Parlamentskorrespondenz Nr. 503 vom 30.06.2003

DAS GRÖSSERE EUROPA

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Wien (PK) - Das außenpolitisch wohl bedeutendste Ereignis des Jahres 2002 stellte die beschlossene EU-Erweiterung dar, "eine der wichtigsten außenpolitischen Prioritäten Österreichs". Die Beitrittsverhandlungen konnten mit zehn Beitrittskandidaten Ost- und Südeuropas erfolgreich zu Ende gebracht werden. Am Europäischen Rat von Kopenhagen vom 12. bis zum 13. Dezember 2002 gelang es, die letzten noch offenen Kapitel mit Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern abzuschließen. Somit wird die EU ab 1. Mai 2004 insgesamt 25 Mitglieder umfassen. Dieses für Europa so wichtige Thema, aber auch der Irakkrieg der USA, die Entwicklung der Vereinten Nationen und zahlreiche andere Aspekte der Außenpolitik sind im "Außenpolitischen Bericht 2002 der Bundesregierung" dargelegt (III-27 d.B.), der dieser Tage dem Nationalrat zugeleitet wurde.

Im Vorwort zu diesem Bericht hält Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner fest: "Die Aufgaben der österreichischen Außenpolitik sind umfangreich: sie umfassen politische, wirtschaftliche, entwicklungspolitische, rechtliche, humanitäre, kulturelle, konsularische und administrative Bereiche und sind in unserer globalisierten Welt noch komplexer und vielfältiger geworden." Doch das zu ziehende Resümee fällt mehr als positiv aus: "Der österreichische Beitrag zur internationalen Zusammenarbeit fördert das Ansehen unseres Landes."

EUROPAS UNION WIRD STÄRKER

Die EU-Erweiterung - "eine meiner wichtigsten außenpolitischen Prioritäten der letzten Jahre" (Außenministerin Benita Ferrero-Waldner) - bietet "eine Jahrhundertchance für die Sicherung von Frieden, Stabilität und Wohlstand für den gesamten Kontinent". Mit der nun beschlossenen Erweiterung werde die EU "ein Raum von 450 Millionen Menschen, die stärkste Handelsmacht der Welt, eine Wirtschafts- und Währungsunion, der größte Geber von Entwicklungshilfe und humanitärer Unterstützung". Allerdings, so merkt der Bericht an dieser Stelle kritisch an, habe die EU "die Herausforderung, eine außenpolitische Rolle zu finden, die ihrem wirtschaftlichen Gewicht entspricht, noch nicht bewältigt". So heißt es angesichts des Irakkrieges der USA: "Zu deutlich wurde uns vor Augen geführt, dass das Instrument der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik noch nicht ausgereift genug ist, um eine tatsächlich gemeinsame europäische Position zu erarbeiten und durchzusetzen". Bundesministerin Ferrero-Waldner zieht daraus folgenden Schluss: "Österreich sieht sich daher in seiner Haltung bestärkt, für eine Weiterentwicklung der GASP und der ESVP einzutreten, so etwa im Konvent zur Zukunft Europas. Schon die Verantwortung für die Sicherung der Stabilität unseres unmittelbaren geographischen Umfelds macht eine starke Rolle der EU unabdingbar."

Österreich gehört überdies zu jenen Staaten, die traditionell ein besonderes Engagement in Fragen der Menschenrechte an den Tag legen. Gemeinsam mit Irland, Griechenland, Slowenien, der Schweiz, Norwegen und anderen Staaten verfolgt Österreich im Rahmen des "Human Security Network" neue Ansätze in dieser Frage und verankert das Thema Menschenrechte noch stärker in der internationalen Politik. Konkrete Erfolge stellten sich in diesem Zusammenhang etwa beim Schutz nigerianischer Frauen ein, denen ob der Scharia der Tod durch Steinigung drohte.

Überdies ist Österreich in zahlreichen anderen europäischen Foren, so in der OSZE, in der CEI und im Europarat sowie im globalen Rahmen in den Vereinten Nationen umfassend und engagiert aktiv.

ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT

Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit folgte im Jahr 2002 den Zielen und Prinzipien, wie sie im neuen Entwicklungszusammenarbeitsgesetz festgelegt sind. Es bildet die Grundlage für eine einheitliche österreichische Entwicklungspolitik und enthält einen konkreten Zielkatalog. Die Koordinationskompetenz kommt dabei dem Außenministerium zu.

Die Kernprobleme vieler Entwicklungsländer sind grenzüberschreitend und betreffen die Zukunftschancen aller Länder: Krieg, Migration und Umweltzerstörung als Folgen von Armut und ungerechter Ressourcenverteilung, mangelnder Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung bilden häufig einen Teufelskreis, aus dem die betroffenen Menschen kaum ausbrechen können. "Vor dem Hintergrund der Globalisierung erhalten diese Probleme eine neue politische Dimension, denn sie zeigen direkte Auswirkungen auf die reichen Staaten", so der Bericht.

Die Verringerung der Armut ist für einen Großteil der Weltbevölkerung die wesentliche Voraussetzung für eine bessere und chancenreichere Zukunft. Sie ist auch eine Bedingung zur Vermeidung von Kriegen sowie für den Schutz des globalen ökologischen Gleichgewichts und bildet den Schwerpunkt der internationalen und der österreichischen EZA. Diesem Ziel dienten 2002 auch die VN-Konferenz in Monterrey im März und der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im September.

2002 erhöhte sich die öffentliche österreichische Entwicklungszusammenarbeit auf 0,29 % des BNP, was über dem OECD-Durchschnitt von 0,22 %, aber leicht unter dem EU-Durchschnitt von 0,33 % liegt. Österreich verpflichtete sich jedoch, bis 2006 den EU-Durchschnitt zu erreichen, wie es in dem Bericht heißt.

Nach wie vor werden von österreichischer Seite fünf Schwerpunktregionen betreut, namentlich Zentralamerika (Nicaragua, Costa Rica, El Salvador, Guatemala), Sahelraum (Burkina Faso, Kap Verde, Senegal), Ostafrika (Äthiopien, Ruanda, Uganda, Burundi, Kenia, Tansania), Südliches Afrika (Mosambik, Namibia, Zimbabwe, Südafrika) und Himalaya-Hindukusch (Bhutan, Nepal, Pakistan). Sonderprogramme galten unverändert Palästina und, ob der Entwicklungen seit 2001, Afghanistan. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die "OZA", die Ostzusammenarbeit mit Staaten wie Albanien, Rumänien und Bosnien-Herzegowina. Darüber hinaus engagierte sich Österreich auch weiterhin in der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

GLOBALE NACHHALTIGKEIT

Die Bedeutung eines globalen Umweltschutzes wurde im Berichtsjahr verstärkt gewürdigt. Das Umweltprogramm UNEP der VN wurde weiter betrieben und war um größere Effizienz bemüht. So fand im Sommer 2002 ein Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg statt. Thematisiert wurden dabei Fragen der Armutsbekämpfung, der Wasser- und Siedlungshygiene, der Energie, der nachhaltigen Produktion, des Handels und der Biodiversität.

Generell ist die Staatengemeinschaft auf vielfältiger Ebene in Sachen Umweltschutz tätig, etwa im Rahmen des UNEP und diverser globaler Umweltschutzabkommen.

AUSLANDSKULTUR

Mit dem im März 2001 vorgestellten Konzept "Auslandskultur Neu" leitete das Außenministerium "einen umfassenden Prozess der Reform und Modernisierung ihrer Arbeitsweisen, Strukturen und Inhalte" ein. Wie schon in den Jahren zuvor konnte auch 2002 eine Erfolgsbilanz ausgewiesen werden.

Das Netz der Österreichischen Kulturforen wurde mit der Eröffnung bzw. Wiedereröffnung der Kulturforen in Mexiko und Kairo erweitert. Damit verfügt Österreich weltweit über insgesamt 28 Kulturforen in Agram, Belgrad, Berlin, Bern, Budapest, Bukarest, Brüssel, Istanbul, Kairo, Kiew, Krakau, Ljubljana, London, Madrid, Mailand, Mexiko, Moskau, New York, Ottawa, Paris, Prag, Pressburg, Rom, Teheran, Tel Aviv, Tokio, Warschau und Washington. Über die Tätigkeit dieser 28 Zentren gibt die im April 2002 erschienene Broschüre "austria kultur" Auskunft, die auch dazu beitrug, die neu geschaffene "Corporate Identity" der Kulturforen besser bekannt zu machen.

Österreich kann dabei nicht nur auf sein musikalisches Erbe verweisen - so geschehen im März mit dem Projekt "The New Austrian Sound of Music" -, auch die österreichische Literatur hat weltweit einen guten Ruf. 2002 wurden Stücke von Thomas Bernhard und Arthur Schnitzler weltweit aufgeführt, aber auch Werke von Peter Turrini, Werner Schwab, Elfriede Jelinek "erfreuten sich international großer Beliebtheit".

"Autorenlesungen und Präsentationen literarischer Neuerscheinungen wurden in den Schwerpunktregionen der Auslandskulturpolitik (Kulturmetropolen wie New York, London, Paris, Tokio, Berlin, Moskau, den unmittelbaren Nachbarländern sowie den Ländern Mittel- und Südosteuropas) durchgeführt." Das Ziel dabei ist, Verlage außerhalb des deutschen Sprachraums für die Werke österreichischer Autoren zu interessieren. Derlei Projekte wurden im englischen und französischen Sprachraum, aber auch in Polen, den Niederlanden und Russland realisiert.

Populär ist auch weiterhin der österreichische Film. Österreichische Filmwochen wurden u.a. in der Schweiz, in Deutschland, Ungarn, Rumänien, Großbritannien, Spanien, Kanada, Tschechien, Italien, Polen, Russland und der Slowakei veranstaltet. Darüber hinaus beteiligte sich Österreich an den etwa 45 von der EU veranstalteten "Europäischen Filmtagen" .

Weiter ausgebaut wird auch das Projekt "Österreichbibliotheken". 2002 wurde deren Zahl durch die Eröffnung von Chisinau und die Übernahme der Bibliothek des Kulturforums Warschau auf 49 Einrichtungen erhöht. Durchschnittlich verfügt eine Bibliothek über 5.000 Bände. Die Gesamtkosten für die in Österreich angekauften Bücher betrugen rund 400.000 Euro.

Überdies sind derzeit weltweit 124 österreichische Lektoren tätig, namentlich in Ägypten, Albanien, Australien, BiH, Bulgarien, der VR China, Frankreich, Großbritannien, Irland, Israel, Italien, Jugoslawien, Kroatien, Mexiko, Polen, Portugal, Korea, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ukraine und Ungarn.

Weiters gibt es in Prag, Budapest und zwei weiteren Standorten österreichische Schulen, wo nach österreichischem Lehrplan unterrichtet wird. Zweisprachige Schulen mit österreichischen Lehrkräften befinden sich in der Tschechischen Republik, in Ungarn und in der Slowakei. Den Beauftragten für Bildungskooperation in Zentral- und Osteuropa kommt schließlich eine wichtige Rolle bei der Vermittlung österreichischer Kultur zu. 11 Bildungsbeauftragte arbeiten in Belgrad, Bratislava, Brno, Budapest, Sarajevo, Sofia, St. Petersburg, Zagreb, Skopje, Tirana und Bukarest.

Ein umfangreicher Anhang, bestehend aus detaillierten Länderinformationen von Afghanistan bis Zypern, einer Übersicht über das diplomatische und konsularische Korps in Wien, die Diplomatische Akademie, Wien als Sitz internationaler Organisationen sowie der Mitgliedschaft Österreichs in diversen internationalen Gremien runden den umfassenden und ausführlichen Bericht ab. (Schluss)