Parlamentskorrespondenz Nr. 380 vom 28.05.2003

DIE BERATUNGEN ÜBER DAS BUDGETBEGLEITGESETZ GEHEN WEITER

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Wien (PK) – Nach einer kurzen Debatte über das weitere Procedere im Ausschuss setzte der Budgetausschuss seine Beratung über das Budgetbegleitgesetz fort. Vorerst standen finanzpolitische Fragen auf der Tagesordnung, zu deren Beantwortung in Vertretung des Finanzministers Staatssekretär Alfred Finz zur Verfügung stand.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) kam auf die Presseaussendung des Staatssekretärs zur geplanten Änderung im Pensionskassengesetz zu sprechen und wiederholte seinen Vorwurf, dass die Änderung der Mindestverzinsung bei privaten Pensionskassen einer „kalten Enteignung“ gleich komme. Er sprach auch den Übergang der Riskengemeinschaft an und trat für den Wechsel von einer Pensionskasse mit schlechter Performance zu einer mit guter ein. Weitere Themen betrafen die Entschärfung des Bundeshaushaltsgesetzes und die steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) befasste sich mit der Begünstigung nicht entnommener Gewinne und hielt die Maßnahmen für „eine sektorspezifische Sparförderung“, die im Einzelfall relevant sein könne. Auch glaubt Van der Bellen nicht daran, dass es trotz der Änderungen einen Steuerausfall von 400 Mill. € geben soll.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) zeige sich erstaunt darüber, dass sich die SPÖ offensichtlich vom Grundkonsens über die Bedeutung der Altersvorsorge verabschiede. Im Zusammenhang mit der Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne meinte Stummvoll, Experten hätten ihm gesagt, dass die Zahl von 400 Mill. außer Streit stehe.

Abgeordneter Josef Bucher (F) interessierte sich für die Berechnung der nicht entnommenen Gewinne.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) meinte zum Vorwurf des Abgeordneten Stummvoll, die SPÖ entferne sich vom Drei-Säulen-Modell, die SPÖ wolle die erste Säule, in die überwiegend Beiträge von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und zum geringen Teil vom Staat fließen, tragfähig und lebensstandardsichernd erhalten. Das gelte aber nicht für die ÖVP, zumal das ASVG nicht mehr lebensstandarderhaltend sei. Auch die zweite Säule erweise sich als wenig tragfähig. Besonders verwundert zeigte sich der Abgeordnete darüber, dass man wohl den Politikern, nicht aber dem Nicht-Politiker eine Wahlfreiheit bei der Pensionskasse einräumt.

Abgeordneter Werner Kogler (G) warf den Regierungsparteien vor, in ihrem informellen Abänderungsantrag den § 45 Abs. 4 nur grammatikalisch umformuliert zu haben. Weiters hinterfragte er die neuen Bestimmungen zur Bundesfinanzierungsagentur.

Abgeordneter Hans Moser (S) sprach davon, dass ein wesentlicher Vertreter eines börsennotierten Unternehmens öffentlich kundgemacht habe, dass die Aktie kein großes Potential habe, und wollte wissen, wie man darauf reagieren werde.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) kam auf das im Abänderungsantrag enthaltene Kapitel Bundesfinanzierungsagentur zu sprechen und knüpfte daran u.a. folgende konkrete Anfragen: Welche Bedeutung hat das Gutachten für den Bürgermeister oder den Finanzchef einer Gemeinde? Wer haftet für Fehlentscheidungen aufgrund eines falschen Gutachtens?

Ausschussobmann Jakob Auer wiederholte seine Anfragen aus der letzten Ausschusssitzung bezüglich der Getränkesteuer.

Abgeordnete Christine Lapp (S) sprach die Einmalzahlung der Pflegestufen 4 bis 7 an, hielt dies für keinen „durchdachten“ Vorschlag und verwies auf die nunmehrige Gründung eines Unterstützungsfonds, der jenen nahen Angehörigen, die pflegebedürftige Menschen pflegen, Geld für einen „Urlaub von der Pflege“ zugestehe. Darauf bestehe aber kein Rechtsanspruch, vermerkte sie.

Für Abgeordneten Günter Stummvoll (V) stand fest, dass die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) keine Gemeindefinanzierungen durchführen, sondern beratend tätig werden soll, und zwar auf Initiative der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die diesbezügliche Formulierung im Abänderungsantrag sei "daneben gegangen", räumte der Abgeordnete ein. Die Frage, ob sich die Gemeinden direkt an die Bundesfinanzierungsagentur wenden können oder zuerst den Finanzminister fragen müssen, hänge mit der Finanzierung der Bundesfinanzierungsagentur zusammen, die ausschließlich von Seiten des Ressorts erfolge, erklärte Stummvoll.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) verwahrte sich gegen die "Trial and Error-Methode", die die Bundesregierung beim Budgetbegleitgesetz anwende. "Man erhält etwas vorgelegt, das dann nicht so gemeint war, wenn man nachfragt." Diese Regierung sondiere offenbar erst das Gelände für ihre Maßnahmen, es fehle ihr an innerem Zusammenhang, analysierte Bauer.

Staatssekretär Alfred Finz führte die Probleme der Pensionskassen auf die "völlig atypische und unerwartete Entwicklung der Kapitalmärkte" zurück. Die besten Experten hatten den Kassen langfristig 7 % Ertrag pro Jahr prognostiziert. Jetzt sei aber Handlungsbedarf eingetreten, um eine Mindestverzinsung zu gewährleisten und zu verhindern, dass Pensionen gekürzt werden müssen. "Wir helfen in der Erwartung, dass sich das System wieder stabilisiert. Dem Abschwung wird wieder ein Aufschwung folgen und die Pensionskassen werden wieder eine attraktive Anlageform darstellen", zeigte sich Alfred Finz überzeugt. Daher sei er dagegen, den Versicherten eine Ausstiegsmöglichkeit zu schaffen, weil man damit das Pensionskassensystem zerstören würde.

Die Zwei-Jahres-Frist im Ausfuhrförderungsgesetz (Anfrage des Abgeordneten Matznetter) soll dafür sorgen, dass jener Finanzminister, der die Ausschreibung veranlasst, auch die Möglichkeit hat, die Vergabe zu regeln.

Die Befürchtung, dass die vorgeschlagene Regelung zur Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne missbraucht werden könnte, teilte der Finanzstaatssekretär nicht. Die 100.000-€-Grenze betreffe das jeweilige Unternehmen mit dem Ziel, vor dem Hintergrund von Basel II das Eigenkapital zu stärken. Selbständige seien ausgeschlossen worden, weil man nicht beabsichtige, "eine neue Sparform für Rechtsanwälte" einzuführen. 

Die fiskalischen Auswirkungen der Begünstigung seien schwer zu prognostizieren, räumte Finz ein, hielt die Ziffer von 400 Mill. € aber für "die beste Schätzung".

Hinsichtlich der Fragen zum Finanzausgleich und zum Stabilitätspakt erinnerte der Staatssekretär daran, dass der Finanzausgleich bisher sehr erfolgreich umgesetzt wurde und der Stabilitätspakt "eine gewisse Flexibilität" zulasse.

Beim Thema "Bundesfinanzierungsagentur und Gemeindefinanzierung" erinnerte der Staatssekretär an die Rechnungshofkritik wegen sehr unterschiedlicher Kreditbedingungen für die einzelnen Gemeinden. Da das Finanzmanagement der ÖBFA sehr erfolgreich tätig sei, wollte das Finanzministerium den Gemeinden eine Hilfe anbieten, diese werde nun zurückgezogen, da Bedenken einer nicht EU-konformen Beihilfe bestehen. Die ÖBFA soll den Gemeinden aber beratend zur Seite treten können. An der verfassungsmäßigen Autonomie der Gemeinden, die eine Kontrolle durch das Finanzministerium ausschließe, werde nichts verändert. Die Formulierung "nach Aufforderung des Finanzministers" sei als Vorsichtsmaßnahme gegen eine uferlose Inanspruchnahme der ÖBFA gedacht. "Ich bin für bessere Formulierungen" offen, sagte der Staatssekretär.

Die Frage der Abgeordneten Lapp zur Valorisierung des Pflegegeldes beantwortete Alfred Finz mit dem Hinweis darauf, dass der Abänderungsantrag lediglich eine Umbuchung enthalte, die aber nicht dazu führe, dass Geld für Behinderte ins allgemeine Budget gehe. "Das Geld steht den Behinderten weiterhin zur Verfügung", hielt Finz fest.

Abgeordneter Kurt Eder (S) leitete eine weitere Verhandlungsrunde mit der Klage über die großen Belastungen ein, die die Maßnahmen der Bundesregierung für Wien bedeuten. Die Haushalte der Bundeshauptstadt werden mit 85 Mill. € belastet, wobei die Kosten der Eurofighter - "für die man 30.000 Ferraris oder 60.000 Mercedes kaufen könnte" - noch nicht einmal berücksichtigt seien. Die Pensionsreform drohe die großen Probleme auf dem Arbeitsmarkt für ältere Menschen zu verschärfen. Die Erhöhung der Erdgasabgabe führe das Versprechen auf billige liberalisierte Energie ad absurdum: "Erdgas wird in Wien um 10 Mill. € teurer". Zudem werden laut Eder die Entsorgungsbeiträge bei der Müllverbrennung zu höheren Müllgebühren führen.

Eine weitere Befürchtung Eders lautete, man wolle bei den BUWOG-Mietern vom Kostendeckungsprinzip abzugehen und Marktmieten einführen.

Abgeordneter Werner Kogler (G) ergänzte seinen Vorredner mit dem Hinweis, man könnte für die Abfangjäger 10.000 Neubauwohnungen errichten, und wiederholte seine Forderung, die Gesamtrechnung des Abfangjägergeschäfts transparent zu machen und die Mehrkosten anzugeben.

Im Hinblick auf die österreichischen Verpflichtungen zur Einhaltung des Kyoto-Protokolls legte Kogler einen Abänderungsantrag seiner Fraktion vor, der für Umweltförderungen im In- und Ausland folgende Beträge vorsieht: 58 Mill. € für 2004, 69 Mill. € für 2005 und 80 Mill. € für 2008.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) forderte den Staatssekretär dazu auf, nicht den Pensionskassen zu helfen, sondern den Pensions- und Anwartschaftsberechtigten. Es sei abzulehnen, dass die Pensionskassen die Mindesterträge, die sie den Versicherten versprochen haben, aus deren eigener Tasche finanzieren. In diesem Zusammenhang verwendete Matznetter den Ausdruck "entschädigungslose Enteignung".

Hinsichtlich der 400-Millionen-€-Schätzung bei der Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne hielt Matznetter wegen der vorgelegten Abänderungen eine neue Schätzung für notwendig. Seine Detailfragen galten der Erfüllung des Stabilitätspaktes im Jahr 2003.

Abgeordnete Melitta Trunk (S) erinnerte daran, dass mehrere Bundesländer den Konsultationsmechanismus ausgelöst haben, und fragte, ob sich der Finanzminister gegenüber den Ländern weiterhin taub stellen wolle. Ihre Forderung nach einer Rücknahme der "Hilfe" für die Gemeinden durch die Bundesfinanzierungsagentur begründete die Abgeordnete mit der Befürchtung, die "Hilfe" bedeute für die Gemeinden nichts anderes als eine neue Eingriffsmöglichkeit für den Bund. Kritik übte Trunk auch an der "Strafsteuer" für Müllverbrennungsanlagen und an der Nicht-Valorisierung des Pflegegeldes.

Abgeordneter Rainer Wimmer (S) bezweifelte, dass der Eigentümer der ÖIAG keinen Einfluss auf seine Vertreter in der ÖIAG nehmen dürfe. Er unterzog die Privatisierungspolitik des Finanzministers einer scharfen Kritik, indem er beispielsweise auf die Privatisierung der Austria Tabak hinwies, deren einstiger Veräußerungserlös in keinem Verhältnis zu den aktuellen Dividendenausschüttungen für den neuen Eigentümer stehe. Dennoch plane der Konzern auch in Österreich einen Personalabbau von 5 %. Weitere Fragen richtete Wimmer nach Stand-Alone-Varianten für die Post und andere ÖIAG-Unternehmen sowie nach der Zukunft des Bergbaus in Eisenerz.

Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) erinnerte an den Konsens zwischen den Fraktionen beim Beschluss des Pensionskassengesetzes im Jahr 1989. Damals habe sich niemand vorstellen können, dass der Kapitalmarkt die Entwicklung nehmen könnte, die nun eingetreten sei. Bei den Pensionskassen würde ein Zuschussbedarf von 400 bis 500 Mill. € entstehen, schätzte Ikrath. "Wir müssen dafür sorgen, dass Ansprüche von Leistungsberechtigten nicht geschmälert werden". Die Pensionskassen seien im Interesse der Pensions- und Anwartschaftsberechtigten zu stärken.

Hinsichtlich der Bundesfinanzierungsagentur trat Ikrath für weitere Präzisierungen im Abänderungsantrag ein, um sicherzustellen, dass die Beratung der Gemeinden nur auf deren eigene Initiative hin erfolgt.

Staatssekretär Alfred Finz betonte abermals die Notwendigkeit der Pensionsreform und bedauerte, trotz aller Zugeständnisse und Beweglichkeit fehle es noch am nötigen Verständnis dafür. Er drückte seine Hoffnung aus, dass das Angebot der Regierungsparteien doch noch angenommen werde. Faktum sei schließlich, dass die Abschaffung der Frühpensionen nun auf einen längeren Zeitraum angelegt sei und die 10 % maximale Deckelung in vielen Fällen gar nicht aktuell werde, zumal die tatsächlichen Verluste meist unter diesem Wert liegen. (Forts./Abfangjäger)