Parlamentskorrespondenz Nr. 853 vom 12.11.2003

QUALITÄTSSTEIGERUNG FÜR FACHHOCHSCHULEN

----

Wien (PK) - Mit Wissenschaftsthemen befasste sich der Nationalrat in den Abendstunden der Plenarsitzung am Mittwoch. Auf der Tagesordnung standen zum einen Anpassungen des Fachhochschulstudiengesetzes an die Entwicklungen im Universitätsbereich und zum anderen die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Slowakei auf dem Gebiet der Wissenschaft und Erziehung im Rahmen der Aktion Österreich-Slowakei.

Abgeordneter BROUKAL (S) hielt fest, die Geschichte der Fachhochschulen sei eine Erfolgsgeschichte, "mit kleinen Einschränkungen, aber doch". Nunmehr komme es aber auch in diesem Bereich zu Einsparungen, bedauerte er.

Die vorliegende Novellierung des Fachhochschul-Studiengesetzes wird die SPÖ, wie Broukal ankündigte, ablehnen, obwohl er darin einige Verbesserungen sieht. Allerdings glaubt er, dass der große Bedarf an Fachhochschul-Studienplätzen nicht adäquat berücksichtigt und der Zugang zu Fachhochschulen ohne Matura zu wenig gefördert wird. Zudem macht es seiner Ansicht nach keinen Sinn, bei Fachhochschulen weiter nur eine regionale Bedarfsdeckung zuzulassen. Besondere Kritik übte Broukal an der künftigen Ermächtigung für Fachhochschulen, Studiengebühren einzuführen. Die SPÖ fordert ihm zufolge 10.000 neue Studienplätze an Fachhochschulen bis 2008.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) wies die Ausführungen ihres Vorredners zurück. Es stimme nur bedingt, dass Fachhochschul-Studienplätze fehlen, meinte sie, zum Teil liege die Nachfrage unter dem Angebot. Überdies ist es ihr zufolge allen Beteiligten ein großes Anliegen, atypische Zugänge zu Fachhochschulen zu fördern. Brinek erläuterte die Neuerungen im Fachhochschul-Studiengesetz im Detail und machte unter anderem auf die Einführung von Qualitätsmanagement an Fachhochschulen aufmerksam. Generell zeigte sie sich über den Anstieg der Akademikerquote in Österreich erfreut.

Brinek brachte namens der Koalitionsparteien auch einen Abänderungsantrag ein. Demzufolge haben Fachhochschulen künftig die Möglichkeit, analog zu Universitäten Lehrgänge zur Weiterbildung anzubieten.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) räumte ein, dass die Geschichte der Fachhochschulen eine Erfolgsgeschichte sei, er ortet dennoch einige Mängel. So fehlen ihm beispielsweise erkennbare Strategien sowie ein General- und Gesamtplan im tertiären Bildungssektor. Es gebe keine Abstimmung zwischen Universitäten und Fachhochschulen, kritisierte er. Positiv bewertete Grünewald hingegen die Erhöhung des Frauenanteils an Fachhochschulen.

Zur vorliegenden Gesetzesänderung merkte Grünewald an, die Grünen könnten punktuell zustimmen, lehnten die Novelle insgesamt aber ab. Besonders kritisierte er, dass das neue Gesetz die Einhebung von Studiengebühren auch jenen Standorten geradezu offeriere, die bisher davon absehen hätten. Als positiven Punkt der Novelle nannte er die Einführung von Qualitätsmanagement.

Für Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) sind Fachhochschulen offensichtlich ein Erfolgskurs. Besonders erfreut äußerte sie sich über den Anstieg von weiblichen Studierenden an Fachhochschulen. Der Erfolg komme aber nicht von selber, sagte Achleitner, einen wesentlichen Anteil daran habe der Sonderfinanzierungsplan der Regierung.

Eine Besonderheit der Fachhochschulen ist laut Achleitner die praxisbezogene Ausbildung auf Hochschulniveau und der in der Wirtschaft bestehende Bedarf an Fachhochschulabsolventen. Vor diesem Hintergrund warnte sie vor einer "wahllosen" Ausweitung des Angebots und betonte, Qualität müsse über Quantität stehen.

Bildungsministerin GEHRER wies darauf hin, dass es, nicht zuletzt durch das Sonderprogramm der Regierung, nunmehr 136 Fachhochschul-Studiengänge und rund 21.000 Studierende an Fachhochschulen gebe. Ein Drittel der derzeit bestehenden Studiengänge sei berufsbegleitend.

Bedauern äußerte Gehrer darüber, dass die Opposition den Fachhochschul-Entwicklungsplan 3 nicht unterstütze. Sie zeigte sich optimistisch, dass damit die von der SPÖ geforderten 10.000 zusätzlichen Fachhochschul-Studienplätze bis zum Jahr 2009/2010 erreicht werden können. Weitere Punkte des Plans sind ihr zufolge verstärkte Internationalität, die Einführung überregionaler Bedarfserhebungen, eine Forcierung der Forschung, die Erhöhung der Anzahl der Absolventen aus berufsbegleitenden Fachhochschul-Studiengängen und die Erhöhung weiblicher Studierender vor allem in technischen Studiengängen.

Gehrer unterstrich allerdings, dass vor einem weiteren Wachstum der Fachhochschulen eine gewisse Konsolidierung notwendig sei. So müsse etwa geprüft werden, ob nicht Doppelgleisigkeiten abzubauen sind. Im Studienjahr 2002/03 hat es Gehrer zufolge bei immerhin 30 % aller Studiengänge weniger Anfänger gegeben, als vom Fachhochschulrat bewilligt worden sind.

Abgeordnete BAYR (S) hört hingegen, wie sie sagte, "die Alarmglocken läuten". Insbesondere äußerte sie Zweifel daran, ob das Ziel der Regierung, bis zum Jahr 2009/2010 30.000 Studienplätze anzubieten, in Anbetracht eines ihrer Ansicht nach fehlenden Finanzierungsplans zu erreichen ist. Die Pläne der Regierung gehen nach Meinung Bayrs außerdem sowohl an den Bedürfnissen der Studierenden als auch an jenen des Arbeitsmarktes vorbei.

Bayr brachte einen Entschließungsantrag ein, der die Vorstellungen der SPÖ hinsichtlich einer Offensive im Fachhochschulbereich enthält. Die SPÖ wünscht sich unter anderem einen erleichterten Zugang für Frauen zu Fachhochschulen, insbesondere zu technischen Studiengängen, und eine bessere Durchlässigkeit der Bildungsangebote.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) machte dem gegenüber geltend, dass die Regierung bereits in der Vergangenheit großes Augenmerk darauf gelegt habe, dass auch Menschen ohne Matura Fachhochschulen besuchen können. Diese Personengruppe sei an Fachhochschulen erwünscht, bekräftigte sie, das Hauptproblem liege aber meist darin, dass sich die Betroffenen nicht trauten, bei den Aufnahmeprüfungen anzutreten. Hakl sieht daher die Notwendigkeit, Hemmschwellen abzubauen und im Sinne eines "Empowerments" Betroffenen Mut zu machen. Kein Verständnis zeigte Hakl für die Ablehnung der vorliegenden Gesetzesnovelle durch die Opposition.

Abgeordneter Dr. NIEDERWIESER (S) betonte, die SPÖ lehne zwar die vorliegende Gesetzesänderung ab, nicht aber die Fachhochschulen selbst. Im Gegenteil unterstütze die SPÖ diesen Sektor durch eigene Konzepte. In der vorliegenden Gesetzesnovelle sei zwar keine verpflichtende Einführung von Studiengebühren an Fachhochschulen vorgesehen, räumte Niederwieser ein, er fürchtet aber, dass die Fachhochschulen durch mangelnde Finanzierung bald nicht darum herumkommen werden. Für notwendig erachtet der Abgeordnete eine verstärkte Kontrolle der Bildungsqualität an Fachhochschulen.

Abgeordnete Dr. BLECKMANN (F) klagte, "recht machen kann man es der Opposition nie". Sie wies auf die zusätzlichen Geldmittel hin, die heuer und im nächsten Jahr den Fachhochschulen zur Verfügung stehen werden. Bleckmann forderte die Opposition auf, sich bei der Erstellung des Fachhochschul-Entwicklungsplans 3 einzubringen und nicht vorab Kritik zu üben. 

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) hielt fest, ein wesentlicher Grund, warum die SPÖ die vorliegende Gesetzesänderung ablehne, sei die Einführung der Studiengebühren auch für Fachhochschulen. Sie gab zu bedenken, dass sich nach Einführung der Studiengebühren an den Universitäten die soziale Zusammensetzung von StudienanfängerInnen geändert habe. Vor allem Frauen aus bildungsfernen und einkommensschwachen Schichten seien in größerem Ausmaß betroffen. Ein wesentliches Anliegen ist Kuntzl die Erhöhung des Frauenanteils an Fachhochschulen vor allem auch in technischen Bereichen. Die Frauen hätten zwar aufgeholt, skizzierte sie, aber ihr Anteil an den Studierenden sei nach wie vor nicht zufrieden stellend.

Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) wies darauf hin, dass der "boomende" Fachhochschulsektor in ständiger Entwicklung sei und den jeweils aktuellen Bedürfnissen angepasst werden müsse. Positiv wertete sie, dass Fachhochschul-Erhalter in Zukunft verpflichtet sind, ein eigenes Qualitätsmanagement zu etablieren. Ausdrückliches Lob äußerte sie für die Grazer Fachhochschule Joanneum.

Abgeordneter KRAINER (S) erkundigte sich zunächst danach, warum es so lange gedauert habe, bis das Protokoll betreffend die Wissenschaftskooperation mit der Slowakei dem Parlament zugeleitet wurde. Grundsätzlich sagte Krainer der Bundesministerin die Unterstützung für den Ausbau des bilingualen Schulwesens sowie für die Schaffung von ganztägigen Schulformen zu. Außerdem wünschte er sich, dass die Austauschprogramme im Bereich der Fachhochschulen genauso reibungslos funktionieren wie bei den  Universitäten; dafür sei jedoch eine Änderung des Fremdenrechts erforderlich. Schließlich wiederholte Krainer seine Forderung nach Abschaffung der "unsozialen Studiengebühren".

Abgeordneter Dr. BRADER (V) wies seinen Vorredner darauf hin, dass es bereits jetzt die Möglichkeit gebe, Ganztagsschulen einzurichten. Persönlich halte er nicht sehr viel davon, weil er der Auffassung sei, dass eine Wahlmöglichkeit bestehen bleiben sollte. Sodann befasste er sich mit der Fortführung der bilateralen Wissenschafts- und Erziehungskooperation mit der Slowakei. Was vor zehn Jahren als Hilfsmaßnahme begonnen habe, sei inzwischen ein passables Projekt geworden, konstatierte Prader. Er wies weiters darauf hin, dass auch mit der Tschechischen Republik und mit Ungarn derartige Projekte bestehen, was gerade angesichts der bevorstehenden EU-Erweiterung von großer Bedeutung sei. 

Angesichts der Studentenzahlen war es keine Überraschung, dass die budgetäre Ausstattung der Fachhochschulen nicht ausreichend war, meinte Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S). Er befürchte, dass auch im Bildungs-, Forschungs- und Wissenschaftsbereich finanzielle Nachbesserungen notwendig sein werden. Auch wenn die Fachhochschulen insgesamt ein Erfolgsprojekt sind, sei es immer wieder erforderlich, auf die Qualitätssicherung zu achten, warnte Gartlehner. Außerdem wünschte er sich ein höheres Angebot an Studienplätzen sowie einen Ausbau der Mitbestimmungsmöglichkeiten an den Fachhochschulen. 

Abgeordneter KURZBAUER (V) hielt der Abgeordneten Kuntzl entgegen, dass der Anteil der Frauen seit Einführung der Studiengebühren nicht zurückgegangen, sondern im Gegenteil sogar von 30 auf 37 % gestiegen sei. Einen deutlichen Anstieg der Frauenquoten habe es auch bei den technischen Studienrichtungen gegeben, zeigte Kurzbauer auf. Sodann erläuterte er den Inhalt des Abkommens zwischen Österreich und der Slowakei auf der Ebene der Wissenschafts- und Erziehungskooperation.

Die Fachhochschulen seien ein durchaus gelungenes Werk aus den 90er-Jahren, urteilte Abgeordneter Dr. RADA (S), auch wenn er zu Beginn diesen Vorhaben durchaus kritisch gegenüber gestanden sei. Seine Fraktion könne jedoch der heutigen Vorlage nicht zustimmen, weil es nicht gelungen sei, ein flächendeckendes Angebot an Fachhochschulstudiengängen zu gewährleisten. Auch für die Berufstätigen wurde der Zugang nicht erleichtert, sondern sogar erschwert, bemängelte Rada. Bedauerlich sei auch, dass es oft an den notwendigen Ausbildungsplätzen für die vorgeschriebenen Unterrichtspraktika fehle.

Abgeordneter ZWEYTICK (V) sprach im Zusammenhang mit den Fachhochschulen von einer Erfolgsstory und von einem interessanten, spannenden  Projekt. In der Zukunft werde es jedoch notwendig sein, dass sich das Fachhochschulwesen ständig anpasst und flexibel auf die jeweiligen Anforderungen reagiert. Schließlich verteidigte Zweytick die Einführung von Studiengebühren, da Bildung etwas wert sein müsse.

Es sei bewiesen, dass die Studiengebühren eine Barriere darstellen, konstatierte Abgeordnete Mag. TRUNK (S). Angesichts der niedrigen Akademikerquoten in Österreich spreche sich ihre Fraktion gegen jede Form der Barriere aus. Sie setzte sich dafür ein, Fachhochschulen vor allem im ländlichen Raum zu errichten und machte sich insbesondere stark für den Standort Wolfsberg.

Mit dem Fachhochschulstudiengesetz 1993 wurde der Grundstein für eine dynamische hochschulpolitische Entwicklung gelegt und dieser Erfolg sei untrennbar mit Bundesministerin Gehrer verbunden, betonte Abgeordneter DI HÜTL (V). Im Besonderen wies der Redner auf die Fachhochschule Wieselburg hin, wo ein zukunftsorientierter Studiengang im Bereich Produkt- und Projektmanagement eingerichtet wurde. 

Bei der getrennten Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung eines V-F-Zusatz- bzw. Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen; der S-Entschließungsantrag betreffend Offensive für Fachhochschulen verfiel der Ablehnung. Einstimmig wurde sodann das Protokoll mit der Slowakei genehmigt.

(Schluss Wissenschaft/Forts. NR)