Parlamentskorrespondenz Nr. 752 vom 17.10.2003

ERSTER BERICHT DER NEUEN BUNDESWETTBEWERBSBEHÖRDE

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Wien (PK) - Die neue Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die ihre Tätigkeit mit 1. Juli 2002 aufgenommen hat, legte kürzlich ihren ersten Tätigkeitsbericht vor, den Wirtschaftsminister Bartenstein dem Nationalrat übermittelt hat (III-58 d.B.). Die Behörde wurde eingerichtet, um für einen funktionierenden Wettbewerb sowie dafür zu sorgen, dass das Kartellgesetz in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht und im Zusammenhang mit Entscheidungen der Regulatoren angewendet wird. Zudem ist die BWB für die Durchführung der Europäischen Wettbewerbsregeln zuständig; sie unterstützt die Europäische Kommission und wirkt mit ihr zusammen.

In den 1.609 Fällen (567 nationale Wettbewerbsfälle, 557 Europäische Wettbewerbsfälle und 485 sonstige Angelegenheiten), die die BWB im Berichtszeitraum 1.6.2002 bis 30.6.2003 zu bearbeiten hatte, bemühte sie sich nach eigenen Angaben grundsätzlich, darum, Probleme bereits im verwaltungsbehördlichen Vorfeld zu lösen. Der Leser des Berichts erfährt, wie auf wettbewerbsrechtlich bedenkliche Äußerungen und Aktionen mit Ladungen, Aufforderungen zur Stellungnahme und persönlichen Gesprächen reagiert wird, was meist zur Beendigung des Missstandes führt. Im Finanzdienstleistungsbereich wurden wegen behaupteter Kartellabsprachen umfangreiche Auskunftsverlangen gestellt, Gespräche mit der Finanzmarktaufsicht geführt und spürbar gegengesteuert. Gegen ein Medienunternehmen wurde ein Bußgeld beantragt. In einem Fall sei der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung allerdings auch gerichtlich festgemacht worden.

In großen und umstrittenen Zusammenschlussfällen wie der "Österreichischen Gaslösung" und der "Österreichischen Stromlösung" lud die Behörde Beteiligte, Regulatoren, Sozialpartner und betroffene Unternehmer zu gemeinsamen Erörterungen des jeweiligen Falles ein, wobei Missverständnisse fast immer geklärt und konsensuale Erledigungen vorbereitet werden konnten. In den wenigen Fällen von Zusammenschlüssen, bei denen es nicht gelang, im Vorfeld für notwendige Modifizierungen, Klarstellungen und Berichtigungen zu sorgen, wurde ein Prüfungsverfahren vor dem Kartellgericht durchgeführt, berichtet die Bundeswettbewerbsbehörde.

Weiters berichtet die Bundeswettbewerbsbehörde über die Ausarbeitung eines Formblattes für Zusammenschlussanmeldungen in Zusammenarbeit mit dem Bundeskartellanwalt sowie der KommAustria unter Einbindung der Studienvereinigung Kartellrecht.

EINE NEUE BEHÖRDE MIT NEUEN AUFGABEN UND ZU WENIG PERSONAL  

Die weisungsfreie und unabhängige Bundeswettbewerbsbehörde ist als Aufgriffs- und Ermittlungsbehörde gestaltet. Sie ist Amtspartei in allen kartellgerichtlichen Verfahren, hat eine monokratische Organisation und wird von einem unabhängigen und weisungsfreien Generaldirektor - derzeit Univ.-Prof. Dr. Dr. Walter Barfuß -

geleitet, der vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung auf fünf Jahre bestellt wurde. Für förmliche Entscheidungen ist das Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht und der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht zuständig.

Stark zugenommen habe in letzter Zeit der Umfang ihrer Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission sowie mit den nationalen Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten, der EU-Beitrittsländer sowie mit nationalen Wettbewerbsbehörden anderer Staaten, berichtet die Bundeswettbewerbsbehörde. In dem im Aufbau befindlichen "Netzwerk der Wettbewerbsbehörden" werde das EG-Wettbewerbsrecht verstärkt angewendet und die nationalen Kartell- und Marktmissbrauchsregeln faktisch verdrängt. Innerhalb des Netzwerks spiele die BWB eine anerkannte Rolle und werde erfreulich oft von Dienststellen und Einrichtungen der Beitrittsländer sowie von Universitäten in Anspruch genommen.

Verbesserungsbedarf ortet die BWB allerdings bei der Personalausstattung und weist auf die mit 1. Mai 2004 wirksam werdende Dezentralisierung des Vollzugs des Europäischen Wettbewerbsrechts hin. Zur Bewältigung der Aufgaben, die die Kommission dann an die nationalen Wettbewerbsbehörden übertragen wird, werde man mit den insgesamt 21 Personen, die derzeit inklusive Generaldirektor und Geschäftsstellenleiter in der BWB arbeiten, nicht das Auslangen finden - Personalmaßnahmen sind unausweichlich, heißt es dazu im Bericht der Wettbewerbsbehörde. (Schluss)