Parlamentskorrespondenz Nr. 960 vom 10.12.2003

RAUCH-KALLAT: GESUNDHEITSREFORM IM JULI NÄCHSTEN JAHRES PLENUMSREIF

Aktuelle Aussprache im Sozialausschuss

Wien (PK) – Nur einen Punkt gab es auf der Tagesordnung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, nämlich die Aussprache über aktuelle Fragen aus dem Arbeitsbereich des Ausschusses. Die Fragen der Ausschussmitglieder richteten sich an Ministerin Rauch-Kallat, Ressortleiter Herbert Haupt und Bundesminister Martin Bartenstein.

Der erste Teil der Aussprache war Fragen der Gesundheitspolitik gewidmet.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) befasste sich mit der aktuellen Situation der über 55-jährigen Frauen auf dem Arbeitsmarkt, wollte wissen, wie viele Frauen über 55 arbeitslos sind, erkundigte sich nach Daten, wie viele Frauen von Verschlechterungen der Pensionsreform betroffen sein werden, sowie nach dem geplanten Pensionssplitting und sprach die Harmonisierung an. In diesem Zusammenhang fragte sie nach der Schaffung eines beitragsorientierten Pensionskontos und der Berücksichtigung von Mutterschutz-, Kindererziehungs- und Familienhospizzeiten.

F-Abgeordneter Maximilian Walch kam auf das Problem der unterschiedlichen Krankenversicherungsbeiträge zu sprechen.

Abgeordneter Walter Tancsits (V) erkundigte sich nach dem Zeitplan und den beabsichtigten Maßnahmen der Gesundheitsreform.

Die Fragen des Abgeordneten Karl Öllinger (G) betrafen den Gesundheitsdialog, die Reform des Hauptverbandes aufgrund des Erkenntnisses des VfGH und die Gesundheitsagenturen.

Die Vorsorge für Kinder und die betriebliche Gesundheitsvorsorge sprach Abgeordnete Ridi Steibl (S) an.

Abgeordnetem Manfred Lackner (S) waren die Gesundheitreform, das Heilmittelkostensenkungsprogramm und die Harmonisierung ein Anliegen.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) hinterfragte die Chefarztpflicht, die Aufklärung der Patienten über die Heilmittel und die Chipkartenausschreibung.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) bezog sich in seiner Wortmeldung auf die Chefarztpflicht, eine breitere Leistungsangebotsplanung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, das Arbeitszeitgesetz für Gesundheitsberufe und die Gesundheitsagenturen.

Abgeordneter Franz Riepl (S) kam auf die 60. ASVG-Novelle zu sprechen, in der das Alter für die Jugendlichen-Untersuchungen von 19 Jahren auf 18 Jahre herabgesetzt wurde, und wollte wissen, was angesichts der bevorstehenden neuen Hauptverbandsregelung mit den Verträgen von Hartinger und Schörghofer passieren werde.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat erklärte im Rahmen ihrer Beantwortung u.a., dass die Generation von Frauen, die jetzt ins Berufsleben eintritt, weitaus besser qualifiziert ist als die Frauengenerationen davor; auch wollen Frauen, die eine längere und bessere Ausbildung haben, nicht generell aus dem Beruf aussteigen. Daher sei es ein Anliegen der Regierung, den Frauen den Ausstieg wegen der Familienphase „so fair wie möglich zu gestalten“; trotz allem müsse die Regelung finanzierbar bleiben. Die Mutterschutzzeiten werden wie die Erwerbszeiten behandelt und somit in Zukunft beitragsorientiert angerechnet. Auch meinte Rauch-Kallat, sofern die finanziellen Mittel vorhanden sind, würde sie sich bei Bestehen des beitragsorientierten Pensionskontos weniger Kinderbetreuungsgeld und dafür eine Anhebung der Versicherungsleistung wünschen. Das in der Fragerunde angesprochene Pensionssplitting sollte bei aufrechter Ehe eine verpflichtende Maßnahme sein. Auch trat sie dafür ein, den Zugang zum Kinderbetreuungsgeld und die Berechnungsmodalitäten zu vereinfachen.

Noch nie war der Anteil der beschäftigten Frauen in Österreich so hoch wie jetzt; Österreich liege weit über den EU-Durchschnitt. Die Ressortleiterin räumte aber ein, dass dies zu einem hohen Teil auf die Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse zurückzuführen sei.

Man rechne damit, dass es ab 2007 einen Arbeitskräftemangel geben werde und dann stünden die Chancen für Frauen über 55 Jahre, im Beschäftigungsprozess bleiben zu können, gut, meinte die Ministerin.

Im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform betonte Rauch-Kallat, es handle sich derzeit um ein „an sich gutes System, das allerdings Schwächen habe und Versorgungslücken aufweise“. Um das System finanzierbar zu halten und die Lücken zu schließen, bedürfe es einer Reform. Ende Oktober wurde ein Gesundheitsdialog geführt, der am 10. November fortgesetzt wurde. 12 Gesundheitsdialoge werden tagen, der erste finde am 17. Dezember mit dem Thema „Kundenorientiertes Gesundheitssystem“ im Ministerium statt; hiefür gebe es bereits 60 Anmeldungen. Alle anderen tagen ab Jänner kommenden Jahres. Die Ressortchefin ging davon aus, dass bis Ende März die Reformdialoge abgeschlossen sein werden, parallel dazu werde ein Begutachtungsentwurf erarbeitet, der vor Ostern in Begutachtung gehen werde; die Begutachtungsfrist werde mindestens vier Wochen betragen. Der Ministerratsbeschluss sei für Mai in Aussicht genommen, die parlamentarische Behandlung für Mai/Juni geplant, sodass das Gesetz Mitte Juli vom Nationalrat verabschiedet werden könne.

„Gesundheit ist nichts Selbstverständliches und in den meisten Fällen nicht etwas Unabänderliches“, sagte Rauch-Kallat und wies darauf hin, dass sich viele Dinge durch vernünftige Lebensweise korrigieren bzw. bessern lassen. In der achten Schulstufe wolle man einen Schwerpunkt setzen; die achte Schulstufe wurde deshalb gewählt, weil der Jugendliche in diesem Alter Verantwortung für sich übernehme, fügte die Bundesministerin an. In den Projekttagen bzw. in der Projektwoche wolle man die Schüler über Ernährung, Bewegung, Stressabbau, den Umgang mit legalen und illegalen Drogen, Unfallverhütung, medizinische Versorgung, vor allem über die Zahngesundheit und über Impfungen, sowie über sexuelle Kontakte und über Aids informieren. Außerdem erhalten die 14-Jährigen einen Gesundheitspass und ein Begleitheft, in dem auf verschiedene Homepages hingewiesen werde. Ein bundesweiter Schulärzte/innen-Kongress werde am 14. Jänner in Linz stattfinden.

Die Gesundheitsagenturen befinden sich um Diskussionsstadium. Derzeit arbeite man an einem Konzept, das im Reformdialog im Jänner/Feber kommenden Jahres diskutiert werden soll; man werde auch über die Finanzierungsströme reden.

Im Hinblick auf die von der Ärztekammer und dem Hauptverband ausgearbeitete Richtlinie für eine ökonomische Verschreibweise teilte die Ressortleiterin mit, dass die Ärztekammer Schulungen für die Umsetzung dieser Richtlinie anbiete; Ärzte, die sich an diese Richtlinie halten, werden nur stichprobenartig kontrolliert werden.

Die Patienten werden aufgrund einer gemeinsamen Initiative der Ärztekammer, der Apothekerkammer, der Pharmaindustrie, dem Generika-Verband und den Sozialversicherungen über das Arzneimittelpaket informiert werden. In Hinkunft werde der Arzt auch das Beratungsgespräch bei einer Medikamentenumstellung honoriert bekommen. – Diese Maßnahme wurde von V-Abgeordnetem Karl Donabauer in einer Wortmeldung ausdrücklich begrüßt.

Zur Chipkarte führte Rauch-Kallat aus, eine zusätzliche Bankomatlösung sei zwar theoretisch möglich, aber nicht zwingend notwendig. Man sei übereingekommen, dass die Gesundheitskarte eine Schlüsselkarte wird. Demnach können die Daten erst mittels Karte und einer doppelten Zugangsberechtigung abgefragt werden.

Zu Abgeordnetem Riepl meinte sie, auf dieses Problem habe auch schon die Gewerkschaftsjugend aufmerksam gemacht. Daher werde man eine Gesetzesänderung ins Auge fassen, wonach die Erwachsenen-Untersuchungen bereits mit 18 Jahren in Anspruch genommen werden können.

Die Verträge von Hartinger und Schörghofer sind nicht auf vier Jahre abgeschlossen und laufen mit September 2005 aus. Rauch-Kallat machte auch darauf aufmerksam, dass der VfGH keine Bedenken zur Zahl der Geschäftsführer äußerte. Man werde einen/eine Fachmann/frau u.a. für den Chipkartenbereich brauchen. (Forts.)