Parlamentskorrespondenz Nr. 337 vom 16.05.2003

GRÜNER BERICHT 2001 ZIEHT BILANZ ÜBER AGRARSITUATION IN ÖSTERREICH

Wien (PK) - Der 43. Grüne Bericht 2001 informiert auf 368 Seiten ausführlich über die wirtschaftliche und soziale Lage der Land- und Forstwirtschaft und über die Situation der ländlichen Regionen. In den einzelnen Kapiteln erfährt man nicht nur etwas über die grundlegende Agrarstruktur in Österreich, sondern es wird auch die Lage auf den Märkten analysiert. Außerdem werden die wirtschaftlichen Aspekte (Außenhandel, Tourismus), die europäische Agrarpolitik, die Förderungen sowie die soziale Lage der Bauern näher beleuchtet (www.gruener-bericht.at).

DIE AGRARSTRUKTUR IN ÖSTERREICH

Laut Agrarstrukturerhebung 1999 (Vollerhebung) wurden in Österreich 217.508 Betriebe bewirtschaftet. Trotz des voranschreitenden Strukturwandels ist die Land- und Forstwirtschaft nach wie vor klein strukturiert. Rund 90.000 Betriebe (41 %) bewirtschaften weniger als 10 ha Kulturfläche (LN und Wald). Über 85.000 Betriebe (39 %) weisen eine Erschwerniszone auf. 1999 lebten in den bäuerlichen Haushalten insgesamt 831.300 Personen, von denen 530.000 Personen eine Teil- oder Vollzeitbeschäftigung in der Landwirtschaft angegeben hatten.

An der Gesamtfläche Österreichs hat die Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) einen Anteil von rd. 41 %, der Wald rd. 46 % und sonstige Flächen (Gewässer, Bau-, Verkehrs- und Bahnflächen) rd. 13 %. Österreich hat, bezogen auf die Landesfläche, innerhalb der EU mit 70 % den höchsten Anteil an Berggebieten. 52 % der Betriebe und 57 % der LN liegen im Berggebiet. Betrachtet man das gesamte benachteiligte Gebiet (Berggebiet, Sonstige benachteiligte Gebiete, Kleines Gebiet) sind das 70 % der Betriebe und 69 % der LN. Die LN umfasst rd. 3,4 Mill. ha. Davon beträgt der Anteil der Ackerfläche rd. 41 %, das Wirtschaftsgrünland 27 %, das extensive Grünland 30 % und die sonstigen Kulturarten 2 %. In Österreich wurden im Jahr 2001 rund 2,12 Mio. Rinder gehalten, davon 855.000 Kühe. Der Schweinebestand betrug 3,44 Mio. Stück. Der Bestand an Schafen machte 320.000 Stück aus.

GESAMTWIRTSCHAFT UND AGRARSEKTOR

Österreichs Wirtschaft ist im Jahr 2001 um lediglich 1 % gewachsen (2000: 3,0%). Die Agrareinkommen sind laut den vorläufigen Berechnungen der land- und forstwirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Statistik Austria gegenüber dem Vorjahr um 9,2 % gestiegen. Im Wesentlichen war dieser Anstieg auf die höheren Erzeugerpreise und den Anstieg der Förderungen für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe zurückzuführen. Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft legte um 4 % auf 6,74 Mrd. € zu, wobei die tierische Erzeugung einen Wertzuwachs von 7,2 % erreichte und die pflanzliche Erzeugung einen von 2,8 %. Durch die Neuberechnung des Arbeitseinsatzes durch die Statistik Austria ergibt sich eine neue Zahl der Beschäftigten: Demnach arbeiten 183.078 Personen (ausgedrückt in Jahresarbeitseinheiten) in der Land- und Forstwirtschaft.

Die Ausfuhr von Waren des Agrarsektors stieg hingegen um 15,8 % auf 3,9 Mrd. €. Die Einfuhren agrarischer Erzeugnisse expandierten um 10,3% auf 4,9 Mrd. €, drei Viertel davon kommen aus EU-Ländern. Das agrarische Handelsbilanzdefizit verringerte sich auch auf 1,1 Mrd. €. Mit der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit - kurz Ernährungsagentur - wird die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit effizienter organisiert und somit auch in Zukunft ein hohes Maß an Sicherheit im Bereich Ernährung für Österreich gewährleistet. Der Tourismus konnte im Jahr 2001 wieder einen Nächtigungszuwachs von 1,3 % erzielen. Die Zahl der Nächtigungen betrug 115,1 Mio. Bei den Nächtigungen auf Bauernhöfen hat sich der Trend der Vorjahre fortgesetzt; während die Nächtigungen in der Kategorie Ferienwohnungen um 6,5 % zulegten, nahm die Zahl der Nächtigungen bei der Kategorie privat am Bauernhof um 1,8% ab.

ÖSTERREICH IM EUROPÄISCHEN BINNENMARKT

2001 wurde wieder eine Reihe wichtiger Verordnungen und Richtlinien, die Auswirkungen auf die Österreichische Landwirtschaft haben, beschlossen. Mit 30. 6. 2002 endete der Auszahlungszeitraum für die Vergabe der Mittel aus den EU-Strukturfonds der alten Periode von 1995 - 1999. In Österreich wurde für diesen Zeitraum ein Gesamtvolumen von 1.929 Mio. € ausgegeben. Ein Vergleich mit den anderen EU-Staaten zeigt, dass Österreich hier einen überproportional hohen Anteil aufweist.

Der EU-Hauhalt 2002 sieht Ausgaben von 95,6 Mrd. € vor. Die Agrarausgaben durch EAGFL-Garantie betragen 44,5 Mrd. € bzw. 46,5 %. Davon sind rd. 10 % für das Programm Ländliche Entwicklung vorgesehen.

AGRARPRODUKTION UND MÄRKTE

Die Gesamtanbaufläche bei Getreide (rd. 824.000 ha) wurde leicht eingeschränkt, die österreichische Getreideproduktion 2001 stieg auf 4,8 Mio. t. Der Anbau von Ölfrüchten (rd. 110.000 ha) nahm gegenüber dem Vorjahr zu, der Anbau von Eiweißpflanzen (rd. 42.000 ha) verringerte sich weiter. Bei den Zuckerrüben gab es eine Ertragssteigerung, die Kartoffelernte blieb gleich. Im Gemüsebau (13.000 ha) fielen die Erträge 2001 höher aus. Die Weinernte  war mit 2,5 Mio. hl durchschnittlich, die Qualität insbesondere bei Weißwein hervorragend. Die Obsternte (extensiv und intensiv) ging gegenüber 2000 erheblich zurück. Der Biologische Landbau hat in Österreich mit rd. 8,5% der landwirtschaftlichen Nutzfläche bzw. rd. 17.500 Betrieben eine relativ große Bedeutung. In den Berggebieten ist fast nur Grünlandnutzung möglich, wobei auch die Almen - vor allem in den westlichen Bundesländern - einen wichtigen Beitrag zur Futtergrundlage bilden.

Die tierische Veredelungsproduktion (Rinder, Milch, Schweine u.a.) spielt eine sehr bedeutende Rolle für die österreichische Landwirtschaft. Der österreichische Rindermarkt war 2001 durch die EU-weit sehr negativen Auswirkungen der zahlreichen BSE-Fälle in einigen Mitgliedsstaaten schwer betroffen. Insbesondere in den ersten vier Monaten war das Preisniveau durch Konsumrückgang und Handelssperren äußerst niedrig. Der Milchsektor entwickelte  sich positiv, die Milchlieferleistung blieb mit 2,7 Mio. t (-0,4%) fast gleich, der Erzeugermilchpreis stieg deutlich. Auf dem Schweinesektor hielt der letztjährige Marktaufschwung noch einige Monate an, die Schlachtschweinpreise waren wesentlich höher als 2001. Die Konzentration ist im Vergleich zu einigen westeuropäischen Ländern noch gering, verstärkt sich aber. Bei der österreichischen Geflügel- und Eierproduktion zeigt sich dagegen bereits ein höherer Anteil von Betrieben mit großen Tierbeständen. Bei den Masthühnern und Eiern war eine zufriedenstellende Marktlage zu verzeichnen. Die Pferdezahl steigt seit einigen Jahren wieder an. Die Schafhaltung hat vor allem in extremen Bergregionen Bedeutung. Sonstige Produktionen (z.B. Damtiere, Fische, Bienen) können einzelbetrieblich gute Einkommenschancen bieten.

Mit 47 % Anteil an der Staatsfläche leistet auch der Wald in Österreich einen wesentlichen Beitrag zu den bäuerlichen Einkommen (rd. 171.000 Forstbetriebe) und auch eine beachtlichen Beitrag zur Beschäftigung. Der Einschlag (13,5 Mio. efm) wurde leicht ausgeweitet. Die Holzpreise blieben 2002 auf etwas schwächerem Niveau stabil.

DAS NATIONALE UND EUROPÄISCHE FÖRDERSYSTEM

Die von der EU, dem Bund und den Ländern gemeinsam finanzierten Förderungen und Leistungsabgeltungen bilden einen wesentlichen Bestandteil des bäuerlichen Einkommens und tragen zur Erhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft bei.

Im Jahr 2001 wurden 2.028 Mio. € an EU-Bundes- und Landesmitteln für den Agrarsektor aufgewendet. Der größte Anteil der Finanzierung des Agrarbudgets wird von der EU (1.104 Mio. €) getragen; national wurden die Mittel für die meisten Förderungen im Verhältnis 60:40 zwischen Bund (429 Mio.€) und Ländern (495 Mio. €) aufgebracht. Die im Rahmen der Agenda festgelegte Anhebung der Tier- und  Flächenprämien wurde 2001 bei den Flächenprämien abgeschlossen, bei den Tierprämien wird dies 2002 der Fall sein. Vorschläge für eine Weiterentwicklung der GAP werden von der Kommission 2002 vorgelegt werden.

Mehr als 80 % des Agrarbudgets entfallen auf drei Ausgabenblöcke: die von der EU zu 100 % finanzierten Ausgleichszahlungen und Prämien laut GAP (2000: 491 Mio. €), die von der EU kofinanzierten umweltschonenden Maßnahmen mit dem ÖPUL (614 Mio. €) sowie die Strukturmaßnahmen (614 Mio. €). Für das Umweltprogramm wurden im Jahr 2001 auf Grund der Umsetzung des neuen ÖPUL 2000 um 8 % mehr Mittel benötigt. Die geplanten Mehrausgaben bei der Ausgleichszulage wurden im Agrarbudget 2001 noch nicht schlagend, da die 2. Tranche erst Mitte 2002 ausbezahlt wird. Für die Maßnahmen Sektorpläne und die Maßnahmen in Ziel-5b-Gebieten der alten Förderperiode wurden 2001 noch erhebliche Mittel überwiesen. Für die übrigen Förderbereiche wurden im Jahr 2001 folgende Beträge aufgewendet: für den Bereich Forschung, Bildung und Beratung 85 Mio. €, für die Ausfuhrerstattungen 52 Mio. €, für qualitätsverbessernde Maßnahmen und Förderungen für die Forstwirtschaft je 35 Mio. €.

Der Anteil der Förderungen, die 2001 direkt an die Bauern ausbezahlt wurden, belief sich auf 1.520 Mio. € (EU und Bund 1.260 sowie die Länder 260 Mio. €).

Die Entwicklung des Agrarbudgets der letzten Dekade zeigt eindrucksvoll den in den 90er Jahren vollzogenen Paradigmenwechsel in der Agrarpolitik: Reduzierung der Interventionsmaßnahmen und Erstattungsausgaben und Einführung von Direktzahlungen in Form von Flächen- und Tierprämien. Weiters wird auch der Trend hin zur Förderung von umweltschonenden Maßnahmen deutlich.

SOZIALE SICHERHEIT

Die soziale Situation der Bauern und Bäuerinnen hängt nicht nur vom Einkommen, sondern auch wesentlich von anderen Faktoren ab. Eine wichtige Funktion hat diesbezüglich die soziale Absicherung durch die bäuerliche Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung bei Alter, Tod, Krankheit, Unfall, Behinderung und Mutterschaft sowie Pflegevorsorge nach dem Bundespflegegeldgesetz (seit 1.7.1993). Im Jahr 2001 betrug der Versichertenstand in der Pensionsversicherung 189.907, in der Krankenversicherung inklusive Pensionisten 279.124 und in der Unfallversicherung 1,093.112 Personen. 2001 betrug die durchschnittliche Alterspension der Bauern inkl. Ausgleichszulage und Kinderzuschuss 8.345 S (Frauen 5.635 S und Männer 11.345 S). Die Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes betrug 2001 für Alleinstehende 8.437 S und für Ehepaare 12.037 S. Das fiktive Ausgedinge ist für Einheitswerte über 54.000 S (für Alleinstehende) und über 77.000 S (für Ehepaare) mit 28 % begrenzt. (Schluss)