Parlamentskorrespondenz Nr. 508 vom 01.07.2003

BREITE DISKUSSION ÜBER GEWÄSSERSCHUTZ IM LANDWIRTSCHAFTSAUSSCHUSS

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Wien (PK) - Die Enderledigung des Gewässerschutzberichts 2002 war heute Anlass für eine ausführliche Diskussion im Landwirtschaftsausschuss. Die Opposition bemängelte vor allem, dass dieser ausführliche und informative Bericht in Zukunft nicht mehr erstellt wird. Bundesminister Josef Pröll wies darauf hin, dass auch weiterhin eine Berichtspflicht (mindestens alle sechs Jahre) vorgesehen ist und dass die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie einen absoluten Fortschritt in qualitativer und quantitativer Hinsicht bringe. Das Prinzip "Grundwasser ist gleich Trinkwasser" werde auch weiterhin Geltung haben.

Weiters befassten sich die Ausschussmitglieder mit einem Übereinkommen betreffend den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft sowie mit einer Vereinbarung betreffend die Errichtung des Nationalparks Gesäuse; beide Vorlagen wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

GEWÄSSERSCHUTZBERICHT 2002

Nach 1993, 1996 und 1999 liegt nunmehr der vierte Gewässerschutzbericht vor, der den Berichtszeitraum 1999–2001 umfasst. Prägend für die österreichische Situation ist der vergleichsweise große Wasserreichtum. Entsprechend dem Wasserbedarf von durchschnittlich 2,6 Mrd. m 3 wird das gesamte Wasserangebot zu 3 %, die Grundwasservorkommen werden zu 6 % für wirtschaftliche Zwecke genutzt. Österreich bezieht sein Trinkwasser zu 99 % aus Grund- und Quellwasser. Zur Minimierung der stofflichen Belastungen wurde die Abwassererfassung und -reinigung in Österreich auch in den letzten Jahren weiter ausgebaut. Derzeit sind über 86 % der Einwohner an öffentliche Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen, wobei das Abwasser jedenfalls einer biologischen Reinigung zugeführt wird, 90 % der anfallenden Schmutzfracht werden sogar einer weitergehenden Reinigung (Nährstoffentfernung) unterzogen. NG

Die Wasserqualität der österreichischen Gewässer kann insgesamt als zufriedenstellend eingestuft werden. Flächenhafte Überschreitungen der Grundwasserschwellenwerte wurden im Wesentlichen bezüglich Nitrat und Atrazin sowie dessen Abbauprodukte festgestellt, wobei sich dies vor allem auf die landwirtschaftlich intensiv genutzten Ackerbauregionen im Südwesten und Osten Österreichs sowie auf die Tallandschaften entlang der Donau konzentriert. Das ungefähre Flächenausmaß der als Beobachtungsgebiet oder voraussichtliches Maßnahmengebiet ausgewerteten Gebiete beträgt ca. 3.700 km 2 (Nitrat) bzw. 2.200 km 2 (Atrazin und Abbauprodukte). Für Atrazin sind deutlich fallende Trends in der Belastung festzustellen, auch bei Nitrat konnte eine Verbesserung der Situation beobachtet werden.

Bei den Fließgewässern ist die Güteentwicklung besonders erfreulich. 2001 hat sich gegenüber 1998 der Prozentsatz jener Gewässerstrecken, die – in Bezug auf die organische Belastung – in der Gütekarte als Güteklasse II oder besser klassifiziert wurden, von 81 % auf 87 % erhöht. Ein Vergleich der biologischen Gütebilder seit 1966 lässt deutlich die nachhaltigen Sanierungserfolge erkennen, die in erster Linie auf den forcierten und gezielten Ausbau von Abwasserreinigungsanlagen zurückzuführen sind. Bei zahlreichen Seen Österreichs führte der vermehrte Nährstoffeintrag Ende der 60er bzw. Anfang der 70er Jahre zu deutlichen Eutrophierungserscheinungen, was weit reichende Maßnahmen im Abwasserbereich (z.B. Errichtung von Ringkanalisationen) zur Folge hatte. Nunmehr haben die Seen wieder eine gute bis sehr gute Wasserqualität erreicht.

Abgeordneter Werner Kummerer (S) lobte den guten und informativen Bericht, der eine wichtige Basis für die Arbeit in diesem Bereich darstelle. Umso bedauerlicher sei es daher, dass die Novelle des Wasserrechtsgesetzes vorsehe, dass es diesen Bericht in Zukunft nicht mehr geben soll. Weiters sprach er noch den dramatischen Rückgang bei der Güteklasse I sowie die Nitratsituation an. Bedenklich hohe Werte gebe es vereinzelt auch hinsichtlich des Atrazin, gab er zu bedenken. Er hoffe grundsätzlich, dass man sich nicht vom Prinzip "Grundwasser ist Trinkwasser" verabschiede.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) fragte sich, warum trotz des Umweltprogramms der Nitratgehalt im Grundwasser nicht schneller reduziert werden könne, zumal es in manchen Regionen (z.B. Leibnitzer Feld) sehr beachtliche Erfolge gebe. Ein wichtiges Anliegen war ihm die Siedlungswasserwirtschaft bzw. die Abwasserentsorgung im ländlichen Raum, wo neue Wege gegangen werden müssten.

Bei diesem Bericht sehe man wieder sehr deutlich, dass es zwischen der Landwirtschaft und der Umwelt die größten Interessenkonflikte gebe, zumal der Agrarbereich einer der Hauptverursacher im Wasserbereich sei, urteilte Abgeordnete Ulrike Sima (S). So weise das Grundwasser, etwa im Bereich der Hausbrunnen, teilweise hohe Nitratwerte auf. Sie erwarte sich, dass tatsächliche Maßnahmen gesetzt und nicht nur die Schwellenwerte abgesenkt oder Berichte abgeschafft werden.

Die Abgeordneten Jakob Auer (V) und Franz Eßl (V) kritisierten die ihrer Meinung nach einseitige Betrachtungsweise ihrer Vorrednerin und meinten, dass viele Faktoren für die Umweltbelastung des Wassers verantwortlich seien. Auch Abgeordneter Uwe Scheuch (F) war der Auffassung, dass die Bauernschaft der größte Garant für den guten Zustand der Gewässer sei.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) befasste sich in seiner Wortmeldung u.a. mit der Verwertung des Klärschlamms. Außerdem thematisierte er die Erosionsproblematik in manchen Regionen sowie die vielerorts noch fehlenden Fischaufstiegshilfen in den Gewässern.

Abgeordneter Kurt Gradwohl (S) erkundigte sich danach, welche Maßnahmen im Bereich der Schutzwasserbauten geplant sind bzw. durchgeführt werden. Abgeordneter Gerhard Reheis (S) bedauerte, dass der Bericht keine Informationen bezüglich des Schutzes der Gletscher enthalte. Abgeordnete Heidrun Walther (S) machte darauf aufmerksam, dass einige Regionen, z.B. in der Steiermark, stark von Trockenheit betroffen sind; man müsse daher verhindern, dass das Wasser schnell abgeleitet wird.

Das Prinzip "Grundwasser ist gleich Trinkwasser" gelte auch weiterhin, unterstrich Bundesminister Josef Pröll. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Maßnahmen, wie das ÖPUL- und das Nitrataktionsprogramm, in die Wege geleitet. Es gebe sicher punktuelle Probleme, aber insgesamt sei die Situation sehr zufriedenstellend. Man solle nicht vergessen, dass der Anteil aus aufbereiteten Oberflächenwasser in der Trinkwasserversorgung nur 1 % betrage, während in anderen Ländern mehr als Hälfte aufbereitet werde. Außerdem liege Österreich in Bezug auf die Wasserqualität unter den Top 3 in Europa. Sehr erfreulich sei auch der hohe Anschlussgrad an öffentliche Abwasseranlagen (86 %). In Zukunft werde man sicher verstärkt auch über die Errichtung von Einzelkläranlagen und Pflanzenkläranlagen diskutieren, kündigte Pröll an.

Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bringe einen absoluten Fortschritt in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Die ökologische Komponente werde wesentlich stärker betont und außerdem gebe es eine intensive Einbindung der Öffentlichkeit. Wenn man diese Richtlinie ernst nehme, dann müsse man auch einheitlich in Europa vorgehen und die neuen Planungsperioden übernehmen. Es ist vorgesehen, zumindest alle sechs Jahre einen sehr ausführlichen Bericht vorzulegen, der dem Nationalrat zugeleitet wird, erklärte er. Es handle sich dabei um eine sehr umfassende Betrachtung, in die u.a. auch die gefährdeten Gebiete und die Ökosysteme (z.B. Gletscher) einfließen werden.

Was die Messstellenüberschreitungen angeht, so würden die Bundesländer explizit darauf hingewiesen und die Vollziehung, die den jeweiligen Wasseraufsichtsorganen obliege, funktioniere auch. Im Stufenplan seien die einzelnen Schritte ganz klar geregelt und dieser werde auch umgesetzt, ist Pröll überzeugt. Durch das ÖPUL-Programm habe man einen massiven Impuls im Bereich der Nitratbelastungen gesetzt und die Erfolge seien eindeutig belegbar. Auch das Nitrataktionsprogramm werde natürlich weiter fortgesetzt, teilte er dem Abgeordneten Pirklhuber mit. Beim Atrazin habe es insgesamt eine Verbesserung gegeben; sollten schwarze Schafe gefunden werden, dann werde dies entsprechend geahndet. Hinsichtlich des Klärschlamms führte Pröll weiter aus, dass die landwirtschaftliche Ausbringung gesunken sei; die Tendenz gehe in Richtung Verbrennung, was auch der richtige Weg sei. Im ÖPUL-Programm gebe es auch einen Schwerpunkt hinsichtlich der Erosionsgebiete, erläuterte der Minister. Die Bundesländer, die für den Bodenschutz zuständig seien, hätten jedoch auch eigene Programme (z.B. Errichtung von Windgürteln etc.) entwickelt.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

ÜBEREINKOMMEN ÜBER DEN ARBEITSSCHUTZ IN DER LANDWIRTSCHAFT

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde sodann ein Übereinkommen, das den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft regelt.(33 d.B.) Der Geltungsbereich des Übereinkommens umfasst alle Arten von Landwirtschaft mit Ausnahme der Subsistenzlandwirtschaft, industrieller Verfahren, bei denen landwirtschaftliche Produkte als Rohstoffe verwendet werden, sowie der industriellen Nutzung von Wäldern. Von den Schutzbestimmungen sind neben den unselbständig Erwerbstätigen zum Teil auch selbständige Landwirte erfasst. Das Übereinkommen sieht u.a. vor, dass eine innerstaatliche Politik auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes in der Landwirtschaft festgelegt, durchgeführt und regelmäßig überprüft werden soll. Weiters wird der Einsatz eines Aufsichtsdienstes für die Arbeitsstätten gefordert. Die Arbeitnehmerorganisationen befürworteten ebenso wie die Arbeitgeberorganisationen eine Ratifikation des Übereinkommens. Daraus sei zu ersehen, dass die österreichische Rechtslage im Hinblick auf unselbständige Arbeitnehmer den Bestimmungen des Übereinkommens weitgehend entspricht, heißt es im Bericht.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (S) begrüßte die im Übereinkommen enthaltenen Maßnahmen und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass es zu Verbesserungen für selbständige und unselbständige Landwirte komme. Es sei gut, dass Hauptprobleme ermittelt und die Maßnahmen festgeschrieben werden, meinte auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G). Abgeordneter Josef Winkler (V) wiederum betonte die Wichtigkeit von Prävention und Information. Sein Fraktionskollege Georg Keuschnigg wies darauf hin, dass viele schwere Unfälle in der Landwirtschaft in den letzten Jahren vor allem auf den steigenden wirtschaftlichen Druck (wenig Zeit, fehlende Arbeitskräfte) zurückzuführen sind.

Bundesminister Josef Pröll stand dem Abkommen sehr positiv gegenüber und informierte Abgeordneten Pirklhuber darüber, dass für die Kontrollen die zentrale Arbeitsaufsicht zuständig sei. F-Abgeordnetem Uwe Scheuch teilte er mit, dass dieses Übereinkommen für Familienmitglieder nicht gelte.

NEUER NATIONALPARK IM GESÄUSE

Die Abgeordneten aller Fraktionen begrüßten ausdrücklich die Errichtung des "Nationalparks Gesäuse" in der Steiermark. Bundesminister Josef Pröll bezeichnete die Nationalparks als eine Erfolgsgeschichte, die weiter fortgesetzt werde. Dem Abgeordneten Pirklhuber entgegnete er, dass es bereits regionen- bzw. länderübergreifende Kooperationen (z.B. Österreich-Ungarn) in diesem Bereich gebe. - Eine entsprechende Regierungsvorlage wurde einstimmig angenommen.

Bemühungen zum Schutz der Eisenerzer Alpen mit ihrer einzigartigen Geomorphologie, dem Nebeneinander verschiedenster Vegetationstypen und einer großen Zahl stark gefährdeter Tier- und Pflanzenarten reichen weit in das 19. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1985, nach der Errichtung des Ennskraftwerks Hieflau, war das Gesäuse von der steirischen Landesregierung zum Naturschutzgebiet erklärt worden. Kürzlich hat eine gemeinsam von Bund und Land Steiermark in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie einen "Nationalpark Gesäuse" als machbar und sinnvoll bezeichnet. Errichtung und Betrieb des geplanten Nationalparks ist nun der Gegenstand einer Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark. Der Vertrag legt den geographischen Umfang des Nationalparks fest, der von einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung verwaltet werden soll, an der Bund und Land Steiermark zu je 50 % beteiligt sind (83 d.B.). (Fortsetzung)