Parlamentskorrespondenz Nr. 664 vom 17.09.2003

JUSTIZAUSSCHUSS BILLIGT EIGENKAPITALERSATZ-GESETZ

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Wien (PK) - Ohne wesentliche Änderungen passierte heute das von der Regierung vorgelegte Eigenkapitalersatz-Gesetz mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen den Justizausschuss des Nationalrates. Das Gesetz regelt, unter welchen Bedingungen Kredite, die ein Gesellschafter einem Unternehmen gewährt, als Eigenkapitalersatz zu werten sind und die im Falle eines Konkurses des Unternehmens nur als nachrangige Forderungen anerkannt werden. Gemäß einem in der heutigen Sitzung eingebrachten Abänderungsantrag soll das Gesetz nicht - wie ursprünglich geplant - am 1. Oktober, sondern erst am 1. Jänner 2004 in Kraft treten. Um allenfalls knapp vor der Sitzung des Ausschusses über die Medien geäußerter Kritik allenfalls noch Rechnung zu tragen und eine breitere Mehrheit zu finden, wurden aber noch Gespräche vor der Sitzung des Nationalrats angeregt.

Ziel des Eigenkapitalersatz-Gesetzes und der damit in Zusammenhang stehenden Änderungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht ist es, Rechtssicherheit im Bereich des Eigenkapitalersatzrechtes zu schaffen und dabei gleichzeitig einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den kreditgebenden Gesellschaftern eines Unternehmens und den Gläubigern zu erreichen. Zwar hat der Oberste Gerichtshof schon bisher Kredite, die Gesellschafter krisengeschüttelten Unternehmen gewährt haben, als Eigenkapitalersatz gewertet, allerdings ist nach Ansicht der Regierung eine Reihe wichtiger Fragen ungelöst.

In diesem Sinn knüpft der nunmehr vom Justizausschuss gebilligte Gesetzentwurf in weiten Bereichen an die von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze an, gleichzeitig werden aber auch Vorkehrungen getroffen, um die Sanierung von Unternehmen nicht zu erschweren. Konkret sind Kredite von Gesellschaftern in Zukunft dann wie Eigenkapital zu behandeln, wenn sich das Unternehmen zum Zeitpunkt der Kreditvergabe in einer Krise befindet und der Kredit über eine kurzfristige Überbrückungshilfe hinausgeht. Eine Krise ist dabei dann anzunehmen, wenn die Eigenmittelquote einer Gesellschaft weniger als 8 % und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre beträgt. Damit Eigenkapitalersatz vorliegt, muss der Gesellschafter weiters mit mindestens 25 Prozent am Unternehmen beteiligt sein bzw. einen kontrollierenden Einfluss haben.

Die Rückforderung von Eigenkapitalersatz ist versagt, solange die Krise andauert, und im Insolvenzverfahren werden solche Kreditforderungen von Gesellschaftern nachrangig behandelt. Von dieser Regelung erwartet sich die Regierung, dass ein Gesellschafter künftig vor der Gewährung eines Kredits genauer prüft, wie hoch die Sanierungschance ist und einen Konkurs durch neue Kredite nicht verschleppt.

Ausdrücklich festgehalten wird, dass ein Kredit, der zu einem Zeitpunkt gewährt wurden, als das Unternehmen noch bessere Kennzahlen hatte, später nicht zu Eigenkapitalersatz werden kann, wenn er verlängert oder dessen Rückzahlung gestundet wird. Damit will man verhindern, dass sich die Liquidität eines Unternehmens in der Krise noch weiter verschlechtert. Darüber hinaus ist im Gesetzentwurf ein "Sanierungsprivileg" vorgesehen: Dieses gilt für Personen, die im Rahmen eines tauglichen Sanierungskonzeptes Anteile an einem Unternehmen erwerben und zugleich Kredite gewähren.

Ergänzt werden die Bestimmungen des Eigenkapitalersatz-Gesetzes durch die in der Rechtsordnung verankerten Grundsätze der Haftung wegen Konkursverschleppung und kridaträchtigen Verhaltens. Dazu kommen die Anfechtungsbestimmungen nach der Konkursordnung und die Haftung wegen mangelnder Eigenkapitalausstattung.

Abgeordneter Johannes Jarolim (S) griff die knapp vor der Sitzung des Ausschusses via Medien geäußerte Kritik an der Vorlage auf und regte eine Klärung durch eine weitere Diskussion an, widrigenfalls seine Fraktion der Vorlage im Ausschuss nicht zustimmen könne. Sein Fraktionskollege Christian Puswald übte generell Kritik an der Qualität der Gesetzgebung und forderte mehr Sorgfalt ein. Grundsätzlich meinte er, nicht immer, wenn "irgendwer" Regelungsbedarf sehe, sei dieser auch gegeben. Im gegenständlichen Fall sei die geltende Rechtslage ausreichend.

Sehr wohl Regelungsbedarf sieht hingegen Abgeordneter Josef Trinkl (V) gegeben. Er erinnerte an die bereits sechs Jahre währende Diskussion, die nun zu einem Kompromiss geführt habe, mit der aber - was in der Natur von Kompromissen liegen - keine der betroffenen Interessengruppen gänzlich glücklich sei. Trinkl sprach sich strikt dagegen aus, den parlamentarischen Fahrplan "umzuschmeißen". Ähnlich äußerte sich sein Fraktionskollege Michael Ikrath: Mit dem Gesetz werde Rechtssicherheit in einem sensiblen Bereich geschaffen.

Justizminister Dieter Böhmdorfer warnte davor, die Materie in ihrer Bedeutung zu unterschätzen. Diskussionsbedarf sei aber gegeben, sagte der Ressortchef und regte an, "sich noch einmal zusammen zu setzen", um die vorhandene "Uneinigkeit in einem Detail" auszuräumen. -

G-Justizsprecherin Terezija Stoisits sprach sich dafür aus, sich Zeit für eine Konsensfindung zu lassen. - F-Justizsprecherin Helene Partik-Pable trat ebenfalls dafür ein, die noch vorhandene Unsicherheit zu beseitigen und eine gemeinsame Lösung zu finden. - Abgeordneter Puswald betonte, es gehe nicht darum, alles wieder "aufzuschnüren", sondern "vielleicht nur um einen Halbsatz", durch den die Zustimmung seiner Fraktion erreichbar sei.

Ausschussvorsitzende Maria Theresia Fekter hielt dem entgegen, bei der zuletzt geäußerten Kritik gehe es nicht um einen Halbsatz, sondern um Grundsätzliches. Abgeordneter Heribert Donnerbauer kritisierte, dass Kritik via Medien in letzter Minute gekommen sei, sprach sich aber ebenfalls für eine weitere Gesprächsrunde noch vor der Debatte im Plenum aus.

Bei der Abstimmung fand die Vorlage die Zustimmung der Regierungsfraktionen. (Fortsetzung)


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