Parlamentskorrespondenz Nr. 128 vom 25.02.2004

AUSSENPOLITISCHE THEMEN IM NATIONALRAT

Konsulargebühren, Abkommen, Friedensprozess in der Westsahara

Wien (PK) - Außenpolitische Themen standen in den Abendstunden im Mittelpunkt der Debatte des Nationalrats.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) erkannte in dem Abkommen mit der Slowakei die Handschrift der Außenministerin und meinte anerkennend, die Weichenstellung in Richtung einer regionalen Partnerschaft sei eine wegweisende Entscheidung Ferrero-Waldners gewesen. Wenn man Brücken zur rechten Zeit schlägt, dann könne man auch darüberschreiten, wenn es darauf ankommt. Dafür ist nach den Worten Spindeleggers Ferrero-Waldner eine Garantin.

Abgeordneter SCHIEDER (S) kommentierte die Wortmeldung seines Vorredners mit der Bemerkung, Spindelegger sei angesichts des Präsidentschaftswahlkampfes der Versuchung erlegen, ein Übermaß an Lob in seine Rede einzuflechten. Schieder unterstützte grundsätzlich die Vereinheitlichung der Konsulargebühren, zeigte sich aber irritiert über die Erhöhung von 72 € auf 75 €. Unter dem Vorwand der Papiergeldbeträge habe man hier aufgerundet und damit ein schlechtes Beispiel für die Gewerbetreibenden gegeben, kritisierte er.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) begrüßte ausdrücklich die Assoziierungsabkommen, in denen er eine Möglichkeit sah, die Staaten des südlichen Mittelmeerrandes - Ägypten, Libanon, Algerien - an Europa heranzuführen. Er appellierte an die Außenministerin, diese Abkommen mit Inhalten auszustatten. Österreich habe durch seine besondere Position in der arabischen Welt die Möglichkeit, als Brücke zwischen dem Nahen Osten und Europa zu wirken, erinnerte er.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) rief zu einem politischen Dialog der EU mit den Ländern des südlichen Mittelmeerrandes auf und verwies auf Defizite dieser Staaten in den Bereichen Menschenrechte, Frauenrechte und Demokratisierung. Weiters drängte Lunacek auf den Abschluss eines Assoziierungsabkommens mit Syrien.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) unterstrich die Bedeutung des Abkommens mit der Slowakei und verteidigte bei dieser Gelegenheit die Übergangsbestimmungen für die Freizügigkeit der Arbeitskräfte nach dem EU-Beitritt der Mittel- und Osteuropäischen Staaten. Angesichts der hohen heimischen Arbeitslosenrate wäre es unverantwortlich, den Arbeitsmarkt nun für billige Arbeitskräfte aus dem Osten zu öffnen, argumentierte er.

Abgeordneter Dr. CAP (S) vermisste in Hinblick auf den großen Stellenwert der Euro-mediterranen Partnerschaft entsprechende Initiativen seitens der Außenministerin. Er erinnerte demgegenüber an den Vorstoß des deutschen Außenminister Joschka Fischer, die Kooperation mit dem Maghreb nicht nur auf die wirtschaftliche und die militärische Komponente zu beschränken.

Abgeordneter Mag. MAINONI (F) konnte, wie er sagte, die allgemeine Euphorie über die EU-Erweiterung nicht teilen und machte auf die hohen Kosten aufmerksam, die vor allem auch für Österreich als Nettozahler zu erwarten sind. Eine klare Absage erteilte Mainoni Bestrebungen auf Einführung von direkten EU-Steuern.

Abgeordneter MURAUER (V) unterstrich die Bedeutung der Abkommen mit den Mittelmeerstaaten als Beitrag zur Sicherheit, wobei er meinte, Sicherheit in den arabischen Staaten bedeute auch Sicherheit bei uns.

Außenministerin Dr. FERRERO-WALDNER betonte, die Kooperation mit den Staaten des südlichen Mittelmeerrandes sei ihr ein besonderes Anliegen, gehe es dabei doch um politische Stabilität, aber auch um die Achtung der demokratischen Prinzipien und der Menschenrechte. Im Zusammenhang mit dem Konsulargebührengesetz versicherte Ferrero-Waldner, dass sämtliche Fälle serviceorientiert und positiv erledigt werden. Dies habe auch für die Mitglieder der so genannten Volxtheater Karawane gegolten, betonte die Ministerin ausdrücklich.

Abgeordneter Dr. EINEM (S) forderte den Abschluss vom Grenzgängerabkommen mit den Nachbarländern und zeigte bei den Tagespendlern kein Verständnis für die siebenjährige Übergangsfrist.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) hält das Rahmenabkommen mit der Slowakei für notwendig, um die Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Slowakei zu erleichtern und vor allem den Handlungsspielraum auf slowakischer Seite zu vergrößern. Auch über die Assoziationsabkommen der EU mit Ägypten, Algerien und dem Libanon zeigte er sich erfreut.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) wertete die Behauptung, wonach es in außenpolitischen Fragen Konsens zwischen der Koalition und der Opposition gebe, als "kühn" und kritisierte unter anderem die unklare Haltung der Regierung zur Nettozahler-Position Österreichs in der EU. Für ein Versäumnis hält es der Abgeordnete zudem, dass keine Grenzgänger-Abkommen mit Tschechien, der Slowakei und Ungarn bestehen.

Abgeordnete FELZMANN (V) qualifizierte die EU-Erweiterung als eines der bedeutendsten außenpolitischen Ereignisse dieses Jahres. Ihrer Meinung nach ist Außenministerin Ferrero-Waldner maßgeblich für diesen "erfolgreichen Kurs" verantwortlich. Ferrero-Waldner sei mit den besten Eigenschaften für das Amt des Bundespräsidenten ausgestattet, bekräftigte Felzmann.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) bezeichnete die Assoziationsabkommen mit Ägypten, Algerien und dem Libanon als wesentliche Meilensteine in der EU-Mittelmeer-Politik. Wesentlicher Bestandteil der Abkommen ist für sie die Wahrung der Grundsätze der Demokratie und die Achtung der Menschenrechte. Im Zusammenhang mit dem Lob der Außenministerin durch ÖVP-Abgeordnete sagte Hagenhofer, sie habe das Gefühl, es herrsche Präsidentschaftswahlkampf. Auch Nationalratspräsident Fischer habe außenpolitische Erfahrung, unterstrich sie.

Auch Abgeordneter LEDOLTER (V) lobte Außenministerin Ferrero-Waldner und betonte, die Außenministerin sorge dafür, dass die Interessen Österreichs im Ausland entsprechend vertreten würden. In diesem Zusammenhang erinnerte er an ihre Rolle beim Geiseldrama in der algerischen Wüste und an ihre Funktion als OSZE-Vorsitzende, wo sie Weitblick und Kompetenz bewiesen habe.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) bezeichnete die Änderung des Konsulargebührengesetzes als vernünftige und gute Lösung, die auch zu Mehreinnahmen führen werde. Zu den von Abgeordnetem Mainoni angesprochenen Kosten der EU-Erweiterung merkte er an, es gebe keine Alternative zu diesem Schritt. Gartlehner ist überzeugt, dass die Österreicher in Summe von der EU-Erweiterung profitieren werden.

Abgeordneter Dr. BRADER (V) erklärte, ein Bundespräsident brauche auch ein gewisses Maß an außenpolitischer Erfahrung, diese sehe er beim Zweiten Nationalratspräsident Fischer nicht. Fischer sitze nicht einmal im Außenpolitischen Ausschuss. Positiv bewertete Brader die neue euro-mediterrane Zusammenarbeit.

Abgeordneter HEINZL (S) wies darauf hin, dass die Assoziationsabkommen mit den Mittelmeer-Anrainerstaaten eine Verbesserung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Beziehung mit diesen Ländern brächten. Ägypten sei immerhin einer der bedeutendsten Handelspartner Österreichs im Nahen Osten, unterstrich er, durch das Abkommen würden etwa neue Chancen für den österreichischen Anlagenbau eröffnet. Besorgt äußerte sich Heinzl allerdings über das Bevölkerungswachstum in den betroffenen Ländern, da der wirtschaftliche Fortschritt mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten könne.

Abgeordneter BÖHM (V) wies darauf hin, dass sich durch die Ostöffnung und die europäische Integration für die österreichischen Grenzregionen neue Perspektiven ergeben hätten, aber auch neue Probleme entstanden seien. Gerade zwischen engen Nachbarn hält er direkte und persönliche Gespräche für wichtig. Böhm zeigte sich zuversichtlich, dass Beharrlichkeit und Besonnenheit zu entsprechendem Erfolg führen werden.

Die Änderung des Konsulargebührengesetzes wurde vom Nationalrat einstimmig verabschiedet. Ebenfalls einstimmig genehmigten die Abgeordneten die Assoziationsabkommen der EU mit Ägypten, dem Libanon und Algerien sowie das Rahmenabkommen zwischen Österreich und der Slowakei über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften.

FÜR DIE FÖRDERUNG DES FRIEDENS IN DER WEST-SAHARA

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) bedauerte, dass im Hinblick auf die Förderung des Friedensprozesses in der Westsahara nunmehr zwar eine gemeinsame Entschließung aller Parteien vorliege, der ursprüngliche Entwurf der SPÖ und der Grünen aber keine Zustimmung der Regierungsparteien gefunden habe. Seit nunmehr 30 Jahren werde darüber diskutiert, dass ein kleines Volk Unterstützung brauche, skizzierte sie. Ihrer Auffassung nach dürfen die Aktivitäten Österreichs nicht abreißen.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) gab ihrem Mitgefühl mit den Erdbeben-Opfern in Marokko Ausdruck und wertete es positiv, dass Österreich hier humanitäre Hilfe leiste. Bedauern äußerte sie über den seit 30 Jahren schwelenden Konflikt in der Westsahara und begrüßte in diesem Sinn den gemeinsamen Entschließungsantrag aller vier Parteien. Österreich unterstütze den von der UNO ausgearbeiteten Friedensplan für die Region, erklärte Hakl, und trete für das Selbstbestimmungsrecht der Sahauris ein.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) führte aus, sie vermisse politische Initiativen von Außenministerin Ferrero-Waldner, auch im Westsahara-Konflikt. Erfreut äußerte sie sich hingegen über die Vier-Parteien-Entschließung zu diesem Thema. Es gehe hier um die letzte Kolonie, die es auf der Welt gebe, nachdem Osttimor unabhängig geworden sei, meinte Lunacek. In Richtung Abgeordneter Hakl berichtigte sie, es gehe nicht um einen Konflikt innerhalb Marokkos, sondern um ein von Marokko völkerrechtswidrig besetztes Gebiet, wo jetzt nach 30 Jahren Hoffnung auf Frieden bestehe.

In der Westsahara gebe es seit nunmehr fast 30 Jahren einen schwelenden Konflikt, konstatierte Abgeordneter SCHEIBNER (F), und die Situation gebe auch nicht wirklich Anlass zu Optimismus. Aufgrund der Bevölkerungspolitik Marokkos und der Auswirkungen durch die Besatzung leben von den ehemals 700.000 Sahauris nur mehr 50.000 in der Region und mehr als 170.000 Menschen leben nun schon seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern. Trotzdem dürfe man die Hoffnung nicht aufgeben, war er überzeugt, und es müsse daher alles getan werden, um der geschundenen Bevölkerung eine Zukunftsperspektive zu geben.

Bundesministerin Dr. FERRERO-WALDNER zeigte sich erfreut darüber, dass ein gemeinsamer Vierparteien-Entschließungsantrag zustande gekommen ist. Der Konflikt in der Westsahara sei derzeit zwar nicht so präsent, werde aber von der Außenpolitik trotzdem nicht vergessen. Sie habe dabei bei ihren Besuchen in Marokko und in Algerien im vorigen Jahres dieses Thema wie immer zur Sprache gebracht. Es gebe zwar eine Reihe von internationalen Initiativen, aber vor allem die Vermittlung zwischen Algerien und Marokko gestalte sich als sehr schwierig. Sie halte den Baker-Plan, der auch vom UN-Generalsekretär ins Gespräch gebracht wurde, für eine optimale Lösung, um dem sahaurischen Volk sein Recht auf Selbstbestimmung anzubieten. Gleichzeitig wisse man aber, dass Marokko derzeit diesem Vorschlag nicht zustimmt. Weiters geht es um die Frage, wie man die sahaurischen Flüchtlinge humanitär unterstützen könne. Österreich helfe seit vielen Jahren dem Flüchtlingslager der Polisario, betonte Ferrero-Waldner, und zwar vor allem in den Bereichen kommunale Basisinfrastruktur und Bildung (z.B. ein Kindergartenprojekt). Insgesamt werden für die Jahre 2003 und 2004 ca. 640.000 € zur Verfügung gestellt.

Es gehe um einen Konflikt, der schon seit Jahrzehnten schwelt und sehr viel Leid über die Menschen gebracht hat, meinte Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S). Nachdem in den 70er Jahren Spanien seine Kolonien in der Westsahara aufgegeben hat, beanspruchte in der Folge Marokko dieses Gebiet, und zwar gegen den Widerstand der Bevölkerung sowie der Polisario. Eine Eskalation des Konfliktes konnte zwar aufgrund der internationalen Aktivitäten verhindert werden, eine Lösung wurde bis dato jedoch nicht erreicht. Besonders problematisch sei die humanitäre Situation der über 150.000 Flüchtlinge, gab die Rednerin zu bedenken. Mit dem vorliegenden Antrag soll ein Zeichen gesetzt werden, dass auch der österreichische Nationalrat die Bemühungen der UNO, den Friedensprozess in der Westsahara zu fördern, aktiv unterstützt.

Der Bericht des Ausschusses wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen; die dem Ausschussbericht beigedruckte Entschließung wurde einstimmig angenommen. (Schluss)