner-Gabitzer selbst sprach sich jedoch gegen eine Senkung des Wahlalters auf Bundesebene auf 16 Jahre aus. Ihren Recherchen nach gebe es kein Land in Europa, das bei Bundeswahlen ein Wahlalter unter 18 Jahren vorsehe, erklärte sie. Stattdessen trat die Abgeordnete für die Einführung der Briefwahl ein.

Abgeordneter KRAINER (S) sieht die Forderung der SPÖ nach Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre unter dem Aspekt "gleiche Rechte, gleiche Pflichten". Wenn man alt genug sei um zu arbeiten, sei man auch alt genug um zu wählen, konstatierte er. Überdies gebe es ein Wahlrecht und keine Wahlpflicht in Österreich, sagte Krainer, ein Jugendlicher, der sich mit 16 Jahren noch nicht reif genug fühle, um zu wählen, müsse von diesem Recht auch keinen Gebrauch machen. Er sprach sich darüber hinaus für das aktive und passive Wahlrecht von Ausländern bei Wahlen zu Interessenvertretungen aus.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) erachtet die jetzige Stichtagsregelung bei bundesweiten Wahlen vor allen dann für problematisch, wenn Wahlen am Ende eines Jahres, beispielsweise im Dezember, stattfinden. In einem solchen Fall gebe es viele 18-Jährige, die nicht wählen dürften. Scheibner fragt sich aber, ob das Wahlalter tatsächlich auf den Wahltag abgestellt werden soll oder ob es nicht sinnvoller wäre, den Stichtag für eine Wahl dafür heranzuziehen. Eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre kann sich Scheibner auf kommunaler Ebene und eventuell auch bei Elementen direkter Demokratie wie Volksbefragungen oder Volksabstimmungen vorstellen, nicht aber bei bundesweiten Wahlen.

Abgeordnete MANDAK (G) sprach sich für die Einräumung des aktiven und passiven Wahlrechts an alle Ausländer bei Wahlen zu Interessenvertretungen aus. Zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre merkte sie an, es gebe viele Entscheidungen, die 16-Jährige selbst fällen, sei es die Berufswahl oder medizinische Entscheidungen. Die Grünen glaubten, dass sie auch reif seien, das Wahlrecht wahrzunehmen. "Sie verdienen dieses Vertrauen."

Abgeordnete FUHRMANN (V) meinte, eine tatsächliche Einbindung von Jugendlichen in politische Entscheidungen könne nur durch das Zugestehen des Wahlrechts erreicht werden. Jugendliche sollten ihr zufolge schon allein aus demografischen Gründen wählen dürfen, um zu verhindern, dass bei Wahlkämpfen nur die Interessen der Pensionisten vertreten werden. Eine flächendeckende Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre wünscht sich Fuhrmann vorerst auf Gemeindeebene, danach solle man sich das ihr zufolge für die Landes- und Bundesebene anschauen.

Nach Ansicht von Abgeordneter Mag. WURM (S) solle es in Zukunft nicht mehr passieren, was im vergangenen Jahr geschehen sei, nämlich, dass viele Jugendliche, die älter waren als 18 Jahre, bei den Nationalratswahlen nicht wählen durften. Darüber hinaus wünscht sie sich, dass Jugendliche über 16 Jahren zumindest das Recht erhalten, Bürgerinitiativen zu unterstützen und einzubringen. Als höchst an der Zeit wertete es Wurm außerdem , dass alle Ausländer, die in Österreich arbeiten, bei den Wahlen zu Interessenvertretungen aktives und passives Wahlrecht haben.

Abgeordneter BROSZ (G) meinte, es habe bereits vor der letzten Nationalratswahl unter den Jugendsprechern aller Parteien Konsens darüber geherrscht, die Stichtagsregelung anzupassen, um die bei den letzten Wahlen aufgetretene Ungerechtigkeit in Zukunft zu vermeiden. Er hoffe, dieser Konsens bestehe nach wie vor, sagte er.

Der Vorsitz führende Dritte Nationalratspräsident DI PRINZHORN wies die Anträge 95/A und 96/A dem Verfassungsausschuss zu. (Schluss)