Parlamentskorrespondenz Nr. 527 vom 03.07.2003

ISRAELITISCHE KULTUSGEMEINDE THEMA IM MENSCHENRECHTSAUSSCHUSS

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Wien (PK) - Mit einer aktuellen Aussprache, in der es vor allem um Maßnahmen für die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) ging, begann heute der Ausschuss für Menschenrechte unter Vorsitz von Abgeordneter Terezija Stoisits seine Sitzung. Der Antrag der Grünen, mit dem die Regierung aufgefordert wird, über die Umsetzung von Gleichbehandlungsrichtlinien der EU zu berichten, wurde mit den Stimmen aller Fraktionen vertagt.

Abgeordneter Walter Posch (S) thematisierte zunächst die Situation der IKG und kam dann auf einen - als antisemitisch verstehbaren - Zwischenruf eines FP-Abgeordneten bei einer Plenardebatte des Nationalrats zu sprechen. Posch fragte in diesem Zusammenhang nach der Stellung von Staatssekretär Morak und seiner Partei zum Antisemitismus. Hinsichtlich der Volksgruppen erkundigte sich Posch über den aktuellen Stand der Umsetzung der Topographieverordnung in Kärnten, nach den Volksgruppenförderungen und nach der medialen Versorgung der Volksgruppen.

Auch G-Abgeordnete Ulrike Lunacek sprach die Themen Volksgruppen und IKG an, wobei sie die Bedrohung der IKG in ihrer Existenz als inakzeptabel brandmarkte. Hinsichtlich des geplanten neuen Asylgesetzes konstatierte sie eine Nichtübereinstimmung mit der Flüchtlingskonvention.

F-Abgeordnete Elke Achleitner fragte nach der Finanzierung zweisprachiger Kindergärten in Kärnten durch den Bund und nach der aktuellen Lage bei Entschädigungszahlungen für Donauschwaben durch Kroatien; ein von Kroatien erlassenes Gesetz habe wegen bilateraler Abkommen mit Österreich verlängert werden müssen. Ihr Fraktionskollege Max Walch wollte wissen, wann der Volksgruppenbericht vorliegen würde und fragte nach dem aktuellen Stand eines tschechischen Versöhnungsfonds für Vertriebene.

Abgeordneter Matthias Ellmauer erinnerte an die Konsenskonferenz, die vom Bundeskanzler im Anschluss an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs in der Ortstafelfrage einberufen worden war. Dabei sei man zwar weit gekommen, doch sei - auch innerhalb der Volksgruppen selbst - kein Konsens erreicht worden. In der Volksgruppenförderung sei nicht gekürzt worden; die Verteilung der Mittel sei allerdings eine andere Frage. Ellmauer regte an, dafür einen Arbeitskreis zu bilden. In der medialen Versorgung der Volksgruppen erfülle der ORF eine wichtige Funktion, sagte Ellmauer, der von Morak wissen wollte, ob Wien säumig sei, weil es in der Bundeshauptstadt keine ungarischsprachigen Kindergärten gebe.

SP-Abgeordneter Kurt Gaßner zitierte Gerüchte, denen zufolge vom Innenministerium die Verträge mit NGO zur Flüchtlingsbetreuung per Ende 2003 gekündigt würden.

Staatssekretär Franz Morak zitierte eingangs seiner Antwort Sokrates bekannten Satz: "Ich weiß, dass ich nichts weiß" und konstatierte ein "Leiden an der Sache": Menschenrechte seien eine Querschnittsmaterie, von der sehr viele Ressorts betroffen seien.

Im Zusammenhang mit der IKG betonte der Staatssekretär, es wäre ein Schaden für Österreich, wollte man das entstandene Bild "so stehen lassen". Er listete daher eine Vielzahl von Zahlungen und sonstigen Leistungen im Sinn der Wiedergutmachung gegenüber den jüdischen MitbürgerInnen an. Er spannte dabei einen weiten Bogen von den Leistungen direkt an die IKG über die Rückstellung von Kunstwerken bis zu den Beiträgen zur Sicherheit und zum Opferfürsorgegesetz. Morak verwies auch darauf, dass noch Zahlungen aus dem Entschädigungsfonds infolge des noch nicht umfassend gegebenen Rechtsfriedens verzögert würden.

Hinsichtlich des Zwischenrufs im Plenum des Nationalrats unterstrich Staatssekretär Morak seine und seiner Partei entschiedene Ablehnung von Rassismus und Antisemitismus.

Bei der Förderung der Volksgruppen habe es keine Kürzungen, aber auch - wie bei anderen Ermessensausgaben - keine Steigerungen gegeben. Die Frage der Volksgruppenradios müsse "im Paket des ORF" gesehen werden. In der Sache Topographieverordnung Kärnten habe der Bundeskanzler sich sehr um einen Kompromiss bemüht; da er nicht erreicht worden sei, trete das in Kraft, was die Verfassung vorsehe und was auch durchführbar sei. Bezüglich der zweisprachigen Kindergärten in Kärnten führe Sozialminister Haupt Gespräche. Bezüglich der Donauschwaben liefen Verhandlungen mit Kroatien, die Morak optimistisch einschätzte. Mit der Erklärung des tschechischen Premierministers Spidla zu den Vertreibungen am Ende des 2. Weltkriegs sei ein richtiger Weg eingeschlagen worden.

Sowohl Ausschussvorsitzende Terezija Stoisits und ihre Klubkollegin Lunacek als auch S-Abgeordneter Posch wandten sich dagegen, alles bis hin zu den Maßnahmen für die Sicherheit der IKG zuzurechnen. Die Juden hätten ja nicht "Schuld" daran, dass ihre Objekte besonders geschützt werden müssten. Lunacek forderte, die Dinge auseinander zu halten: Es gehe jetzt um die Sicherung der IKG für die Zukunft. Staatssekretär Morak bekannte sich zum Sicherheitsmonopol des Staats und sprach sich gegen jede "Privatpolizei" aus. Abgeordneter Ellmauer sprach sich vehement dafür aus, Maßnahmen für die IKG im Konsens zu suchen. "Die IKG ist unsere gemeinsame IKG", sagte er.

"NEUES" GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ IN VORBEREITUNG

Zweiter Punkt der Tagesordnung des Ausschusses war ein Antrag der Fraktion der Grünen. Darin wird verlangt, dass die Bundesregierung über "den Stand ihrer Vorbereitungen zur im Juni 2003 fälligen Umsetzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien", über den entsprechenden Zeitplan und über allenfalls ausgearbeitete Gesetzesvorschläge Bericht erstatte. (27/A[E])

In der Debatte erklärte Staatssekretär Franz Morak, dass zur Umsetzung der EU-Richtlinien bereits Koordinierungsgespräche unter Einbeziehung der Sozialpartner stattgefunden hätten; dabei sei in vielen Punkten Einigkeit erreicht worden. Ein Gesetzentwurf für ein "neues" Gleichbehandlungsgesetz werde noch im Sommer in die Begutachtung gehen und voraussichtlich im Herbst als Regierungsentwurf vorliegen. In diesem Entwurf blieben die Themenbereiche Behinderung - dafür gebe es ein eigenes Gesetz -, Dienstrecht und Länderkompetenzen ausgeklammert. Die Diskriminierungstatbestände würden ausgeweitet, die Aufgaben der Gleichbehandlungsanwaltschaft sollen erweitert, die Rolle der NGO in der Gleichbehandlungskommission gestärkt werden. Die Richtlinien der EU würden jedenfalls "vollständig umgesetzt", einschließlich der von Abgeordnetem Kai Jan Krainer (S) angesprochenen Frage der sexuellen Identität.

Abgeordnete Lunacek zeigte Verwunderung darüber, dass statt eines - mit staatlicher Förderung erstellten und bereits fertig vorliegenden - Antidiskriminierungsgesetzes nun das Gleichbehandlungsgesetz "aufgefüllt" werden solle. Auch S-Abgeordneter Posch meinte, ein eigenes Antidiskriminierungsgesetz wäre besser als eine Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes. F-Abgeordnete Achleitner hingegen unterstützte die Absichten der Regierung. V-Mandatar Ellmauer wies darauf hin, dass es auch darum gehe, eine weitere, dritte Richtlinie im Gesetz zu berücksichtigen; es sei besser, einen Gesamtentwurf vorzulegen.

Ein Antrag des Abgeordneten Ellmauer, den G-Antrag zu vertagen, wurde einstimmig angenommen. (Schluss)