Parlamentskorrespondenz Nr. 743 vom 15.10.2003

DER KURS DER HEIMISCHEN KUNST

Kulturausschuss debattiert Kunstberichte 2001 und 2002

Wien (PK) - Die Kunstberichte 2001 und 2002 sowie eine aktuelle Aussprache, in der primär die Postenbesetzungen bei der Staatsoper und der "Diagonale" im Fokus standen, bildeten die Schwerpunkte der heutigen Sitzung des Kulturausschusses des Nationalrates.

Nach einem für die Kunst weniger erfreulichen Jahr 2000 konnten sich Bildende Kunst, Musik und Film 2001 über zum Teil beträchtliche Zuwächse bei den Subventionen freuen. Das Kunstbudget wuchs von 1,06 Mrd. S auf nunmehr 1,48 Mrd. S (107,5 Mill. Euro). Das geht aus dem Kunstbericht 2001 (III-19 d.B.) hervor. Nach einem für die Kunst überaus erfreulichem Jahr 2001 mussten Bildende Kunst, Musik, Literatur und Film 2002 jedoch zur kulturpolitischen Normalität zurückkehren. Hatte das Kunstbudget im Jahr 2001 noch 107,5 Mill. Euro betragen, so gab es 2002 nur noch 79,6 Mill. Euro, wie aus dem Kunstbericht 2002 (III-43 d.B.) hervorgeht.

Abgeordnete Anita Fleckl (S) monierte eine adäquate Infrastruktur für KünstlerInnen. Diese bräuchten entsprechende Rahmenbedingungen, um ihre Kunst den Konsumenten nahe bringen zu können. Durch die Sparpolitik der Regierung werde ihnen dieses Umfeld jedoch genommen. Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) beklagte, dass behinderte Menschen oftmals keine Möglichkeit hätten, Kultur in Anspruch zu nehmen. Abgeordnete Terezija Stoisits (G) sah die Lage für die einzelnen Künstler eher angespannt und meinte, der Staat könne seine Förderung des Kulturbetriebs nicht einschränken, da Private nicht einspringen würden. Daher brauche es verstärkte Aktivitäten zugunsten der Künstler. Auch Abgeordnete Christine Muttonen (S) sah die Strukturen der heimischen Kunst ausgedünnt und mahnte rasches Gegensteuern ein.

Abgeordnete Andrea Wolfmayr (V) bezeichnete hingegen die Künstler als die Hauptadressaten der Kulturpolitik und verwies auf zahlreiche Initiativen, die von der Regierung in dieser Hinsicht gesetzt worden seien. Abgeordnete Carina Felzmann (V) lobte die Maßnahmen der Bundesregierung zur Buchpreisbindung, deren vorbildhafte Wirkung allgemein anerkannt werde. Felzmann fragte, inwieweit es zu einer europäischen Lösung auf diesem Gebiet kommen könne. Die Abgeordneten Hermann Schultes und Günther Hütl (beide V), Ulrike Königsberger-Ludwig und Andrea Kuntzl (beide S) befassten sich in ihren Wortmeldungen mit der Regionalkultur respektive mit der Förderung regionaler Kunstinitiativen. Abgeordneter Hermann Krist (S) kam auf die Galerienförderung zu sprechen.

Die Abgeordneten Georg Keuschnigg (V) und Bettina Stadlbauer (S) setzten sich mit Fragen künstlerischer Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten auseinander, dabei auch auf die EU-Integration in diesem Zusammenhang eingehend. Die Abgeordnete Mares Rossmann (F) hob den touristischen Effekt der heimischen Kultur hervor und meinte, die Regierung habe vorbildlich gearbeitet. Die Kultur habe einen neuen Stellenwert erhalten, man könne eine Erfolgsbilanz ziehen. Abgeordneter Gerhard Reheis (S) wünschte sich eine bessere Vergleichbarkeit der in den Berichten genannten Zahlen.

Was die Künstlerförderung versus die Infrastrukturförderung betrifft, so werde dies ein ewiger Zwiespalt sein und diese Frage sei zudem immer umstritten, meinte Staatssekretär Franz Morak. Sein Ressort habe die Entscheidung getroffen, vermehrt in die Direktförderung hineinzugehen; dies sei ein wichtiger Ansatz.

In Bezug auf die Wortmeldung der Abgeordneten Haidlmayr wies Morak darauf hin, dass sein Ressort nicht ganz untätig gewesen sei. Er nehme jedoch ihre Sorgen sehr ernst und er werde dieses Thema noch einmal in Gesprächen mit allen Theaterdirektoren ventilieren. Bei der Adaptierung von Kulturstätten habe man allerdings schon darauf geachtet, einen barrierefreien Zugang zu schaffen, betonte er. In Richtung der Abgeordneten Andrea Wolfmayr führte der Staatssekretär aus, dass bei der Buchpreisbindung eine gute Lösung gefunden wurde, die sogar als Vorbild für das deutsche Modell genommen wird. Die Regelung, die nach fünf Jahren ausläuft, soll auch in Zukunft weiter bestehen; bisherige Ergebnisse sollen eingearbeitet werden. Hinsichtlich des Verkaufs des ÖBV wies Morak darauf hin, dass ein österreichischer Anteil an der Verlagsarbeit gesichert sei. Es wurde auch festgelegt, dass es ein österreichisches Lektorat geben muss.

Was die Filmstipendien angeht, so können diese noch nicht im Bericht vorkommen, da sie 2003 erstmals eingeführt wurden. Es gebe zehn Stipendien, die mit insgesamt 95.000 € gefördert werden. Grundsätzlich zeigte sich Morak erfreut darüber, dass so viel Geld wie noch nie zur Verfügung stehe. Die Kunst- und Filmförderung wurde nicht angetastet, es gebe sogar 7,5 Mill. € mehr für den Film. Die Förderung von Kulturinitiativen sei zwar zunächst etwas zurückgegangen, die Gelder wurden aber 2003 um 15 % aufgestockt, führte Morak weiter aus. Außerdem gebe es Förderungen auch über andere Töpfe, wie etwa die Galerienförderung.

Sodann nahm Morak noch zur Finanzierung der Literaturhäuser Stellung. Das erste Literaturhaus sei in Wien entstanden und wurde damals (wie heute) zu 100 % vom Bund bezahlt. Inzwischen gebe es aber weitere Häuser in den Bundesländern, z.B. in Graz, Klagenfurt und Krems, die zum Großteil von den Städten und den Ländern unterstützt werden. Es müsse daher die Frage zulässig sein, ob nicht auch Wien einen Beitrag zum Literaturhaus leisten könne. Insgesamt habe es leichte Kürzungen im Jahr 2000 gegeben, seitdem sind die Zahlungen aber gleich geblieben. Außerdem wurde eine Reihe von Sonderprojekten gefördert.

Morak ging auch noch auf die Galerienförderung ein. In diesem Zusammenhang machte er darauf aufmerksam, dass hier ein transparentes System geschaffen wurde. Die Museen müssen Buch führen und veröffentlichen dann jährlich, bei welchen Galerien sie einkaufen. Schließlich informierte Morak noch darüber, dass die Artothek gut laufe. Zum ersten Mal werde konsequent aufgearbeitet, welche Kunstwerke es gebe. Auf Grund der Auslagerung konnten auch die Kosten gesenkt werden, und zwar von 273.000 € (2001) auf ca. 150.000 € (ab September 2002).

Beide Berichte wurden mit V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

DISKUSSION ÜBER POSTENBESETZUNGEN BEI DIAGONALE UND STAATSOPER

Danach stand noch eine Aussprache über aktuelle Fragen auf der Tagesordnung, bei der vor allem die Postenbesetzungen bei der Diagonale (die Abgeordneten Gertrude Brinek, V, Andrea Wolfmayr, V, Andrea Kuntzl, S, Terezija Stoisits, G, Bettina Stadlbauer, S) sowie in der Staatsoper (Abgeordnete Christine Muttonen, S, und Ingrid Turkovic, V) zur Sprache kamen. Während die Vertreterinnen der Regierungsparteien die Vorgangsweise verteidigten, meinte etwa Abgeordnete Kuntzl, dass die Art und Weise der Entscheidungsfindung einen tiefen Riss in der bis dato gut funktionierenden österreichischen Filmszene verursacht hat. Die Abgeordnete Christine Muttonen sprach von einer schiefen Optik, die bei der Vertragsverlängerung des Staatsoperndirektors Holender entstanden sei, da wieder keine öffentliche Ausschreibung durchgeführt wurde. Abgeordnete Ingrid Turkovic war der Auffassung, dass keine Ausschreibung notwendig war. Außerdem leiste Holender großartige Arbeit, die weltweit anerkannt werde. Abgeordnete Carina Felzmann (V) hob zudem noch hervor, dass kürzlich der erste Bericht der österreichischen Kreativwirtschaft fertig gestellt wurde.

Staatssekretär Franz Morak verteidigte die Bestellung Holenders, sei dieser doch einer der besten Operndirektoren der Welt. Bei der "Diagonale" habe es eine internationale Ausschreibung gegeben, an der sich jeder beteiligen konnte. Ein hochrangiges Auswahlgremium habe sodann eine Entscheidung getroffen. Insbesondere verteidigte der Staatssekretär die Bestellung Miroljub Vuckovics, eines international ausgewiesenen Experten, dessen Bestellung mehr Internationalität und die erforderliche Öffnung des Festivals garantiere. Österreich stehe im Kontext der Länder Ostmitteleuropas, und mit Vuckovic, der im Übrigen sehr gut Deutsch spreche, habe man eine gute und tragfähige Basis für die "Diagonale" gefunden, so Morak.

Vertagt wurden zwei Anträge der Abgeordneten Christine Muttonen (S), die einerseits in einem Entschließungsantrag (59/A [E]) auf Vorlage eines Berichtes über die Auswirkungen des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes auf die soziale Lage der Künstler drängt - dieser Bericht soll dem Parlament als Entscheidungsgrundlage für eine Novelle des diesbezüglichen Gesetzes dienen -, und andererseits ein Maßnahmenpaket zur Förderung des heimischen Filmes, insbesondere die Anhebung des Budgets des Österreichischen Filminstitutes auf ein im EU-Vergleich entsprechendes Niveau (60/A [E]) verlangt. (Schluss)