Parlamentskorrespondenz Nr. 517 vom 01.07.2003

RECHNUNGSHOFKRITIK AN AUSGLIEDERUNG DES INSOLVENZAUSFALLSGELDFONDS

Minister Bartenstein spricht von guten Erfahrungen und Einsparungen

Wien (PK) - Am Abend wandten sich die Mitglieder des Rechnungshofausschusses schließlich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zu und besprachen zunächst die Wahrnehmungen des Rechnungshofes bei der Vorbereitung der Ausgliederung des Insolvenz–Entgeltsicherungsfonds.

Das diesbezügliche Kapitel seines Tätigkeitsberichtes über das Verwaltungsjahr 2001 leitet der Rechnungshof mit der Feststellung ein, dass das alte System der Insolvenz-Entgeltsicherung, für das das Wirtschafts- und Arbeitsministerium, das Sozialressort und die Bundessozialämter zuständig waren, seine Funktion erfüllt und die Arbeitnehmer im Falle der Insolvenz seines Arbeitgebers abgesichert habe. Die Schwächen in der Aufbau– und Ablauforganisation hätten innerhalb dieses Systems behoben werden können, schreibt der Rechnungshof. Mit der Ausgliederung wurde ein Großteil des Personal– und Sachaufwands für die Administration der Insolvenz–Entgeltsicherung vom Bund auf den — aus Arbeitgeberbeiträgen finanzierten — Insolvenz–Ausfallgeld–Fonds verschoben, hält der Rechnungshofbericht fest und  schreibt, dass sich der Bund dadurch unmittelbar 3,20 Mill. € jährlich erspare. Die Entlastung des Bundes ziehe aber eine finanzielle Mehrbelastung des Fonds nach sich. Außerdem habe das Herauslösen der Insolvenz–Entgeltsicherung aus der Ministerialverwaltung zu Synergie– und Know–how–Verlusten geführt, klagt der Rechnungshof und macht darauf aufmerksam, dass der Personalstand in der Insolvenz–Entgeltsicherung ein Jahr nach der Ausgliederung um 10 % höher ist als vorher. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das System der Insolvenz–Entgeltsicherung durch die Ausgliederung insgesamt teurer wird, lautet der kritische Befund des Rechnungshofes.

Ebenfalls zur Diskussion stand die Kritik des Rechnungshofes an Verzögerungen bei der Abwicklung der Förderungen des Europäischen Sozialfonds (ESF), bei der die Genehmigung der Programmplanung durch die EU–Kommission laut Rechnungshof erheblich länger gedauert habe als vorgesehen, wodurch der Programmstart verzögert worden sei. Auch sei die Kontrolle der Finanzmittel von den in Österreich zuständigen Organisationseinheiten nicht ausreichend wahrgenommen worden, schreibt der Rechnungshof weiter. Die vereinbarte Finanzkontrolle sei weder von der Innenrevision des BMWA noch von den für die direkte Förderungsabwicklung Verantwortlichen — mit Ausnahme des Arbeitsmarktservices — vollständig durchgeführt worden, lautete die diesbezügliche RH-Kritik.

DIE DEBATTE - PRO UND KONTRA AUSGLIEDERUNG 

In der Debatte zeigte sich Abgeordneter Christian Puswald (S)  irritiert durch überhastete Neuerungen im Insolvenzrecht, die er als eine "Husch-Pfusch-Gesetzgebung" kritisierte. Bei der Ausgliederung des Insolvenzausfallsgeldfonds stellte sich für Puswald die verfassungsrechtliche Frage, ob Aufgaben der Hoheitsverwaltung in einer privatwirtschaftlichen Konstruktion zweckmäßig erfüllt werden. Detailfragen Puswalds richteten sich nach den angekündigten Einsparungen und nach dem Controlling in der neuen GmbH.

Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) erinnerte an den Reformstau, der beim Insolvenzfonds aufgearbeitet werden musste und erkundigte sich nach den Gründen für die Aufstockung der Zahl der IAF-Standorte von ursprünglich vier auf neun.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) drängte darauf, Verzögerungen bei der Inanspruchnahme von EU-Förderungen in Zukunft zu vermeiden.

Abgeordneter Hermann Krist (S) sprach von einer nicht nachvollziehbaren örtlichen Zuständigkeitsverteilung der IAF-Stellen in Oberösterreich, kritisierte teuer angemieteten Räumlichkeiten in Wien und anderen Bundesländern und kritisierte die Ausgliederung des Fonds ebenfalls als überhastet.

Abgeordnete Christine Lapp (S) wollte wissen, worauf die Schwierigkeiten beim Einsatz von ESF-Mitteln für Behinderte zurückzuführen seien.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wies den Vorwurf einer Husch-Pfusch-Gesetzgebung im Bereich des Insolvenzausfallsgeldfonds zurück, machte darauf aufmerksam, dass Altschulden des Fonds abgebaut werden konnten und sprach von guten Erfahrungen mit dieser Ausgliederung, und zwar auch bei der Wahrnehmung privatwirtschaftlicher und hoheitlicher Aufgaben. "Das funktioniert sowohl bei dieser wie bei anderen Ausgliederungen". Hinsichtlich der Personalentwicklung wies der Ressortleiter auf Unterschiede in den Berechnungsmethoden zwischen dem Rechnungshof und dem Ministerium hin. Seiner Auffassung nach habe der IAF sein Personal seit der Ausgliederung um 10 % reduzieren können.

Die Zahl von neun IAF-Stellen entspreche der bundesstaatlichen Struktur Österreichs, führte Bartenstein aus. Die Verzögerungen bei der Auszahlung von IAF-Mitteln hätten ihre Ursachen im Bereich der EU-Kommission. 

Die IAF-Ausgliederung sei ein gutes Beispiel für eine Ausgliederung, auch wenn Bartenstein einräumte, dass eine interne Reorganisation möglich gewesen wäre. Experten seines Ressorts informierten die Abgeordneten über die Einrichtung eines EDV-gestützten Controllings, das im Jahr 2004 in Betrieb gehen werde. Die Übersiedlung in die Wiener Operngasse sei aus Raumgründen notwendig geworden. Der höhere Raumbedarf resultiere unter anderem auch aus dem Einsatz von Teilzeit-Arbeitskräften. Im Ressort selbst konnte die Zahl der mit IAF-Aufgaben befassten Beschäftigten von sieben auf zwei reduziert werden.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler machte beim Thema Raumbedarf auf die Normgröße von 14 m² pro Person aufmerksam, die im IAF-Standort Wiener Operngasse mit 40 m² erheblich überschritten werde. Auch seien die Quadratmeter-Kosten sehr hoch, sodass er bei seiner Kritik bleibe. Der IAF-Fonds stelle für ihn kein gelungenes Objekt für eine Ausgliederung dar, sagte der Rechnungshofpräsident und hielt fest, dass die Probleme, die man durch die Ausgliederung lösen wollte, auch innerhalb der staatlichen Administration zu lösen gewesen wären.

Bei der Abstimmung wurde der Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 2001 (III-1 d.B.) mit der Mehrheit der Koalitionsparteien  zur Kenntnis genommen. - Der Wahrnehmungsbericht über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (III-29 d.B) wurde einstimmig vertagt. (Schluss)