Parlamentskorrespondenz Nr. 722 vom 09.10.2003

RECHNUNGSHOF URGIERT GENERELLE REGELUNG FÜR REGIERUNGSWERBUNG

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Wien (PK) - Werbung für die Arbeit der Regierung ist zulässig, es sollte aber generelle Regelungen für die Öffentlichkeitsarbeit bzw. für Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung geben. Zu diesem Schluss kommt der Rechnungshof in einem seiner jüngsten Wahrnehmungsberichte, nachdem er die Informationskampagne der Regierung "Österreich neu regieren - Zukunft ohne Schulden" unter die Lupe genommen hatte. Mit den Prüfergebnissen beschäftigte sich heute der Rechnungshofausschuss des Nationalrates.

Die Regierung hat für ressortübergreifende Informations- und Werbemaßnahmen unter dem Titel "Österreich neu regieren - Zukunft ohne Schulden" von November 2000 bis Mai 2001 rund 4 Mill. € aufgewendet. Grundsätzlich hat der Rechnungshof dagegen nichts einzuwenden, er empfiehlt aber, klare Kriterien festzulegen, um in Zukunft Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen darüber zu vermeiden, welche aus Steuergeldern finanzierte Informations- und Werbemaßnahmen nun zulässig sind und welche nicht.

Unter anderem will der Rechnungshof festgehalten wissen, dass die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auch bei der Finanzierung von Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung gelten. Die Grenzen zwischen zulässiger und unzulässiger Finanzierung würden die Prüfer dann erreicht sehen, wenn der Sachinhalt eindeutig hinter die werbende Form zurücktritt. Außerdem wäre es ihrer Meinung nach erforderlich, dass die Bundesregierung bzw. das jeweilige Bundesministerium deutlich als Bundesregierung bzw. Bundesministerium in Erscheinung treten und der Eindruck einer werbenden Einflussnahme zu Gunsten einer Partei vermieden wird.

Weiters empfiehlt der Rechnungshof in seinem Bericht, die Bundesbeschaffungs GmbH mit dem zentralen Media-Einkauf zu befassen, weil durch höhere Auftragssummen auch höhere Rabatte erreicht werden könnten. Außerdem regte er an, geeignete Formen der Evaluierung in die Ausschreibungsbedingungen aufzunehmen, um die Wirksamkeit von Informations- und Werbemaßnahmen nachweisen zu können.

Während die Vertreter von SPÖ und Grünen die Forderung des Rechnungshofes nach allgemeinen Regeln für Werbe- und Informationsmaßnahmen der Regierung in der heutigen Sitzung unterstützten, äußerte sich Staatssekretär Franz Morak ablehnend. Er fürchtet, dass eng definierte Grundsätze die beauftragten Agenturen zu sehr einschränken würden, und machte geltend, dass Inhalte allein ohne entsprechende Form schwierig zu vermitteln seien. An die Rezipienten komme man beispielsweise oft nur über Personen heran, die für bestimmte Inhalte stehen. Schon im Wahrnehmungsbericht hatte das Bundeskanzleramt zu bedenken gegeben, dass detaillierte Grundsätze für Regierungswerbung die notwendige Flexibilität einschränken würden und einer effizienten Öffentlichkeitsarbeit abträglich wären.

Die vom Rechnungshof empfohlenen Grundsätze würden vom Bundeskanzleramt ohnehin eingehalten, versicherte Morak, das betreffe sowohl vergangene als auch zukünftige Werbemaßnahmen. Die unterschiedliche Beurteilung der Informationskampagnen führt er darauf zurück, dass Regierung und Opposition die Arbeit der Regierung naturgemäß anders beurteilten. Ein zentraler Media-Einkauf über die Bundesbeschaffungs GmbH wird dem Staatssekretär zufolge derzeit gerade geprüft.

Abgeordneter Günther Kräuter (S) zeigte kein Verständnis dafür, dass die vom Rechnungshof eingemahnten Spielregeln für Regierungswerbung vom Bundeskanzleramt abgelehnt würden. Auch die FPÖ habe bereits Zustimmung dazu signalisiert, meinte er. Laut Kräuter hat die VP-FP-Regierung seit Beginn ihrer Amtszeit pro Tag 23.000 € für Regierungswerbung ausgegeben.

Kräuters Kritik schlossen sich auch die SPÖ-Abgeordneten Kurt Gaßner, Gerhard Reheis und Ruth Becher an. Letztere warf der Regierung im Zusammenhang mit einem angekündigten und bis jetzt nicht realisierten österreichweiten Gesundheitsplan vor, vor der letzten Wahl einseitige Parteipropaganda auf Kosten des Steuerzahlers betrieben zu haben. Reheis sprach im Zusammenhang mit Inseraten zur Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung von einer Irreführung der Österreicherinnen und Österreicher.

Auch Ausschussvorsitzender Werner Kogler (G) äußerte Unverständnis für die Position des Bundeskanzleramtes. Er verstehe nicht, warum die Regierung die angebotene Hilfestellung des Rechnungshofes nicht annehmen wolle, sagte er. Kogler selbst sprach sich für noch striktere Regelungen als vom Rechnungshof empfohlen aus.

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (V) qualifizierte die Verdächtigungen der Opposition hingegen als "eigenartig". Für sie liegt es in der Natur der Sache, dass die Regierung ihre Arbeit so darstellt, wie sie, die Regierung, diese selbst sieht, und nicht so, wie die Opposition die Arbeit bewertet. Politik müsse beworben werden, erklärte Lentsch, wenn Bürger zu wenig informiert seien, seien sie skeptisch. Sowohl die ÖVP-Abgeordnete als auch Staatssekretär Morak wiesen darauf hin, dass im Jahr 2002 seitens des Bundeskanzleramtes 2,8 Mio. € für Informations- und Werbemaßnahmen ausgegeben worden seien, 1998 hingegen 10,3 Mio. €.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler unterstrich die Forderung des Rechnungshofes nach verbindlichen Regelungen für Regierungswerbung. Es müsse kein Gesetz sein, meinte er, eine Festschreibung gewisser Grundsätze erscheine ihm aber doch sehr wesentlich. Es bedürfe einer klaren Grenze zwischen Sachinformation und reiner Sympathiewerbung. Durch klare Richtlinien könnte sich die jeweilige Bundesregierung auf gesichertem Terrain bewegen, ohne ständig Vorwürfen der Opposition ausgesetzt zu sein. Fiedler gab zudem zu bedenken, dass sich der Rechnungshof, gerade weil es keine festgeschriebenen Richtlinien gebe, bei seinen Prüfungen schwer tue. Das vom Bundeskanzleramt ins Treffen geführte Argument der mangelnden Flexibilität hält Fiedler in diesem Zusammenhang für nicht angebracht.

Der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes mit der Nummer III-29 d.B. wurde vom Rechnungshofausschuss mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Auf die ursprünglich vorgesehene Debatte über den Bereich IT-gestützte Wirtschaftsgüterverwaltung im Verteidigungsministerium verzichteten die Abgeordneten.

Ebenfalls mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes mit der Nummer III-13 d.B.. Einstimmig vertagt wurden hingegen die Wahrnehmungsberichte über Teilgebiete der Gebarung des Bundes III-42 d.B. und III-51 d.B. (Schluss)