Parlamentskorrespondenz Nr. 717 vom 09.10.2003

VON DEN EUROFIGHTERN ÜBER DEN VOEST-VERKAUF BIS ZUM INSIDERHANDEL

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Wien (PK) - Finanzminister Karl-Heinz GRASSER stellte sich zu Beginn der heutigen Sitzung des Bundesrats den Fragen der MandatarInnen.

Bundesrat Paul FASCHING (V): Welche Maßnahmen zur Verwaltungsreform wurden im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen durchgeführt?

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Finanzminister Mag. GRASSER teilte mit, dass die Zahl der Finanzämter in Bezug auf ihre Organisation von 80 auf 43 reduziert werde, wobei die Standorte allerdings erhalten bleiben sollen. Bis 2005 würden dadurch 250 Mill. € eingespart. Als weitere Reformmaßnahme nannte er unter anderem die Bündelung der Beschaffungsvolumina durch eine zentrale, bundeseinheitliche Beschaffungsorganisation. Den Einsparungsrahmen setzte Grasser mit 29 Mill. € im ersten Jahr an. 50 Mill. € jährlich wiederum sollen durch die Reform der Zollverwaltung eingespart werden. Reformen kündigte Grasser auch bei der Zentralleitung des Ministeriums na. Die Personalabbaumaßnahmen seien jedenfalls um 584 Vollbeschäftigungselemente übererfüllt worden.

Bundesrat Reinhard TODT (S): Wie lautet Ihre Zusage bzw. die Zusage des Bundesministeriums für Finanzen an das Bundesministerium für Landesverteidigung, die Mehrkosten des Eurofighters im Betrieb gegenüber dem Betrieb des Draken aus den Budgetmitteln des Bundesministeriums für Finanzen zu decken?

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Durch die Bereitstellung von 32 Mill. € pro Jahr ab 2007 durch das Finanzministerium sollen die im Vergleich zum Draken höheren Betriebskosten abgedeckt werden. Grasser bezifferte die jährlich anfallenden Betriebskosten des Eurofighters mit etwas unter 50 Mill. €. Insgesamt belaufen sich die Kosten der Abfangjäger auf 1,940 Mrd. €, informierte der Minister.

Bundesrat Franz GRUBER (V): Welche Erfolge gibt es im Bereich der Betrugsbekämpfung durch die Organe der Finanz bzw. des Zolls?

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103.000 Prüfungen durch die Finanzämter haben nach Angaben Grassers 1,57 Mrd. € eingebracht, durch Umsatzsteuersonderprüfungen wiederum konnten 271 Mill. € zusätzliche Erträge erzielt werden. Die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung führte, wie Grasser mitteilte, zu 1277 Anzeigen und 2,7 Mill. € an Verwaltungsstrafen. Darüber hinaus seien 60 Mill. Stück Zigaretten allein im letzten Jahr beschlagnahmt worden.

Bundesrätin Johanna SCHICKER (S): Wie garantieren Sie nachhaltig einen österreichischen Kernaktionär an der voestalpine, wenn seit dem jüngsten Abverkauf ein Rekordanteil von 46 % der Aktien in der Hand ausländischer Investoren ist?

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Grasser erklärte sich "stolz, auf das, was mit der voest-Privatisierung erreicht wurde". Mit Nachdruck sprach er von einer Österreichischen Lösung: Die Mitarbeiter seien nun stärker als jemals bisher beteiligt, die ÖIAG habe weiterhin 15 % an Stimmrechten, 23 % der Aktien würden bei einer Gruppe von oberösterreichischen Investoren verbleiben. In Summe seien 68,5 % der Aktien in österreichischer Hand. Grasser versicherte, die voest bleibe österreichisch, die Entscheidungszentrale sowie Forschung und Entwicklung würden ebenfalls in Österreich bleiben.

Bundesrat Robert ASPÖCK (F): Wie ist der aktuelle Stand bei der Reform der Zollverwaltung?
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Mit der EU-Erweiterung werden 1030 Mitarbeiter ins Innenministerium zur Verstärkung der Exekutive überführt werden, kündigte Grasser an. Der Finanzminister meinte dazu, es gebe Widerstand aus dem Bereich der Zollwache gegen diese Reform. Das Ministerium versuche aber, durch Transparenz, Information und finanzielle und berufliche Perspektiven diesen Widerständen entgegen zu treten. So sollen vor allem jene Mitarbeiter der Zollwache, die im Finanzministerium verbleiben, neue Karrieremöglichkeiten erhalten.

Bundesrat Herwig HÖSELE (V): Welche zukünftigen Schritte sind im Bereich E-Government (Finanzonline) in Ihrem Ressort geplant?

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Grasser kündigte bereits für nächstes Jahr ein Unternehmerpaket an, das elektronische Steuererklärungen ermöglichen werde. Geplant sei auch eine elektronische Abwicklung der Familienbeihilfen. Zollerklärungen sollen ebenfalls auf die elektronische Ebene verlagert werden. Insgesamt nehme Österreich beim E-Gouvernment eine Vorreiterposition ein, betonte Grasser und erinnerte daran, dass bereits 143.000 Bürger und 70.000 Unternehmen Finanz-Online nützen.

Bundesrat Theodor BINNA (S): Wie hoch wird die gesamte Neuverschuldung im Bereich der Schieneninfrastruktur bis ins Jahr 2010 sein?

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Die Reform soll helfen, bis 2010 1 Mrd. € einzusparen, und mittelfristig ein nachhaltig ausfinanziertes System der Bahn zu schaffen. Pro Jahr rechnet Grasser mit 1 bis 1,5 Mrd. an Investitionen in die Infrastruktur der ÖBB. Zu den angedrohten Streiks bemerkte er, diese seien für ein Unternehmen, das dem Steuerzahler jährlich 4,4 Mrd. € an Kosten verursacht, der falsche Weg. Wenn Mitarbeiter die Kundschaft bestreiken, wirke sich das bloß kontraproduktiv aus, sagte er.

Bundesrätin Germana FÖSLEITNER (V): Wie ist der aktuelle Stand bei der Reorganisation der Finanzämter?

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Grasser nannte als wesentliche Elemente die Zusammenfassung von 80 auf 43 Finanzämter bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung aller Standorte sowie die Verlagerung von Kompetenzen vom Ministerium auf die Finanzämter. Von der gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben wiederum erwartet er sich Erleichterungen für die Unternehmer. Insgesamt werde es bis 2005 österreichweit eine neue flächendeckende und bessere Finanzverwaltung geben. Für den Steuerzahler werde dies 250 Mill. € an Einsparungen bringen, die dann wenigeren Mitarbeiter werden besser bezahlt sein, betonte Grasser, der in diesem Zusammenhang von einer Win-Win-Situation sprach.

Bundesrätin Ulrike HAUNSCHMID (F): Wie verhindern Sie eine Verringerung des Tabaksteueraufkommens durch den EU-Beitritt der neuen Beitrittsländer?

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Grasser kündigte an, dass die Mengenbeschränkung im privaten Reiseverkehr auch weiterhin aufrecht bleiben werde. Dazu komme, dass innerhalb einer mit der EU vereinbarten Übergangsfrist die Zigarettenpreise in den Beitrittsländern erhöht werden. Grasser erwartet, dass es dadurch gelingen werde, den Einkaufstourismus einzubremsen.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G): Welche Schritte haben Sie als zuständiger Ressortchef für die Bankenaufsicht konkret beim Verdachtsfall Insider-Handel des VOEST-Vorstandsvorsitzenden in die Wege geleitet?

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Der Finanzminister erinnerte daran, dass er die Finanzmarktsaufsichtsbehörde ersucht habe, die notwendigen Schritte zu setzen, und zwar überall dort, wo auch nur der leiseste Verdacht von Insiderhandel bestanden habe. Er bemerkte zudem, seitens des Vorstandsvorsitzenden sei mit dieser Thematik "schlecht umgegangen worden". Eine Verschärfung der straf- und verwaltungsrechtlichen Tatbestände solle in Zukunft verhindern, dass Insiderhandel zum Nachteil des Börsenplatzes als Kavaliersdelikt angesehen werde. (Schluss)


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